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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 15.08.1901
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1901-08-15
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-19010815026
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1901081502
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1901081502
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1901
- Monat1901-08
- Tag1901-08-15
- Monat1901-08
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Par», nnd K5»ig*platz 7. 2lbend-Ausgabe. aWWr.TagMM Anzeiger. ÄmtsMtt -es königlichen Land- im- Amtsgerichtes Leipzig, -es Rathes un- Polizei-Amtes -er Ltadt Leipzig. Anzeigen «Preis die 6gespaltene Pelikzeile LL H. Neclamen unter dem RedaMon-strich («gespalten) 75 vor den Familiennach» richten («gespalten) 50 H. Tabellarischer uod Hiffernsatz entsprechend höher. — Gebühren für Nachweisungen und Offertrnaunahme L5 H (excl. Porto). Extra-Beilage« (gesalzt), nur mit der Morgen-Ausgabe, ohne Postbeförderung «0—, mit Postbesörderung 70.—» Lnuahmeschluß für Anzeigen: Abeud-Au-gabe: Vormittags 10 Uhr. Morgen-Ausgabe: Nachmittags 4 Uhr. Bet den Filialen and Lunahmestellen je ein« halbe Stunde früher. Anzeigen sind stet» an die Expedition za richten. Die Exprditiou ist Wochentags naunterbroche» geöffnet von früh 8 bis Abend» 7 Uhr. Druck und Verlag von E. Pol» in Leipzig, Donnerstag den 15. August 1901. 95. Jahrgang. Der Krieg in Südafrika. Johannesburger Schattenbilder. Nachdruck verdotkn. Aus Johannesburg, Anfang Juli, schreibt man der „Welt-Corresp.": Seitdem sich die Friedensverhandlungen zer schlagen haben, sind die Verhältnisse in Johannesburg wenig verändert; eine Zeit lang war die Zahl der aus der Cap- colonie und Natal zur Rücklehr zugelassenen Refugies ziemlich groß; gegenwärtig soll wieder ein ziemlicher Stillstand in der Bewilligung der Erlaubnißscheine ein getreten sein. Es mutz aber zugegeben werden, daß sich die Zahl der Bewohner Johannesburgs vermehrt hat, dazu kommen dann noch diejenigen, welche ihre Entlastung aus den ver schiedenen Freiwilligrncorps genommen haben. Darum ist aber das Aussehen der Stadt und der Verkehr noch sehr weit entfernt von dem, was sie früher waren; so lange nicht die Gold minenwerke wieder in Thätigkeit gesetzt sind, kann weder von einem Geschäftsleben, noch von einem Verkehrsleben die Rede sein. Die Vertaufsläden sind gegenwärtig nur in der eigent lichen Centrale von Johannesburg geöffnet, m einiger Entfernung von diesem Mittelpuncte des Geschäftslebens sind nicht nur di: Geschäfte noch geschloffen, sondern in den meisten Fällen noch mit den Barrikaden aus Holz oder Wellblech versehen, wie sie vor dem Kriege in unmotivirter Furcht vor dem erwarteten Vandalismus der Boeren angebracht worden waren. Nach wie vor regnet es Proklamationen und Polizeiver ordnungen, bald sind es ganz neue, bald werden alte und gar neuere erweitert oder widerrufen, so daß nachgerade die Unzahl dieser Proklamationen ein Chaos hervorgerufcn hat, worin sich Niemand mehr ausfindet; trotzdem erwartet man gegenwärtig gerade wieder allerlei neue Proklamationen. Wie sehr verfrüht und unangebracht die Jahresfeier der Besetzung der Stadt durch die Engländer war, wird durch eine Proklamation dargethan, welche Mitte dieses Monats erschien: nicht nur wurden alle Nachterlaubnißscheine außer Kraft gestellt, sondern auch alle Hausvorstände aufgefordert, binnen 36 Stunden eine voll ständige Liste aller Hausbewohner außen am Haupteingange an zubringen unter Angabe aller Namen, Vor- und Zuname, ob schwarz, ob weiß; gleichzeitig wurde das im Falle eines Angriffes auf Johannesburg zu er wartende Alarmsignal in nachdrücklicher Weise zur Kenntniß gebracht, diesmal unter Hin zufügung, daß es für Civilpersonen gefährlich sei, sich auf den Straßen aufzuhalten. „Wenns Schießen losgeht". Natürlich versetzte diese Bekanntmachung die gesammte Bevölkerung in begreifliche Erregung, und es liegt der Gedanke ja auch nahe, daß es für die Engländer schlecht stehen muß, wenn ein An griff auf Johannesburg überhaupt nur für einen Augenblick in Frage kommt. Je länger der Krieg dauert, desto größer wird die Miß stimmung und Unzufriedenheit der gesammten Civilbevölkerung, die Einfuhr von Maaren ist eine sehr beschränkte, nur den äußersten Bedürfnissen angepaßte; durch eine sehr genaue Controle der zur Einfuhr durch die Kaufleute genau anzu gebenden Waarenmengen werden auch die Umsätze der Kauf leute den Behörden genau bekannt. Recht glatt geht gegen wärtig die Versorgung mit Lebensmitteln (Eßwaaren) vor sich; dagegen erscheint die "Versorgung der gesammten Bevölkerung mit Spirituosen den Behörden ein wahres Schmerzenskind zu sein; nichts ist so oft veränderten Bestimmungen unterworfen gewesen, als der Handel mit Spirituosen. Und das nur, weil der englische Soldat nicht Maß zu halten weiß im Genüsse von Spirituosen; er betrinkt sich, wenn er dazu Gelegenheit hat, bis zur Sinnlosigkeit, und in diesem Zustande sollen Prügeleien zwischen Officieren und Mannschaften durchaus nicht zu den Seltenheiten gehören. So groß der Unterschied zwischen Officieren und Mannschaften in den Privilegien ist, so gering ist die Achtung der Mannschaften vor den Officieren, und es gehört zu den größten Seltenheiten, einen Soldaten einen Officier grüßen zu sehen. Es ist auf das Strengste verboten, Soldaten bis zum Leutnant geistige Getränke zu verkaufen oder ohne Entgelt zu verabreichen; Tommie Atkins, der englische Soldat, ist aber ein ganz gemüthlicher, vertrauensseliger Mann, und mit nichts gewinnt der Fremde sein Herz und sein Ver trauen schneller, als mit einem Glase Whisky; wer es hat, gönnt es ihm gern, wenn er sich nur sicher fühlt gegen Straf verfolgung. Das wissen die englischen Obersten und Generale, und darum möchte man nicht nur dem englischen Soldaten, sondern auch dem Civilisten das Feuerwaffe! vorenthalten, — doch dann bleibt immer noch der Officier; diesem kann ja auch der Bezug schwer gemacht werden, aber es ihm ganz ent ziehen, das geht nicht. Dann führen auch die Schankconcrssionen eine recht ansehnliche Summe monatlich der Staatskasse zu — und Geld gehört vor allen Dingen zum Kriegführcn und zum Verwalten eines Landes. Politische Tagesschau. * Leipzig, 15. August. Man schreibt uns: Die „Freis. Ztg." beantwortete gestern die Frage, welches Interesse das Ausland an einer deutschen Zoll erhöhung Haben könnte, wenn das Inland — wie es von radikaler Seite ohne Einschränkung behauptet wird — den Zoll trägt. Das Organ des Abgeordneten Richter hat hier für folgende Erklärung: „Die Preissteigerung in Folge einer Zollerhöhung vermindert