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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 23.01.1902
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1902-01-23
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-19020123012
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1902012301
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1902012301
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1902
- Monat1902-01
- Tag1902-01-23
- Monat1902-01
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I. n. I o. t. v. t. 0. lLoacar» I. v. 1.0. l.1). t. o. I>. I). _ 0. i. v. (Llts-i. I>. I. I). i. 1>. ia.Op.^3 l. N 1.1» l.v. l. I). »«» ^eL.1./7.0^ IX i.U. i. v. i.v>. »IIVN. i^.e 6. L7:101^ »n. >.vv l i. i. IN. in. Lr « k-k- SS Atz iLrt- Mlv l. v I. v. I. v. I. V. I. 0 l. v. I. o. v. o. 0. v. II. v. v. . n !-t-0. l.o. 1.1>. ^t-o. »rll-. Bezug-»Preis k« der Hauptexpeditton oder den im Stadt bezirk und den Borortrn errichteten Aus gabestellen ab geholt: vierteljährlich 4.80, — zweimaliger täglicher Zustellung ins HauS 8.50. Durch die Post bezogen für Deutschland u. Oesterreich: vierteljährl.6. Man abonnirt ferner mit entsprechendem Postausschlag bei den Postanstalteu in der Schweiz, Italien, Belgien, Holland, Luxem burg, Dänemark, Schweden und Norwegen, Rußland, den Donaustaaten, der Europäischer Türkei, Egypten. Für alle übrigen Staaten ist der Bezug nur unter Kreuzband durch die Expedition dieses Blattes möglich. 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Die Expedition ist Wochentags ununterbrochen geöffnet von früh 8 bis Abends 7 Uhr. Druck und Verlag von E. Polz in Leipzig. Nr. D. Donnerstag den 23. Januar 1902. 96. Jahrgang. Sie Lage in Ostasien nach der Rückkehr des chinesischen Hofes nach Peking. V. 8. Seit Kurzem sind der Kaiser und die Kaiserin von China ausSingan-fu in ihre Hauptstadt Peking zurückgekrhrt. Von chine sischer Seite ist durch diesen Schritt das Ende der Wirren, die so lange das Reich der Mitte bewegten, und die Wiederherstellung normaler Verhältnisse officiell anerkannt worden. Eine Zeit lang hieß es, der Herrscher wolle niemals mehr in dem „von den Fremden entweihten" Peking sein« Residenz aufschlageir, sondern ständig in einer entfernter gelegenen Stadt verbleiben. Ob diese Absicht wirklich in den maßgebenden chinesischen Kreisen herrschte, oder nur in der Einbildung gewisser Blätter bestand, ist schwer zu sagen. Die Engländer wünschten es jedenfalls und die Londoner Blätter wurden nicht müde, immer wieder dem Kaiser 'anzuempfehlen, unter keinen Umständen nach Peking zu kommen. Angeblich sollte er in Singanfu dem russischen Einflüsse entzogen sein, der China derhängnißvoll zu werden drohe. So wurde in den großen englischen Blättern ständig ausgeführt. Wie dem auch sei, der Kaiser Kwang - sü 'hat diesen Rath nicht befolgt, sondern ist in seinen Palast in der „Verbotenen Stadt" zuruck- gekommen. Und er hat richtig gehandelt. Das Volk ist gewöhnt, in Peking den Sitz der Centralregierung zu sehen, und hätte einen Monarchen, der anderswo residierte, kaum als legitim an erkannt. Neue Aufstände, die sich direct gegen das Herrscher haus richten, wären wahrscheinlich die Folge einer solchen Hand lung gewesen. Aber auch den meisten Großmächten ist dir Rückkehr des Herrschers von entschiedenem Werthe. Nun ist es möglich, etwa auftauchende Streitfragen