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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 08.11.1900
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1900-11-08
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-19001108019
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1900110801
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1900110801
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1900
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Donnerstag den 8. November 1900. Anzeigen-Preis die 6gespaltene Petitzeile 25 H. Reclamen unter dem RedactionSstrich (-gespalten) 75 vor den Familiennach- richten (6 gespalten) SO H. Tabellarischer und Ziffernsatz entsprechend höher. — Gebühren sür Nachweisungen und Offertenannahme 25 H (excl. Porto). Extra-Beilagen (gefalzt), nur mit der Morgen-Au-gabe, ohne Postbesörderung VS.—, mit Postbesörderung 70. -. Ännahmeschluß für Anzeigen: Abend-Au-gabe: Vormittags 10 Uhr. Morgen-Au-gabe: Nachmittags 4 Uhr. Bei den Filialen und Annahmestellen je eine halbe Stunde früher. Anzeigen sind stets an die Expedition zu richten. Die Expedition ist Wochentag- ununterbrochen geöffnet von früh 8 bis Abends 7 Uhr. Druck und Verlag von E. Polz in Leipzig. 94. Jahrgang. Australien und die deutsche Auswanderung. AuS Melbourne, 2. October, wird der „Welt-Corr." ge schrieben: „Die Rathertheilung des Londoner Witzblattes „Punch" an Heirathslustige lautete: „Oo'nt!" auf Deutsch: „Laßt's bleiben!" Ohne gerade die gleiche Warnung absolut proclamiren zu wollen, bezwecken diese Zeilen, falsche Hoffnungen Jener zu dämpfen, welche in der Auswanderung nach diesem Erdtheil die Sicherung angenehmer Existenzbedingungen erblicken. Trotz aller Nachrichten über unsere reichen Goldfelder, wie über die hier bezahlten hohen Löhne, muß die Folgerung, ein tüchtiger Arbeiter, Handwerker oder Kaufmann könne mit Leichtigkeit dauernde Beschäftigung in Australien finden, als durchaus nicht zutreffend, zurückgewiesen werden. Das mag vor vielen Jahren der Fall gewesen sein, als mit Hilfe mächtiger englischer Capitalicn das Land erschlaffen wurde, und auch später, als nach Entdeckung ergiebiger Goldfelder eine phänome nale Periode des Aufschwunges eintrat, heute aber liegen die Verhältnisse anders; das Land entwickelt sich zwar stetig, durch aus aber nicht rapide, und das im Verhältniß zu der schwachen Bevölkerung des flachen Landes viel zu schnelle Wachs- thum der Hauptstädte hat den Arbeitsmarkt recht ungünstig gestaltet. Wenn die Löhne trotzdem hoch geblieben sind, so ist dies zum Theil der Organisation der so genannten Trade Unions (Central-Gewcrkvereine), welche eine politische Rolle spielen und ihrer Macht sich wohl bewußt sind, zu zuschreiben, zum Theil der Gesetzgebung selbst, welche durch Ein führung von Minimallöhnen in Gewerbe und Industrie zwar dem Sweatingsystem erfolgreich zu Leibe gegangen ist, andererseits die Erlangung von Arbeit für Arbeitsbedürftige nicht unwesentlich erschwert hat. DerKrebsschadenunserer Industrie liegt in der Unsicherheit eines regelmäßigen Betriebes; es kommt Arbeit herein, und Leute werden enga- girt; in 8 Tagen ist die Arbeit fertig, und die Leute werden wieder entlassen. Darunter leiden Meister wie Gehilfen, und die so häufigen unfreiwilligen Arbeitspausen machen den Werth der hohen Löhne zum Theil illusorisch. Trifft diese Schwierig keit den hier geborenen und mit den Ansprüchen genau vertrauten Arbeiter oder Handwerker schon schwer genug, wie viel mehr trifft sie den Neu-Ankömmlig, der ohne Kcnntniß von Land und Leuten, in den meisten Fällen sogar ohne Beherrschung der engli schen Sprache vom Dampfer steigt, in der festen