Suche löschen...
01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 16.01.1902
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1902-01-16
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-19020116016
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1902011601
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1902011601
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1902
- Monat1902-01
- Tag1902-01-16
- Monat1902-01
- Jahr1902
- Links
-
Downloads
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
Bezug-«Preis i» der Havptexpeditio» oder Leu i« Stadt- bezirk und de« Vororte« errichtete» LuS- gabeftelle» abgeholt: vierteljährlich 4.S0, - zweimaliger täglicher Zuftelluiß i»» Hau» -ck b.SO. Durch die Poft bezöge» für Deutschland u. Oesterreich: vierteljährl. «. Mau abonnirt ferner mit entspreckeudem Postauffchlog bei deu Postanstalten i» der Lchweii^ Italien, Belgien, Holland, Luxem burg, Dänemark, Schweden und Norwegen, Rußland, deu Donaustaate«, der Europäische: Türket, Egypten. Für all« übrige» Staaten ist der Bezug nur unter Kreuzband durch di« Expwmm diese» Blatte» mSglich. Di« Roroen-AuSaab« erscheint um »/,7 llhr, die Abendausgabe Wochentag» um S Uhr. Ledactio« und Expedition ZsohauniSgasse 8. Filiale«: Alfred Pah« vorm. v. Klemm » Sortim. UmversitLkSstraße 3 (Paulinum), Loui» Lösche, Katharinrnftr. I», Part, und Königtplatz 7, Morgen-Ausgabe. eiWger TasMM Anzeiger. ÄuüsölaLt des Königlichen Land- und Amtsgerichtes Leipzig, -es Nathes und Nolizei-Ämtes der Ltadt Leipzig. Anzeigen. PreiS die 6gespaltene Petitzeile 25 H. Reklamen unter dem RedactionSstrich (»gespalten) 75 H, vor den Familiennach. richten (6 gespalten) SO H. Tabellarischer und Ziffernsatz entsprechend höher. — Gebühren für Nachweisungen und Offertenannahme 25 H (excl. Porto). Extra-Beilage» (gesalzt), nur mit der Morgen-Ausgabe, ohne Postbesördrrung «0.—, mit Postbesörderung 7V.—. Auuahmrschluß für Anzeige«: Abeud -Ausgabe: Bormittag» 10 Uhr. Morgen-AuSgabe: Nachmittags 4 Uhr. Hei de» Filialen und Annahmestellen je «in« halbe Stunde früher. Anzeigen sind stets an die Expedition zu richten. Tie Expedition ist Wochentag» uuuuterbrochen geöffnet von früh 8 bis Abends 7 Uhr. Druck und Verlag von E. Polz in Leipzig. Nr. 27. Donnerstag den 16. Januar 1902. 98. Jahrgang. Die englischen und die französischen Msien- besesiigunzen. V. V. Die englische Presse kommt immer wieder mit be geisterter Befriedigung auf die erst kürzlich von ihr verbreitete Nachricht zurück, daß die Forts an der Südlüste Englands, an der Mündung der Themse und dem Cattal von Bristol, mit LOO modernen Geschützen schwersten Calibers neu ausgerüstet worden seien und daß die fortifikatvrischen Arbeiten und die Nettcrrmirunq der übrigen Befestigungsanlagen der Küste des Mutterlandes ihren steten Fortgang nehmen, so daß in kurzer Zeit der Wasserweg von der See aus für jeden Gegner unangreifbar gemacht fein werde. Neben 'der interessanten Thatsache, die uns in jener Meldung bestätigt wird, daß die vorderste Ver- theidigungslinie d:S Dreünselreiches noch im 20. Jahrhundert mit mittelalterlichen Kanonen bestückt war und daß ferner ein nicht unerheblicher Theil von Befestigungsanlagen noch immer unvollendet und ganz unmodern arnrirt ist, findet sich bei ge nauerem Studium zuverlässigster englischer Quellen über diesen Gegenstand noch ein anderes Vtoment von Wichtigkeit, das uns belehrt, daß ein Theil nothlvrndiger