Suche löschen...
01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 14.09.1900
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1900-09-14
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-19000914011
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1900091401
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1900091401
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1900
- Monat1900-09
- Tag1900-09-14
- Monat1900-09
- Jahr1900
- Links
-
Downloads
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
Bezugs-Preis kl der tz iiiptexpcdition oder den im Stadt- bezirk und den Vororten errichtete» Au? oabestellen ab geholt: vierteljährlich.64.50, bei zweimaliger täglicher Zustellung inS Haus 5.50. Durch die Post bezogen für Deutschland und Oesterreich: vierteljährlich K.—. Direkte tünche Kreuzbandiendung in» Ausland: monatlich ^l 7.50. Die Morgcn-AuSgabr erscheint um '/,7 Uhr, die Abend-Ausgabe Wochentags um 5 Uhr. Aedartion und Expedition: IohanniSgasse 8. Die Expedition ist Wochentag» onurterbroche» geöffnet von früh 8 bi» Abend» 7 Uhr. — Filialen: Alfred Hahn vorm. v. Klemm'» S«>rttm. Universitütsstraße 3 (Paulinum), Louis Lösche, katbarinenstr IO »art. und König»pla- 7., Morgeu-Ansgave. KlDigtr TagMM Anzeiger. Amtsblatt -es Königlichen Land- und Amtsgerichtes Leipzig, -es Rathes und Nokizei-Ämtes -er Lta-t Leipzig. t68 Freitag den 14. Septernber 1900. »Nnzeigen-Pr^iS die 6 gespaltene Petitzeile LO Pfg. Reklamen unter demRedactionSstrich (4g«> spalteu) 50^, vor den Familieunachrichie» (6 gespalten) 40/^. Größere Schriften laut unserem Preis- verzeichniß. Tabellarischer und Ziffernsatz nach höherem Tarts. Extra-Beilagen (gefalzt), nur mit der Morgen-Au-gabe, ohne Postbefürderuug 60.—, mit Postbrförderung 7L—. Annahmeschluß fSr Anzeige«: Ab eud-Ausgabe: Vormittag» 10 LH«. Morgen-Au»gabe: Nachmittag» »Uhr. Vei den Filialen und Annahmestelle» je eiu« halb« Stund« frnher. Anzeigen find stet» an die Er-edlUm» zu richten. Druck und Verlag vou L. P olz in Leipzig SL Jahrgang. Die ^Leutenoth" und ihre Begleiterscheinungen. Unter den Beschwerden der Landwirthschaft, die im ver flossenen Jahre und im lehten Winter die Einzellandtage wieder holt beschäftigt haben, steht in erster Reihe der Arbeitermangel, der stellenweise, wie von keiner Seite geleugnet wird, sogar zu be denklichen Betriebsstörungen geführt hat. Mit um so größerem Interesse vernimmt man aus dem Gewerbeaufsichtsberichten für das Jahr 1899, daß auch die Fabriken, obwohl die Zahl der darin beschäftigten Arbeiter in den letzten drei Jahren in Preußen alleän um fast 300 000,' alsa ein Siebentes des Bestandes von 1897, sich vermehrt hat, über Arbeitermangel in allen Aufsichtsbezirken im letzten Jahre schwer zu klagen hatten. In Ostpreußen waren es die Maschinenfabriken und die Tischlereien, die gelernte Ar beiter selbst dadurch nicht zu erhalten vermochten, daß sie in öffentlichen Anzeigen den Ersatz des Reisegeldes versprachen. In der Provinz Westpreußen klagten fast alle Gewerbe über Ar- beitermangcl, insbesondere die Saison-, die Nahrungsmittel- und die Textilindustrie. Gleiche Klagen kommen aus dem Bezirk Potsdam und aus der Provinz Posen, wo die Maschinenindustrie litt. Ferner klagen in den östlichen Provinzen durchweg die Zuckerfabriken. Im Bezirk Frankfurt a. O. war der Arbeiter mangel so stark, daß viele neuaufgestellte Maschinen