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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 10.10.1900
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1900-10-10
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-19001010014
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1900101001
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1900101001
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
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- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
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Ungefähr vor einem halben Jahre, als unter der Nach wirkung des polnischen Abmarsches vom Neißer Katholikentag und der mit eigener Namensunterschrift veröffentlichten Be schwerden deutscher Pfarrer in den Ostprovinzen im Centrums- lagcr begriffen wurde, daß die deutschen Katholiken in den Ost marken sich denn doch nicht nur als Kanonenfutter der polnisch klerikalen Freundschaft mißbrauchen lassen wollen, wurde unter einigen nationalen Böllerschüssen erklärt, daß die deutschen Ka tholiken im preußischen Osten doch von Seiten unserer polnischen Landsleute eine gar zu merkwürdige Behandlung erfahren. „Und", so sagte die „Germania", „obwohl uns derselbe Glaube gemeinsam ist und unsere Volksvertreter stets mit Eifer sich der polnischen Forderungen angenommen haben, sehen doch manche Polen in den deutschen Katholiken ihre Feinde, ja, einige radicale Blätter erklären den deutschen Katholiken für viel gefährlicher als die Deutschen anderen Glaubens". Unter diesen Umständen fand die „Germania" „es nur natürlich, daß die deutschen Katho liken des Ostens zur Pflege ihrer nationalen Eigenart und ihrer religiösen Gesinnung sich in den Vereinen deutscher Katholiken zusammenschlosien", und dann fügte das klerikale Blatt hinzu: „Eine Organisation derselben existirt zwar bisher noch nicht, soll aber nächstens in die Wege geleitet werden; es ist dies ent schieden der beste Weg, der Weg der Selbsthilfe gegenüber den verschiedenen Gegnern und Gönnern." Die Gesammtzahl der Vereine deutscher Katholiken in West preußen und Posen belief sich damals annähernd auf ein Viertel- Hundert; in der Erzdiöcese Posen-Gnesen allein wurden in kleri kalen Blättern zwanzig aufgeführt, der Reihe nach begründet in Fraustadt, Rawitsch, Schneidemühl, Schönlanke, Schwehkau, Filehne, Lissa, Jastrow, Meseritz, Bromberg, Posen, Gnesen, Kosten, Tütz, Jnowrazlaw, Birnbaum und Krotoschin. Die davon zu der Provinz Posen gehörigen Vereine machten sich nun an die Gründung des Verbandes, der also den Segen sogar der „Germania" hatte. Zu Pfingsten wurde zu diesem Zwecke eine Versammlung der Vereinsvertretungen nach Posen einberufen, und diese erwogen für den Paragraphen, der den Zweck des Verbandes behandelte, die Formulirung, „die Belebung des religiösen Wesens, die Pflege deutscher Gesinnung und die Wahrnehmung berechtigter Interessen der Katholiken deutscher Zunge", was man kürzer auch, ganz wie oben die „Germania", dahin zusammenfassen kann, daß der Zweck des Verbandes die Pflege der nationalen Eigenart und der religiösen Gesinnung der deutschen Katholiken sein solle. Vor einigen Tagen, am 3. Oc tober, traten in Posen die Vertreter der deutschen Katholiken vereine wieder zusammen. Und, wie glaubwürdig berichtet worden ist, und uns von katholischer Seite aus Posen bestätigt wird, gedachte man, jene Zweckbestimmung, die Pfingsten er wogen worden war, in das Statut aufzunehmen. Gegen diese Fassung opponirten aber, wie der uns zugegangene Bericht weiter lautet, die beiden