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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 26.09.1901
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1901-09-26
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-19010926021
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1901092602
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1901092602
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1901
- Monat1901-09
- Tag1901-09-26
- Monat1901-09
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Donnerstag den 26. September 1901. die 6 gespaltene Petitzeile LS H. Neclame» unter dem Redactionsstrich s» gespalten) 7b H, vor den Famtliennach» richten (8 gespalten) LO Tabellarischer und Zifferusatz entsprecheud höher. — Gebühre» für Nachweisungen und Offertenanaahm« 2b H (excl. Porto). Grtra-Beilagen (gefalzt), nur mit der Morgen-Ausgabe, ohne Postbefürderung 60.—, mit Postbesörderung ^l 7V—, Anuahmeschluß für Ätyeigen: Abeud-Au-gabe: Vormittag» 10 Uhr. Morgeu-AuSgab«: Nachmittag- 4 Uhr. Bei den Filialen und Annahmestelle» je eia» halbe Stunde früher. Anzeigen sind stets an di« Expedition zu richten. Die Expedition ist Wochentag» ununterbrochen geöffnet von früh 8 bi- Abend» 7 Uhr. Druck u»d Verlag vo» L. Polz « Leipzig. 85. Jahrgang, Der Krieg in Südafrika. Die letzten Niederlagen der britischen Truppen haben in England selbst wieder Anlaß zur Aufstellung von allerhand Plänen gegeben, wie der Krieg am schnellsten beendet werden könnte. Herr vr. Conan Doyle, der als ein per fekter Kenner der Verhältnisse in Südafrika gilt, schlägt vor, aus 3000 der leichtesten tüchtigsten Leute mit 6000 Pferden eine Truppe zu bilden, welche ohne Geschütze und ohne Bagage auf die Boerenregierungen Jagd machen soll, „wenn nöthig durch ganz Afrika". Auf diese Weise könne man der „Schlange" gleich den Kof abhauen, während man ihr jetzt „alle Wochen ein Stück vom Rumpfe abhacke". Wie diese 3000 steiler mit ihren 6000 Pferden genährt werden sollen, sagt dieser „Kenner" nicht. Im Uebrigen glaubt vr. Conan Doyle, daß der Krieg noch zwei Jahre dauern werde, wenn ein allgemeiner Aufstand in der Capcolonie ausbrechen sollte. In dieser Beziehung mag er Recht behalten. — Es befinden sich augenblicklich noch 200 000 Mann britischer Truppen in Süd afrika, und von diesen sollen 90 000 Mann beritten sein. Etwa 15 fliegende Colonnen in der Stärke von 800 bis 1500 Mann durchziehen Gebiete, die mit Infanterie-Stationen besetzt sind, und ihre Hauptbeschäftigung besteht darin, das Land von allen Lebensmitteln zu entblößen. Damit schaffen dann die Eng länder sich selbst Hindernisse für die Absendung neuer Strcif- colonnen. Vergreifen sich dann, wie es jetzt wieder der Fall ist, Boerencommandos an den Eisenbahnlinien, so wird die Sache noch schlimmer. So wird uns berichtet: * Bloemfontein, 24. September. Die Zufuhr an Nah. rungSmitteln ist sehr knapp und entspricht nicht dem Be. dürsnisse, wodurch große Unzuträglichkeiten verursacht werden. Die Boeren schienen sich also nicht auf die Wegnahme zweier Geschütze bei den Wasserwerken von Bloemfontein beschränkt zu haben, sondern überhaupt die ganze Umgegend zu beherrschen. Die Zahl der Freiwillige» von Natal, die in Folge der Thätigkeit Botha's in Natal mobil gemacht worden sind, beträgt etwa 2000. Sie wurden zu Beginn des Krieges bereits cingezogen und wurden gerade vor einem Jahre entlassen. Die Volunteers sind mit modernen Gewehren aus gerüstet, aber ihre Artillerie soll völlig veraltet sein. * Nqut» (Aulnland), 