Erwartung, sein Glück zu machen! Die Enttäuschung wächst von Tag zu Tag in gleicher Proportion zu dem Zusammenschrumpfen der von der Heimath mitgebrachten Zehrgelder und führt leider allzuoft zum physischen und moralischen Untergange des Betreffenden. Gar Manches ließe sich zur Minderung dieses Uebelstandes erreichen, würden unsere deutschen Vereine, statt hier und dort Almosen zu geben, sich lieber zusammenthun und durch Einrichtungvon Arbeitsnachweise-Bureaus ihren bedrängten Lands leuten einen praktischen Halt schaffen. Ein Unternehmen solcher Art dürfte ohne wesentlichen Kostenaufwand zu errichten und aufrechtzuerhalten sein, und kräftige Unterstützung der Reichsconsulate verdienen. Zwar finden sich auch hier mehrere von den Regierungen eingerichtete Arbeiter-Colonien, zu welchen auf Empfehlung der consularischen Vertreter noth- bedllrftige Ausländer Zutritt erhalten, es muß jedoch in An betracht der dort sich zusammenfindenden sehr zweifelhaften Ele mente bestritten werden, daß dieser Ausweg, Neuankömmlinge vor absolutem Mangel zu schützen, im Interesse unserer Reichsange hörigen empfehlenswerth ist. Wie eingangs bereits hervorgehoben, dient diese Darlegung nackter Thatsachen nicht als Warnungstafel vor Australien, son dern soll nur übertriebenen Erwartungen entgegentreten. Das Land besitzt Hilfsmittel genug, um kräftige Leute, die außerdem Energie und Intelligenz besitzen und sich vor einer schweren Ent täuschung nicht fürchten, unterzubringen, und bietet durch seine freien Einrichtungen, durch das Fehlen des harten Winters und durch die trefflichen und im Allgemeinen billigen Lebensmittel manchen Reiz. Wie in jedem jungen Lande, so steht auch hier die praktische Leistung obenan, und wirklich tüchtige Handwerker, die intelligent genug sind, sich schnell den Anforderungen und den geltenden Geschmacksrichtungen anzupaffen und genügende Baar mittel und vor Allem einige Kenntniß der englischen Sprache mitbringen, haben immerhin eine gute Chance, in ab sehbarer Zeit lohnende Beschäftigung zu finden und sich nach Verlauf einiger Jahre selbstständig machen zu können. Den Be weis dafür sehen wir in unseren Städten, wo Gewerbetreibende deutscher Herkunft zum großen Theile eine auskömmliche Existenz führen, hier und da sogar zum Wohlstand gelangen. Ob dieselben bei gleicher Energie und Arbeitsentwickelung zu Hause nicht min destens ebenso weit gekommen wären, muß freilich eine offene Frage bleiben. Für Künstler und Gelehrte ist das Land weniger aufnahmefähig, und der Bedarf an deutschen Lehrern und Musikern ist ausreichend gedeckt. Absolut steril aber ist der Boden für st ellensuchende junge Kauf leute, und die große Mehrzahl der hierher kommenden deutschen Jünger Merkurs ist herzensfroh, nach Monate langem vergeb lichen Anklopfen einen Unterschlupf als Kellner oder Flaschenspüler zu finden. Als Resultat langjähriger Beobachtungen darf der Ueber- zeugung Ausdruck verliehen werden, daß Australien als Aus wanderungsfeld erst dann für Deutschland von Bedeutung wer den kann, wenn das heimische Capital sich ent schlossen hat, aktiven Antheil an der Hebung der überaus ergiebigen Hilfsquellen dieses Erdtheiles zu nehmen. Daß eine Reihe unserer Landsleute von hervorragender In telligenz und Speculationsinstinct Reichthümer in Australien er worben haben, ändert an der Sachlage gar nichts, — denn Aus nahmen giebt eS hier, wie sonstwo. Die Wirren in China. Die „Time«" berichten aus Peking über Taku: Die vorläufigen Verhandlungen der auswärtigen Gesandte» machen langsame Fortschritte. Bei der beutigen Zusammenkunft der Gesandten wurde der Vorschlag des eaglischen Gesandten berathen, dahingehend, daß der vor