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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 05.11.1901
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1901-11-05
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-19011105013
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1901110501
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1901110501
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1901
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Nr. 584. Bezug--Preis der Hauptrxpedttto» oder de« t« Stadt» d«irt uud den Vororte« errichtete» Aus- aadeftelle, ebgeholt: vterteljLhrlich 4.V0, »et «»elmalt,er täglicher Zuftell««- tu» Laa» ^l L.VO. Lurch dt« Post bezöge» für Leutschland u. Oesterreich: vierteljäyrl. «. Ma» abouutrt senrer mit rattprrchendem Postasffchlag bet de» Postanstaltr» tu der Schwei», Italien, Belgien, Holland, Luxem, bar«, Dänemark, Schwede» und Norwegen, Na glaub, den Doaaustaate», der Europäischen Türkei, Egypten, Für all« übrigen Staaten IP der Bezug nur unter Kreuzband durch die Expedition dieses Blatte» möglich. Li« Moraen-Lusaab« erscheint um »/^7 Uhr, die Lbeud-Lusgabe Wochentags um S Uhr. Ye-artto« »nd Lrpeditio«: gotzanntsgaffe 8. Filiale»: Uydrd Brch« vor«, v. Klemm'» Sortim. lluwersitätsstrahe 8 (PauUnum), Kout» Lösche, Katbariuenstr. 14» Part, und Kttntgsvlatz 7. Morgen-Ausgabe. MpMerIaMatt Anzeiger. Amtsblatt -es Königliche« Land- u«d Amtsgerichtes Leipzig, -es Nathes »«- Nolizei-Ämtes -er Stadt Leipzig. Anzeigen-Preis die 6 gespaltene Petitzeile 25 H. Ree la men unter dem Redacttonsstrich (4 gespalten) 7S L>, vor den Famtltennach- richten (S gespalten) 80 Tabellarischer und Ziffernsatz entsprechend höher. — Gebühren für Nachweisungen und Off.-rtenannahme 25 H (rxcl. Porto). Ertra-Beilagen (gefalzt), nur mit der Morgen-TluSgabe, ohne Postbesörderuug 60.-, mit Postbesörderung ^l 70.—. ^nnahmeschlub für Anzeigern Abend-Vu-gabe: vormittags 10 Uhr. Morgen-Äu-gabe: Nachmittags 4 Uhr. Bei dea Filialen oud Annahmestellen je ein halb» Stunde früher. Anzeigen sind stet» an dt« Expedition zu richte». DI» Expeditton ist Wochentags ununterbrochen geöffnet vou früh 8 bi- Abend» 7 Uhr. Druck and Verlag von E. Polz in Leipzig. Dienstag den 5. November 1901. 95. Jahrgang, Der rusfisch-chinefische Vertrag über -ie Mandschurei. n. 8. E» erregt« nicht wenig Verwunderung, al» englische Blätter unlängst mit der Nachricht hervortraten, zwischen Rußland und China sei soeben «in Abkommen zu Stand« «kommen, welch«» di« Mandschurei dem Einfluß de» ersteren der Art übergeb«, daß sie kaum noch al» chinesische Provinz be trachtet w«rd«n könne. Rußland erhält danach all« Eisenibahn- rmd BerywerkSprrvileaien; «» soll weiter die Eingedorrnen-Garni- sonen ausbilden und sein« Truppen so lange :m Lande lassen, bi» di« Unmhen «nldgilttg aufgehört haben. Hier ist freilich ein Zmtpunct festgesetzt. In drei Jahren hofft man die Austättde so weit geordnet zu ha-rn, um den Abzug der Truppen vorzu nehmen. Aber welch« Bürgschaft halben die Chinesen, daß die Russen da» wirklich thun? Unruhen ernsteren oder leichteren Charakter» kommen in China eigentlich immer vor und würden den Russen di« Ermächtigung geben, ihre KriogLmacht noch lange in der Mandschurei zu lassen. Außerdem muß berücksichtigt weichen, daß der erste