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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 13.08.1901
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1901-08-13
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-19010813023
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1901081302
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1901081302
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1901
- Monat1901-08
- Tag1901-08-13
- Monat1901-08
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NrnLsklatt des Königlichen Land- und Ämtsgerichtes Leipzig, des Rathes und Nolizei-Ärntes der LtadL Leipzig. Anzeigen «Pret- die 6 gespaltene Petitzeile 25 Reclam«» anter dem Redacttonsstrtch ft gespalten) 7K vor den Familiennach» richten (6 gespalten) KO H. Tabellarischer und Ztffernsatz entsprechend Häher. — Gebühren für Nachweisungen and Offertenauuahme Lk H (excl. Porto). Srtra-Beilagen (gefalzt), nur mit der Morgen-Ausgabe, ohne Postbeförderuug ^l SO—, mit Postdesärdernng ^l 70.—^ Ianahmeschluß für Älyeigen: Sb end-Ausgabe: Bormittags 10 Uhr. Morgen-Ausgabe: Nachmittags L Uhr. Bet den Filialen nnd Annahmestellen je ein» halbe Stand« facher. Anzeigen sind stets an die Expedition zu richten. Die Expedition isi Wochentags ununterbrochen geöffnet von früh 8 bis Abends 7 Uhr. Druck und Verlag von E. Polz in Leipzig M. Dienstag den 13. August 1901. SS. Jahrgang. Der Krieg in Südafrika. »Daily Mail" veröffentlicht eine Statistik der Boerenstrettkräfte. DaS Blatt schätzt die Gesammtzahl der den Boeren zur Ver fügung stehenden Truppen auf 13 000 Mann, und zwar 4000 Transvaaler, 2000 Oranjisten, 1000 Boeren der Capcolonie und t»000 dort befindliche aufständische Afrikander. Am ernstesten ist die Lage in der C a p c o l o n i e, wo es drei Centren militärischer Thätigkeit giebt. Foucher operirt im Osten bei Maclear, Kruitzinger befehligt im Centrum und Scheepers im Westen. Kleinere Gruppen Aufständischer befinden sich in Carnarvon, Calvinia und Campbell. Die Basis der englischen Truppen, die General French befehligt, ist Middelburg. Im Oranjefrei staat halten sich die Boeren in den Gebirgen von Heilbron auf; De Wet befindet sich auf dem linken Vaalufer und Steijn bei Kroonstad. Sie verhalten sich jetzt abwartend, werven aber im September, bei Eintritt des Sommers, die Operationen wieder aufnehmen. In Transvaal bilden die Magaliesberge west lich von Pretoria und Johannesburg das Centrum des Wider standes, der von Kemp und De la Rey organisirt wird. Nördlich von Belfast und östlich von Lydenburg führt Ben Viljoen die Guerilla, während weiter östlich eine Boerenabtheilung, die die englischen Reiter Steinacker's aus Bremersdorp verjagt hat, be hufs Verproviantirung die Invasion der portugiesischen Colonie Lourenyo-Marques vorbereitet. Botha steht nordöstlich von Heidelberg im Quellenbezirke und bei Ermelo. Den 13000 Boeren gegenüber haben die Engländer gegenwärtig 250 000 Mann in Südafrika. Diese sind aber in einem Raume verzettelt, der 1200 Kilometer lang und 900 Kilo meter breit ist, und überdies haben sie 2000 Kilometer Eisenbahn linien zu bewachen. Unter solchen Umständen ist es begreiflich, daß sie trotz ihrer zwanzigfachen Ueberlegcnheit nicht im Stande sind, den Gegner zu überwältigen. lleber »en Handstreich Scheepers gegen Murraysbnrg berichtet die „Deutsche Wochenzeitung in den Niederlanden": Der Gemeinderath von Murrays bürg war zum 6. Juli zusammenberufen und hielt gerade Sitzung ab, als Scheepers mit Leutnant Luyt und 22 Mann vor dem RathhauS anhielt und dem Bürgermeister mittheilen ließ, daß er gekommen sei, um alle