läufige Friedensvertrag eine Klausel enthalten solle, der zu folge China sich wirksam verpflichten müsse, die Handels verträge umzuformen. Dies hat den Zweck, Cbina zn zwingen, viele Unzurräglichkeiten zu beseitigen, die den Handel letzt behindern. Obwohl China bereits seine Bereitwilligkeit zu dieser Reform ausgesprochen hat, stieß dieser Vorschlag doch heute auf Widerspruch, und es ist zweifelhaft, ob derselbe dem vorläufigen Friedcnsvertrag einzesüzt wird, ob wohl jede handeltreibende Nation später neue Handelsver träge durchsetzen will. Der französische Gesandte Pichon, der noch NeconvaleScent ist, ist noch immer nicht im Stande, diesen Zusammenkünften seine Erfahrungen zur Verfügung zu stellen. Ueber die neuerlich von den Pekinger Gesandten vereinbarten Zusätze zu den französischen Vorschlägen bringt der Pariser Berichterstatter der „Morning Post" folgende Aufschlüffe: Neben der Aufrechterhaltung einer ständigen Be satzung von 2000 Mann zum Schutze der ausländischen Ge sandtschaften sollen die Gesandtschaften befestigt werden, und es soll keinem Chinesen gestattet sein, das Gesanvtschaftsoiertel zu bewohnen. Die letztere Bestimmung soll hauptsächlich den Ge sandten eine Handhabe verleihen, die Chinesen aus ihrem Viertel auszuweisen. Die Bestimmung über die Schleifung des Taku- forts soll allgemeiner gefaßt werden, um die militärische Com mission zu ermächtigen, alle sonstigen strategischen Hindernisse bis nach Peking zu beseitigen. Von zweineuenClauseln lautet die erste, von den Franzosen beantragt: Die chinesische Re gierung muß zwei Jahre lang in jeder Ünterpräfectur durch öffentlichen Anschlag den Beitritt zu der Gesellschaft der Boxer mit der Todesstrafe bedrohen und die Bestrafungen der in die jüngsten Wirren Verwickelten aufzählsn. Die zlveite neue Clausel, von den Amerikanern beantragt, erklärt die Vicekönige für persönlich haftbar für Angriffe auf Ausländer oder chine sische Christen in ihrem Amtsbereiche; wo solche Angriffe vor kommen, soll den Vicekönigen die Fähigkeit abgesprochen werden, öffentliche Stellungen und Ehren zu bekleiden. Tie Gesinnung dcS HofcS. Die „Times" melden aus Peking, 4. November: So viel wir wissen, ist bis jetzt von der chinesischen Regierung keine Anstalt getroffen worden, um die Ernennung des berüchtigten Nutschang zum Gouverneur der Provinz Hupeh rückgängig zu machen. Diese Ernennung verursacht im ganzen Uangtse- gebiet große Beunruhigung, und die Thatsache, daß die chinesische Regierung solch' einen Mann, der die Boxer öffentlich unterstützte und die Fremden Vertrieb, auf einen so hohen Posten gestellt hat, beweist, daß die Gepflogenheiten und Ansichten der chinesischen Regierung sich noch nicht geändert haben. Man hofft, daß die englische Regierung die Zurücknahme dieser Ernennung durchsetzen wird. DaS Gefecht des 1. und 2. Seebataillons unter dem Befehl deS InspecteurS der Marine-Infanterie, General major v. Hoepfuer, dem jetzt auch die 3. ostasiatische In- fantcrie-Brigadc unterstellt ist, bei Liang-Slang am 1l. September wird in einem der „Kreuz-Ztg." unter dem 13. September auS Peking zugegangenen Bericht folgen dermaßen geschildert: Am 11. September sendet General v. Hoepfner, nach eingelaufenen Meldungen über das Auftauchen von Boxer banden in Ermangelung von deutscher Cavallerie eine starke Patrouille berittener Artilleristen nach dem Süd osten von Peking auf die zerstörte Eisenbabnstrecke nach der kleinen Stadt Liang-Sianz. Die Patrouille stößt unweit der Stadt auf stärkere Boxerbanden und zieht sich zurück. Sobald General von Hoepfner die betreffende Meldung er hält, giebt er Ordre, die Bagagen in Stand zu setzen, und bricht mit beiden