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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 06.12.1900
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1900-12-06
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-19001206023
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1900120602
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1900120602
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1900
- Monat1900-12
- Tag1900-12-06
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O«Iä 84,00 215,70 312,80 210,10 85.15 210,05 Vl«ll U«il> r > 0ll i«ll mit <«tk. xU lll 185.50 88,50 204.50 358.50 181,25 178,10 204,— 131,40 II»,IO »tllucl« d«- vtisll vrreri O«r Ollssu lix. Lvweseu .L««sll/'8ll5r vr". k vrdotsll.» Uriek . - 80 410s) 3825 . — ISIOO 3450 3525 3775 3875 1500 1V00 1» — 10250 8800 — esbv 2250 12300 7175 — — 13300 », — 2900 2550 - - 3850 3950 600 «75 1450 1500 8325 3400 1100 1850 1950 8400 2500 2850 4400 1400 . — 675 1800 —— — 100 1200 2300 1450 — 90 1000 875 1015 2950 —— 75 5Ü0 210 U 1800 500 »075 »»00 - — —— 1450 '00 I>. erxl»" llll>1 i »»»» von Sckmvllrx, K» tilllli» (4/w> voll ,m»r ,4/I2> d»t», I/lA Davor Sllwdlll». - 821 Vezngs.Preis 1» d«r Haaptexpeditto« oder de» im Etadt- dezirk mrd deu Vororte« errichtete« Au-- gabestelle« abgeholt: vierteljährlich ^il 4.50, bei zweimaNger täglicher Zustellung in« Hau« ^l 5.50. Durch die Post bezogen für Deutschland u. Oesterreich: vierteliährl. 8. Mau abonnirt ferner mit entsprechendem Postaufschlag bei de« Postanstalten in der Schweiz, Italien, Belgien, Holland, Luxem burg, Dänemark, Schweden und Norwegen, Rußland, de« Douaustaatea, der Europäischen Türkei, Egvpte«. Für alle übrigen Staaten ist der Bezug uur unter Kreuzband durch die Expeoinon diese- Blatte- möglich. Die Morgen-ÄllSgabe erscheint um '/,7 Uhr, die Abenb-Au-gabe Wochentag- um 5 Uhr. He-action und Erpeditton: Johauni-gaffe 8. Filialen: Alfred Hahn vorm. O. Klemm - Sortim. UmversitätSstraße 8 (Paulinum), Louis Lösche, Katharinenstr. 14, Part, und König-Platz 7. Aderrd-Ausgltve. Uch)iger Tagckait Anzeiger. Amtsvkatt des Königlichen Land- und Amtsgerichtes Leipzig, des Nattjes nnd Notizei-Amtes der Ltadt Leipzig. Donnerstag den 6. December 1900. Anzeige« »PretS die 6gespaltene Petitzeile 25 H. Reklamen unter dem Redaction-strich (4 gespalten) 75 L,, vor den Familieunach« richten (6 gespalten) 5V Tabellarischer und Ziffernsatz entsprechend höher. — Gebühren für Nachweisung«« und Offertenannahme 25 H (excl. Porto). Extra-Beilagen (gefalzt), nnr mit der Morgen-Ausgabe, ohne Postbeförderung 60.—, mit Postbeförderung ^l 70.—. Ännahmelchluß für Anzeigen: Abend-Ausgabe: Vormittags 10 Uhr. Morgen-Ausgabe: Nachmittags 4 Uhr. Bei den Filialen und Annahmestellen je ein» halbe Stunde früher. Anzeigen sind stets an die Expedition zu richten. Die Expedition ist Wochentags ununterbrochen geöffnet von früh 8 bis Abends 7 Uhr. Druck und Verlag von L. Polz in Leipzig. 81. Jahrgang. Die Wirren in China. Die Explosion bei Paotingfu. Leutnant Wolfgramm, welcher bei der Explosion bei Paotingfu verwundet wurde, und der getödtete und die vier ver wundeten Pioniere gehörten dem ostasiatischen Pionierbataillon an. Daffelbe war seiner Zeit-in Harburg formirt worden. Eommandeur ist der Major von Reppert," welcher vordem das 15. Pionierbataillon in Straßburg i. E. commandirte. Leut nant Wolfgramm hatte bei dem schleswig-holsteinischen Pionier bataillon Nr. 9 in Harburg selbst gestanden. Der junge Officier hatte früher einmal Proben so großen Muthes und so hoher Aufopferung gegeben, daß er mit der