23. September. Eine große Nbthei« lung Boeren unter dem Commando Botha's hat hier, von der D« - DagerS» Drift kommend, am 2l. d. Mts. passirt und am Khandhi-Berg an der nach Transvaal hin gelegenen Seite gelagert. * Pretoria, 25. September. lReuter'S Bureau.) Gegen zehn Boerenführer, die sich seit dem 15. September in englischer Gefangenschaft befinden, wurde auf Verbannung auS Südafrika für immer erkannt. Politische Tagesschau. * Leipzig, 26. September. Der focialdemokratische Parteitag in Lübeck hat eine Menge Zeit und Lungenkraft auf den „Fall Bernstein " verwendet, der den Parteihäuptern schon lange den Schlaf ge raubt hat. Da die Mehrzahl der Delegirtenwahlen zu dem Parteitage ebenso zu Stande kcknmt, wie ehemals die meisten Wahlen zum gesetzgebenden Körper des dritten französischen Feuilleton. Themis im Gebirge. Zwei Erzählungen aus dem Allgäu vonArthurAchleitner. Nailtruck vnbru». „Die Nummer ischt di« Hauptsache!" rief erregt Ruef. „WaS für «in« Nummer?" „Die Nummer der Traumbedeutung zum —" „Huih! Capisco! Freilich steht eine Nummer dabei, und diese heißt: Es wird 'fortgesoffen!" „WaL?" „Ja so! Was versteht der Kuhschwanz vom tarolen!" „Wie meint der Nachbar?" „Na, vom B'iercommeni weiß der ehr- und tugendsame Haus vater natürlich nichts! Also Paragraph elf gilt der Ziffer nach auch für Euren Glückstraum!" „Numero 11, hm, ein« gute Nummer, aber die kommt itt' »st 'rauS!" „Schlagt den Ofen ein — der Nachbar spielt in der k. k. Lotterie! Artikel 57 des Polizeistrafgesetzcs sagt: Mit Geld hiS zu 150 Mark wird bestraft, wer in einer in Bayern nicht zugelassenen Lotterie spult. Das österreichische Lotto ischt in Bayern verboten. Der H«rr Nachbar kommt da in Kollision und Straf«, so er angezeigt wird!" „Ar werdet doch ikt'?" „Geht mich nichts an! Ich bin Ferienmensch und noch nicht decretirter Amtsrichter! Etzliche Wochen später wäre der Fall anders! Wollt Ihr Nr. 11 setzen?" „Eine Nummer kommt itt' leicht heraus!" „Hm! Hat Euch denn sonst nichts geträumt?" „Freilich! Ganze Haufen Fledrrmäus' sind vom brennenden Haus weggeflogen!" „Mrd immer besser! Suchen wir „Fledermaus" im Traum- biichrl! Hat ihn schon! Pagina 42 „Fledermäuse sehen, bedeutet zweifelhaften Erfolg in Geschäft«», flattrohoft« Umgebung" —" „Sell könnt' stimmen!" warf Ruef trocken ein. „Dummes Zeug! Wer wird da auf ein Traumbuch«! was geben! Nummer 6 hat dieser Fledermaus-Traum!" „Taugt nix seile 6! Einschichtig« Zahlen kommen iss leicht heraus!" Der Schatt spottete; .versuche« wir «» doch mit was Kaiserreichs, nämlich auf Grundlage des famosen Instituts der officiellen Candidaturen, so war vorauszusehen, wie das Ketzer gericht über Bernstein entscheiden würde, obwohl die für und die wider den während eines langjährigen Aufenthalts in dem nüchternen England auf den Boden der Thatsachen zurück gekehrten ehemaligen Extremen eingebrachten Anträge einander ursprünglich die Waage hielten. Die Beeinflussung führte eben das Resultat herbei, und das ist für die Socialdemokratie wie für ihre Gegner die Hauptsache; auf das Ergebniß kommt praktisch nicht viel an. Interessant und amüsant ist aber der heilige Zorn, mit dem der Hohepriester Bebel und der oberste, als solcher parteiamtlich anerkannte Schriftgelehrte Kautsky den wider das Wort murrenden Sünder Bernstein zwar nicht in eine mit Schwefelflammen geheizte Hölle, aber — und das ist für einen Politiker das Schlimmere — in den kalten und kalt stellenden Hades einer mundverbietenden und den Antrag der wilden Naturburschen aus Berlin