Drrtheidiguivgsbauten noch nicht einmal begonnen ist. So meldet u. A. der vortrefflich informirte „Naval and Military Record", daß trotz aller Ver sprechungen zum Schutz des überaus wichtigen Hafens van Darrow -in Furneß an der Westküste Englands noch nicht das Mindeste geschehen und immer wieder nur von Plänen die Rede sei, deren baldige Ausführung bevorstHe. Und dabei steht fest, daß die Firma Vickers dort nicht nur mit ungeheuren Kosten eine Werft zmn Bau größter Schiffe, sondern auch eine Geschütz- und Laffetten-Werkstatt, sowie Munitionsdepots angelegt hat, die in kurzer Zeit von der Leeseite aus in Grund ttck Boden geschoßen werden können und dann um so leichter in Feindes .Hand fallen müßen, als auch di« zugesagte Garnison noch immer nicht eingerichtet ist. Zieht man hierzu in Betracht, daß die die Themse- und Mcdway-Mündungen trennenden Befestigungen auch heute noch unvollendet sind, daß die Arbeiten an dem an der Straße nach Dover vorgeschobenen Fort nur sehr langsam vor wärts schreiten und daß vor allen Dingen die großartigen Be festigungsanlagen von Dover, selbst bei emsigster Tätigkeit, schwerlich vor 1907 ganz fertig gestellt sein kömren, so begreift man nicht, warum die englische Preße soviel Aufhebens von der Neubestückung einiger Forts macht und "dabei gleichzeitig Nach richten über den hohen Werth der Landesvertheidigung verbreitet, der sich auch bei nur oberflächlicher Controle auf ein ziemlich be scheidenes Maß zurückführcn läßt. Daß Frankreich sich durch die Verbreitung solcher Alarm- Nachrichten in seinen eigenen Maßnahmen zum Schutz der Nord küste sehr wesentlich beeinflußen laßen werde, ist nach den uns von dort vorliegenden Miitheilungen wenig ivahrschetnilich. Un bekümmert um daL Treiben deS benachbarten Rivalen im Norden, beschäftigt sich der oberste Kriegsrath in Frankreich schon lange cingehend und sachlich mit der Frage, wie der Küstenschutz Frank reif im Aermel-Canal wirksamer und zuverlässiger gestaltet werden könne, als es zur Zeit der Fall ist. Freilich ist bei diesen Berathungen auch zur Spräche gekommen, daß die maß gebenden französischen Generale nicht einig darüber sind, welchen Werth für Angriff und Vertheidigunz die großen Werke von Brest. Cherbourg, Rochefort und Lorient haben werden, obwohl das Parlament für dieselben insgesammt nahe an 65 Millionen Francs bewilligt hat. Ohne uns hierbei auf viele Einzelheiten einzulaffen, sei nur hervorgehoben, daß es noch eine große Anzahl von Leuten in Frankreich giebt, die Anhänger des Admirals Aube geblieben sind und dessen Ansicht noch heute vertreten, daß Cherbourg kein Geldopfer werth sei, weil es in Folge feiner natür lichen Lage und Beschaffenheit im Ernstfall gegenüber den modernen großkalibrigen Schrffsgeschützen nicht viel mehr als ein Kugelfang sein werde. Dor Angriff der Panzerdivision des Nordgeschwaders bei seiner Hebung zu Beginn "dieses Jahres hat diesen Bedenken Recht gegeben, denn nach Schiedsrichterspruch gelang es der Division bei jener Gelegenheit, erst das Feuer der Forts von Digue und Chavaignac zum Schweigen zu bringen, dann nach einander sänrmtliche Batterien niederzutämpfen und schließlich 'die feindlichen Torpedoboote unschädlich zu machen, so daß in Wirklichkeit der Widerstand dieses starken Küstenplahes gebrochen worden wäre. Ganz ander« lauten dagegen die Nachrichten über die wieder holten Angreffsllbungen auf Brest, bei denen es bisher noch niemals gelungen ist, Herr