nicht in Be trieb genommen werden konnten und vielfach von Neubauten und Vergrößerungen Abstand genommen werden mußte. Im Bezirk Liegnitz standen viele Hundert Webstühle still. In Merseburg wurden an vielen Stellen Metallarbeiter vergebens gesucht, eben so klagten die Ziegeleien und die Zuckerfabriken. In den hanno verschen Häfen fehlten Werftarbeiter. In Minden „wurde so ziemlich in allen Zweigen über Mangel an Arbeitskräften ge klagt", und so geht das durch die ganzen westlichen Aufsichts bezirke einschließlich der Hohenzollern'schen Lande. Nicht nur Landwirthschaft und Industrie, sondern auch die einzelnen industriellen Gewerbsarten haben beider Deckung des Arbeiterbedarfs in scharfer Concurrenz miteinander gestanden, von Landestheil zu Landestheil und örtlich, und nicht immer be hielt die Industrie dabei die Oberhand. So machte sich z. B. im Bezirke Frankfurt a. O. der Arbeitermangel in der Industrie gerade während Ker Getreideernte fühlbar. Bei der Hitze des Monats Juli waren sämmtliche Körnerfrüchte in der Neumark fast gleichzeitig schnittreif geworden, so daß die Landwirthe zur Ernte Hilfskräfte für sehr hohe Löhne anwarben. Auch in der Provinz Pommern hat sich der in Folge des steten Aufschwunges der Industrie sehr empfindlich und fängst chronisch gewordene Arbeitermangel zur Erntezeit derartig verschärft, daß die Unter nehmer oft nur mit großen Schwierigkeiten den Betrieb aufrecht erhalten konnten. Wie scharf die industrielle Concurrenz gewor den ist, geht aus verschiedenen Berichten hervor, die eine starke Abwanderung dec östlichen Industriearbeiter nach Mittel- und Westdeutschland innerhalb der gleichen Erwerbsarten constatiren. Auch örtlich war diese Erscheinung zu beobachten. So leerten sich beispielsweise in Luckenwalde und mehreren anderen Orten des Regierungsbezirks Potsdam mit einem Male die Webstühle bis zu 10 Procent, weil die Arbeitskräfte der höheren Löhne wegen Beschäftigung in Hut- und Metallverarbeitungsfabriken suchten und auch fandest. Int Oberschöneweide hatte der gesteigerte Betrieb im KabelwerkderAllgemetnenEläktricitätL-Gesellschaft zur Folge, daß 30 Webstühle stillstanden. Aus dem Kreise Liegnitz wurden zahlreiche Bergmannsfamilien nach Westfalen hingezogen, und im Regierungsbezirk Arnsberg wurde bei dem Mangel an Arbeitskräften „auf jede nur mögliche Weise versucht, namentlich aus den östlichen Provinzen Arbeiter heranzuziehen." Wir be gnügen uns mit diesen Stichproben, die sich noch durch zahlreiche Beispiele vermehren ließen; auf jeden Fall geht daraus hervor, daß, wenn auch der Leutemangel in der Landwirthschaft sich be sonders geäußert hat, diese Kalamität nicht als eine specifische Erscheinung des landwirthschaftlichen Gewerbes erachtet werden darf, sondern eine Kalamität ist, unter der alle gewerbliche Be rufsarten, Landwirthschaft, Fabriken und auch Handwerker zu leiden hatten. Diese wirtschaftliche Kalamität hat Begleiterscheinungen, die recht unerfreulich sind. In Folge der gestiegenen Nachfrage und der höheren Löhne hat sich, wie schon früher erwähnt, in zahl reichen Bezirken beobachten lassen, „daß in zahlreichen Fällen Handarbeiter die vertraglichen Abmachungen und gesetzmäßigen Fristen ignoriren und bei dem geringsten Anlaß, oder in der Aussicht, vielleicht vorübergehend etwas mehr zu verdienen, ohne jede Kündigung und plötzlich die Arbeit zu verlassen". Die