öffentlichen Gebäude und die Häuser einiger Jingos zu verbrennen, sowie das Frei staatliche Protectorat zu proclamiren. Er fertigte die betreffende Proclamatiqn aus, die in der ganzen Stadt angeschlagen wurde. Dem Bürgermeister gab er Erlaubniß, den Inhalt von zwei feuersicheren Geldschränken und alle Documente, Bücher u. s. w. mitzunehmen. Hierauf wurden die Magazine geöffnet und alle Proviant- und Futtervorräthe auf Karren geladen. Was die Boeren nicht gebrauchen konnten, ging mit den Magazinen in Flammen auf, ebenso die von den Bürgern eingelieferten Ge wehre, sowie ein Borrath Lunten und Zünder. Inzwischen wurden die Herren Sharwood und Jnnes, zwei Vollblut- Jingos, entboten. Scheepers wies sie auf die biblischen Worte: „Auge um Auge, Zahn um Zahn", welcher das englische Gouvernement eingedenk sein solle, und gab Men Zeit, Möbel und werthvolle Sachen aus ihren Häusern zu holen, die dann ebenfalls in Flammen aufgingen, ebenso wie alle öffentlichen Gebäude. Angrenzende Häuser von Bürgern wurden von Boeren mit Wasser begossen, um zu verhindern, daß sie ebenfalls abbrannten. Am 7. Juki verließ Scheepers Murraysburg und zog nach dem Hof des Parlamentsmitgliedes Herholdt, eines ab trünnigen ehemaligen Deutschen, den er ebenfalls in Asche legte. Am selben Abend war Scheepers wiederum in Murrays burg und wohnte einem Tanzvergnügen bei, das die Bürger zu seiner Ehre gaben. Und das passirt in einem „reingekehrten Lande" unter den Augen von 250 000 englischen Soldaten! * Middelburg, Capcolonie, 12. August. Kruitzinger wurde nach Nordwestcn verdrängt und ließ dabei 100 Pferde zurück. Ober st Crabbe war mit ihm in ein zweistündiges Gefecht verwickelt und verfolgte ihn alsdann heftig. (Wdrhlt.) * London,12. August. In der heutigen Sitzung der E n t - schädigungscommission theilte der Präsident mit, daß die Commission beschlossen habe, keine Ansprüche nach dem 15. September entgegenzunehmen. Die betreffenden Schrift stücke müssen in drei Exemplaren, und zwar in englischer Sprache, eingereicht werden. * London, 13. August. (Telegramm.) Lord Kit- chener berichtet aus Pretoria unter dem 12. August: Er könne die größte Liste von Erfolgen mittheilen, die er bis jetzt in einer Woche gehabt habe. Seit dem 5. August hätten die Truppen gemeldet, daß 39 Boeren gefallen, 20 verwundet und 685 ge fangen genommen worden seien, während 85 sich ergeben hätten. Ferner seien 244 000 Patronen, 754 Wagen, 5580 Pferde, 33 000 Stück Rindvieh und eine große Anzahl andere Thiere erbeutet worden. Der größte Theil dieser Beute entfalle auf den Oranje-Freistaat. Ferner meldet Lord Kitchener, in der Nähe von Naboomspruit an der Linie nach Pietersburg sei von den Boeren am 10. August ein Zug zum Ent gleisen gebracht worden, wobei zwei Engländer leicht verletzt, ein gefangener Boer getödtet, sowie zwei englische Flüchtlinge verletzt worden seien. Ein Panzerzug sei alsdann eingetroffen, worauf der Feind angegriffen worden sei und 8 Todte und 2 Verwundete gehabt habe. Oberst Kekewich habe in MagalieSberg 40 Gefangene gemacht, unter denen sich auch F. Wolmarans, der frühere Präsident des ersten Volksraads, befinde. Die Truppen des Generals French in der Capcolonie drängen die zerstreuten Haufen des Feindes allmählich gegen Norden zurück. (?) Kaiserin Friedrich -s-. (D Kronberg, 12. August. Nachdem die Kirche für den allgemeinen Besuch geschlossen war, wurde das 80. In- fanterie-Reglment, dessen Chef die Kaiserin Friedrich war, compagnieweise hineingefübrt und defilirte am Sarge. Die Ueberführung der Leiche weiland derKaiserin Friedrich nach dem Babnhofe vollzog sich in der gleichen