der überaus starken Vcrtheidiaung zu worden. Selkfft einem so geschickten Seeofficirr, wie dem Admiral de Maigret, ist cs bei dem Versuch, mit dem Nordgeschwader di« Hafeneinfahrt von Brest zu erzwingen, nicht möglich gewesen, eine siegreiche Entscheidung herbeizuführen, wenn es auch Anfangs schien, als ob das Feuer seiner Panzerdivision das Fort Quälern vernichten und er damit wenigstens einen Theilrrfokg erringen werde. In dem Bemühen, einen vollwerthigen Ersatz für Cherbourg zu finden und dadurch den Schutz der Nvrdküste Frankreichs dauerhaft und ausreichend zu gestalten, sind schon seit langen Jahren die Augen einsichtsvoller Männer auf den Hafen von Boulogne gerichtet, deßen Ausbau seit länger als 20 Jahren be schloßene Sache ist, ohne daß jctdoch die vereinbarten Arbeiten ganz zur Ausführung gelangt wären. Es scheint aber, als ob in di« hier unterbrochene Thätigkeit nunmehr «wieder Bewegung kommen sollte, nachdem das mue Hondelsflottettgesotz zur An nähme gelangt und auch 'die bisher abweichenden militärischen Ansichten zu der Auffassung bekehrt worden sind, in Boulogne den geeignetsten Stühpunct nächt nur zum Schutz eines zurück geworfenen Panzergeschwaders, sondern auch als Operairons- bisi» bei Unternehmungen, namentlich in der östlichen Hälfte des Aermel-Canals, zu sehen. Nicht zum Mindesten aber wird ein starkes Boulogne deshalb von berufener Seite als die ge eignetste Antwort gegenüber den Neubcfestignngen von Dsv-r '»gesehen, weil dadurch die, eine beträchtliche Strecke längs der Küste laufende und von Paris heraufführende wichtige Eisen bahn nachdrücklichst geschützt und für beschleunigte Truppentrans porte nach der Küste intakt erhalt?» wird. Wenn eS jemals zu einem Kriege zwischen England und Frankreich kommen sollte, würde die Eiäscheidungsschbachj wohl im Mttelmeer geschlagen werden. Daß aber auch die beiderseitigen Küstenbefestigungen im Aermel-Canal «in: sehr große Rolle bei einem solchen Kriege spielen würden, dürfte sicher sein, und daher Kerbt die Kenntniß von dem Stand dieser fortificatorischcn Anlagen stets wünschrnswerth. Der Krieg in Südafrika. Lei»» FrirdenSverhan-lungrn Der „Pestrr Lloyd" laßt sich trotz der zahlreichen uu- rweidrutigen und überzeugenden Dementis ähnlicher böswilliger Gerüchte neuerdings von einem Privatcorresponventen auS Brüssel melden: Krüger entsandte den Doctor Clark nach London, um der englischen Regierung die Friedensbereit schaft der Boerenführer zu uvtificiren. Krüger acceptirt die Autonomie anstatt der Unabhängigkeit. Daß diese Nachricht vollständig auS der Luft ge griffen ist, erhellt wohl am besten auS Clarks eigenem Widerspruch. vr. B. G. Clark, der frühere Generalkonsul der süd afrikanischen Republik in London, versichert nämlich: „Ich bin nicht in den Niederlanden gewesen; auch habe ick den Präsidenten Krüger in den letzten neun Monaten nickt gesehen; und ich habe nicht die leiseste Absicht, den Präsidenten Roosevelt zu besuchen oder ihn zu bewegen, im Interesse der Beeren zu interveniren. Auch habe ich über die vorwürfige Sache mit Herrn Chamberlain weder gesprochen, noch ihm geschrieben." Officielle Unwahrheiten. Ata» schreibt uns aus London, 14. Januar. Tie beiden hervorragendsten Mitglieder des englischen Ministcrcabinets, Arthur Balfour und Joseph Chamberlain, haben sich Ende der vorigen Woche bemüßigt gesehen, wieder einmal einige officielle Aeußerungen bezüglich des Feldzuges in Südafrika zu