anwesenden Geistlichen und gaben die Erklärung ab, daß der Herr Erzbischof für den Fall der Annahme des Paragraphen den Geistlichen den Austritt aus den Vereinen ans Herz gelegt habe und den Vorstand des Ver bandes unter Umständen excommuniciren müsse. Darob all gemeine Ueberraschung, und der beanstandete Paragraph wurde dahin abgeändert: Zweck des Verbandes ist die Wahrung der gemeinschaftlichen Interessen der Vereine deutscher Katholiken in der Provinz Posen. Es liegt auf der Hand, daß eine derartige Mittheilung, die so bezeichnend war, über die Kreise der davon Betroffenen Auf sehen erregen mußte und daß die dadurch bloßgestellten Kreise nicht schweigen würden. Und richtig, am Sonntag bereits ver öffentlichte die „Germania" eine längere Zuschrift aus Posen und eine Erklärung eines dabei betheiligten Geistlichen, die sich Berichtigung nennt, aber thatsächlich nur berichtigt, daß die beiden Herren weder einen directen noch einen indirectcn Auftrag von dem Posener Erzbischof gehabt hätten, mit Excommuni- kation und dem Zwange zum Austritt aus dem Verbände der deutschen Vereine zu drohen; sie hätten nur gegen die erste Fassung des Paragraphen Einspruch erhoben, welcher — und nun vergleiche man die eingangs citirte Aufforderung der „Germania" an die deutschen Katholikenvereine und den ursprünglichen Wort laut des Paragraphen, den das brave, fromme Blat? verschweigt — welcher in seiner Fassung „unkirchlich war und einen Ein griff in die kirchliche Autorität und in die Rechte und Pflichten der Kirche in sich schloß, dadurch, daß er die Wahrung und Ver tretung der kirchlichen Interessen der deutschen Katholiken in der Diöcese ohne die kirchliche Behörde sich anmaßen wollte". Weiter aber ist in der famosen Darstellung des klerikalen Organs folgende Mittheilung hochbedeutsam: „Daß die Idee eines Ver bandes der katholischen Geselligkeitsvereine den deutschen Geist lichen nicht sympathisch war, beweist der Umstand, daß bei der letzten Versammlung nur zwei zugegen waren, und zwar dazu, um das Zustandekommen eines Gegensatzes des kirchlichen Stand- punctes (!) zu verhindern." Es widert geradezu an, in diese doppelzüngige Treiberei des klerikalen Blattes hineinzusteigen. Nicht darum, weil jene be anstandete Zweckbestimmung „antikirchlich" war, sondern weil sie der Mache nicht paßte, die der großpolnischen Propaganda Deckung durch kirchliche Einrichtung und kirchliche Machtmittel gewährt, darum wurde der klerikale Querzug geführt, und zwar nach den bisherigen Erklärungen der dabei betheiligten Geist lichen, wenn sie auch selbst sagen, unbefugter Weise, so doch unter Berufung auf den Erzbischof vr. v. Stablewski. In der Sache selbst wird sich nichts ändern, ob die Zweckbestimmung so oder so lautet. Wenn nur die Angehörigen und Führer der deutsch katholischen Vereine in den Ostmarken Männer und der schwie rigen Aufgabe gewachsen sind, sich in ihrer Religion auch ihre Na tionalität und das treue Zusammengehen mit den anderen deut schen Volksgenossen zu erhalten, dann werden sie sich nur er- muthigt fühlen, wenn sie von den Polenblättern deutscher Zunge von Berlin bis zum Rhein auch diesmal wieder im Stiche gelassen werden. Die Inauguration der Selbstverwaltung auf Deutsch-Samoa. Aus Apia, 6. September, wird der „Welt-Correspondenz" geschrieben: Langsam, aber stetig und sicher schreitet die Entwickelung unserer Verhältnisse vor sich. Es ist heute meine Aufgabe, über die am 14. vorigen Monats unter enisprechenden Feierlichkeiten und Festlichkeiten stattgefundene Inauguration der Selbstverwaltung der Samoaner zu