zunächst den Verbrauch des betreffen den Artikels und dann auch die Ausfuhrmenge; soweit die künstliche Preissteigerung zu einer erhöhten Production des selben Artikels im Jnlande hintreibt, vermindert sie noch weiter die Möglichkeit eines Absatzes seitens des Auslandes." — Prüft man auf Grund der vorstehenden Deduktion, welchen Einfluß die Zollerhöhung für die wichtigsten Brodfrüchte Deutschlands, Roggen und Weizen, für die Roggen- und Weizen ausfuhr des wichtigsten Lieferanten Deutschlands, Ruß lands, gehabt hat, so ergebt die Statistik, daß die De duktion der „Freis. Zig." in ihrer allgemeinen Fassung unhalt bar ist. Der deutsche Roggen- und Weizenzoll betrug bekannt lich in den Jahren 1885—86 3 l-k, in den Jahren 1887—90 5 -F, seit 189178,50 für den Doppel-Centner; der Handels vertrag mit Rußland k«n 1894 zu Stande, nachdem 1892—94 ein Zollkrieg vorausgegangen war. Wie gestaltete sich nun die Roggen- und Weizenausfuhr aus Rußland nach Deutschland seit 1885? Die russische R o g g e n einfuhr nach Deutschland betrug in Tausend Meter-Centnern: 1885 4212, 1886 3294, 1887 4168, 1888 4708, 1889 9202, 1890 7505, 1891 6190. 1892/93 erfolgte ein Rückgang auf 1234, bezw. 959 Tausend Meter-Centner. Seit 1894, also seit der Zoll ermäßigung auf 3,50 hob sich die russische Roggeneinfuhr bis zu 8420 Tausend Meter-Centner im Jahre 1895; seitdem aber ist sie ständig gesunken, wie die Einfuhrzahlen 7880, 6107, 6113, 4604 Tausend Meter-Centner für die Jahre 1896—1899 beweisen. In dem fraglichen Zeiträume ist also die russische Roggenausfuhr nach Deutschland am größten unter dem 5---/(-Zoll gewesen: die Einfuhrzahl des Jahres 1889 ist weder unter dem 3---/(-, noch unter dem 3,50-cA-Zoll erreicht worden. Beim Weizen ist das Verhältniß zwar nicht das gleiche, aber doch derartig, daß es die Unhaltbarkeit der De duktion der „Freis. Ztg." erhärtet. Denn für die Jahre 1885 bis 1891 lauten die Einfuhrzahlen in Tausend Meter-Centnern: 3232, 1418, 2559, 1540, 3012, 3708, 5152. Der Zollkrieg brachte für die Jahre 1892/93 einen Rückschlag, der sich in den Zahlen 2573, bezw. 216 spiegelt. In den Jahren 1894—99 betrug die russische Weizeneinfuhr aus Rußland nach Deutsch land: 2806, 6782, 8519, 7519, 7755, 3324 Tausend Meter- Centner. Wie beim Roggen, zeigt sich auch mithin beim Weizen, daß unter der Herrschaft desselben Zollsatzes sehr große Schwankungen stattfinden und daß in Jahren mit höheren Zöllen mehr Weizen aus Rußland nach Deutschland exportirt wurde, als in Jahren mit niedrigeren Zollsätzen. In letzterer Hinsicht ist '»rs Jahr 1891 mit 5152 Tausend Meter-Centnern unter dem 5-L/(-Zoll gegenüberzuftellen dem Jahre 1899 mit 3324 Tausend Meter-Centnern unter dem 3,50-^l-Zoll. Pro fessor von Juraschek, dessen Tabellen wir die vorstehenden Zahlenangabcn entnehmen, führt mit vollem Rechte die Schwan kungen der russischen Ausfuhr auf die schwankenden Ernteerträge zurück; diese, und nicht die Verschieden heit der Zölle, von eigentlichen Kampfzöllen natürlich abgesehen, sind es in der Hauptsache, welche, zusammen mit dem Ernte- ertrage Deutschlands, den Absatz Rußlands maß gebend beeinflussen. Graf Alexander Kärolyi hat kürzlich einen offenen Brief an die ihn als Abgeordneten aufstellenden Wähler des Göncser Bezirkes gerichtet, in welchem er ein iiiinarifchcs anrarischcs Programm in