Bestrebungen der Arbeitgeber, sich durchs den sogenannten Lohnbewegungsparagraphen zu schützen, begeg neten den größten Schwierigkeiten; die Arbeiter lehnten einfach, gestützt auf den thatsächlichen Arbeitermangel, von vornherein derartige Verpflichtungen ab. Der Bericht für Pommern con- statirt, daß die Sitte, keine Kündigungsfrist zu vereinbaren, immer mehr zunimmt. In Oberschlesien ist die Spannung auf dem Arbeitsmarkte der „Eigenart der oberschlesischen Arbeiter bevölkerung" entgegengekommen; „gewohnt, von der Hand in den Mund zu leben, kommen zahlreiche Arbeiter, wenn der verdiente Arbeitslohn ausreicht, um für einige Tage den Lebensunterhalt der Familie zu fristen, nicht zur Arbeit". Eine weitere Wirkung des Arbeitermangels war, daß zahl reiche ausländische Arbeiter herangezogen worden sind. In Ostpreußen, Pommern, Breslau, Liegnitz, Magdeburg und Arnsberg sind viele Arbeiter aus Polen und Galizien zuge wandert, in den Bezirken Wiesbaden, Koblenz, Düsseldorf und Sigmaringen und selbst nach Liegnitz italienische Arbeiter. In Ostpreußen hätte ohne polnische Arbeiter keine der größeren Ziegeleien ordentlich im Betriebe gehalten werden können. Der Bericht für Pommern constatirt, daß zahlreiche ältere Betriebe fremde Arbeiter einstellen mußten; „und da außerdem noch fort während neue Anlagen entstehen, die ebenfalls mit Arbeitern beseht sein wollen, so wird man schließlich die Gesuche um Zu lassung russisch-polnischer oder galizischer Arbeiter nicht mehr ohne Weiteres abweisen können, sondern die Genehmigung von Fall zu Fall in Erwägung ziehen müssen, wenn nicht die In dustrie in ihrer besten Derdienstzeit lahmgelegt und auf das Schwerste geschädigt werden soll." In den schlesischen Zucker fabriken mußten noch mehr Arbeiter aus Galizien und Böhmen eingestellt werden als in früheren Jahren- Da die ausländischen Arbeiter, so sagt der Bericht, das Staatsgebiet spätestens am 15. December verlassen müssen, die Rüben dann aber oft noch nicht verarbeitet sein können, so sind die Zuckerfabriken in einer schwierigen Lage und wünschen, daß die Ausländer für die ganze Dauer der Campagne bleiben dürfen. Dabei erweist sich die mangelnde Sprachkenntniß der fremden Arbeiter gleich hemmend für eine gewissenhafte Durchführung der Arbeiterschutzvorschriften und für den Betrieb. Im Bezirke Magdeburg bilden in einzelnen größeren Werken, z. B. in dem Eisenhütten- und Emaillewerk Thale, sowie in größeren chemi schen Betrieben jene Arbeiter bereits ein sehr bemerkbares Ele ment; Arbeiter, mit denen keine Verständigung in deutscherSprache möglich sei, würden immer häufiger an getroffen. Dabei wird, genau wie in der Landwirthschaft, auch in der Industrie darüber geklagt, daß die Leistungen der polni schen und galizischen Arbeiter oft recht minderwertig seien und es mit ihren sittlichen Anschauungen recht traurig bestellt sei. In den westlichen Jndustriebezirten weisen Gewerbeinspectoren auf die zunehmende Verwendung solcher Arbeiter hin, „die der deutschen Sprach- nicht so weit mächtig sind, um Anweisungen und Warnungen richtig und schnell verstehen zu können." So erklärt sich auch die Thatsache, daß im rheinisch-westfälischen Industrie bezirke unter den Verletzten und Schwerverwundeten die Träger polnischer Namen auffallend zahlreich sind. Mit den italienischen Arbeitern sind die Fabriken anscheinen zufriedener; stellenweise