Vertrag über die mandschurisch« Eisenbahn vom Jahr« 1896 Rußland ausdrücklich die Möglichkeit bietet, zum Schutze seine» reichen Eisenbahnmatcrial» Truppen in der Provinz zu halten. von großer Bedeutung sind die Vorrechte, «welche nach den Blättern da» Zarenreich zur Ausbeutung de» Eisenbahnwesen» und der Brraworkschätze erhalten hat. Au» dem Wortlaut« der Meldung geht hervor, daß Rußland allein befugt sein wird, Eisenbahnen und Derkehrsstraßen in der Mandschurei zu bauen und die mineralischen Rcichthümer de» Lande» zu heben. Da» ist ein« so gewaltige Errungenschaft, daß e» im Grunde gleich- giltw ist, ob di« Chinesen äußerlich die Herren bleiben, oder den Russen schließlich auch die Verwaltung der Provinz überlassen. In Wirklichkeit werden Letztere doch so handeln, wie e» ihnen bmickbt, die Bodenschätze für sich verwert hen und aus Kosten China» ihre Macht stärken. Ein ähnliche» Abkommen hatten beide Staaten bekanntlich im Frühjahr« diese» Jahre» geschlossen. Aber die Verwirklichung scheiterte damal» am Einsprüche der Mächte, di« vor dem Frieden», schlusse keine Sondervertrage irgend welcher Art gestatten wollten. England und Japan befanden sich in besonder» großer Erregung und kündigten die Anwendung von Zwangsmaßregeln an, wenn Rußland nicht auf die selbstherrlich gewonnenen Dortheik Ver zicht leiste. Sie erreicht«» e» auch wirklich, daß die Ausführung der Vertragsbestimmungen vorläufig hmauSgeschoben wurde. Aber di« Russen haben sicherlich nie beabsichtigt, di« damaligen Zugeständnisse China» endgiltig wieder fallen zu laff«n. Sie warteten nur aus den geeigneten Zeitpunkt, um abermals ihre Forderungen geltend zu machen, und haben ihr Ziel nun wirklich erreicht. Die Mächte in ihrer Gesammkheit haben keinen Anlaß, Einspruch zu erheben, da di« Mandschurei immer al» russische Einflußsphäre anerkannt wurde und die Gründe, welche im Frühjahre den Widerspruch Hervorritfen, inzwischen fortge fallen sind. Nur England und Japan haben ein Interesse, die russischen Plän« zu durchkreuzen, ob aber diese Staaten wirklich activ vorgehen werden, ist mehr al» fraglich. England ist nach wie vor durch den südafrikanischen Krieg in vollem Maße in Anspruch genommen. Die Anstrengungen, welche e» machen muß, um die Fortführung de» Feldzüge» gegen di« Boeren zu ermöglichen, gestatten ihm nicht, irgend welch« größere und ernstere Unternehmungen zu beginnen. Zumal gegen Ruß land, da» jedenfalls die Mobilisiruna der gejammten britischen Streitmacht nothwendig machen würde. Darum ist ja auch die Londoner Presse verhältnißmäßig ruhig beim Bekanntwerden de» Abkommen» geblieben. DieEnglander tonnen im Augenblick nicht» thun und halten eS für angebracht, lieber gekünstelten Gleichmuth zu heucheln, als unnötbitzer Weise mit dem Säbel zu rasseln, wa» doch auf Niemanden Eindruck machen würde. Um so eifriger aber wird ihr« Diplomatie arbeiten. Man hat sich im Foreign Offi« längst überzeugt, daß Deutschland sich nicht für fremde Interessen zu einem Kampfe gegen Rußland Hetzen läßt. So bleibt nichts übrig, als eS in Asien wieder ein Mal mit dem Freunde und Bundesgenossen Japan zu versuchen. So weit di« Sachlage sich übersehen läßt, herrscht in Tokio über di« neueste Action Rußland» bedeutende Erregung. Diese Er regung ist gewiß zum Theil natürlich, aber sie wird auch