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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 19.12.1901
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1901-12-19
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-19011219016
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1901121901
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1901121901
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1901
- Monat1901-12
- Tag1901-12-19
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Bezugs «Preis bl der tzmlptervedttüm »der de» im Stadt» beztrk au» de» vor»Ne» rrnchtrle» Na»» yodeftelle» «dgetzolt: »tertrljLprlich L.LV, bei »weimaltger täglicher gastelluig in« Hmm d.bO. Durch die Pop bezogt» für Deu1tchü»»d ». veperretch . vterteljähn. ul «. Ma» aboaatrt ferner mit entsprechendem Poftansschlag bet den Vostanstalten in der Schweiz, Italien, Belgien, Holland, Luxem burg. Dänemark, Schwede» und Norwegen, Rügland, de» Doaaustaate», der Europäischen Türket, Egypten. Kür all« übrige» Staaten ist der Bezug nur unter Krenzband durch die Ezpedmo» diese« Blatte» «»glich. Di» M»ro«»M»»aabe erscheint ur» V«7 vhr, di» Ibendchlnsgab, Sochentag» um » Uhr. LeLartto» uod Lrve-Uiour 2»ha»»t«gaffe S. Filiale«: Lkfded Bahn vornr. O. Klemm'» Sortbn. üuwerMtsftroßr 8 (Paultaam), Louis Lisch«, Katbarinenp«. 1< Part, und K»«ig»dlatz 7. Morgen-Ausgabe. AiWger TagMalt Stnzeige««PreiS die 6 gespaltene Petitzeile SS H. Necla««« an ter dem Nedaettousftrich («gespalten) 75 vor den Kamtltemiach. richten (a-espalttn) 80 -ch. Tabellarischer and Ziffernsatz entsprechend höher. — Gebühre» für Nachweis»»,»n uud Offertrulmnahat« Lü (excl. Porto). (krtra-Vellage» (gesalzt), uur mit der Marge»-Ausgabe, ohne Postbesörderung M.—, mit PaftbesSrderuag 70.—. 2i»«atMeschi«ß für Aiyeigea: Anzeiger. Amtsblatt des Königlichen Land- und Amtsgerichtes Leipzig, des Nathes nnd Polizei-Amtes der Stadt Leipzig. Pbeud-Ausgaber Bormillag« zy fthr. »or-«n»Su«-abcr Rachmtstag- 4 Är, Bet de» Male» uud «rm-hmesteile» 1« ein« halbe Stunde fMer. Unzetcha« Pud stets « Pi« Expedition zu richten. Di« Expedition ist Wochentag« »»unterbrochen geöffnet von pchh S bi- »heud» 7 Uhr. Truck »üd Verlag vag tz. Potz tu LeiPzia. m. «t5. Donnerstag den 19. December 1901. SS. Jahrgang. ZU Len LauLtagsverhaudlungen über die Dohnungsgelder. (-) Die letzten Verhandlungen de« sächsischen Landtag« stehen naturgemäß unter den» Zeichen der ungünstigen Finanzlage Sachsen». DaS zeigte sich bei der Debatte über die WohnungSgelver besonders scharf, da die eigenartige Zu sammensetzung des Landtags, die ganz allgemein den städtischen Interessen weniger günstig ist als den ländlichen, schon an und für sich einer solchen Vorlage Hindernisse bereitet. Damitsoll gegendieAbgeordnetendurchauö keinBorwurserhoben, e« soll nur den treibenden Kräften nachgegangen werden. Von einer klar zum Bewußtsein gekommenen Gegnerschaft gegen die Städte kann gewiß nur in den seltensten Fällen die Rede sein, aber e» wirken hier unbewußt Imponderabilien, es wirkt auch ohne klar« Gründe daS Milieu, eS wirkt die Stimmung stark mit beider Abstimmung. Und diese Stimmung findet uu» einen starken Rückhalt in der ungünstigen Finanzlage. So ergiebt sich der derzeitige Zustand. Man erkennt an, daß im Allgemeinen (von diScutadlen Einzelheiten abgesehen) die Regierung mit den Wohnungsgeldern recht bat, aber man mochte der „unangenehmen" Nothwenvigkeit auSweichen oder miadestenS etwa« adzwacken, zumal man damit bei den Massen populär zu werden hofft. AuS dieser Stimmung