derselben Weise wie die Agrarier in aller Herren Ländern aufstellt. Es ist in diesem Programm kein Punkt übergangen, der in den agrarischen Platformen figurirt; gleich zeitig wird in der dem Agrarprogramm eigenthümlichen Weise das sittliche Moment im Wirthschaftsleben betont und dessen Purificirung gefordert. Graf Kärolyi, der zugleich Präsident des Landes-Agriculturvereines ist, erklärt, daß er die Wahl gerichtsbarkeit der Kurie und die Verschärfung der Inkompati bilität, wie sie die Regierung durchgeführt hat, vollkommen billige, aus diesem Grunde gehöre er derzeit der Regierungs partei an und er sei entschlossen, die Regierung, so lange sie in dieser Richtung verharre, zu unterstützen. Dieses Wahlmani fest KLrolyi's "hat eine lebhafte Diskussion hervorgerufen, und es ist namentlich die Frage erörtert worden, ob der Graf nach einem solchen Auftreten noch innerhalb der liberalen Regierungs partei verbleiben könne. Gleichzeitig wurde der Minister präsident Szäll beschuldigt, daß es ihm an Entschiedenheit in der Wahrung des liberalen Princips fehle und daß er gegen über dieser Kundgebung ein Vcrsteckenspiel mit seinen wirth- schaftspolitischen Anschauungen treibe. Dieser Vorwurf, so be merken die Officiösen, kann nur dem totalen Mißvcrständniß des Programms des Ministerpräsidenten entspringen. Herr v. Szc'-ll mache eben keine Politik des Doktrinarismus, sondern des just« rnilieu. Er fühle sich, wie er oft hervorgehoben habe, als Vertreter der allgemeinen Wirthschaftsinteressen des Landes, die ihm eine schroffe Ablehnung der landwirthschaftlichen Inter essengruppe verwehren, ebenso wie es ihm verwehrt sei, sich mit dieser zu identificiren und ihr Programm gutzuheißen. Auch der erbittertste Gegner werde nicht bestreiten können, daß cs durch diese Haltung dem Ministerpräsidenten schon in vielen Fällen gelungen sei, auf extreme Meinungen mäßigend ein zuwirken, und Niemand werde ihm nachweisen können, daß dabei eine kardinale Forderung des wirthschaftlichen Libera lismus geopfert worden sei. Es wäre vielleicht verlockender, sich als unbeugsamer Doktrinär des Liberalismus zu geberden, es sei aber die Frage, ob eine derartige schroffe Ausschließlichkeit für die Entwickelung des Liberalismus von Vortheil wäre und ob sie den Bedürfnissen und der gegenwärtigen Stimmung des Landes entspräche. Alle diese Fragen müsse man sich vor legen, bevor man gegen den Ministerpräsidenten unbedacht den Vorwurf der Schwäche, der Halbheit und zaghaften Ver» steckenspiels schleudere. Man wird nun neugierig sein können, was Graf Kärolyi antwortet. Die liberale Partei hat mit vielen Opfern an Geld und Aufgebung mancher ungarischen Eigen- thümlichkeit versucht, in Ungarn die Industrie künstlich zu züchten. Die Probe auf das Exempel ist noch nicht gemacht» und schon wird aus ihren eigenen Reihen zurückgebremst. Ueber die neuesten diplomatischen Vor gänge, betr. die orientalische Krage, wird uns aus Paris von unterrichteter Seite geschrieben: Die maßgebenden diplomatischen Kreise Europas befinden sich seit Wochen in einer der hochsommerlichen Zeit wenig entsprechenden äußerst lebhaften Thätigkeit hinsichtlich der Streitfragen des europäischen Orients. Es ist seit Langem ein Lieblingsgedanke des Zaren, die Stellung des thatsächlichen Schiedsgerichts auf der Balkanhalbinsel zu er langen, und je mehr