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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 14.11.1901
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1901-11-14
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-19011114020
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1901111402
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1901111402
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1901
- Monat1901-11
- Tag1901-11-14
- Monat1901-11
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Man aboantrt ferner mit entsprechendem Postausschlag bei den Postanstalten in der Schweiz, Italien, Belgien, Holland, Luxem- bu.a, Dänemark, Schweden und Norwegen, Rußland, den Douaustaateu, der Europäischen Türkei, Egypten. Für alle übrigen Staaten ist der Bezug nur unter Kreuzband durch die Expedition dieses Blattes möglich. Die Morgen-AuSgabe erscheint um */,7 Uhr, di« Abend-Ausgabe Wochentags um 5 Uhr. Ne-artion rm- Expedition: Johannisgaffe 8. Filialen: Alfred Hahn vorm. O. Klemm'» Sortim. Nmversitätsstraße 3 (Paulinum), Loui» Lösche, Katbarinenstr. 14, Part, und Köniqsplatz 7. Abend-Ansgabe. MWgcr TllgMaü Anzeiger. Amtsblatt des Königlichen Land- und Amtsgerichtes Leipzig, -es Aattjes und Notizei-Ämtes der Ltadt Leipzig. Nr. 582. Donnerstag den 14. November 1901. Anzeigen-Preis die 6gespaltene Petitzelle 25 H. Reklamen unter dem Redactionsftrich (4 gespalten) 75 H, vor den Familiennach- richten (6 gespalten) 50 H. Tabellarischer und Ziffernsatz »ntsprecheud höher. — Gebühren für Nachweisungen und Offertenannahme 25 H (excl. Porto). Srtra-Beilagen (gesalzt), nur mit der Morgen-Ausgabe, ohne Postbrförderung >/6 00.—, mit Postbesörderung 70.—. Ännahmeschluß für Anzeigen: Abend-Ausgabe: Bormittags 10 Uhr. Morgen-Ausgabe: Nachmittags 4 Uhr. Bei den Filialen und Annahmestellen je eine halbe Stunde fniher. Anzeigen sind stets an die Expedition zu richten. Die Expedition ist Wochentags ununterbrochen geöffnet von früh 8 bis Abends 7 Uhr. Druck und Verlag von E. Polz in Leipzig. 95. ZahMM, Der Krieg in Südafrika. Neue englische Schlappe. * Lands», 13. November. Dem „Reuter'schcn Bureau" nird auL Clarnwilliarn unter dem 3. November gemeldet: Eine größere Boerenabtheilung griff am L9. October bei Bonendam einen von 35 Mann Colonialtruppen escor- tirten Convoi an. Nach hartnäckigem Widerstande er beuteten die Boeren den Convoi. Die Verluste der Engländer betrugen 14 Mann, darunter 2 Of- ficiere. Die Boeren sollen (!) eine gleiche Zahl verloren haben. Zum ersten Male seit langer Zeit ist auch wieder Nachricht, und zwar sogar officielle durch Kitchener, über Christian Tcwet gekommen; derselbe ist, wie zu erwarten stand, in diesen langen Wochen der räthselhaften Stille seinerseits nicht müßig ge wesen, sondern hat im nordöstlichen Theile des Oranjefrci- staaies sich ein neues Corps gesammelt, dasselbe in aller Ruhe sozusagen unter den Augen der britischen Truppen frisch aus gerüstet (er hatte bekanntlich vor Monaten zwei oder drei größere englische Transporte aufgehoben), und wird nunmehr aller Wahrscheinlichkeit nach binnen Kurzem wieder von sich reden machen. Vorläufig thut Kitchener den „Schwarzen Christian" mit der ebenso hochmüthigen wie albernen Phrase ab, daß „Colonnen (welche, sagt er aber nicht) in Bewegung sind, um die Commandos unter Dewet zu zerstreuen". Wer bei dieser einfachen Procedur den Kürzeren ziehen wird, muß nun wieder abgewartet werden, und Vie Nürnberger hängen bekannt lich Keinen, sie hätten ihn denn zuvor. Im klebrigen ist es recht erfreulich, von Kitchener selbst zu hören, daß Dewet also wirklich ganz und gar nicht todt, sondern im Gegentheil sehr lebendig und activ ist und schon wieder britischen „Colonnen" harte Nüsse zu knacken aufgiebt. Von ganz besonderem Interesse ist das, was Kitchener über die Situation in der Capcolonie meldet. Die beiden Commandanten Fouchci und Nyburg sollen „sich immer noch im Nordosten der Colonie versteckt halten", während „ein paar Nachzügler in den Mitteldistricten verfolgt werden". Im Westen der Capcolonie soll es dagegen den beiden kühnen Boerenfllhrern Maritz und Theron mit ihren Comman dos gelungen sein, westlich von Clamwilliam südlich der briti schen Colonnen, die gegen sie opcriren zu gelangen, also jetzt im Rücken der Engländer zu stehen und sogar einen Angriff auf die Stadt Piquetberg zu unternehmen, der allerdings angeblich zurückgeschlagen worden sein soll. Dies läßt tief blicken und beweist, wie wenig die britischen Streitkräfte im Süowesten der Colonie, wo sie den Vormarsch der durch die aufständischen Cap holländer verstärkten Boerencommandos auf Capstadt zum Ein halt bringen sollten, im Stande gewesen sind, ihre Aufgabe zu erfüllen. Mit dieser Thatsache steht auch zweifellos eine Mel dung von Capstadt im direkten Zusammenhänge, wonach neuer dings die ganze Stadtbarde und alle sonstigen verfügbaren Mannschaften einschließlich einiger gelandeter Marinetruppen nordwärts gesandt worden sind oder nördlich von Capstadt Stellung genommen haben. In der Stadt selbst soll die größte und unbehaglichste Unruhe herrschen und die Ansicht immer mehr Oberhand gewinnen, daß es um die ganze Situation in der Colonie immer schlechter bestellt wird, was mit den fort währenden Beschönigungsversuchen der englischen Regierung im crassen Widerspruch steht. Kitchener'schc Statistik. Die neueste officielle Meldung des Lord Kitchener über die in der vergangenen Woche seitens seiner glorreichen Truppen er zielten Resultate ist in mehr als einer Hinsicht interessant. Zu nächst giebt er 63 Boeren als getödtet, 105 als verwundet, 104 als gefangen und 45 als capitulirt an, so daß also im Ganzen wieder 317 Boeren abgängig geworden wären. — Anfangs Juli dieses Jahres behauptete Kitchener, daß im Ganzen noch etwa 13 500 kampffähige Burghers im Felde ständen, und da nun unter Einberechnung der oben erwähnten 317 seit Anfang Juli nach den officiellen Angaben des britischen Hauptquartiers zu sammen 7390 Boeren getödtet, verwundet oder gefangen wur den, so müßten heute nur noch ca. 6000 Boeren den 225 000 Engländern gegenüberstehen. Nach menschlicher Berechnung und nach Maßgabe der schönen britischen Statistiken dürfte also nach weiteren vier Monaten kein einziger streitbarer Burgher mehr vorhanden sein, — wenn nicht inzwischen Lord Kitchener herausfindet, daß seine Zahlen ebenso wie seine Siegesberichte nicht so ganz zuverlässig gewesen sind. Politische Tagesschau. * Leipzig, 14. November. Die große Mehrzahl der deutschen Blätter beschäftigt sich seit einigen Tagen eingehend mit den sog. Hunncnbrirfeii und der Art, wie der Äbg. «rbrl diese Erzeugnisse zur Er- reichnng seiner Zwecke benutzt hat. Wir geben nur ungern auf dieses Thema ein, weil es peinliche Erinnerungen an ge wisse „Nebengeräusche" erweckt, die bei der Einleitung des deutschen CbinafeldzugeS vernehmbar wurden und obne die vielleicht niemals von „Hunnenbriefen" die Rede gewesen sein würde und wahrscheinlich weit weniger deutsche Chinakriezer auf den Gedanken gekommen wären, sich mit Tbaten zu brüsten, die dann der Boxeranwalt Bebel zu seinen Angriffen auf die deutsche Kriegführung in Ebina benutzte. Aber trotz dieser peinlichen Erinnerung ist eS schon desbalb nöthig, Herrn Bebel'S Rolle in diesem leidigen Drama zu beleuchten, weil sie wabrscheinlich auch im Reichs tage zur Sprache kommt. In diesem hatte bekanntlich Herr Bebel den Kriegsluinister direcl