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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 28.08.1901
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1901-08-28
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-19010828019
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1901082801
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1901082801
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1901
- Monat1901-08
- Tag1901-08-28
- Monat1901-08
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Morgen-Ausgabe ar 437. Mittwoch den 28. August L901. tipMrTllMM Anzeiger. Ämtsökatt des Königlichen Land- «nd Amtsgerichtes Leipzig, des Nathes «nd Votizei-Ämtes der Ltadt Leipzig. BezugS-PreiS kn der Hauptrxpedttto« oder den i» Stadt bezirk und de« Bororlen «rrtchtew» «>» aabestell«, ab,«holt: ni»etrlt»yrltch ^l 4 so, Lat »»»»maltaer ttßltchn An stell»»« t«L Han« k.»0. Durch dt, Post Lazarn fü, Deutschland ». Oesterreich > vierttljährl. ^l «. Maa abonuttt ferner mit entsprechende« Postaufschlag bet de» Postanstolteu t» dar Schweiz Italien, Belgien, Holland. Suxem. b»ra. Dänemark, Gchwedttl nnd Norwege», Rußland, den Douaustaaten, der Europäischen Türket, Egypten. Für alle adrigen Staate» iß der Bezug nur »ater Kreuzbaad durch die Expedition diese« Blatte« möglich. Die Maroen-Nuioad« erichetnt »« llvch dt« Udeav-VuZgabe Wochentag« m» L Utze. M-iutto« ßnd Lr-edMoL: I»tz«lni«gasse ». FlNairn: Alfred Hab« vorm. O. Klemm'« Sorttm. Uuwersitätsstraße S (Pauli»»«), Laut« Losch«, Vuthutttnanftie. mat. und «dtnt,«Platz p. Anzeigen »Prei- die ssgespaltene Petitzeile 25 Reklamen unter de« Nedacrtansstrtch («gespaltra) 75 H, vor de» Kamtlienaach» richten (6 gespalten) KO Tabellarischer und gtffernsatz entspreche»» höher. — Gebühren für Rachwetsungen med Offrrteuanuahme Lk («xcl. Port»), Grtra-Beilagen (gesalzt), nur mtt der Morgea-Ausgab«, ohne Postbesörderung 60.—, mit Postbesörderung ^tz 70^. ^nnahmeschluß für Änzeigr«: 8b»Ud-Nu«gat>«: Vormittag« 10 UH«. Morg,»-Sa«gabe: Rachmtttag« 4 UH» Bet den Filialen nnd Nnnahmestell« j« «i»a halbe Stund» früher. Anzeigen stad stet« an dio ExpetzttN» zu richte». Die Expedition ist Wochentag« ammterdrvcht» geöffnet von früh 8 bi« Abend« 7 Uh» Druck und Verlag von E. Aolz t» Leipzig 95. Jahrgang. Die deutschen Gewerkschaften. k Die sogenannten »neutralen" Gewerkschaften, die unter der Flagge der »Neutralität" im Vorjahre wiederum eine große Anzahl von früher den socialdemokratischen revolutionären Tendenzen abholden Arbeitern einfingen, beginnen ihre Maike zu lüften: der Rechenschaftsbericht über die deutschen Gewerk» schaftsorganisationen im Jahre 1900 rühmt den „neutralen" (d. h. socialdemokratisch organisirten) Gewerkschaften nach, daß nur sie den Kampf um die Erhöhung der Lebenshaltung der Arbriterclafse ernstlich zu führen vermöchten, während die übrigen gewerkschaftlichen Organisationen als im „beschaulichen Dahinvegittren" begriffen oder als einfältige Träumer ge schildert werden, die noch an eine Harmonie zwischen Capital und Arbeit und den gütlichen, ohne Kampf herbeizuführenden Ausgleich zwischen Arbeitern und Unternehmern glaubten. Wie die Socialdemokratie, so bietet auch die socialdemo kratische Organisation der Gewerkschaften ein Bild rasch auf steigender Entwickelung. Die Zahl ihrer Mitglieder belief sich im Jahr« 1900 auf 680427, darunter 22 844 weibliche Mit glieder, gegen 