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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 16.09.1901
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1901-09-16
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-19010916016
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1901091601
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1901091601
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1901
- Monat1901-09
- Tag1901-09-16
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Morgen-Ausgabe 1OS,1O »6,75 Druck mrd Verlag von L. -olz t» Letpzt^ ULir 95. Jahrgang Nr. 472 Montag den 16. September 1901 Di« einzige politische sir «d tu». »»cd 6«r«t> OS/S) d» lk»W tkorle 2> SroMd—4 n»cU »78 1200 1800 7SV 28 3425 14400 «78 3800 28 10200 13800 V750 118«» 2S2L 2880 4178 428 1360 2300 188 1378 1880 1825 13800 1100 478 2100 1878 25 18000 »80 2800 200 11800 200 3380 3800 14200 4780 ^10 10000 13*00 7480 In rl loz^lt «zu» l (VllvU» 0,1.21 «uel»» VM). « . «v »rdi kleinen Gemeinden die Mittel der Er- Die Protestanten aber, die sich daran Erblanden nur in Dresden, Leipzig katholischen Geistlichen zu wissen, be- es, als das apostolische Vicariat zu 2100 2050 1600 10 S30 sich ohne die Julius- Haben dürfte, so aber 163.80 48,25 178,60 27S80 160.80 181,— 153^5 150,28 114^0 113,— l» a»«k a«, wo »» Il«o5 S«Uo >tckrk»r «»4 d»tt» «t»» »t» kür 6«tr»t4» Q»ed Ertra-Beilagen (gesalzt), nur mit der Morgen-Ausgabe, ohne Postbeförderung -4l 60.—, mit Postbeförderung 70.—. 11400 2850 eHx; 400 1330 3250 165 1328 1800 1850 13400 425 M8 N- 147^0 135^0 115.— 81,75 oo« tu 1>»tp»t», tu Oolorudo tILÄ» «Nut N3/Ä> .Orukutä', vou Vedute», tu ,m I» ktut». «uuu U»«I» OitueleN, arbeitung des Strafgesetzbuches. Man forderte nun die zeit- herige Steuerbewilligung nach alter Weise auf sechs Jahre. In deß auf diesem Landtage trat eine stärkere politische Reformpartei hervor, als jemals vorher, und zwar hatte sie ihren Sitz vor" nehmlich in der Ritterschaft, mit Ausnahme des engeren Aus schusses desselben, von welchem aus der Minister den Widerstand leitete. Ein Mitglied der Ritterschaft war cs, der schon 1829 eine Adresse um eine Constitution verfaßt und in der „Biene" veröffentlicht hatte. Ein Mitglied der Ritterschaft, der Kammer herr Otto Friedrich Heinrich v. Watzdorfs, führte denselben Ge danken in einer Broschüre aus, deren Druck in Sachsen nicht ge stattet und darum im Auslande bewirkt wurde. Auch die stän dische Präliminarschrift bat zuvörderst um eine allgemeine Ueber- sicht des gesummten Staatshaushaltes, erkannte zwar den wohl- thätigen Einfluß der seitherigen Verfassung mit vielem Lobe an, fand aber ihre Formen mit den Bedürfnissen der Zeit nicht mehr im Einklang und wünschte die Entwerfung einer veränderten Landtagsordnung. Bei dem ersteren dieser Wünsche, der Ueber- sicht des gesammten Staatshaushaltes, hielt man auch fest, nach- die Regierung sowohl dieser, als einer jeden Aenderung der Ver fassung, welche über eine Verbesserung des Geschäftsganges hinausgehe, widersprochen hatte (1. April). Daß die Vorlegung und Veröffentlichung einer Uebersicht über die gesammten Ein nahmen und Ausgaben des Staates einen wohlthätigen Einfluß auf die Beseitigung mancherlei Argwohns und die Befestigung des Vertrauens der Steuerpflichtigen zu der zweckmäßigen Verwen dung ihrer Abgaben haben-kann, daß sie zedenfallS «ine Bürg schaft mehr für Erhaltung von Ordnung und Sparsamkeit im öffentlichen Haushalte ist, daß endlich die damalige Zersplitterung der sächsischen Finanz- und Steuerverwaltung an sich schon einen unnöthigen Aufwand, mancherlei Weitläufigkeiten und eine Er schwerung der Uebersicht und der Planmäßigkeit in sich faßte, daß es für die Stände eine bedenkliche Aufgabe schien, das Fehlende zu bewilligen, ohne zu wissen, wieviel da sei, und wieviel