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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 05.09.1900
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1900-09-05
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-19000905011
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1900090501
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1900090501
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1900
- Monat1900-09
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Größere Schriften laut unserem drei-- verzeichniß. Tabellarischer und Ziffrrnsatz nach höherem Tarts- Extra-Veilaoon (gefalzt), nur mit der viorgea »Ausgabe, oha« Postbefördrruag SO.—, mit Postbesörderuag ^ll 70.—. Innahmeschluß für Anzeige«: Abeud-Au-gabe: Vormittag- 10 Uh«. Margen-Au-gabr: Nachmittag- - Uhr. Vei den Filialen und Annahmestelle» je ein« halbe Stund« früher. Anzeigen sind stet» an die Erpe-ttten zu richte». Druck und Verlag von L. Pol» in Leipzig ^451. Mittwoch den 5. September 1900. 94. Jahrgang. 1898 1029 (33 8) 257 (8.5) 219 >8,2) 1899 1143 (37,9) 287 >9,5) 251 (8.3) 907 (32,2) Unfälle im Sergbau. Die Bemühungen der socialdemokratischen Agitation, die Ziffern der Betriebsunfälle im Bergbau für ihre Zwecke nutzbar zu machen, lenken die Aufmerksamkeit auf eine soeben von dem Gerichtsassessor I)r. Stöcker in Bochum in der berg- und hüttenmännischen Wochenschrift „Glück auf!" veröffentlichte Untersuchung, einerseits über die gesummten Unfälle, die seit Inkrafttreten des Unfallversicherungsgesetzes im Zeitraum von 15 Jahren im rheinisch-westfälischen Berg werksbezirke vorgelommen sind, und weiter darüber, welche Ursachen und äußeren Vorgänge bei den einzelnen Unfällen sich haben beobachten laßen. Zutreffend wird bemerkt, daß dadurch die relative Größe der verschiedenen Gefahrenquellen aufgedcckt und zugleich ein Fingerzeig gegeben wird, in welcher Beziehung es Noch thut, mit Abhilfcmaßnahmen einzusetzen. Zunächst einige Worte über die Zunahme der Unfälle über haupt: Zu unterscheiden ist zwischen den zur Anmeldung ge langten Unfällen und denen, deren Entschädigungspflicht nachher erweislich war. Dabei ergeben sich folgende Zahlen: 15 Jahren um rund 100 Proc. gestiegen; dagegen die Zahl der an gemeldeten Unfälle um 204 und der entschädigten Unfälle um 207 Proc. Die Zahl der Unfälle hat also freilich weit mehr zugenommen als die Zahl der Versicherten. Theils ist dies in der zunehmenden Intensität des Betriebes begründet, theils auch in der Zunahme der Arbeiter. Sodann kommt in diesen Zahlen die zunehmende Vertrautheit mit den Bestimmungen des Unfall- Versicherungsgesetzes zum Ausdruck. Dann aber hebt vr. Stöcker noch folgende Beobachtungen hervor: daß immer mehr das Be streben hervortrete, die durch die Unfallversicherung geschaffenen Vergünstigungen in der Weise auszunutzen, daß der Begriff des Unfalles beim Betriebe immer weiter ausgedehnt werde und sicht lich die Neigung zunehme, Krankheitserscheinungen, deren Ur sprung den Betroffenen oft selbst nicht klar sei, mit irgend einem voraufgegangenen thatsächlichen oder vermeintlichen Unfall in Zusammenhang zu bringen. Weiter aber, so stellt er fest, hat sich in steigendem Maße die Neigung gezeigt, für minimale Ver letzungen, die praktisch gar nicht mehr ins Gewicht fallen, Ent schädigung zu beanspruchen. Geringe Beschwerden, die früher bald verschmerzt wurden, würden jetzt mit bewußter oder un bewußter Üebertreibung in den Vordergrund gestellt und beein flußten häufig ungünstig den Willen