thun, welche den Stempel der Uncorrectheii, oder, ehrlich gesagt, der Unwahrheit auf der Stirn tragen. Mr. Balfour erklärte in seiner Rede am Freitag Abend in Manchester, daß die Regierung „das Publicum stets ins Vertrauen gezogen habe, einerlei, eck die Sachen gut oder schlecht standen, — in jedem Falle sei die Re gierung mit größter Offenheit ausgetreten". Anderseits erfreute Mr. Chamberlain seine Zuhörer in Birmingham am Sonnabend Abend u. A. mit der Versicherung, daß „der eiserne Gürtel von Blockhäusern, den Lord Kitchener geplant und construirt habe, die Boeren in unfehlbarer Weise von dem Territorium aus schließe und fernhaltc, 'welches die britischen Truppen occupirt hätten". Diese Aeußerungen zweier verantwortlicher Minister macht der mAitärische Kritiker der „Daily News" zum Gegenstände einer äußerst scharfen Widerlegung, indem er dieselben ast nk- -mrckum führt und den Beweis erbringt, daß sowohl Cham berlain wie Balfour wieder einmal schlankweg dl« Unwahrheit geredet haben. In dem betreffenden interessanten Artikel heißt es wie folgt: „Selbst man vielleicht die Motive für die Behaup tungen des Herrn Balfour nicht als bösartig hinstellen will, so würde es aber doch sehr interessant uns lehrreich sein, an Hand seiner schönen Worte befriedigende Antworten auf die solHend-n Fragen zu erhallten: Hat das englische Publicum jemals officielle Information über die Verwendung bewaffneter Ein geborener in Blockhäusern, als Späher und auch gelegentlich als active Combattanten unter Weißen Officieren erhalten? Ist diese Verwendung vielleichi Veranlassung gewesen zu der wieder holten amtlichen Versicherung, daß, abgesehen von den Ablösungs Mannschaften, weitere Verstärkungen für die englische Feldarmee in Südafrika nicht mehr nothwrndig seien? Warum sind bis heute, nach acht Monaten, die Details der englischen Niederlage von V'lakfontcm noch nicht offiriell bekannt? Warum macht die Regierung den Verlust von englischen 'Kanonen erst bekannt, wenn die Presse bereits eingehend darüber berichtet hat? Warum wißen wir bis heut: noch nicht, welche Vorräthe und wieviel Munition die Boeren bei Twxefontein von uns «rtbeuteierr? Be kommen wir überhaupt jemals zu hören, was den Boeren an britischen Krieysvorräthen bei unzählige« Gelegenheiten in die Hönde fällt? Haben wir jemals emr officielle Nachricht über die vor Monaten erfolgte Forinahme unseres größten Remonte- depots in der Capcolonie durch die Feind« zu sehen bekommen? Erhalten wir jemals eine Specificaiion der Gefangenen, die wir machen, und ist es nicht Thatsache, daß, wenn alle officiellcn Rapporte über kriegsgefangene, waffentragende Boeren wahr sein könnten, heute schon längst kein einziger kämpfender Burzher mehr im Felde stände? Warum wird officiell behauptet, daß im vergangenen Jahre die Ruhrepidemie tveniger gefährlich und um fangreich war. obwohl die entsprechende Tobten- und Kranken liste diejenige deS Vorjahres beinahe verdoppelt? Hat uns sie Regierung oder das Kriegsamt jemals auch nur ein Wort über die Eroberung von Kuruman durch die Boeren oder über die Aufgabe von Boshof durch unsere Truppen wissen lassen? Dies ist bereits eine ganz stattliche Liste von Fragen, die der Beantwortung harren, und doch ist dicselb- nur oberflächlich utto ohne Wahl niedergeschrrrben worden. Welche Länge würde eine solche Liste erst erreichen, wenn es mözkich wäre, daß wir die Wahrheit, die volle Wahrheit kennen lernen könnten? Die stolzen