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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 02.12.1901
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1901-12-02
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-19011202027
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1901120202
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1901120202
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1901
- Monat1901-12
- Tag1901-12-02
- Monat1901-12
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Man abonnirt ferner mit entsprechendem Postausschlag bei den Postanstalten in der Schweiz, Italien, Belgien, Holland, Luxem- bu g, Dänemark, Schweden und Norwegen, Rußland, den Dvnaustaaten, der Europäischen Türkei, Egnpten. Für alle übrigen Staaten ist der Bezug nur unter Kreuzband durch die Expedition dieses Blattes möglich. Die Morgen-Ausgabe erscheint um '/,7 Uhr, die Abend-AuSgabe Wochentags um 5 Uhr. Nedaclion und Expedition: JohanniSgasse 8. Filialen: Alfred Hahn vorm. O. Klemm'ü Sortim. UnwersitätSstrahe 3 (Paulinum), Louis Lösche, Katbarinenstr. 14, Part, und KSnigsvlatz 7. Nr. 614. Abend-Ausgabe. Anzeiger. Amtsblatt -es Königlichen Land- nn- Amtsgerichtes Leipzig, -es Mathes un- Vokizei-Ämtes -er Lta-t Leipzig. Anzeigen-Preis die 6 gespaltene Petitzeile 25 H. Reclamen unter dem RcdactionSstrich (4 gespalten) 75 vor den Familiennach richten («gespalten) 50 H. Tabellarischer und Ziffernsatz entsprechend höher. — Gebühren für Nachweisungen und Offcrtenannahme 25 H (excl. Porto). Extra-Beilagen (gefalzt), nur mit der Morgen-Ausgabe, ohne Postbesörderung 60.—, mit Postbesörderung .xt 70.—. Annahmeschluß für Anzeigen: Abend-Ausgabe: Vormittags 10 Uhr. Morgrn-AuSgabe: Nachmittags 4 Uhr. Bei den Filialen und Annahmestelle» je eine halbe Stunde früher. Anzeigen sind stets an die Expedition zu richten. Die Expedition ist Wochentags ununterbrochen geöffnet von früh 8 bis Abends 7 Uhr. Druck und Verlag von E. Polz iu Leipzig. Montag den 2. December 1901. SS. Jahrgang. Der Krieg in Südafrika. Anläßlich der Meldung aus Capstadt, der Boerencomman- dant FouchL habe zwei englische Kriegsgefangene erschießen lasten, bespricht der „N. Rott. Et." die Frage, ob dies als eine Repressalie Per Boeren zu betrachten ist und inwieweit ein solches Vorgehen berechtigt ist. Das Blatt fragt, ob es den Engländern völkerrechtlich ge stattet ist, wie Kitchener angekündigt hat, die in Khaki ge kleideten gefangenen Boeren zu erschießen, und verneint dies sehr bestimmt. Es ist verboten, sich in die Uniform des Feindes zu kleiden; kann aber ein aller Abzeichen beraubter Khakianzug als solche betrachtet werden? Die Boeren machen erwiesener maßen von den erbeuteten Anzügen Gebrauch, aber lediglich, weil die Noth sie dazu zwingt, weil sie sich andere Kleidung nicht ver schaffen können. Hier liegt also ckoros msjeura vor. Jeder Borurtheilslose wird ja ohnedies zugeben müssen, daß die ganze bisherige Kriegführung der Boeren jeden Gedanken an Derrath in dieser Hinsicht absolut ausschließt. Das Rotterdamer Blatt macht aber auf eine Consequenz des englischen Vorgehens auf- merksam, die für Lord Kitchener wohl maßgebender sein dürfte als moralische Erwägungen. Es ist bekannt, daß ganze eng lische Corps, namentlich die Colonraltruppen, den charakteristischen Boerenhut tragen, oft sogar verziert mit den Boeren abgenommenen Wappenschildchen und Emblemen. Dieser, an der rechten Seite aufgekrempelte, oft mit einem republikanischen Wappenschildchen geschmückte Hut bildet die einzige Uniform der Boeren