feierlichen Weise, wie die Ueberführung nach der Kirche. Das Militär bildete Spalier. Zwölf Unter- ofsiciere trugen den Sarg. Während der Sarg aus der Kirche getragen wurde, spielte die Orgel „Valet will ich Dir geben". Hinter dem Sarge schritten derKronprinz und die Kron prinzessin von Griechenland und Prinz und Prin zessin Friedrich Carl von Hessen, sowie der Hofstaat. Fackelträger begleiteten den Zug und die Bürgerschaft schloß sich an. Als der Sarg in den dccorirlen Wagen gehoben wurde, erscholl Trommelwirbel und die Truppen präsentirten. Um 9 Uhr 50 Minuten verließ der Zug den Bahnhof. D Wildpark, 12. August. Der König und die Königin von England sind heute Abend 7>/« Uhr mittels Sonderzuges hier eingetroffen. Zum Empfange waren das Kaiserpaar mit den drei ältesten Prinzen, sowie die Herren und Damen deS Gefolges erschienen. Nach herzlicher Begrüßung begaben sich die Herrschaften in das Neue Palais. Im ersten vierspännigen Wagen mit Spitzenreitern hatten die Kaiserin und die Königin Platz genommen, im zweiten der Kaiser und der König, Beide in der Uniform des ersten Garde-Dragoner-Regiments. (Wiederholt.) (-) Wildpark, 12. August. Prinz und Prinzessin Heinrich von Preußen sind heute Abend 9 Uhr 42 Minuten hier eingetroffen. D London, 13. August. (Telegramm.) AuS Anlaß der heutigen Beisetzung der Kaiserin Friedrich feuern in Portsmouth vier Kriegsschiffe 60 Schuß ab, ebenso die Festung. Die deutsche Flagge wird während des Trauer schießens niedergeholt werben. Hier in London feuert zwischen 1 und 2 Uhr im St. James-Parke die königliche Artillerie ebenfalls 60 Kanonenschüsse ab. * In einem Anhang zu einem auf Special-Befehl des Kaisers im „Reichsanz." veröffentlichten Reglement zur feierlichen Bei setzung Ihrer Majestät der Kaiserin und Königin Friedrich im Mausoleum an der Friedenskirche zu Potsdam am 13. August 1901 werden folgende Bestimmungen über die Ordnung des Trauerzuges getroffen: Der Zug wird eröffnet durch: 1 Escadron des Regiments der Gardes du Corps (die Trompeter des Regiments); 1 Escadron des 2. Leib-Husarenregiments Kaiserin Nr. 2; 1 combinirtes Bataillon des 1. Garderegiments zu Fuß; die Musik und die Spielleute des Lehr-Jnfanteriebataillons. Von hier ab wird der Zug von einem wandelnden Spalier der Schloßgarde-Compagnie begleitet. Es folgen nunmehr: 1) Zwei königliche Hoffourire, die anwesende Geistlichkeit. 2) Zwei Marschälle, die königlichen Hof- und Leibpagen. 3) Die Leibärzte Ihrer Hochseligen Majestät. 4) Die an wesenden königlichen Kammerjunter, die anwesenden königlichen Kammerherren. 5) Die Officiercorps und Abordnungen der Leibrcgimenter Ihrer Hochseligen Majestät. 6) Die Generali tät von Berlin und Potsdam. Die unter 1—6 genannten Kategorien nehmen vor der Friedenskirche zum Empfang des Sarges Aufstellung. 7) Vier adelige Marschälle, die In signien, getragen: a. die auswärtigen Ordensinsignien von dem General der Infanterie und Generaladjutanten v. Mischte; b. die Insignien des Luisen-Ordens und des Verdienstkreuzes für Frauen und Jungfrauen von dem General der Cavallcrie Edlen von der Planitz; o. der Stern und die Kette des Hohen Ordens vom Schwarzen Adler von dem Generalobersten der Cavallcrie Freiherrn v. Loö. ck. die Krone Ihrer Majestät der Königin vom General-Feldmarschall Grafen v. Waldersee. 8) Die königlichen Hofchargen, die königlichen Vice-Ober-Hof- chargcn, die königlichen Ober-Hofchargen als Marschälle. 9) Die beiden Leibpagen und der Dienst Ihrer Hochseligen Majestät: der Kammerherr v. Wedel, der Ober-Hofmeister Graf v. Seckendorfs, sowie der Hofmarschall Freiherr v. Rei schach. 