bilden sie aber auch eine scharfe Concurrenz für die einheimischen Arbeitern sind die Fabriken anscheinend zufriedener; stellenweise meist besser gelohnt wurden, als die einheimischen Arbeiter, weil sie anspruchsloser und enthaltsamer waren und mehr leisteten. Bei dem „epidemischen" Charakter des Arbeitermangels ist die Frage, wie diesem Mißstande und den damit verbundenen Mißlichkeiten zu steuern sei, sehr schwer zu beantworten. Zu gleich aber wird für die Industrie die Frage kritisch, auf welche Weise in ausreichendem Maße gelernte Arbeiter zu beschaffen seien. Die Firma Krupp hat zu diesem Zwecke in ihren Forme reien Lehrlings-Abtheilungen eingerichtet. „Auf Grund eines schriftlichen, auf vier Jahre abgeschlossenen Lehrvertrages werden die Jungen zunächst zwei Jahre lang in einem besonderen, Hellen, gutgeliifteten Raume, der mit Krahn und allen Formeinrich tungen versehen ist, von einem geschickten Vorarbeiter unter An leitung eines Betriebsführers planmäßig ausgebildet, sodann wird jeder Junge einem älteren, zuverlässigen Former auf zwei weitere Jahre zugetheilt. Die Jungen bekommen sofort einen Schichtlohn von 60 H und vierteljährlich, je nach der Leistung, eine Zulage von 10 bis 20 H. Vom dritten Halbjahre ab können die besseren Jungen Accord bekommen. An den Lohn tagen wird bei sämmtlichen Lehrlingen der Firma nur die Hälfte des Lohnes ausgezahlt; die zweite Hälfte erhalten sie nach ord nungsmäßiger Beendigung der Lehrzeit mit 5 Procent Zinses zinsen." Inwieweit in anderen Betrieben auf diese Weise vor gegangen wird und werden kann, ist aus den Gewerbeaufsichts berichten nicht zu ersehen. Die Wirren in China. Der Meinungsaustausch, der zwischen den Mächten über den russischen Vorschlag einer Räumung Pekings stattgefunden hat, ist beendet und die russische Negierung im Besitze der Antworten auf ihre Circularnote vom 25. August. Es ergiebt sich, so wird der „Frkf. Ztg." aus Berlin berichtet, daß Ruß land, wenn eS auf seinem Vorschläge besteht, auf die Gefolgschaft Frankreichs und der Ver einigten Staaten rechnen kann. Frankreich hat mit seiner Antwort am längsten gezögert, während die Ver einigten Staaten von Anfang an Neigung bekundet haben, den russischen Vorschlag anzunehmen. Die Dreibund- staaten und England nehmen eine ablehnende Haltung ein und Japan scheint bereit zu sein, wenigstens einen Tbeil seiner Truppen aus Peking zurückzuziehen. Es steht aber bei Rußland, ob die chinesische Hauptstadt wenigstens von der Mehrzahl der Truppen geräumt wird. Es hat bekanntlich mitgetheilt, daß der Befehl zum Rückzüge der russischen Truppen nicht ohne Berücksichtigung der Local bedingungen werde gegeben werden. Vielleicht darf man aus der Thatsache, daß in den letzten Tagen weitere russische Truppen in Peking eingetroffen sind, den Schluß ziehen, daß die Localbedingungen auch nach russischer Auffassung eine Räumung Pekings zur Zeit noch nicht rathsam erscheinen lassen, so daß es bei dem jetzigen Zustande verbleibe. Eine solche Erwartung würde um so naher liegen, als die Be setzung Pekings durch fremde Truppen in den Augen der chinesischen Regierung anscheinend kein Hinderniß bildet, Friedensverbandlgngen mit den Mächten anzuknüpfen. Die „Nowoje Wremja" berichtet, daß für die russischen Truppen, die Peking verlassen werden, in Tientsin bereits Quartiere besorgt sind. Einige Abtheilungen würden nach Taku