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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 20.11.1900
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1900-11-20
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-19001120016
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1900112001
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1900112001
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1900
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StablewSki zu Gunsten des polnischen Candidaten gegen den von den deutschen Katholiken ausgestellten Probst v. KrzesinSki werden wohl auch die deutschen Katholiken jetzt hinreichend erkannt haben, was die Glocke geschlagen hat. Im Uebrigen sorgt der Herr Erzbischof selbst weiter dafür, daß über die Tragweite seines Eingreifens in den Wahlkampf jeder Zweifel zerstört wird. Am Freitag, den 16. November, hat er an den KleruS der Diöcesen von Gnesen und Posen vaS bereits mitgetheilte Rundschreiben erlassen, bas den Tatbestand klarstellt und sein Vorgehen in die volle Oeffent- lichkeit rückt. Zur Beleuchtung dieses Schreibens, daS als .Pastorale" angesprochen werden kann, sei der Brief in Erinnerung ge bracht, den der Erzbischof v. StablewSki unmittelbar vor der Wahl an den Probst v. KrzesinSki gerichtet hat und den am 10. November die polnische Presse veröffentlichen mußte. In diesem Schreiben machte der Erzbischof dem Pfarrer zum Vorwurf, daß er „die geistliche Behörde in einer ungehörigen Art in einer öffentlichen Wcihlerversammlung zu provociren gesucht"; daß er „durch falsche Folgerungen aus dem Ver balten der geistlichen Behörde zu Gunsten seiner Candidatur einen Druck ausgeübt", und schließlich, „daß das Verhalten des Pfarrers den Wählern gegenüber unloyal und in Rück sicht auf seine kirchlichen Pflichten bedauernswerlh und un- correct sei". Demgegenüber ergiebt sich aus dem vorliegenden ! Rundschreiben des Erzbischofs, daß die ganze Schuld des I Pfarrers v. KrzesinSki aus Folgendem besteht: in einem am 12. November an den Erzbischof gerichteten Schreiben habe er „zugestanben": „Ich sagte, daß ich bis jetzt seitens der geistlichen Behörde kein Zeichen der Mißbilligung erhalten habe — und das ist richtig. Diese Aeußerung that ich, alS ich die deutschen Katholiken vor den Antisemiten und den Socialdemokraten, welche hier fast identisch sind, warnte. Ich hoffe, ja, ich bin sicher, daß ich hierbei in dieser Beziehung auf kirchliche Zustimmung rechnen darf". Und diesem „Eingeständnisse" gegenüber beginnt das erz- bischöfliche Schreiben: „Die Kirche muß schon in ibrem eigenen Interesse die durch die Verfassung garantirte Wablsreiheit vcrtheidigcn und schützen. Sie verbietet auck deshalb ihren Priestern nicht, sich um ein Mandat zu bewerben, oder die Wabl solcher Candidaten zu unterstützen, die sie für an gemessen erachten, sofern dies nur in einer würdigen, ihrer Stellung entsprechenden Weise geschieht". So die Einleitung, nnd nun mag das Schlußwort wiederholt sein: „Ohne Zweifel nimmt die ganze (!) Diöcese Antheil an meinem Schmerz über den Fehltritt eines meiner Priester und Eueren Mit- bruder. Ich bin zwar gegen diese» gefährliche Präcedenz sofort eingeschritten, um jedoch für die Zukunft der Wiederholung ähnlicher Verirrung vorzubeugen, richte ich hiermit an alle Priester die Warnung und das Verbot, jemals sich zu gestatten, bei der Wahl agitation sür «inen Candidaten, welcher Partei, Religion oder Nationalität dieser auch