10) Der königliche Leichenwagen, dessen acht Pferde durch acht Stabsofsiciere geführt werden. Die Zipfel des über dem Leichenwagen liegenden Leichentuches tragen vier Ritter des Hohen Ordens vom Schwarzen Adler, nämlich: a. der General der Infanterie und Generaladjutant v. Werder; d. der General der Cavallcrie v. Hänisch; e. der General der Infanterie o. Seeckt; ä. der General der Cavallcrie und Generaladjutant v. Schlieffen. Den Baldachin über dem königlichen Sarg« tragen 12 königliche Kammerherren. Die Kordons desselben tragen vier Ober-Hofchargen, nämlich: u. der Generalintendant Graf v. Hochberg; b. der Ober-Stall meister Graf v. Wcdel; e. der Ober-Jägermeister Graf von der Afseburg; ck. der Ober-Jägermeister vom Dienst Freiherr v. Heintze. Neben dem königlichen Leichenwagen gchen di« zur Bedeckung des königlichen Sarges commandirten zwei Stabs- officiere und 12 Hauptleute. 11) Die königlichen obersten Hofchargen, nämlich: der Oberst-Truchseß Fürst v. Radolin, der Oberst-Schenk Herzog zu Trachenberg, der Oberst-Jäger meister Fürst v. Pleß und der Oberst-Kämmerer Graf zu Solms-Baruth. 12) Sein« Majestät der Kaiser und König, Sein« Majestät der König von Großbritannien und Irland. 13) Seine Kaiserliche und Königliche Hoheit der Kron prinz und 14) die königlichen Prinzen und die anwesenden höchsten Leidtragenden. 15) Die zu der Allerhöchsten Beisetzung erschienenen sonstigen Höchsten Herrschaften. 16) Die zur Beiwohnung des feierlichen Leichenbegängnisses erschienenen Abgesandten fremder Souveräne. 17) Die Ge setze Seiner Majestät des Kaisers und Königs und Ihrer Majestät der Kaiserin und Königin. 18) Die Gefolge der fremden Allerhöchsten und Höchsten Herrschaften. 19) Zwei adelige Marschälle, die nachgeborenen Prinzen aus souveränen neufürstlichen Häusern, der Reichskanzler, die General - Feldmarschälle, die bier anwesenden Rititer des Hohen Ordens vom Schwarzen Adler, die activen Generale der Infanterie, der Cavallerie und der Artillerie, die activen Staatsminister und der Minister des königlichen Hauses, die ersten Präsidenten des Reichstags und beider Häuser des Landtages, die Staatssekretäre der Reichs ämter, der Präsident des evangelischen Ober-Kirchenraths, der Chefpräsident der Ober-Rechnungskammer, der Oberpräsident der Provinz Brandenburg, der Regierungspräsident zu Pots dam. 20) Der Ober-Bürgermeister von Berlin und der Ober bürgermeister von Potsdam. Der Zug wird geschlossen durch: eine Escadron des Leib-Garde-Husarenregimentes. Die nicht im Zuge befindlichen Truppen der Garnison Potsdam bilden von der Wildparkstation bis zur Friedenskirche Spalier. * Der Leichenzug von der Wildparkstation bis zur FriedenS- kirche wird fast eine Stunde in Anspruch nehmen. Die Bei setzung ist auf 11»/, Uhr Vormittags festgesetzt. * Der Sarkophag für die verstorbene Kaiserin Friedrich wird von Professor Reinhold BegaS hergestellt werden. Der Künstler erhielt von dem Kaiser aus Cronberg ein Telegramm, das ihm den Auftrag übertrug. Professor Begas, der zur Zeit in Ostende weilt, wird sich am Dienstag nach Berlin zurückbegeben, um die Vor arbeiten in Angriff zu nehmen. Der Sarkophag wird in denselben Formen ivie derjenige Kaiser Friedrich's IH. im Potsdamer Mauso leum gehalten und aus carrarischem Marmor gefertigt werden. Wie weiter mitgetheilt wird, beabsichtigt der Kronprinz von Griechen land, das Material dem Kaiser zum Geschenk zu machen. Politische Tagesschau. * Leipzig, 13. August. Die an dieser Stelle vorgestern bekundete Auffassung, daß ein etwaiges russisches Verbot der Preutzengängerei nicht« mit den zollpolitischen Plänen der deutschen Regierung und der Mehrheit