abmarschiren und dort bleiben, während der größte Theil nach Port Arthur und Talienwan zurückkehren und dort Winterquartier nehmen werde. — In Saratow ist, wie dortige Blätter mittbeilen, die Anordnung eingetroffen, die zum Abgänge nach Ostasien bereitstchenden Batterien nicht abgchen zu lassen, und ferner die Verfügung, den Ankauf von Pferden für den Militärbedarf einzustellen. Da degen berichtet daS „Wolff'scke Telegrapbenbureau" aus Konstantinopel unter dem l2. September: Die russischen Truppentransporte für Odessa-Ostasien sind von Odessa aus wieder ausgenommen worden. Vorgestern und gestern durchfuhr ein russisches Schiff mit Ossicieren und Mannschaften den Bosporus. Die FrtedenSuntcrhSndler. Die „Times" berichten aus Shanghai unter dem 1l. dS.: Li-Hung-Tschang bat ein kaiserliches Edict empfangen, durch das Prinz Tscking und Aunglu neben ihm als Friedensunterhändler ernannt worden sind. Prin; Tscking befindet sich jetzt in seinem eigenen Hause, das in dem unter japanischer Bewachung stehenden Stadt viertel liegt. Junalu soll mit seinen Truppen in der Nähe von Peking in Schansi, östlich von Taiyuenfu, stehen, wo er die Rückzugslinie des kaiser lichen HofeS deckt. Li-Hung-Tschang hat ihm gerathen, offen zuzugeben, daß seine Truppen nicht mehr gehorcht, sondern die Ausländer angegriffen hätten. Er, Li-Hung-Tschang, wolle dann sehen, ob die Verbündeten geneigt seien, ihn als Friedensunterhändler anzunehmen. Eine Nachricht Tsckang- Tschi-Tung's besagt, Uunglu habe erklärt, er sei bereit, nach Paotingfu zu gehen, er sträube sich aber noch dagegen, seine Ernennung zum Friedensunterhändler anzunehmen. Prinz Tsching bat, wie dem „Reuter'schen Bureau" auö Peking, 7. September, gemeldet wird, in einer privaten Unterredung mit den auswärtigen Vertretern geäußert, daß er zwar Vollmacht babe, die Unterhandlungen zu führen, aber ohne Li-Hung-Tschang nichtS' thun könne. Er habe an diesen telegraphirt und ihn dringend aufgefordert, nach Peking zu kommen. Weitere Meldungen. * Peking, 7. September. Eine amerikanische Kavallerie» Abteilung, die zur Deckung eines Viehtransports ausgesandt worden war, überraschte in einem Tempel bei Schaho 300 chinesische Soldaten. 30 wurden getödtet und 125 Ge wehre erbeutet; der Feind floh nach Nordwesten zu. — Etwa 500 Boxer griffen zwei Compagnien Russen an, die einer beim Bahnban beichäftigten Truppenabtheilung, sieben Meilen südlich vom Machiapu, zur Deckung dienten. Nach dem Eintreffen von Verstärkungen wurden die Boxer zerstreut. Zwei Russen sind verwundet worden. Tie Boxer waren mit Schwertern und Speeren bewaffnet. Russische Cavallerie drang in Getreidefelder ein, in denen die Boxer sich versteckt hatten, und tödteten viele Boxer mit Säbelhieben. Auch der Führer der Boxer wurde ge tödtet. Diese verloren allein 200 Todte. Ein russischer Lsficier ist verwundet, zwei Kosaken sind getödtet. Da dies nicht der erste Uebcrfall ist, so ist unter dem russischen Obersten Tretiakofs eine Strasexpedition abgesandt worden, die die in der Umgegend von Machiapu liegenden Städte zerstören soll. — Admiral Alexiew ist zur Besichtigung der Truppen hier eingetroffen. * Yokohama, 13. September. (Telegramm.) Eiu in Chasong (aus Korea) stationirtcr japanischer Osficier berichtet: zwei Japaner, owie mehrere hundert Chinesen und Koreaner, die zum Christenthum übergetreten waren, seien an der koreanischen Grenze ermordet worden. * Berlin» 13. September. (Telegramm.) „W. T.