des Verletzten, möglichst bald die Unfallschädigung zu überwinden. Berücksichtigt man, daß in dem ersten Jahre der Unfallversicherung etwa 6800 ange meldete Unfälle sich als nicht entschädigungspflichtig erwiesen haben und im Jahre 1899 die Zahl auf rund 21000, also auf mehr als das Dreifache gestiegen ist, während die Zahl der be schäftigten Arbeiter nur um das Doppelte zugenommen hat, dann wird man jenen Klagen eine gewisse Berechtigung nicht be streiten können. Untersucht man weiter, welche besonderen Einflüsse für die Zunahme der Unfälle bestimmend gewesen sind, so ergiebt sich im Verhältniß zur Zahl der entschädigungspflichtigen Unfälle, daß die durch Explosion hervorgerufenen Unfälle zwischen 3 bis 18 Proc. schwanken. Seit 1894 ist die Höchstzahl 8,7 Proc. — die niedrigste Zahl fällt auf das Jahr 1899, nämlich 3,8 Procent. Die durch glühende Metallmassen, giftige Gase, heiße und ätzende Flüssigkeiten verursachten Unfälle kom men verhältnißmäßig am wenigsten in Betracht. Die Höchst ziffer der Unfälle war 88 im Jahre 1898. Im Jahre 1899 waren es 36, also ein Rückgang gegen das Jahr 1898. Die dem Bergbau besonders eigenthiimlichen Arten von Unglücksfällen sind mit den entsprechenden Zahlen nachstehende vier, die fol gende Zahlen an entschädigten Fällen ergeben, wobei in Klam mern die Procentzahl der gesammten entschädigten Unfälle an geführt ist: 1885 Stein» und Kohlenfall . . 442 (45) Absturz in Vertiemngen . . 108 (H O) Durch Maschinen .... 45 (4 6) » Fahrzeuge, Beförderung 174 (17,7) 960(31,6) Bemerkenswert!) ist, daß im Verhältniß die durch Stein- und Kohlenfall verursachten Unglücksfälle, die eine dem Bergbau be sonders charakteristische Gefahr darstellen und quantitativ am meisten ins Gewicht fallen, in jenen 15 Jahren nicht allein nicht gestiegen, sondern namentlich in den letzten Jahren zuriickge- gangcn sind. Während bei Einführung des Unfallversicherungs gesetzes noch nahezu die Hälfte aller Unglücksfälle hierdurch her vorgerufen wurde, hat sich dieses Verhältniß, insbesondere seit dem Jahre 1890, fortgesetzt gebessert. Dagegen zeigt sich von 1898 bis 1899 auch hierbei wieder eine procentuale Zunahme. Dagegen ist nicht nur absolut, sondern auch relativ eine fort gesetzte Steigerung der Unfälle in Folge von Absturz, Berüh rung mit Maschinentheilen und bei Bewegung von Fahrzeugen zu constatiren, wobei in Betracht kommt, daß die Zahl der Un fälle, bei denen die Schuld der Verletzten hat nachge wiesen werden können, recht erheblich abgenommen hat, nämlich von 32 auf 19 Proc. Die Zunahme der Unfälle im Maschinen betrieb seht sichtlich im Jahre 1894 ein, mit dem Jahre, in welchem zugleich mit dem wirthschaftlichen Aufschwung die Zahl der Maschinen und Arbeitsmengen eine ausfallende Zunahme beginnt. Unter diesen Umständen kommt der Eingangs erwähnte Auf satz zu dem Schlüsse, daß mit der Zunahme der beschäftigten Arbeiter und der Betriebsleistungen eine Fülle von besonderen Umständen im Bergbau wirksam geworden sind, die eine beson dere individuelle Borbeugearbeit erfordern. Und so schließt der Aufsatz mit der Mahnung an die in der Praxis Stehenden, bei dem allseitigen Streben zur Verhütung von Unfällen zu unter suchen, wo zur Bekämpfung deS Anwachsens der Unfälle, namentlich beim Maschinenbetrieb und der Beförderung von Lasten, noch mehr geschehen kann al» bisher. be'chänigte angemeldete entickädigte Personen Unfälle Unfälle 1885 103 877 7 884 981 1898 191 737 20 950 3036 1899 205 649 23 964 3011 Danach ist die Zahl der beschäftigten