sicherlich von London au» genährt. Japan hat immer mit großem Miß behagen auf die wachsenden Fortschritt« Rußlands in Ostasien geblickt. SS fürchtet, nicht mit Unrecht, daß die Mandschurei der erste Schritt zur Eroberung Korea», oder doch zur Einbeziehung der Halbinsel in die Einflußsphäre des Zarenreiche» sei. Träte aber dieser Fall «in, so wäre die Ostküste deS Japanischen Meres russische» oder von Rußland beeinflußtes Gebiet und da» Zarenreich wäre der Herr an der virl umstrittenen Straße von Korea. Das würde aber die Vernichtung der Großmacht stellung Japan» in Asten bedeuten. ES ist also erklärlich, wenn letzteres die Russen als Feinde betrachtet und sie aus der Mandschurei verdrängen möchte. Aber trotz der Unruhe der Regierung und des Volkes im Lande der aufgehenden Sonne glauben wir nicht, daß Japan ohne irgend welchen Bundesgenossen kriegerisch« Schritte gegen Rußland thun werde. Dazu fühlt man sich in Tokio nicht stark genug; ob mit Recht oder Unrecht, mag dahingestellt bleiben, aber die That- sache ist jedenfalls nicht zu bestreiten. Vor Kurzem wurde die Reise de» japanischen Staatsmannes Marquis I t o nach Amerika viel bemerkt. Seine Conferenzen in Washington mit den leitenden Persönlichkeiten der Union riefen di« Vermuthung wach, die Reise bezwecke den Vollzug einer An leihe. Da» wäre nicht undenkbar, weil Japan außerordentlich geldbedürftig ist und bisher vergebens nach einem Markte zur Vollziehung des Geschäftes sich umgefehen hat. Aber man muß doch auch mit der Möglichkeit rechnen, daß Marquis Ito politisch« Ziele in Amerika verfolgte und vielleicht die Union zu einem Bündniß zu bewogen versuchte. Natürlich würde ein solches Ab kommen vor Allem seine Spitze gegen Rußland richten. Sollten die Japaner derartige Ziele wirklich verfolgen, so ^würden die Verhandlungen durch die wirthschaftlichc Spannung Mischen Rußland und Amerika, sowie durch den Imperialismus de» letzteren erleichtert werden. Don Jto's Erfolgen in Washington wird «S daher abhängen, wie die osiasiatisch« Frage sich gestaltet. Zunächst aber kann die «rische Diplomatie mit Stolz auf ihre neueste Errungenschaft blicken. Sie hat di« Machtstellung Rußlands im fernen Osten neu consolidirt und England erheblichen Schaden zugekügt. Aus dieser Position aber könnte das Zarenreich nur durch die größten Anstrengungen seiner Gegner hinauSgedrängt werden, Anstrengungen, zu denen diese sich vcrmuthlich nicht auf schwingen. Der Krieg in Südafrika. Der getz'ante Boykott englischer Schisse In einer Zuschrift an den „Vorwärts" legt der Vor sitzende der deutschen Seemanns-Derbande», Paul Müller in Hamburg, die Gründe dar, auS denen der Plan, mittelst eines Boykotts englischer Schiffe durch die Hafen arbeiter England zur Beendigung des Boerenkrieges zu zwingen, zwar ideal, moralisch gut und schön, aber praktisch undurch führbar sei. Zunächst erachtet es der Einsender für unzulässig, daß «in bestimmter Industrie- oder Erwerbszweig eines Landes für die politischen verbrechen der Landesregierung bluten soll. Auch glaube er nicht, daß, wenn wirtlich eine Anzahl Rheder in Folge des auf sie ausgeübten Druckes veranlaßt würden, im Sinne eines für beide Parteien be friedigenden Friedensschlusses zu interveniren, diese Inter vention irgendwie praktische Folgen haben würde. Die britische Regierung, welche