nur scheinbar mildernden Resolution zu verstoßen trachteten und verstießen. Bebel scheute auch vor antisemitischen Anspielungen nicht zurück, wovor übrigens gegenüber dem Genossen Parvus auch Auer nicht zurückschreckte. Bebel bezeichnete weiter den Bernstein von heute mit dürren Worten als Confusionarius und sprach eine Weile von ihm, wie vormals Leute von dem „Dreschgrafen" Pückler. Darauf hätte er auf Unzurechnungsfähigkeit plaidiren müssen; aber nein, er blieb unerbittlich und formte — der Ruhm soll ihm unbenommen bleiben — eine staatsanwaltliche Leistung höheren Grades mit einem starken Zug in das nach Scheiterhaufengeruch lüsterne Pfäffische. Es war ein recht wirksamer Coup, als der Ankläger ausrief: „Hätten wir seine (Bcrnstein's) Taktik schon früher befolgt, so wäre heute die socialdemokratische Partei zu Grunde gerichtet." So etwas wirkt. Aber wenn auch Bernstein selbst eine Art Uriel Akosta-Act an sich vollzogen hat, wer weiß, ob die Reue bei ihm vorhält, und wenn dies geschehen sollte, so wird es doch heißen: den Bernstein sind sie los, die Bernsteine sind geblieben. — Eine sehr wichtige Lehre haben die Lübecker Verhandlungen über die polnische Frage der preußischen Regierung gegeben. Wohl steht die socialdemo kratische Parteileitung jetzt noch an — und der Parteitag stimmte ihr darin bei —, Oberschlesien und Posen mit polnisch geschriebenen Zeitungen für das Volk zu versorgen. Das ge schieht, weil die polnischen Socialdemokraten nicht in Reih und Glied marschiren wollen. Sie wollen etwas voraus haben. Man merkt ihnen an, daß sie mit der socialdemokratischen Agitation eine polnisch-nationale treiben wollen. Manchen unter den deutschen Socialdemokraten ist es sogar gewiß, daß cs den polnischen Socialdemokraten viel mehr auf das Polnisch- Nationale ankommt, als auf die Lehren der Socialdemokratie. Sie sagen den Polen nach, daß ihnen die socialdemokratische Politik nur ein Deckmantel sei, unter dem sie ihre national polnischen Bestrebungen verstecken. An dieser Anschauung kann es nichts ändern, wenn die Polen auch noch so lebhaft betheuern, sie wollten durch die polnischen Preßerzeugniste im socialdemo kratischen Sinne nur dem socialdemokratischen Grundsätze der Jnternationalität dienen. Durch den Beschluß des Lübecker Parteitages ist das Verlangen der polnischen Socialdemokraten nach polnischen Volksblättern vorläufig abgelehnt, aber nur vorläufig. Die Erfüllung ihres sehnlichen Wunsches ist auf geschoben, aber nicht sicher aufgehoben. Die Polen werden nicht ruhen und mit ihrem Verlangen immer wieder kommen. Viel leicht erscheint es einem der nächsten socialdemokratischen Partei tage taktisch angebracht, polnische Volksblätter in Posen und Oberschlesien zu gründen. Dann aber sind die Polen in beiden Bezirken reichlich und überreichlich mit polnischem Lesestoffe versehen. Wie soll sich dagegen deutsche Volksliteratur be haupten? Die preußische Regierung ist also, wie die „Voss. Ztg." mit Recht betont, durch die Lübecker Berathunqen aufs Ernsteste gemahnt. Alles daran zusetzen, deutsches Wissen in Posen und Oberschlesien zu verbreiten, so lange die Gelegenheit dazu noch in dem Maße geboten ist wie jetzt. Wer weiß, wie lange es noch währt, bis nach dem Eingreifen der Socialdemo kratie die Schwierigkeiten schier unüberwindlich werden. Vor einigen Tagen wurde aus Bayern berichtet, in Tuntenhausen habe am letzten Sonntag in einer Versamm lung des bayerisch-patriotischen Bauernvereins der Prälat vr. v. Daller u. A. gesagt: „Ich sehe nicht ein, wohin