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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 21.09.1901
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1901-09-21
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-19010921015
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1901092101
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1901092101
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1901
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Amtsblatt -es Königlichen Land- und Amtsgerichtes Leipzig, -es Aathes und Nolizei-Ämtes der Ltadt Leipzig. Anzekgeu «Preis die 6gespaltene Petitzeile 25 L. Reklamen unter dem RedacNonSstriq (4 gepalte») 7» vor de» Famlltrmrach» richten (S gespalteu) SV Tabellarischer uad Ziffernsatz entsprechend hüher. — Gebühren für Nachweisung»» ued Osferteuanuahm» 8S (exrl. Porto). Extra-Beilage» (gefalzt), a»r mit de» Morgen «Ausgabe, oha« Postbesärderuug SV.—, mit Postbesärderuug 7V.—. Annahmeschluß für Anzrigru: Abead-Lasgab«: vormittags 1V Uhr. Morge»-Ausgab«: Nachmittags 4 Uhr. Bet deu Filiale» und Annahmestelle» jo «iss halbe Stund« früher. Anzeigen find stets ,» die Expedition zu richte». Li« Erpedttiou ist Wochentags ununtrrbroche» geäffuet von früh S bis Abend- 7 Uhr. Druck uud Verlag vo» E. -olz d» Lelp-ik. Sonnabend den 21. September 1901. 95. Jahrgang. Die Consulatslaufbahn. Bon Otfried Nippold. - II. Wenn man auch zugeben muß, daß zur Größe Preußens sein „Militarismus" und „Buveaukvalismus" Vieles bei-getragen haben und daß auch das deutsche Reich ihnen unendlich viel zu danken hat, so muß auf der anderen Seite doch betont werden, daß Beide für das, was man heute speciell als deutsche Welt macht bezeichnet, eben doch nur dann gedeihlich wirten können, wenn sie mit fortschreiten, sich entsprechend weiter entwickeln. Keinesfalls dürfen sie bei dem stehen bleiben, was früher dem Kleinstaat mit seinen entsprechend kleineren Bedürfnissen genügte, denn sonst wirken sie für die „Weltmacht" geradezu schädlich. Ueber Eines kann nämlich kein Zweifel herrschen: die spätere Weiterentwickelung Deutschlands zur Weltmacht ist, wenn sie auch nur auf der Basis dessen möglich war, war der preußische Bureau- kvatismus und Militarismus geschaffen Hutten, doch nicht diesen zu danken, sie ist im Gegentheil trotz derselben erfolgt und einzig und allein unserem Handel und unserer Industrie zu danken. Hinter diesen darfder moderne Staat, wenn er seine Aufgaben richtig erkannt hat, auf die Länge der Zeit nicht Zurückbleiben! Die Bedeutung, die man der Entwickelung unserer Motte bei- lvgt, zeigt, daß man auf militärischem Gebiete die Aufgaben, die die Weltmacht mit sich bringt, begriffen hat. Warum will man nicht auch auf bureaukratischem Gebiete reformatorisch Vorgehen? Auch hier heißt es fortschreiten, wenn man nicht geradezu der Entwickelung hindernd im Wege stehen will! Warum will man gerade auf diesem Gebiete vom Auslande nichts lernen? Kann man eine Ehre darin erblicken, wenn man di« Thatsache con- ftotiren muß, daß unsere Kaufleute im Auslande unseren Be amten vielfach an universeller Bildung überlegen, daß sie welt männischer gebildet sind, als die Letzteren? Verschließt man sich ferner ganz der Thatsache, daß die Art der Auftretens unserer Beamten im Ausland« oft «ine wenig glückliche genannt werden muß und daß bureaukratische