580 473 einschließlich 19 280 weibliche Mitglieder des Jahres 1899; die Zunahme belief sich also in diesem einen Jahre allein auf 99 954 Mitglieder, während der Zuwachs in den Jahren 1891—98 nur rund 89 000 betrug! Um die Machtstellung dieser „neutralen" gewerkschaftlichen Ccntralorganisation würdigen zu können, muß man die übrigen Gewerkschaftsvereinigungen zum Vergleiche heranziehen: die localen (streng socialistischen) Gewerkschaften zählten (tm Jahre 1900) 9860 Mitglieder und sind gegenüber dem Vorjahre um 6086 zurückgegangen; die christlichen Gewerk schaften haben procentual allerdings einen noch weit größeren Aufschwung genommen al» die Centralorganisationen, sie sind in ihrer Mitgliederzahl von 112160 im Jahre 1899 auf 159 770 im Jahre 1900 gestiegen, waS eine Steigerung von 42 Proc. auSmacht, während die Steigerung der Mitgliederzahl bei den gewerkschaftlichen Centralorganisationen in Nrocenten ausgedrückt sich nur etwas Uber 17 Procent beläuft. Ueber die Zunahme der christlichen Gewerkschaften trösten sich die Central organisationen mit der Annahme, daß eS doch nur eme Frage der Zeit sei, ob die christlichen Gewerkschaften sich mit ihnen vereinigen werden. Die Hirsch-Duncker'schen Gewerkvereine stiegen in ihrer Mitgliederzahl von 86 777 auf 91161, erfuhren also eine Vermehrung von 4884 Mitgliedern, wahrend die unabhängigen gewerkschaftlichen Vereine von 68 994 auf 53 717, also um 15 277, zurückgingen. Der Ver lust erklärt sich durch den Uebertritt zahlreicher „Unabhängigen" zu den christlichen Gewerkschaften. Die gewerkschaftlich organisirten Arbeiter zählten also im Jahre 1900 inSaesammt 995 435, davon marschiren, wie oben erwähnt, die socialdemokratisch geführten Organi sationen mit 680 427 Mitgliedern aus! Diese Zahl beweist, wie gut eS die GewerkschaftSführung verstanden hat, die Gunst der aufsteigenden Conjunctur und die Erhöhung de» Einkommen» der Arbeiter für die Verstärkung ihrer Organisation zur Durch führung des ClassenkampfeS auSzunützen. Der Zahl der Mitglieder entspricht der Betriebsfonds dieser letztgenannten Gewerkschaften: In den Jahren von 1891 bi« 1900 sind in den socialdemokratisch organisirten Gewerkschaften nicht weniger als 41467279 als „Arbeitergroschen'/ ein gesammelt und 35 737 594 davon verausgabt worden! Im letzten Jahre wurden inSaesammt 2 816 037 an Unter stützungen und 2 625 642 o« für Streiks gezahlt. Zur Auf bringung von GewerschaftS steuern müssen die Mit glieder der Tentralorganisation ungemein viel leisten; die durch Beiträge am stärksten Belastet«'» sind die Buchdrucker, die Glaser, die Bildhauer, die Cigarrensortirer, die Gast- wirthsgehilfen u. s. w. Der durchschnittliche Beitrag pro Kopf der Buchdruckergewerkschaft wird z. B. auf rund 86 jährlich angegeben; hierbei ist aber da« Eintritt«geld und die Extrabeiträge nicht mitgerechnet; in Wirklichkeit muß der einer Centmlgewerkschaft an- gehörige Buchdrucker mindestens gegen 76 jährliche Beitrags steuern zahlen. Welch' ein Geschrei würde die socialdemokra tische Presse anstimmen, wenn auch nur etwa der fünfte Theil dieser Beiträge vom Staate für öffentliche Zwecke vom Ar beiter erhoben würde! Neben diesen höchstbesteuerten Gewerkschaften giebt e« selbst verständlich andere, die nicht so viel aufzubringen vermögen, die aber eindringlich ermahnt werden, mit den erstklassigen Ge nossen in der Opferfreudigkeit an Beiträgen zu wetteifern, damit sie