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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 18.07.1901
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1901-07-18
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-19010718029
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1901071802
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1901071802
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1901
- Monat1901-07
- Tag1901-07-18
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„angemessene Erhöhung", die ein bayerischer Ministerial beamter im LandwirthscbaftSratb, der im Uebrigen nichts Näheres mittbcilcn zu können erklärte, als daS Ziel seiner Negierung bezeichnete. In Bayern, Württemberg und Baden sind die Negierungen geradezu mit ihrer Ebre engazirt, sie baden, wie übrigens auch Graf Bülow, bestimmt anerkannt, daß die bestellenden Getreidezölle den Weltprcisverhältnissen nicht angemessen sind. Tie Notbwendigkeit, die Land- wirthschaft besser zu schützen, hat sich gerade in neuester Zeit mit größter Klarheit herauSgestellt: trotz schlechter deutscher Erntcaussichten sind die Getreidepreise wenig oder gar nicht gestiegen. Auf der anderen Seite kann nunmehr kein Verständiger darauf rechnen, auch nur die Südstaaten würden die Rücksicht auf die Industrie und die Arbeiterschaft hintansetzen, bloS um die von Agitatoren künstlich über die Gebühr begehrlich gemachten bäuerlichen Wähler bei guter Laune zu halten. Wir glauben nickt, daß daS Nördlinger Ultimatum den Freiherren v. Crailsheim und v. Feilitzsch imponirt und wir glauben noch weniger, daß sich diese Herren durch die Neve des Frhrn. v. Soven-Fraunhofen, der im Landwirthschaflsratbe an, schärfsten, um nicht zu sagen am wildesten gegen die Negierung loSzog, ins Bockshorn haben jagen lassen. Frhr. v. Soden ist zwar CentrumS- mitglied, aber in Bayern hat das Centrum, obwohl es die Mehrheit in der Kammer besitzt, gemeiniglich weniger zu sagen als in Preußen. Beiläufig bemerkt: die bayerische Regierung vertritt, wenn sie sich übertriebener agrarischer Zumuthung erwehrt, nickt nur, wie selbstverständlich, die Meinung und den Willen des Prinz-Regenten, sie bat auch einen Rückhalt am Prinzen Ludwig, der selten eine Gelegenheit vorüber gehen läßt, um die paritätische Behandlung von Landwirth- sckaft und Industrie als Slaatsnotbwendigkeit und als sein Programm zu proclamircn. ES ist in der Thal Zeit für die Landwirlhe, sich den extremen Einflüssen zu entziehen. Denn, wie vom BundcSrathe, so kann auch vom Reichs tage , obwohl dieser gleichfalls eine Mehrbeit für die Erweiterung des landwirthschastlicken ZvllschutzeS auf weist, ein lediglich auf Popularität bei der landwirth- schafttreibenden Bevölkerung berechneter Beschluß nicht er wartet werden. Es ist zwar nicht zu bezweifeln, daß die giftigen Angriffe der „Germania" auf den Bund der Land- wirthe, von denen wir eine Probe gegeben — in einem anderen Erguß gebraucht sogar daS CentrumS- blatt den Ausdruck „entscheidende Kreise" im höhni schen Sinne —, parteipolitischen Concurrenzrücksichlen ihr Dasein verdanken, aber das Centrum würde eine solche Sprache nicht wagen, wüßte eS nicht, daß eS bei der end- giltigen Entscheidung der Zollfragen einen mittleren Weg einscklagen muß und, ohne empfindliche Einbußen an der Anhängerschaft zu erfahren, einschlagen darf. Jetzt wird