Allüren wenn irgendwo, dann im Auslände «iner Milderung bedürfen? Bei der einseitigen bureaiukratischen Ausbildung unserer Assessoren darf man sich über die Klagen gegenüber 'vem „Affefforismus" gewiß nicht wundern, sie entbehren keineswegs jeglicher Berech tigung. Und sollte eS denn wirklich so schwer sein, ihnen diese Berechtigung zu nehmen? Wäre es nicht möglich, durch eine universellere Borbildung auch diese Härten abzuschleifen, in denen sich doch nichts als der alte Kleinstaat und die alte Kleinlichkeit widerspiegelt? Um all' dem abzuhelfen, muß eben vor allen Dingen mit der bisherigen einseitigen Vorbildung unserer Beamten aufgeräumt werden, ihr Horizont muß erweitert, ihre Bildung internatio naler, ihr Auftreten abgeschliffener werden. Mögenunsere auswär tigen Beamten immerhin Juristen sein — dagegen ist nichts ein zuwenden — uns mögen sie immerhin Assessoren sein — daS ist gewiß unbedenklich (obschon es auch nicht mehr als ein« Regel sein sollte, da der Staat sich keineswegs der Möglichkeit begeben darf, ausnahmsweise auch hervorragend« geeignete sonstig« Persönlichkeiten in seine Dienste und Interessen zu ziehen ) —, aber sie dürfen nicht nur Juristen sein, sie müssen mehr sein! Nicht jeder Assessor ist schon alssolcher geeignet. Man muß mehr fordern, als «inseitig juristische Kenntnisse, vor allen Dingen eine so allseitige Vorbildung, daß man von unseren Be amten auch wirklich sagen kann, sie feien Weltmänner im besten Sinne dieses Wortes. Sollt« das nicht zu er reichen sein? Könnten sich di« zukünftigen Vertreter unserer Weltmacht nicht schon als Studenten etwas inter nationaler vorzubilden suchen? Könnten sie nicht von den vielen schönen Dingen, die für das ConsulatSexamen auf dem Papiere stehen, sich Einiges anzueignen suchen? Und könnte man ihnen nicht während ihrer Referendarzeit durch Beschäftigung am Consulatcn u. s. w. Gelegenheit zur Umschau in der Welt geben? Je mehr und je früher sie ins Ausland kommen, desto besser. Deshalb sollte man auch die Assessoren nicht so lange in Berlin ft st halben. Dies könnte ja später mit denen, die man wirklich zu Ministerialbeamten erzichen will, immer noch ge schehen. Mag im Uebrigen das Assessorcxcrmen immerhin als äußerlicher Abschluß der Vorbildung gelten, obschon eigentlich nicht einzusehen ist, weshalb die gesetzlich bestehend« Möglichkeit des Eonsulatsexamens nur als papierne Singularität bestehen soll. Aber ließe sich denn dieses Asftssorexamcn, wenn man nun einmal an demselben festhalten will, nicht dem Consulatsexamen etwas annähevn? So gut, wie die Beamten der inneren Ver waltung getrennte Examina und getrennte Vorbereitung haben gegenüber den Beamten der Justiz, so gut sollte es auch für die Beamten der äußeren Verwaltung ein Examen und eine Vor bereitung geben, die -den praktischen Bedürfnissen einigermaßen anyepaßt wären. Warum giebt es keine ConsulatS- referendare, die einen Theil ihres Vorbereitungsdienstes im Auslande absolviren, um dann in Berlin das Consulats- assessor-Examen abzuleben? So gut wie man Regierungs assessoren von GenchtSassefloren unterscheidet, so gut sollte man von beiden die Consulatsassessoren unterscheiden können. Vorzüge des Assessorexamens und d«s Eonsulatsexamens wären so vereinigt und die aus einer solchen Dorbildungszert hervorgegangenen jungen Leute wären jedenfalls in ganz anderer