-B." be richtet aus Shanghai unter dem 12. September: Von den Japanern sind hier 600 Matrosen und 2 Geschütze gelandet worden. * Berlin, 13. September. (Telegramm.) Der Kreuzer „Fürst Bismarck" — Commandant Capitän z. S. Gras Moltke — ist mit dem Chef des Kreuzcrgeschwaders, Viceadmiral Bende- mann, am 12. September in Tsingtau eingetroffen und nach Taku in See gegangen. (Wiederholt.) * Berlin, 13. September. (Telegramm.) Der zweite Ad miral des Kreuzergeschwaders meldet aus Taku unter dem 1l. September: Capitän Pohl ist gesund an Bord der „Hansa" zurückgekehrt. Die Mannschaften sind noch in Tientsin und werden allmählich von dort zurückgezogen. Das Detachement des Grafen Soven ist in Taku und wird von dort nach Tsingtau übergesührt. Seine Leute sind sehr angestrengt und leiden zum Theil auch an Darmkcankheitcn. Für Frau von Ketteler, die unter deutschem Geleite in Tientsin eingetroffen ist, halte ich zur Ueberfahrt nach Japan die „Savoia" bereit. (Wiederholt.) Truppentransporte. *' Berlin, 13. September. (Telgramm.) sLloyds Agentur.) Es trafen die Truppentransportschiffe „Sachsen" am 12. Sep tember in Singapc-re und am selben Tage „Darmstadt" in Suez ein. „Gera" setzte seine Reise am 12. September von Colombo nach Singapore und „Rhein" am ll. September seine Reise von Shanghai nach Tsingtau fort. * Berlin, 13. September. (Telegramm.) Das königliche Kriegsministerium theilt über die Bewegungen der Truppen- transportjchiffe mit: „Palatia" ist am 12. September in Suez und „Dresden" gleichfalls am 12. d. M. in Tongku gelandet. Der Geist und der Gesundheitszustand der Truppen sind vorzüglich. 3ur Frage der Räumung Pekings. Wenn russischerseits geltend gemacht wird, daß die Aus dehnung der Operationen der Verbündeten bis zur Besitznahme Pekings in erster Linie erfolgt sei, um die bedrängten Ge sandten zu befreien und nach Lösung dieser Aufgabe Peking kein militärisches „Object" von besonderer Wichtigkeit mehr bilde, so ist letzteres durchaus nicht zutreffend. Ebensowenig die Be hauptung, daß wegen der Flucht des Kaisers und der Kaiserin Peking „diplomatisch" gegenstandslos geworden sei. Im Kriege 1860 hatten beispielsweise die Verbündeten keine Gesandten in Peking zu befreien, und doch bildete die Besitz nahme von Peking von Hause aus das Ziel ihrer Operationen. Daß die Chinesen damals diplomatisch wie militärisch Alles aufboten, um die Verbündeten an der Erreichung dieses Zieles zu verhindern, mag als Beweis gelten, welchen Werth sie der Be hauptung von Peking beimaßelk. Die chinesischen Staats männer machten denn auch später die größten Anstrengungen, die verbündeten Truppen zur schleunigen Räumung Pekings zu veranlassen, indem sie vorgaben, der Friedensschluß werde dadurch erleichtert. Die Verbündeten ließen sich aber, trotzdem Meinungs verschiedenheiten politischer Art zwischen ihnen bestanden, auf die Räumung Pekings nicht ein. Sie sahen in dem militä rischen Besitz Pekings die beste Bürgschaft für einen raschen Friedensschluß, obgleich auch 1860 der kaiserliche Hof nach dem Innern des Reiches geflohen war. Anfang October hatten die Franzosen und Engländer — im Ganzen nur 8000 Mann stark — Peking in Besitz genommen. Anfang November verließen sie es, nachdem ihre sämmtlichen politischen Forderungen erfüllt worden waren. Die Anwesen heit der „Fremden" in Peking verfehlte aber auch seine große moralische Wirkung auf das chinesische Volk und auf die chine sischen Staatsmänner nicht. Gegenwärtig stehen nicht 8000, sondern 25 000 Verbündete in Peking. Gegenwärtig stehen nicht, wie 1860, nur lnSgesammt 14 000, sondern 60 000 Mann Truppen auf der Linie Taku- Tientsin-Peking zur Verfügung, welche Zahl bis Ende dieses Monats auf 75 000 gestiegen sein wird. Daß bei diesen Stärkeverhältnissen der Verbleib von Truppen in Peking selbst irgendwelchen Bedenken militärischer Art unterliegen könnte nach der Richtung hin, als ob es schwierig sei, die Hauptstadt gegen allenfallsige Angriffe der Chinesen dauernd zu behaupten, muß als vollkommen ausgeschlossen er scheinen. Auch das Herannahen der schlechten Jahreszeit ist kein ernst liches Motiv für eine Räumung Pekings. Es bleibt noch Zeit genug, um sich selbst für einen Winterfeldzug in China einzu richten, ganz abgesehen davon, daß es weiter nicht schwierig sein kann für die Verbündeten, die sich in befestigten Lagern in der Nähe Pekings auf alle Eventualitäten vorzuberciten. Der Schutz der rückwärtigen Verbindungen endlich auf dec Linie Peking-Tientsin-Taku ist eine militärische Aufgabe, die allerdings Umsicht und gewisse Vorbereitungen verlangt, aber es müßte um die kriegerische Leistungsfähigkeit der verbündeten Truppen doch schecht stehen, wenn sie nicht im Stande sein sollten, diese Aufgabe zu lösen. Eine Etappenlinie von nur 6 Tagemärschen Länge militärisch zu schützen, und zwar nicht einmal gegen einen wohlorganisirten und gut geführten Feind, sondern gegebenen Falles nur gegen Streifschaaren oder gegen rasch zusammengeraffte chinesische Truppenaufgebote, die bis jetzt noch niemals gegen einigermaßen numerisch ihnen ge wachsene Truppen der Verbündeten Stand gehalten haben — ein solches Problem kann doch unmöglich die Kräfte eines Heeres von 75 000 Mann absorbiren. Zumal diesem Heere nicht allein augenblicklich, sondern auch auf absehbare Zeit gar kein Feind gegenübersteht, der sich zu einer operationsfähigen größeren Masse zusammengeschlossen hätte. Die chinesische Armee vor Tschili ist zersprengt. Vor Allem weil ihr mit Peking nicht allein der naturgemäße Concentrirungspunct, sondern auch die Ope rationsbasis entzogen ist. Hier laufen sechs große Straßen zusammen aus und nach allen Hauptrichtungen des Reiches. Auch die große Straße nach Mukden, welch' letzteres speciell für Rußland von so hervorragender strategischer Bedeutung ist für sein Interessengebiet im nordöstlichen China. Mit der Räumung Pekings würde aber letzteres naturgemäß sofort wieder der Ausgangspunct aller militärischen Anstren gungen der Chinesen werden, und der gegebene Vereinigungs- punct ihrer jetzt getrennt und zusammenhanglos auftretenden Streitkräfte. Hierbei sind aber noch nicht einmal die politischen und ethischen Momente in Betracht gezogen, welche das Aufgeben Pekings als einen schwerwiegenden Fehler erscheinen lasse» müßte. Allerdings immer nur unter dem Gesichtspunkte, daß es sich um die Wahrung der allgemeinen und gemeinsamen Interessen der Verbündeten handelt. Es ist aber früher darauf hingewiesen worden, daß Rußland mit seinem Räumungsvorschlage — trotz der üblichen diplomatischen Verklausulirungen — der Sache nach seine eigenen Wege zu gehen sich anschickt. Ob es auf diploma tischem Wege gelingen wird, es von diesem Wege