angehören mag, sich auf seine geistliche Behörde, die grundsätzlich jeglichem politischen Wahlgetriebe sernsteht, zu berufen und sie zur Agitation zu mißbrauchen. Die geistliche Behörde verwehrt es Euch Priestern nicht, alle aus der verfossnngs- mäßigen, bürgerlichen Freiheit fließenden Rechte auszuüben zu Gunsten einer Sache, für die Ihr Euch im Gewissen ver pflichtet haltet, rinzutrrten; die geistliche Behörde jedoch hierbei als Deckmantel gebrauchen, ist in Rücksicht auf die ihr gebührende Achtung und auf ihre Autorität unangemessen. Jeden Verstoß gegen Liese Euch klar gezogene Grenze und vorgehaltene Verdaltungs- maßregel werde ich in Zukunft zu schwerer Verantwortung ziehen". Zur Sache selbst sei zunächst bemerkt, daß daS erzbischöf liche Rundschreiben aus dem Rechtfertigungsbriefe deS Pfarrers v. KrzesinSki den ihm bequemsten Passus aus dem Zusammen hang reißt, aber die vorangegangenen Sätze unterdrückt, die zweifellos darlegen, welche äußeren Vorgänge den Pfarrer genöthigt, der vorgesetzten geistlichen Behörde das Zeugniß auszustellen, daß sie sich neutral verhalten. Ferner ergiebt sich aus den Daten, daß der erste und mit so starken Aus drücken gewürzte erzbischöfliche UkaS gegen den Wabl- candidate« der deutschen Katholiken erlassen worden ist, ehe dieser Gelegenheit gehabt hat, sich über die thatsächlichen Vorgänge auch nur zu äußern, und daß somit das jetzt ver öffentlichte Rundschreiben d«S Erzbischofs an den KleruS auf den vergeblichen Versuch hinauSläuft, eine weder formell noch sachlich zu rechtfertigende erzbischöfliche Einwirkung in die Wahl nachträglich vor der Ocffentlichkeit in der Weise zu rechtfertigen, daß der ganze erzbischöfliche Verwaltungsapparat mit einem Pastorale in Bewegung gesetzt wird. Herr v. StablewSki wird mit diesem Schachzuge kein Glück haben. Wir wollen ihm bereitwillig daS Zeugniß ausstellen, daß ihn jetzt zum ersten Male in den langen Jahren seiner Diözesanverwaltung die Geschicklichkeit so völlig im Stich gelassen, mit der er bisher den äußeren Anschein deS national neutralen Bischofs Halbwegs zu wahren gewußt hat. Sein jetziger Schritt aber reißt die Hüllen unbarmherzig herunter. Gerade da», wa» der Probst v. KrzesinSki gesagt, bat der Erzbischof selbst al» die Quintessenz seiner politischen Auffassung gelegentlich auSgegeben, die Abwehr von Socialdemo kratie und Antisemitismus, freilich mit dem Unterschied, daß er nicht diese beiden „für fast identisch" zu erklären beliebte,sondern eS vorzog, mit beiden die politische Bethätigung im Deutsch- Ihum, insbesondere den Ostmarkenverein in Verbindung zu dringen. Deutlicher spricht die endlose Kette der Fälle, in denen die großpolnische Agitation sich hinter Kirche und KleruS verschanzte und nachher mit dem erzbischöflichen Segen gegen daS Deutschthum Hausire» gegangen ist; deutlicher spricht die Ihatsache, daß auch nicht ein Wort der Miß- billiaung bisher darüber vernehmbar geworden, daß der dem Probst v. KrzesinSki gegenüber stehende polnische Candidat über sein« deutschen Glaubensgenossen den gewerblichen Boycott verhängt nnd darüber das Banner der Jungfrau Maria als „Königin Polens" aufgepflanzt hat. Gleich der „Königin Polens" ist jetzt der polnische Primas dem großpolnischen Agitator zu Hilfe gekommen; als interrex regui kolonius ist der Erzbischof von Posen und Gnesen den bedrängten Seinen im Wahlkampf mit dem Schwerte der Kirche zur Seite getreten gegen den Vertrauens mann der deutschen Katholiken. Diese