Rettungsmedaille am Bande decorirt werden konnte. Die aus englischen Quellen stammende Nachricht, daß bei Paotingfu die deutschen Truppen in einem schweren Kampfe mit den Boxern zwanzig Todte ver loren und viele Verwundete gehabt hätten, hat sich zum Glück als falsch erwiesen; sie ist wahrscheinlich durch die erste Meldung von dem Unglück bei der Explosion entstanden. Aus Kiautschau. Aus Tientsin, 23. October, wird uns geschrieben: Die Unruhen, von denen auch während der Krisis unsere Eolonie ganz verschont geblieben ist, scheinen sich in der ganzen Provinz Schantung überhaupt zu verlieren. Juan Shi Kai, dem man anfangs nicht so recht trauen konnte, hat kluger Weise die Partei der Europäer ergriffen und hält in seinem Machtgebiete mit fester Hand die Ordnung aufrecht. So ein genommen man auch anfangs gegen ihn war, so rückhaltslos muß man jetzt aber auch anerkennen, daß er in jedem Falle den Wünschen der deutschen Regierung nachkommt und mit der selben gegen aufrührerisches Gesindel Hand in Hand arbeitet. Letzthin hat er auch den Präfecten von Tsimo, etwa 45 Kilo meter von hier, der ausgesprochener Europäerseind war, ab gesetzt und einen willfähigercn Beamten dafür ernannt. Unter dem Schutze eines Detachements von 100 Infanteristen mit einigen Geschützen, das allmählich weiter vorgeschoben wurde, beginnt auch die Eisenbahn wieder ihre Fühlhörner auszustrecken und mit der Fortsetzung des Bahnbaues zu beginnen; in der Stadt Kiautschau wurde letzter Tage der Grundstein zu einem zweiten Caserncment gelegt, und in Sefang, etwa 8 Kilometer von hier, an der Bucht gelegen, wird jetzt eifrig an Baracken gearbeitet, die einem Theil des Expeditionscorps als Winter quartier dienen sollen. * London, 6. Dccembcr. Die „Times" berichten aus Shanghai unter dem 5. December: Man glaubt, daß die Bicekönige vom Paugtse Macht über den Hof gewinnen und die Truppen Tung-fu-hsiangs durch ihre eigenen ersetzen. — Eine Shanghaier Depesche der „Times" vom 3. De- cember besagt: Der neue Gouverneur von Tschikiang hat den Befehl erhalten, die Frage wegen der Ermordung der Missionare in Tschu-tschan sofort zu ordnen, infolge deren, wie der Telegraphendirector Scheng mittheilte, der bisherige Gouverneur abgesetzt worden ist. Das Edict, durch das die Ab- berufung erfolgte, ist unbefriedigend für die Ausländer; denn darin ist überhaupt nicht von Gewaltthaten die Rede, eS spricht auch keine Strafe au-, sondern weist den früheren Gouverneur an, seinen Posten zu verlassen. Der Krieg m Südafrika. Präsident Krüger in Köln. vr. Leyds erklärt die kürzlich durch dir Blätter gegangene Nachricht für erfunden, daß vor Weihnachten ein Rund schreiben an die Cabinette aller civilisirten Staaten gerichtet werden solle, mit der Bitte, dem Blutvergießen Einhalt zu thun. Sollte dieses fruchtlos sein, so würden aus den südafrikanischen Staatsarchiven für Rhodes, Jameson, Cham berlain, den Herzog von Fife und den Prinzen von Wales com- promittirende geheime Dokumente veröffentlicht werden. Ein Correspondent des „Berl. Loc.-Anz." hatte in Köln eine Unterredung mit vr. Leyds, über die er Folgendes mittheilt: Ich brachte zunächst die in Deutschland hier und dort ver breitete Annahme zur Sprache, daß die Aenderung im Reise programm des Präsidenten und sein so bald nicht erwartetes Eintreffen in Deutschland auf französische Einflüsse zurückzu führen seien, vr. Leyds: „Der Herr Präsident hat seinen Entschluß ganz selbstständig und unbeeinflußt gefaßt. Er hat gethan, was ihm, dec Situation entsprechend, nützlich und das Nächstliegende zu sein schien, insbesondere haben die