im Felde. Sind die Boeren nun nicht eher berechtigt, dieses — unnöthige — An legen ihrer „Uniform" als Verrath zu betrachten und dement sprechend zu ahnden, als die Engländer das — gezwungene — Tragen ihrer, von allen Abzeichen beraubten Uniformen durch die Boeren? Dies mag sich Kitchener erst mal ernstlich über legen, bevor er den schon — durch Major Gorringe u. A. — geschaffenen Präcendenzfällen weitere folgen läßt. Die Boeren- führer werden schließlich zweifellos mit der Antwort auf das barbarische Vorgehen des Helden von Omdurman nicht länger zögern. Las AriedenSmanifest, auf das sich am 19. Juli eine Versammlung von englischen Geistlichen der „freien Kirchen" einigte, ist nun von 5245 Geist lichen, d. h. bedeutend mehr als der Hälfte der amtirenden Geistlichen außerhalb der Staatskirchc, unterzeichnet worden. Das Manifest richtet sich gegen die Regierungspolitik, die auf unbedingter Unterwerfung besteht, und fordert, daß den Boeren- führern „ohne Verzug" als Friedensbedingungen Autonomie, Amnestie und gerechte Entschädigung angeboten werden sollen. Die zahlreichen Unterzeichnungen sind um so bemerkenswerther, als die wichtigsten Organe der Sccten, wie „The British Weeklh", „The Methodist Times" und „The Christian World", den Krieg ebenso eifrig vertheidigen, wie „Times" und „Stan dard". Einige 700 der Unterzeichner thaten das mit dem Hin zufügen, daß sie an keine Form von Annexion glauben können. Von etwas über tausend Geistlichen, die eine Unterzeichnung ab lehnten, begründeten über 210 ihre Weigerung damit, daß sie für Gewährung völliger Unabhängigkeit seien. * CavstaLt, 1. December. Der Premierminister Sprigg hielt eine Rede, in der er sagte, die Feldarmee des Cap landes zähle 18 000 Mann, von denen drei Viertel beritten seien. Die Regierung und die Militärleitung gingen völlig Hand in Hand. Die Lage des Landes bessere sich täglich; der Feind und die Aufständischen würden allmählich niedergeworfen. Die außerordentlichen Ausgaben für die Aufrechterhal tung einer so großen Streitmacht im Felde seien eine große Last, allein die Aussichten seien nicht entmuthigend, obwohl sehr erhebliche Anleihen hätten ausgenommen werden müssen. * London, 2. December. (Telegramm.) Gestern wurde im Hydepart eine Sympathiekundgebung für General Buller veranstaltet, bei der entsprechende Ent schließungen gefaßt 'wurden. Die Kundgebung verlief ohne Störung. Der Demonstrationszug setzte sich zum größten Theist aus Geiverbevereinen mit Bannern und Musikcorps zusammen. politische Tagesschau. * Leipzig, 2 December. Der heute im Reichstage beginnenden parlamentarischen Behandlung der Zollgrsctze sckeint die NeichSregierung nicht ohne Sorge entgegenzusebeu. Zn einem Ailikel der „Bcrl. Pol. Nachr." wird zugeslauden, „es lasse sich nicht verkennen, daß die pessimistischen Anschauungen, welche schon seit län gerer Zeit in einem Theist der für eine Revision unseres Zvllgeletzeö und Zolltarifs im Sinne der Regierungsvorlage emtrelcndeu Presse zum Ausdruck gelangt sind, auf manche Mitglieder des Reichstages libergegriffen haben, so daß man mehrfach Zweifeln begegnet, vb cs im ersten Wurf gelinge» werde, die Gesetzesvorlage zur Verabschiedung zu bringen". An dieses Zugeständnis wird dann folgende Mahnung geknüpft: „Nichts wäre beklagenSwerther und dem Zustandekommen der Zolltarifreform gefährlicher, alS ein Fortbestehen oder gar Umsichgreifen solcher Befürchtungen. Die verbündeten Reg erungen haben im vollen Vertrauen auf die Mehrheit des Reich», tage», welche wiederholt di« Zolltarifresorm gewünscht