Weise für ihren Beruf geeignet, als dies jetzt der Fall ist. Statt daß sie erst in den dreißiger Jahren mit ihrer eigentlichen Vorbildung anfangen, würde dieser Anfang schon in die zwanziger Jahre zurückverlegt, und die Aspiranten würden dadurch mehrere Jahre für eine wirklich nutz bringende Vorbereitung g«winnen, die jetzt in einer für ihren zu künftigen Beruf nahezu nutzlosen Weise todtgeschlagen werden. Si< würden damit aber auch mehr wirkliche Neigung für «inen Beruf gewinnen, der sicherlich geeignet ist, auch dem ideal Ge richteten hohe Befriedigung zu verschaffen, der aber andererseits auch Opfer verlangt, die zu bringen der ideallose Carritzremacher selten den inneren Beruf fühlen wird. Möchte man daher die Bedeutung dek Gesagten nicht unterschätzen und möchte sich die Erkenntniß bald Bahn brechen, daß wir auch hier eine Aufgabe vor unS haben, die auf Die eine oder andere Weise, früher oder später, erfüllt werden muß, da sie mitgehört — zu den Auf gaben einer Weltmacht! Chinesischer Nativismus. Aus Singapore, 8. August, wird uns geschrieben: Wie sehr sich daS chinesische Nationalgefühl durch die Er eignisse der letzten Jahre gesteigert hat, wird durch folgendes sehr interessante Vorkommniß, daß sich während der A n - Wesenheit des Prinzen Tschun hier zugetcagcn hat, bewiesen: Die in den Straits Settlements geborenen Chinesen, tue dadurch Angehörige der Colonie und britische Unterthemen sind, nehmen unter der hiesigen asiatischen Bevölkerung eine ganz besondere Stellung ein. Sie tragen zwar mit wenigen Aus nahmen noch den Zopf und eine halbchinesische Kleidung, ge- berden sich aber im Uebrigen als loyale Unterthanen des Königs von England. Es sind für sie Schulen ein gerichtet, und sie haben die Möglichkeit, auf englischen Hoch schulen sich weiter auSzubilden. Sie sind auch als Mitglieder im hiesigen Sporting Club zugelassen. Einer von ihnen, der Honourable Dr. Lim Boon Keng, hat sogar Sitzim gesetz gebenden Rath der Colonie. Unter sich haben sie eine Vereinigung, die Straits Chinese British Association, die ihre Interessen wahrnimmt. Bei patriotischen Veranstaltungen treten sie ganz besonders hervor, und da sie vermöge ihres Reichthums — die reichsten Leute hier am Orte sind Chinesen — auch auf ihre eingewanderten Stammesgenossen großen Ein fluß ausüben, wird ihnen bei solchen Gelegenheiten ganz be sonderes Entgegenkommen gezeigt. Um so schmerzlicher war daher für englische Kreise die Ueberraschung, als dem Prinzen Tschun bei seiner Durchreise von dem grössten Theile der Vorstandsmitglieder der Straits Chinese British Association im Namen der Babas (Bezeichnung der in der Colonie und den Malayenstaaten geborenen Chinesen) eine Adresse überreicht wurde, die Zeitungsberichten zufolge in deutscher Uebersctzung folgendermaßen gelautet hat: Wir unterzeichneten, in den Straits Settlements geborenen Chinesen bitten unterthänigst Ew. kaiserl. Hobelt folgende Adresse zu Füssen legen zu dürfen: Obwohl unser Vater land gegenwärtig nicht in der Lage ist, den Wettbewerb mit fremden Nationen auszuhalten, hoffen wir doch, daß eS rn Zukunft so gekräftigt und reich wird, um den anderen Staaten gewachsen zu sein. Da China das Heimath- land unserer Ahnen ist, vergessen wir niemals, cs zu lieben und zu ehren, und ebenso hoffen wir, daß die chinesische Regie rung nie vergessen wird, daß wir echte