Milliarden für den Krieg geopfert und Eng land bis über die Ohren in Schulden gestürzt habe, würde sich in der Politik auch durch eine materielle Schädigung gewisser Schichten schwerlich von dem eingeschlagenen Curs abbringen lassen. Die Vorbedingung für die wirksame Durchführung der geplanten Action sei aber eine stramme und leistungsfähige Organisation, an der es in fast allen Schifffahrtsnationen, speciell in Holland, unter den Hafenarbeitern fehle. Höchstens 10—15 Procrnt von ihnen seien organisirt. Und woher soll das Geld kommen? In Deutschland habe die Krise auch bereits die Schifffahrtsbetriebe ergriffen. Tausende von Hafen arbeitern und Seeleuten seien seit Wochen arbeitslos. Wo sind die Mittel, um diese Leute abzuhalten, ein in einen deutschen Hafen einlaufendes Schiff zu entladen, und woher die Legionen nehmen, um den Zuzug arbeitsloser Elemente aus allen Theilen des Landes nach den Hafenstädten zu verhindern? Ohne Mithilfe der englischen Arbeiter sei der Kampf auch nicht durchführbar, und es sei nicht anzunehmen, daß sie, wenn ihre Existenz auf dem Spiele steht, mitmachen würden. Die Spekulation auf die Unterstützung der Capitalisten sei irrig. Dazu seien die Beziehungen und die Jnteressen-Ge- meinschaft des gejammten Unternehmerthums viel zu eng, und schließlich werde der Boykott bei der Stellung des englischen Handels täglich auf unseren eigenen Handel und Verkehr zu- ruckwirken und Tausende von Leuten, die unter englischer Flagge leben, nach Deutschland zurückschlagen. Die deutschen Rheder würden sich im Gegentheil mit ihren englischen College» soli darisch erklären und die Gelegenheit wahrnehmen, um die Ver träge mit den Arbeiterorganisationen zu brechen und Lohn- reductionen vorzunehmen. Dergleichen abzuwehren, sei die Arbeiterschaft zur Zeit nicht in der Lage. Der ganze Plan hätte niemals zur Diskussion gestellt werden können, wenn er vor seiner Veröffentlichung einer internationalen Arbeiterconkerenz unterbreitet worden wäre. Wicdervrrgcltuunsmatzregeln der Boeren. Au» Brüssel, 2. November, schreibt man unS: In hiesigen Boerenkreisen glaubt man zu wissen, daß die im Felde stehenden Boerengenerale, in Uebereinstimmung mit den in Europa be findlichen Vertretern der beiden Republiken, beschlossen haben, als Wiedervergeltung der von Kitchener ungeordneten Hinrich tungen, von allen englischen Gefangenen den zehnten Mann zu erschießen. Derselbe soll aus der Zahl der Gefangenen durch das Loos bestimmt und in Gegenwart seiner Mitgefangenen hingerichtet werden. Die Letzteren sollen gezwungen werden, für den Verurtheilten das Grab zu graben und nach Vollzug des Urtheilz entlassen werden, um ihren Landsleuten von dem Vorgang Bericht zu erstatten. Tie muthmastltchr Thätigkeil de Wet'S. Die Annahme, daß De Wet erkrankt oder gar gestorben sei, wird in Brüssel als durchaus unrichtig bezeichnet. De Wet soll vielmehr seit Wochen in der Capcolonie sein und dort I von Neuem die allgemeine Erhebung der Capholländer orga- I nisiren. Jedenfalls werde De Wet sehr bald im Süden de» i Caplandes auf der Bildfläche erscheinen, was besonders durch I die verstärkte Thätigkeit Delareh's Vorau» verkündet werde. I Je mehr hierdurch die Hauptmacht der Engländer im Norden 1 festgehalten werde, sei der Erfolg deS bevorstehenden Wieder auftreten» De