sofort zu erledigen. Die Gesandten werden nicht mehr, wie während der Friedensverhandlungen, den Winkelzügen der Mandarine ausgesetzt sein, und die im Orient beliebte Verschleppungstaktik wird eine bedeutende Einschränkung erfahren. Die Gesammtlage in China kann nur gewinnen, wenn der Kaiser und die Kaiserin in Peking weilen. Zu einer günstigen Entwickelung der Dinge wird übrigens vor Allem die Gesinnung der Herrschenden, besonders die der Kaiserin-Wittwe, beitragen. Nun hat man freilich wenig Anlaß, besonderes Wohlwollen für Europa bei der Dame vorauszusetzen. Jndeß ist es bemerkens- werth, daß Juanschikai, der als Generalgouverneur von Schantung sich 'das Vertrauen der Deutschen in Kiautschau er warb, zum Vicekönige von Petschili ernannt worden ist, und daß europäisch ausgebildetes Militär von Schantung nach Peking versetzt wurde. Auch heißt es, daß der durch den Boxeraufstand am meisten belastete Würdenträger T u n g - fu h - s i a n g ver haftet worden sei, um strenger Strafe entgegengeführt zu werden. Die letztere Nachricht hat sich Mar noch nicht bestätigt, aber sie ist im Hinblick auf die augenblickliche Lage nicht unwahrscheinlich. Die Streitpunkte selbst, welche vor dem Ausbruche des Boxer aufstandes unter den Großmächten bestanden, dauern allerdings fort und wer'den vermuthlich noch sehr viel Zeit bis zu ihrer völligen Beilegung erfordern. Hier ist es an erster Stelle der Gegensatz zwischen Rußland und Großbritannien um das Schicksal der Mandschurei, welcher die Sorge um die Erhaltung des Friedens in Ostasien vermehrt; diese Frage hat ihre alte Schärfe bewahrt und spitzt sich gerade in letzter Zeit be denklich zu. Rußland hat nichts von seinen früheren Forderungen fallen lassen. Es besteht auf der Unterzeichnung des Vertrages, der ihm die Oberhoheit in der Mandschurei nicht nur thatsächlich, sondern auch formell zusichern soll. Der Widerstand Chinas gegen die russischen Wünsche ist letzthin so schroff zu Tage ge treten, daß man sich des Verdachtes nicht erwehren kann, die bezopften Diplomaten fänden Unterstützung von anderer Seite. Natürlich richten sich die Vermuthungen nach England hin. Er bittert genug äußern sich di« Londoner Blätter über Rußlands Verhalten. Der „Daily Chronicle" erklärt, daß England nie eine „Politik des gierigen Ansichreißens" befolgt habe, aber auch nicht still sitzen und warten werde, bis seine Gegner die werth vollsten Stücke eines mit bedeutenden englischen Handelsinteressen erfüllten Landes in Besitz genommen haben. Aehnlich sprechen sich andere'große Organe aus; aber man darf deshalb nicht an den nahen Ausbruch eines russisch-englischen 'Krieges denken. Daß die Briten, so lange der Feldzug in Südafrika nicht sein Ende erreicht, unmöglich in Ostasien, im Mittelländischen Meere, oder wo sie sonst ihre Interessen haben, mit vollem Nachdrucke handeln können, ist zu bekannt, als daß man darüber ein Wort zu ver lieren brauchte. Im vorliegenden Falle werden die Briten auch schwerlich etwas Anderes thun, als China und Japan gegen das Zarenreich scharf zu machen. Beim Jnselreiche des Ostens sind ihre Bemühungen fehlgeschlagen; die Europareisc des Marquis Ito verfolgte offenbar hauptsächlich ven Zweck, eine Verständigung mit Rußland herbeizufllhren, und wenn natürlich an eine dauernde Freundschaft Mischen beiden Staaten nicht zu denken ist, so hat der Marquis voraussichtlich