Franzosen uns in dieser Richtung nicht beeinflußt. Wenn die Dispositionen Seiner Majestät des deutschen Kaisers es nicht gestatteten, den Herrn Präsidenten und die Deputationen der Republiken zu em pfangen, so bedauern wir das freilich sehr, indessen wir fügen uns." I ch : „Ist cs zutreffend, daß nunmehr der Versuch, in Berlin vorzusprechen, in einigen Wochen wiederholt werden wird?" vr. Leyds: „Das ist Combination, ein Beschluß ist noch nicht gefaßt. Die Entwickelung der Dinge bleibt abzu warten, es liegen verschiedene Möglichkeiten vor." Ich: „Man hält die diplomatische Situation in Europa für den Boerenstaat im Allgemeinen nicht günstig. Darf ich fragen, ob Excellenz sie ebenso beurtheilen, oder ob nach Eurer Excellenz Kenntniß der Sachlage Veranlassung zu so pessimistischer Auffassung nicht vor liegt?"" vr. Leyds: „Darüber könnte ich Ihnen viel sagen, indessen darf ich zur Zeit eine dahin gehende Frage nicht beant worten." I ch : „Trauen Euere Excllcnz der südafrikanischen Republik die Fähigkeit zu, sich aus eigener Kraft eine Existenz berechtigung wieder zu erkämpfen?" vr. Leyds: „Das sehen Sie ja! Wir sind weit davon entfernt, unsere Sache verloren zu geben. Ein Brüsseler Blatt legt dem Präsidenten Krüger die Worte in den Mund: laut ost porclu! Es ist un wahr, daß der Präsident diese Worte ge sprochenhat! Es ist das schon aus dem einfachen Grunde unmöglich, weil sie in vollständigem Gegensatz zu der An schauung stehen würden, die der Präsident auf Grund ruhiger Erwägung von unserer Lage hat. Wir sehen den Kampf fort!" Ich: „Sind Sic sicher, Excellenz, daß diese Anschauung auch von Ihren Stammesgenossen drüben in Afrika getheilt wird, daß dort keine Entmuthigung eintritt?" vr. Leyds: „Seien Sie sicher, daß Alle so denken, wie wir! Die Thaten beweisen cs!" Ich: „Noch eine Frage: Es ist in einem süddeutschen Blatte die Behauptung ausgesprochen worden, daß die diplo matische Vertretung der südafrikanischen Republik in Europa, also daß Euere Excellenz in den Berichten, die in Ihre Heimath gegangen sind, die diplomatische Situation ganz anders ge schildert hatten, als der Herr Präsident sie jetzt vorgefunden hat, ist das richtig?" vr. Leyds: „Die Beantwortung dieser Frage würde unseren Interessen nicht entsprechen, ich muß sie daher ablehnen." 8. u. ü. Köln, 5. December. Die gestrigen Kundgebungen zogen sich wiederum bis in die späte Nacht fort, ohne daß irgendwelche Ausschreitungen vorgekommen wären. Um 1 Uhr Nachts etwa ver» trieb ein sanfter Landregen den letzten Rest der Demonstranten. Im Palast-Hotel tagte .on 9 Uhr ab eine außerordentlich stark besuchte Versammlung des hiesigen Boeren-Comitös unter dem Vorsitz des Fabrikanten Lemmer, in welcher beschlossen wurde, dem Präsi denten auch heute Abend eine Kundgebung darzubringen. An der Versammlung betheiligten sich die besten Kreise des Publikums. Die Pausen wurden durch Musikvorträge der Deutzer Kürassier-Capelle ausgefüllt. Heute Morgen begannen um 10 Uhr wieder eine lange Reihe Prioataudienzen. Ter Präsident empfing u. A. mehrere Professoren, einen Geh. Regierungsrath aus Berlin, einige Großindustrielle aus dem Ruhrgebiet und Len holländischen Conjul von Cleve Mynheer Renig, der in ConfulatSuniform erschien und die Grüße der etwa 12 000 Seelen Zählenden holländischen Colonie von Cleve über brachte, die für die ursprünglich über Cleve geplante Hollandfahrt des Präsidenten eine Adresse vorbereitet hatte und diese nun hier überreichen ließ. Dann wurde der Chefredacteur der „Deutschen Zeitung" in Berlin, vr. Friedrich Lange, vom Präsidenten em- psangcn, welcher