Personen in jenen Die Wirren in China. —p. Wie „Neuter's Bureau" erfährt, ist man auch in London ernstlich besorgt über das Ausbleiben von Nachrichten ans Peking und über die Unmöglichkeit, mit dea Gesandten in Verbindung zu treten, wofür man bis jetzt keinen Grund kennt. Die telegraphische Verbindung ist, wie man annimmt, aufs Neue von den Cb'nesen unterbrochen worden. Der Ernst der Lage wird nicht gemildert durch die absolute Untcnntniß, die bezüglich der Hartung der gestobenen chinesischen Behörden obwaltet. Die heute cingclaufenen Nachrichten aus Peking datiren vom 2l. und 25. August. Sie besagen: * London, 4. September. (Telegramm.) „Neuter's Bureau", berichtet aus Peking unter dem 21. August: Die verbündeten Truppen unternahmen heute eine neue Recognoscirung im kaiserlichen Jagdparke, saben aber nichts vom Feinde, der, wie mau glaubt, in westlicher Richtung sich zurückgezogen hat. * Berlin, 4. September. Der zweite Admiral des deutschen Krenzergejchwaders meldet ans Taku unter dem 3. September: Das VvrcommanLo unter Major v. Falken Hayn ist eingetrossen. — Capitän Pohl telcgraphut auS Peking unter dem 25. August, er habe gestern mit einer Compagnie den Kohlenhügel in der kaiserlichen Stadt besetzt. Am Dienstag erfolge der Durch marsch durch den Palast. — Etwa 2000 Mann italienische Truppen sind auf der Rhede von Taku eingetrossen. Ter russische Vorschlag „Standard" schreibt: „Wir haben geringen Zweifel darüber, daß die deutschen Truppen in Peking bleiben werden, wer auch immer zurückgehen mag. Wir haben das gleiche Vertrauen, daß die britischen Truppen mit ihnen cooperiren werden. Wenn beide Mächte einen festen Stand einnehmcn, werden sie keine Verbündeten brauchen. Oesterreich und Italien würden mit ihnen sein, auch wenn Japan bei Seite stände. Daö deutsche, das britische und daö indische Heer können genug Soldaten stellen, um Peking und die Verbindungslinien so lange zu halten, bis eine endgiltige Neuregelung der chinesischen Regierung erfolgen kann. Tie Last mag schwer sein, aber wir werden vor ibr nicht zuriickschrccken und im Vertrauen darauf auch Deutsch land nicht." " * Washington, 4. September. (Telegramm.) Eine halb» amtliche Mittheilung besagt: Die endgiltigen Antworten auf die letzte Mitlheilung der Vereinigten Staaten an die Mächte hinsichtlich des Rückzugs aus Peking sind noch nicht ein- gegangen. Die Ereignisse in Peking haben die Regierung zu der Hoffnung, ja sogar zu der Erwartung ermuthigt, daß Rußland, wie es scheint, dem allseitigen Wunsche nachgeben und die Absicht, seine Truppen aus Peking zurückzuziehen, auf» geben werde. (Wiederholt.) * Rom, 4. September. (Telegramm.) Gegenüber einem umlaufenden Gerüchte erklärt „Popow Romano", Italien beab» sichtige in dem gegenwärtigen Augenblicke, in der chinesischen Frage lediglich dahin mitzuwirken, daß das Einvernehmen der Mächte erhalten bleibe. (Wdrhlt.) Der „Morniug Leader" meldet aus New Aork: Die Regierung in Washington ist sehr darüber aufgebracht, daß eine ernste Spaltung im Cabinet in Betreff der chinesischen Frage an den Tag gekommen ist. Mac Kinley ordnete au, daß von jetzt an alle vssicicllen Nach richten über Ebina geheim bleibe» sollen. Seit dem spanisch amerikanischen Kriege ist eine solche Gebeimbaltnng von Nach richten nicht Lagewesen. Das „B. Lassan" theilt aus Washington nut, die Beamten des Staatsdepartements, welche die Antwort Amerikas an Rußland aussetzten, äußerlen wiederholt ihr Erstaunen darüber, wie sehr ihre Antwort, den Meldungen auS England