hat, die Vorlage eingcbracht, und eS ist Cache dieser Mehrheit, mit demielben Vertrauen, mit welchem die NeichSregierung an die Lösung der ihr gestellten Aufgabe herangetreien ist, an die Schlußarbeit zu gehen. Wenn der Reichstag mit dem Ziclbewußsiein und der Energie arbeitet, welche die verbündeten Regierungen bei dem GesrtzgebungSwerke bekundet haben, so ist gar nicht zu zweifeln, daß alle Anschläge der äußersten Linken vergeblich sein werden. Diese letzteren werden um so eher zurückgewiesen werden können, wenn die Mehrheit des Reichstages von vornherein zu erkennen glebt, daß sie fest geschlossen und entschlossen hinter der Vorlage der Verbündeten Regierungen steht." Diese Mahnung ist ganz am Platze; aber eine andere, die sich au die Adresse der BundeSrathSvertreter richtet, nickt minder. Wenn mancher Mitglieder des Reichstags pessimistische Anschauungen sich bemächtigt haben, so liegt der Hauptgrund weniger in ihrem Zweifel an der Haltung solcher Collegen, die ein sicheres Unheil in wirtbschafilichen Fragen nicht haben, als in dem Zweifel an^dem Geschicke der NeichS- reaierung, die Nothwendigkcit der von ihr vorgcschlageuen Maßregeln zu erweisen und die Folgen eines Scheiterns der Vorlagen in daS rechte Licht zu rücken. Die Auswahl der Männer am BundeSrathStischc, die für riese Vorlagen eintreten, wird daher eine sehr sorgfältige sein müssen. Und ganz besondere Sorgfalt wird bei dieser Wahl darauf gelegt werden müssen, daß die Regierungs ¬ vertreter die gleiche Festigkeit der Opposition von rechts und links gegenüber zeigen. Nichts konnte die Reiben der Ab geordneten, die im Wesentlichen auf dem Boden der Vor lagen stehen, mehr lichten, als wenn der eine RegicrnngSver- trcter eine auch nur theoretische Vorliebe für die extremen Forderungen deS Bundes der Laudwirthe, der andere eine solche für die der Agrariei frcsser bekundete; nicklS könnte die Verwirrung mehr vergrößern und dem Zustandekommen der Gesetze mehr schaden. Sehr nachtheilig müßte cs auch werden, wenn man vom Regierungslischc aus solchen Fractionen, die für ihre Zustimmung zu den Vorlagen „Compensationen" ver langen (Jeluiteiigesetz!), Aussichten auf solche machen wollte. Weniger als je haben die verbündeten Regierungen jetzt Ursache, auf Handelsgeschäfte sich einzulassen, welche die rein sachlich sich eulscheidendcu Parteien verstimmen müßten; denn gerade daS am meisten nach Handelsgeschäften lüsterne Gentrum hat mit Rücksicht auf seine Wähler daS lebhafteste Interesse daran, Industrie und Landwirlhschaft gleichmäßig zu befriedigen. Endlich wird cS von Wichtigkeit sein, den Spekulanten auf daS Eingreifen der preußischen Krone zu Gunsten der einen oder der andern Seite von vornherein jede Hoffnung aus Erfüllung ihrer Hoffnungen zu nehmen. Wer seil Monaten die Auslassungen der Presse über die verschiedensten politischen Fragen genau verfolgt bat, kann nickt im Zweifel darüber sein, daß diese Auslassungen iu vielen Fällen nur den Zweck halten, den Träger der preußi schen Krone günstig für die Vertreter der einen oder der anderen wirtbschastlicken Richtung zu stimmen. Selbst die Behandlung des „Falles Chamberlain" ist da und dort von dieser Speculation beeinflußt worden. So erwächst der Regierung eine iu jeder Hinsicht sehr schwere Ausgabe, von deren Lösung das Schicksal der Zollgesetze ganz wesent lich abhängt. Der Zufall fügt eS, daß gerade jetzt, wo die Presse deS EentrumS die politische Constellation für geeignet hält, ihre alten Forderungen in Erinnerung zu bringen, sehr bciueikens- werthe Auslassungen zweier