Chinesen sind, obwohl wir in den Strait» Settlement» geboren wurden. Wir leben hier, nur um unseren Lebensunterhalt zu verdienen, aber wir leben vollkommen als Chinesen nach chinesischer Art und Sitte. Die englische Regierung behandelt uns ebenso gut wie ihre eigenen Unterthanen. Wir bitten, daß Ew. kaiserl. Hoheit nach der Rückkehr von Europa unserem Kaiser beistehen möge, geeignete Reformen emzuführen, damit unsere Regie rung auf demselben Niveau moderner Cultur stehe, wie die anderen fremden Nationen. Es erhob sich in den Zeitungen ein Sturm der Ent rüstung, der sich besonders auch gegen den unter den Unter zeichnern befindlichen Honourable Vr. Lim Boon Keng richtete. Man batte geglaubt, diese Leute seien stolz darauf, britische Unterthanen zu sein, uno mußte nun hören, daß sie, selbst vr. Lim Boon Keng, der als einer der Aufgeklärtesten gilt und der sogar keinen Zopf mehr trägt, von dem Kaiser von China als von „unserem Herrscher", von den chine sischen Behörden als von „unserer Regierung" sprechen, und daß sie sich hier nur de» Erwerbes wegen aufhal ten und die englische Regie rung zu den „fremden Nationen" rechnen. Einzelne Pressstimmen gingen sogar soweit, die Auflösung der Association, die officiell allerdings mit der Sache nichts zu thun hatte, zu fordern und die Nützlichkeit der Queens Scholarship, Stipendien zur weiteren Ausbildung in England, zu be mängeln. Auch wurde darauf hingewiesen, wie sich mit solchem Verhalten ein Vorschlag des Lim Boon Keng vereinigen ließe, hier eine chinesische Freiwilligen-Compagnie zu errichten, die doch dem König von England Treue schwören müßte. Welche Stellung die hiesige Regierung zu der Angelegenheit eingenommen hat, ist nicht bekannt geworden, doch soll der Colonialsekretär Veranlassung genommen haben, die Unterzeichner zu einer Unterredung zu bitten, wo er ihnen wohl Einiges zu hören geben dürfte. Jedenfalls wirft das Vorkommniß ein interessantes Licht auf die Ansichten und den Gedankengang der hiesigen chine sischen Kreise, und es zeigt, daß der Chinese, selb st wenn er sein Stammland niemals gesehen hat, doch in erster Linie stets Chinese bleibt und bleiben wird. Der Krieg in Südafrika. Man schreibt uns aus London, 18. S«ptrmber: „Der 15. September ist vorllbergegangen, ohne daß auf dem Kriegsschauplatz« in Südafrika irgend welche Wirkung der famosen Droh-Proelamatton des britischen Generalissimus Lord Kitchener zu verspüren ge wesen wär«, und einstweilen haben die Engländer nur wieder einmal den traurigen Ruhm eingeheimst, daß sie sich neuerdings mit ihren hochtrabenden Phrasen und großmächtigem Auftreten gründlich blmnirt haben, wo sie trotz aller trüben Erfahrungen das gerade Gegentheil rnvartet Haden. Die Kitchener'sche Pro klamation hat durch die tapferen Führer der Boeoen die nöthige, würdig« Abweisung erfahren, und auch noch nicht «in einziger Boer hat aus Furcht vor den britischen Drohungen freiwillig die Wäffen gestreckt. Im Gegentheil, diese Drohungen haben zweifellos den entgegengesetzten Effect gehabt und den zähen Widerstand der BurgherS ebenso wie ihre kühne Offensiv« aufs Neue gestärkt und nach- drücklichergestaltet, so weit dies überhaupt noch möglich war, und so stehen die Engländer heute noch auf genau demselben Puncte, auf dem sie seit mehr als Jahresfrist gestanden haben. Lord Kitchener salbst muß in seiner letzten