und anderswoher Lusolge, mißverstanden woroen sei; sie sagen, die Antwort sollte eine völlige Miß billigung des Vorschlages der russischen Negierung sein. Der Satz in der amerikanischen Antwort, welcher sagt, cS sei besser, wenn Peking nicht geräumt werde, als wenn diejenigen Mächte, welche die« etwa thun, daS Eoncert der Verbündeten stören, solle ein indirektes Ersuchen an ! Rußland sein, von seiner gegenwärtigen Haltung zurück- 1 zutreten. Mac Kinley und daö Eadinet hoffen außerdem, die allgemeine Mißbilligung seitens der Mächte werde reu Zaren veranlassen, den von Amerika vorgeschlagcnen Plan anzu- nebmen. Das Staatsdepartement sieht internationale Miß verständnisse und Eifersüchteleien kommen, wenn es gelte, die jeder einzelnen Macbt zukommendc Entschädigung festzustellen. Die amerikanische Regierung werte darum alle Anstrengungen machen, um ein Abkommen herbeizuführen, wonach jede Regie ung sich vorher schon betreffs der Alt der nachher von ihr zu stellenden Forderungen bestimmt binde. Damit glaube Amerika die Schwierigkeiten, die sich sonst einstillen würden, auS dem Weg« zu schaffen. Wortlaut der Rote Amerikas. Die Regierung der Bereinigten Staaten hat mit großer Ge- nugtbuung die wiederholte Versicherung entgegengenommen, daß Rußland keine G e b i e t s e r w e r b u n g in China beabsichtigt, und daß Rußland, ebenso wie die anderen in China vorgehenden Mächte nur gesucht hat, seine Gesandtschaft zu retten und der chinesischen Regierung bei der Unterdrückung der Un ruhen betzustehen. Dieselben Beweggründe leiteten die Regierung der Vereinigten Staaten und werden ihr nach wie vor maßgebend sein, und die freimüthigen Erklärungen Rußlands in dieser Rich tung stimmen überein mit denen, die die übrigen Mächte den Ver einigten Staaten abgegeben haben. So haben alle Mächte die Absicht, irgend einen Theil von China zu erwerben, von sich gewiesen, und da jetzt nach dem Entsatz von Peking die Beharrung bei diesem Standpuncte wieder holt worden ist, sollte es nicht schwierig sein, in gemeinsamem Vorgehen dyrch Verhandlungen eine freundschaftlich« Regelung mit China zu erreichen, durch dir die ver ¬ tragsrechte aller Mächte in der Zukunft sicher-I gestellt, die offeneThürverbürgt, die Interessen und das Eigenthum der ausländischen An siedler erhalten und volle Genugthuung erzielt würde für das Unrecht und die Beleidigungen, diesicerlitten haben. So weit wir unterrichtet sind, ist jetzt der größere Theil Chinas ruhig und wünscht ernstlich, das Leben und Eigenthum aller Fremden zu schützen, und in mehreren Pro vinzen haben die Vicekönige, die wir durch unsere Consuln und unsere Marine-Officicre dazu ermuthigt haben, thätliche und erfolgreiche Anstrengungen gemacht, die Boxer zu unterdrücken. Dieses gegenwärtig so gute Verhältniß sollte zum Besten dcs Friedens 'n China gefördert werden. Während auch wir der Meinung sind, duß der erste Zweck, für den die Streitkräfte der Mächte gemeinsam vorgegangen sind — nämlich die Befreiung der Gesandten in Peking — erreicht ist, bleiben doch nock ander c, allen Mächten gemeinsame B e - strebunge n, die in der Mitthcilung des russischen Geschäfts trägers erwähnt sind, und die im Einzelnen in unserer Note an die Mächte aufgezählt werden. Es sind: dem Leben und Eigenthum der Fremden in China jeden mög lichen Schutz zu gewähren; alle berechtigten Interessen der Ausländer zu wahren und zu schützen; dazu bci- zutragcn, daß die Ausbreitung der Unruhen auf andere Provinzen des Reiches und ihre Wieder holung verhindert