nun noch eine weitere süddeutsche Meldung über die Höhe der in Aussicht genommenen Zollsätze verbreitet: Der Stuttgarter „Beobachter" erhält von einem Gewährsmann, „an dessen Zuverlässigkeit nicht zu zweifeln ist", Mittheilungen über die Gestaltung des Zolltarifs, wonach für die Getreidezölle durch Bindung der Zollsätze nach unten eine Art Doppeltarif geschaffen werden solle. Es seien in Aussicht genommen: für Roggen 6 ./l, Weizen 6,50 ./l, Hafer 6 Bei Handelsverträgen soll für Roggen nicht unter 5 Weizen 5,50 Ni, Gerste 3 ^il, Hafer 5 ./L festgesetzt werden. Außerdem sollen Zollerhöhungen angejetzt werden für Stiere und Kühe 25 ^i, für Jungvieh 15 ^li pro Stück, für Schweine 10 ./L für den Doppelcentner, Gänse 70 Fleisch und Speck 30 und 35 pro Doppelcentner, Wurst 45 ^l, Butter und Käse 30 -Ni, Eier 6 Diese Mittheilungen des Stuttgarter „Beobachter-" klingen sensationell, sie dürsten aber eiueS gewissen soliden Unter grundes nicht enthehren. Für die absolute Richtigkeit der Zollsätze im autonomen und im VertragSlarif, so schreibt man uns dazu aus Berlin, wird sich nicht leicht Jemand außer dem „Beobachter" verbürgen wollen, aber da» Wesentliche scheint richtig zu sein. Und falsch war es auch nicht, wenn dieser Tage in der Presse behauptet wurde, eS fänden mit Oesterreich-Ungarn, Italien und der Schweiz erfolgversprechende Verhandlungen über neue Handelsverträge auf der Grundlage der Berücksichtigung verständiger deutsch - landwirthschaftlicher Wünsche statt. Nur bedarf die letztere Nachricht einer wichtigen Ergänzung. Zu Rußland steht Deutschland zur Zeit handelspolitisch nickt anders als zu Oesterreich und die Ankündigung einer Reise des Grasen Bülow nach Petersburg soll nichts Anderes als der falsche publicistische Nieder schlag der begründeten Auffassung gewesen sein, daß aus ein neues Handelsabkommen mit dem östlichen Nachbar reiche und zwar natürlich auch unter Berücksichtigung der Bedürfnisse der deutschen landwirthschaftlichen Production gerechnet werden darf. Siner Lügenfabrik von sogenannten Hunnenbrtefe« sind die Behörden auf die Spur gekommen. Wenn auch jeder Einsichtige sich sein Urtheil über die Glaubwürdigkeit solcher Briefe längst gebildet haben wird, so verdient doch da- nach stehende Vorkommniß, als ein bezeichnender Beitrag zu diesem Capitel, der Oeffentlichkeit nicht vorenthalten zu werden. Die „Berliner Correspondenz" berichtet: Gelegentlich der Ermittelungen über die Urheberschaft eines in der deutschen Presse veröffentlichten Briefes hat ein zur Unter- officierclasse zählender Angehöriger des Ostasiatischen Ex- peditionScorps bei seiner verantwortlichen Verneh mung durch den GerichtSofficier ausgesagt, ein Handlungsgehilfe B. hätte ungefähr Mitte Februar d. I. ein Packet Briefe, in Couverts mit vollständigen Adressen und der Ortsangabe Peking versehen, aus Luzern an ihn gesandt und ihn im Anschreiben gebeten, die Briefe an ihre Adressen — seineVerwandten undFreunde — von Peking au- ab zusenden. Er habe dem B. damals auf offener Postkarte an- heimgestcllt, selbst nach China zu kommen und die Briefe selbst abzusenden, und, da ihm die Angelegenheit ohne be sonderen Werth erschien, von einer Meldung an seinen Vor gesetzten abgesehen. Seinem Empfinden nach wollte B. bei seinen Angehörigen den Glauben seiner persönlichen An wesenheit in China erwecken. Die fraglichen Briefe — sieben