sich die bulgarisch-makedonischen, sowie auch die serbisch-albanischen Streitereien verschärften, desto mehr fühlte sich der Zar dahin gedrängt, eine Nachprüfung des Ber liner Vertrages zu wünschen. Zu der früheren Mit theilung, daß während des Petersburger Besuches des Herrn Del- cass« die Balkanfragen bereits sehr stark erörtert wurden, kann jetzt als sicher hinzugefügt werden, daß Delcassö die Ausdehnung der Verhandlungen nicht nur aufMarokko, sondern ganz be sonders auch auf Egypten beantragte. Von russischer Seite hat man nicht, wie es bisher schien, die Anregung Frankreichs zurückgewiescn, sondern man machte sie von der Z u st l m m u n g Italiens abhängig. Thatsächlich fanden in Rom darauf bezüg liche Sondirungen statt, doch traten sogleich Gegenwirkungen von englischer Seite auf, die bis heute ein Hinüberschwenken Italiens zu der englandgegnerischen Partei verhindert zu haben scheinen. Zugleich ist auch in Konstantinopel der Wett bewerb zwischen England und Rußland sehr stark hervorgetreten. Die britische Regierung hat neuerdings dem Sultan Anleihe- angebote machen lassen, und schon tauchen wieder die großen Finanzpläne des Sir Edgar Vincent auf, welche die Türkei durch eine umfassende Fmanzrcform um so enger an das englische Interesse knüpfen sollen. Doch auch der Sultan ist nicht müßig geblieben, und um die Schiedsrichterrolle des Zaren schon im Voraus zu erschüttern, hat der Großherr eine recht freundschaft liche Einladung an den König Alexander von Serbien ergehen lassen, um die Streitigkeiten in Altserbien noch vor der Rußlandfahrt Alexander's durch beiderseitiges Entgegen kommen beizulegen. Ebenso wünscht der Sultan durch einen Besuch des hellenischen Königs kn Konstan tinopel nach Petersburg hin zu verstehen zu geben, daß man auf der Balkanhalbinsel vorläufig doch noch ohne ein unmittel bares Eingreifen des Zaren auszukommen vermag. Der Kampf der Conservativen und Liberalen in Schweden um die Stimmrechtsfrage ist aus Anlaß einiger Neuwahlen zur Zweiten Kammer wieder recht lebhaft geworden. Es handelt sich für die letzteren hauptsächlich darum, in der ge nannten Kammer eine Mehrheit zu schaffen, die stark genug wäre, um sich den Conservativen der Ersten Kammer gegenüber bei der laut Erklärung der Regierung in der nächsten Session be vorstehenden Behandlung der Stimmrechtsfrage einigermaßen zur Geltung zu bringen. Auf eine endgiltige Lösung der Frage im nächsten Jahre machen sich die Liberalen überhaupt noch gar keine Hoffnung. Dazu sind für den Augenblick die inneren poli tischen Verhältnisse viel zu ungünstig. Nachdem die Freisinnigen der Zweiten Kammer das noble Anerbieten des Freisinns der Ersten in Bezug auf ein konformes Verfahren in der Stimm rechtsfrage zurllckgewiesen hatten, und nachdem die neue Armee organisation ohne irgend einen Compromiß genehmigt worden war, schwankte der Boden stark unter den Füßen der Liberalen. Es ist überhaupt kein Geheimniß mehr, daß man in conservativen Kreisen die Abgeordneten der Ersten Kammer nach Kräften dahin bearbeitet, in Bezug auf die Stimmrechtsfrage Alles beim Alten zu lassen. Wenn die Militärvorlage durch die Kammern in der von der Regierung vorgeschlagenen Fassung angenommen worden Frrrttleton. isj Um Geld. Roman von F. I l« x. Nachdruck verbott». So rasch und unerwartet der goldene Regen heute auf