berichten. Am genannten Tage wurden die von dem Gouverneur zu den leiten den Beamten der samoanischen Verwaltung ernannten Häupt linge eingeschworen. Nachmittags gegen 4 Uhr verließ der Vice- Gouverneur Knipping mit allen hiesigen kaiserlichen Beamten und den Mitgliedern des Gouvernementsrathes die Wohnung des Gouverneurs, und kurz darauf folgte ihnen der Gouverneur Sols mit dem katholischen Bischof l)r. Broyer und den leitenden Geist lichen der Londoner und Wesleyanischen Missionen. Unmittelbar an dem die Reichsflagge tragenden Flaggenmaste war «ine große Tribüne errichtet, auf wejcher die hohe Versammlung Platz nahm. Am Flaggenmaste war Mataafa mit einer großen Anzahl von Häuptlingen versammelt, auch die Schüler und Schülerinnen der Wesleyanischen und Londoner Missionen waren zur Stelle. Die Feierlichkeit begann mit dem Absingen einer Hymne von den Schülern der Lesimfi-Schule. Hierauf hielt Gouverneur Solf folgende Ansprache, welche den Eingeborenen sofort durch Dolmetscher übersetzt wurde: „Es ist ein freudiger Anblick für mich, die hohen Häuptlina- vor mir zu sehen, die Vertreter der großen Familien, die seit Alters her Herrscher waren auf den samoanischen Inseln von Upolu Manono, Apolima und Savaii. Ihr Alle wißt, daß die früheren Regierungen Samoas nicht gut und auch nicht mächtigt waren. Und es herrschte kein Wohlwollen unter Euch und keine Freundschaft zu einander, sondern Aufstände und Kriege be unruhigten das Land Jahr für Jahr. Deswegen haben die Herrscher der drei großen Mächte beschlossen unv bestimmt, daß Samoa der Fürsorge Seiner Majestät des deutschen Kaisers an vertraut werde, auf daß er mit seinem starken Arm das schöne Jnselreich beschützen möge ... Ich verkünde Euch heute die Anordnungen der iaiffrlichen Regierung über die Verwaltung des Landes. Niemand hat im Lande zu befehlen außerdem Gouverneur, sein« Macht erstreckt sich auf die weißen Bewohner der Inseln und auf Euch Samoaner. Es ist nicht die Absicht der Regierung, Euch zu zwingsn, unsere Sitten und Gewohnheiten a n z u n e h m e n, die Regierung nimmt Rücksicht auf Eure alten Traditionen und achtet sie, so weit sie nicht verstoßen gegen die Gebote des Christenthums und gegen die Wohlfahrt und die Sicherheit des Einzelnen. Die Regierung setzt das Vertrauen in Euch, daß Ihr es vermögt, Euch selb st zu ver walten, unter der Aufsicht und Controle des Gouverneurs, und es werden solche Gesetze und Verordnungen erlassen werden, wie sie zum Besten des Landes sind, und übereinstimmend, so weit angängig mit Euren Anschauungen. An der Spitze der samoanischen Selbstverwaltung soll ein hoher Häuptling stehen. Er soll den Titel führen: L e A l iiSili. Er soll die Ver - Mittelungsinstanz bilden, durch welche die Wünsche und Befehle des Gouverneurs den Samoanern bekannt gegeben wer den. Der Alii Sili soll einen Rath — Faipule — haben. Die Districte sollen verwaltet werden durch Häuptlinge, die den Titel Taitai Itu führen. Für jeden District wird die er forderliche Anzahl von Richtern — Feamasino — an gestellt werden. Für die Ordnung in den Dörfern sollen Dorf schulzen — PuleNun — sorgen. Zur Ausführung der Befehle der Verwaltungsorgane sollen Polizisten angestellt werden. Ich gebe meiner Zufriedenheit Ausdruck über die wohl geordnete festliche Versammlung heute, laßt uns froh s«in des Friedens, der nun in Samoa herrscht durch die Gnade Gottes; laßt uns danken Seiner Majestät dem Kaiser, der mit seinem eisernen Willen Krieg« unter Euch verboten hat. Er, der deutsche Kaiser,der TupuSili von Samoa, hat Eure Hände in Freundschaft geeint. Sein