es führen soll, wenn nicht von Seiten deS Reichs mit Sparen vorangegangen wird. Wenn man dem Volke so schwere Lasten auferlegt, so muß man auch seine Wünsche berücksichtigen, uns von Seite Deutschlands so entgegen- kommen, daß man, wenn auch nicht gerne, so doch nicht mit Erbitterung dabei ist." Diese für Herrn vr. v. Dallcr höchst charakteristische Aus lassung bat selbst in bayerischen CentrumSkreisen Ver stimmung, wenn nicht Erbitterung hervorgerufen. AuS diesen Kreisen geht nämlich der „Allgem. Ztg." folgender Protest gegen die Kundgebung zu: „Wir bedauern diese, den Thatsachen keineswegs ent sprechende Aeußerung umsomehr, als unsre Gegner keine Gelegenheit vorübergehen lassen, ohne gegen uns Centrums leute den Borwurf der Vaterlandslosigkeit (wie er schon in dem Worte „ultramontan" zum Ausdrucke kommt) zu er heben. Daß dies nun aber in Zukunft erst recht und scheinbar mit guten Gründen gethan wird, unterliegt wohl keinem Zweifel. AuS diesem Grunde soll es auch offen bier ausgesprochen werden, daß Herr vr. von Daller von ganz falschen Voraus setzungen ausging, als er meinte, wir Angehörige des Centrums und Katholiken in Bayern gehörten nicht gerne dem deutschen Reiche an. Wahr ist das gerade Gegentheil, denn wir wissen nur zu gut, daß unser angestammtes Vaterland Bayern bei der heutigen politischen Constellation eines schützenden Daches benöthigt und daß rin solch wirksamer Schutz nur in einem mächtigen, einigen Deutschland zu finden ist. Beweise für die An hänglichkeit an Las große deutsche Vaterland brauchen wir hier wohl kaum zu erbringen, denn die Geschichte der letzten 30 Jahre enthält deren ohnedies genug. Richtig ist es aber, daß, wie Herr vr. v. Toller in seinen weiteren Ausführungen meinte, wir bayerischen Katholiken fest und treu zu unserem äu gest a in mten Wittelsbacher Herrscherhaus stehen, eine Thatsache, die schon aus Gründen der einfachsten Logik uns die Stellungnahme auch dem deutschen Reiche gegenüber dictirt. Hat ja doch unser unvergeßlicher König Ludwig II. an der Gründung des deutschen Reiches ganz hervorragenden Antheil genommen und ist doch auch Vrinz-Negent Luitpold, der heute die Geschicke unsres lieben BayerlandeS lenkt, einer der treuesten und eifrigsten Hüter ter deutschen Reichsverfassung. Wie könnte »S, so fragen wir, unter diesen Umständen für uns Katholiken möglich sein, mit Unlust dem Reiche anzugehören? Freilich haben wir noch nicht volle Glaubensfreiheit erlangt, freilich flammt es noch mitunter in den Aschenresten des Culturkampfes auf — allein, um diesen Brand vollständig zu löschen, giebt es nur ein Mittel: den engsten Zusammenschluß aller deutschen Katholiken von der Alpenkette bis zum MeercSstrand, wie ein solcher ja auch durch unsre deutschen Katholikentage alljährlich zu beredtem Ausdruck kommt. Co .Herr vr. v. Daller, liegen wirklich die Verhältnisse, und an diesen vermag auch Ihre persönliche Meinung und etwaige Verstimmung nichts zu ändern." Ob der Verfasser, den Herr vr. v. Dallcr als einen verkappten Liberalen Wohl nicht zu bezeichnen wagen wird, mit Recht behaupten darf, der größte Theil der Angehörigen des Centrums werde sich diesem Proteste ansckließen, ist frei lich nicht ausgemacht; eS ist aber schon erfreulich, daß er selbst den Muth hat, gegen den Parteigewaltigen aufzutreten. Geschähe daS in allen Fällen, in denen ein heimischer oder ausländischer Kämpfer für „volle Glaubensfreiheit" der Katholiken das deutsch-nationale Empfinden seiner Leser oder Hörer verletzt, so würde dem gegen das