Tbatsachen werven eine dauernde Lebre sein: daß niemals wieder die preußische Regierung auf diesen Bischofssitz noch einmal einen National polen zuläßt. DaS Uebrige wird zunächst die Stichwahl zu erweisen haben. Leider ist der glückliche Ausfall dieser Stichwahl wieder etwas gefährdet worden durch den schon erwähnten Aufruf, den der Wahlausschuß der deutsch-socialen Reform - part ei für Meseritz-Bomst im „Mes. Localanz." an seine Gesinnungsgenossen im Wahlkreise erläßt. Er lautet: „Durch einen Wahlschwindel der gemeinsten Art sind wir bei der Reichstagswahl am 14. d. M. unterlegen. Der Bund dec Landwirthe hat am Tage vor der Wahl und am Wahltage selbst ein Flugblatt verbreiten lassen, welches die Lüge enthielt, unser Candidat Bruhn sei von der Candidatur zurück getreten; Las Flugblatt schloß mit den Worten: „Der alleinige Candidat ist infolge Lessen nunmehr Herr von Gers- dorff-Bauchwitz." Uns war es nicht mehr möglich, allent halben im Wahlkreise diesem Schwindel entgegenzutreten, infolge dessen haben diejenigen Landbezirke, die der conser- vativen Lüge Glauben schenkten, Herrn von Gersdorff gewählt. Ein Wahlrejulat, welches durch solche niederträchtige Lüge zu Stande gekommen ist, gereicht Herrn von Gersdorff und seiner Partei wahr lich nicht zur Ehre. Es muß deshalb unsere Ausgabe sein, bei der Stichwahl zu zeigen, daß wir solchem Wahljcbwindel gegenüber die richtige Antwort geben können, Pflicht unserer Parteigenossen ist es, am Tage der Stichwahl dem conservativen Candidaten von Gcrr- dorsf ihren Unwillen über das schwindelhafte Zustandekommen bei der Hauptwahl dadurch zum Ausdruck zu bringen, daß sie Herrn von Gersdorff ihre Stimme nicht geben." Wir hoffen indeß, daß nur Wenige von denen, an die dieser Ausruf sich richtet, sich von ihm verleiten lassen werden, auf die Seite deö polnischen Candidaten und seines erz bischöflichen ProteclorS zu treten. Und daS würde selbst durch Stimmenthaltung geschehen. Mögen auch die Ver breiter des betreffenden Flugblattes eines groben Schwindels sich schuldig gemacht haben — Was noch bestritten wird — jedenfalls handelt es sich nicht um ihre Wahl, sondern um die des Herrn v. Gersdorff, dessen Ehrenhaftigkeit von keiner Seile in Zweifel gezogen wird. Und cs handelt sich zugleich darum, den Wahlkreis für das Deutschthum zu retten. Und daß ein ausschlaggebender Theil der „deutsch"- focialen Resormparteiler des Wahlkreises eines Unwillens wegen, den Einzelne erregt haben, den Wahlkreis den Polen überliefern und zu diesem Zwecke hinter der Fahne des Erzbischofs von StablewSki herlaufcn werden — das zu glauben, können wlr uns vorläufig noch nicht entschließen. Die Wirren in China. Die Ermordung von Ketteler». * AuS Berlin, 19. November, wird uns depcschirt: Der „ReichSanzeiger" veröffentlicht einen Bericht des LegationSrathS v. Below aus Peking vom 25. Sep tember an den Gesandten Mumm v. Schwarzenstein über die Ermordung des Gesandten Freiherrn v. Kettele r. v. Below theilt hierin den bekannten Vorfall mit der Ubr des Freiherrn v. Ketteler mit, der zur Entdeckung deS Mörders geführt bat, dessen Vernehmung durch den Dolmetscher Cordes am 8. September und am 21. September erfolgte. Die Richtigkeit der Aussagen des Mörders, deS Mandschu- soldateu Enhai, sei zweifellos. Enhai habe sich als Mörder bekannt. Er habe auf höheren Befehl ge bandelt. Welcher Prinz ibm den Befehl gegeben habe, scheine Enhai wirklich nicht zu wissen, waS bei seiner untergeordneten militärischen Stellung