kaiserlicher Wunsch ist, daß ganz Samoa glücklich sei und gedeihe im Gehorsam den Gesetzen der deutschen Herrschaft, die jetzt und für alle Zeiten in Samoa eingesetzt ist. Und nun ernenne und setz« ich ein zum Alii Sili Dich, hoh « r Häuptling Mataafa, und betraue Euch, Ihr hier versammelten Häuptlinge, mit den aus Euren An stellungsurkunden ersichtlichen Posten. Ihr Alle, Mataafa und die hier versammelten Häuptlinge, werdet nun den Eid der Treue und des Gehorsams leisten." Nachdem hierauf die Mädchen der Papanta-Schule ein« Hymne gesungen hatten, richtete 'der Lord-Bischof Broyer «ine «indringliche Ansprache in samoanischer Sprache an die Ein geborenen, in welcher er auf die Wichtigkeit des Vorganges und des zu leistenden Eides aufmerksam machte, worauf der Gouver neur Solf und der Vice-Gouverneur die Tribüne verließen und in Front derselben an dem Flaggenmaste Aufstellung nahmen. Hierauf trat Mataafa vor, und, die Hand auf die von dem Gou verneur und dem Vice-Gouverneur gehaltene Reichsflagge legend, wiederholte «r den ihm vorgesprochenen Huldigungs- und Gc- horsamseid, worauf ihm der Gouverneur Solf die Hand reichte. Hierauf erfolgte die Vereidigung der Häuptlinge districtweise, worauf dieselben ihren religiösen Rathgebern zugewiesen wurden, welche sie ebenfalls auf die Wichtigkeit des geleisteten Eides auf merksam machten. Nach einer Hymne, gesungen von den Zög lingen des Lufilufi-Colleges, überreichte Gouverneur Solf an Mataafa eine von dem deutschen Lehrer Damm in wahrhaft künstlerischer Weise auSgeführte Bestallungsurkundr. Auch die anderen eingeschworenen Häuptling« erhielten ihre schriftlichen Ernennungsdiplome. Die von den Mädchen der Papanta-Schule in deutscher Sprache gesungene Nationalhymne „Heil Kaiser Dir" beschloß diese wichtige, würdige und den Samoanern wohl lange im Gedächtniß bleibend« Feier. Noch ist zu erwähnen, daß Tamafe se einige Tag« später die Initiativ« ergriff, durch Besuche bei Mataafa und den anderen Häuptlingen di« Hand zur dauernden Aussöhnung zu bi«trn. Die Wirren in China. Die neue Residenz. Dem Berliner „Loc.-Anz." wird aus Shanghai berichtet: Nachrichten aus Hankou besagen, daß ungefähr 200 000 Mann chinesische Truppen, mit modernen Waffen aus gerüstet, aus allen Theilen des Reiches gegen Si-nan-fu zusammenrücken, um sich dem General Tungfusiang an zuschließen. Ein früherer deutscher Jnstructionsosficier be hauptet, die Chinesen wären noch im Besitz von 700 Ge schützen und einer ungeheuren Menge von Munition. Große Lcbensmitteltransporle sind auf dem Wege nach Si-nan-su. Die kürzlich erfolgte Masscnberufung von Mandschu und fremdcnfeinvlichen Beamten in hohe Stellungen hat in den südlichen Provinzen große Unzufriedenheit erregt und andererseits die be reits erschütterte Loyalität der Bicekönige im Dangtse- Tbale befestigt, da sie ihre eigene Absetzung befürchten. — Die in Shanghai garnisonirenden deutschen Truppen sollen nach dem Norden abgchcn und durch die am 28. October in Sbangbai erwarteten Nachschübe ersetzt werden. Der Kreuzer „Schwalbe" kebrt von Nanking nach Shanghai zurück. Aus Hongkong, 9. October, wird dem „Reuter'schen Bureau" telegraphirt: Alle weißen britischen Truppen, einschließlich der Hongkonger asiatischen Artillerie, sind plötz lich aus einem unbekannten An lasse hierher zurück berufen worden. Wohin sich die Aufständischen des Kaulung-Hinterlandes gewandt haben, ist unbekannt; man glaubt, sie marschiren nach Norden von der Grenze des neuen britischen Gebiets aus. Kanton ist ruhig. Peking. „Neuter'S Bureau" berichtet weiter auS Peking: General Aamayuchi bildet eine neue japanische Brigade, die die Stellungen in China besetzen soll. Sie wird aus 5000 Mann der 2l. und 5000 Mann der 9. Brigade unter dem Befehle des Generals Bnkamoto bestehen. 