die besten Wünsche der Teutschbund-Gemeinde, deren Vorsitzender vr. Lange ist, überbrachte. Nach einigen weiteren Empfängen speiste dann Krüger zu Mittag und erklärte dann, den gestern aufgeschobenen Besuch des Kölner Doms vor- nehmen zu wollen. Die Polizei, welche sofort benachrichtigt worden war, sperrte alsbald die Straße am Domhof vom Domhotel bis zum Westportal ab, was ihr bei der infolge eines seit dem frühen Morgen unaufhörlich herabrieselndeu Regens nur spärlich anwesenden Menschenmenge mit leichter Mühe gelang. Als die Absperrung, welche durch etwa 40 Schutzleute ausgesührt wurde, vollendet war, ereignete sich ein bezeichnender Vorfall. Man hatte nämlich den Wunsch geäußert, daß Krüger die 100 Schritte vom Hotel zum Dom in einem Wagen zurücklegeu solle, aber wohl vergessen, eine Equipage zu bestellen. AIS nun Präsident Krüger mit den Herren seines Gefolges aus dem Hotelportal heraus trat, fuhr eine klapprige, alte Droschke zweiter Güte mit einem lendenlahmen Gaule davor, heran und man muthete Krüger zu, in dem geschlossenen Wagen Platz zu nehmen. Dieser war im Moment srappirt, nahm dann aber die Sache von der komischen Seite und jagte mit einer bezeichnenden Hand- bcwegung nach dem Gaule, Laß er doch lieber zu Fuß gehen wolle. Er schritt dann, während ihm der Dolmetscher Professor Dubois zur Seite ging, rüstig über den Platz, von der rasch zusammen- strömenden, freudig überraschten Menschenmenge jubelnd begrüßt, dem Dome zu. Er dankte fortwährend durch Schwenken feines Cylinders, während man zum Schutze gegen den Regen mehrere Schirme über ihn hielt. Eine zweite eigenartige Scene ereignete sich r.n Dome, ?n Lls'-r Thür Krüger die zunächst in englischer Sprache dort angebrachte Zuschrift: Vor Taschendieben wird gewarnt! ins Ange siel. Hier standen zum Empfange Krüger's nicht etwa, wie man angenommen hatte, der Erzbischof vr. Simar, der Weid bischof, oder sonst einer der geistlichen Würdenträger Kölns bereit, sondern zwei einfache Unterbeamte, welche sonst die durch- reisenden Engländer und sonstigen Fremden im Dom umherzufiihren pflegen, ein Küster in seinem gewöhnlichen Tagesanzug und ein Tomschweizer in bedenklich mitgenommenem Costüm, dem bekannten rothen Talar mit einem darauf genähte» Kreuz aus der rechten Seite. Dec Dvmprobst vr. Berlage, welcher kürzlich mit dem Kronenorden II. Classe ausgezeichnet wurde und die Correspondenz wegen des Dombesnches mit vr. LeydS, der sich übrigens nicht an der Besichtigung betheiligte, sondern von seinem Balcon aus die Vorgänge beobachtete, geführt hatte, stand wohl im Hintergründe des weiten Gebäudes, verschwand jedoch in dem Moment, als Krüger den Dom betrat. Die beiden Unterbeamten zählten dann einfach acht Herren — soviel waren als osficielle Begleiter Krüger'S angemeldet worden — ab und drängten die nachfolgenden Herren, unter denen sich noch ein Mitglied der Gesandtschaft, der Delegirte der Internationalen Liga für die Boerensreiheit und verschiedene Redacteure und Journalisten, welchen die Polizei in liebenswürdigster Weise erlaubt hatte, sich Krüger's Gefolge anzuschlicßeu, in rück- sichtslosrster Weise zurück und schlossen die Thür des Domes, der schon eine Stunde vorher vom Publicum gesäubert war, ab. Ter ausgeschlossene Boer, au dessen Stelle ein englischer Journalist mit eingeschlüpft war, trommelte noch eine Weile nervös mit dem Spazierstock an der eisernen Thür herum und verließ dann mit den übrigen Herren, Zorn im Herze» und aus den Lippen, den Schauplatz des Ereignisses. Man kann sich ungefähr denken, welche Scherze die anwesenden „Köllsche