abzubringen, scheint vorläufig fraglich. Wenn aber „Politik die Wissenschaft des Möglichen" ist und wenn die Verbündeten es in der Hand haben, Rußland gegenüber das „Mögliche" zu thun, ohne hier bei gegen die eigenen gemeinsamen Interessen zu verstoßen, so sollte man einen solchen Ausweg einschlagen. Er besteht, meint die „Allg. Marine-Corr.", darin, daß Ruß land und den ihm zustimmenden Mächten die militärische Räumung Pekings freigegeben wird, um dafür die Sicherung der rückwärtigen Operationslinien mit der Basis in Tientsin zu übernehmen. Dagegen halten die Streitkräfte der übrigen Mächte Peking besetzt bis zum Abschluß des Friedens. Wenn 25—30 000 Mann in Peking verbleiben, so reicht das voll kommen aus — bei der gegenwärtigen Sachlage —, um die militärischen wie politischen Interessen zu wahren, welche bis auf Weiteres von dem Besitze Pekings unzertrennlich erscheinen. Auch die Einheitlichkeit der Operationen wie des Ober kommandos brauchte hierdurch nicht gestört zu werden. Auf gabe des letzteren würde es dann sein, das militärische Zu sammenwirken von den beiden Puncten Peking und Tientsin aus auf alle Fälle sicherzustellen! L. Unsere Verwundeten. Aus Uoko Hama, 13. August, wird der „Köln. Ztg." geschrieben: Der Aufenthalt des Dampfers, von Vancouver auf dem Wege nach Shanghai, gab mir willkommene Gelegenheit, im deutschen Marinehospital unsere verwundeten See- officiereundMannschaftenzu besuchen, die von Taku und von Admiral Seymour's Expedition hierher gebracht worden sind. Allen geht es den Umständen nach gut, und zuversichtlich erwarten sie unter der sorgsamen Pflege, die ihnen Leiter und An gestellte des Krankenhauses zu Theil werden lassen, ihre völlige Wiederherstellung, soweit die Natur ihrer Verwundungen das zu läßt. Eine längere Unterhaltung mit Corvettencapilän Lans vom Kanonenboot „Iltis" und den Officieren, die Admiral Sey mour's Vorstoß auf Peking begleiteten, ergab viele interessante Einzelheiten, die mittlerweile wohl längst brieflich in aller Aus führlichkeit bekannt geworden sind. Einen Punct möchte ich aber doch noch hervorheben, den Capitän Lans, sowohl wie die Herren unter Seymour immer wieder betonten, das ist die unerschütter liche Zuversicht, die unsere Seeofficiere zu der Leistungs fähigkeit unserer Matrosen haben. Unter furcht baren Entbehrungen, die Commandirende wie Mannschaften in gleicher Weise zu ertragen hatten, bei Hunger und Durst, Schlaf losigkeit und den fortwährenden Angriffen der chinesischen Trup pen, die auch Nachts im Lager oder auf dem Marsche keine Ruhe ließen, zeigten die deutschen Matrosen und Seesoldaten eine Aus dauer, eine frischfröhliche Kampfeslust und einen so echten Sol datengeist, daß sich ihre Vorgesetzten gar nicht überschwänglich ge nug darüber ausdrücken können. Selbst als der Mangel an Schießbedarf die Lage recht bedenklich gestaltete und an die Selbstbeherrschung und moralische Kraft jede» Einzelnen die größten Anforderungen stellte, versiegte die gute Stimmung der Mannschaft nicht, und ihre Officiere konnten sich keine besseren Kameraden auf dem Kampfplatz« wünschen. Auch Kapitän Lan» meinte, die Haltung seiner Unterofficiere und Mannschaften bet dem Angriff« auf die Fort» von Taku sei eine völlige Offen-
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)
- Doppelseitenansicht
- Vorschaubilder
Erste Seite
10 Seiten zurück
Vorherige Seite