Wet's um so gesicherter. Der Kampf bet Bethel. * Landon, 4. November. (Telegramm d. Mqdb. Ztg.) Die Zeitung „Morntng Post" berichtet au« Pretoria vom 3. November: Die erste Kunde von dem heftigen Kampfe bei Bethel langte in Pretoria Donnerstag an. Oberst Barter, der längs der Blockhäuierlinie unweit Bronkhorstfpruit vorging, erhielt unverzüglich den Beseht, Benson Beistand zu leisten. Er kam rechtzeitig an, um da» „Zurückwersen" de» Feinde» zu vervoll ständigen. Nachdem Benson gefallen war, übernahm Major Sampso n da» Commando und sammelte die zerstreuten Mannschaften der Pro- viantcolonne unter dem Rande deS Hügel». Die» war eine höchst schwierige Ausgabe, deren Durchführung theuer erkauft werden mußte. Der erst« Angriff sand während eine» heftigen Gewitters statt. (Kitchener hat bekanntlich „Nebel" gemeldet.) Al di« Boeren versuchten, die britische Stellung zu erstürme«, verschanzten die Engländer sich. Botha hoffte vermöge seiner Uebermacht die thätigste Colonne von OsttranSval ganz gefangen zu nehmen. Der Heldenmuth der Bertheidiger vereitelte dieS; nicht ein Mann ergab sich. (Alle Beschönigungen ändern an der Thatjache einer sehr empfindlichen und verlustreichen Niederlage der Engländer nicht».) * London, 4. November. (Telegramm.) „Daily Mail" schreibt: Weitere Einzelheiten über Len Kampf unweit Bethel lassen ersehen, daß der Krieg im gesetzlichen Sinne noch nicht vorüber sei, und es ist beunruhigend, zu bemerken, daß die Boeren noch immer im Stande sind, sich ohne Wissen unserer Generale zu concentriren und in dieser Weise isolirte Lolonnen zu überfallen. Wenn sie die- ungestraft thun können, werden unsere Kriegführung-Methoden geändert werden müssen und wir werden auf die Verwendung weit größerer Streitkräfte zurückgreisen müssen. (Boss. Ztg.) Deutsches Reich. L Berlin, 4. November. (Da» Institut der UniversitätScuratoren.) Die Einsetzung von Uni- versitätScuratoren erfolgte in der Reaktionszeit, al» man es für nothwendig hielt, die Universitäten einer strengen Beauf sichtigung zu unterwerfen. Daß die Einrichtung sich praktisch bewährt habe, wird man nicht behaupten können, da bei der Un bestimmtheit des Pflichtenkreises des CuratorS Reibungen zwischen diesem und dem Rector, den Institutsdirektoren u. s. w. unmöglich ausbleiben können. Aus diesen Erwägungen heraus und von der Thatsache ausgehend, daß das Amt des Univer- sitäts-Curators die Arbeitskraft eines Mannes kaum oder un zureichend in Anspruch nimmt, nahm das preußische Ab geordnetenhaus in der Session 1894 eine Resolutton an, in der die königliche Regierung aufgefordert wurde, in Erwägung zu nehmen, ob nicht in Zukunft von der Bestellung von Universität» curatoren im Hauptamte abgesehen werden könne. Das Resultat dieser „Erwägung" war, daß kurze Zeit nachher die Stelle des Universitätscurators in Göttingen, trotz deS ausgesprochenen Wunsches des Abgeordnetenhauses, wieder im Hauptamte besetzt wurde, und zwar mit einem bisherigen vor- Fettilleton einer früheren Wanderung <u»ftethan hackt Dir saßen wohlgehorgen im Gasthai Der WanderfreuNd hatte inzwischen die Gardinen gelüftet. Dann lachte er laut auf, wi« nur gesunde und gut« Menschen zu lachen pflegen. „Na, guck doch nur! DaS ist ja zum Todtschreßen! Nee, Mensch, da» mußt Du selbst sehen! Ferkelmarkt in Lobenstem!" In der