Jungs", die diesen „Ausschluß der Oeffentl'chkeit" mit wachsendem Behagen beobachtet hatten, den abziehendcn Herren nachriesen. Nach einer halben Stunde kehrte Krüger aus dem Dome zurück. Man empfing ihn wieder mit riesigem Jubel und im Vestibül Les Hotels überfiel ihn eine Schaar reizender junger Damen mit BlumenbouquetS. Die französischen Journalisten schrien enthnsiasmirt: Vivo Lrueser! Vive les öosr»! (sprich BoärS!) und dann ließen ihn auch die anwesenden Deutschen leben. Krüger fuhr mit dem Fahrstuhl in die erste Etage und ging dann sofort in seinen Salon, um die inzwischen zahlreich erschienenen Deputationen zu empfangen. Man bemerkte darunter zwei Studirende mit Mütze und Band von der „Rhenania" in Heidelberg und der „Westfalia" in Bonn, von dem evangelischen Arbeiterverein in Essen und den evangelischen Jünglingsvereinen in Gelsenkirchen uud Essen. Zunächst empfing Krüger jedoch eine Abordnung des Jülicher KreiSverbandes der Evangelischen Arbeitervereine, als deren Sprecher der Vorsitzende des Gesammtverbandes der Evan gelischen Arbeitervereine Deutschlands Pfarrer Vie. Weber aus M.-Gladbach austrat. Derselbe durfte eine längere Ansprache halten, die Professor Dubois dem Präsidenten übersetzte. Pfarrer Weber führte aus, Laß die Evangelischen Arbeitervereine keine politische, wohl aber eine nationale Bereinigung darstellten und als solche einig seien in idem heißen Gebete zu Gott, daß er dem blutigen Ringe» des stammverwandten Volkes in Südafrika bald ein befriedigendes Ende machen wolle. Er führe Ew. Hochedeln aus lichten Wegen nach seiner Gnade und nach seinem Willen! Krüge« erhob sich und erwiderte dem Sprecher, Laß er sein festes Vertraue« auf Gott trotz aller schweren Schickfalsschläge und Widerwärtigkeiten, trotz Verdruß und Enttäuschungen nicht verlieren werde, da er fest davon überzeugt sei, daß Gott ihn uur prüfen wolle. „De Straasen van de leeve Gott zind wonderbarl steht geschrieben", schloß der Präsident. Pfarrer Weber theilte ihm dann mit, daß er außerdem die Grüße von 200 Boerenfreunden zu überbringen habe, die i» Odenkirchen auS Anlaß der Einführung eines neuen protestantischen Pfarrers versammelt gewesen seien und bei dieser Gelegenheit auch Krüger' sim Gebet gedacht hätten. Krüger dankte auch hierfür und hob hervor, daß er viel und gern mit „de protestanSke" Pfarrer in Pretoria zu thun gehabt habe und daß es ihn lebhaft erfreue, zu sehen, wie sympathisch man seiner überall gedenke. Die Boeren hätten aber auch die Hilfe nöthig, denn sie seien im Berhältoiß „een swach kleen Maneken" gegenüber dem Riesen, der sie ver ¬ nichten wolle. Krüger deutete dabei den Unterschied zwischen den Beiden pantomimisch mit der Hand au. Dann war die Audienz zu Ende. Große Freude bereitete es ferner Krüger, einen NameuSvetlec Paul Krüger, den studirenden Sohn eines Pro fessors zu sehen, dessen dreimalige Anmeldung zur Audienz ihn. augenscheinlich belustigt hatte. Ueberhaupt erschien er heute sehr frisch und munter, obgleich die Audienzen, bei welchen ein Besucher dem andern die Thür in die Hand gab, sich bi» gegen 8 Uhr Abends hinzogeu. Dann erschien er nochmals auf dem Balko«, auf dem er sich heute insgesammt nur drei Mal gezeigt Halle und nahm die Huldigung der trotz des strömenden Regens geduldig aus- darrenden Menge entgegen. Das Meer von Schirmdächern, welches sich ihm zeigte, veranlaßte ihn zu heiteren Bemerkungen gegen sein Gefolge. Hierauf ging er zeitig zu Bett, um sich für die morgige Reise, den Abschied von Köln uud den Empfang im Haag, stärken. In einem Nebenzimmer hat man inzwischen die zahlreichen