werden; eine Lösung zu suchen, die ständige Sicherheit und Ruhe in China zur Folge hat; den bisherigen Gebiets- und Verwaltungsbestand in China zu erhall n; alle durch Verträge und das Völkerrecht den freund schaftlichen Mächten verbürgten Rechte zu schützen und für die Welt den Grundsatz gleichen und unparteiischen Handels mit allen Theilcn des chinesischen Reiches sicher zn sl llen. Nach unserer Meinung könnten diese Zwecke am besten dadurch erreicht werden, daß bei einer endgiltigen Verständigung der Mächte Peking solange gemeinsam besetzt gehalten würde, bis die chinesische Regierung wiederherge stellt und in der Lage wäre, neue Verträge einzugehen, die eine angemessene Vorsorge für Genugthuung und Bürgschaft für künftigen Schutz enthielten. Sobald eine solche Re gierung wiederherge st clll und anerkannt wäre, möchten die Vereinigten Staaten ihre Streitkräfte auS Peking zurückziehen und unsere gerechtfertigten Forderungen auf den Weg frievticher Verhandlungen verweisen. Wir sind jedoch der Ansicht, daß die Fortdauer der Besetzung Pekings den gewünsch ten Erfolg nur dann haben wird, wenn alle Mächte sich darin i n vollkommener Einigkeit ihrer Bestrebung zusammen finden. Jede Macht, die sich entschließt, ihre Truppen von Peking znriickzuziehen, wird dann nothwendiger Weise später ihr Inter esse in China auf eigene Hand schützen müssen, und wir glauben, daß das eine allgemeine Zurückziehung rathsam machen würde. Was Zeit und Art der Räumung an geht, so meinen wir, daß in Anbetracht der durch die Unter brechung der telegraphischen Verbindungen veranlaßten un vollständigen Kenntniß der militärischen Lage, die verschiedenen militärischen Befehlshaber in Peking angewiesen werden sollten, miteinander zu be rat h e n und sich über die Räumung als eine gemeinsame und voraus vereinbarte Bewegung zu verständigen. Das Ergebniß dieser Betrachtungen ist, daß wir, falls nicht durch einen allgemeinen Meinungsausdruck der Mächte zu Gunsten einer Verlängerung der Besetzung Pekings die von der russischen Re gierung geäußerten Ansichten geändert werden und zu einer allgemeinen Verständigung über die Fort dauer dcr Besetzung führen, dem Befehlshaber der amerikanischen Streitkräfte in China die Weisung geben werden, unsere Truppen nach gebührender Verathung mit den übrigen Be fehlshabern über Zeit und Art der Räumung aus Peking zurückzuziehen. Die Regierung der Ver einigten Staaten ist sehr befriedigt über die von Rußland ge gebene Versicherung, daß die Besetzung Niutschwangs zu militäri schen Zwecken, nämlich für die militärische Sickerung der russi schen Grenze und der von den Chinesen bedrohten Provinzen, erfolgt ist, und daß Rußland alsbald nack Wiederherstellung der Ordnung sei'e Trupven ans diesen Gegenden zurückzi-^en wird, falls das Vorgehen der anderen Mächte dem nicht ent>,egensteht. Nach dieser Richtung kann ein Hinderniß durch das Voro-Hen der Vereinigten Staaten nicht entstehen, deren Politik feststeht und wiederholt kundgcthan worden ist. Adee, stellvertretender Staatssekretär. Zuverlässige Nachrichten über den Berblcib 0cr Kniserin-Rcgctttiil und des ganzen chinesischen Hofes liegen noch immer nicht vor. Unter den verschiedenen Möglichkeiten stehen im Vordergrund zwei. Es lag nahe, anzunehmcn, daß die Kaiserin sich wiederum, wie sie es mit dem Kaiser Hien-fung im Jahre 1860, al- die Engländer und Franzosen Peking eroberten, gethan hat, nach Jchol flüchten werde, der jenseits der großen Mauer in der Mon golei gelegenen, von starken Mauern