mit jenen in die gleiche Linie rücken. WaS aus obigen Zahlen und auS der Opferfreudigkeit der gewerkschaftlichen Centralorganisationen, die auf den Umsturz von Staat und Gesellschaft hinarbeiten, die bürgerliche Gesell- schäft stets von Neuem lernen muß, braucht kaum mit Worten gesagt zu werden. Don den etwa 5 Millionen Berufsarbeit«» stehen noch ungefähr 4l4 außerhalb der socialdemokratischen GewerkschaftSorganisationen; daß diese große Zahl nicht jenen Centralorganisationen verfällt, muß die unablässige Sorae der Arbeitgeber sein, die ihrerseits nicht hinter der Opferfreudigkeit der organisirten Arbeiter zurückstehen dürfen. Aationalliberale und Freifinnige in Laden. In wenigen Wochen beginnen die badischen Landtags wahlen, durch dir, wir alle zwei Jahre, die Hälfte der Mandate der Zweiten Kammer neu zu vergeben ist. Für die innere Politik dieses Bundesstaates wirb eS von großer Bedeutung sein, ob die nationalliberale Partei abermals zurückgedrängt wird, wie bei den beiden letzten LandtagSwahlen, oder ob sie ihre Mandate be haupten, vielleicht sogar vermehren kann. Die Aussichten sind neurrdingt für die nationallibrrale Partei etwas günstiger geworden, al« sie tm letzten halben Jahr zehnt waren. Dabei wollen wir noch nicht einmal darauf großen Werth legen, daß da« Centrum jüngst proclamirt hat, e« werde bei einem Kampfe zwischen Nation«lliberalen und Gocialdemo- kratie zwar nicht die Nationalliberalen unterstützen, aber doch wenigsten« auch der Socialdemokratie seine Hilfe nicht leihen. Ob der Fanatismus, mit dem gerade da« badische Tentrum di« Nationalliberalri» bekämpft, nicht doch dahin führt, wenigsten» insgeheim der Socialdemokratie beizusvringen, bleibt abzuwarten. wrrthdoller aber al« da« „Neutralttät-princip" de« Crntrum» ist da« Zusammengehen der Nationalliberalen mit den Frei- stnntßen, zunächst allerdings nur tm Wahlkreise Karlsruhe. Auch in dieser Beschränkung ist indessen die neue Toalition von Bedeutung, da der Wahlkreis Karlsruhe drei Mandate zu ver geben hat. Dies« Mandate sind in Folge de» früheren Kartell« aller radicalen Parteien mit dem Centrum gegen die National liberalen in den Händen der Socialdemokratie (zwei Mandate) und der Demokraten (ein Mandat) gewesen. Jetzt sollen zwei Nationalliberalt und «in Freisinniger ausgestellt werden und eS steht zu hoffe», daß diese Koalition den Sieg davontragen werde. Da« WahlbÜndniß in Karltruh« aber dürfte auch zurück wirken auf da» Verhältnih zwischen den beiden Parteien im ganzen Grotzherzogthum Baden. Allerdings hat dort die frei sinnige Partei bisher immer nur wenig Boden gehabt. Seit dem Bestehen deS Reichstage- ist eS eigentlich nur der Wahlkreis Lörrach, in dem eine größere freisinnige Wählerschaft vorhanden ist. All«nfall» könnte man noch den Wahlkreis Heidelberg hinzu nehmen, in dem wenigsten» bei den Wahlen von 1890 und 1893 eine erhebliche Zahl freisinniger Stimmen abgegeben worden ist. E» ist aber sehr Wohl möglich, daß der Freisinn gerade dann eine größere Bedeutung in Baden erlangt, wenn er das Tischtuch zwischen sich und der süddeutschen Demokratie glatt zerschneidet. Beispielsweise hat die freisinnige Partei im Wahlkreise Mann heim seit dem Jahre 1878 stets auf die Aufstellung eines eigenen Candidaten zu Gunsten der Demokratie verzichtet, die denn auch wiederholt den KreiS in ihrem Besitze gehabt hat; die Folge da von ist aber nur gewesen, daß der Kreis schließlich