heraus sucht man nach Gründen. Da sagt man zunächst: der Zeitpunct ist ungünstig gewählt; bei der ungünstigen Finanzlage kann man da» nicht bewilligen, waS bei günstiger zweifellos de- willigt würde. Daß dieser Grund die Sache nickt trifft, ist zweifellos: ist die Lage der Beamten verbesserungs bedürftig, so ist sie da«, ganz gleichgiltig, ob die Finanzen de« Staat« günstig oder ungünstig sind. Der einzelne nothlridende Beamte bekommt deshalb, weil die Finanzen ungünstig sind, sür da« ihm vom Staate gezahlte Geld vom Milchhändler auch nicht r/s Liter Milch sür seine Kinder mehr. In der Argumentativ» mit dem ungünstigen Zeit punkte liegt, das scheint gar nicht beachtet rumerden, der schwerste Borwurf für die Regierung, der Vorwurf mangelnder Voraus sicht und maagelnder Initiative. Man wird diesen Borwurf al« nicht unberechtigt ansehen, mau wird zugeben können, daß die Regierung eine entsprechende Vorlage schon vor Iabren, späteste»« aber zur Zeit Le« wirthsckafllichen Auf schwung« hätte machen müssen: aber da« ändert an der thatiäcklichen Lage uickt«. E« wäre doch völlig ungerecht, die große Masse der Beamten dafür büßen zu lassen. Um gekehrt folgt doch daraus die erhöhte Pflicht, nun jenen Fehler der Regierung möglichst wieder gut ru macke». Sonst ergiebt sich die sonderbare Lage: weil die Regierung nicht weitblickend genug war zu einer Zeit, wo das Norkwendige gewiß be willigt wäre, ist «S unter günstigen Umständen nickt bewilligt; nun aber wird e« nicht bewilligt, weil die Umstände un günstig sind. DaS wäre eiue Politik der Kleinlichkeit und Feigheit. Weiter wird darauf hingewiesen, daß die Gehaltsätze für «ine Reib« von Beamten in SUddeutschland niedriger seien, al« in Sachsen. Wir können da« nicht im Einzelnen »erfolgen, aber daß im Süden da« Leben durchweg billiger ist al« in Sachsen, weiß Jeder; und der Minister hat diese Argumentation mit Recht abgewiesen. Viel gleickartiaere LebenSbevingungen bestehen zwischen Sachfen und Preußen (vielleicht abgesehen von Hinterpommern, Posen und Ost preußen), und da könnten wir sächsische Beamte anführen, die schon seit viele» Iabren hinter den entsprechenden preu ßischen sehr weit zurückstehen, noch heute in manchen Stellen bi« zu mehr al« 1000 Mark. Hier müßte jetzt endlich ein Ausgleich erfolgen, e« müßten entsprechende Gehaltserhöhungen noch in diesem Landtage beschlossen werden, fall« die Woh- nungSgelder abgelehnt oder herabgesetzt würden. Trotz alledem erkennen auch wir da« Streben nach Spar samkeit al« durchaus berechtigt an, nur muß eS an Stellen eiusetzen, wo diese Sparsamkeit am ersten zu ertragen ist. E« muß nicht individualisirt werden, und da« würbe nicht geschedea, wenn die vorgeschlagenen Wohnung-sätze durchweg nm so und so viel Procent herabgesetzt würden, auch nicht, wenn st« staffelweise (etwa im ersten Jahre mit KV Proc., im zweiten mit 75 Proc., vom dritten an voll) bewilligt würden. Noch weniger würbe e« dem erstrebten Ziele entsprechen, wenn etwa da« Gehalt durchweg um einen Procentsatz erhöht würde. Wir möchten heute auf zwei Stellen aufmerksam machen, wo vorläufig gespart werden könnte, ohne den Zweck der Vorlage zu schädigen. Man gewähre daS Wvhnungszeld uur den ver heirat hetcn Beamten, nicht den Junggesellen. Es bedarf kaum ter Ausführung, Laß die Nothlage, die gehoben werben soll, bei den Junggesellen überhaupt nicht besteht, falls sie nicht (unv eine solche Clausel konnte hinzugefügt werben) für erwerbsunfähige Angehörige, be sonders Mütter und Schwestern, zu sorgen haben. Es be darf keiner Ausführung, daß