doch ein vorläufiges Einverständniß über die brennenden Fragen des Ostens Asiens zu Stande gebracht. Daß das eine Abkehr von Großbritannien in sich schließt, liegt auf der Hand. Um so wirksamer hat die britische Diplomatie in Peking ge arbeitet und zum Theil ihr Ziel dort wirklich erreicht. Die hart näckige Weigerung der chinesischen Staatsmänner, den Vertrag zu unterzeichnen, hat bisher die Verwirklichung des Abkommens verhindert und das Schicksal der Mandschurei in der Schwebe ge lassen. Inzwischen wächst die Spannung zwischen Rußland und China und die Möglichkeit eines gewaltsamen Ausbruches ist nicht ganz von der Hand zu 'weisen. Jedenfalls kann die Mandschurei schon in nächster Zeit Ereignisse von folgenschwerer Bedeutung zeitigen. Nicht minder lassen die Ansprüche Frankreichs die Lage in China in bedenklicherem Lichte erscheinen, als nach dem Zu-, sammengeben der Mächte erwartet werden sollte. Pariser Blätter erheben die Forderung, gewisse, für den Handel geeignete Landestheil« Chinas zu anneckiren. Man hat seine Blicke be sonders auf die Insel Hounau gerichtet und verlangt deren militärische Besetzung. Damit ist freilich noch nicht gesagt, daß die Regierung diesen Wünschen Nachkommen werde. Aber sollte sich Rußland zu einem Vorstoße in der Mandschurei entschließen, so würde auch Frankreich schwerlich Zurückbleiben und wahrschein lich das besetzen, was es für seine Zwecke geeignet hält. Die Lage in Ostasien ist demnach trotz des Friedensschlusses mit den Mächten und der Rückkehr des Hofes nach Peking recht wenig gesichert, uikd erweckt den Glauben, daß früher oder später ein Ausbruch erfolgen werde. Deutschland geht glücklicher Weise nur auf wirthschaftliche Eroberungen in China aus und braucht sich deshalb in den Streit der Russen, Engländer und Franzosen zunächst nicht einzumischen. Unser weiteres Ver halten würde natürlich von der Entwickelung der Dinge ab hängen. Aber die Vorsicht, 'welche die russische Politik stets aus gezeichnet hat, läßt auch jetzt die Hoffnung zu, daß es schließlich doch gelingen werde, die chinesischen Fragen ohne ernste Zwischen fälle zu einem befriedigenden Ende zu führen. Der Krieg in Südafrika. Tie Wahrheit über die südafrikanische Krisis. Man schreibt uns: Es wird in den letzten Wochen nicht nur von der verlogenen britischen Presse, sondern auch von einem freiwilligen Officiösen- thum in Deutschland wieder einmal mit Hochoruck gearbeitet, um die Welt glauben zu machen, der Widerstand der Boeren stehe unmittelbar vor dem Zusammenbruche und Eduard VII. habe bereits ein historisches Recht, von „meinen neuen Colonien" zu sprechen. Selbst die vom „Leipziger Tageblatt" jüngst citirten Auslassungen des Dr. Karl Peters (der bekanntlich übrigens früher einen ganz anderen, keineswegs boerenfreundlichen Ton anschlug) klingen in einen elegischen Seufzer aus, per jeden mit den südafrikanischen Zuständen, wie sie wirklich sind, Vertrauten nur mit Unwillen erfüllen oder zum Lächeln zwingen muß. Das deutsche Volk darf sich nicht durch diese Unkenrufe bang« machen lassen; es sollte endlich dahinter gekommen sein, daß man die große Völkerbewegung in Südafrika ganz und gar nicht vom einseitig-militärischen Stand- punct aus beurtheilen darf (den man ja uota beuo! auch nur aus den Lügentelegrammen Kitchener's und Reuter's „kennt"), sondern daß man die politische, wirthschaftliche und