in die Hände derjenigen Partei übergeaangen ist, die die Demokratie noch an üavicalismuS übertrumpft, nämlich der Socialdemokratie. ES wäre doch sehr verwunderlich, wenn in einer Stadt mit einer großen und reichen Kaufmannschaft eine zwar link-liberale, aber doch nicht so radikale Partei, wie die demokratische, nicht wieder sollte Boden fassen können. Die Demokraten haben natürlich die Freisinnigen wegen de« Karlsruher Bündnisses deS „DerrathS" bezichtigt. Abgesehen aber davon, daß die Demokraten sich ihrerseits nie gescheut haben, die Freisinnigen auS Wahlkreisen zu verdrängen, und zwar nicht einmal zu ihren eigenen Gunsten, sondern zu Gunsten der Social demokratie, handelt die freisinnige Partei nicht verrätherisch gegen die liberale Doctrin, wenn sie mit den Nationalliberalen zu sammengeht, sondern im Geaentheil zum Nutzen deS Liberalis mus. WaS ist denn der einzige Erfolg der Zurückdrängung der nationalliberalen Partei gewesen? Doch nur einerseits ein Machtgewinn de« Centrum» und andererseits im Zusammen hänge damit die allmähliche Rcconstruirung deS Ministeriums nach recht« hin. An die Stelle jedes badischen Ministers, der m den letzten beiden Jahren seinen Abschied genommen hat, ist ein mehr conservativ gesinnter Mann getreten. Würde bei den bevorstehenden Wahlen die nationalliberale Partei noch weiter zurückgedrängt werden, so würde in absehbarer Zeit von Libera lismus im badischen Ministerium überhaupt nichts mehr zu spüren sein. Warum eine freisinnige Partei direkt auf die» Re sultat hinarbeiten sollte, ist nicht abzusehcn. Die hoffnungslose Verbohrtheit mag ruhig der süddeutschen Demokratie al» unzer störbare» Erbtheil überlassen bleiben. Der Krieg in Südafrika. Man schreibt un« au« London unter dem 26. August: „Die englische Regierung schweigt sich über die ernste Lage in der Capcolonie immer noch hartnäckig au«, und wenn sie auch wobl jedenfalls feiten« de« Lord Kitckrener über vieselbe nicht im Unklaren gelassen wird, so zieht sie e« doch vor, die britische Nation nach wie vor durch unwahre Gerüchte zu täuschen und von andauernden Niederlagen der Boeren zu sprechen. Trotzdem kommen jetzt aber fast tagtäglich Meldungen durch, die eine Bcstätigung dessen enthalten, wa« seit Monaten von vielen Seiten über die ungünstigen Zustände in dem britischen Territorium berichtet wurde. Jetzt weiß man u. A. durch eine neue kürzliche Verordnung de« britischen Generalissimu«, daß eine erneute verschärfte Form de« Standr echte« Platz gegriffen hat, wonach z. B. in den meisten Distrikten der Colonie alle Borrätbe an Leben«. Mitteln, Pferde- und Diehfutter rc., die dem Feinde in irgend welcher Weis« nützlich sein könnten, in besonder« bezeichneten und stark garnisonirten Plätzen abzuliefern und zu deponiren sind. Aehnliche harte Verfügungen berauben die Be wohner, einerlei ob britisch oder holländisch, fast aller Rechte der freien Bewegung, de« freien Verkedr« und de« Handelsaus tausche«, und diese drakonischen Maßregeln gehen sogar so weit, daß die Landleute jeweilig nur sov el Vorräthe besitzen dürfen, als für die Dauer einer Docke erforderlich sind, wa« natürlich endlose und unerträgliche Schwierigkeiten für die Farmer und Gutsbesitzer mit sich bringen muß. Solche Verfügungen, für welche Lord Kitchener oder viel- mehr da« Londoner KriegSamt irgend welche Gründe nicht einmal angiebt, lassen keinen anderen Schluß zu, al« daß mit Waffengewalt