Geschenke und Blumen untergebracht, welche ihm bisher zugegangen sind, darunter befinden sich alle möglichen Gegenstände, die er unmöglich alle wird mit schleppen können. Heute ging von Crefeld ein nut seinem Bildniß geschmücktes Taffenpaar ein, ferner eine hübsche geschnitzte Pfeife, auch ein Paar Filzschuhe hat ihm eine Dame gesandt. ES soll das achtzehnte Paar sein. Die Ansichtspostkarten kommen nur noch in Bündeln zusammcngepackt an und eia Hotelangestellier ist allein mit der Entgegennahme von Visitenkarten beschäftigt, die ununterbrochen von Personen aller Stände für Krüger abgegeben werden. Nachschrift. Gegen Mittag traf der Jonkheer van der Hoevev von Berlin kommend hier ein, wo er im Auftrage Krüger's einen Kranz am Sarkophage Kaiser Wilhelm'S 1. im Mausoleum in Charlottenburg niedergelegt und diplomatische Verhandlungen Feiirlletsn. si Lucie. Original-Roman von Ferd. Gruner. Nachdruck verboten. Der ziemlich heftige Wind, der ging, hatte einen der Blumen töpfe umgeworfen, die zwischen den geöffneten Fenstern standen. Lucie zwängte sich vorsichtig durch das Palmen- und Cedern- arrangement, welches die Ecken des Raumes ausfüllte, um die zarte rothe Georgine aufzuheben. Als sie den Blumentopf wieder in die Reihe gestellt und den einen Fensterflügel geschloffen hatte, trat mit seinem vorsichtigen schleichenden Schritte Herr von Eichentreu in das Trauergemach. Lucie, welche es vermeiden wollte, mit ihm neuerdings zusammcnzutreffen, blieb daher hinter den eng aneinander gereihten Cedern stehen, so daß er sie nicht sehen konnte. Ms Eichentreu in dem Zimmer Niemanden erblickte, blieb er ein paar Schritte vor dem Sarge stehen. Sein Gesicht war bleich, und die farblosen Lippen preßten sich eng aufeinander. Mit einem scheuen Blicke maß er den Tobten. Schon wollte er wieder Kehrt machen, als man draußen Stimmen vernahm; Dorfleute schienen sich nach ihrem immer vernehmlicher werdenden Gespräche dem Pavillon zu nähern. Deshalb wandte sich von Eichentreu nochmals dem Sarge zu und tauchte seine Finger spitzen in das Weihwasser enthaltende Gefäß. Dann bewegte er die Hand gegen den Sarg, um ihn zu besprengen. Da löste sich — wahrscheinlich durch den kräftigen Luftzug — die Rose, welche Herr Rawen in seinen starren Händen hielt, von ihrem Stiele und rollte über den Sarg auf den Erdboden. Dieser an sich ganz harmlose Vorgang übte auf .Herrn von Eichentreu eine seltsame Wirkung aus. Seine hohe Gestalt zitterte mächtig und sein Gesicht war durch die Angst, die sich in seinen Zügen auspriigte, geradezu entstellt. Lucie schien es, als höre sic die Zähne knirschen. Mit weit aufgrrissenen Augen starrte Eichentreu auf den Sarg, als fürchte er, daß sich der stille Schläfer erheben werde. Aber nichts regte sich, nnr hier nnd da trug der Wind ein abgerissenes Wort der draußen Plaudernden in dos Trauergemach. Da richtete sich Eichentreu aus seiner halbvorgebeugten Stellung langsam auf, seine Züge wurden ruhiger und allmählich umspielte ein unmerkliches Lächeln seine Mundwinkel. Von Neuem flüchtig, ober scharf das Zimmer musternd, trat er dicht an den Sarg heran und fixirte einen Augenblick eindringlich das wächserne Gesicht des Tobten. Hierauf wandte er sich plötzlich um und verließ eilenden Schrittes den Pavillon. Hochklopfenden Herzens hatte Lucie dies Alles beobachtet. Sie war bis an die Lippen bleich, als sie, nachdem Eichentreu hinausgegangen, hinter den Cedern hcrvortrat, und ein Fieber schauer durchzitterte ihre Glieder. Sie hob die Rose auf und hüllte sie vorsichtig in ihr Taschentuch. Ein furchtbarer Verdacht hatte sich ihrer