an der Zahl — sind inzwischen an die heimathliche Behörde gelangt; aus ihnen einige Proben: „ . . . Hier wird Tag und Nacht gemordet und gebrannt. . . . Wenn eS gelingt, so werde ich desertiren Euer Stiefsohn." „Werthe Freunde! .... Wollte ich von den Mordthaten erzählen, waS ich gesehen, die Feder würde sich sträuben . . . ." „Werthe Verwandte! .... so wüßte ich nur von Mordthaten zu schreiben .. i» Sobald ich kann, werde ich über Nacht zu entrinnen suche« . ... Werde viel Chinageld Heimbringen . . . ." groß, ich kann ihm nicht mehr zürnen. Seine Hand heilt die Wunden, die sie geschlagen. Nun bittet mit mir zu Gott, theure Eltern, daß mir das Werk gelinge. Es ist ein schweres Werk. Wohl ist es mir, als müsse es mir glücken, als fühle ich die Schwingen meiner Kunst sich entfalten, wie nie vorher. Aber Andere werden mit mir arbeiten, denen die Freiheit auch ein hohes Gut ist, wenn sie auch nicht so Vieles zu erringen haben als ich. Wohlan, ich will den Preis er werben, nicht um meinetwillen allein, sondern weil ich weiß, daß mein eignes Schicksal entscheidend sein wird für das meiner Gefährten. Ich will alle meine Kraft zusammen nehmen, und ich danke Gott, daß sie noch nicht gebrochen ist. Ich will Tag und Nacht arbeiten und das Schönste ersinnen, was meine Kraft zu schaffen weiß. Es ist mir, als würde ich von der Luft ge tragen. Schon jetzt schweben mir die schönsten Entwürfe vor — es ist, als ob sie, erlöst von dem bösen Zauber, freudig aus ihrem langen Schlafe erwachten und mir freundlich zuwinkten. Ich will die schönste aller meiner Ideen bitten, sich vor meinen Augen zu verkörpern. So lebt denn wohl! Alles Andere, was ich zu schreiben habe, laste ich für heute. Vielleicht kann ich in zwei Monaten mit Rein hold zu Euch eilen. In diesen Worten liegt Alles, was ich jetzt nicht niederzuschreiben weiß. Ihr werdet 'in der nächsten Zeit wenig Nachricht von mir erhalten. Meine Seele wird bei meinem Worte sein, und damit auch bei Euch. Gebt Euren Segen Eurer glücklichen Tochter." Der zweite Brief Sophie'» war in den letzten Tagen des April geschrieben. „Theure Eltern! Gestern ist die letzte der Vasen fertig ge worden. die dem Könige zur Prüfung vorgezeigt worden sollen. Die meinige war schon vor einigen Tagen beendet. Heute ist der sechste Tag, an welchem der König, welcher eigens zu diesem Zwecke von Potsdam herübertommt, di« Vasen in einem Zimmer der Manufaktur besichtigen wird. Graf Lanisko, der bei der Prüfung zugegen ist, hat mir versprochen, mich von der Ent scheidung in Kenntniß zu sehen. Ihr begreift, wie es mir ums Herz ist. Reinhold ist bei mir. Er hat seit einiger Zeit di« Er- laubniß, mich zu besuchen. Ich habe mich hingesetzt, um an Euch zu schreiben und damit meine Unruhe ein tranig zu bannen. Verzeiht mir, daß ich Euch so lange keine Nachvicht gegeben. Es war mir nicht möglich. Alle meine Gedanken waren bei meinem Werke. Nie ist mir «ine Arbeit süßer und zugleich schwerer ge wesen, denn nie genügte ich mir selbst. K«in« Zeichnung erschien mir edel und geschmackvoll, kein« Faübe fein genug; stets änderte ich im Geist oder mit der Hand, bemüht, ein Kunstwerk zu schaffen, das mit gewinnender, vollkommen befriedigender Har ¬ monie des Ganzen die reichste Ausschmückung und di« größte Mannigfaltigkeit mit einander in Einklang stehender Einzelheiten verbände. Viel Freundliches ist mir darüber