2000 Mann bleiben bier, die übrigen sind an der CoinmunicationSlinie Peking-Taku und an anderen Puncten vertheilt. 8000 Deutsche, 1500 Amerikaner und eine gleiche Anzahl Russen bleiben den Winter über in Peking. Wieviel Engländer nock dort bleiben, ist noch nicht bestimmt, wahr scheinlich eine Brigade. Die Verbündeten versehen sich mit Vorratb, der für sechs Monate zu beschaffen ist. Die Russen haben ihre Schutzwache aus den kaiserlichen Gärten fortgenommen, die sofort von den Deutschen besetzt worden sind. Die Deutschen richteten die früher von der Kaiserin-Wittwe bewohnten Gebäude als Hauptquartier für den Feldmarschall Graf Wald er fee und seinen Stab ein. 600 Engländer haben vom Sommerpalast Besitz genommen. Kommandant LanS. Der Commandant des „Iltis" vor Taku, LanS, hat, wie die „Kölnische Volkszeitung" erfährt, bei den ersten Geh versuchen nach Abnahme des Gypsverbandes das ver wundete Bein gebrochen. Weitere Meldungen: * London, 9. Lctober. (Telegramm.) „Times" berichten aus Shanghai unter dem 7. Ociober: Die französischen Truppen halten Luponkiao an der Buhan-Eisenbahn, die Russen und Deutschen die Forts von Peitang, desgleichen die Minen von Tangschan und Kaipirg besetzt und beherrschen so die Kohlen versorgung Nordchinas, während die Russen die Bahnlinie in der Gewalt haben. * Brrlin, 9. October. (Telegramm.) Das Kriegsministerium theilt mit: Der Dampfer „Darmstadt" ist am 7. Lctober in Shanghai und „Creseld" am 8. October in Singapore an gekommen. Der Dampfer „Halle" ist am 7. October aus Dokohama und der Dampfer „H. H. Meier" am 6. October aus Nagasaki abgegangen. Tie chinesische Regierung und ihre jetzigen Vertreter. In der Hamburgischen Geographischen Ge- feilsch ast hielt Professor vr. Friedrich Hirth aus München, der 28 Jahre chinesischer Beamter gewesen ist, und zuletzt die Stelle eines Seezolldirectors in Chunking, Provinz Setschuan, bekleidet hat, einen sehr interessanten Vortrag über die chinesische Regierung und ihre jetzigen Vertreter. Nach eurem dem „Hamb. Corresp." zur Verfügung gestellten Referat führte der Redner etwa Folgendes aus: „Das chinesische Volk ist das von Natur gutmllthigste und lenkbarste Volk der Welt, und bei den jüngsten blutigen Ereig nissen eigentlich an nichts, seine Regierung dagegen an Allem Schuld. Letztere hat man ins Auge zu fassen, will man den augenblicklichen Ereignissen gerecht werden. An der Spitze dieser Regierung stand vor dem Staatsstreiche des Jahres 1898 der junge KaiserKuangßü.für dessen ganzes Unglück das un bedingte Abhängigkeitsverhältniß von seiner Tante, der Kaiserin- Wittwe, in erster Linie verantwortlich zu machen ist. Freilich darf man Kuangßü dieserhalb nicht ohne Weiteres einen Schwächling schelten, sondern hat vor Allem zu bedenken, daß kindliche Liebe und Anhänglichkeit an Eltern und Verwandte in der chinesischen Sittenlehre eine dermaßen gewichtige Rolle spielen, daß lediglich dieser Factor sonst völlig vernünftige Leute zu albernen und willenlosen Werkzeugen in der Hand solcher Verwandter zu machen im Stande ist. In Folge dessen ist der Kaiser, den wir als schwankenden, demüthigen Jüngling an zusehen und zu verachten gewohnt sind, nur ein echtes Kind seines Volkes, wenn er dieser pietätvollen Anhänglichkeit an seine Tante selbst dann nicht zu entsagen vermochte, als er einsehen mußte, wie sehr man seine Anhänglichkeit