Centrum gerichteten Vorwurfe der Vaterlandslosigkeit allmählich der Bode» ent zogen werden. In eine eiyenartige Zwangslage ist di« englische Kriegsq Verwaltung durch den Boc-renkrieg in Indien gerathen. Nicht nur mußte der übliche Austausch der Weißen Truppentheil« mit dem Mutt«rlande seit Herbst 1899 unterbleiben, und warten einzelne Regimenter also bereits aus Ablösung, es ist auch nicht möglich gewesen, die ausgedienten Leute heimzusenben, weil es an Ersatz fehlte und eine weitere Entblößung des Landes von Soldaten gefährlich erschien. Die Zahl der national-englischen Truppen dort beträgt zur Zeit nur noch etwa 60 000. Von diesen hat fast die Hälfte, nämlich 24 000 Mann, in den nächsten Wocken der vertraglich eingegangenen Dienstverpflichtung genügt. Ein Theil dieser Leute hat sich vor Jahresfrist zum Capituliren auf 12 Monate bereit finden lassen, aber auch diese Frist läuft in Kürze ab, und die Betreffenden erscheinen wenig geneigt, sich noch einmal auf ein Jahr zu binden. So hat man sich zu dem Ver such entschlossen, durch außergewöhnliche Vergünstigungen wenigstens einen Theil der Leute zu bewegen, sich abermals an werben zu lassen. Allen mit siebenjähriger Dienstverpflichtung Eingetretenen, die sechs Jahr« und drei Monate oder eine längere Zeit bereits abgedient haben, wird eine besondere Vergütung von 200 und ein zweimonatiger Urlaub nach dem Mutterlande, bei Verzicht auf letzteren 120 mehr, gewährt, wenn sie sich zu einer zwölfjährigen Gesammtdienstzeit verpflichten. Das Er- gcbniß dieser Neuerung dürfte indeß, selbst wenn es «n sich be friedigend 'ist, die Gesammtlag« nur wenig ändern. Der Schritt des liberalen spanischen Cabinets Sa tz a st a in der Frage der religiösen «enoffenschaften findet den Beifall der liberalen spanisch«» Presse, obwohl die Stellung einer sechsmonatigen Frist für die Eintragung der Genossenschaften in die Präfectur- Register als eine ziemlich zahme Maßregel betrachtet werden muß, die eigentlich nur die Ausführung eines schon be stehenden Gesetzes bedeutet. Das Decret hat als Hauptzweck, die Einwanderung französischer Congrega- tionen nach dem ohnehin mit Mönchen genügend gesegneten Spanien zu verhindern. Natürlich wird dieser Schritt, der im klerikalen Lager begreifliche Bewegung hervorgerufen hat, von den Liberalen nur als ein erster auf der Bahn einer endlich nachdrücklichen Bekämpfung deS übermächtigen spanischen Kleri- kalismus betrachtet und man erwartet, daß Sagasta es bei diesem Anlaufe nicht bewenden lasse. Andernfalls hätte das Cabinet mit dem drohenden Abfall gewisser liberaler Gruppen zu rechnen. Ob Sagasta den Muth besitzt, den Kampf mit den Klerikalen allen Ernstes aufzunehmen, dürfte sich in Bälde zeigen, nachdem in Rom die Verhandlungen wegen Revision des Concordats in Fluß gerathen sein werden. Deutsches Reich. tt Berlin, 25. September. Mit dem bevorstehen» den Quartalswechsel treten einige gesetzliche Be stimmungen in Kraft. Darunter befindet sich auch der Passus des Handwerksorganisationsgesetzes vom Jahre 1897 als gesund ischt, wünsche wohl gespeist zu haben, ich druck' mich in Gottes freier Natur! Behüt' Gott, Muetti bis zum Abend!