zur Verfolgung der An gelegenheit aufgefordcrt und sich bereit erklärt, die Namen der Ürbeber der ihm zugenangenen „Hunnenbriefe", bez. Der jenigen, die sie ihm zur Verfügung gestellt hatten, zu nennen und so die Einleitung einer Untersuchung zu ermöglichen. Er ist nun am 9. October in Berlin als Zeuge vernommen worden, und seine Aussagen haben bei den Berbandlungen über de» bezüglichen „Hunnenbrief" den Staatsanwalt zu dem Vorwurfe veranlaßt, daß er sich um den Kern der Sache berumgedrückt habe. Gegen diesen Vorwurf wendet er sich nunmebr in einem längeren, im „Vorwärts" veröffentlichten Artikel, in dem er darzulegen versucht, daß ibm bitteres Unrecht geschehen sei und daß die Echtheit des „Hunnenbriefes", der den Gegenstand der Ver handlung bildet, tbatiächlich erwiesen sei. Nach seiner eigenen Angabe gestaltete sich der Vorgang bei seiner Vernehmung als Zeuge folgendermaßen: Auf die Frage, wer der Einsender sei, erklärte ich, daß ich den Namen desselben nicht mehr mit Bestimmtheit angeben,könne, der Einsender trage eine» bekannten (häufig vorkommenden) Namen, aber wenn ich auch den Namen noch genau wüßte, würde ich ihn nicht nennen, wie ich auch den Namen des OrteS nicht verrathe, in dem derselbe wohne. Ich führte weiter auS: Der Einsender des Brieses habe mir aus mein Schreiben nicht geantwortet, dagegen hätte ich nach einiger Zeit von einer anderen Person auS demselben Ort« einen Bries erhalten, worin diese schrieb, der Bruder Les BriesjchreiberS wolle meinen Brief selbst nicht beantworten, weil er gegen seinen eigenen Bruder nicht al- Denunciant auftreten dürfe, dagegen werde er mir meinen Bries beantworte», was gr'chehrn sei. Der Name dieses Briefschreibers sei mir gänzlich entfallen, doch würde ich auch den Namen desselben nicht nennen, wenn ich ihn auch wüßte. Staatsanwalt und Richter bemühten sich wiederholt, mich von der Verweigerung eine- TheileS meiner Aussage abzubringen; ich lehnte es ab, auch olS man mich auf die Folgen der Zeugnißverweigerung (K 69 der Strasproceß- Ordnung) aufmerksam machte. Der Abg. Bebel bat also, wie auS seiner eigenen Dar stellung hervorgebt, den Versuchen, seine Tbeilaahme an der Aufklärung deS Sachverhältniffes zu erreichen, beharrlich widerstanden. Wenn er trotzdem behauptet, auS jener Darstellung gehe bervor, daß der in Frage stehende Hunnenbrief „echt ist", so zeugt daS, wie die „Kreuzzeitung" mit Neckt sagt, von einer Kühnbeit der Schlußfolgerungen, wie man sie eben nur bei diesem Parlamentarier findet. Von Jemandem, der erst unter dem Schutze seiner Immunität als ReickstagSabgeordneter gegen die deutsche Kriegsmacht die schwersten Anschuldigungen erhebt, zugleich die Militärbehörden ausfordert, der Sache aus den Grund zu gehen, und sich bereit erklärt, Namen zu nennen, dann aber, als es sich darum bandelt, die Sacke aufzuklären, die Auskunft verweigert, kann man allerdings nickt verlangen, daß ihm ter Unterschied zwischen Beweisen und unbewiesenen Behauptungen verständlich sei. Es bestätigt durch dieses Ver halten lediglich die Ausfassung, die man in den ibm politisch nicht nahestehenden Kreisen ichon auS früheren von ihm er zählten Räubergeschichten gewonnen bat, daß er nämlich in der leichtfertigste» Weise unerwiesene Behauptungen aufstellt und damit den Mangel gerade derjenigen Eigenschaften, die ein ernsthaft zu nehmender Politiker in erster Linie haben muß, in glänzender Weise feststellt. Er beweist aber auch ferner, daß eS ihm bei seinen Beschuldigungen gar nickt darum zu thun war, die angeblichen Verüber von Sckandthaten gegen die Boxer und andere Chinesen zur Strafe zu bringen und dadurch wirkliche Untbaien zu ver hüten, sondern lediglich auf die Verdächtigung der eigenen