Katholiken über JcsuitiSmiiö nnv Menkalismns bekannt werden. Der eine jener beiden Katholiken ist der E a r d in a l Ho den lo h e, aus dessen Brief wechsel mit Bismarck soeben in dem „Anbange" zu den „Ge danken und Erinnerungen" ein sehr werlbvolles Stück mil- getheilt wirb. Als im Jahre l87!) klerikale Heiß sporne sich damit schmeichelten, daß mau die Jesuiten wieder in Preußen eiuschmuggeln werde, indem man ein Gesetz annebmen würde, daS etwa die Be stimmung enthielt: religiöse Vereine und Gesellschaften haben freien Eingang in Preußen —, schrieb der Cardinal am 26. November 1879: „Wenn nur die Jesuiten nicht genannt werden, schmeichelt mau sich, daß der (oben erwähnte) Passus durchgeben und die Jesuiten nachkommen werden. Glückliche Naivität! Gut ist eS immer, unser Vaterland vor dieser Landplage zu hüten." — Dem Cardinal der römisch-katholischen Kirche mag wohl die Erinnernng an die Plagen Egyptens vorgeschwebt haben, als er die Jesuiten durch die Bezeichnung „Landplage" geißelte. — Der zweite Katholik, der in beachtcnSwerlher Weise sich über den KlerikalismuS verbreitet, ist der Irländer Michael Mc Carthy. Er ist der Verfasser eines in London und Dublin erschienenen Werkes „Fünf Jahre in Irland, >895—1900", auf das die „Deutsche Rundschau" in ihrem Decemberhefte mit Recht die Aufmerksamkeit lenkt. Mc. Carthy setzt die Verarmung und Entvölkerung seines Vaterlandes nicht auf das Schuldconto Englands, sondern schreibt sie direct der katholischen Geistlichkeit zu, deren Hab gier, Hochmuth und Unverstand den Verfall Irlands ebenso wie den Spaniens verschuldet habe. Die Geist lichkeit liegt nach der Darstellung Mc. Carthy'S (der übrigens nicht mit dem Home-Ruler und Parlamentsmitglied«: Mc. Carthy verwechselt werden darf, sondern von Berus Advokat in Dublin ist) auf Irland wie rin böser Alb; be stehend aus einem Cardinal, 3 Erzbischöfen, 25 Bischöfen, 2 Aebten, 2722 Dorf- und Stadtpriestern, etwa 10 000 Ordens brüdern und einer noch viel größeren Zahl von HilsStruppeu, zehrt sie am Leben deS Volks. Laienbrüder und Volksschul- lehrer sind die HilsStruppeu der Geistlichkeit, die Zahl der Nonnen ist noch viel größer als die der männlichen Kirchen diener; die Klöster nehmen jährlich zu, die Güter der tobten Hand mehren sich von Tag zu Tag. Während die frommen Müßiggänger im Ueberfluß leben, muß der irische Pächter schwere Arbeit verrichten. Der Einfluß der Geistlichkeit aus die Volksschule nennt Mc. Cartby den größten Uebclstand, unter dem Irland leidet. Obwohl in seiner Existenz ans die Laien angewiesen, sucht ter irische Kirchendiener in jeder Weise die Laien bei Seite zu schiebe». Durch den Um stand, daß Elementarschule uod Gymnasien fast ganz unter der Obhut des Klerus stehen, Hal die Verwahrlosung des Volkes einen Koben Grad erreicht und würde noch schlimmer sein, wenn nicht die protestantischen nnd die RegierungSschuleu einen gewissen Wetteifer im irischen Schulwesen erzeugten. Unter diesen Umständen bezeichnet Mc. Cartby es als die größte Unvorsichtigkeit, einem so gesinnte» Priesterslande die Leitung einer von der englischen Regierung geplante» katho lischen Universiiät in Irland zu übertragen. — Die vor stehenden Urthcilc zweier Katholiken über ZesuttiSmuS und KlorikalisniuS sprechen so für sich selbst, daß jeder Kommentar überflüssig ,st. Die Frage der Sicherstellung länger dienender Untclosfkricrc und der Deckung des Bedarfs, be sonders für die mobile Armee, muß in Rnfllunv als brennend bezeichnet werden. Die bisherigen Zugmittel haben sich als nicht kräftig genug erwiesen. Wenn