gebraucht werde, das Alles lag sehr nahe, und auf dem Grunde dieser Ansichten mußte der ständische Wunsch Vielen sehr plau- ssbel erscheinen. Die Verfassungs-Streitfragen bewegten übrigens nur die Landstände selbst; im übrigen Volke hörte und sprach man äußerst wenig darüber, und nicht die Gegenstände und Ergebnisse jenes Landtages, sondern die Stockung mancher Nahrungszweige, die Unzufriedenheit der Städtebürger mit ihren Stadträthen, der llnmuth der unteren Stände über die oft barsche und will kürliche Behandlung, die sie von unteren Polizeibeamten erfuhren, das weit verbreitete confesiionellc Mißtrauen, die Verstimmung auch höherer Beamten gegen die Cabinetsregierung, diese und ähnliche Momente waren es, welche den Bewegungen Kraft gaben, die in Kurzem eine frühere Zusammenkunft des eben vertagten Landtages und zu anderen Angelegenheiten herbeiführten, als man erwartet hatte — ihnen Kraft gaben, oder doch den Wider stand gegen sie lähmten. - Am 2. September fanden in Leipzig, auf Anlaß eines lärmenden Polterabends auf dem Brühle, Excessc und Rei bungen zwischen Bolkshaufen und der Polizei statt, bei denen sich zugleich der Unmuth der Schlosscrinnung, welche unzufrieden war, weil der Vorsteher des Hospitals, Baumeister Erckel, dir Lieferung eiserner Bettstellen, des billigeren Preises halber, aus wärts verdungen hatte, Luft gemacht haben soll. Es war kein Militär in der Stadt, als eine klein« Schloßwache unter Leutnant Günther. Man ließ am nächsten Tage 50 Reiter kommen, denen einen Tag später noch 60 folgten. Zwanzig Jahre früher hätte das reichlich genügt; jetzt reizte und crmuthigte es nur, statt zu schrecken. Die leichten Hilsstruppen der Tumultuanten zerschlugen d'ie Straßenlaternen und ließen es sich wenig kümmern, das Einige aus ihrer Mitte eingefangen wurden. Am nächsten Tage wiederholten sich dieselben Scenen, und da die Polizei sich be gnügte, mit nicht mehr gefürchteten Mitteln den polternden Troß des Aufstandes zu bekämpfen, so bekam dieser Muth, am 4. Sep tember in ganzer Ausdehnung vorzutreten. Die Gesellen und Lehrlinge der Handwerker, die Martthelfer und Tagearbeiter, Proletarier aller Art, mit Neugierigen beiderlei Geschlechts unter mischt, und durch die Arbeiterbevölkerung der benachbarten Dörfer verstärkt, von der an jenem Abend Niemand aus der Stadt zurückkehrte, füllten die Straßen; die Polizei war ent- NWM TllgMssü Anzeiger. ÄmtsAatt des Hönigtichen Land- und Amtsgerichtes Leipzig, -es Rathes und Nolizei-Ämtes der Ltadt Leipzig. Xnnahmeschluß siir Anzeigen: Lb««d->u»-ab«: vormittag» 10 Uhr. Morg«»-Aa»gabe: Nachmittag» 4 Uhr. v«t d«u Filialen und Annahmestellen ja «in halbe Stunde früher. Anzeige» find stet» an di« Expediti»» zu richte«. Di« Expedition ist Wochentags ununterbrochen geöffnet von früh 8 bi» Abend» 7 Uhr. tun« 38,25 85L5 84H0 wurde so arg und so notorisch, daß die Regierung sich entschloß, Maßregeln dagegen zu treffen, welche von ihrem sonstigen Ver fahren wesentlich abwichen und die sie nur durch eine Art Noth- recht vor sich selbst gerechtfertigt haben mag. Sie schrieb in Brandstiftungssällen eine Art summarischen Ausnahme-Ver fahrens vor; sie schloß von der Cognition derselben die kleineren Patrimonialgerichte aus, darin ein Mißtrauen gegen die Letz teren aussprechend, das in jener Zeit vor der constitutionellen Periode, unter Graf Einsiedel's Verwaltung, in der That merkwürdig ist. Auf dem Landtage von 1830 vereinigte man sich denn auch mit den Ständen über die Nothwendigkeit einer gänzlichen Umgestaltung der Brandcasse, welche dann auf dem ersten constitutionellen Landtage zu Stande gebracht worden ist. Am 12. März 1828 war eine Verordnung erschienen, nach welcher in allen Städten, welche wenigstens 1000 Einwohner zählten, Bürgergarden bestehen sollten. Leipzig ward davon ausgenommen, und