Summirung der bri tischen Heldenthaten rundweg zugestehen, daß in der Lage in der Lapcoloni« überhaupt nicht die geringste Veränderung statt gefunden hat, waS natürlich heißt, daß die britischen Truppen nicht einmal mehr die üblichen „schneidigen" Operationen aus führen und „glorreichen" Siege erfechten, sondern daß die Boeren nach wi< vor im wertestgchenden Maße tatsächlich Herren der Situation sind, riesige District« der englischen Capcolonie occu- pirt halten und tervorisiren und sich und ihre Pferde dabei aus Kosten der britischen Colonisien oder des britischen Transport wesens unterhalten. Zum Ueberfluß kommen neuerdings Nach richten, daß die Boeren im Aretstaate wiederum alle Anstrengungen machen, über den Oranjefluß nach der Capcolonie vorzudringen und sich dort mit den noch vor handenen Commandos zu vereinigen. Es rst zwar absolut nichts Genaues darüber bekannt, wo sich eigentlich Christian De Wet und Kommandant Kruitzinger, die beiden Hauptfllhrer der Freistaatler, aufhalten und was ihre Vorbereitungen und Pläne sind, aber so viel steht fest, daß diese beiden Männer inzwischen nicht müssig gewesen sind, sondern sorgfältig« und weitreichende Vorbereitungen für einen weiteren Vorstoß nach Süden in bri tisches Territorium getroffen haben. Wann sie den Zeitpunkt für gekommen erachten iverden, endlich loSzuschlagen und die Situation im Süden des Kriegsschauplatzes noch mehr zu Un gunsten der Engländer zu verschieben, ist vielleicht nur noch eine Frage von wenigen Tagen, denn nach den letzten Kabelnachrichten von Capstadt und Port Elizabeth u. s. w. deutet Alles darauf hin, daß sich im Süden des Freistaats wieder einmal große Dinge vorbereiten, lvelche die britischen Truppen zu stören oder zu ver hindern nicht im Stande zu sein scheinen. Christian De Wet wird sicherlich ebenso plötzlich wieder auftauchen und sein brillantes Soldatengenie wieder spielen lassen, zum andauernden Aerger und Verdruß der Engländer. Im Transvaal sieht es mit den Engländern nicht besser aus, denn auch dort sind die britischen Colonnrn nicht im Stande, andere Erfolge zu erzielen, als große Viehheerden zu Paaren zu treiben, Nichtcombaktanten, sowie Frauen und Kinder gefangen fortzuschlcppen und vereinzelt stehengebliebene Farmen niederzu brennen. Dabei gelingt es ihnen selten, mit den Boeren dauernd in Fühlung zu kommen oder ihnen größere Verluste zuzufügrn Mittlerweile haben bekanntlich Botha und SmutS (Letzerer in der Capcoftnie bei Cradock) den Engländern empfindliche Ver luste beigebracht. * Eraafreinet, 19. September. (Reuter-Telegramm.) 17 mit dem Lommando Lotter» gefangen genommene Aufständische standen heute unter der Anklage de» Hoch- verrathes und des Mordes vor Gericht. 14 bekannte» sich schuldig und baten um Gnade; der Rest wurde für schuldig be funden. Das Urtheil ist noch nicht verkündet. (Wiederholt.) * London, LO. September. (Telegramm.) Die gestrigen schlimmen Berichte Kitchener'» werden in den meisten Morgen blättern mit philosophischer Ruhe ausgenommen und die Vorgänge alS lediglich bedauernswert-« Zwischenfälle bezeichnet. Die „Times" messen den Meldungen aus Natal keine ernste militärische Wichtig keit bei(!?). „Daily Telegraph" findet Trost in der Betrach tung, daß die schlimmsten Niederlagen, welch« die Deutschen im Kriege mit Frankreich erlitten, stattsanden, nachdem die Schlacht