Seebataillonen um 3 Uhr Nachmittag- auf. Für den Polizei- und inneren Dienst bleiben von jeder Com pagnie Leute zurück, so daß die Stärke des ExpeditionScorps 1700 Mann beträgt, mit 6 Geschützen, einem Zug Pioniere und einem Schnellfeuergewehr. Von Seite der Engländer werden 25 indisch«. Lanzenreiter zum Meldungsdienst und zur Aufklärung beigegeben. DaS Detachement ist um 3 Uhr aufgebrochen und lagert nach 7 Uhr Abends in Tschi-Tscheng. Die Nacht vergeht ganz ruhig und früh Morgens wird nach Liang-Siang weiter märschirt, wo die Vorhut des ersten Bataillons gegen 9 Uhr eintrifft nnd von dem an der Nordlisiöre der Stadt liegenden befestigten Pagodenhügel ans zwei Geschützen beschösse» wird. Um 11 Uhr 20 Min. antwortete bereits die deutsche Artillerie und die erste und zweite Compagnie des 1. Bataillons nahmen den festen Thurm des Pagodenbügels im Sturm, während sich das 2. Bataillon westwärts der Stadt ent wickelte. Die Stadt ist von einer hohen und breiten Mauer umgeben und war von etwa 900 bis 1000 Boxern besetzt. Die Chinesen waren mit modernen Gewehren bewaffnet nnd schossen von der Mauer herab etwa eine Stunde hindurch mit heftigem Feuer auf die nord wärts der Stadt vorrückenden Compagnien. Wie immer gingen die Geschosse alle zu hoch und die Verluste waren auf deutscher Seite ganz geringe. Ein Seesvldat wurde hier getödtet. Leutnant von Kleist in der Hüfte durch einen Streifschuß leicht verwundet, zwei Seesoldaten auch durch nur leichte Verwundungen gefecht-unfähig. Von diesen zwei Compagnien wurde ein hinhaltende- Feuer gefecht geführt, um den anderen Truppen den Angriff auf das Ost- und Westthor zu sichern. Die indischen Lanzen reiter waren angewiesen worden, durch di« Maisfelder ge deckt das Südthor zu erreichen und den Boxern den Rückzug abzuschneiden. Warum die braunen Inder diesen Be fehl nicht anSführten, ist noch nicht erwiesen. Gegen 11 Uhr gelang e- der 2. Compagnie de- 2. Bataillons, das West thor zu nehmen und in die Stadt einzudringen. Hier begann ein verzweifelter Häuserkampf. Die Boxer waren von den Nordmauern geflüchtet und wollten das Süd thor gewinnen, wurden aber noch rechzeitig abgeschnitten, da die beiden Compagnien nach raschem Säubern der Oststraße da« Osttbor erreichten und die inneren Flügel öffneten. Die chinesischen Thore sind überall doppelt ge halten, so zwar, daß vor jedem Thore eine Art von Lünette angelegt ist, und so zwei Thore zu nehmen sind. Das äußere Thor wurde inzwischen von der Pionier- abrheilung des 2. Bataillons mit Dynamit gesprengt und somit war der nördliche Theil der Stadt in der Gewalt der Deutschen. Der Südtheil war bereits von den Boxern ge räumt, die durch das unbesetzte Südtbor entwischten. Die Boxer hatten ihre Gewehre auf den Wällen weggeworfen und waren nun auf Speer nnd Schwert angewiesen, mit denen sie die Straßen vertheidigten. Der Kampf währte in der Stadt bis gegen 12'/z Uhr Mittags, wo daS Feuer vollkommen verstummte, und was nicht in dem Hand gemenge gdfallen war, gefangen wurde. Wer mit der Waffe in der Hand ergriffen wurde, ist vor der Mauer niedergeschossen worden. Weiber und Kinder wurden angewiesen, die Stadt zu verlassen, dann wurden daS Vieh und die Lebensmittel gesammelt nnd das Näubernest an allen Ecken angezündet. Nach oberflächlicher Schätzung sollen in Liang-Siaug 4000 Einwohner gewesen sein. Die Chinesen verloren im Kampfe gegen 250 Mann, weitere 150 waren standrechtlich erschossen worden, 400 sind ent kommen. Die deutschen Verluste beziffern sich auf zwei leicht verwundete Officiere, einen tcdten und vier verwundete See soldaten. Nach Aussagen der Officiere war der Straßen kampf sehr heftig und mußten die Revolver