That, ein drollige-, lebhaft bewegte» Bild, was sich un» da unten bot! In vergitterten Kästen und hohen Körben hatte sich drunten eine «wahrhaft glänzende Versammlung von Spanferkeln aus dem Reußonlande jüngerer Linie zusammengefunden. Vier ibi» sechs hockten da immer bei einander und tuschelten sich Heimlichkeiten in'S Ohr. Dazwischen scholl dann daS Kichern, Glucksen, leis« Aufiarollen. Fuhr aber dann und wann die derbe Faust einer der feisten Höckerinnen dazwischen, packte ein zappelnder Opfer am Hinterbein, um «S dem Kauflustigen lobpreisend fast unter die Nase zu halten, dann stieß di« gemißhandelte Unschuld einen herzerweichenden Quiekton aus, in den sämmtliche Leidtragenden verständnißinnig einftinrmten. Em« 'ganze Weile blickten wir auf diese beweglich«, rosig an gehauchte Masse nieder. Wie farbenzart, duftübergoffrn, sauber! Man hätte nicht glauben mögen, daß ein Schwein so rein unter der Sonn« Homer» konnte dahinwandeln. „Einfach süß!" bemerkt« der Wanderfreund lachend. „Aber nun fertig gemacht! Der Tag scheint wieder Gutes bringen zu wollen. Ich sehn« mich nach Bergwald!" Und er brachte un» Gute», und ließ mich die Freundschaft eine» Manne» erneuern, mit dem ich vor einer Reihe Jahren Stunden de» Frohsinn» verlöt hockte. Al» wir nach einer Stunde au» der Thüre de» Gafihause» traten, rollte just ein schmucke» Jagdwäglein vor. Den Braunen lenkte der fürstlich« Oberförster au» Waidmaimshril. Im nächsten Augenblicke schüttelten wir un» die Hände. „Wir wollten heute -u Ihnen . . . „Und ich zu Ihnen!" lacht« der Grünrock und strich sich wi« ein Siege, den Schnauzlbart. „Ich hörte schon grstern, daß Sie hier herum spukten ,da dachte ich, du fängst den Kerl gleich ab und entführst ihn in drin« Wakdberg«. Und nun trifft sich'» gut. Ader «rst wird 'n Schoppen geleert, meine Herren! Man soll jede» Unternehm«» mit «inem Tvonkopfer festigen ^Uou«, an di« Gewehre!" Sine gute halbe Stund« später ratterte da» Däglrin mit un» Dreien über den Marktplatz und durch dir holprigrn Gaffen der derivittweten Residenz Lobenstein. — Dir hatten di« schöne Straße eingeschlagen, welche von Loben- stein tib«r tzirschberg nach Hof leitet. Bald hinter dem Weiler Klettt-Friesa fällt du Straße in da» lieblich« Thal der Friesau, In der einstigen Residenz diese» Fürstenhaus«», dem so an- muthig eingebetteten Balde Lohenstein, waren wir vor Anker ge- gangen. Lobenstem ist «in nute» Standquartier für all« Wan- derer, welche den östlich« Zipfel Thüringens kennen lernen wollen. Bor Allem zog'» mich wieder hinüber in da» obere Saalethal, dal so nah« gelegen und dessen träumerischen Reiz« «» mir auf einer früheren Wanderung angethan hatten. Dir saßen wohlge-orgen im Gasthause Volkmar am Markte. Kirche uitd Burgruine schauen auf diesen stillen, vergrasten Markt, platz nieder, in dessen Mitte ein Springbrunnen nebm dem Aus LobenKeins Umgebung. von A. Lriniur. Va»dnra «erbst«. Im Juni war ». An W«en und Rainen blühte die Heckrose in duftender Fülle und im Hollerbusch — wie «S bei den ver eideten Quartalidichtern heißt —, da sang di« Nachtigall, wenn'- auch nur Fink und Amsel waren. Mit dem Hamburger Wander- freund zwischen Thüringer- und Frankenwald auf- und nieder- streifend, alle paar Stunden da» Hoheitszeichen «ine» neuen Herrn am Grenzstein grüßend, waren wir einer Teuer