von Herrn Krause, dem Jnsprctor und den Künstlern gesagt worden. Meine Ge fährten behaupten, ihre Bewerbung s«i nur noch eine Form, ich müsse doch den Preis erringen. Aber das machte mich nicht lässiger, feuerte mich nur noch mehr an. Ich erinnerte mich des Schönsten, was ich in Dresden gesehen, und sagte mir immer, daß ich wetteifern müßte mit den größten Künstlern des Alterchums und der neuen Zeit. Die Mutter des jungen Grafen unterstützte mich mit ihrem Rath« und den Eingebungen ihres feinen Ge schmackes. Der Gras hatte mich zu ihr geführt, und ich habe si< seitdem in jeder Woche ein oder zwei Abende besuchen dürfen. Dort, in Reinhold's Gegenwart, wurden meine Entwürfe geprüft, verändert, verbessert. Werke mit schönen Zeichnungen nach älteren und neueren Meistern, die Reinhold und der Graf un ermüdlich herbei schafften, wurden zu Rathe gezogen. Nun, in einer Stunde muß es sich entscheiden, ob mein« Müh« unid die edle Unterstützung meiner Freunde vergeblich gewesen sind, oder ob das schwer« Werk von Erfolg gekrönt werden wird. Ich habe ge- than, was ich konnte. Besseres hätte ich nicht schaffen können, wenn ein hilfreicher Genius selbst mein« Hand geleitet. Es ist mir, als hätte ich mich erschöpft, als könnte ich gar nichts Anderes mehr schaffen. Gestern war ich fast krank. Aber Reinhold tröstet mich. Er sagt, er habe oft ein ähnkiches Gefühl nach jeder größeren vollendeten Arbeit. Welch' edles Paar bilden diese Mutter und ihr Sohn! Das ist wahrer Adel, wie man ihn sich im Ideal geträumt hat — hohe Bildung, der feinste Geschmack, die edelsten Umgangsformen und erhabenen Anschauungen, verbunden mit wahrer HerzenSgüt«, wohthuender Wärme des Gefühls, der regsten Theilnahme für alles Gute, einem stets zur Hilf« bereiten Geist. Hier habe ich zum ersten Male verstehen gelernt, was man sich von dem Um gänge der großen italienischen Fürsten mit den ausgezeichneten Meistern ihrer Zeit erzählt. Hier begreife ich, wie edle Ge sinnungen und Anschauungen sich ergänzen mit den Werken der Schönheit. Reinhold, sonst. Wie Ihr wißt, kein Freund der Gönnerschaft und der oft erheuchelten Liebe zur Kunst, di« leider meist nur ein« vornehme Art von Befriedigung der Eitelkeit ist, spricht mit Verehrung von der Gräfin und ihrem Sohne, hört achtsam auf ihr« Worte und dankt ihnen in herzlicher Aufrichtig- leit für ihr Wohlwollen, das in di« edelsten Formen gkleidet ist und wahr« Liebe und Verehrung des Schönen athmet. In diesem Kreise hab« ich meine Kunst, di« ich als Spielzeug für die müßigen Stunden der Hohen in den letzten Jahren fast gehaßt, rviäe» Mend-Ausgabe Donnerstag den 18. Juli 1901 Fenrlletsn. »r» MM S S o s o o o 5 «o «00 soo 1500 soo «rdotmm l i >>>, krov., ^risäriet» ua »»«1» d. dick. ine—»tu Huna—, VlUt» 148,75 IIS^IO 151,— 13»,— IIS,— 82,— IS1HO SI ¬ MS,— IIS,SO 146,— 180^5 85O0 SS,— 32^0 130,— 100,— 62,— ISS,so IIS,so VS,25 200,— 167,— I40H0 146,10 Politische Tagesschau. * Leipzig, 18. Juli. In dem bayerisch-schwäbischen Städtchen Nördlingen fand, wie schon berichtet, in der verflossenen Woche eine Ver sammlung von Landwirtben statt, in der der bekannte „Bauer Lutz" ans Heidenheim sich über die ihm nölhig erscheinende Höhe der ÄctrctöezöUe vernehmen ließ. Er berichtete, „von einem einflußreichen Führer einer einflußreichen Partei" ge hört zu haben, «S sei ein Zoll von 6 .F für Weizen, ein solcher