seltsam genug, ging zwei Jahre später von Leipzig die Einrichtung aus, welche jenes Institut wieder ver drängen sollte, an sich aber mehr auf das Bedürfniß des Augen blickes, nicht, wie jene, auf bleibende Verhältnisse berechnet war. Im kirchlichen Leben gehört vornehmlich dieser Zeit das entschiedene Hervortreten und Anwachsen des Mißtrauens gegen den Katholicismus und der Besorgnisse vor Uebergriffen des selben an. Zunächst war cs, wir folgen hier der Geschichte des Sächsischen Volkes und Staates von Gretschel und Bülau, Beide Redacteure unseres Tageblattes, eine Folge der an sich ganz natürlichen Ergebnisse der neuen Gesetze und Einrichtungen in Betreff der Verhältnisse der Katholiken. Die nunmehr gleich berechtigte katholische Kirche strengte sich an, ihre bis dahin viel fach mangelhaft gewesenen Anstalten in Sachsen auf besseren Fuß zu setzen und auch bauung nahezubringen, gewöhnt gehabt, in den und Hubertusburg von fremdete und erschreckte Anfang des Jahres 1828 die Organisation der Sprengel der katholischen Pfarreien zu Dresden, Pirna, Chemnitz, Leipzig und Hubertusburg bekannt machte, für die Residenz drei Pfar reien bestimmend. Am 2. Januar 1828 wurde die neue katho lische Frei- und Armenschule eingeweiht, am 3. die katholische Knaben- und Mädchenschule eröffnet. Ein rastloser Vorfechter der liberalen Opposition im Innern des Katholicismus selbst, der bekannte Alexander Müller, wollte in dieser Zeit seinen „Kanonischen Wächter" in Leipzig erscheinen lassen, sah sich aber bald durch ein Verbot von Seiten des Kirchenrathes ge hemmt, und als dieses zurückgenommen ward, geschah es nur unter der für ihn nicht erfüllbaren, a>llerdings aber im Gesetz begründeten Bedingung, sich der katholischen Censur zu unter werfen. Dieser Vorgang, sowie eine schon vorher (1828) er folgte Beschwerde des katholischen Consistoriums über eine Schrift des Professors Krug, dessen sich wieder die theologische Facultät annahm, erregte viel Aufsehen und Gerede in Sachsen. Ebenso als 1830 das Jubelfest der Augsburgischen Konfession gefeiert ward und sich dabei in Dresden und Leipzig zu allerlei Unzufriedenheit, selbst zu Unruhen, Anlaß ergab, sah man auch darin ein Zeichen gestiegenen katholischen Einflusses. In dem Sinne, in dem man dies annahm, hatte man Unrecht. Es lag nicht an der Regierung, wenn jenes Fest 1830 nicht mit der selben Herzlichkeit und Feierlichkeit begangen wurde, wie 1817 das Reformationsjubiläum, und in den meisten Ortschaften des Landes fand es auch ohne alle Verkümmerung statt. In Dresden mochte man aber, mit Rücksicht auf die in den neuesten Zeiten entstandene konfessionelle Spannung, besorgt haben, daß bei einer großen Ausdehnung des Festes Unannehmlichkeiten entstehen möchten, und rief nun durch die anscheinende Kälte, mit der man es seitens der örtlichen Behörden behandelte, eben das hervor, was man vermeiden wollte. In Leipzig fehlte cs nicht an Anstalten, es glänzend zu begehen, und wenn der Oberhofrichter v. Ende vom Landtage nach Leipzig eilte und einen Fackelzug der Studirenden durch das Verbot der auf das Verbindungswesen basirten Uniformen vereitelte, so lagen doch da bei keinerlei gegen das Fest gerichtete Absichten zu Grunde, wenngleich die Folge dieselbe war. In beiden Orten schritt die Polizei, in Dresden auch das Militär, ein; in beiden Fällen wurde, wie gewöhnlich, behauptet, daß die einschreitende Macht excedirt habe, und die damalige Polizei soll in der That nicht sehr rücksichtsvoll gewesen sein. Das Fest hinterließ eine Vor der Constitution in Lachsen. (4. September 1831.) Im Jahre 1827 war König Friedrich August der Gerechte, wie ihn das Volk nannte, gestorben. Alle Welt hatte geglaubt, daß ihm sein Neffe Friedrich Nachfolgen würde, und man war daher unangenehm überrascht, als sein Bruder Anton die Regie rung