und schönen Worten des Herrn Joseph Cham- berlcrin von dem „eisernen Gürtel der Blockhäuser" lassen sich ebenso leicht an Hand der einfachsten und längst bekannten Be weise tviderlcgen, und mindestrns als uncorrrci hinstellen. Dor allen Dingen sollt« dec Colonialminister bei seiner anerkannten Unkenntnis; militärischer Dinge vorsichtig« in der Wahl seiner Ausdrücke sein, wenn er kriegerisch« Reden hält. Eine Linie von Blockhäusern ist nichts weniger als ein „eiserner Gürtel", und dieselbe ist nichts weniger als „unfehlbar" »Mr „nndorchbrechlick". Jeder erfahrene Militär wird Herrn Cham berlain dahin belehren können, daß das angeblich von Kitchener erfundene BkvckhonSsystem seine ungeheuren Nachlheile hat. Bei den ungeheuren Entfernungen, bei den unzähligen er forderlichen minimalen Garnisonen bringt dieseö System ernste ird schwere Folgen bezüglich der Gesundheit und der Disctplin d.-c Mannschaften mit sich und kann thaisächlich immer nur rin theilweise» Hindrrniß für die Bewegungen deS Feindes sein, ohne daß es jemals eine nnpnsstrbare Schranke bildet. .Hierfür haben wir bereits eine lange Reih: von Beweisen zur Hand, aus denen nur einige herausgegriffen zu werden brauchen, um Herrn Cham- berilain's leichtsinnige Aeußcrung ack absurckum zu führen: Commattdant Grobelaar kreuzte zwei unserer stärksten Linien, d. h. die Standerton- und die Vaalkinie, wiederholt, überwältigte zweimal eine britische Ablheilung in einem „gesäuberten" und durch die Blockhäuser geschützten District und eroberte dabei sogar ein englisches Geschütz. Präsident Steijn und sein Gefolge haben dieMkagoaöahnltmevonBlockhälirsernwiederhvltunbelästigtpassirt, dir Boeren und Rebellen im Caplanve haben die Hauptlinie häufig genug gekreuzt. Kruttzinzer überschritt, wenn auch mit schweren Verlusten, die Middelburzlinie und eine Abtheilung der Botha- schen Boeren kreuzte die Linie Natal-Standcrion vor ein paar Tagen, um mit Erfolg als Verstärkung zum Dr Wet'schen Corps zu stoßen. Dies ist ebenfalls nur eine kurze Lifte, welch- aber die Be hauptung des Herrn Chamberlain glänzend widerlegt und die selbe als mindestens bodenlos leichtsinnig und unüberlegt hinstellt. Herr Chamberlain sollte wissen, daß er mit solchen unwahren Uebertreibungen die größten Mißverständnisse im Publicum her- vorruft, und wenn erst solche Mißverständnisse sich im Volke fest eingewurzelt haben, dann werden sie auf 'di: Dauer für England und für Hr«n Chamberlain die übelsten Folgen haben können. Deutsches Reich. * Leipzig, l5. Januar. Die Ei »Habe, die der Börsenvrrein der deutscheu Buchhändler bezüglich deS Zolles auf Bücher rc. dem Reichstage übersandt hat, besagt in ihrem wesentlichen Tbeile: „Der Entwurf einer ZolltarifgesetzeS mit Zolltarif belastet zwar im Princip die Einfuhr von Büchern rc. nicht durch einen Zoll, er macht jedoch diesen Grundsatz nahezu hinfällig durch die allgemeinen Anmerkungen zum 12. Abschnitte, die lauten: 1) Bücher, Bilder, Kalender, Musiknoten rc. mit Einbänden, die ihrer Beschaffenheit nach mit mehr als 24 ./Z (nach der Rev. des BundetrathL 15 für den Topvelcentnrr zollpflichtig sind, unter- liege« den Zollsätzen für den Einband. L) Album», Einbanddecken und dergl., in welche Bäcker. Bild«, Musiknotcn rc. eingelegt oder ekngeschoben sind, werden für sich verzollt. Dieser Zoll fällt nach Nr. 671 der Entwurfs mit 30 für 100 üx auf alle Ein bände, welche mit Leder oder Gespinnstwaaren aller Art ganz oder