begreiflich sei. Dem Berichte v. Below's sind Abschriften der Protokolle über die Vernehmung Enhai's beigefügt. In der Vernehmung am 8. September erklärte Enbai unter Anderm: Ai» 19. Juni Abends sei von einem unbekannten Prinzen in seinem Lager der Befehl ein getroffen: „Es ist Krieg. Wenn Ihr Fremde seht» schießt sie nieder!" Auf Befehl des Lagerhaupt- mannS Fuliany habe er, Enhai, dann 30 Mann nach einem Platze in der Nähe der Hotamen-Straße geführt und den ersten Schuß auf den Gesandten in der Sänfte abgefeuert. Der Gesandte sei hinten übergefallen und sofort tobt gewesen. Bei der zweiten Vernehmung am 21. September sagte Enhai unter Anderem noch, er bitte, da er doch sterben müsse, die Execution möglichst zu be schleunigen, und wiederholte, er wisse wirklich nicht, welcher Prinz den Befehl gegeben habe. Prinz Tschung sei Höchst» commandirender, Prinz Tuan Ches eine» Truppencorp« gewesen. Es sei nicht besonder» befohlen worden, auf einen Gesandten oder gar auf den deutschen Gesandten zu schießen; der Befehl hieß nur: „Schießt auf die Fremden!" Auch die Polizisten batten gewußt, daß auf Fremde geschossen werden sollte. Nachdem Enhai dann am 20. Juni Morgen» den töbtlichen Schuß auf den Freiherr» v. Ketteler abgefeuert habe, habe dieser noch einePatrone aus seinem Revolver abgefeuert und einige Worte gesagt, dann sei er todt hingefallea. Enhai habe dann de» Revolver uud die Uhr v. Ketteler'» an sich ge nommen, den Revolver aber an einen Commandanten ab geliefert. Die Leiche v. Ketteler'» sei zum Schutze gegen die wilden Soldaten Tung-fu-bsiang'S bewacht worden. von »er Kaiserin.Wtttwe Eine Pekinger Drabtmeldung der „Morn. Post" besagt der „Voss. Zlg." zufolge: Der Shanghaier Berichterstatter deS „Stand." trlegraphirt vom 17. November, Tschantschitung, der Vicekönig von Wuchang, sagt, die Kaiserin stehe jetzt gänzlich unter dcrControle Tung-fu-hsiangs. Daher dürste eine friedliche Lösung nicht eher erzielt werden, als bis die verbündeten Mächte die Bestrafung Tuan's durchgesetzt haben. Wenn Tung-fu-bsiang seine Drohung erfülle und die Rebellion anfache, würben die Vicekönige der Aangtseprovinzen sich wahrscheinlich verbinden, um die Rebellion zu unterdrücken und die Kaiserin befreien. Fran zösische Truppen befreiten die von den Boxern in Tschengtmgfu gefangen gehaltenen französischen Missionare. Expedition «ach Kalgan. Unter dem Commando des deutschen Obersten Grafen Jork v. Wartenburg ist am 11. d. M. eine Expedition von Peking nach Kalgan — nordwestlich der Hauptstadt — auf gebrochen. Der Hauptzweck dieses Unternehmens ist, der früheren, aus regulären chinesischen Truppen bestehenden Gar nison von Peking, die jetzt in Kalgan oder auf dem Wege dahin steht, an den Leib zu rücken, obwohl sic ihrer Stärke nach den Verbündeten mehrfach überlegen sein soll. Nebenbei sollen die in der nordwestlichen Umgebung von Peking seit längerer Zeit herumstreifenden Boxerbanden zersprengt und die bei Nankou gelegenen Ming-Gräbcr von den Verbündeten besetzt werden. Die Expedition ist folgendermaßen zusammengesetzt: Deu tsche: 1., 2., 4. Compagnie des 1. Regiments, die Jägercompagnie, 2. Schwadron, ein Zug Gebirgsartillerie; Oe st erreiche! : eine Compagnie Matrosen; Italiener: ein Bataillon Ver- saglieri, eine Gebirgsbatterie; im Ganzen also rund Gefechts-' stärke 1350 Infanterie-Gewehre, 200 Säbel, 8 Geschütze. Seit dem Entsätze von Peking wurde kein so schwieriges und ge fährliches Unternehmen eingeleitet, wie der