übernahm. Er war, im Gegensatz zu seinem Neffen, sehr unbeliebt, warum eigentlich, das hätte wohl nicht Jeder sagen können. Die Unbeliebtheit war eben vorhanden, gewiß wurde sie auf seine Zurückgezogenheit zurückgeführt und dann gründete sie sich auf eine angebliche Bigotterie. Im klebrigen war er ein herzensguter Mann, natürlich, heiter, ungezwungen, leur- selig, er hatte für Jeden ein freundliches Wort, und seine Ge mahlin war klug und wohlwollend. Weil man wenig von ihm wußte, wußte man nur alles Schlimmes. So wurde denn seine Thronbesteigung recht kühl ausgenommen, und erst nach und nach sickerte die Wahrheit durch, erkannte man sein Wesen, als die starren Schranken der Hofetiquette ein wenig ausgezogen wurden. Das Mißtrauen, das man wegen seiner bigotten religiösen Haltung eingenommen hatte und das den starren Protestantismus gegen ihn kehrte, wich allmählich. Im October fand — zum letzten Male — die feierliche Erbhuldigung in den vier Kreisen und der Oberlausitz statt, und König und Königin begaben sich an die Hauptorte persönlich. In Dresden soll die Sache etwas frostig abgelaufen sein; in Freiberg erhielt ste durch den alterthümlichen Bergmännischen Prunk einen impo- nirenden Charakter; von Plauen aus, wo die Huldigung am 13. stattfand, bereiste der König, zur großen Freude der ge- birgischen Bevölkerung, einen Theil des oberen Erzgebirges. Am 20. war die Huldigung in Bautzen, wo die Lausitz die ge wohnte Loyalität dieser treuen Provinz darlegte. Nichts aber kam dem Enthusiasmus gleich, mit welchem der König in Leipzig, wo der Huldigungsact am 24. stattfand, empfangen und mit zahlreichen, ebenso glänzenden als geschmack vollen Festlichkeiten gefeiert ward. Wer hätte damals sagen mögen, daß nur drei Jahre später von demselben Orte aus tumultuarische Bewegungen ausbrechen würden, welche die Loosung zu einer Umwälzung des ganzen sächsischen Staats organismus geben sollten! Der damalige Aufenthalt des Königs in Leipzig wurde durch einen schmerzlichen Trauerfall getrübt. Die Königin erkrankte und starb am 7. November 1827. Die Krankheit der Königin verlängerte den Aufenthalt des Königs in Leipzig, der sich seinerseits unter dem heitern, gewitzten und freimüthigen Völkchen ebenso zu gefallen schien, wie die einfache, ungezwungene und leutselige Weise, mit der er sich unter demselben bewegte, ihm die Herzen gewann. Auch als im nächsten Jahre (23. April 1828) dem Hause Sachsen ein Stammhalter, Prinz Albert, geboren ward, that sich unter den vielen Städten des Landes, in denen dieses frohe Ereigniß mit Jubel gefeiert ward, Leipzig besonders hervor. Der allmächtige Minister war damals Graf Einsiedel, der, im Volke sehr unbeliebt, in unbeschränkter Weise herrschte. Unter Friedrich August war seine Macht nicht so sehr hervor getreten, da dieser in seiner strengen Gerechtigkeitsliebe die Maßnahmen seines Ministers scharf controllirte, unter dem guten König Anton prägte sich Einsiedel's Negierungsweise mehr aus. Und doch war Einsicdel's Wirken durchaus nicht für den Staat nachtheilig. Er that viel für den Handel und den mitteldeutschen Zollverein, freilich nach Kurheffens Rücktritt ein unzusammenhängendes Ganzes, die Errichtung der Discontocaffe in Leipzig, des Vorläufers der unglücklichen Leipziger Bank, waren zum Theil sein Werk. Handel und Wandel fingen an zu blühen und die Staatskassen waren ge füllt. Das Gesetz vom 13. August 1830 regelte die Dienste, die Frohnen und den Kinderarbeitszwang, und eine Generalver ordnung von 1828 hatte die Dismembration der Grundstücke zu erleichtern gesucht. In jener Zeit war es zu einer Art Seuche geworden, die besonders auf dem Platten Lande, nament lich im Meißner und Leipziger Kreise, grassirte, daß die Leute ihre Häuser in Brand steckten, um die Versicherungssumme zu beziehen. Auch Maurer und Zimmerleute