gegen die «ingedrungenen Boeren wenig odtr gar nicht« autzurichlen ist, und daß die britischen Mi- litärbehörden ihnen de-balb, soweit al- angängig alle Existenz mittel für Mensch und Vieh iu benehmen suchen muß, natür lich mit dem üblichen, mindesten« sehr zweifelhaften Erfolge. Wie «roß unter solchen Umständen die Unzufriedenbeit selbst auf Seiten der loyalsten Farmer in der Cap colonie sein muß, ist leicht denkbar, und gleichzeitig wird e« mebr al« verständlich, daß bei einem solchen Auf treten der Engländer die Zahl der rebcllirendeu Capbolländer, die zu den Waffen areffen und sich den ringedrungenen Boerencommando« «»schließen oder gar selbstständige Corp« bilde», mit jeder Woche eme ganz bedeutende Zunahme er fährt. Wie wenig die letzten officirllen Berichte über eine angebliche günstigere Gestaltung der Lage in der Cap colonie der Wahrheit entsprechen, geht schon au« der Meldung hervor, daß u. L. der Barkly-Sast-Distriet seit Wochen vollständig in der Gewalt der Boeren ist, di» den» auch di» britische Garnison in d«r Stadt Barkly-East von jeder Verbindung mit anderen englisch«« Truppen vollständig adgeschnittrn haben und um zingelt halten, so daß dies« Ort höchst wahrscheinlich sehr bald in die Hände der Boeren fallen wird. Auch ander» Städte in der Colonie sind neuerding« vom Feind« bedroht, und di» britischen Truppe« scheinen vollständig unfähig zu sein, rechtzeitig Entsatz zu senden und die Angriffs-Be wegungen der Boereu zu verhindern. General Scheepers ist auf dem Vormärsche gegen die Stadt UudlSboorn begriffen und mit ihm bewegen sich ver schiedene andere Boerencorp« in den Mivvlandvistricten in südlicher Richtung, so daß also keine Rebe davon sein kann, daß, abgesehen von Kruitzinger's Vorstoß nach Norden, die Boeren auf der ganzen Linie von den Engländern angeblich gezwungen werden, sich allmäblich aus den Oranjefluß zmückzuziehen und die Colonie ,u räumen. Die Burgbers und ihre Kameraden, die rebel lischen Caphollänker, sind immer noch die Herren der Situation auf dem britischen Territorium, und an dieser Tbatsacke können alle Kitckener'schen Proklamationen und SiegeS- depeschen nichts ändern. UebrigeuS hat General Delarey, wie Kitchener selbst tele- grapbirt, eine Gegenproclamation losgelassen, in welcher er die Burgher« davor warnt, auf die Drohungen deS britischen Hauptquartier« irgend wie zu rcagiren, und sie ermahnt, den Kampf gegen die Engländer bis auf den letzten Mann forlzusctzen. — General Dewet befindet sich augenblicklich in der Nähe von Zastron, im Südolien des Freistaates, wo er sich für einen neuen Einfall in die Capcolonie vorzubereiten scheint." Deutsches RcitL 6. II. Berlin, 27. August. (Zur Besetzung der ost- asiatischen Station.) An Stelle der auf der Fahrt in die Heimath befindlichen geschützten kleinen Kreuzer „Irene" und „Gefion" werden die neuen geschützten kleinen Kreuzer „Gazelle" und „Thetis" nach Ostasien abdampfen, um zum Kreuzergeschwader zu stoßen, so daß dasselbe auS 4 großen, 2 kleinen Kreuzern und 4 Kanonenbooten bestehen wird. Der in die Heimath zurückkehrende Kreuzer „Irene" ist vollkommen ver altet; er ist bereits 1887 von Stapel gelaufen und wird sicherlich modernisirt werden. Die neuen nach Ostasien hinausdampfenden Kreuzer „ThetiS" und „Gazelle" sind je 100 Meter lang, 11,5 Meter breit und haben je einen Tiefgang von 4,9 Metern, daS Deplacement beträgt 2675 Tonnen. Die Maschinen von „Ga- zelle" (6400 Pferdekräfte) geben dem Schiffe eine Geschwindig keit von 19 Knoten; „Thetis" hat noch stärkere Maschinen (8000 Pferdekräfte) und läuft 20 Knoten. Der Besatzungsctat beträgt bei jedem der beiden Schiffe 249 Mann, „Irene" hat 365 Mann an Bord, „Gefion" 302; insofern ist also em« kleine Schwächung des Kreuzergeschwader» eingetreten; aber „Gazelle" und „Thetis" sind, wie gesagt, die modernsten Kreuzer und „Fürst BiSmärck", „Hertha", „Hansa" und „Kaiserin Augusta ", die übrigen vier Kreuzer in Ostasien, sind geeignet, die deutsch« Flagge sehr würdig zu repräsentiren. Die vier Kanonenboote „Iltis", „Jaguar", „Tiger" und „Luchs" sind bekanntlich erst vor zwei Jahren vom Stapel ge laufen und eignen sich bei ihrem geringen Tiefgange von 3,3 Metern zur Action in Ostasien ganz besonders, weil sie die Flüsse hinauflaufcn können. Berkin, 27. August. (Die Wohnungsfrage im AuSlande.) Die Untersuchungen über die Wohnungs frage in der Schweiz, in England, Frankreich, Belgien, in den Vereinigten Staaten, in Rußland, Norwegen, Schweden und Dänemark, die der „Verein für Socialpolitik" vorgenommen hat, lassen erkennen, daß Deutschland in der „Wohnungspol tik" — wenn dieser Ausdrurck gestattet ist — sowohl in seinen Be strebungen, wie in seinen Erfolgen eine Art Mittelstellung ein nimmt. Uebertrifft es auch manche Länder, in denen in der Wohnungsfrage noch so gut wie gar nichts geschehen ist, so steht eS doch wieder hinter manchem anderen Lande zurück. Aber dieser Vergleich mit anderen Staaten zeigt doch in den meisten Fällen, wo in Deutschland noch der Hebel einzusctzen ist. In England z. B. sind seit dem Gesetz über die öffentliche Gesundheitspflege 1891 in der Wohnungsfrage Ricsenfort- schritte gemacht, obwohl eS den englischen Städteverwaltungen von Staats wegen an ausreichender Befugniß fehlt, um eine gesunde Bodenpolitik zu treiben. Unsere deutschen Städte und Gemeinden befinden sich in dieser Beziehung in einer viel glück licheren Lage und sollten deshalb um so weniger zögern, die Wohnungsfrage thatkräftig in die Hand zu nehmen. Die be deutsamste Seite der, englischen WohnungSfürsorge besteht aber in der WohnungS pflege, d. h. Ueberwachung sämmt- licher Wohnungen durch hierzu besonders bestellte Organe. Die Art, wie diese Beamten — darunter in Manchester und Bir mingham auch weibliche — ihre Obliegenheiten in der Woh nungsfrage auffassen und bei der Ausführung der zum Theil in Privatinteressen stark eingreifenden Vorschriften vorgehen, wird von kompetenten Beurtheilern rühmend hervorgehoben. Diese „Gesundheits-Aufseher" vermeiden jeden Anschein von polizeilicher Gewalt und sind so auSgewählt, daß sie durch Er ziehung und Herkunft dem Publicum, unter dem sie zu wirken haben, näher stehen als ärztliche Beamte oder Polizeibeamte und daher viel größeres Vertrauen genießen als diese. In Deutschland ist die Einrichtung der GesiindheitS-Aufseher erst in wenigen Städten, und zwar ohne nennenSwerthen Erfolg, eingeführt. — Don den Staaten, welche durch Mobilmachung deS S t a a t S c re d it S in die Wohnungsfrage eingreifen, marschirt Dänemark an der Spitze, doch sind die Bestrebungen deS deutschen Reiches nach dieser Richtung durch die Ver fügungen de» ReichSamtS de» Innern ebenfalls gebührend zu würdigen. Dänemark hat aber durch ein Gesetz vom 26. Februar 1898 für Sanirung und Neubauten einen Staats» credit bewilligt; und dieses Gesetz gab für die Volksvertretung den Anlaß, durch weitergehende Anträge den Wirkungskreis de» Gesetzes vom Jahre 1898 zu vergrößern. Aehnliche An regungen sind im deutschen Reichstage wiederholt gegeben und der Staatssekretär Graf PosadowSky ist ihnen auch bereit willigst entgegengekommen, aber ohne daß die« durch rin be sondere« Gesetz zum Ausdruck gelangt wäre. ck. Berkin. 