sociale Ge sammtlage Südafrikas und ihre Wandlungen durch diesen Krieg in Erwägung ziehen muß, um sich ein wahrheitsgetreues Bild von den Zuständen und Aussichten dort unten zu schaffen. Sie gestatten mir als einem erst kürzlich aus Südafrika zu rückgekehrten Kenner des Landes, der neun Jahre lang alle Be völkerungselemente und die geschichtliche Entwickelung genau zu studiren Gelegenheit hatte, daher wohl in der Lage ist, dem großen Publicum ihres Blattes ein anderes Bild von den Verhältnissen dort zu geben und in aller Kürze zu beweisen, daß dieSache der Boeren dort besser steht als je zuvor in diesen 28 Kriegsmonaten, und daß der unausbleibliche schließliche Ausgang des Krieges der Verlust ganz Südafrikas für die englische Krone sein wird. Dr. Karl Peters hat in einem Punct ganz Recht: „Es läßt sich von außen ein Rath nicht geben; die Leiter (der Boeren), denen die Verantwortung zufällt, haben der Stimme ihres eige nen Gewissens zu lauschen." Nun denn — möchten doch endlich alle „außen" stehenden Köche, von denen kein einziger Südafrika aus genauer eigener Anschauung kennt, aufhören, ihren Senf zur Ordnung der Dinge dort zu geben! Präsident Steijn, De Wet und Louis Botha mitsammt den vielen Tausenden der unter ihnen helden- müthig kämpfenden Bürger wissen sehr genau, was sie thun, und vor Allem, daß ihnen thatsächlich eine Helorenstellung unter britischem Regiment bevorstehen würde, die für Männer vom Schlage dieser Heroen schlimmer wäre, als die antike Sclaverei. Hat man im Lager jener Opportunisten, die den „Frieden um jeden Preis" (im Interesse der Minen-Nabobs natürlich!) her- beisehnen, vergessen, was zehn und zwanzig Mal officiell durch den Lord Milner als britische Politik verkündet wurde: Daß dem Afrikan'derthum niemals mehr eine einflußreiche Stellung ein geräumt werden soll«? Welchem Kinde will man heute noch weis machen, daß an eine „Versöhnung der beiden weißen Rassen in Südafrika in alle Ewigkeit auch nur zu denken sek?! Ich möchte diese Versöhnungsschwärmer einmal nach Paar!, oder Stellen bosch, Worcester oder Graaff Reinet unter die Heranwachsende Afrikanderjugend führen, damit sie dessen inne würden, daß der unauslöschliche Haß dieser Generation eher zu einer südafrika nischen „sicilischen Vesper" gegen das Britenthum führt, als zu einem auch nur einigermaßen noch erträglichen Zusammenleben von Boer und Engländer. Durch sein B l o ck h a u s s y st e m, über das jeder Militär Europas lacht, hat England sich militärisch bankerott erklärt; die ganzen 3000 Freiwilligen, mit denen — man denke! — Australien das jämmerlich in der Klemme sitzende Mutterland herausreiben soll, gehören in eine Hanswurstposse, aber nicht als Factor in ein« ernste politische Rechnung. Alle Gerüchte von „Friedcnsunterhandlungen" sind nichts als Versuchsballons Englands, das eine Intervention der Mächte braucht, um sich, militärisch waidwund für ein Jahrzehnt, zurückziehen und wenigstens seine Capcolonie noch ein paar Jahre behalten zu können. Für jeden Ausstralier oder Canadier, der neu heraus- koinmt nach Südafrika, geht mindestens ein Tommy nach .Hause, nicht nur, wie Eduard VII. väterlich in seiner Thronrede ver kündet, weil er ruhebedürftig ist, sondern weil er entweder ge meutert hat oder der Plackerei und Soldhinterziehung über drüssig ist. Und welcher Art ist denn die Regierung, die „fertige Ver waltung", die