bemächtigt, das Gefühl des Mißtrauens eine ganz bestimmte Form angenommen. Sie fürchtete sich fast davor, es zu glauben, was sie dachte. Da vernahm sie einen leichten elastischen Schritt, und als sie sich umwandte, stand Max vor ihr. „Sie kommen, Lucie", sagte er, nahm ihren Arm und führte sie zu dem Betstühle. Sie hatte keine Zeit, zu fragen, wen er meine, denn schon erschienen der greise Dorfpfarrer und sein junger Caplan mit dem Chordirigenten und dem kirchlichen Sängerchore. Hinter ihnen drängte sich eine zahllose Menge Volkes. — Die kirchlichen Ceremonien waren beendet und das „Reguiesoat iv paee!" ertönte. Der Sarg wurde geschloffen und sechs Bauern des Dorfes hoben ihn auf ihre starken Schultern, um ihn zur ewigen Ruhestätte zu tragen. Ein heftiges Weinen durchschiitteltc Lucie's zarten Körper, und Max, dem selbst die Thränen über die Wangen rannen, bot Alles auf, um die Untröstliche zu trösten. In langer Reihe bewegte sich der Trauerzug zum Dorffriedhofe, wo sich die gntsherrliche Gruft befand. Es war eine schlichte, aber tiefergreifende Rede, die der Dorfpfarrer dem Todten hielt. Mit ehrfürchtiger Geberde sah das Volk zu dem greisen Priester empor. Ein leiser Schauer durchschüttelte den Einen oder den Anderen, als er von dem „Kainszeichen" des Mörders sprach. Or. Rosen aber sah gleichmüthig über die entblößten ge beugten Köpfe dahin; er dachte anders. Er wußte, daß das Kainszeichen gar selten Einem auf der Stirn brennt, daß es des Aufgebotes alles menschlichen Spürsinnes bedarf, um die Verruchten, die ihre Hand mit Blut befleckt, der Gerechtigkeit zuzuführen, um mit ihrem Leben das des Opfers zu bezahlen. Wo war der Uebelthäter? Sein Blick schweifte von einem Gesichte zum anderen; aber nirgends fand er einen Anhalts punkt, las er etwas, was von Schuld zeugte. Nur ernste auf richtige Trauer sprach aus den feuchten thräncnden Augen. Siebentes Capitel. Nach der Rückkehr vom Friedhöfe nahmen die Herren ein kleines Frühstück zu sich, worauf sich vr. Rosen, vr. Bollant — und auf des Ersteren Befehl auch der Schreiber, sowie der alte Diener — unter der Führung des jungen Bildhauers un verzüglich nach dem Brettgrunde aufmachten. Dort begann nun eine sehr aufmerksame Durchforschung des Waldausläufers nach allen Richtungen hin. Doch war selbst die Spur des Herrn Rawen von jener Stelle aus, wo er vom Pferde gestiegen war, kaum zwanzig Schritte wahr nehmbar, dann hörte sie auf dem mit einer dichten Nadelschicht bedeckten Boden, in welchem jeder Eindruck infolge des heftigen Regens längst ausgeglichen war, vollständig auf. Erst in der unmittelbaren Nähe jener Stelle, wo man den Gutsbesitzer ge funden, zeigten sich halbvcrwischte Spuren. Aus dem Umstande, daß bei einem dem Morde voraus gegangenen Kampfe der Boden naturgemäß Merkmale auf gewiesen haben würde, dieselben aber hier vollständig fehlten, schloß der Untersuchungsrichter mit ziemlicher Wahrscheinlichkeit, daß der Ueberfall ganz Plötzlich erfolgt sein müsse, so daß dem Opfer keine Zeit blieb, sich desselben zu erwehren. Es war Herr Rawen — das stand nach der Lage der Dinge bestimmt fest — einem Meuchelmörder erlegen. Dem Mörder hatte es sich um leinen aus seiner Unthat entspringenden Vortheil gehandelt, denn der Ermordete hatte in seinen Kleidern noch die Geldbörse, auch fehlte weder die goldene Uhr nebst Kette, noch die zwei alterthiimlich gefaßten, aber kostbaren Brillantringe, die er an diesem Tage, wie seit langen Jahren, an den Fingern trug. Unschwer ließ sich daraus der Schluß ziehen, daß hier ein Racheakt vorlag. „Sie sehen, meine Herren", wandte sich