Regierung und ter deutschen Heeresleitung. Und wenn er neuerdings im „Vorwärts" behauptet, daß ein berüchtigter internationaler Spion, der unter anderem Namen auch den Namen Normann-Schumann führt, mit ter Anfertigung gefälschter Hunnenbriefe in Verbindung stehe, so beweist er endlich, daß wenigstens ein Theil des von ihm zu seiner Ver dächtigung benutzten Materials ibm selbst verdächtig erscheinen mußte. Kommt im Reichstag die Sacke zur Sprache, so wird er einen Tag erleben, den er zu seinen RuhmeStagen nicht rechnen wird. Das „Bad. Correspondenzbureau" brachte bekanntlich vor Kurzem die befremdende Nachricht, die badische Regierung beabsichtige, dem Wunsche der Curie nach Bewilligung einiger ÖrVrnSntcdcrlassungcn in nächster Zeit zu ent sprechen. Jetzt erfährt die „Köln. Ztg." von „sebr unter richteter Seite", daß diese Angaben durchaus den Tbatsachen entsprechen, und macht den Versuch, die badische Regierung von ihrem Vorhaben abzubringen. DaS rheinische Blatt schreibt nämlich: „Es ist nicht zu bestreiten, daß die Orden unter gewissen Umständen und Bedingungen auch vom Staate zugelassen werden können. Ihre Gründung liegt in der Consrquenz der katholischen Lehre, daß es gewisse Gott besonders wohlgefällige Werke giebt; und daß die Orden in früheren Zeiten in mannigfacher Beziehung nützlich, ja segensreich gewirkt haben, daß sie zum Theil noch so wirken, stellen wir nicht in Abrede. Aber wir wissen auch, daß das Idealbild der Orden, wie es die Phantasie sich ausmalt und wie eS von inleressirter Seite geflissentlich immer wieder der Welt vorgeführt wird, zur Wirklichkeit in sehr vielen Fällen nicht stimmt. Wir wissen, daß die angeblich zur Armuth verpflichteten Orden es trefflich verstanden haben, steinreich zu werden und die Bauern trotz den geriebensten „Vauernlegern" von Haus und Hof, wenn auch auf ganz gesetzliche Weise, zu vertreiben; daß sie, die Christi entsagungSreiches Leben zum Vorbild zu nehmen behaupteten, vielfach in Wohlleben und Schlemmerei versanken, und daß sie der christlichen Brüderlichkeit und christlichen Sanstmulh zum Trotz durch Unduldsamkeit, Eifer- sucht und Anfeindung untereinander übel berüchtigt wurden. Dazu kommt, daß zur gegenwärtigen Zeit die Orden fast ausnahmslos zu der ecdssia militanz im ausgeprägtesten Sinn gehören, daß sie, kurz gesagt, als Vor kümpfer des Ultramontanismus gelten müssen und durch ihre ganze Tdätigkeit, insbesondere durch ihre Missionen sehr oft den Gesst der Verträglichkeit unter den Con- sessionen als AuSfluß verwerflicher Gleichgiltigkeit bekämpfen. Eben deswegen befördert der Ultramontanismus ihre Vermehrung auf alle Weise und betreibt er ihre Zulassung da, wo sie noch nicht besteht; vielfach ist der letzte Grund dieses Strebens die Absicht, dem noch leidlichen toleranten WeliclrruS Aufseher und „Vorbilder" zu geben. Diejenigen Staaten, welche den Orden schon den Zutritt gestaltet haben, mögen und müssen sehen, wie sie mit ihnen fertig werden und wie sie die von ihnen drohenden Gefahren abwenden; sie werden dabei vielleicht zum Nachdenken darüber gelangen, ob eS nicht besser gewesen wäre, das priucipiis obstal zu beachten. Den jenigen Staaten aber, die sich bis jetzt der Orden erwehrten, heißt es aber doch eine starke Zumuthung stellen, wenn man ihnen an sinnt, sie sollen die Mönche im Augenblick zulassen, wo in fast allen romanischen Staaten — also wohl gemerkt in solchen, wo die Pro testanten wenig oder nicht- bedeuten, sie also gar nicht als Triebkraft in Betracht kommen — eine sich immer mehr vertiefende und ver breitende Bolksbewegung gegen eben diese Mönche im Zuge ist. Wie lang ist es her, daß Spanien vornehmlich der Mönche wegen dir Philippinen verlor? Welche Scenen haben