in Rede stehende Vormarsch nach Kalgan. Der Weg dahin ist ungefähr 200 Kilo meter lang und führt durch schwieriges, an zwei Stellen döfilö- artig verengtes Gebirgsland. Bei der völlig ungeklärten Lage auf Feindesseite und dem Mangel einer Eisenbahn ist diese Expedition, deren Dauer auf drei Wochen angesetzt ist, mit mancherlei Fährlichkeiten verknüpft und wird jedenfalls mit Aufmerksamkeit verfolgt werden müssen. Sie erreichte (wie gemeldet) am 14. November Tschatou an der großen Maucr, ohne dort mit dem Feinde in Berührung zu kommen, der sich Tags zuvor zurückgezogen hatte. Vormarsch gegen den kaiserlichen Hof? In Uebereinstimmung mit dem soeben aus China nach London zurückgekehrten englischen Missionar Evan Morgan, welcher zwölf Jahre lang in Singanfu, der jetzigen chinesischen Residenz, thätig war, erklärte auch der dortige japanische Ge sandte, Baron Hajaschi, einen schnellen Vormarsch der Ver bündeten Truppen gegen Singanfu für nothwendig und verhältnißmäßig leicht ausführbar. Die augen blickliche Expedition nach Kalgan sei ein guter Anfang dazu; aber man dürfe sich dort nicht lange verweilen. Augenscheinlich bereite schon jetzt die Kaiserin-Wittwe ihren weiteren Rückzug nach der Hauptstadt der Provinz Szetschuan, der Stadt Tscheng- Tu-Fu, vor, denn Singanfu, wohin sie angeblich zurück zukehren beabsichtige, sei als Residenz aus vielen Gründen un geeignet. Einerseits sei die Provinz sehr arm, und andererseits sei die größtentheils muhamedanische Bevölkerung für die Mandschu-Dynastie wenig zuverlässig. Aber, sobald die inter nationalen Truppen Singanfu erreicht hätten, könnten sie auch einen weiteren 20tägigen Marsch bis Tscheng-Tu-Fu machen. Von dort noch weiter zu fliehen, sei für die Kaiserin unmöglich oder gleichbedeutend mit ihrer Abdankung. Das einzige Hinder niß auf diesem Wege nach dem Inneren sei der Tung-Kuan- Paß; aber auch hier würden die Chinesen schwerlich einen ernst haften Widerstand leisten. WalSersec'S angebliche Beschwerde. Die Meldung der „Agencc Havas", daß die Russen die Be wachung der Bahnstrecke Taku-Dangtsun (nicht Tangschan) auf geben und daß Graf Waldersee sich deswegen in Petersburg bei dem russischen Kriegsministerium beschwert habe, scheint der „Köln. Ztg." in dieser Form der Bestätigung bedürftig. Wenn von dem Generalfeldmarschall den russischen Militärbehörden der Auftrag ertheilt worden ist, diesen oder jenen Dienst zu übernehmen, so ist, meint das officiöse Blatt, es durchaus un wahrscheinlich, sowohl, daß der Auftrag die Besugniß des Ober- commandanten überschreitet, als auch, daß er russischerseits nicht ausgeführt wird. Es sei nicht russische Art, in solchen Fällen sich nicht zu fügen. Mißverständnisse mögen Vorkommen, und bei der verschiedenen Art der Befehlscrtheilung und Uebermitte- lung, wie sie in den verschiedenen Heeren üblich sind, seien sie sogar unvermeidlich, doch sei ihre befriedigende Erledigung in der gegenwärtigen Lage immer sicher. Tie Kämpfe in der Mandschurei. Der „Nowoje Wremja" wird auS Wladiwostok unter dem 15. d. M. berichtet: Auf der südlichen Strecke der mandschurischen Bahn haben die Chinesen die Babn- und die Telegrapbenlinie in einer Au-debnung von 300 Werst zerstört, alle Stationsgebäude verbrannt und eine große Anzahl Locomotiven und Wagen beschädigt. Der Gesammt- verlust beträgt gegen 10 Millionen Rubel. Die Ausbesserung der Bahnlinie dürfte 5000 Rubel pro Werst kosten. Der Krieg in Südafrika. Bom General Eronje und dem Leben der