ihn niedergefallen war, ebenso rasch schien er sich auch wieder in an dere Taschen verlaufen zu wollen! Jedenfalls blieb nichts anderes übrig, als gute Miene zum bösen Spiele zu machen, wollte er nicht des einzigen Erfolges seines Opfers, Gisela eine Freud« zu machen, pnrettbar verlustig yehen. Dieses eine schien aber zedenfalls erreicht! Gisela war ganz entzückt, sowohl von der Brosche selbst, wie von der Freigebigkeit ibres Verlobten. Mit der gleichen Freude zeigte sie das kostbare Geschenk den Angehörigen zu Hause, die, bessere Sachkenner als Paul, den Werth vollauf zu schätzen wußten und sich im Innern vielleicht über die Herkunft der Mittel wundern mochten. Onkel Jsi hob drohend den Finger gegen Paul, indem er sagte: „Sie müssen mir aber Gisela nicht zu sehr verwöhnen und vem Kinde nicht jeden Willen thun, daS soll man selbst als Bräutigam nicht!" Paul verstand den Wink, sowie den leisen Vorwurf, der in diesen Worten lag, und nahm sich vor — einmal gewitzigt —, sich in Zukunft vor ähnlichen Uebereilungen in Acht zu nehmen. Waren sie einmal Mann und Frau, dann sollte so etwas nicht wieder Vorkommen. Der Gattin konnte man schon mit Vernunft gründen und Vorstellungen ganz anders gegenübertreten, als der eben erst errungenen Braut. Am folgenden Morgen packte Paul die von Seligmann ge liehenen dreihundertundvierzig Mark in einen Umschlag, legte das in knappster, wenn auch nicht unhöflicher Form abgefaßte Begleitschreiben, wodurch er um umgehende Rücksendung des Schuldscheines ersuchte, bei, und trug den mit Werthangabe ver sehenen Brief eigenhändig zur Post. Nach dem letzten Zusammentreffen war ihm der Gedanke un erträglich, selbst in der sicheren Stellung des zahlungsfähigen und zahlungswilligen Schuldners, dem in der Weise vorzeitig dring lich gewordenen Gläubiger persönlich gegenüber zu treten. Außer dem fürchtete er, daß seine Verlobung, die gestern noch an ver schiedene Zeitungen geschickt worden war, auch dem Späherauge des alten Manichäers nicht entgangen sein würde, und vor den lautgeäußrrten Schlußfolgerungen oder gar Beglückwünschungen aus solchem Munde, wie er nach Sodhen's Äemerkungen an- «ehmen mußte, wollte er sich wenigstens schützen. Eine Gefahr glaubte er nicht dabei zu laufen, da er durch den Postschein hin länglich gedeckt war und sich schließlich auch Manns genug fühlte, etwaigen betrügerischen Rückhalten aufs Energischste entgegen zu treten. Als er nach diesem Gange, der ihm eine gewisse Genug- thuung gewährte, sich zu den Seinen zum Essen begab, fand er dort die herzlichste Aufnahme und die denkbar liebenswürdigste Beurtheilung Gisela's. Glaubten doch Alle aus seinem gestrigen, geradezu von Glück strahlenden Benehmen auf die innigste Zu neigung zu der einmal Erwählten schließen zu dürfen und gaben sich nun redlich Mühe, ihrem allseitigen Lieblinge ihre voll kommenste Uebereinstimmung mit der getroffenen Wahl zu er kennen zu geben. Den späteren Nachmittag, sowie den Abend verlebte Paul wieder in der Victoriastraße. Als er von da ziemlich spät — er legte nach wie vor diese Wege stets zu Fuß zurück — nach Hause zurückgekehrt war, meldete ihm der Bursche, daß ein Herr — „eigentlich mehr Mann als Herr" — zwei Mal gegen Abend nach dem Herrn Leutnant gefragt und seinen Besuch für den nächsten vormittag in Aussicht gestellt habe. Da die