nach Chamberlain's Versicherung Milner schon an der Hand hat in Transvaal? Bekanntlich hat dieser skrupel loseste Executor der britischen Raubpolitik nur jene berüchtigten Personen in die leitenden Stellen der provisorischen Civil- und Minenverwaltung in Pretoria und Johannesburg berufen, die in der Zeit des Jameson-Raubzuges als Mitglieder des Jo hannesburger „Ilitlsnckor cnunoils" eine so verächtliche Rolle spielten, wegen Hochverraths zum Tode verurteilt und nur durch Präsident Krüger's Hochherzigkeit begnadigt wurden, um sich jetzt schmarotzend vorzudrängen und jene lediglich dem Groß- capitalismus dienende Regierung zu bilden, gegen die selbst die ganze Masse der „kleinen" Uitlanders protestirre. Und diesen Blutsaugern soll ein Boer, sollen Männer wie Botha und De Wet Vertrauen entgegen bringen? Es ist doch schier unglaublich, welche — Naivität jene „außen" stehenden Weltgeschichtsfabri- kanten dem deutschen Volt zuzutrauen die Stirn haben, das immer und immer wieder noch von einem „Siege" Englands geredet werden darf, nach welchem sich „Alles gemüthlich von selbst wieder einrenken" würde. Und endlich noch eins: Die Einstellung von schwarzen Ar beitern aus dcx portugiefifchen Colonie beweist, daß das Eingeborenenthum Transvaals für die neue britische „Cultur"-Arbeit nicht zu haben ist, weil es sehr wohl weiß, daß dies Britenregiment ihm nur schimpfliche Behandlung, Lohn herabsetzung und Arbeitszeiterhöhung zu Gunsten der Minen könige bringt, und weil es sehr wohl davon unterrichtet ist, daß die bleibenden Herren im Lande doch dieBoeren sind. Nur der Boer ist vom Schwarzen gefürchtet. Wäre er wirklich besiegt, so hätten wir längst einen Krieg der Schwarzen, und zwar gegen England. Damit Südafrika von diesem sonst unausbleib lichen letzten großen Kampf zwischen Schwarz und Weiß ver schont und ihm di« Cultur des weißen Mannes überhaupt er halten bleibe, dazu ist der Sieg der Boeren nothwendig und für jede in Südafrika handelspolitisch betheiligte nichtbritische Macht geradezu eine Existenzfrage. England, welches für die Civilisation, für Ackerbau und Erziehung herzlich wenig dort gethan, hat überhaupt nur die Absicht, die Minenreichlhümer auszunützen, d. h. 30—SO Jahre Raubwkrthschaft zu treiben und sich dann ein anderes Feld für sein« „Cultur" aus zusuchen. Wir anderen Nationen aber haben mit größeren, Jahrhunderte umspannenden Zeiträumen zu rechnen und können und sollten es deshalb nimmermehr zulassen, daß Eng land mit dem Erwerb der jetzt schon vorhandenen Goldminen allein 60, der sicherlich noch zu entdeckenden 70—75 Procent der Goldproduction der Erde zufielen, genügend, wie jeder Laie einsehen muß, um England mit einem Federstrich den gesam'mten Weltmarkt beherrschen und lahm legen zu lassen. Um einen social und weltgeschichtlich so hochbedeuksämen Kampf gegen den brutalen imperialistischen Großcapitalismus durchzufllhren, dazu bedarf aber das Boerenoolk der dauern den Sympathien der Völker, insbesondere des deutschen Volts. Und ich für meine Person halte es als alter Südafrikaner für meine Pflicht, es als ein eoteium cousoo aller Heulmeierei der interefsirten Osficiösen gegenüber, immer wieder meinen deut schen Landsleuten zuzurufen: „Laßt Euch nicht irre machen, bleibt rückgratstark in Eurer Theilnahme für das Heldenvolk aus bestem deutschen Stamm, denn es wird siegen und Euch zehn- fältig