27 August. (Freisinn und Colonial politik.) Die »Freis. Zig." will e» nicht wahr haben, daß der Handel Deutschland« mit seinen Colonien, abgesehen von Kiautschau, eine erfreuliche Zunahme aufweist. Die einschlägigen Zahlen der Statistik nennt da» Organ de« Abq. Richter eine Spielerei, weil dir HauptauSfuhrartikel auf Lieferung für Rechnung der Reichscasse exportirt seien. Abgesehen davon, daß e« den deutschen Produrenten und den deutschen Arbritrrn in der Hauptsache wenig verschlägt, ob dir von ihnen hergestellten Ausfuhrartikel für Rechnung der ReichS- casse exportirt werden oder nicht, wird die symptomatische Be deutung des steigenden Exports nach den deutschen Colonien selbst von einem volksparteilichen Organe, wie die „Voss. Ztg.", ganz anders gewürdigt, als von der „Freis. Ztg.' SS war am 26. Juli d. I., als das Finanz- und Handelsblatt der „Voss. Ztg." an leitender Stelle einen Artikel über Deutsch lands Außenhandel mit seinen Schutzgebieten veröffentlichte, worin wörtlich gesagt wurde: „Der Handel mit den Schutz gebieten hat jetzt ungefähr dieselbe Bedeutung für Deutsch land, wie im Jahre 1888 der Handel mit China hatte, der sich seitdem in der Einfuhr vervierfacht, in der Ausfuhr verdoppelt hat. Würde sich der Handel mit unseren Schutzgebieten auch nur in derselben Weise wie mit China entwickeln, so würde in zwölf Jahren die Einfuhr von dort einen Werth von 27 Mil lionen Mark, die Ausfuhr einen Werth von 48 Millionen Mark verzeichnen. In Wirklichkeit ist aber ein wett stärkeres Wachsthum zu erwarten." — E» ist merkwürdig, daß die „Freis. Ztg." gegen diese colonialfreund liche Stimme im eigenen Lager kein Wort des Protestes ge funden hat, sondern erst eine Auslastung der „Deutschen Colonialzeitung" abwartete, ehe sie ihrem colonialen Pessi mismus bekannten Ausdruck verlieh. Vielleicht holt die „Freis. Ztg." jetzt nach, WaS sie vor vier Wochen gegenüber der „Voss. Ztg." versäumt hat. — In Bezug auf den beabsichtigten Uebertritt der Land- aräsin Anna von Hessen geb. Prinzessin von Preußen auf Sckloß AdvlpbSeck zum KatboliciSmu« wird dem „Sckwäb. Merkur" von unterrichteter Seite da« Folgende mitgelheilt: Die Hinneigung der Prinzessin, die in Folge trüber Lebens erfahrungen längst «in mystisch-religiöse« Wesen zur Sckau trägt, zum kalholischen Cultus ist gewiß schon seit fast einem Jahrzehnt zu bem-rken gewesen. Genährt wurde diese Schwärmerei zunächst durch den vor 3'/, Jahren verstorbenen Bischof vr. Kom p. Bald mehrten sich die Besuche der Fuldaer Domcapitulare auf dem einsam, aber idyllisch gelegenen Schlosse. Man verstand e«, die alternde Dame Mehr und mehr für Ceremonien de- römischen GolteSdienste« zu interesflren. Vo kam eS, daß sie während der letzten Jahre erhebliche Summen für katholische Zwecke spendete und bei Acten der Wohlthätigkeit in immerhin ausfälliger Weise di» katholischen Bittsteller bevorzugte. Wenn der Uebertritt bis jetzt noch nickt formell vollzogen wurde, so hat dies einzig seinen Grund in der Rücksicht auf da- preußisch» Königshaus, wie denn auch