in jüngster Zeit sich in Spanien, Portugal und Belgien abgespielt! Zu welchen Gesetzesmaßnahmen hat erst in diesem Jahre Frankreich greifen müssen, um sich der schädlichen Wirkung der Orden zu erwehren? Von dem furchtbaren Haß, der tiefen Verachtung des Mönchthunis, der einst die ganze Zeit der Renaissance durchzog, wollen wir schweigen. Tie Ultramontanen haben wohl Grund, zu frohlocken, daß im „ketzerischen Deutschland" ihr Weizen blüht, während dir ältesten Töchter der Kirche aufrührisch wrrden, daß eine lang vn- einuehmbare Festung vor einer ihrer agitatorischen Forderungen capitulirt und die weiße Fahne aufgezogen hat. Sie hoffen sogar, und das haben sie von Anfang an bei dem Ansturm in Baden im Auge gehabt, daß der noch viel größere Sieg dem kleineren nach- Feuilleton. Vie Marmorliebe. Eine Hofgeschichte von Jean Vernarb. Nachrrml verlöt«». Zweites Capitel. Im Paradiese sei es, sagt man, hauptsächlich das Bor- handensein oder leichte Erreichen aller Bedürfnisse des Menschen gewesen, was diesem bevorzugten Landstriche den Namen „Paradies" eingetragen habe. Wenn in der alten Zeit zu einem Paradiese nicht viel mehr gehörte, als milde gute Luft, gutes Wasser, reichliche Früchte und milchspendende Lhicre, so ist die Gegenwart etwas anspruchsvoller geworden, und ein Land, wo nur „Milch und Honig" flösse, würde kaum als Paradies be zeichnet werden. Dazu braucht es heutzutage mehr. Das Herzogthum W . . .., in dessen Residenz H . . . Franz von Eber nunmehr weilte, wurde bei jeder schicklichen Gelegen heit «in paradiesisches Land genannt, und beinahe konnte man Vieser Bezeichnung beipflichten. Es besaß einen gebirgigen und ebenen Gebietstheil, ein großer Strom mit bedeutenden Neben flüssen durchrauschte ein großes Stück der Ebene, der Acker- und Gartenbau stand in ansehnlicher Blüthe, Eisenbahnen durchzogen daS Land, Dampfschiffe belebten den Strom, Tele graphen- und Telephonleitungen erleichterten den Verkehr, dem auch wohlgepflegte Straßen dienten; in den Bergen fand man Erze, Kohlen und Salz, industrielle Anlagen traf man allent halben an: kurz, «S war ein Land, in welchem nicht nur „Milch und Honig" floß, sondern auch für alle erdenklichen Bequemlich keiten deS Leden» gesorgt war und wo man für all das nur mäßige Steuern zu zahlen hatte. Die Herrscherfanttlie dieses gesegneten Landes, dessen Umfang freilich nicht allzu groß war, zählte zu den ältesten Regenten geschlechtern Europas, wenn sie nicht gar die älteste noch regierende selbst war; doch mag diese Frag« ruhig den Geschichtsforschern überlassen bleiben. Für daS Land selbst war eS von größerer Wichtigkeit, daß dieses alte Geschlecht tüchtig und für daS Wohl deS Herrsckgebiete» aufrichtig besorgt war. Die Fürsten von W . . . . waren trotz ihres Reichthums einfache Leute mit biederem, wohltätigem «Sinne, die außer ihrem HofHeater in H . . . und der gern gepflegt«n Jagd, jahraus, jahrein, eigentlich weniger Vergnügen kannten, als mancher ein- sacke gräflich« Lebemann in Berlin oder Paris. In diesem Lande gab e» auch Hofschranzen, wie sie in der Umgebung von Fürsten meisten» zu finden sind, Leute, welche immer und überall zuerst ihren persönlichen Vorthsil im Auge haben und dazu auch ihre Hofstellung mehr oder weniger offen mißbrauchen, im Gegensätze zn den Hofleuten, welche vor Allem die Pflichten ihres Amtes erfüllen und als ehrliche, brave Men schen neben dem Wohle ihres Herrn auch das Des Landes im Auge haben. Die ziemlich zahlreiche Partei der Hofschranzen in H . . . hatte es hauptsächlich auf die Hofhaltung des Herzogs Philipp abgesehen, die ihr zu einfach und schlicht erschien. Vielleicht un bewußt, aber thatsächlich, stand die Frau Herzogin Aurelia an der Spitze dieser Partei, da