Gefangenen auf St. Helena wird in der „Now. Wremja" Folgendes mitgetheilt: „Nach zuverlässigen Nachrichten soll sich General Cronj« aus St. Helena in einem baufälligen Hause, in vier Zim mern mit seiner Frau, seinem Neffen, einem Feldcornet und Se kretär aufhalten. Cronje und den übrigen kriegsgefangenen Officieren und Soldaten wird recht ungenügende Nah rung zugethcilt: ein Pfund Fleisch und zwei Pfund Brod täg lich für Jeden. Obgleich die Lebensmittel frisch sind, so sind sie doch spärlich. Cronj« speist an einem rohen Brettertisch ohne Tischdecke und Servietten. Das Salz liegt einfach auf dem Tisch. Den 55 Officieren und über 2000 Soldaten fehlt es auf St. Helena vor Allem an guter Nahrung, besonders an guten Conserven. Außerdem leiden General Cronje und die Officiere Mangel an Wäsche, Kleidern und Schuhwerk. Die englische Regierung versorgt sie nicht mit diesen Sachen, da sie offenbar der Meinung ist, daß die Boerenofficiere bemittelt seien. Den Soldaten werden Dagegen Kleider und Schuhwerk gegeben, so daß die Officiere oft genöthigt sind, von den Sol daten Schuhwerk zu kaufen. Gelvsendungcn haben in diesem Falle keinen Zweck, da der Kommandant das Geld nur in kleinen Summen verabfolgt und jedesmal erst fragt, wozu cs verwandt wird. Die Räume, in denen Officiere und Soldaten unterge bracht sind, genügen ebenfalls nicht. Doch läßt sich das durch äußere Hilfe leider nicht ändern.. In einem für zwei Personen ausreichenden Zelt werden 4 Officiere und 12 Soldaten unter gebracht. Eine Ausnahme wurde nur für den einzigen russi schen Freiwilligen auf St. Helena Für st en Bagration Muchranski gemacht, dem ein besonderes Zelt eingeräumt wurde. Fürst N. G. Bagration Muchranski ist vor einigen Tagen nach Petersburg zurückgekehrt, nachdem er auf St. Helena sechs Monate und vier Tage zugebracht hatte, ohne daß er dabei übrigens Grund zu einer Beschwerde gehabt hätte. Seine Be freiung verdankt Fürst Bagration der Intervention einfluß reicher Persönlichkeiten in Europa." Auf Grund dieser Mittheilung hat sich in Petersburg ein Comit6 gebildet, das die auf St. Helena gefangen gehaltenen Officiere mit allem Erforderlichen versehen will. Deutsches Reich * Leipzig, 19. November. Der „Correspondent für Deutschlands Buchdrucker und Schriftgießer" ent hält unter „VerbandSnachrichten" an erster Stelle folgend: Erklärung: „Leipzig. Infolge ausgebrochener Differenzen mit dem Ge- sammtpersonale (Setzer, Drucker und Stereotypcure) ist die Druckerei der „Leipziger Volkszeitung" für Verbands Mitglieder bis aus Weiteres geschlossen. Tie Vertrauensleute Karl Engelbrecht Wilhelm Nilschke." Was nun? Die „Volksztg." wird doch hoffentlich nicht daS „Verbrechen" an der „Solidarität und Organisation der Arbeiter" begehen und Nicktverbändler anstelle«! Wir er warten auch zum Mindesten den Abdruck obiger Boykott erklärung, vielleicht mit dem hübschen Zusatz „Zuzug abzubalten". Oder sollte der „elende Unternebmergeist" jedes Gefühl sür Unparteilichkeit bereits in der socialdemo- kratischen „Volksztg." erstickt haben? Vor Allem aber wird doch die Redaction in eorporv erklären müssen, daß sie in Diensten des Verlages nicht weiter arbeiten können, da sie nicht Lust habe, Streikbrecherdienste zu leisten. Die Redaction hat cs ja an schönen Reden von der Gemeinschaft der „schwieligen Faust" und der „Kopf arbeit" nicht fehlen lassen; auch haben sich die bösen Bour- geois-Collegen über Mangel an persönlichen Angriffen nicht zu beklagen brauchen. Ilie 