von 5 .L für Roggen in Aussicht genommen, während Hafer und Gerste mit 4>/r geschützt werden sollten. Herr Lutz war bekanntlich früher Mitglied der konservativen RcichstagSfraction, so baß die Parteizugehörig keit seines „einflußreichen" Gewährsmannes sich leicht erralhen läßt. Ob auch die Kritik, die der schwäbische Landwirth, der aber, beiläufig bemerkt, im Hauptamt Buudesagitator, hierauf Bierbrauer und dann erst Bauer ist, an den angegebenen Zollsätzen übte, auf seine Fühlung mit der conservativen Neicksragsfraction zurückzuführcn ist, steht dahin. Er fand den Getreidebau zu gedachtem Satze „viel zu niedrig" und ver langte „wenigstens 7 für alle vier Getreidearten". Wir sehen davon ab, daß ein alternativer Minimal- oderMaximal- satz ein Unding ist, obwohl man von Leuten, die sich als Vertreter der Landwirthsckaft aufspielen und für jede von der ihrigen abweichende Willensmeinung entweder Eigensucht oder Un- kenntniß oder Tborheit verantwortlich machen, eigentlich ver langen könnte, daß sie richtig zu denken vermögen. Aber 7 oder 7i/z^7, die Forderung ist exorbitant und unerfüllbar. Herr Lutz will zwar nickt mehr als früher an anderen Orten Andere, selbst rheinische Anhänger der Centrumspartci, als die unterste zulässige Grenze bezeichnet haben. Jedoch, mit jedem Tage, der uns der großen und schweren Entscheidung des Getreidezollsestsctzung näher bringt, sollte die Besonnenheit der Wortführer der Landwirlhschajt wachsen. Die Zeit, wo die „Kuhhandel"-Maxime, „möglichst viel fordern, um möglichst viel zu erlangen", vielleicht angebracht gewesen sein mag, ist jedenfalls seit der Mimsterconferenz vom 4. Juni vorbei. Die Landwirthschaft sollte vermeiden, auch nur in der Agitation den Bogen allzu straff zu spannen, denn die einer beträchtlichen Erhöhung sehr günstige Stimmung ist neuerdings ganz unverkennbar abgeflaut, und eS giebt bekanntlich auch in der Politik Imponderabilien. Uebrigens ist der Rückgang der Industrie ein sehr wägbares und gewichtiges Moment, wo cs sich um Abweisung des Verlangens nach Verdoppelung der Zollbelastung von Brod- srücktcn handelt. Etwas sehr Reales ist ferner die Auf fassung der süddeutschen Negierungen, von der im bayerischen LandwirthschaftSrath die Rede war. Der Bericht darüber ist leider knapp, aber es geht aus ihm doch mit Sicherheit hervor, daß weder Württemberg und Baden, »och das gern als „über wiegender Agrarstaat" bezeichnete Bayern sich an einen Punct drängen lassen werden, der dem von Herrn Lutz be zeichneten nahe liegt. UebrigenS haben die Redner im bayerischen Landwirlhschaftsrath geflissentlich Scherze getrieben. Von einem völligen Umschwung fett der Ministerconferenz ist keine Rede, noch weniger liegt die Sacke so, baß eS anders denn als Hohn aufgefaßt werden kann, wenn der Freiherr v. Thüngen dem Landwirlhschaftsrath die Sorge ausredete, Bayern werde für eine Erniedrigung der Getreivezölle eintretcn! Alle drei Südstaatcn, dazu Hessen (und jeden falls auch Sachsen), sind mit Preußen für eine - AL ^anäoa»r la kar marbbor. Neu» titi Die verhiingnißvolle Inschrift. Roman von A. W. Kahle. Nachdruck verboten. Demoistlle", sagte er zu mir, „Ihr Schicksal ist in Ihre eigene Hand gegeben, und nach dem, was ich von dem Herrn Jnspector gehört, zweifle ich nicht daran, daß dieser Hand die Kraft und Fähigkeit zurückgekehrt ist, das Schönste zu schaffen und die