die Junggesellen ein uuenvlich sorgens»eiercs Leben führen, als die Familienväter. Der ganze Haushalt, Wohnung, Kleider, Schuhe, Alles kostet bei Familienvätern viel mehr; sie haben große Arztrechnungen, müssen Schulgeld bezahlen, jede Erholung, die sie sich be reiten, z. B. eine Reise, kostet das Vielfache von dem, was der Junggeselle braucht; dazu kommen noch andere »sorgen, z. B. der fiele Aerger mit der Schule, die Roth für das Fortkommen, die Berufswahl der Kinder rc. Es ist ja unerhört, daß die Be steuerung bis jetzt hierauf keine Rücksicht genommen hat, sehr erfreulich ist der erste schwache Ansatz, deu der jüngste Steuerbeschluß der Kammer in dieser Hinsicht gemacht hat. Mil dem Wohnunzsgeld sollte sie forlfahren, indem daS Wohnungsgeld Junggesellen nicht gegeben wird. Gewiß wäre das etwas Neues, den bisherigen Besoldungs-Grund sätzen Widersprechendes, aber daS darf lein Hinderniß sein. DaS sachlich Berechtigte muß über formale Hindernisse siegen. Die hierbei ersparten Beträge würden für die nächste Periode der ungünstigen Finanzlage eben einfach erspart, später könnte man aus ihnen einen besonderen Fonds bilden, der dem Ministerium für besondere Nolhstände zur Verfügung stände. Will man vorläufig auch noch an einer anderen Stelle sparen, so könnte bas geschehen bei den Geballsätzen über 90v0 Man treffe die Bestimmung, daß WohnungSgeld nur so weit gewährt wird, als Gehalt uud Wohnungs geld zusammen 9000 nicht überschreiten. Es würde mithin allen Beamten, bei denen diese Summe unter 9000 bliebe, oder diesen Betrag erreichte, das WobnungS geld voll zu bewillgen sein, allen, bei denen diese Summe überichritten würbe, daö WohnungSgeld nur bis zur Er füllung von 9000 während die Beamten, die 9000 .6 oder darüb-r Gehald. haben, überhaupt kein WohnungSgeld erhielten. Man könnte statt 9000 auch 10 000 sagen, aber unter 9000 dürfte man nicht gehen; denn gerade bei den hier betroffenen mittleren Beamten ist die Wohnungs frage eine besonders schwierige, sind die Ansprüche bei Er ziehung der Kinder u. s. w. besonders groß. Es muß eben ausgesprochen werden, daß eine bestimmte social gleichftebende Beanilenschicht, z. B. die studirten, bei zur Zeil sehr ver schiedenen Gebaltfätzen thatsächlich ungefähr die gleichen Lebensbedürfnisse zu befriedigen haben. Der Minister oder Gerichtspräsident muß zweifellos mehr repräsentiren unv muß deshalb eine größere Wohnung und mehr Gehalt haben als der Amtsrichter; aber die Röcke, die er trägt, daS Fleisch, Gemüse, Brod, da« seine Familie im täglichen Haushalt braucht, die Schuhe, die seine Kinder zerreißen, das Schulgeld, das er im Gymnasium oder auf der höheren Töchterschule bezahlen muß :c. :c., kosten beim Gerichts präsidenten im Wesentlichen ebensoviel wie beim Amtsrichter. Wie bei der Frage der Junggesellen berühren wir hiermit eine über den vorliegenden Fall hinauSgreifende Frage, auf deren hohe Bedeutung für den GesellschaflS- verkehr social gleichstehender Bevölkerungsschichten wrr vielleicht nochmal zurückkommen. Ausdrücklich betonen wir, daß wir den betreffenden oberen Beamten eine höhere Einnahme als 9000 oder 10 000 vollauf gönnen, später mag ihnen diese zufallen, aber eS bandelt sich hier darum, die Wah- nungSgelbcorlage der Regierung durchzubringen und doch zu sparen, ohne den Zwcck der WohnungSgelver zu gefährden. Dazu scheinen unö unsere Vorschläge besonders geeignet; sie individual,siren so weit das möglich ist. Wir empfehlen sie dringend unteren Abgeordneten zur Erwägung; wir glauben, baß wir damit etwas ausgesprochen