Personalbeschreibung auf Herrn Seligmann san. paßte, schärfte Paul dem Burschen noch besonders ein, unter keinen Umständen einen unbekannten Besuch ohne Anmeldung ins Zimmer zu lassen, sondern erst nach Namen und Begehr zu fragen. Am folgenden Morgen, es mochte ein Viertel nach acht Uhr gewesen sein — der Bursche war aus, di« Frühstückssemmeln zu holen —, klingelte es an Paul's Wohnung erst leise und schüchtern, dann lauter und lauter, so daß sich Paul endlich doch entschließen mußte, die Thüre zu öffnen, um dem frühen Be sucher, der ja auch der Ueberbringer wichtiger Nachrichten sein konnte, zu öffnen. Mit dem Hute in der Hand, unter tausend Bücklingen, das süßeste Lächeln auf den breiten Lippen, stand Herr Seligmann svn. vor dem, wie vor einer unangenehmen Berührung zurück tretenden jungen Officier: „Verzeihen der Herr Baron, wenn ich so frühe schon störe, allein ich wollte schon gestern Abend dem Herrn Baron das be wußte Papier überbringen, habe ober zu meinem Bedauern den Herrn Baron nicht zu House getroffen." Steinberpk, der gehofft hatte, nach Aushändigung des Schuld scheines des Zudringlichen sofort ledig zu sein, sah sich bei diesem Wortschwalle genöthigt, den Mann ins Zimmer zu lassen, wenn er nicht Gefahr laufen wollte, seine Thür an Thür mit ihm wohnendes Wirthsleuke Zeugen der ganzen Unterredung werden zu lassen/öffneten sich doch jetzt schon einige Thürspaltcn, um der offenbar sehr interessant zu werdenden Besprechung zu lauschen. ,/Kommen Sie nur herein, aber ich bitte Sie, die Sache kurz zu machen", sagte Paul in seinem gewöhnlichen, höflichen Tone, den er gegen alle Menschen, so lang« sie ihm noch nicht zu nahe getreten waren, anzunehmen pflegte. Diese unerwartete Milde des Tones, wenn auch die Aufforde rung, als solche, nicht gerade einladend war, schien den frühen Besucher zu neuen Weitschweifigkeiten zu veranlassen, denn un beirrt durch Steinbergk's kühl abweisende Miene fing er von Neuem an, den Strom seiner Beredsamkeit fließen zu lassen: „Der Herr Baron haben mich durch die frühzeitige Zahlung förmlich erschreckt, muß ich doch befürchten, daß der Herr Baron mir sein« Kundschaft entziehen will. Freilich, der Herr Baron wird sich in Bälde verheirathen, und zwar gut vcrheirathen, sehr gut verheirathen — wozu ich meinen untcrthänigsten Glückwunsch auszusprechen mir erlaube —, und wird dann den alten Selig mann nur noch verächtlich von oben herunter ansehen. Aber vielleicht wird der Herr Baron doch noch einmal ein Geschäft machen, und dann wollte ich mich jetzt und für alle Zeiten ganz gehorsamst empfohlen halten." „Geben Sie mir meinen Schuldschein, Herr Seligmann", unterbrach Steinbergk den vor lauter Redseligkeit nur mit Mühe seine Brieftasche Oeffnenden und endlich den Schein zu Tage Fördernden, „und dann, denke ich, gehen Sie." „Der Herr Baron zürnen mir noch wegen neulich? Gott, wie konnte ich damals ahnen, daß der Herr Baron in kurzer Zeit der Bräutigam von Fräulein Friedland sein würden; ist es doch die Tochter ans der alten Firma „Friedland <L Bär", deren Wechsel gelten an der Börse, wie die von Rothschild oder Bteichröder, und di« doch auch sind von „unsere Leut'"!" „Franz!" rief Steinbergk, indem er auf gut Glück die Thüre öffnete, mit stark betonter Stimme. Das wirkte! Ehe noch der Bursche, der vielleicht noch gar nicht von seinem Ausgange