geschützten Stadt nicht fern vom Lan-Fluß, zu der durch das Thor von Kupekou eine für chinesische Verhältnisse ungewöhnlich gute Straße führt, deren landschaftliche Reize oft beschrieben worden sind. Die großen Fortschritte, die die Russen in den letzten Jahren im Norden Chinas gemacht haben, ließen diesen Zufluchtsort jedoch nicht mehr so sicher erscheinen, wie vor drei Jahrzehnten. Es ist wahr scheinlich jetzt schon festgcstellt, daß dies« Route nicht ringeschlagen worden ist. Die zweite Möglichkeit ist die Flucht nach Hsingan-fu oder Hsiang-fu, dcr Hauptstadt der Provinz Schensi, die mehr als 2000 Jahre lang, mit einigen Unterbrechungen, die Hauptstadt des chinesischen Reiches gewesen ist und noch heute vielfach als die größte Stadt des Landes nach Canton und Peking bezeichnet wird. Diese jenseits deS Gebirgstvalles der Provinz Schansi gelegene Stadt, die von Mauern umgeben ist, deren Größe nur von denen Pekings übertroffen wird, muß allerdings den Chinesen als ein be sonders sicherer Zufluchtsort erscheinen. Um so eher mußte man annehmen, daß die Kaiserin-Regentin sich hierhin gewandt habe, als in den letzten Jahren schon häufiger die Frage der Ver legung der Reichshauptstadt von Peking nach Hsingan-fu auf- geworfen worden ist. Es ist nach den vorliegenden Nachrichten auch -ehr wahrscheinlich, daß die fliehende Kaiserin eine süd westliche Richtung eingeschlagen hat; es ist sogar gemeldet worden, sie nähere sich der Hauptstadt von Sckanst, Tayjuenfu, d«m Sitz des Gouverneurs Uühien, der der Anstifter der Unruhen iw der Provinz Schangtung war und durch deutschen Einfluß von seinem dortigen Gouverneurposten entfernt wurde. Ob die Reise aber fortgesetzt und wirklich Hsiaug fu zum neuen Sitz dcr Re gierung erwählt wird, erscheint nach neueren Nachrichten immer mehr zweifelhaft. Es wurde schon darauf hingewiesen, daß die große Dürre und die feindselige Stimmung der ausgedehnten muhamedanischen Bevölkerung in der Provinz Scheust einer solchen (Übersiedelung entgegenstchen. Das scheint ein jüngst ein- getroffener Brief eines Engländers aus Hsiang-fu zu bestätigen. In diesem vom 18. Juni datirten Brief finden sich die folgenden Ausführungen, die gegenwärtig besonderes Interesse beanspruchen dürften: „Hungersnoth bedrängt die Bevölkerung in hiesiger Gegend. Fast achtzehn Monate lang ist der Regenfall ungenügend ge wesen. Zweimal haben die Ernten fehlgeschlagen. Jetzt ist der Himmel wie Azur. Die Aussichten sind äußerst trübe. Vrod hat Hungcrsnothpreise und Getreide ist nicht mehr im Markte. Wenn die Dürre noch sehr lange anhält, dann wird nicht nur die Herbsternte nicht gesät, sondern auch für das nächste Jahr können die Getreidefelder nicht bestellt werden. D'e Lage ist niederschlagend. Was die Schwierigkeit vergrößert, ist dcr Um stand, daß die heimgesuchten Gegenden ein wcües Gebiet um fassen: den größeren Theil der vier Provinzen Kansu, Sch-nsi, Schansi und Honan. Es würde schwierig sein, irgend einen Vcrschlag zur Abhilfe zu machen, weil die Einfuhr von Getreide über so weite Ent fernungen mit Hilfe der chinesischen Transportmittel zu kostspielig ist. Zwei Umstände machen das Unglück noch betrübender. Das ist einmal die Hartherzigkeit der Regierung. Statt Milde und Mitleids werden flammende Proklamationen erlassen, die auf Bezahlung des letzten Bruchthcils der Steuern bestehen. Tie blutigen Spuren vom Stocke des Lictors auf dem Rücken der darbenden Landbevölkerung sind nicht geeignet, das Vertrauen zu den bestehenden Gewalten zu steigern. Der