Bedingung, die der König stellt, zu erfüllen. Am ver gangenen Dienstag erschien der König im Salon meiner Mutter. Nichts hatte mir bis dahin verrathen, daß er von meinen Aeußerungen Kunde erhalten und meine Petition zu Ihren Gunsten berücksichtigt. Mein Freund Altenberg war zu gegen. Der König unterhielt sich huldreich mit meiner Mutter, Altenberg und mir. Wir sprachen über französische Zustände, als der König sich plötzlich — und wie ich aus dem Folgenden errathen konnte, absichtlich — an Altenberg wandte und ihn fragte, ob sein Freund Wedgewood keine Copie von der schönen Vase besitze, die unter dem Namen der Barberini'schen oder der Portland-Vase bekannt ist und sich jetzt im britischen Museum befindet. Altenberg antwortete, daß Wedgewood allerdings eine Copie habe anfertigen lassen, die so schön sei, daß man sie von dem Original kaum zu unterscheiden vermöge. Er fügte Vieles zum Lobe dieser Vase hinzu. — Nun, sagte darauf der König, noch besitze ich eine ähnliche Vase nicht, aber ich hoffe sie zu erhalten, und zwar durch die eigenen Mittel, die mir zu Gebote stehen. In einigen Monaten denke ich Ihnen eine Vase zeigen zu können, die mit der von Portland wett» eifern kann und die ich die Preußische Vase nennen will. Sie sehen mich ungläubig an, Monsieur Altenberg? Möglich, daß ich mich irre! Wir werden sehen! Es giebt in meiner Por- zellan-Manufactur — und bei diesen Worten richtete sich das Auge des Königs scharf auf mich — eine Künstlerin, von der ich sehr schöne frühere Arbeiten gesehen habe. Sie ist eine Kriegsgefangene. Folglich muß sie ihre Freiheit dem Sieger abkaufen. Sie soll frei sein, wenn sie sich nicht mehr schwäch lich der Trauer über ihr Schicksal hingiebt, sondern die Kraft in sich findet, Werke zu schaffen, die ihren früheren ähnlich sind. Sie sehen, Messiers, ich schätze die Kunst gleich dem Golde. Ein schönes Werk soll das Lösegeld der jungen Künstlerin sein. Die Freunde derselben, ja sie selbst, werden es wohl in der Ordnung finden, daß man Kriegsbeute nicht ohne Entschädigung herauSgiebt und im Uebrigen muß man Der Krieg in Südafrika. Keine AriedenSverhandlunge». Ueber die in englischen Blättern verbreiteten Meldungen von einer Erneuerung der Friedensverhandlungen zwischen Kitchener und Botha ist in den Brüsseler Transvaaltreisen nichts be kannt. Man erklärt dazu, daß die betreffenden Meldungen nicht den geringsten Grad von Wahrscheinlichkeit für sich haben. Neuer englischer FelözugSpla». „Daily News" behaupteten, auch „Daily Mail", daß ein großer Theil der Infanterie vom Kriegsschauplätze in Süd afrika zurückgezogen werden soll. Es handelt sich angeblich um einen Plan Lord Kitchener's für den kommenden Sommerfeld zug. Darnach sollen 70 000 Mann — darunter 30 Miliz bataillone, die gesammte Garde, alle 10 von Indien gestellten Linienbataillone, verschieden^ Batterien reitender und Feld artillerie, eine große Anzahl Ueomanry, Pioniere u. s. w. — im Herbst zurückkehren. Lord Kitchener werde SO 000 Berittene in drei Detachements zur beständigen Verfolgung der drei haupt sächlichsten Boerencommandos verwenden. Die Operationen würden so anstrengend sein, daß nur im Kriege bereits schon einmal erprobte Officiere und Mannschaften verwandt werden würden. An ein Aufgeben eines Theiles der Verbindungs linien werde nicht gedacht. Neben starken Jnfanterieposten an Knotenpunkten und strategischen