mißbrauchte. Trotz dieses eigenartigen und für das Derständniß der Ereignisse wesentlichen Verhältnisses deS Kaisers Kuangßü zu seiner Tante (d. h. der Kaiserin-Wittwe) wäre Alles in China gut gegangen, und man hätte schließlich auch Kuangßü allein regieren lassen, wenn nicht d«r für China so schmachvoll endende Krieg mit Japan und in seinem Gefolge die sogenannte Reformbewegung mit dem Kaiser an der Spitze die Situation geändert hätte. Der Kaiser und die Anhänger der von ihm begünstigten und von ihm ausgehenden Neformideen faßten diesen schnellen Sieg Japans auf als die Folge der Aneignung höherer europäischer Cultur seitens der Japaner, und glaubten demnach auch China schleunigst diesen segensreichen Einflüssen zugänglich machen zu sollen. Die Folge war in überstüzter Hast in wenigen Mo naten eine lange Reihe von Reformedicten des Kaisers, betreffend Eisenbahnen, Bergwerke, Militärwesen, Handelskammern, Ab schaffung überflüssiger Aemter, Hebung der Industrie, und, was am meisten Anstoß bei den conservativen chinesischen Patrioten erregte, Aenderung der Examensbestimmungen. Diese Edicte theilten das ganze chinesische Kaiserreich in zwei große Feldlager: 1) in eine Reformpartei, die der Einführung europäischer Cultur das Wort redete, und 2) in eine conservative Partei, die die alte chinesische Erziehung mit Confucius an der Spitze erhalten zu sehen wünschte. Zu allem dem kamen die gleichzeitigen Gebiets abtretungen an europäische Mächte und vergrößerten den Miß muth der Gegner der Reformpartei. Die Abtretung Kiautschaus an Deutschland hätte man nicht ertragen, wären nicht unmittelbar danach die Gerüchte aufgetaucht, Italien, Oesterreich, kurz, alle Mächte Europas wünschten das Gleiche, und ganz China solle unter Europa aufgetheilt werden. Das war zu viel und führte im September 1898 zu jenem Staatsstreiche, Llrch den der Sohn des Prinzen Tuan, Namens P'u Ts'uan von der Kaiserin-Wittwe zum Nachfolger des verstorbenen Kaisers Tungtschi ernannt wurde, sie selbst für den angeblich kränklichen Kuangßü die Regierung übernahm, und damit Kuangßü's bis herige Regierung nach chinesischen Begriffen gewissermaßen aus den Annalen der Geschichte gestrichen wurde. Dieser, einer Ab setzung des reformfreundlichen Kaisers völlig gleichkommend: Streich sand aber im Reiche viel Protest, und mehrere Kund gebungen zu Gunsten Kuangßü's erreichten das Tsung li Damen. Darüber erbost, ordnete nunmehr die Kaiserin-Wittwe eine Ver folgung der Reformfreunde an. Viele derselben wurden hin gerichtet, andere entkamen, unter Letzteren auch der inkime Freund des Kaisers: Kangyüwei. Den gewaltthätigsten Ausdruck fanden indessen alle diese Gährungen innerhalb der hochstehenden Regierungskrise und der Parteien Chinas durch den jüngsten Ausbruch der Fremdenhetze, bei der speciell die folgenden Vertreter der chinesischen Regierung eine führende Rolle spielten. Zunächst einige Mitglieder des Staatsrathes, d. h. des Colle giums der vertrauten Räthe des Monarchen, als dessen Präsident in dem im März 1900 ausgegebenen chinesischen Staatshand buche der Prinz Li, genannte Schito, ein gemäßigt konser vatives Mitglied der kaiserlichen Familie, genannt wird. Er soll seiner Zeit der Kaiserin-Wittwe den verständigen Rath ge geben haben, bei dem Kriege gegen die Fremden die Boxer aus dem Spiele zu lassen. Ferner gehören diesem in hohem Grade conservativen und die höchste Körperschaft im ganzen Staate bildenden Staatsrath noch zwei Männer an, die als die Hauptanstifter des augenblick lichen Krieges gegen die Fremden zu betrachten sind, so der