besorgten dieses Geschäft, im Einverständniß mit den Eigenthümern, für die sie dann die Gebäude wieder aufführten. Diese, zunächst in den damaligen Einrichtungen der Brandversicherungsanstalt, bei denen die Versicherungssumme den Werth eines alten Ge bäudes gar leicht weit übersteigen konnte, begründete Pest Drei Tage in -en ÄmpeMner Dolomiten. Dem Herrn Postmeister zu Sand in Täufers blinken all abendlich bei Sonnenuntergang drei zart rosa schimmernde Dolomitberge in die Fenster seines Gasthofes hinein. Wie sie heißen? Als ob er sie beute zum ersten Male erspähte, legt er sinnend die Stirn m Falten, hebt, um deutlicher zu sehen, schützend die Rechte über die Brauen, schaut und schaut und schüttelt schließlich bedenklich den Kopf. Weiß er cs wirklich nicht? O doch! Als kaiserlich-königlicher Postmeister wohl! Als Inhaber seines Gasthauses aber, der seine Gäste behalten will, ist er Parzifal der blinde Thor. Denn was sind die drei leuchtenden Gipfel gerade südwärts im Grunde anderes, al» ver führerische Aushängeschilder seiner ärgsten Concurrenten, der Großwirthe zu Prags und Toblach, zu Kchluderbach und Cor tina? Sie winken und locken und locken und winken in ihrem rosigen Schimmer unablässig, mit magischer Gewalt hinüber in die färben- und formenfreudige Zauberwelt jenseits des Puster- thales, in ein Land, so märchenhaft schön, daß, wer es nicht mit eigenen Augen gesehen, des Malers naturgetreues Nachbild nim mer für währ hält. Sin Narr von einem Gastwirth im ganzen Touferer Thal, der mehr davon berichtet, als er unbedingt muß. „Gell wohl", Herr Postmeister! Bitt' schön, für morgen in der Früh' einen Platz im Stellwagen nach Bruneck, daß wir selber hingehen und zusehen! Nach Prags zunächst! Die halbstündige Bahnfahrt von Bruneck aufwärts ist kurzweilig genug. Im breiten Thalboden reiht sich Weiler an Weiler und Dorf an Dorf. Wie schmuck sie allesammt ausschauen! Dazwischen leuchten goldgelbe Halmen felder und buntblumige Wiesenflächen. Von den schwarz be waldeten Hängen schimmern im Glanze der Mittagssonne die Zinnen stattlicher Schlösser und die Trümmer ehemals truhiger Burgen. Bei Olang grüßen von Norden her durch die breite Anzeigen-Preis die figespaltene Petitzeile tS Rielimeo »»tri dem RedatNonSstrta» (4 gespülte«) 75 vor des Famtlt««aach» richte« (6 gespalten) KO H. Tabellarischer und Ztfferasatz entsprech««» höher. — Gebühren nlr Nachweisungen ««- Offertenanaahm« LS H («xcl. Porto). BezngS »Preis di deic tzarlptexpeditio« oder den im Stadt bezirk und den Vororten errichteten Aus gabestellen abg«holt: vierteljährlich 4.S0, bei zweimaliger täglicher Zustelluua i-S vau- ^l K.SO. Durch die Post bezogen für Deutschland u. Oesterreich: vierteljährl. 6. Man abonnirt ferner mit entsprechendem Postausschlag bei den Postaastalten in der Schweiz, Italien, Belgien, Holland, Luxem burg, Dänemark, Schweden und Norwegen, Rußland, den Donaustaaten, der Europäische« Türkei, Egypten. Für alle übrigen Staate« ist der Bezug nur unter Kreuzband durch die Expevitto« diese» Blatte» möglich. Di« Morgenausgabe erscheint um '/,7 Ub^ dir Abendausgabe Wochentag» um 8 Uhr. Le-action und Expedition: Johanni-gasse 8. Filialen: Alsted Hahn vorm. O. Klemm'» Sorti«. Unwersitätsstraße 8 (Paulinum), Louis Lösche, Latharinenstr. 