theilweise überzogen oder damit auSgeslattet, oder in Verwendung mit Zeklhorn sind. Demzufolge erstreckt sich der beabsichtigte Zoll ans nahezu jammtliche Bücher, welche vom Auslande nach Deutschland eilige- führt werden, soweit sie nicht in losen Bogen oder in einem leichten Papierumschiage, der sogenannten Broschur, sich befinden. Der Buchhandel des Auslandes giebt nun im Allgemeinen Bücher nur in gebundenem Zustande anS. Wenn der Zoll an scheinend auch nur Le« Einband treffen soll, so trifft er doch das Buch, weil das Äesammtgewicht von Buch und Ein- band berechnet wird; dieses aber um so empfindlicher, als das Buch in der Regel schwerer wiegt als der Einband. Der Buchhandel in allen seinen Zweigen erblickt in dieser Maß- regel eine schwere Gefährdung seiner Interessen, da er glaubt, daß die AnSsuhrlüuder, nach Lenen Deutschland Bücher exportirt, die Erschwerung der Büchereinsuhr in Deutschland jedenfalls mit der gleichen Maßregel beantworten werden. Hinunter aber würde nicht nur der deutsche Buchhandel, sondern das gesammte deutsche Buchgewerbe enrpfindlich leiden, einschließlich dec Buch- Kindereien, denen der Zoll anscheinend Schutz verleihen soll. Die Production des deutsche« Buchhandel» überwiegt bei Weitem die jede» einzelnen anderen Landes. Bon 100560 Werken sind 1900 allein 24 800 in Deotschland erschienen. Die Ausfuhr Deutschlands belief sich 1899 ans 69 600 000 1909 aus 78 700 000 ^l, während sich die Einfuhr 1899 auf brutto 20600000 1900 aus 21400 000 ./ti stellte. Don der Einfuhr abzuziehen ist aber der Betrag deS auS dem Auslände unverkauft zurückkonunenden Remission-gute», der schätzungsweise circa der Gesammtrinsnhr beträgt. Die Einfuhr von Erzeugnissen des Aus lands nach Deutschland ist deshalb höchstens auf 10 000 000 ./Z essectiv zu veranschlagen. Die Ausfuhr Deutschlands an Büchern, Karten, Musikalirii, Zeitschriften überwiegt demnach die Einfuhr um da» Achtfache. Bei einem derartigen Ueberwiegen der deutschen Ausfuhr kann also ein Schutz der heimische» Production nicht in Frage kommen. Aber auch der Buchbinderei kann an» dem Zoll kein Dortheil erwachsen, vielmehr würde ihr ein größer« Schaden zugcsügt, wenn auf dem Wege der Repressalie die Staaten, die den Export Deutschland« oofnehmen, auch ihrerseits nun gebundene Bücher mit einem Zoll belegen. Deutschland fördert jedenfalls auch seine Buchbinderei mehr durch eine Begünstigung der Ausfuhr deutscher Bücher im gebundenen Zustande, als durch eine Erschwerung der Einfuhr gebundener Bücher, die nur geeignet ist, der Aufnahme deutscher gebundener Bücher im Auslande hindernd in den Weg za treten. Ta also »ach Urberzrugoug de» Börsenvorstande» der deutsche» Buchhändler der Zoll, der auf gebundene Bücher geschlagen werde» soll, in keiner Weis« geeignet ist, die Buchbinderei zu schützen, dagegen ganz dazu angethan, den deutschen Buchhandel zu schädigen; da auch uicht zu «Warle» ist, daß rin solcher Zoll infolge der mit der Erhebung verbundenen Unkosten dem Staat, einen Ueberschuß eintrage, fo bittet der Diwfenvrnin, von einem Zoll auf Bücher überhaupt Abstand zu nehmen. Der Börsenverein stützt sich hierbei aus deu vom Vierten Internationalen Berlegercongreß, der im vorigen Jahre in Leipzig stoltsand, gesoßten Beschluß. 