Generalissimus und Organisator der Nordarmee, Dunglu, sowie der Großsckretär und Erzfremdenfeind Kangji. Beide sind gleichzeitig die Hauptpersönlichkeiten des einen der sechs im chinesischen Reiche existirenden Ministerien, und zwar des Kriegs ministeriums. Dunglu ist zweifellos ein energischer Streber, der seine nach dem Staatsstreich von 1898 erfolgte Erhebung zu einer der einflußreichsten Stellungen im ganzen Reiche neben seinem ruhelosen Ehrgeiz vor Allem seinen Familienbeziehungen al« Brudersohn der Kaiserin-Wittwe zu verdanken hat. Schon da raus, daß er die chinesische Nordarmee nach europäischem Muster reorganisiere, erkennt man, daß Dunglu nicht zu den blinden Gegnern aller Neuerungen zu rechnen ist, wenngleich er bei seiner Nachsicht gegen Reformbewegungen sich lediglich leiten ließ von der Erkenntniß, daß die Einführung gewisser Re formen ein hauptsächliches Mittel zur Stärkung Chinas gegen das Ausland werden könnte. Sympathisch berühren auch seine vielfachen kühnen Versuche, die grausam verfolgten Opfer der Reformpartei zu retten. Ferner sollen auf seinen Befehl am 15. Juli d. I. die Feindseligkeiten gegen die Gesandten in Peking eingestellt worden sein. Auch richtete er seinen Haß auf eine in ganz China verabscheute Persönlichkeit, den allmächtigen Lieb ling» Eunuchen der Kaiserin, Lienying, den er eines Tages mit einer Tracht Prügel überraschte, ohne jede Rücksicht auf die Ungnade der Kaiserin. Schließlich soll er von jeher gegen die Absetzung des legi timen Kaisers Kuangßü zu wirken bestrebt gewesen sein. Ge hört Dunglu auch zweifellos zu unseren Feinden, so scheint ec doch als Abgesandter seiner Partei bei den Friedensverhand lungen nicht so unannehmbar (?) zu sein, wie es in unserer Presse hingestellt wurde. Sehr viel weniger sympathisch als Dunglu erscheint uns sein College im Kriegsministerium Kangji. Er ist sicher einer der erbittertsten und unversöhnlichsten Feinde der Reformpartei und der Fremden. Ist Dunglu bei der Fremdenhetze mehr der militärische Berather der Kaiserin gewesen, so spielte Kangji den politischen und finanziellen Rathgeber. Durch seine außerordent lich erfolgreichen Finanzmaßregeln wurden allein die Mittel auf gebracht, die zu dem großen Wagniß der Fremdenaustreibung erforderlich schienen. So soll er in Kiangsu die jährlich an die Central-Regierung abzuführenden Gelder um 2 Millionen, in Canton, wohin er im September 1899 geschickt wurde, um 1600000 Taels vermehrt haben. Nach diesen Erpressungen kehrte Kangji nach Peking zurück, wo er in fieberhafter Hast weiter an den Vorbereitungen des Kampfes gegen die Fremden arbeitete. Als Vater der Boxerbewegung, die unter seinem Regime ihren Anfang nahm, verdient Du Hien noch besonderer Erwähnung. Im Jahre 1898 in 7 Monaten vom Taotai bis zum Tataren general befördert, nahm er als Gouverneur von Schantung höchst fremdenfeindliche Haltung an und scheute sich nicht, eines Tages 50 Missionare in sein Damen zu laden und hinterrücks hinschlachten zu lassen. Zwar zeitweilig auf Drängen der euro päischen Gesandten seines Amtes entsetzt, verstand er es, sich in Peking zum Vertrauensmann der Kaiserin emporzuarbeiten und die verabscheuenswürdigsten Verbrechen zu begehen. Bei Rege- lung der chinesischen Verhältnisse durch die Mächte würde Dü Hien jedenfalls die exemplarischste Bestrafung verdienen. Genannten Persönlichkeiten gegenüber treten die übrigen, theils fremdcnfreundlichen, theils fremdenfeindlichen Regierungs vertreter, wie sie im Tsung li Damen (dem seit 1861 eingerichte«
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