einst lohnen, was Ihr ihm heute ihut!" Die Boeren besitzen Munition für Jahre hinaus, wir wissen dies aus sichersten Quellen. Sie brauchen auch keineswegs Mangel an Proviant zu befürchten, da sowohl iw Freistaat wie im Transvaal noch Riesenstrecken in den Gebirgsthälern vor handen sind, wo von den Alten und Frauen unter Beihilfe treuer Schwarzer Getreide gebaut wird und wohin niemals der Fuß ei »es britischen Soldaten dringt. Diese herrsche Bistenarmee liegt ja festgebannt in ihren Alles demoralisircnden Blockhäusern an den paar Eisenbahnlinien, und das „sich häuslich einrichten" des vr. Karl Peters wird am besten durch die Thatsache illustrirt, daß der Gouverneur „meiner neuen Colonien", Milner, sich nur in einem Panzerzug, dem ein anderer Panzerzug als Vorreiter voraufkeucht, von Pretoria nach Johannesburg herum zudrücken wagt — keine Meile weiter! Also aä netrr mit Eduard's VII. famoser Thronrede! vr. 6. O. * Pretoria, 21. Januar. (Reuter's Bureau.) Die Truppen deS Generals Methuen nahmen auf dem Marsche zwischen Bryburg und Lichtenburq am 12. Januar ein kleines Lager, machte» einige Gefangene und nahmen Vorräthe weg. Am 15. Januar sand dieselbe Abtheilung ein Lager der Freistaatboeren, die nach Transvaal gewandert waren, und nahmen am daraus folgenden Tage ihre Vorräthe weg. Im Ganzen wurden 23 Boeren gefangen genommen. * London, 22. Januar. (Telegramm.) Ein Telegramm Kitchener's berichtet über die Einnahme eines Boerenlagers durch die Truppen des Generals Methuen, die bereits vom „Reuter'schen Bureau" gemeldet worden ist. Die Einnahme ex. folgte acht Meilen von Beschpoort. Bruce Hamilton machte in der Nacht zum 18. Januar einen Marsch auf Witbank geqen Botha, der inzwischen abgezogen war, doch gelang cs ihm, 27 Gefangene zu machen. Deutsches Reich. -r- Berlin, 22. Januar. (Graf Bülow und die bayerischen Ultramontanen.) Als Graf Bülow vor fünf Vierteljahren zum Reichskanzler ernannt wurde, war das officielle Organ der bayerischen Centrumspartei sofort bei der Hand, ibn als Norddeutschen zu verdächtigen und in Gegensatz zu dem Fürsten Hohenlohe zu stellen, der als früherer süddeutscher Minister und in Süddeutschland an gesessener Mann das Vertrauen der süddeutschen Staaten besessen und verdient habe. Wenige Wochen später revidirte da« bayerische CentrumSblatt seine mißtrauische Auf- fassung vollständig und feierte den Grafen Bülow als einen der hervorragendsten Staatsmänner. Jetzt aber ist es wieder in die erste Tonart zurückgefallen und will den Grasen Bülow als Staatsmann nicht gelten lassen. In nicht weniger als drei Leitartikeln wird die Cbamberlain-Rede des Reichskanzlers auf das Heftigste angegriffen und es wird ihm der Vorwurf gemacht, zur Galerie des Reichstags ge redet zu haben, mit anderen Worten also, nur nach Popu larität gehascht zu haben. Das bayerische Blatt erklärt aus drücklich, sich in striktem Widerspruche zu der Rede des Reichskanzler zu befinden. Sollte diese höchst ab fällige Kritik der äußeren Politik des Reichskanzlers nicht vielleicht auf inner politische Gründe zurückznführen sein? Der Reichskanzler will als preußischer Minister präsident eine die Rechte de« DcutschthumS energisch wahrende Polenpolitik treiben, während da« Organ der partikularistisch gesinnten bayerischen CentrumSpartei nicht nur, wie manche norddeutsche Centrumsblätter, aus confessionellen Gründen, sondern