Puncten werde ein vollständiger Cordon von Jnfanterieposten die Bahnlinien schützen. Man hoffe, daß in Folge dieser Maßregeln der größte Theil der Civilbevölkerung der neuen Colonien Ende October in ihre Häuser zurückgekehrt sein werde. — Von diesen Mittheilungen hat der Kriegsminister Brodrick gestern im Unterhause gesagt, daß sie „nicht auf amtlicher Grundlage beruhen und ganz un genau" seien. Ein eigentliches Dementi ist das nun sicherlich nicht. Im englischen Oberhause theilte Lord Raglan vorgestern mit, daß sich jetzt in den sogenannten Flüchtlingslagern über 80 000 Männer, Frauen und Kinder befinden, und von diesen sind allein im Monat Juni 777 Personen gestorben, d. h. im Durchschnitt 114 von 1000! In demselben Zeitraum sind von 220 000 englischen Soldaten nur 467 Mann — einschließ lich der Verluste bei Gefechten u. s. w. — gestorben. Tie Barren ohne LanitätS-Hilfe. Von General Botha ist bei dem Präsidenten Krüger ein neuer und eindringlicher Appell eingetroffen, man möge doch den im Felde stehenden Boeren noch einige Aerzte, Kranken pfleger und vor Allem alle Arten von Verbandzeug und Arzneien übersenden. Das Holländische Rothe Kreuz wird die An gelegenheit dem Centralvmitö des Rothen Kreuzes zu Bern unterbreiten. In gleicher Weise sind neuerdings aus dem Lager der Boeren-Gefangenen auf Ceylon in Brüssel Briefe anaelangt, welche die englische Censur umgangen haben und den Gesund heitszustand der dortigen Gefangenen in den schwärzesten Farben schildern. * London, 17. Juli. Nach amtlicher Meldung sind in einem Gefecht, welches am 14. d. Mts. 24 Meilen von Nliwal North entfernt statsiand, auf englischer Seite 7 Mann gefallen, 3 Officiere und 17 Mann wurden verwundet. dem Könige gehorchen. —- Die letzten Worte betonte er schärfer und wandte sich einer anderen Gruppe zu. Einen Moment er schrak ich, mehr weil ich meine Mutter erbleichen sah, als weil ich für mich selbst fürchtete. Im nächsten Augenblick aber sagte ich mir, daß der König nicht in dieser Weise gesprochen haben würde, wenn er mir zürne, und als ich ihn zehn Minuten später freundlich voll meiner Mutter Abschied nehmen sah, war ich vollkommen beruhigt. Gestern nun, Demoisclle, nach der Parade in Potsdam, sagte mir der König, ich könne mir die Antwort auf die Petition in Sanssouci selbst holen. Ich eilte sogleich dorthin. Der König empfing mich in seinem Arbeits zimmer. Er war ernst, aber nicht ungnädig. — Laniska, sagte er, ich kenne Sie von Jugend auf. Wäre dies nicht der Fall, so würde ich die Worte, die Sie in der Manufactur ge sprochen und die mir hinterbracht worden sind, übel deuten. Soeben weiß ich, daß sie nur der Ausbruch einer augenblicklichen Leidenschaft gewesen sind, die ich bei einem jungen Manne be greife, die ich jedoch rügen muß. Ich hoffe, daß Sie mir im Uebrigen ein gehorsamer Unterthan sein werden. Die Sache ist vergessen. Hier ist die Petition. Meine Antwort darauf wird Ihnen zeigen, daß ich da, wo es sich, wie in diesem Falle, nicht um Gerechtigkeit, sondern um Gnade handelt, auch Gnade zu üben weiß. — Ich dankte ihm und entfernte mich in höchster Freude. Lesen Sie selbst die eigenhändige Resolution des Königs, Demoisclle. Ich lasse sie in Ihren Händen, da sie für Sie das höchste Interesse haben muß." Zitternd vor Erregung nahm ich das Schriftstück und las langsam in der für mich schwer zu entziffernden