in dar Ruhmland «ingedrungen. Nicht in jene», da» un» verbietet, beim kreisenden Becher de» deutschen Vaterlandes zu gedenken und der «einten Macht deMben un» zu freuen — sondern in da» der jüngeren Linie, dessen Erbprinz vor einigen Jahren durch sein rittukich-tapfere» Wort den freudigen Heilruf aller guten Deutschen weckte. Dir saßen wohlge-orgtn Kirche uitd Burgruine schauer , „ , platz nieder, in dessen Mitte ein Springbrunnen nebm dem Kaiserdenkmole heimlich plätschert und rinnt. Line» Morgen» war'», al» der Wandersreund wi« ekektrisirt au» dem Bette sprang. „Da» ist denn? Brennt'»?" „Horch doch nur! '» läßt mich nicht langer rühm." Richtig! Don unten heraus drang ein unentwirrbare», wun derliche» Gemisch von Tönen. Schwalbengezwttscher könnt'» nicht sein. Schien doch die Sonn« hell und froh in unser Zimmer, daß sich keim Schwalbe unten am Boden hinzudrücken vraucht«. Dirmch, ganz merkwürdige» Geräusch! Manchmal schien e» zu kichern, al» stände unten «in Pensionat vergnüater, junger Mädchen; dann fuhr e» wieder schrill einmal dazwischen, pfiff mtd pipfie im höchsten LiScant, zornig, ängstlich, außgestört, bi» «» wieder sachte einschlief und verklang, um bald darauf aus'» Nene lo»zubr«chen, da» bei Gottiiesthal an die Saale endigt. Der Gasthof, welcher hier an der stattlichen Sandstcinbrücke liegt, ist an schönen Sommrrtagen ein Wallfahrtsort für die Bewohner der Umgvzend. Don der Brücke aus entrollt sich ein malerisches Flußbild auf und nieder. Steile Waldberge streben zu beiden Seiten empor. Da und dort stürzt eine Felswand jäh nieder. Auf den Höhen, an den Wänden klebend, rm Grunde: überall grüßen weißleuch tende Gehöfte, einzeln versprengt, idyllische Weiler bildend, öder zu kleinen Ortschaften sich zusammenziehend. Leise, fast behutsam zieht der Fluß in fort und fort sich erneuernden Bogen und Schleifen dahin. Etwas -unendlich Verträumtes, Weltfernes ruht über dem ganzen Bilde. Ein paar Fischer, muskulös« Gestalt«», stehen flußabwärts mitten im Wasser, wo eine niedrige Gras insel sich vom Ufer aus hineinschiebt. Sie hantiren mit Reusen und Netzen und geben diesem deutschen Fluhthalgcmälde die charakteristischste Staffage. Unser Grünrock weist mit der Peitsch« wrwärtS, in der Rich tung, wo hart am Ufer ein paar Einzelgehöfte jenseits Saal dorf« sich vom dunklen Waldhintergrunde abhöben. Er wendet sich halb und halb nach uns und lacht: „Wissen Sie noch, damals? Da» war ein« famose Sitzung im Gasthofe zu Neuhammer. Wir haben noch ost davon ge sprochen. Seitdem ist der Lahver nach der Hauptstadt versetzt worden. Schade, daß Alle» 'mal seinen letzten Tag hat! Hüh!" Er knipst mit der Peitsche und der Braune ermannt sich und schlägt «in schnellere» Tempo ein. Er wittert die Heimath. Un weit der ersten Hütten von Saoldorf schlagen wir unS seitwärts in den Park von Waidmannshril. Der Wald rauscht auf, al» wir nun langsamer durch rhn «mporwllen. An Schluchten und Matten geht'» hin; die Morgensonne gießt spielende Lichter durch die Wipfel. Ab und zu blickt da» kleine Lustschlößchen Waid- mannSheil durch wogendes Grün. Nun haben wir die Höhe er klommen. Da ruht da» Jagdschloß, ein lichter Dau, dessen Fenster verhangen sind. Und nun seitwärts durch Gebüsch! Hunde schlagen freudig an. Der Braune wirf prustend den Kopf zurück. Im nächsten