ein entscheidendes Wort sprechen, denn die Boxer stürmten mit ihren Lanzen toll bis auf fünf Schritte heran, und eS genügte nicht immer ein einziger Schuß, um den Angreifer niederzulegeu. Der Krieg in Südafrika. Von Standerton kommt ein interessanter Bericht über einen Gewaltmarsch, den der General Frcnch von Machadodorp über Carolina und Ermolo nach der genannten Stadt ausgeführt hat. Es heißt da: „Wir haben auf dem ganzen Wege ununterbrochen kämpfen müssen. Oberst Mahon verließ mit der Spitze der Division Belfast am 12. October und fand sich bei Geluk plötzlich dem General Smuts mit circa 1000 Boeren und mehreren Geschützen gegen über. Smuts wollte die Delagoa - Bai - Eisenbahn kreuzen und natürlich zerstören, verzögerte aber seinen Plan, als er von dem Anmarsche Mahon's hörte, und so kam es zu einem sehr heißen Gefechte, welches eigentlich unentschieden blieb. Mahon schlug dann (wahrscheinlich nothgedrungen) eine öst liche Route ein, wobei ihm General Smuts fortwährend an der linken Flanke folgte und die englischen Truppen ununterbrochen belästigte. Die Boeren zeigten eine überraschende und kühne Initiative, und es fehlte nicht an gegenseitigen Ueberraschungen. Bei Tewroden versuchten 4 Schwadronen englischer Dragoner das Boerenlager überraschend anzugreifen, wurden aber durch das wohlgezielte Feuer der feindlichen Feldgeschütze und Pompos zurückgetrieben. General Smuts hielt es dann für angebracht, den Engländern eine Gegenvisite abzustatten, und attackirte die verschanzte Stellung seiner Gegner mit großem Nachdruck, wobei er an der Spitze seiner Boeren immer im Vordertreffen war und große persönliche Tapferkeit entwickelte. Mit einem sicheren Schuß brachte er den englischen Leutnant Patterson zur Strecke und tödtete kurz darauf den Hauptmann Swanston, so daß die Engländer, ihres Führers beraubt, die betreffende Stellung Hals über Kopf sehr bald räumen mußten. Am nächsten Tage machten die Boren einen Angriff auf den großen Transport der Division bei Kaffirsspruit, trieben die Außenposten zurück, machten einige Gefangene und zogen sich erst zurück, als überlegene Verstärkungen mit mehreren Batterien Artillerie dem Konvoy zu Hilfe kamen. Ganz besonders zeichnete sich das Bethel-Commando in der un ermüdlichen Belästigung der britischen Colonnen aus, und die letzteren verdanken es nur ihrer großen Uebermacht, daß die Boeren keinen nennenswerthen Erfolg erzielten. Auf jeden Fall ging der Marsch der Frenchsschen Division unter solchen Schwierigkeiten und Anstrengungen vor sich, daß sie nicht weniger als ca. 1000 Zugochsen, einige 30 Transportwagen und eine Menge Kriegsmaterial verlor, so daß den Boeren jedenfalls eine ganz anständige Beute in die Hände fiel." Diese Schilderung beweist wieder einmal, welche Activität die Boeren immer noch zu entwickeln im Stande sind, und mit welcher Verwegenheit sie selbst vielfach überlegene feindliche Abteilungen angreifen. Wenn es selbst dem gewandten und energischen General French nicht bester möglich war, sich der kleinen Boerencommandos zu er wehren, so läßt das jedenfalls tief blicken. Es ist eben nvch nicht aller Tage Abend. Tic UntcrstütznnnSgklSk». In englischen Blättern wird behauptet, daß daö für die Boeren in aller Welt gesammelte Geld verschwunden sei und Niemand darum wisse. In gehässiger Weise wird dabei auf die Transvaalgesandtschaft in Brüssel verwiesen. Namentlich in Folge der Beschuldigungen de- Grasen Waldstein-Wien im „Neuen Wiener Journal" gegen die Verwaltung der für die Boeren gesammelten Gelder und die Entlohnung der Freiwilligen bat sich die „Neue Vogtl. Ztg." (Plauen) veranlaßt gesehen, bei der TranSvaalgesandffchast in Brüssel