14. purt. und König»platz 7. Am anderen Morgen heißt's, nach Schluderbach hinüber und, will's Gott, auch noch ein Stücklein weiter. Das nenn' ich lustige Wanderfahrt: pfeifend und singend auf einsamem Pfad, durch Wiese und Wald, ums Gebirge herum, in den jungen Tag hinein! Am Berghang läuten kletternde Geisen, auf dem Wild zaun füttert der Rothschwanz die junge Brut, aus den goldenen Pocalen des gelben Fingerhutes nippt da» Käferlein kühlen Moraenthau. Eh wir's gedacht, sind wir drüben im Altpragser Thal. Da geht's die saubere Fahrstraße langsam aufwärts. Ueber dem Heimwaldkofel lugt die Sonne hervor durch bärtige, von zahllosen Spinnenfäden überzogene Fichten und Lärchen, an denen Millionen von Thautröpflein hangen. Das glitzert und flimmert wie goldenes und silbernes Engelhaar am Wefh- nachtsbaum. Bei Brückele, wo ein glücklicher Weise einfaches Gasthaus im Bau ist, lohnt's sich, Frührast zu machen. Gerade gegenüber steigt eine cyklopische rothgelbe Mauer mit zerklüfteten Zinnen zum blauen Himmel empor, die Hohe Gaisel, auch Croda Rofla genannt, die ebenbürtig« Schwester des Teekofel», glefch gewaltig, gleich färben- und formenprächtig, nur um ein gut Theil spröder, wie sich'» für eine Dame geziemt. Droben aus den Plätzwiesen werden wir ihre erhabene Schönheit noch besser be wundern können. Kaum eine Stunde Bergfahrt auf trefflichem Sträßlein ist's dahinaus. Hurtig, Gesell, eh's die Sonne zu gut meint! Bequemlich aeht's empor. Allmählich wird der Wald lichter. Knorriger und trodiger werden die Fichten. Jetzt kannst Du Dir ein neu Sträußlcin Alpenrosen auf den Hut stecken, damit Du schmuck Einzug haltest, denn siehe, hinter dem Gatterk, an der Biegung des Wegs seh ich einen ragenden Giebel und «ine flatternde Tirolerfahne! DaS gehört zum Plähwiesenhotel. 's ist just auch keine Herberge für wandernd« Handwerksburschen, aber fürwahr, auf dem kiesbrstreuten Platze davor sitzt's sich köstlich! Welch wundersamer Bergcirku» ring» um die grünen Matten gerade vor uns! Von Norden her leuchten in flimmern der Reinheit die Schneepyramiden des Zillerthale» herüber: ganz rechts der reisige Löffler, in der Mitte der Schwarzenstein, auf dem wir vor acht Tagen genau um dieselbe Zeit im Nebel standen, ganz links die scharf« Spitze d«s Hochfril«r», in d«ss«n Firn ich di« Nacht, denn droben am Wildsee — am Ende hat's Bäuerlein doch Recht! Auf kiesbestreutem Waldpfade geht's frohgemuth weiter. Rechts und links glühen die Trauben reifender Preißel- beeren im Moose und lugen keck die goldgelben Hlltlein der Pfifferlinge unter verwitterten Felsbrocken hervor. Fröhlich zirpen die Grillen im Gesträuch, der farbenprächtige Apollofalter wiegt auf blauer Glockenblume sorglos die gläsernen Flügel auf und nieder, und vom schwanken Zweige schmettert der Buchfink sein Abendlied herab. Auf der Waldwiese begegnen wir einer Gesellschaft junger Damen und Herren. „Grüß Gott!" In den Wind geht der Gruß. Da kann's bis zum Wildsee nicht mehr weit fein. Ein paar hundert Schritte noch, und wir stehen an seinem Ufer. Ein Bild von wunderbarer Schönheit! Blau grün die langhin sich dehnende klare Fluth. Rechts und links düsterer Bergwald. Im Hintergründe aber, direct aus dem See aussteigend und in ihm sich spiegelnd die ungeheure, nackte Wand deS Seeokofels. Welch' herrliches Farbenspiel! Blaugrau der Grundton, darüber ockergelbe» und ziegelrothes Gitterwerk zahlloser Rinnen und Rillen, hie und da auf schmalem Felsbande und in der Tiefe einer senkrecht abfallenden Schlucht Streifen und Zungen blendenden Schnees. Ueber Wasser und Wald und Fels webt unendlich feiner bläulicher Duft, und droben schimmert wolkenlos die azurene Glocke des Firmaments. Wer deinen Zauber gefühlt, du Perle von Prags, der vergißt dich nimmer sein Leben lang! — Am rechten Ufer ragt das „nobligte" Hotel empor. Gehen wir ein wenig hinüber! Befrackte Kellner mit tadellos weißer Cravatte. Junge Herrchen im Lawn-Tennis- Anrug oder in waschechter Salontiroler-Tracht, geradewegs vom Hoftailleur bezogen. L in Jugend frisirte Damen. Funkelnde Brillanten und gleißendes Gold, Pariser Hüte und farbige Schuhe, knisterndes Frou-frou und exotische Parfüms, lang gestielte Lorgnetten und Augen dahinter: Ich danke Dir, Gott, daß ich nicht bin wie dieses lodenbekleidete, fußwandernde, ruck- sacktragende Volk! Bäuerlein, Bäuerlein, Du hast's getroffen! — Pilgern