auch sie einer glänzenderen Hof haltung zuneigte und bei vielen Gelegenheiten das-Wort rödete, bisher freilich ohne wesentlichen Erfolg, da Herzog Philipp sowohl als scine Söhne, Erbprinz Hugobert und Prinz Frazzilo, die ein fache, unnöthrgrn Prunk verschmähende Lebensweise der Ahnen, so weit als thuwlich, beibehietten. Franz v. Eder stand plötzlich inmitten dieser Hofgesellschaft. Der weitgereiste, hochgebildete Mann vermochte vor Allem nicht, so zu schwärmen für die paradiesischen Schönheiten deS Land- i chens, wie es nun einmal Sitte in H . . . war. Er hatte viel gesehen — und schönere Landstriche bewundert, wie W . . . sie bot; dabei war er freilich nicht blind für die thatsächlich vor handenen großen Vorzüge dieses trefflich verwalteten Landes. DaS Leben in der kkinen Residenz H . . . selbst muthete ihn anfangs seltsam an, und er gebrauchte einige Zeit, um sich über haupt einzugewöhnen. Seine halbamtliche Stellung als Re- dacteur der Staatszeitung bracht« «s mit sich, daß er mit den tonangebenden Leuten in H ... in Berührung kam und fast die meisten Hofbeamten persönlich kennen lernen mußte. Kaum hatte er die Leitung der Zeitung übernommen, so wurde es ihm von dem Hofbuchdrucker und Verleger der Staatszeitung nahe gelegt, bei allen maßgebenden Persönlichkeiten AntrittS-Besuche zu machen. Eine stattliche Liste von Nam«n wurde ihm ausgeschrieben, deren Träger er im Laufe einiger Wochen mit seinem Besuche beehrte. Es wäre zu viel g«sagt, wenn man behaupten wollt«, er hätte gleich bei diesem ersten Bekanntwrrden die wahre Natur aller dieser mehr oder weniger einflußreichen Personen durchschaut; da» ist oft nach Jahren «ine Aufgabe, die Schwierigkeit bereitet, weil alle diese Hofleut« ein freundliches, frohes und scheinbar offene» Wesen zur Schau trugen, dabei jedoch nie den diplomatischen Grundsatz außer Acht ließen, nach dem die Sprache bekanntlich dazu da ist, um di« Gedanken zu verhüllen. Schneller all«rding» al» mancher andere Neuling erkannte Franz v. Eder di« Schwächen der Hofgesellschaft, der er, soweit eS irgend anging, fern bleiben wollte, fern insoweit, als er sich vornahm, mit keinem Miigliede derselben etwa in freundschaftlichen Verkehr zu treten. Seine Lebensklugheit und Leb«nS- erfahning hatte es ihn gelehrt, daß man in einer „zugeknöpften", von Unaufrichtigkeit beeinflußten Gesell schaft am besten lebt, wenn man selbst die „Zugeknöpftheit" zum schützenden Mantel wählt. lieber den Empfang, welcher ihm sowohl beim Minister von Gawindt, als beim Hofkammerpräsidenten Dietz zu Steinwegen und beim Hoftheater-Jntendanten Digges zu Theil wurde, konnte er bei oberflächlicher Bcurtbrilung sehr zufrieden sein. Man war ihm mehr als höflich entgegengeiommen. Wie wenig aufrichtig die Höflichkeit bei Hofleuten ist, wußte Franz wohl, aber er glaubte, gegen ihren direkten Haß durch die veihältnißmäßige Unbedeutsamteit seiner Stellung gesichert zu sein. Herr v. Eder wußte noch nicht, daß Graf Ferdinand B«san, der Adjutant des Prinzen Frazzilo, Beziehungen zu Herrn v. Ga- windt's Tochter Eleonore und dadurch zum Minister hatte, welcher seinerseits in Dcsan den künftigen Schwiegersohn erblickte. Herr v. Gawindt besaß außer seinem Ministergehalt« nichts als ein tief verschuldetes Gut, dessen Besuch ihm eigentlich im Sommer nur durch die Gutmüthigkeit des jetzigen faktischen Besitzers ge stattet war. Vom Grafen Vesan wußte man, daß er gezwungen war, sehr einfach zu leben; aber man gab dem Minister doch Recht, wenn er Vesan prodegirte. Dieser besaß in dem in H .. . lebenden alten Grafen Edwin Vesan, seinem Ohsim, «ine große Stütze. Nach d«m Ableben des alten Oberhofmarschalls a. D. ging das Vesan'sche Fideicommiß auf Ferdinand über, aber