Augenblicke hält der Wagen vor «inem gemüthlich dreinschauenden Hause. Ein echte» Jägerheim! Im Vorder grund« Obst- uikd Gemüsegärtlrin, tiefer Saaldorf und Neu hammer, ganz im Grunde der blitzende, lautko» dahinztthende Fluß, dahinter Bergcoulissen und eine entzückende Ferne, bis in dir tiefblau« Tiefe heute wie trunken in Sonnenfruergluth rnhend. Frau Oberförsterin heißt uni willkommen. Hinein in die trauliche Stube, deren Wände in ihren Jagdtrophäen von manchem stillen Pürschgang, mancher guten Stund« draußen in tz«n Bergwäldern erzählen! Wir sind daheim! Wer kennt nicht die Poesie eines deutschen ForsthauseS?! In vollen Zügen durften wir sie in diesen Frühlingstagen genießen. Ich kannte Wald und Thal, aber diesmal sind mir die heimlichen Schönheiten dieses Landstriches noch voller zum Bewußtsein gekommen. Man muß Den zur Seite haben, der sein« Bäume liebt und pflegt, wi« seine Kinder, der mit der Geschichte seines WaldeS innig vertraut ist, der uns erzählt von den Stürmen, die jenen zerzausten, von Schn-eebruch und Wettern, aber auch von Jagd, thauigen Morgen gängen und jenem derben Humor, der ebenso deutsch, als unzer trennlich von dem edlen Waidwerk ist. Wie viel scheu verborgener und doch sonniger Idealismus birgt sich oft hinter diesen wetterharten, grobkörnigen, polternden Männergestalten! Denn tiefst« Liebe zu ihrem Walde wohnt ihnen in der Brust, wie ja auch jeder echt« Jäger — kann er's auch nicht in Wort« fassen — zugleich ein echter Naturpoet ist. Jeder Forstmann schafft nur für künftige Geschlechter. Er streut die Saat aus, «r sieht sie aufgehen und sich recken, di« volle Ernte aber zu schauen, ist ihm nicht beschieden. Dorausblickmd, im Geiste sieht er die Stämme sich zum Himmel höben, deS von ihm gepflanzten Hochwaldes Pracht und Schönheit genießen aber einst Die, welche nach ihm kommen, wenn ihn längst der grüne Rasen deckt. Die» All«! trat mir auf dem Waldstreifen dieser Tage wieder einmal recht in's Bewußtsein. Unser Gastfreund war Feuer und Flamme, sobald der Hochwald, sein Wald, über unS rauschte. Da besaß für ihn jeder Forstort seine Geschichte. All«S beseelte sich vor seinen Augen, in sein«n Worten. Er hatte so ungefähr all« JahreSzahkn im Kopfe, wann hier ein Schlag abgetrieben, dort die Neupflanzung angel-ogt -worden war. Hier klettrrten förmlich seine Blick« di« gerade emporgeschoffene-n Stämmchen eines Jungwaldes mit Stolz empor, da strich er fluchend den Schnauzbart, wo Sturm und Wetter wie mit Riesenfäusten hineingegriffen und in wilder Wuth Baum über Baum gestürzt und niederqezwungen hatten. Ein imposanter Friedhof mitten im Walde! Dann legte er, wenn eine Wiese, ein freier Schlag vor unS sich aufrollte, bedeutsam den Finger an den Mund. Das hieß auspassen. Und da» Fernglas, von Hackd zu Hand gehend, strick über die Fläche, äsendes Wild heimlich zu beobachten. Ab und zu wurde geradezu angepürscht, oder ein Felsblock, rin Lugintland im Sturme genommen. Und immer gab'S zu be richten, zu erzählen! Von früheren Dienstjahoen in Westpreußen und humoristischen Erlebnissen im russischen Nachbarland«. Da flogen rasch die Stunden hin, bis di« über dem Gebirge purpurn niederzitternde Sonnenscheibe un» zur Heimkehr mahnte. Un vergeßliche, köstliche Stunden! (Sckluß fvlgt.f
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