eine Armee mit über 1 Million Friedensstand nicht mehr als rund 13 000 Kapitu lanten besitzt, davon etwa 8500 in der Front, wenn thatsächlich nicht einmal alle Feldwebel- bezw. Wachtmeisierstellen bei den Fcldtruppeu mit Kapitulanten besetzt sind, so kann man das nicht als einen erfreulichen Zustand bezeichnen. Man ist ver schiedentlich gezwungen gewesen, beabsichtigte Neubildungen zum Theil deshalb hinauszuschieben, weil man vorgebildete Unter- officicre für sie nicht in genügender Zahl besaß. Dienstaus Zeichnungen, Zulagen und Abgangsprämien gab es schon bisher im russifchen Heere. Daß sie nicht zugkräftig genug wirkten, beweisen obige Zahlen. Eine Sondercommifsion beim Haupt stabe hat seit längerer Zeit die Frage dec Steigerung des Unter officierzuflusses berathen; ihre vom Kriegsministcr schon ge billigten Vorschläge liegen jetzt den Cominandeuren der Militär bezirke zur Begutachtung vor. Tie Vorschläge, die besondere Vortheile bieten, unterscheiden vier Kategorien von rengagirten Unterofficieren, zwei in der Front, eine bei den Nichlstreitern, eine bei den Stäben. Die drei ersten erhalten bei der Kapi tulation Soldzulagen, die sich beim Sergeanten nach elf Dienstjahren im Höchstmaß auf 300 Rubel, beim Unter- officier auf 240 Rubel belaufen. An Dien st Prämien werden nach zehn Jahren 250 Rubel, nach zwanzig Jahren 750 Rubel gewährt, letztere Prämie ist 250 Rubel geringer als die frühere, der Unterschied wird aber mehrfach ausgewogen durch die höheren Zulagen. Dies sind aber nicht die einzigen vortheilbringenden Neuerungen. Fortan können alle Unter officiere cavituliren, alle Rengagirten lieiraihen und ihre F a - Feuilleton. Die Marmorliebe. Eine Hofgeschichte von Jean Bernard. Nachtruck scriotkn. „Zum . . .! Laßt mich mit diesen alten Geschichten in Ruhe!" rief der Wanderer zornig. „Solltet Ihr Euch unterstehen, mir irgend zu nahe zu treten, mögt Ihr vor meiner Rache zitter»! Hütet Eure Zunge." „Ol)v, die Zeiten sind vorbei, da man vor Euch zitterte; macht nur, daß Ihr mir schleunigst aus den Augen kommt, sonst laß ich Euch festnehmen!" Der Verinow Genannte schritt auch rasch weiter; aber der Nachfolgende mußte doch innige Worte aufgefangen haben. Er blirb bei Olnovka stehen und sagte freundlich: „Guten Abend, Väterchen! Entschuldigt eine Frage: Ihr kennt den Patron da?" auf den Vorausschreitcnden deutend. „Stcht's mit dem so schlimm? Ich hab« schon längst Verdacht gegen den Patron . . „So?" meinte Olnovka, „und zieht mit ihm im Lande umher?" „Ich? Gott bewahre! Er hat mein Boot auf einen Monat gemiethet, aber er bezahlt nicht . . ." „Da wird er eben kein Geld haben." „Erschreckt mich nicht, Väterchen, ich bin ein armer Schiffer; vierzehn Tage fahre ich ihn schon. Aber ich denke, Ahr kennt den Herrn!" „Vor Jahren war ich einmal mit ihm zusammen im Aus lände; damals war er ein feiner, zahlungsfähiger Herr." „Das ist ja beruhigend, besten Dank, Väterchen", sagte der angebliche Schiffseigner, „doch wie reimt sich dazu Eure Aeußerung?" „Ach. Ihr habt ja nur einen Theil unserer Unterhaltung ge hört; >was gehen mich übrigens Eure Geschäfte an . . ." „Ich merke schon, Ihr wißt mehr, als Ihr sagen wollt; aber vielleicht habt Ihr Erbarmen mit meiner großen Angst. Ich bin Besitzer des Segelbootes, das hier angelaufen ist. Er hat mir Vorausbezahlung versprochen, es wäre schrecklich, >venn ich um mein Geld käme. Ich bin heute selbst mitgefahren, iveil der Herr sagt, er habe Geld in Monopol flehen, das er beheben wolle." „In Monopol? Ei, bei wem denn?" „Ich glaube, bei einem gewissen