Handschrift des Königs die folgenden Worte, die ich Euch mittheile: „Wer von den Künstlern in der Porzellan-Manufactur zu Berlin cks dato in zwei Monaten die schönste Vase fertigen wird, kann sich verheiratben oder nach Belieben nicht verbeirathen und zu jeder Zeit nach Sachsen zurückkehren. Wer sich lieber in Berlin festsctzen will, erhält eine entsprechende Belohnung. Der Name dessen, der den Preis davonträgt, wird auf die Base geschrieben, welche von dem Augenblick an die Preußische Vase gxnannt werden soll. Friedrich." Ich war unfähig, ein Wort zu erwidern. Das Herz schlug mir so mächtig, daß ich fürchtete, ohnmächtig zu werden. Ich hörte nur, wie im Traume, daß der Graf mir freundlich zu sprach, daß er sagte, ich sollte seine Mutter kennen lernen und meinen Bräutigam Wiedersehen. Dann hatte er das Zimmer verlassen. Das ist die Nachricht, die ich Euch zu senden habe. Jubelt mit mir, geliebte Eltern. Mein Glück ist in meine eigene Hand gelegt — o, wie viel seliger ist das, als wenn ich meine Frei heit einem Gnaden-Act zu danken hätte! Ja, dieser König ist VezugS-Prei- t» der Haa-texpadttto» oder den t» Stadt» bezirk und deu Bororten errichtete» Aus gabestellen abgeholt: vtertrljährUch 4.50, bet zweimaliger täglicher Zustellung tn» HanZ b.kv. Durch die Post bezogen für Deutschland u. Oesterreich: vierteljährl. S. Ma» aboautrt ferner mit entsprechendem Postaufschlag bet deu Postanstalten in der Schweiz Italien, Belgien, Holland, Luxem- dura, Dänemark, Schweden und Norwegen, Rußland, den Donaustaaten, der Europäischen Türket, Tgypte«. Für alle übrigen Staaten ist der Bezug nur uuter Kreuzband durch die Expevition diese» Blatte» möglich. Die Morgeu-AuSgab« erscheint um '/,? Uhr, di« Abeud-AuSgabe Wochentag« um d Uhr. Lrdactio« und Expedition: IvhauuUgaffe 8. Filialen: Alfred Bahn vorn». O. Klemm'» Sortim. UmversitätSstraße 3 (Paultoum), Louis Lösche, Aatharineustr. Ich parr. »ad Kä»ig»Platz 7. 85,05 . 2Ich45 , 213,45 '. 8chI5 216,— 31»°/° U 287,50 > soau 186,30 51,25 181,40 286,— 162^0 151,— 153 — 147,75 118,80 II3I5 ) la <ior alatioa»- 88^0 88.75 SS,50 101,80 83.75 83.75 80^0 58^0 . 102,80 » 70,80 " 1S,27>S 102,10 104,50. 10«.— 102.75 28.75 150,25 IOIHO 118.75 8«,75 83,80 8H— 81,— 172,50 MMer TaMM Anzeiger. Ämtsvlatt des königlichen Land- und Amtsgerichtes Leipzig, des Mathes und Nolizei-Ämtes der Ltadt Leipzig. 1 Lrlek 25 3700 >0 3500 15600 io 4125 io 3250 !5 275 10200 I5I00 >0 IO 10000 ii^eo 2700 2625 3800 >0 525 .0 1325 2400 500 lS 1200 >0 1875 o 1750 o 14400 1200 500 >0 1650 -5 W75 !5 1475 70 18000 O 1100 0 2750 2S0 I2I00 140 Anzeigen-Pret- die 6 gespaltene Petitzeile LS Reklamen uuter dem Redactiou»strich s« gespalten) 7b vor den Famtltenuach» richten (6 gespalten) bv H. Tabellarischer und Ziffernsatz entsprechend höher. — Brbührrn für Nachweisungen und Offertenannahm« 25 H (excl. Porto). Grtra-Beilagen (gesalzt), nur mit der Morgeu-Ausgabr, ohne Postbesörderuug SO—, mit Postbesörderuug ^l 70.—, Innahmeschlnß für Anzeigen: Abrnd-AuSgabe: Bormittags 10 Uhr. Morgea-Ausgab«: Nachmittag» 4 Uhr. Lei deu Filialen und Aunahmestelleu je ein« halbe Stunde früher. Anzeigen sind stet» an die Expedition zu richten. Die Expedition ist Wochentag» uuuuterbroch« gröffne» von früh 8 bi» Abend» 7 Uhr. Druck uud Verlag von L. Polz tu Lei-zltz. 95. Jahrgang.
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