Letzterer durfte auch auf die Erbschaft des sonstigen, angeblich bedeutenden Vermögens des alten Herrn rechnen. Unter solchen Verhältnissen war Der junge Graf ein ganz an nehmbarer Schwiegersohn für den Minister, der deshalb bereit war, Vesan in jeder Beziehung bei Hof« zu begünstigen. Graf Vesan war sich dieses Einflüsse« bewußt und glaubt« insbesondere, der Platz neben dem Prinzen Frazzilo sei seine un bestritten« Domäne, namentlich, «wenn später für den Prinzen eine eigene Hofhaltung eingerichtet würde. Princip dieser Stellen jäger war, all« irgend gefährlichen Leute von der Person ves Prinzen fern zu halten. Graf Vesan hielt den jungen Franz v. Eder jedenfalls für gefährlich, da er eS für nöthig erachtete, Herrn v. Gawindt auf den jungen Redakteur aufmerksam zu machen unter Erzählung dessen, was er über Eder'S Derhältnitz zum Prinzen Frazzilo wußte und vrrmuthete. Sxcellenz war erstaunt über die Mittheilung, rech mehr aber darüber, daß der tägliche Begleiter de» Prinzen nicht einmal die Veranlassung, geschweige die Umstände der Bekanntschaft Frazzilo's mit v. Eder kannte. Da mußte bei Zeiten vor- gebeugt werden. Hätte Franz nunmehr die Excellenz sprechen können, er würde sie vielleicht noch höflicher gefunden haben und dann überzeugt worden sein, daß übertriebene Höflichtei: bei den Hosteuten "der Anfang heimlicher bitterer Feindschaft ist. Deshalb schrieb Gawindt den Namen Franz v. Eder in da» Buch ein, welches den Titel trug: „Liste der Einladungen." „Ist er auch nur Redakteur, so hat er doch den Adel und paßt so unauffällig in die Gesellschaft. Solche Streber muß man unter den Augen behalten. Ich werde auch Pietz einen leisen Wink geben." Franz v. Eder hatte von dieser heimlich gegen ihn im Anzug befindlichen Jntrigue keine Abnung, er bekümmerte sich, seinem Vorsätze gemäß, anfangs sehr wenig um die Hofgesellschaft und fühlte sich in dieser selbst gewollten Jsolirung ganz wobl. Die Redactionsgeschäsle führte er in der ersten Zeit in der hergebrachten Weise, obwohl er sofort erkannte, daß hier durch greifende Reformen nöthig waren. Vorläufig wollte er erst i.i allen Verhältnissen klar sehen, nur die Oberherrschaft ves Herrn Commissionsrath Louis Fahrer, dessen Eizenthunr Vie Hofouck- druckerei war, schaffte er sogleich gründlich in den ersten Tagen ab. Dieser Mann, der mehr Glück als Verstand besaß, hatte über die früheren Chefredakteure eine Art von Vormundschaft geführt, die er auch jetzt fortzuüben gesonnen war. Franz er klärte ihm kurz und bündig, daß rr unter solchen Umständen H . . . sofort wieder verlassen wolle. Erschrocken gab Fahrer klein bei. Im Uebrigen ließ es Franz beim Alten; so schrieb ein prnsionirter Hofmusikus Hermann seit Jahren für Di« „Staats- Zeitung" die Theater- und Concert-Recensionen in dem zahmen Stile solcher Alles schön und gut findenden Besprechungen, die von Kunstverständigen belächelt oder nicht gelesen werden, v. Eder wollte dem alten Manne nicht den Nebenverdienst nehmen, da seine Pension ohnehin schmal war. Dergleichen Einrichtungen fanden sich noch mehrere vor, die, seit Jahren bestehend, gleichsam eine lästige Erbschaft bildeten, die Franz antreten mußte. Es behagte ihm gar Manches nicht, was er in der Redaction der „Staat»- Zeitung" vorfand, doch sah er ein, daß zur Beseitigung solcher Mißstände Zeit und Geduld gehörte. Eines TageS erhielt er in seiner behaglich eingerichteten Woh nung den Besuch eines Mannes, dessen Nam«n er noch nicht gehört. „Wilhelm Osenmann" stand auf der Karte, die Vas Mädchen seiner Wirthin herrinbrachte. „Wer war daS?" Nun, ein Redakteur erhält mancherlei Besuche — und so bat v. Ed.-r, den Herrn »inzuführen.
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