Netreps." „Bei Netreps? Ha, ha", lochte Olnovka, „dec hat freilich ein paar Hufen Land bekommen, als die Leibeigenschaft auf gehoben tvürde, aber der macht keine Geldschulden. Er gehörte zu den Seelen GallitschinS, und wenn er was braucht, wend-t er sich an uns, wie die Anderen alle; denn der Fürst sorgt noch immer für das Fortkommen seiner ehemaligen Leibeigenen. Von Netreps hat :r unmöglich Geld zu fordern!" „Ach Gott, sollte das Schwindel sein? Der Herr trat so vor nehm auf, er kam aus Odessa." „Aus Odessa können anch Schwindler kommen!" „Mein Gott, das wäre schrecklich. Entschuldigt, Väterchen, ich habe leider keine Zeit mehr, ich muß ihm nach, sonst verlier' ich ihn aus den Augen. Vielleicht erlaubt Ihr mir, bei Euch auf dem Heimwege vorzusprechen, da Ihr doch mehr von dem Patron zu wissen scheint. Natürlich, vorausgesetzt, daß Ihr von ihm nicht abhängig seid und lieber schweigen wollt." „Abhängig? Das wäre! Kommt immerhin, mein Herr ist abwesend: ein Stündchen können wir dann schon bei einem Gläs chen Wutki plaudern. Es ist ja Christenpflicht, den Nächsten vor Schaden zu bewahren!" „Besten Dank zum Voraus, Väterchen! Also ich komme. Gott befohlen bis nachher!" Ter Mann setzte seinen WeH fort, uns auch Olnovka schritt weiter in den Park hinein. Ware er nur ein paar Augenblicke noch stehen geblieben, so hätte er einen dritten Mann auf dem Pfade vorübcrcilen sehen, der den beiden DovauSgchenden folgte. Der Pfad führt« nn Bogen um di« Villa Galliffchin herum und mündete dann in den Fahrweg nach Mariapol. Alle drei Männer betraten zwar di« Landstraße, aber vorläufig schien Mariapol nicht ihr Ziel zu sein, denn sie trafen in einem einsam stehen den sogenannten Gasthause zusammen, wo sie sich ein« Fisch suppe kochen ließen und sich in französischer Sprache unter hielten. „WaS Du beginnst, hat Mißerfolg", sagte der ztvrit« ärger- lich, „jetzt kennt Dich der Mensch da drüben in der Villa auch schon wieder und nennt Dich bei einem unS unbekannten Namen. In welchem Derhäl-tniß stehst Du zu dem Menschen? Hätte ich nicht die Geistesgegenwart gehabt, Dein Mißgeschick auSzunühen, was wär s denn jetzt?" „Nur nicht zu grob. Woher sollte ich deun wissen, daß der Mensch in der Villa dient, den ich noch in München ver- mukhrte. . „Er will mir nachher erzählen, WaS Du für ein tugend ¬ hafter Mensch gewesen bist . . höhnte der angebliche Schiffs eigner. „Du Spötter; hüte Dich vor Olnovka, der bei der Ge sandtschaft in München auch als Detcctive verwendet wurde; er ist klug." „Gut, ich werde auf der Hut sein! Also die Hauptsache! Du glaubst, in der Villa sei ein guter Fang zu machen? Der Fürst ist mit seinem Sekretär und einem Diener abwesend . . ." „Wer sagt das?" „Olnovka selbst." „Um. so besser." „So wählen wir also gleich diese Nacht; gethau ist grthan!" „Das meine ich auch", sagte der Dritte, der bisher schweigsam dageseffcn hatte. „Wir behalten hoffentlich die Nacht durch gutes Wetter, um rasch fortkommen zu können." Der Eintritt der Wirthin unterbrach die Unterhaltung. Ter Hausverwalter der Villa, Olnovka, dachte indessen kaum mehr lebhaft an Verinow; er hatte der Obliegenheiten seines Amtes zu warten. Tiefer im Parke stand ein älteres Gebäude, welches zu Dienerwohnungen eingerichtet war und hinter dem sich auch die Stallgebciudc und Remisen befanden. Olnovka, der nicht vrrhcirathrt war, hatte für gewöhnlich auch seine Wohnung im Parkzebäude. Sobald jedoch die Herrschaften nach Petersburg reisten oder sonst abwesend waren, bezog Olnovka ein Parterre zimmer der Villa, wo ec auch schlief. Das