Haden, wa« sehr viele denken. Der Krieg in Südafrika. Wie Sa» cauatz fetze T»«tt»,e»t für Südafrika zu Glaube «ekummen «ft. Wenn Premierminister Salisbury und Staatssekretär Nitchic lchthin die „Opferwilligkeit der Brüder jenseits der Meere" priesen, so liefert die nachstehende Mitthnlung unseres Mit arbeiters in Montreal, ck. 6.1. December, eine kleine Illustration zu dieser schönen Phrase: Mit dem dritten Contingrnte ist es eine eigene Sache: Im Frühjahr dieses Jahres erklärte sich unsere Regierung bereit, die Recrutirung von 600 Mann in Canada zu gestatten, aber man merkte wohl in London, daß die Offerte nicht aus freudigem Herzen, sondern „nokia^e, ablixo" wegen kam, und deshalb lehnte London unter dem bekannten Vorwande: wir haben reich lich Truppen, um den Krieg schnell zu beenden, dankend ab; in Ottawa war man sehr zufrieden darüber und war zweifellos der Ansicht, daß eine weitere Anzapfung Canadas nicht mehr statt finden würde. Im Sommer dieses Jahres kain ein englischer Major, Namens Merritt, nach Canada, um sich von den Strapazen des Krieges zu erholen und nebenbei die Schießschule zu besuchen, in Wahrheit war er ein englischer Werbeofficier, der im Ge Heimen junge Canadier zu veranlassen suchte, in englische Dienste zu treten, und in so manchen Fällen auch erfolgreich gewesen ist; unserer Regierung paßte dieses Benehmen ganz und gar nicht, sie stellte sich auf den sehr richtigen Standpunkt, daß kanadische Soldaten nur durch die kanadische Regierung zu Kriegszwecken im Auslande gestellt werden könnten. Bor Kurzem kam eS zu neuen Reibereien zwischen dem Major und unserem Premier, sowie dem Miliz-Minister, und um den unangenehmen Werber kalt zu stellen, wohl auch in Folge dringender Bitten von London aus, entschloß sich die Regierung, ihre Offerte vom Frühjahre zu wiederholen (sie noch nm 300 Mann zu überbieten. D. Red.), aber unter Be dingungen: Das kanadische Milizdepartement besorgt die Aus musterung, die vollständige Ausrüstung, liefert die Pferde, chartert den Dampfer u. s. w., und schickt dann für Alles die Rechnung nach London ein, von wo aus dann die Begleichung der gehabten Auslagen zu erfolgen hat. Canada sendete diese 600 Mann also nicht, wie die beiden ersten Contingente, auf seine, sondern auf Englands Rechnung aus, welcher jeden ausgelegten Cent zu bezahlen hat; zusammen finden wird sich die Truppe wohl bald, und zwar werden in der Hauptsache Cowboys aus den Prairien genommen; was etwa noch fehlen sollte, liefern dann die Abenteurer und Tagediebe. Eine Elitetruppe in moralischer Beziehung und Qualität wird dieses dritte Contingent jedenfalls nicht werden, das gute kana dische Element hält sich davon fern. Das neue Regiment soll in der letzten Decemberwoche von Halifax nach Capstadt abfahren, wo es Ende Januar 1902 ein treffen dürfte. * Pretoria, 17. December. (Telegramm.) In der Nacht auf den 14. December machten die Boeren an zwei Stellen ver. geülich den Bersuch, die Blockhauslinie, die von Standerton nach Middelburg führt, zu überschreiten. * Lantz»«. 