obendrein auS Preußenhaß den Polen wohl will. Auch ist sicherlich dem bayerischen Centrum die weltpolitische Tendenz des Grafen Bülow unbequem, weil es dahinter unitarische Neigungen wittern mag. Welche« aber auch immer die Gründe des bayerischen Blattes sein mögen: die Thatsache, daß zum Mindesten der bayerische Flügel de- Centrum« gegen den Grafen Bülow Front zu machen be ginnt, ist an sich schon interessant. S. Berlin, 22. Januar. (Erzbischof EtablewSki al- Opferlamm.) Anläßlich der angeblichen Instruction deS Erzbischof- StablewSki an die Geistlichkeit der Provinz Posen ist naturgemäß der Gegensatz zwischen dem Gelöbniß, das der Erzbischof vor 10 Jahren beim Antritte seines hohen Amtes geleistet, und der Entwickelung, die die polnische Bewegung unter dem Schutze der Geistlichkeit genommen bat, erörtert worden. Dieser Vergleich ist begreiflicher Weise der „Köln. Volksztg." nicht sehr bequem, die deshalb die Frage aufwirft: „Wer trägt denn aber dieSchuld daran, daß der Erzbischof von Posen-Gnesen die guten Absichten, mil welchen er die schwere Bürde des Bischofsamtes über nahm, nicht in dem Maße hat verwirklichen können, wie er es selbst sicher am meisten gewünscht hat ? Dock in ersterReibe das ungerechte Germanisirungssystem . . ." Wir wüßten nicht, daß das Germanisirungssystem den Herrn Erzbischof gezwungen hätte, in der ersten Zeit nach seinem Amtsantritt jene Triumphfahrten zu unternehmen, bei denen er von Reitern mit polnischen Abzeichen escortirt wurde. Jene das polnische Nationalbewußtscin anstachelnden Triumphzüge wurden in der Aera Caprivi unternommen, wo man eher von einem Polonisirungssystem als von einem Germanisirungs system reden konnte. Wir wüßten auch nicht, daß das Germani- sirungssystem den Erzbischof Stablewski gezwungen hätte, zwar die politischen Agitationen polnischer Geistlicher zu dulden, aber einen deutschgesinnten Geistlichen, der sich gegen einen polnischen Candidaten hatte ausstellen lassen, zu rüffeln und zum Verzicht auf seine Candidatur zu veranlassen. Solche Vorgänge machen es doch nicht ganz glaubhaft, daß Erzbischof von StablewSki von vornherein entschlossen gewesen sei, sein Amt dahin aufzufassen, daß er selbst sowohl, wie die ihm unterstellten Geistlichen sich in den nationalpolilischen Streitigkeiten streng neutral zu verhalten hätten, und daß er nur durch das Vorgehen der Deutschen von diesem löblichen Vorsatze zurückzukommen gezwungen gewesen sei. * Berlin, 22. Januar. Ueber Ven preußischen Ge setzentwurf über das NechtSstudium und die Vor bereitung zum höheren Justizdienst macht die „Berl. Corr." einige nähere Mittheilungen, von denen wir hier die wichtigsten zur Ergänzung des kurzen Telegramms über dcn Gegenstand anführen: Die Dauer des Rechtsstudiums, welches der ersten juristischen Prüfung vorangehen muß, soll sieben Halbjahre betragen (8 1). Den Gegenstand der ersten juristischen Prüfung sollen die Dis- nen ciplider Rechtsgejchichte, des Privatrechts, des öffentlichen Rechts und der Nationalökonomie bilden (8 2). Die Tauer deS zwischen der ersten und der zweiten Prüfung liegenden Vorbereitungs dienstes soll 3V, Jahre betragen (8 3). Da es nicht rathsam erscheint, in Folge der Verlängerung des Rechtsstudiums die für die Gesammtausbildung der Juristen bisher angesetzte Zeit entsprechend auszudehnen, muß die praktische Vorbereitungszeit um ein Semester gekürzt