bei Sedan den Feldzug thatsächlich entschieden hatte. Gleichwohl wird die Befürchtung au»gedrückt, daß die Boeren durch ihre Waffen erfolg, ermuntert werden, den Krieg fortzusetzen. „Times" hoffen, die Regierung werde jetzt elnsehen, daß der Krieg thatsächlich noch nicht vorüber sei und daß kräftige Maßregeln zu einer Abkürzung 'ergriffen werden müssen. — ES verlautet, Biljoen's Commando habe sich jüngst Botha's Truppen angeschlossen, während 14 kleine Com- mandos nunmehr im Oranjestaat und in der Capcolonie thätig sind. — Brüsseler Drahtungen melden, Krüger gedenke nun die Einmischung Amerikas zu Gunsten der Bocrensache anzurufeu, da Roosevelt angeblich boerensreundlicher al- Mac Kinley ist. Deutsches Reich. Q- Berlin, 20. September. (Wohnungsnoth und Wohnungspolizei.) Die Erkenntniß, daß die Woh nungsfrage vom socialen wie vom hygieinischen Standpunkt« aus von der größten Wichtigkeit ist, bricht sich erfreulicher Weift immer mehr Bahn. In der Absicht, hier fördernd einzugreiftn, hat die Württemberg'ische Regierung für alle Stadt« und Gemeinden mit mehr als 3000 Einwohnern (insgesammt rund 100) die Einrichtung einer Wohnungsinspection ange ordnet , und zwar für alle Wohnungen mit drei oder weniger Wohnräumen und solche, in welche Schlafgänger gegen Entgelt ausgenommen werden. Diese Im spection soll entweder durch besonders anzustcllende Beamte vor genommen werden oder durch Mitglieder der Ortsfeuerschau oder endlich durch Schutzleute. So anerkennenswerth dies« Maßregel vom hygieinischen und sittlichen Standpunkt« aus sein wag, so unterliegt sie doch mancherlei Bedenken; oor Allem aber ist sie in keiner Weise geeignet, der Wohnungsnoth abzuhelftn, in gewisser Weis« wird sogar das Gegentheil davon erzielt werden. Die Maß regel ist denn auch, wie di« „Sociale Praxis" berichtet, besonders in den mittleren und kleineren Städten mit Mißtrauen ausge nommen worden und manche Städte suchen sich überhaupt der ihnen gestellten Aufgabe zu entziohen. Es ist dies nur zu natür lich. Di« Abneigung der Bevölkerung gegen ein Uebermaß von Beaufsichtigung ist durchaus begreiflich, und wenn die beaufsich tigende Person sogar in die Wohnungen eindringin darf, so ist der Widerwille dagegen zu einem guten Theil« berechtigt. Wir sind durchaus Freunde socialer und hygieinischer Maßnahmen, aber wenn man etwas erreichen will, so muß man sich nach Möglichkeit davor hüten, die Menschen zu belästigen, vor Allem aber in ihren Privatverhältnissen herumzuschnüffeln. Wie stark «ine Wohnung mit Mensechn belegt ist, läßt sich jederzeit aus den pdliz«ilichen Anmeldungen und Abmeldungen entnehmen. Wenn nun Woh nungen, hie beispi«lsweise mit Schlafburschen zu stark besetzt sind, gesperrt werden sollten, so wäre dies hygieinisch wohl berechtigt, gleichzeitig aber würde naturgemäß die Wohnungsnoth dadurch gesteigert und es würden zugleich die Wohnung«» theuerer. Nicht in der Beaufsichtigung der Wohnungsocrhältnisse und noch weniger in der Sperrung können wir das Heil erblicken, sondern in der Schaffung ausreichender und billiger Woh nungen. Hierbei können di« Gemeinden viel mehr und Positiveres leisten, als durch die Wdhnunqsbeaufsichtigung. Wenn die „Sociale Praxis" beispielsweise meldet, daß in Calw eine Linderung der WohnungSnoth durch den Bau zweier städtischer Gebäude und mehrerer Privatgebäüde erhofft, in Pfüllingen