anzufragen, wie es sich mit den für die Boeren gesammelten Geldern und der Entschädigung für Freiwillige verhielte. Daraufhin erhielt dieselbe folgende Depesche: * Brüssel, 29. October. Der Gesandte ist abwesend. Ich brauche kaum zu sagen, daß mit den Geldern, welche die Gesandt schaft erhalten hat, stet- nach dem Wunsche der Spender verfahren wurde und noch wird. Der Totalbetrag der überall gesammelten Gelder ist hier unbekannt. Was die bei der Gesandt schaft eingelaufene Summe anlangt, so ist es vollständig aus der Luft gegriffen, daß der Betrag sich auf eine Summe von Millionen beziffere. Auch ist hier von einer versprochenen Ent- schädigung an Freiwillige nicht- bekannt. Boeschoten. stin Appell an Europa. II. Triest, 5. November. Der Präsident deS Obersten Gerichtshöfe- der Transvaal Republick, vi. Kock, der mit der „Styria" hierher angekommen ist und sich noch hier aufhält, hat dem „Piccolo" eine von ihm verfaßte Schrift zur Besprechung übergeben. Im ersten Theil behandelt vr. A. Kock die Geschichte seines HeimathlandeS. Dann geht der Verfasser auf die Schilderung des letzten Krieges über und da lesen wir unter Anderem Folgendes: Nachdem sie die bedeutenderen Städte eingenommen batten, nahmen die Engländer viele Frauen gefangen, luden sie alle zusammen auf Güterwagen und lransportirten sie außerhalb ihrer Opcrationslinien, um sie auf dem Felde, von Allem entblößt und ohne Nahrung, zu verlassen. Hieraus sandten sie unseren Vorposten eine Botschaft, um uns davon zu unterrichten. Und während wir uns jener armen Frauen annahmen, um ihnen Hilfe zu bringen, und ihnen, den Hungernden, Lebensmittel zu verschaffen, benützten die Engländer die Gelegenheit, um uns plötzlich anzugreifen. Vergebens protestirten wir gegen die Ausweisung jener Frauen und so mußte unsere Regierung wobl 4000 jener Unglücklichen mit ihren Kindern zusammensuchen nnd sie nach Barberton führen lassen. Von den vielen widerlichen Episoden habe ich hiermit nur die empörendsten geschildert. Nun wolle man urtheilen, ob ein solches Vorgehen eines civilisirten Volkes würdig ist. War daS vielleicht der Lohn für die Menschlichkeit, womit wir die englischen Unterthanen in Natal und in der Cap-Colonie be handelt haben? Und wird Europa, welches als die Mutter der Civilisation angesehen wird, ein solches barbarisches Vor gehen gutheißcn? Und warum sollte gerade England erlaubt sein, über Transvaal zu herrschen, während Frankreich und Deutschland selbst gleiche, wenn nicht noch größere Capitalien in den Gruben des Rand angelegt haben? Die europäischen Staaten sollten nicht vergessen, daß, wenn Transvaal zu existiren aufhören sollte, die Goldgruben für ihre Angehörigen als verloren zu betrachten sein werden, für ihre Angehörigen, denen unsere Republik stet- die aus gedehnteste Gastfreundschaft gewährte. Die weiten, bisher Allen zugänglich gewesenen Goldfelder werden zu Gunsten der englischen Capitalisten beschlagnahmt werden, wie eS chon mit den Diamantfeldern von Kimberley geschehen ist. Unsere liberalen Gesetze, welche uns die Sympathie der Utlanderö, die mit uns kämpften, erworben haben, sollen ab geschafft und dafür die Militärverwaltung eingeführt werden, durch welche nach und nach alle Ausländer werden verjagt werden. Das Beispiel der Cap-AfrikandrrS war für uns eine gute Lehre. Wir haben nicht nur für unser Vaterland, andern für die Freiheit Aller in Südafrika gekämpft' In diesem Bewußtsein wenden wir uns an Europa mit der Bitte, uns zu Hilfe zu kommen und zu bewirken, daß der grausame Krieg anfhöre." . . . Am Schluffe der Schrift Kock'S heißt eS: „Wir verlangen nicht, daß ihr euere Interessen den unseren opfert. Wir bitten euch nur, die