6. Berlin, 13. Januar. (Die Reichstagsersatz wähl in B : esla u.) Der Termin für die Reichstagsersatz- wähl in Breslau-West ist merkwürdiger Weise noch immer nicht bestimmt, aber da alle in Betracht kommende» Parteien nun mehr ihre Candisaten ausgestellt hoben, so kann man wohl die Aussichten der einzelnen Bewerber erörtern. Man muß sagen, daß alle Vrci Parteien, Conseroative, Fortschrittler und Social- drmokratrn, ihre Candidaiuren nicht sonderlich glücklich ausgestellt haben. Auf den ersten Blick «scheint es ja als ein ganz ge schickter Schachzuz, daß die Conseroativen in Gemeinsamkeit mit Sem Ccntrum einen con-servativ gerichteten, aber um sein« katho fischen Gesinnung willen dem Centrum sympathischen Mann auf gestellt haben. Wer aber die konfessionellen Verhältnisse in Br-slau kennt, weiß, daß für eine nicht geringe Zahl protestan tischer Wähler die conftssisnelle Zugehörigkeit und Gesinnung des Jnstizrathes Bellerodc ein Grund sein wird, sich der Wahl urne fernzuhalten. Wenn bei den Landtagswahlen Conserdative und Centruin in Breslau Zusammengehen, so ist daS etwas Anderes, denn dabei kann die konservative Wahlleitung ihre Parteianbänger besser controliren. Noch unzweifelhafter ast es, daß di- Breslauer Nationalliberalen, die bei den Reichr-tagS- wahlen in diesem Wahlkreise seit etwa 20 Jahren mit den Con- servativ-n zusammengegangen sind, für einen confervafiv kleri kalen Compromißcandidaten nicht zu haben sein werden. Aus der anderen Seite aber dürften sie auch kaum geneigt sein, für den freisinnigen Bewerber einzuireten, der als Vorsitzender des dortigen volkspartcifichen Wahlvereins doch wohl zu sehr auf dem Richter'schen Standpuncie steht, um bei aller Werthschätzung seiner Person gemäßigt liberalen Wählern als Candidat genehm zu sein. Derselbe Candidat war schon bei den letzten allgc meinen Wahlen von der freisinnigen Volkspartei des Wahlkreise» aufgestellt, und daß diese Candidatur keine allzu glückliche war, geht wohl schon daraus hervor, daß er weniger Stimmen erhielt, als die freisinnigen Bewerber früherer Wahlen, obwohl die Wählerschaft des Kreises sich nicht unerheblich vermehrt hatte. Was die socialistische Candidatur des Herrn Bernstein an belangt, so ist auch sie nicht sehr glücklich, denn, wie erinnerlich, war eine nicht geringe Minderheit der Breslauer socialdemo kralischen Wählerschaft gegen die Aufstellung dieser Candidatur, weil Herr Bernstein bekanntlich dem radicalen Flügel der Partei recht verdächtig ist. Trotzdem wird sicherlich die Socialdcmokratie Dank ihrer wunderbaren Disciplin den in der Person ihres Eandidaten liegenden Nachtheil viel besser überwinden, als die beiden bürgerlichen Parteien. Demgemäß wird die Aussicht der Socialdemokratcn ans einen Sieg — und zwar gleich im ersten Wahlgange — durch die Persönlichkeiten der Can- didaten nur noch gesteigert. Dazu kommt, daß diese Partei seit dem Jahre 1881 in diesem Wahl kreise unausgesetzt eine Zunahme erfahren hat, so daß ihr« Stimmenziffe: von rund 3000 in dem erwähnten Jahre auf 14 900 bei den letzten Wahlen gestiegen ist, mithin sich genau Vei3 dreifackt hat. Die bürgerlichen Parteien haben auch nicht an nähernd eine ähnliche Stimmenzunahme zu verzeichnen. Bei den letzten allgemeinen Wahlen brachten sie trotz 4 verschiedener Can- dioaturen kaum 13 000 Stimmen auf, währens sie in dem oben angeführten Vergleichsjahre 1881 12 000 Stimmen erhalten hatten, so daß die Zunahme an Stimmen eine ganz minimale lvar. Es spricht nichts dafür, daß in den seitdem verflossenen 3Z^> Jahren in diesem schroffen Mißverhältnisse zwischen dem Wachstbum der Socialdemokratie und demjenigen