Tienergebäud» im Parke war mit der Villa durch Telephon verbunden, so daß der Fürst von seinen Räumlichkeiten direct Befehle auSkheilen konnte. Der Parkhüter am Parkthore, der dort ein niedliches Portier häuschen bewohnte, war von Olnovka verständigt, daß noch ein Mann aus Mariapol vorsprechen werde. Dem Verwalter war es darum zu thun, zu erfahren, welcher Art die Geschäfte Derinow's seien. Verdächtig kam ihm die Landung an dieser ungewöhnlichen Stelle immerhin vor; er fühlte sich wieder in seinem alten Fahr wasser als Deiectiv und hielt eine Ausforschung des Schiffs eigners für die Sicherheit seines Herrn und der ihm unterstellten Besitzung für nothwendig. Früher, als erwartet, traf der Fremde ein; Olnovka wunderte sich, daß derselbe schon von Mariapol zurück war, und bat ihn dann höflich, von den Speisen, die er herein hatte stellen lassen, zu nehmen. Selbstverständlich fehlte der unvermeidliche Wutki nicht. Seit Aufhebung der Leibeigenschaft hat sich iu Rußland auch eine Aenderung der Verhältnisse der Dienerschaft vollzogen; letztere ist selbstständiger und anspruchsvoller geworden. In vor nehmen Häusern haben die Diener sogar ihre Empfangslage, an denen es nicht zum Stillsten hergeht und der Wutki eine groß« Rolle spielt. Es ist daher durchaus nichts Ungewöhnliches, daß ein Diener Besuch erhält, ihn bewirthet und für diese Zeit natür lich für den Dienst nicht zu haben ist. Olnovka'» Besuch ließ sich nicht nöthigen und erklärte zu nächst unbefangen sein frühes Erscheinen: „Mein Patron kehrte bei einem Bauern ein, und ich mußte mich fügen; er sagte, er käme morgen noch bald genug nach Mariapol." „Bei einem Bauern? M, jetzt versteh« ich, drüben an der Chaussee bei Elentow. Gott, da wirv dec verwöhnte Verinow Augen machen. Was kann ihm denn Elentew bieten." „Ist er so verwöhnt? Ich habe cs nicht gefunden. Warum sagt Ihr immer Verinow? Er nennt sich anders." „Tas ist begreiflich", lachte Olnovka über die Naivetät des Sprechers, „er hat als Verinow zu viel auf dem Kerbholz. Ja, ja, Ihr habt Euch da einen sauberen Patron ausge wählt. . . „Ihr meini, er wird nicht zahlen?" „Am, da» ist das Wenigste, 'aber er kann Euch iu andere Ungelegengeiien bringen. Wenn man ihn aufgreift, ist ihm Sibirien gewiß, und daun heißt es: mitgefangen, mitgehanzeu! So geht's! Sucht von ihm loszulommen." „Erzählt mir. Steht'S denn wirklich so schiech! mit ihm?" „Verlaßt Euch draus." Daun erzählte Olnovka, was ihm von dem Vorleben Vcrincw'S bekannt war. Der Fremde hört: aufmerksam zu. hin und wieder euren Ausruf, eine Frage ein werfend. „So ging eine gute Stunde hi»; ein Diener erschien und fragte, ob der Herr Hausverwalter noch etwas wünsche, cs sei bald Zeit, zu Bette zu gehen. „Nein, Wentschiaw", sagte Olnovka, „wir gebrauchen nichts mehr; ich werde meinen Besuch selbst zum Parkthor hinauslassen Sag's dem Portier, dem Manne thut auch Ruh: gut. Indes', wie steht's bei der Herrschaft, wird dort nichts mehr ge wünscht?" .Da der Herr heule nicht mehr heimlehrt, wollen die Damen zeitig zur Rübe gehen; ich war sck^>n oben. Die Kammerfrauen sagten mir das. Ich werde den Auftrag für den Portier gleich besorgen, Herr Verwalter; die Laterne siebt im Vorzimmer auf dem bestimmten Platze." „Ich danke. Wentschiew! Gute Nacht!" Die Beiden 'waren wieder allein und unterhielten sich ein: tveitere Stunde. Der Fremde, der sich Anastavska nannte, er zählte von seinen häuslichen Verhältnissen und gab auf die Fragen Olnovka's, sowei! er konnte oder wollte, Bescheid. Die
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