des deutschen Reichstages zu schaffen haben würde, ist jetzt vollauf bestätigt, denn die Auslassung der deutschen „Petersburger Zeitung", die wir im gestrigen Abendblatt FerrrHetoii. „i Um Seid. Roman von F. Ilex. Nachdruck verboten. Etwas unzufrieden mit sich selbst und dem Erfolge seines Besuches, den er anders erwartet, wandte Paul seine Schritte wieder seiner Wohnung zu, um sich dort umzukleiden und dann mit den Eltern wie gewöhnlich das Mittagsbrod zu theilen. Er richtete dem Vater den Gruß, sowie den Auftrag deS Herrn Fried land auS, indem er kurz seines Besuches, und wen er dabei ge troffen, Erwähnung that. Einen fragenden Blick des Vaters vermochte er nur mit einem leisen Schütteln des Kopfes zu er widern. Als Paul wenige Tage später nach Beendigung seines Dienstes in die elterliche Wohnung kam, fand er dort Alles in freudigster Aufregung. Ein Bries des Herrn Friedland hatte den alten Freiherrn benachrichtigt, daß eS ihm gelungen sei, in einem größeren Fabriketablissement in Hamburg eine Stellung ausfindig zu machen, von der er hoffe, daß sie eine nach allen Richtungen befriedigende und dauernde sein möge. Die Be dingungen waren im Allgemeinen so günstige, weit über die Erwartungen hinauSgehende, daß die ganze Familie, trotz der unmittelbar bevorstehenden Trennung, da ver Vater sofort ab reisen und sich zum Antritt der neuen Dienststelle zu melden hatte, wie von einer schweren Last befreit aufathmete und dir rasche Hilfe des WohlthäterS nicht genug preisen konnte. Da die ältere Schwester ihre Stellung an der Schule nicht ohne Weiteres aufgebrn konnte, Mariannens Examen außerdem vor der Thüre stand, so gedachte die Familie sich erst kurz vor Weihnachten wieder in Hamburg zu vereinigen. Noch am selben Abend begleitete Paul den Vater, nachdem dieser persönlich in der Dictoriastraßr vorgesprochen und seilten Dank abgestattet hatte, auf die Bahn. Auch Paul war ein Stein von dem Herzen; wußte er doch «un dir Seinen geborgen; zudem den Vater aus der seiner un würdigen Stellung erlöst und mit neu gehobener Thatkraft einer hoffentlich für immer gesicherten Zukunft entgegengehrnd. Frei lich für ihn selbst blieb noch immer die Sorge wegen der bei Seligmann gemachten Anleihe, denn, wenn sich auch die Ver hältnisse der Eltern ganz wesentlich gebessert hatten, so waren doch dreihundert Mark eine Summe, die sich nicht so ohne Weite re» von dem Gehalte bei Vater» ersparen ließen, noch dazu in den ersten Monaten, wo sich durch die doppelte Haushaltung in Hamburg und Berlin und die dann folgende Uebersiedlung der Familie die Ausgaben häufen mußten. Dazu kam, daß er nach den ersten vertraulichen Eröffnungen des Vaters, deren warnen den Sinn er nur zu wohl verstanden, keine Gelegenheit wieder ge habt hatte, diesen allein zu sprechen und sein Herz durch eine Beichte zu erleichtern, die ihm schon um deswillen nicht leicht ge worden sein würde, da er fürchten mußte, die eben erst vom Vater genommene Last durch das Bekenntniß der eigenen Ver pflichtungen wieder von Neuem aufleben zu lassen. Dann war die plötzliche Abreise gekommen, wobei es noch so vieles zu be denken und zu überlegen gab, daß auch kein kleinster Zeitabschnitt für den Einzelnen zu einer vertraulichen Mittheilung übrig blieb. Trotz alledem athmete Paul auf, nachdem die Hauptsorge wegen der Seinen gehoben war. Schlimmstenfalls konnte er sich aufSodhen'S freundschaftliche Zusage,für ihn eintreten zu wollen, verlassen, und als dessen Schuldner durch Abzahlungen sich all mählich dieser Verpflichtung entledigen. So fing er an, wieder frischeren Lebensmuth zu fassen und damit auch sein Verhältniß