di« Gründung eines Bauvereins mit städtischer Unterstützung ange strebt, in Göppingen der Bau- und Sparverein, der Wohnungen zu einem 10 bis 20 Procent billigeren Preise als dem bisher üblichen Herstellen will, durch Uebernahme von Antheilscheincn durch die Stadt gefördert werde, in Reutlingen endlich der Bau verein 30 000 zu niedrigem Zinssätze vorgeschossen erhalten soll, so erblicken wir darin id«n Anfang zu einer gesunden Ent wickelung. Denn durch die Schaffung neuer Wohnungen durch gemeinnützige Verbände wird nicht nur dem Wohnungsmangel abgeholfen, sondern es wird zugleich eine Concurrenz geschaffen, die die Hauseigenthümer zwingt, mit den MiethSpreisen für mittlere und kleinere Wohnungen h«runterzug«hen, oder zum Mindesten nicht eine weitere Steigerung eintretcn zu lassen, wie sie sich bisher, besonders in den größeren Städten, unaufhaltsam vollzogen hat. Ist aber die Wohnungsnoth durch die Erhöhung der Zahl und durch die Verbilligung der Wohnungen gehindert, so ergeben sich die durch die Wohnungsaufsicht beabsichtigten hygieinischen Vortheile von selbst. Man glaube doch nicht, daß die Ueberfüllung der kleinen Wohnungen durch Schlafburschen von den Wohnungsinhabcrn zum Vergnügen oder auS Geldgier herbeigefllhrt worden sei. Der kleine Handwerker und der Ar beiter mußten eben Schlafburschen aufnehmen, weil eS sonst für sie ganz ausgeschlossen war, die immer höher werdenden Miethen aufzubringen. Mit der Sperrung überfüllter Wohnungen faßt man die Sache am verkchrten Ende an: man geht nicht an die Wurzel des Uebsls, sondern an das aus dem Uebelstande sich nothwendig ergebende Resultat heran. Nicht durch polizeilich« Bevormundung, von der wir gerade genug haben, sondern durch positive Leistungen wird man den socialen Frieden Herstellen. Der Wohnungsinfpicient wird nicht versöhnend, sondern er bitternd wirken, und zwar nicht nur auf die HauSwirthe, sondern vor Allem auch auf die Miether. Ist es, wie in Reutlingen beschlossen worden ist, rin Schuhmann, so braucht ja gar kein Wort darüber verlor«» werden, wie das Eindringen dieses uni- formirten Hüters des Gesetzes in die Wohnung empfunden wird; ist es, wie in Stuttgart geplant ist, ein Mann in ehrenamtlicher Stellung, so wird der Contrast zwischen der socialen Lage des Jnspicienten und derjenigen der Jnspicirten von den Letzteren oft genug bitter empfunden und vielleicht dem Jnspicienten in un erfreulicher Weise zum Ausdruck gebracht iverden. -ft Berlin, 20. September. (Theater und Ger-> manisirung.) In der Stadtverordnetenversammlung zu KönigShütte gab es letzthin eine scharfe Auseinander setzung wegen der Unterstützung des „Oberschlesischen Städte« bund-Theaters". Das Theater, das in einer Anzahl von Städten Vorstellungen geben soll, beabsichtigt, in KönigShütte etwa 24 bis 30 Mal jährlich zu spielen und soll 1500 jähr lichen Zuschuß von der Stadt erhalten. Darob große Er regung der polnischen und polenfreundlichen Stadtver ordneten, von denen der eine so weit ging, die Zulassung aus ländischer Schweine (!) zum städtischen Sch-lachthose mit dem Theaterplan in Parallele zu stellen. Mit sehr erheblicher Mehrheit wurde indessen die Unterstützung für das Theater be willigt. Wenn man die Verhältnisse in den oberschlesischen Städten kennt, die von der Natur sehr dürftig mit Reizen aus gestattet sind und in denen daS Spiel und der Ungarwein