zurückgekehrt war, überhaupt nur hätte erscheinen können, batte sich Seligmann unter erneuten Bück lingen und erneuten Versicherung«« seiner Ergebenheit empfohlen, während Paul das verhängnißvolle Papier, das so lange die Ruhe seiner Seele gestört, in kleine Stücke zerriß und sorgfältig im Ofen verbrannte. Gott sei Dank! Das war vorüber, und hoffentlich auch für immer! Vierzehntes Capitel. Es folgte nun eine Zeit, die durch Besuchefahrrn, Einladungen und so w«itrr derartig in Anspruch genommen war, daß das Brautpaar kaum zu sich selbst kam. Der Gegenbesuch von Steinbergk's Mutter und Schwestern hatte in der üblichen Frist und Form und scheinbar zu allseitiger Befriedigung stattgefundm. Die Besuchstoiletten waren unter Beihilfe eines Zuschusses, den Paul trotz der kostspieligen Woh nung zu erübrigen gewußt, wenn auch einfach, so doch durchaus anständig ausgefallen, und hatten selbst vor Gisela's tritt schein Auge bestanden! Ebenso war das in Aussicht genommene intime Familien diner mit Hilf« Sodhen's, der kurz vorher seinen Besuch bei Frau v. Steinbergk gemacht, sogar in sehr befriedigender Weise vom Stapel gegangen. Onkel Jsi hatte durch seine gewandten Formen, durch die Milde seines Urtheils über Menschen und Verhältnisse bei feiner Tischnachbarin — Frau v. Steinbergk — einen ganz besonders wohlthuendcn Eindruck hinterlassen. Die Anwesenheit Sodhen's erwies sich nach jeder Richtung als ein überaus glücklicher Griff. Sein guter Humor und seine Vielseitigkeit, di« ihn in einem Augenblick für Tante Mathilde den Nietzscheschen „Uebermrnsch«n", im nächsten Augenblick für die Mutter seines Freundes den wohl erzogenen, des sich der älteren Dame gegenüber schuldigen Re spektes wohlbewußtcn jungen Mann spielen ließen, halfen Über manche, doch immer drohende Pause in der Unterhaltung hinweg. Konnte doch Frau v. Steinbergk — trotz allen geistigen Zu sammenraffens — sich van der Peinlichkeit des Gedankens nicht be freien, daß an Stelle des geräuschlos aufwartenden Dieners noch vor ganz Kurzem ihr eigener Gatte seines Amtes gewaltet hatte. Paul selbst suchte nach Kräften für ein« allgemeine Unterhal tung zu sorgen, da «r es seiner Mutter anmerkte, unter welchen Seelenqualrn sie nur mühsam ihr« Unbefangenheit zu bewahren vermochte. Elisabeth 'war von Sodhen zu Tische geführt worden, der sich seines Glückes, das schon so lang« von fern« angrschmachtete junge Mädchen leibhaftig neben sich zu wissen, von Herzen freute und seine ganze Gewandtheit aufbot, sich bei seiner hübsche« Nachbarin ins beste Licht zu sehen. Gisela hatte sich gegen ihre zukünftigen Verwandten in tadel los verbindlicher Form, aber auch nichts mehr, gezeigt. Die Unterhaltung, die sie mit Frau v. Steinbergk führt«, geschah in derselben respektvollen Weis«, wie mit jeder anderen beliebigen älteren Dame. Sie war höflich und aufmerksam genug, um als Erste «in der zukünftigen Schwiegermutter entfallenes Tuch vom Boden aufzuheben, allein von Herzlichkeit oder gar töchter licher Zärtlichkeit auch keine leiseste Spur! Es war ihr überhaupt nicht darum zu thun, in «in innigere» Verhältnis; zu der Mutter und der ganz«« Familie ihres künftigen Gatten zu treten. Sie wollte mit ganz bestimmter Absicht sich „diesen Anhang" — wie sie es im Stillen nannte — möglichst
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