8a1tn! — Daß es die von ihren eigenen Arbeitern boycottirte „Leipziger Volkszeitung" im Uebrigen auch ferner noch wagen wird, bei jeder Differenz zwischen bürgerlichen Arbeitgebern und -Nehmern kritiklos die Partei der Letzteren zu nehmen und die Unternehmer zu be schimpfen, erscheint nnö ganz zweifellos. Zur näheren Cha- rakterifirunz eines solchen doppelzüngigen GebahrenS fehlt uns aber die Lust. * Leipzig, 19. November. Der Vorstand des Börsen- vereins der Deutschen Buchhändler zu Leipzig erläßt im „Börsenbl." folgende Bekanntmachung: Ter unterzeichnete Vorstand hält es für seine Pflicht, sich von Neuem amtlich darüber zu äußern, wie er sich zu den sogenannten Waarcnhäusern und Bazaren, zum Vertrieb buchhändlrrischer Artikel durch sie und zur Vermittelung der Lieferung an sie stellt. Soweit es sich bei den sogenannten Waarenhäusern um Unter nehmungen handelt, die ihrer Anlage und Einrichtung nach be- stimmt sind, durch Maffenabjatz bei geringem Verdienst im einzelnen Falle das Geschäft zu machen, hält es der Vorstand für nicht zweifelhaft, daß sie empfangene Bücher, Zeitschriften n. s. w. mit unzulässig hohem Rabatt abgeben und Laß sie deshalb solchen Buch handlungen gleichzuachten sind, denen der Bezug des Börsenblattes, dessen Benutzung zu Inseraten und die Benutzung aller Vereins anstalten und Einrichtungen zu versagen sind. Gegen Firmen, die für solche Waareuhäuser und Bazare Lieferungen buchhändlrrischer Artikel vermitteln, finden die Bestimmungen in 3 3 Ziffer 6 der Satzungen des Börsenvereins Anwendung. O. H. Berlin, 19. November. (Die Lösung der Wohnungsfrage in Berlin.) Am Donnerstag, den 22. d. Mts., wird die schon seit längerer Zeit erwartet« Debatte über vie Wohnungsnoth in der Stadtveroodneteu-Bersammlung stattfinden. Die Vorlage des Magistrates zur Linderung der Wohnungsnoth ist den Stadtverordneten bereits zugegangen. Was früher darüber verlautet«, war höchst unvollständig und traf den Kern der Sache nicht. Die Wohnungsnoth in Berlin dürfte auf verschiedene Ursachen zurückzuführen sein. Als eine dieser Ursachen wird man wie anderwärts einen gewissen Mangel an kleinen Wohnungen ansehen müssen. Während am 1. Januar 1899 noch 8446 Wohnungen in Berlin lrerstanden, waren es am 1. Januar 1900 nur noch 3220; der Rückgang an leeren Woh nungen ist in stärkerem Maße bei den kleinen als bei den mitt leren und den größeren Wohnungen eingetreten. Gegenwärtig ist auf Grund der von den städtischen Behörden vor längerer Zeit gefaßten Beschlüsse in Verbindung mit der am 1. December d. I. stattfindenden Volkszählung die Aufnahme einer Woh nungsstatistik in Berlin und in den Vororten im Gauge. Das dabei gewonnene Material wird alsbald bearbeitet werden und demnächst «ine klare Ueberficht über die Wohnungsverhältnisse Berlins und seiner Bororte gewähren. Indessen sind die schon jetzt feststehenden Thatsachen ausreichead gewesen, um dem Magistrat« di« Frage nahezulegen, ob untd wie weit die Stadtverwaltung zur Beseitigung des gegenwärtig vor handenen Mangels an kleinen Wohnungen beitragen kann. Der Magistrat weist es grundsätzlich ab, daß di« Stadtgemeind« als Unternehmerin bei Errichtung und Bermiethung von Woh nungen auftritt, weil er davon ausgeht, daß «in derartige» Un ternehmen aus dem Rahmen der der Stadtgemeinde regelmäßig obliegenden Aufgaben herausfallen würde. Dagegen hat der Magistrat geglaubt, alle diejenigen Maßregeln ergreifen zu «üs«
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