* Und fort war Eugen, schnell wie der Wirbelwind. Zum Abend kam der flotte Praktikant just recht, da das Gesinde des heimathlichen Gehöftes in der Eßstube Tiroler Knödel mit Salat verzehrte. Dies Gericht sehen und sich mit der Betheuerung, daß es in Tirol auch nicht ohne sei, zum Tisch setzen und wacker füttern, war für Eugen eins. Geehrt und bescheiden, bereitwillig machten Knechte und Mägde Platz, der Oberknecht wollte gar den Tisch verlassen aus Höflichkeit, doch Eugen ließ dies nicht zu. Nach beendeter Mahlzeit und dem üblichen Tischgebet zögerte das Gesinde bis auf die Magd, deren Pflicht das Abräumen war, mit dem Aufbruch, und eme Dirn faßte Muth, den Herrn Flcschhut zu bitten, es möge der junge Herr doch so gut sein und eine recht criminale Geschichte erzählen. „So? Willst wohl gar mit 'm Gericht Bekanntschaft machen?" lachte Eugen, zeigte sich aber bereit, den Wunsch zu erfüllen. Nur wußte er nicht, was er den Leuten zum Besten geben sollte. Plötzlich fiel ihm der famose Feuertraum deS Nachbarn ein und damit ein allerdings vom Gericht unauf geklärter Fall. So begann Eugen denn: „Weil mir der Säg müller heut' verzählt hat, es habe ihm vom Feuer und Ab brennen geträumt, will ich Euch einen interessanten Fall aus der Praxis schon verzählen. In einem älteren Act hab' ich ge lesen, daß eine Mahlmühe eines Tages, ja am helllichten Tag niedergebrannt ischt und vom Brandstifter hat man niemals eine Spur entdeckt. Wie's zugegangen ischt, weiß man heut' noch itt'! Aber der Staatsanwalt hat etwas ganz Feines herausgeklügelt, weil auf der Brandstatt etwas wie Reste eines Brennglasapparatcs vorgefunden worden sind. Also wurde vom Gericht angenommen, nicht bewiesen, daß die Brandstiftung durch ein Brennglas hervorgerufen wurde, und zwar durch einen sakrischen Mühljungen, der mit dem Bauern und Müller einen Krach wegen irgend etwas gehabt hatte. Etliche Tage später verließ der Bub das Anwesen und etwa dreiviertel Jahr später ist am helllichten Nachmittag das Haus, das der Mühl' gegenüber stand, sauber nieder'brennt. Alles war auf dem Feld, vom Haus blieb nichts übrig als die Mauern. Wie die Geschichte zugegangen sein mag, weiß man, wie gesagt, nicht, aber der Staatsanwalt hat sich den Fall so zurecht gelegt: Der Mühlbub in seiner Rache hat auf dem Dache der Mühl' eine Vorrichtung angebracht, um das gegenüberliegende Bauernhaus, das lumpig genug mit Stroh gedeckt war, anzuzünden. Der Lump hat im obersten Theil des Mühlbodens, auf dem seit Menschengedenken kein Mensch je hingekommen ischt, vor einer Dachluke eine starke eiserne Feder mit einer Schnur nieder. Anderem, z. B. krumme Füße haben, he? Krumme Füße: Pagina 45, famose Nummer, Nachbar, ganz famos: 88!" „Das wäre besser: 11 und 88. Die setz' ich arubo solo! Ich wett', die zwei Zahlen kommen 'rus!" „Na, viel Glück! Setzt aber itt' zu viel! Ischt ein Unsinn!" Mit Ruef war nichts weiter anzufanzen, der Mann blieb im Bannkreis seiner Lotio-Comvinationen und wollt« nicht länger gestört sein. Eugen wünscht« daher „gesegneten Appetitt", drückte sich in die Küche, um Cilli noch schnell zu begrüßen. Die Eßglocke am First des elterlichen Gehöftes rief Flcschhut dann aber heim. Bei Tisch brachte Frau Flcschhut einige Vorwürfe an, die mit Bemerkungen über spätes Hausverbassen, Huigartgehen gleich am ersten Abend, begannen und sich allmählich zu einer War nung steigerten, nich: zu viel sich mit dem Sägmüller abzugebon, denn der Nachbar sei nach der Leute Meinung dem Lotterie spielteufel verfallen. „Hui!" lachte Eugen, „nun kann's gut werden!" „Was meinst Du?" „Na, ich Han ihm zu zwei ausgezeichneten Lotterienummern verholfen!" „Du, der künftige Strafrichter?" „Freilich! Krumme Füß' und Feuer sehen, Kindersegen! Nr. II und 88! Die Cilli hat sich schier krumm gelacht!" „Aber, Eugen! Du treibst die Studenienscherzc zu weit! Cilli ischt eine brave Föl!" „Sei nur wieder