zu dem Friedland'schen Hause in anderem Lichte zu betrachten. Unerklärlich war ihm noch immer das Benehmen Gisela's! Wenn er sich vergegenwärtigte, welche Fortschritte er schon an jenem ersten Ballabende in ihrer Gunst gemacht zu haben schien, wenn er sich der Mittheilung des Vaters über die — unbeab sichtigte — Lauscherscene und der Theilnahme der jungen Dame eben für den Vater erinnerte, dann mußte er sich — auch ohne Selbstüberschätzung — eingestehen, daß sich hier zweifellos ein tieferes Interesse geoffenbart habe; gedachte er jedoch des Be nehmens derselben bei jenem Besuche, ihres geflissentlichen Ab lenken» bei seinen Versuchen, das Thema auf seinen Vater und damit auf ein ernsteres Gebiet überzuspielen, dann stand er wie vor einem Räthsel. Reine» Zartgefühl — ihm über daS Peinliche hinwegzuhelfen, seine» Vater» gerade in Verbindung mit diesen Verhältnissen er wähnen zu müssen — konnte e» nicht sein, dazu war das Aus weiche« ei« zu absichtliches gewesen; außerdem hätte die Stellung, als solche, ja nicht zur Sprache gebracht zu werden brauchen — wußte doch jedes der Drei von der Mitwissenschaft der Anderen, und schließlich war er e» doch, der Nächstbetheiligte, der sich nicht scheuen wollte, den heiklen Punct zu berühren! Aber wer kann die Launen solch junger verwöhnter Damen ergründe«? ES mochte Gisela damals gepaßt haben, sich von ihm etwa» den Hof machen zu lassen, und ebenso, im ersten auf wallenden Gefühle sich für die — in ihren Augen „romantische" — Lage des Pater- zu interessiren! Vielleicht hatte heute schon längst ein anderes Interesse Sinn und Phantasie ihr gefesselt! Sein Herz — Paul fühlte e« nur zu gut — litt nicht bei diesem Gedanken, und er war ehrlich genug, es sich zu gestehen, daß mit seinen Sorgen auch das treibende Moment weggefallen war. Gewiß wollte er dem alten Herrn Friedland seine Dankbarkeit bewahren für die große Hilfe, die er dem Vater geleistet, und ebenso auch Fräulein Gisela's in Freundschaft gedenken; allein ein verwandtschaftliches Nähertreten war deshalb doch immer noch nicht nöthig. Ja, wenn sich die Sache, wie er nach dem ersten Abend gehofft und erwarten zu dürfen geglaubt hatte, mühelos weiter entwickelt hätte, dann würde er — zumal nach den Eröffnungen des erfahrenen Vaters — wohl auch zugegriffen haben; allein jetzt war es vielleicht besser so, daß er diesen wich tigsten Schritt noch nicht gethan hatte. Zwar stieg zuweilen das Bild der Unabhängigkeit, die ihm der Besitz einer wohlhabenden Frau zu gewähren vermochte, verlockend vor seiner Phantasie auf, allein ohne tiefere Herzensinteresscn und befreit von dem schlimm sten Drucke, konnte er es nicht über sich gewinnen, den nur in der höchsten Bedrängniß unternommenen Versuch wieder aufzu nehmen, der zudem möglicher oder vielmehr wahrscheinlicher Weise mit einem Mißerfolge endigen mußte. So vergingen die nächsten vierzehn Tage, in welchen vom Vater häufigere Nachrichten eintrafen, die über die Art seiner Be schäftigung, sowie seiner Stellung überhaupt — trotz der Zurückhaltung, die sich der Erfahrene, Vielgeprüfte aufzucrlegen pflegte — nur Günstiges meldeten, und immer wiederholt die Hoffnung auf eine baldige Wiedervereinigung mit der Familie aussprachen. Es war daher von der Mutter beschlossen worden, un mittelbar nach dem ganz Ende November stattfindenden Examen der jüngeren Tochter den Umzug nach Hamburg zu bewerkstelligen, zumal von dem Vorstande der Mädchenschule, wo Elisabeth zu unterrichten pflegte, einem früheren Ausscheiden keine Schwierig keiten in den Weg gelegt worden waren. Gegen Mitte November fand Paul eines Tages bei seiner