Vr. Rosen, als sie wohl zum fünften Male im näheren und weiteren Umkreise jener Stelle, wo die Leiche aufgefundcn worden, jeden Zoll des Bodens erfolglos nach einer Spur untersucht hatten, zu Max nnd vr. Bollant, „daß meine gestern geäußerte Bemerkung: eine be deutende Anzahl solch ruchloser Verbrechen werde aus rach süchtigen Motiven verübt, sich auch hier bewahrheitet. Denn Wir stehen aller Wahrscheinlichkeit nach neuerdings vor einem solchen. So unglaublich es mir im ersten Augenblick auch war, daß Herr Rawen ermordet worden, und obgleich ich weiß, daß ein Mann wie er wohl nur wenige Feinde haben konnte, sagte ich mir doch im ersten Augenblicke im Stillen, daß es ein Mord aus Rache sein würde. Genügen doch oft die un bedeutendsten Kleinigkeiten, um einen schwankenden Menschen zu einer solchen That zu bringen. Ein entlassener Arbeiter, der wo anders nicht gleich einen Dienst findet und daher in Noch geräth, hat mehr als einmal schon im Grolle seinen ehemaligen Herrn erschlagen. Freilich", bemerkte ex, nachdenklicher werdond, „dürfte dies hier, wiewohl wir noch gar keinen bestimmten An haltspunkt haben, schwerlich der Fall sein. Denn ein solches verkommenes Individuum würde es nicht verschmähen, den Ge- tödteten auch auszurauben. Und dann verfügen solche Leute wohl kaum über einen Revolver. Derjenige, welcher in so ent menschter Weise seine Rache an dem ahnungslosen Opfer kühlte, scheint also kein Arbeiter, kein Strauchdieb zu sein, sondern den sogenannten besseren Ständen anzugehören. Aber dies sind natürlich nur alles Vermuthungen, die sich mir aufdrängen. Wir müssen nach Thatsachen forschen, und da eS mir geradezu un möglich erscheint, daß jedes Zeichen verwischt sein sollte, müssen wir nochmals nach den Spuren des Mörders suchen. Wir haben bisher eigentlich nur jenen Theil des Brettgrundes durch forscht, welcher seine Endlinie dort findet, wo Herr Rawen den Wald betrat. Kehren wir nun einmal dorthin zurück und beginnen mit der Durchforschung des abwärts liegenden, nach Bärenstein gewendeten Theiles." Langsam wandten sich daher die Herren der angedeuteten Richtung zu, und eS begann eine scharfe Sondirung des Terrains. Dieselbe blieb wie die erste anfangs erfolglos. Eine halbe Stunde verrann, und vr. Bollant, der durch daS ermüdende Durchqueren der Büsche, deren Aeste ihm hier und da ziemlich unsanft ins Gesicht schlugen, in Schweiß gerathen war, schnaufte schon gewaltig, als Vr. Rosen, dessen Uniform mit Tannennadeln behangen war, endlich stehen blieb. Die durch den Schweiß an der Stirn klebende Dienstmütze lüftend und dann einen Blick auf die Uhr werfend, sagte er: „Es ist dreiviertel zwei Uhr. Für zwei Uhr hat Fräulein Rawen unS zum MittagStisch« bestellt. Wiewohl die Herren ermüdet sind, müssen wir dennoch den kleinen vor uns liegenden Theil noch durchforschen. Wir werden zwar kaum eine Spur finden, denn der Mörder scheint nicht vom Kirchwege abgewichen zu sein. Trotzdem müssen wir uns diese Uebcrzeugung verschaffen. In einer kleinen Viertelstunde werden wir fertig sein." Damit schritt er weiter, mit seinen grauen scharfen Augen aufmerksam Alles prüfend. Schweigend folgte Max, während Vr. Bollant resignirt eine Cigarre aus seinem Etui holte. Johann, der alte Diener, der sich, ein wenig verschüchtert durch die kurzen unfreundlichen Fragen, die der Untersuchungsrichter wiederholt an ihn richtete, möglichst im Hintergründe hielt, reichte ihm dienstbeflissen ein Sturmhölzchen, um sie zu ent zünden. Da ertönte plötzlich ein lauter Ruf der Ueberraschuna. D«-
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