gut, Muetti! Der Kindersegen geht ja txn Alten an, der ischt Wittwer, eisgrau auf'm Schädel! Ich möcht' blos wissen, wie diel der Nachbar auf das dumm« Spi«l setzt!" „Frag' lieber itt'! Man hört nichts Gutes über ich»! Er soll ganz närrisch viel Geld in's nächste Ldltoamt über 'der Grenz' schicken! Vom Gewinn hört man nix!" „Na, so dumm wird der Sägmüller kaum sein und den Leuten auf die Nase binden, wenn er waS gewinnt. Viel schaut itt' heraus bei der ganzen Geschichte!" „So oder anders — ich meine, es ischt besser, Du meidest das Nachbarhaus! Huigarten können Bauernburschen! Du, der Hochg'studirtc, sollt«st das lassen!" „Aber, lieb' Muetti! Du sagst ja selbst: die Cilli ischt eine brav« Föl! Ich huigart« ja nicht dem Alten, nur der Cilli! Und so viel häng' ich doch noch an Hcimath und deren Gebräuchen, um mit zu leben, wie's Brauch ischt im li«b«n Allgäu! Du solltest es eher an mir loben, daß ich mir die Liebe zu Natur und Heimath draußen in der kalten Stadt bewahrt hab'! Wir viele Buben vom Sand vergessen daS Heimathle, werden städtisch in Kinnen und Trachten, verlern«« dir Freud' an Natur und Volksleben! Gott bewahr' mir die Anhänglichkeit rn's Vater haus, an Heimath und L'andsleui'!" Wie verklärt blickte Muetti auf den warmfühligen Sohn, der innigen Tones seiner Heimathsliebe so beredten Ausdruck zu geben verstand. „Du bischt brav, Eugen! Mir macht es ja Freud', Dein: Lieb' zum H«imathle! Aber sell kann ich doch itt' verdrucke: In Huigart paßt ein G'studirtcr nimme!" „Na, für später mag die lieb' Muetti ja Recht haben! Der Amtsrichter kann nimmer huigarten! Aber noch bin ich blos Rechtspraktikant, „frei ischt der Bursch", und die Ferien möcht' ich schon durchkosten! Und die Cilli ischt ja so viel lieb' und nett! Schau, Muetti! Ich ha'n als Knirps gern mit des Nachbar Föl gespielt, gerauft, hab' di« Cilli gegen Lausbuben verteidigt, bin für 's Maidli oft genug jämmerlich durchzeprügelt worden. Dergleichen haftet in der Erinnerung, ich kann der Cilli itt' bös' sein!" „Du bischt ein braver Sohn!" „Oraricm!" „Wenn Du aber gar so scherwenzelst, mutz da die Cilli itt' auf andre Gedanken kommen?! Weckst Du so itt' Hoffnungen? Hat der Herr Amtsrichter etwa die Absicht, die Föl in die Stadt zu nehmen und zur Amtsrichterin zu machen?" Jetzt schwieg Eugen. An dergleichen Entwickelungen aus seinem harmlosen, brüderlichen Verkehr mit der Nachbarstochter hat er wahrlich nicht gedacht. „Siehst Du, Eugen! Dein Schweigen ischt die beste Ant wort! Und scheint die Cilli noch so brav —" einmal muß sie schlafen geh'«!" lacht: im alten Uebermuth der unverbesserlich« Schalk. Unbeirrt führte die Mutter aus: „Es ischt am Maidli gar nichts auszusetzen, aber das Spielen vom Nachbar, das ischt eine bedenkliche Sach'! Wer weiß, wie schlecht Ruef bereits steht —!" „Deswegen laß' ich mir keine grauen Härle wachsen! Komm' ich mal zum Heirathe, ich nehm' die Cilli, auch wenn sie nuit hat!" „Das wird der Herr Amtsrichter gefälligst bleiben lassen! Wie viel der Nachbar schon im Lotteriespiel verthan hat, ich weiß es itt'. Eine einzige verfehlte Holzspeculation oder gar ein Brand kann den Mann ruiniren, dann ischt Cilli bettelarm." Durch das offene Fenster der Wohnstube im Parterre strich ein Luftzug, welcher die Frau Fleschhut, die an Gicht zeit weise litt, veranlaßte, den Sohn um Schließung des Fensters zu bitten. „Gern, Muetti! Aber wir haben nun abgegessen und genug geschwätzrt, im geschloffenen Raum sitz' ich zu Kempte mehr
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