wir zur Herberge zurück! Philomena, des Wildbad- dienstbarer Geist, ist rohen Wanderburschen hold, wie schwer auch der Nagelschuh aus der Diele dröhnt. — Oeffnung des Antholzer Thales die weißen Pyramiden der Riesenferner zu uns herüber, und etwas weiterhin ragen süd wärts die Vorposten der Dolomiten auf, rothc, gelbe und blau graue Wände, Thllrme und Klippen. In Niederdorf heißt's: Den Rucksack Uber! Die Fußwanderung beginnt. Auf dem Sträßlein, das erst durch frischgrüne Wiesen und dann durch schattigen Fichten- und Lärchenwald mählich thalein führt, ge sellen wir uns einem munter vor uns hinschreitenden Bäuerlein zu. „Wollt's zcn Wildsee?" fragt es, nachdem „Guter Nach mittag" als Gruß und Geaengruß geboten ist. „Ei natürlich! Habt's was dawider?" „Sell net! Aberst i denk mi was!" Dabei läßt es seine schlauen Aeuglein lustig über unsere wetter gebleichten Rucksäcke und dicksohliaen, klobigen Nagelschuhe dahin streifen. „Nu was denkt's denn? Leicht a falscher Weg?" „O mei, is scho richti! I denk mi waS anders!" „Js wohl noch sehr weit?" „O mei, zwa klane Stund! Was gar anders!" „Teuft, was is's dann?" „I denk", meint's Bäuerle, indem es sein Hütlein lüpft und sich seitwärts in die Wiesen schlägt, „i denk, 's wird Enk leicht ze nobligt sei!" — Werden ja sehen, Bauersmann, werden sehen! Einstweilen aber ziemt es uns, als rechte fahrende Gesellen froh den Augenblick zu genießen. Und es gehört fürwahr keine sonderliche Kunst dazu! D:r Weltenmeifter hat dafür gesorgt, daß einem das Herz aufgeht. Gerade vor uns gabelt sich das Thal. Linker Hand gebt's hinauf nach Altprags. Da leuchtet der wilde Grat des DurrensteinS herüber: eine gewaltige röthliche Wand, besetzt mit phantastischen Erkern und wunderlichen Skulpturen. Wir wandern rechts hinauf, durch die Hofe von Außerprags hinüber in das Neu- pragser Thal. Was dort über dem schweigenden Walde auf ragt, zerhackte Mauern und jäh abstürzende, trotzige Thürme, wird Roßkofel geheißen. An seinem Fuße schlängelt sich da» Sträßlein langsam thalauf, lustig zu begehen im kühlen Schatten langbärtiger Fichten, unter dem fröhlichen Geläut friedsam weidender Rinder. Ueber ein kleines, und wir haben das Wild bad Prags erreicht, ein einsames Gasthaus im ragenden Hoch wald. Ganz stattlich und schmuck sieht es auS, aber nicht „ze nobligt". Hier rasten wir eine Weile und bestellen Herberg für 8 7«. «Llco. 4o. 8,14 i—ll - v«ri«t»5»z U 4»« S» rückt Dl» »»- «. 4U««o»«w» ss^o. «r. LU.L»«/SW» umvr*. ruo« vrdotcva f 6«lö Sri«! t«t <tt« I »1»6«rHe4re» I »tzt. «io I tll «nr R«l«« I dar«« d««v> »w» vsrHtzd«» > v«Iok« l« 41—«o 7»«« »<t U»d«o <U« kiNOdt«, o. Lllä ««—tollt» 4« »vAttrt»d«v««a»« L«r t««» «tvck »d«r L»at» !» MVt« l—at» «- ««ll äuroll—lultttUllv »ev 30 -1, «ev 52 1», «cd 4 «cl» Sovöaprt«—v > itev »llot» 6t« «olläi i«r. 2, M«Kt«» «lli 5 S, ll»od 8cdSll«dcc1 ll»vd M— 50 4 li« ivl»t»«d«ll cvtr»t«ll. 0«r Sttlcd lsdt; tltr 8t!tvd«llk M L« 1» ll«cd U«»«, Lt—Q La VarlUUtot— tr 100 le« VSdsr «I» U> t —tat»a »toi» aa«»ätdr x»» »aet» —doa «tv»» 216,05 «5,30 21SZ5 Still. -Vt»Ll lLtott»! ,S0K l»r t» tioa 0tl«ll «75 1125 1525 715 250 L .— «r. Vo» Lall L«a «»a» Sotka all« dumpfe, unzufriedene Stimmung, die Ereignisse in Frankreich wieder verloren , . . , die Gemüther noch so recht empfänglich für die Eindrücke der großen Weltbewegungen hinterließ. Die Presse war ganz unbedeutend. . . Zeitung, die „Leipziger Zeitung", war Sigenthum der Regierung, wenn auch damals noch verpachtet. Die in den größeren Städten bestehenden Wochen- und Tageblätter, Anzeiger und dergleichen hatten die Aufnahme von Inseraten zum Hauptzweck und füllten nur die Lücken mit Anekdoten, Charaden und im günstigsten Falle mit sogenannten gemeinnützigen Aufsätzen aus, wo sich dann unter vieler Spreu doch zuweilen ein gutes Korn fand. Erst seit wenigen Jahren