Mittel zu suchen, um zu erreichen, daß uns Gerechtigkeit widerfahre. Sollte ein Schiedsgericht wirklich unmöglich sein? Wäre eS nicht billiger, als dieser grausame Krieg! Verzeiht! Von der Liebe zu meinem Heimath- lande angetrieben, habe ich Vorschläge gemacht anstatt zu versichtlich auf euch zu bauen. Ihr habt die Annexion der südafrikanischen Republik durch England noch nicht anerkannt und ich hoffe, daß ibr dieselbe nie anerkennen werdet. Mein Herz ist voll Zuversicht; wir können auf eueren Gerechtig keitssinn bauen". Dentschps Reich» -4- Berlin, 7. Nwember. (Jesuitenorden, Misch ehe und Civilehe.) Die klerikale Agitation betreffs der Aufhebung des Jesuitengesetzes ist in der letzten Zeit lebhafter denn je gewesen; wenige Tage noch, und das Echo davon wird im Reichstage gehört werden können. Deshalb ist es überaus nützlich, daß das Jesuitenorgan „Stimmen aus Maria Laach" gerade jetzt die Kampfstel! ung in Erinnerung bringt, die der Jesuitenorden gegen Mischehe und Civil ehe einnimmt. Es geschieht das in einem Artikel des Jesuiten Krose über die Ursachen der confefsionellen Verschiebungen in Deutschland. Krose erblickt in den Mischehen die vorzüglichst-, ja fast die alleinige Ursache für den Rückgang deS katholischen Elementes in Deutschland, obwohl er zugebcn muß, daß in „einigen" Gebieten, wie Elsaß-Lothringen, Baden, Oldenburg, die Wanderung „mit" dazu beigetragen habe. Krose nennt die Mischehen eine „Gefahr" für die katholische Kirche Deutschlands, eine Gefahr, „welche die gesicherte Fortexistenz derselben inmitten der stets wachsenden protestantischen Mehrheit ernstlich in Frage stellt." Darum ruft Krose zum Kampfe gegen die Mischehen auf. Als Waffen in diesem Kampfe empfiehlt er, außer den bestehen den kirchlichen Vorschriften, die Verwendung katholischer Laien, denen „das Seelenheil ihrer Mitmenschen und die Interessen ihre: Kirche am Herzen liegen", von Seiten der Seelsorgegeistlichen; die Vincenz- und Elisabcthvereine seien eine aus gezeichnete Organisation für diesen Zweck. — Man kann sich denken, wie sehr der Jesuitenorden im Falle seiner Zulassung ins deutsche Reich selbst den Kampf gegen die Mischehen führen würde. Halten die Jesuiten die Mischehen für eine Gefahr, welche die Existenz der katholischen Kirche in Deutschland be droht, dann werden sie alle Minen springen lassen, um einer solchen Gefahr zu begegnen. Es ist nicht schwer, sich auszu malen, in welcher Weise der Jesuitenorden mit Hilfe des Beicht stuhles und der gesellschaftlichen Beziehungen, von der öffent lichen Agitation ganz zu schweigen, den Feldzug gegen die ge mischten Ehen durchfechten würde. Was dabei aus dem Frieden der Confcssionen und der Familien würde, würde die Jesuiten nicht kümmern, weil die Be kämpfung der Mischehen ein Werk zur größeren Ehre der katho lischen Kirche ist. Daß aber die Jesuiten im Falle ihrer Rück kehr nach Deutschland sich mit dem Ansturm wider die Mischehen nicht begnügen, sondern auch Propaganda für die Beseitigung der Civilehe machen würden, wenn auch vielleicht fürs Erste mit voösichtiger Zurückhaltung, diese Aussicht eröffnet eine Kritik, die der Jesuit Lehmkulin demselben Hefte der „Stimmen aus Maria Laach" über die Schrift „Das Civileherecht des Bürger lichen Gesetzbuches", die den Eichstätter Professor Holl weck zum Verfasser hat, veröffentlicht. Lehmkul's Kritik beginn: mit dem Satze: „Daß die Entchristlichung des staatlichen'und öffentlichen Lebens so weit gediehen ist, wie die Ausbreitung der sogenannten Civilehe in den bisher christlichen Ländern Europas cs darlcgt, ist eine bedauerliche Thatsache, aber «ine Thatsache,
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