werden. Eine solche Verkürzung ist um so eher zulässig, als die Universität in Rücksicht auf Stoff und Me- thode, besonders durch vermehrte praktische Hebungen, einen Theil der Aufgaben des Vorbereitungsdienstes übernommen hat. Dem gemäß wird durch den vorliegenden Entwurf die Ausbildungszeit in 3'/2JahreUniversitätsstudiuin und3'zJahrepraktischcn Vorbereitungs dienst getheilt. Da von jeher Zweifel darüber bestanden haben, was im geltenden Rechte in Sachen der ersten juristischen Prüfung unter der Bezeichnung „Grundlagen der Staatswissenschasten" zu vcr- stehen ist, wird im Entwurf statt dessen das Wort „National, ükonomie" gesetzt. (Vrgl. 8 2.) Das Gesetz soll am 1. April 1902 in Kraft treten, jedoch auf Candidaten, welche daS Rcchtsstudium vor dem 1. October 1901 begonnen haben, unter der Voraussetzung keine Anwendung finden, daß sie spätestens bis zum 30. September 1904 ihre Zulassung zur ersten juristischen Prüfung nachsuchen. Der Justizminister ist aber ermächtigt, den Vorbereitungsdienst auch bei diesen Candidaten auf 3''-, Jahre zu beschränken, wenn sie ein Rechtsstudium von sieben Halbjahre» zurückgelegt haben. (-) Berlin, 22. Januar. (Telegramm.) Das Kaiser paar besichtigte gestern Mittag um 12 Uhr das Innere des neuen Domö. Um 2l/z Uhr unternahm der Kaiser einen Spazierritt im Thiergarten. — Heute Morgen um 8V2 Uhr machten der Kaiser und die Kaiserin dcn gewohnten Spazier gang durch den Thiergarten; von 10 Uhr ab hörte der Kaiser den Vortrag des Chefs des Civilcabinets v. LucanuS. (-) Berit», 22. Januar. (Telegramm.) In der eng lischen GeorgScapelle am Monbijou-Platze wurde heute Vor mittag ein (Kottcsvtenst zur Erinnerung an die Königin Bictoria abgchalten. Es nahmen der Kaiser, in der Uniform seiner englischen Dragoner, die Kaiserin, Prinz und Prinzessin Heinrich, Prinz und Prin zessin Friedrich Leopold, die übrigen hier weilenden Prinzen, der Reichskanzler Graf v. Bülow, die Cabinets- chefs und eine Deputation des Gardedragoner-Regiments „Königin Victoria" Theil. Nebst der englische» Botschaft war die englische Colonie zahlreich erschienen. (-) Berlin, 22. Januar. (Telegramm.) Der „Reichs anzeiger" meldet: Dem Handelsminister Möller ist der Rothe Adler-Orden 2. Classe verliehen worden. — Bekanntlich haben Graf v. Bülow und Herr v. Rhein- baben vor den über den Zolltarifentwurf hinauS- gehenden agrarischen Forderungen gewarnt. Jetzt schreibt die „Kreuzztg": Wie wir hören, wird von gewisser Seite im Reichstag das Ge- rücht verbreitet, ein Theil der conservativen und freiconservalivk» Abgeordneten sei bereit, sich mit den in der Zolltarifvorlage für Getreide eingestellten.Sätzen zu begnügen. Davon kann nach unserer Kenntniß durchaus nicht die Rede sein; im Gegentheil ist die consertive Partei einmüthig der Uebrrzrugunq, daß diese Sätze nicht ausreichend sind, der Landwirthschast den anerkannt nothwendigen Schutz zu gewähren. Die „Krzztg." scheint danach ihre Vermittlerrolle auf gegeben und vor Herrn v. Wangenheim und seinen Bundes brüdern die Segel gestrichen zu haben. — Eine polnische Volksversammlung fand am Sonntag, 19. d. MtS , in Berlin statt. Tie Leitung der Versammlung übernahm, dem „Dzirnnik Berl." zufolge, der bekannte polnische Agitator Berkan, der den Versammelten auch verschiedene Rathschläge ertheilte, in welcher Weise sie
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