Rückkehr von der Turnanstalt eine Einladung zu Herrn Friedland zum „ganz freundschaftlichen Mittagsbrod" für den nächsten Sonntag vor, welcher er ohne Zaudern Folge zu leisten beschloß, auch ohne daß ihm der ebenfalls geladen« Sodhen noch besonders hätte zuzureden brauchen. „Nun, alter Freund", war Sodhen'S erste Frage, „wie ist es denn mit Gisela? Ich hoffte eigentlich von Tag zu Tag, etwas von Dir zu hören, und muß mich entschieden wundern, noch Alles auf dem alten Flecke zn sehen, nachdem Du an jenem Abend — unter meiner Aegide freilich! — einen so schönen Anlauf ge nommen hattest. Ich werde nächsten Sonntag die Sache schon in die Hand nehmen und weiter fingern müssen, sonst kommt Ihr beiden schüchternen Tauben am Ende doch nicht zusammen: denn daß Gisela in Dich verschossen ist, da» redet einem so alten Fuchs und Weiberkenner, wir ich bin, Keiner — auch Du nicht ein mal — aus! Außerdem ist die Gelegenheit wirklich selten günstig! Die Vermögensverhältnisse sind so über allen Zweifel „Lirst rats", wie mein Alter bei kaufmännischen Anwandlungen zu sagen pflegt, daß man lange suchen kann, bis sich etwas nur entfernt ähnlich Gutes findet. Die ganze Familie ist entzückt von Dir; von Tante Mathilde ganz zu schweigen, bei der Du wunderbarer Weise, auch ohne Nietzsche und Schopenhauer zu kennen, einen kolossalen Eindruck gemacht hast. Dor Allem hat sich Onkel Isi bei meinem neulichen Besuche in der liebens würdigsten Weise über Dich und so eingehend ausgesprochen, daß ich den alten Schlauberger im Verdachte habe, daß er kraft seiner so vielseitigen Beziehungen in allen Kreisen und wach allen Richtungen hin meuchlings Erkundigungen über Dich ein gezogen hat, die — wie ich übrigens nicht anders erwartet habe — jedenfalls vorzüglich ausgefallen sein müssen." Paul fühlte sich von widerstrekndm Gefühle« bewegt. Schmeichelte es ihm einerseits, daß man Gutes von chm sprach, so fühlte er sich andererseits, wenn auch nicht verletzt, so doch wicht gerade angenehm berührt, der Gegenstand solch' scheinbar sehr weitgehenden Interesses zu sein. Vor Allem aber bat er den Freund in der ernsthaftesten Werse, All' und Jedes zu unter lassen, was nur im Entferntesten einem Drängen und Treiben gleichsehen konnte. Sollte das Geschick es wollen, daß jetzt die Entscheidung fiel, dann sollte sie von selbst kommen und wicht der Erfolg gewollter Gelegenheitsmacherei sein. An dem Diner, welches im engsten Familienkreise stattfand, betheiliaten sich außer den beiden Freunden nur die Hausgenossen und Tante Mathilde; während vr. ZschirnhauS Letzter« führte, war Paul Frau ZschirnhauS und Sodhen Fräulein Gisela zu gewiesen. Die Bewirthung war eine ausgesuchte, ohne übertrieben zu sein, und zeugte ebenso, wie die Auswahl der Werwe, von dem verfeinert«« Geschmacke, wie von den reichen Mitteln des Gast gebers. Die Bedienung vollzog sich in geräuschloser, unaufdring licher Weise, wie nur in einem allerersten Hause. Kurz, mav hatte vollkommen das Gefühl des Behagen» der Stunde, und Paul's für derartige Eindrücke empfängliche» G«müth veriwochle den in seinem Innersten auftauchenden Gedanken, ob e» sich nicht doch der Mühe lohne, wenigstens den versuch z« machen, sich mit einem Schlage auch da» Recht zu erkaufen, sich an der rrkch- besetzten Tafel des Lebens niederzulaffen, nicht zurückzudrängen. ES war nicht die brutale Lust am Gemeßen, am Wohlleben über haupt, sondern mehr da« ästhetische Gefallen an lichter, freund licher Umgebung, daS Gefühl des Befrcitserws von dem Sorgen und Bangen um den nächsten Morgen, von dem Heruntersteige»
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