der Cardinal vr. Kopp der Land gräfin gerathen haben soll, unter den augenblicklichen Verhältnissen von einem öffentlichen Uebertritte abzusehen. — AuS Basel, 27. August, wird berichtet: In einer Unterredung, die ein Redacieur der „Allgem. Schweizer- Zeitung" gestern Abend hier mit dem neuen chinesischen Gesandten in Berlin batte, äußerle sich Elfterer dabin, daß eS ibm scheine, al« ob daS bereits bebobene Unwohlsein deS Prinzen Tschun nickt der einzige Grund sei, weSbalb dieser seine Reise nach Berlin nicht fortsetze. Hierauf er widerte der Gesandte etwas stockend: „Prinz Tichun war allerdings etwas unwohl; außerdem aber kamen Nach richten auS Berlin, die ibn veranlaßten, vorläufig hier zu bleiben, da er den Forderungen, die man in Berlin an ibn stellte, nicht entsprechen kann ohne ausdrückliche Genehmigung Chinas." — Die an der Verhökerung de« deutschen Zoll- tarifes betheiligte Londoner „Finanz-Chronik" schreibt jetzt: „In Sachen der vorgeblichen Antheilnahme der „Finanz- Chronik" an der „Veruntreuung" oder „Verhökerung" des Zoll tarifs, werden wir von unterrichteter Seite aus Berlin darüber verständigt, daß an der maßgebenden Stelle jeder Zweifel in unsere Loyalität und tadelfreie Haltung bei der Affair« behoben ist. Wi« wir eS unterlassen haben, von den un« gewordenen In formationen, betreffend einzelne Zollsätze, vor der amtlichen Ver öffentlichung Gebrauch zu machen, so haben wir auch die in der Publication im „Reichs-Anzeiger" nicht gegebene Darstellung der Motive, obschon diese in den Grundzügen den Haupttheil unserer Informationen bilden, auS Gründen der Loyalität der Veröffent lichung vorentbaltrn." „Wenn diese Bescheinigung einer „tadelfreien Haltung" von Berlin aus veröffentlicht würde, fände sie vielleicht eher Glauben. Daß die „Finanz-Chronik" nicht dazu kam, die für 1000 erworbene „Information" zu verwenden, lag hauptsächlich an der schnellen amtlichen Veröffentlichung de« Tarifentwurfes" — so bemerkt hierzu die „Frkf. Ztg." — Die Kohlen-Arbeiter und -Kutscher Berlin« und der Vororte beschlossen Sonntag Abend, in eine Lohn bewegung einrutrelen und den Kohlengroßbändlern schrift lich folgende Forderungen zu unterbreiten und bi« Sonnabend, den 3l. d. M., Bescheid zu erbitten: „Für Kutscher ein Wochenlohn von 27 ^t, Stundenlohn für Arbeiter 40 Ueberstunded und SonntaqSarbeit 50 Abtragen von 200 Ctr. Preßkohlen in der Stadt 6 ^4; tägliche Arbeitszeit zehn Stunden, von 6 Uhr Morgen- bi« 6 Uhr Abend» oder von 7 Uhr Morgens bi« 7 Uhr Abend« einschließlich d«r zwristüadlgen Ruhepausen." — Wie der „Berl. VolkSztg." geschrieben wird, hat der Regierungspräsident in Potsdam soeben wieder zwei Be kanntmachungen veröffentlicht, nach denen 25 Arbeiter uvd Arbeiterinnen — sämmtlich Polen — festgenommen und mittelst ZwangSreisepasseS sofort au« dem Staatsgebiet auSgewiesen werden sollen, da sie unter Contract- druck ihre Arbeitsstätten verlassen haben sollen. Ferner sind von den Polizeiverwaltungen in Nauen, Pritzwalk, Spandau, Neu-Ruppin, Wusterhausen a. D., Wittenberge, sowie den AmtSvorstebern in Groß-Pankow (Oft-Priegnid) und in Weißensee im Ganzen 63 Ausweisung« Verfügungen ergangen, durch welche Arbeiter und Arbeiterinnen »u« Nussisch-Poleu und Gal'zien betroffen werden. — Die für heute vormittag angefetzte Enthüllung d» r neuen Nisch» in der St»g,«all», ist tu Folg« der »»räuderN,
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