eine sehr große Rolle bei den „geistigen Genüssen" spielen, so sollte man meinen, daß alle Stadtverordneten ohne Unterschied der Nationalität sehr dankbar dafür sein müßten, wenn sür einen vergleichsweise sehr geringen städtischen Zuschuß die Möglichkeit eines vornehmeren und edleren Genusses geboten wird. Von dem moralischen Standpunkte aus ist also der Beschluß der Stadtverordnetenversammlung nur zu begrüßen. Ob das Theater in nationaler Hinsicht viel nützen, d. h. ob eS den Germanisirungszweck fördern wird, erscheint uns viel frag- würvigcr. Di- Geistlichkeit und die polnischen Agitatoren werden jedenfalls das Ihre dazu thun, um der polnischen katholischen Bevölkerung den Besuch des Theaters zu verleiden, und so wird der Theatersaal wohl fast ausschließlich von Besuchern gefüllt werden, die der Germanisirung nicht mehr bedürfen. Wir messen diesen Mitteln der Germanisirung in Oberschlesien ebensowenig Bedeutung bei, wie in der Provinz Posen. Der einzige Erfolg in dieser Hinsicht kann sozusagen nur ein nega tiver sein, insofern nämlich, als wenigstens die Deutschen durch derartige Mittel und Centren deutscher Cultur vor der Polonisirung bewahrt werden. Schon diese Möglichkeit scheint der „Köln. Volksztg." sehr unbequem zu sein, denn sie schreibt mit verbissener Wuth: „Nun fehlt nur noch ein Circus mit hakatistischer Tendenz, der Oberschlesien, Posen, West preußen u. s. w. besucht." Der Gedanke ist gar nicht so übel, nur ist ein Circus ziemlich theuer. Vielleicht aber ließe sich'S machen, wenn die Herren von der „Köln. Volksztg." gratis ihre Clownspäße zum Besten gäben und wenn ein gewisser bekannter Centrumsabgeordneter ebenfalls gratis seinen be rühmten Eiertanz zur Aufführung brächte. Hs. d Berlin, 20. September. (Entwickelung deS internationalen KabelwesenS.) DaS Netz der unter seeischen Telegrapbenkabel der Welt ist seit dem letzten Jahre nicht unwesentlich gewachsen. ES hatte zu Anfang des JabreS 1900 eine Länge von 320 000 km, im Mai 1901 eine solche von rund 355 000 km. DaS WachSthum der Kabel ist in den einzelnen Jahren des letzten DecenniumS ein verschieden großes gewesen. Den Höbepunct bildete 1900 mit rund 26 000 km, den Tiefstand 1895 mit 3300 km, inSgesammt betrug die Vermehrung 1891/1900 rund 126 000 km. An der Spitze der Kabel besitzenden Länder marschirt nach deu neuesten Daten nach wie vor England mit 236000 km, Amerika verfügt über 55000 km, Frankreich über 33 000 km und dann Deutschland über fast 15 000 km. Anfang 1900 batte Deutschland erst 6200 km Kabellänge aufzuweisen, wovon 4200 km Eigentbum der deutsche» Postverwaltung waren. 1901 sind in Regierungsbesitz 4882 km, in Händen von Privatgesellschaften 9731 km. In Privatbesitz sind in Amerika alle Linien, in Frankreich mehr als »/, der Kilometerzahl, in England von der großen Summe nur 8600 km Regierung-- kabel. Wenn der Bau der Unterseekabel für daS deutsche Reich weiter derartige Fortschritte macht, wie im letzten Jahre, da- mehr als eine Verdoppelung de- Bestände» bracht«, so gewinnt der Plan, den Frankreich für sich allein auch schon verfolgt, bald greifbare Gestalt, sich durch eigene Linien und unter Benutzung des ausgedehnten Netzes der Nordischen Telegrapben-Gesellschast von dem Monopol Eng lands zu befreien. Gelingt dieser Plan, so wäre für Deutsch-
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