zweite Umstand ist der folgende. Flüsse wälzen ihr Wasser durch die am meisten heimgesuckten Gegenden. Diese Wasser hätten leicht zu Be- wässerungszwccken benutzt und daurch hätte ein großer Tbeil des Elends abgewendet werden können. Ist es ein Werk dcr Mildihätigkeit, aus Hungersnoth zu retten, so ist cs sicher noch wohltbätiger und Weiser, die Wiederkehr einer Hungersnoth un möglich zu machen. Das ist ein philanthropisches Werk, das An spruch haben sollte auf die Sympathien von Kaufleuten und Anderen, die zum praktischen Christenthum sich bekennen. Ein weiterer Vortheil der Maßnahmen zur Abwehr von Hungers nöthen würde der sein, daß dauernd und bereitwillig die Be völkerung für sic zahlen würde. Schrecken scheint überall zu herrschen. In Zeiten einer Hungersnoth ist cs kein Wunder, daß Viele Stehlen dem Verhungern vorzieheu. Und zu dem Unglück kommt noch die Furcht vor einer Revolution." Bestätigen sich diese Ausführungen, so dürfte an eine Ueber- siedelung des chinesischen Hofes uiü> der chinesischen Regierung nach Hsingan-fu nicht gedacht werden. Weitere Meldungen. 0. U. Berlin, 4. September. (Privattelegramm.) Zuver lässige Meldungen bestätige», daß die Franzosen, Engländer, Amerikaner und Russen nach Einnahme der Chinesenstadt Tientsin den Soldaten Erlaubniß gegeben haben, einen Tag zu plün dern; kein deutscher Soldat war bei den Plünderungen betheilig t. * Antwerticn, 4. September. (Telegramm.) Dcr Dampfer ,,Stuttgart" ist mit 120 aus China zurückkehrendcn deutschen Soldaten, darunter vier in Taku verwundeten, heute früh 8'/, Uhr hier eingetrossen. Die Damen der hiesigen deutsch-» Colonie hatten einen Ausschuß gebildet, der an dir Soldaten Tabak, Cigarren und Cbocolade verweilte und den Osficieren Blumensträuße anbot. Die Ankunft des Damp'erS hatte eine große Menge Neu gieriger nach dem Hafen gelockt, (Wiederholt.) Ueber die Ausreise der Truppcn-TranSvortdampfrr nach China liegen folgende letzte Meldungen vor: „Köln" „Frankfurt" „Wittekind" „Dresden" „Halle" „Batavia" „Gera" „Sardinia" „Straßburg" „Aachen" „Rhein" „Adria" „H. H. Meier" „M'önicia" „Darmstadt" „Palatia" „Andalusia" (N. D. Lloyd.) 3l. Aug. in Cbefoo. (N. D. Lloyd.) 1. Sept, in Moji nach San Francisco. (N. D. Lloyd.) 22. Aug. in Tsingtau. (N. D. Lloyd.) 2. Sept, von Hongkong. (N. D. Lloyd.) 2. - von Hongkong. (Hamb. A L.) 28. Aug. von Singapore. (N. D. Lloyd.) 28. - in Aden. (Hamb. A. L) 19. - in Aren. (N. D. Lloyd.) 29. - von Colombo. (N. D. Lloyd.) 3l. - in Singavore. (N. D. Llcvd.) 31. - in Singapore. (Hamb. A. L.) 17. - in Suez. (N. D. Lloyd.) 2. Sept, in Singapore. (Hamb. A. L.) 30. Aug. von Colombo. (N. D. Llovv.) 1. Sept. Dover palsirt. (Hamb. A. L.) 1. - Dover passirt. (Hamb. A. L.) 31. Aug. von Bremerhaven. * Berlin, 4. Crplember. (Telegramm.) Laut telegraphischer Meldung sind angekommen: S. M. S. „Mörth", Commandant Capitän zur See Borckenhagen, am 3. Septeniber in Tsingtau. Dasselbe geht heute nach Taku. S. M. Ss. „Kurfürst Friedrich Wilhelm", Commandant Capitän zur See von Holhendorss, „Branden burg", Capitän zur See Rosendahl, „Weißenburg", Capiiän zur See Hofmeter, „Hela", Corvetten-Capitän Mampoid, sind am 3. September in Wusung eingetroffen, S. M. S. „Geier", Coin- mandant Corvetten-Capitän Peter-, am 30. August in Taku. S. M. S. „Bussard", Commandant Corvetten-Capitän von Basse witz, ist am 4. September in Singapore eingetrossen und geht am 7. September wieder tn See. (Wiederholt und berichtigt.)
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