hatte «in junger Geistlicher in Zwickau, Karl Ernst Richter (geb. zu Zwickau 1795), ein Blatt, unter dem Namen „Die Biene", begründet, welches anfangs auch jenen moralisch-gemeinnützigen Zuschnitt erhielt, bald aber immer öfter politisch« Angelegenheiten in seinen Bereich zog und sehr bald eine große Verbreitung und einen mächtigen Einfluß, namentlich bei Bürgern und Bauern, erhielt. Der Herausgeber mochte es in seiner Art redlich meinen und war nicht ohne Talent; aber er, so urtheilt Bülau, verstand von den Sachen, über die er das Volk aufklären wollte, seinerseits gar nichts; er konnte die ihm zu gehenden Mittheilungen nicht nach ihrer Glaubwürdigkeit con- troliren, weshalb sie von Uebertreibungen, «inseitigen Ent stellungen, Kraftworten und groben Beweisen von Unkenntniß der Gesetze und Verfassungen wimmelten; die eigenen Ansichten, die er sich allmählich Uber'den Staat und seine Reform bildete, ermangelten jeder Begründung in Wissenschaft und Erfahrung, ließen Maß und Gewicht der gegebenen Zustände, sowie die Stetigkeit der geschicktlichen Entwickelung gänzlich außer Auge, und waren eben Erfindungen eines Autodidakten. Aber wenn fick auch nicht blos die angegriffenen Classen, sondern überhaupt Alle, die einige Sachkenntniß hatten, mit Ekel von dem auS Bierbankklatsch und Phantastereien zusammengesetzten Blatte ab wendeten, bei zahlreichen Volksgliedern fand es doch ungemeinen Beifall, weil es raisonntrt«, und weil es Dinge betrieb, die ihnen ganz recht gewesen wären. Dabei »war auch nicht zu leugnen, daß es zum Theil, wenn auch nicht auf di- rechte Weise, gegen unableugbare Uebelstände ankämpfte: gegen den Druck der grundherrlichen Rechte und gegen die in der Städteverwaltung einzcrissenen Mißbräuche, welche letzteren auffälliger und be schwerlicher geworden waren, seit die Kriegsjahre so unerhörte Lasten über die städtischen Gemeinden gehäuft hatten. Vielfach suchte man den Grund des Nebels in der Selbstergänzung der Magistrate und in dem Mangel an Controle durch die Ge meinde, und „Die Biene" arbeitet« eifrig und erfolgreich, den Gedanken einer Verwaltung der Gemeinde durch die Bürger zu verbreiten und einzuprägen. Die Regierung und deren Behörden zu berühren, vermied sie möglichst; gegen Stadträthe, Gutsherr lichkeiten und Patrimonialgerichte brachte sie die schärfsten Dinge. Dies ging ihr lange ziemlich frei aus; dann häuften sich Be schwerden und Verurtheilungen, und die Sache kam dahin, daß die geistliche Behörde dem Redacteur nur die Wahl zwischen seinem Amte und der Redaction stellte. Aber bereits war letztere so einträglich und politisch hoffnungsreich geworden, daß er lieber das geistliche Amt aufgab und sich ganz auf die Journalistik und politische Agitation stellte. Ob der in Leipzig begründeten „Sachsenzeitung" die Absicht mit zu Grunde lag, der „Biene" entgegenzuwirken, wissen wir nicht, der Inhalt dieses Journals war ziemlich harmlos, aber bunt und planlos zusammen gewürfelt, und da es täglich erscheinen sollte, so zeigte sich bald, daß cs damals noch, wo nicht an Platz, doch an Federn fehlte, um ein Tagesblatt lediglich mit sächsischen Angelegenheiten zu füllen. Zu Anfang des Jahres 1830 (6. Januar) versammelten sich die Landstände. Die Eröffnungsrede des Conferenzministers v. Nostitz und die landesherrliche Proposition sprachen die Ver sicherung des unveränderten Bestandes der Landesverfassung und der in derselben gegründeten Rechte aus; sie legten das erfreuliche Ergebnis, mehrerer Verbesserungen in der Verwaltung dar, und verhießen einige neue Reformen, wie die Aufhebung des Gleites, Vorbereitungen zur Ablösung der Frohnen und anderer grund herrlichen Gerechtsame, eine neue Gewerbeordnung, die Abhilfe der Gebrechen des Proceßganges und die Fortsetzung der Be-
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