dec bürger lichen Parteien eine Aendernng eingetrcten wäre. Berlin, 15. Januar. Neber den Umgang mit Menschen im Eisenbahnwagen laßt sich die ministerielle „Derl. Corr." wie folgt auS: „DaS Aufsuchen der Plätze in den O-Zügcn wird, wie vielfach beobachtet worden ist, besonders dadurch erschwert, daß die im Zuge befindlichen Reisenden die unbesetzten Plätze häufig »fit Gepäck- oder Kleidungsstücken belegen. Neuankommcnde Reisende werden hierdurch zu der Annahuie veranlaßt, daß die betreffenden Plätze besetzt und von den Inhabern nur vorübergehend verlassen seien. Nachdem in Folge der Verlängerung der Geltungsdauer der Rückfahrkarten und der starken Einschränkung der zusammen gestellten Fahrscheinhefte nunmehr in größerem Umfange von Fahrkarten mitAnspruch aus Freigepäck Gebrauch gemacht wird, muß noch mit größerer Entschiedenheit daraufhinzewirkt werden, daß da» Handgepäck auf das nach der Verkehr»- ordnung zulässige Maß beschränkt wird. Da» Zug personal ist daher, wie in einem Erlaß deS Ministers der öffentlichen Arbeiten angeordnet wird, nochmals streng anzuweisen, Uebcrgriffen in der Mitnahme von Hand gepäck, insbesondere aber der Belegung freier Plätze mit Gepäck oder Kleidungsstücken und durch Aufstapelung von Gepäck in den Gängen mit allem Nachdruck und ohne Beschwerden Mitreisender Personen abzuwarten, ent gegen zu treten. Die mit der Ueberwackmng deS Verkehrs und Betriebe» betrauten Beamten haben ihr Augenmerk gleichfalls hierauf zu richten." (D Berlin, 15. Januar. (Telegramm.) Zur gestrigen Mittagstafel im hiesigen königlichen Schloß waren geladen der österreichisch-ungarische Botschafter v. Szögyeny- Marich und die Geh. Räthe Grafen Apponyi und Larisch, sowie Gräfin Larisch. Nachmittags unternahm der Kaiser einen Spaziergang nach dem Thiergarten bis zu den Zelten, wo derselbe der Gräfin Görtz einen Besuch abstaltetc. Um 6 Uhr fuhr der Kaiser nach Potsdam, wohnte dort einem Vortrag deS Leutnants v. Stolzenberg über dessen Erlebnisse in China im Ossiciercasino des Leib-Garde- Husaren-NezimentS bei und verweilte noch einige Zeit bei den Officieren des Regiments. — Heute Morgen Hörle der Kaiser die Vorträge dcS Chefs des CivilcabinetS und des LandwirthschaslSministerö. Um 12 Uhr empfing der Kaiser den Chef dcS MarinccabinetS Viceadmiral Frhrn. v. Senden-Bibran nach dessen Rückkehr aus England. d Berlin, l5. Januar. (Telegramm.) Die „Nord deutsche Allgemeine Zeitung" schreibt: Der Pariser „Matin" verzeichnete kürzlich eine Berliner Meldung, wonach ter Kaiser bei der 25. Wiederkehr te» TaaeS seiner Einstellung in die preußische Armee eine „große Rede" halten werde. Welcher Werth dieser Meldung beizulcgen ist, ergiebt sich daraus, Laß der Kaiser bereits im Jahre 1894 daS 25. Ju biläum seiner Zugehörigkeit zur Armee begehen konnte. (-) Berlin, 13. Januar. (Telegramm.) Der Reichs kanzler Gras von Bülow begab sich heute in Begleitung deS Slaatsselretärs Frhrn. v. R i ch t h o f e n zum schweizerischen Gesandten Ue. Rat»; er brachte ihm seine Glückwünsche zum heutigen Geben trage seiner 23jährigen diplo- m a t i s ch e n T h ä t i g l c i t in Berlin dar und überreichte ihm ein kaiserliches Handschreiben. Tew Gesandten ist außerdem oom Kaiser eine kunstvolle Vase mit dem Bildnisse des Kaisers zum Geschenk gemacht worden. (Wdhlt.)
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)
- Doppelseitenansicht
- Vorschaubilder
Erste Seite
10 Seiten zurück
Vorherige Seite