18. December. (Telegramm.) Aus Heidelberg drohtet der Berichterstatter der „Daily New«" vom 16. December, e« herrsche dort da« Gefühl, daß der Krieg innerhalb zwei Monate» vorüber sein werd«. (?) DaS Gerücht sei im Umlauf, daß Delarey capitulire» wolle. (?) Gefangene Boeren, die nach Standrrton gebracht wurde», sagen, daß die Feindseligkeiten am 22. December aufhören werden. (Boss. Ztg.) * Lantz»«, 17. December. (Telegramm.) vr. Krause wurde heute vor di« Geschworenen verwiesen, aber gegen Bürg- schäft auf freiem Fuße belassen. Deutsches Reich. -r- Berlin, 13. December. (Nothwcnvige Ver schärfung einer strafgesetzlichen Bestimmung.) In den großen Städten kommt es immer häufiger vor, daß die Feuerwehr muthwiklig mitten in der Nacht von Personen alarmirt wird, die sich daS Vergnügen machen wollen, di« Feuerwehr in vollem Galopp auSrücken zu sehen. Hier handelt eS sich um etwas mehr als um einen schlechten Scherz, 'wie etwa das Auslöschen von Laternen unv dergleichen. Man denke nur daran, daß dir Feuer wehr, die unnütz nach der Straße L. citirt wordcn ist, verspätet eintrifft, wenn gleichzeitig in der Straße U Feuer ausbricht, und daß jede Minute, um die dir Feuerlvehr zu spät bei einem Brand- eintnfft. für das Leben von Menschen verhängnißvoll werden kann. ES handelt sich also nicht nur um einen gtoben Unfug, sondern um eine unter Umständen gemringefäbr liche That. Nach dem bestehenden Gesetze aber kann diese Thal entweder nur gemäß 8 360 Nr. 11 drS Reichs-Strafgesetzbuches als grober Unfug bestraft werden — und dann ist nur ein kurz« Haftstrafe möglich —, oder aber gemäß H 303 des Reichs - Strafgesetzbuches als Sachbeschädigung, weil die Alarmirunz der Feuerwehr de. Regel nach dadurch erfolgt, daß die Scheib oes Feuermelders eingrschlagen wird. Sieht man die That als Sachbeschädigung an, so ist ja allerdings eine strenge« Strafe möglich, aber diese: Umweg erschein! der Justiz wicht würdig Denn es liegt alsdann allerdings eine Bestrafung auf Umwegen vor, da ja die Sachbeschädigung so zu sagen nur eine Begleit crschcinung der Tliat ist. denn dem Thäter kommt eS nicht darauf an, daß eine Scheibe zerschlagen wird — und für die schlimmen Folgen der That ist ja auch dies Zerschlagen der Scheibe an sich ganz gleichgiltig —, sondern darauf, daß die Feuerwehr alar- inirt wird. Wer einen Geldschrank erbricht und ausraubt, wird ja auch nicht der Beschädigung des Geldschrants ivegen, sondern für den schweren Diebstahl bestraft. Die subjektive Nichts würdigkeit der zwecklosen Alarmirung der Feuerwehr und die objektive Möglichkeit schlimmer Folgen dieser That würden cs durchaus rechtfertigen, wenn das Delikt dem 27. Abschnitte des Reichs-Strafgesetzbuches, der von den gemeingefähr lichen Vergehen handelt, eingcfügt würde. Dieser Abschnitt trifft bereits ein in vielfacher Beziehung ganz ähnliches Ver gehen. 8 317 lautet: „Wrr gegen eine zu öffentlichen Zwecken dienend: Telegraphenanstalt vorsätzlich Handlungen begeht welche die Benutzung dieser Anstalt verhindern oder stören, wird mit Ge fängniß von 1 Monat bis zu 3 Jahren bestraft." Man könnte sagen, daß die Benutzung der Feuerwehr ja nur für AuSnahme- fällc vorgesehen sei, während die Telegrophrnanstalt einem regel mäßigen öffentlichen Interesse fortdauernd diene; dafür ist aber die Möglichkeit der Benutzung der Feuerwehr in diesen Aus- nahmefällen, d. h. bei Bränden, desto wichtiger. Wird also diese Möglichkeit der Benutzung durch eine vorsätzlich« widerrechtliche Handlung verhindert oder gestört, so sollte das Strafgesetz einer so eminent wichtigen Wohlfahrtseinrichtung, wie dir Feuerwehr, doch denselben Strafschntz einräumen, wir den Telegraphen anstalten; cs wäre ein Leichtes, entweder an den fj 317 einen ganz ähnlich klingenden jj 317» anzuhängen, oder noch einfacher, in den 8 317 hinter dem Worte „Telegraphenanstalt" die Worte ein zufügen „oder gegen dem Feuerschutze dienende Einrichtungen". Wenn erst einige Male energische Strafen gegen die nichts würdigen Gesellen, die di« ohnehin übergroße und strapaziöse Arbeitsthätigkeit der Feuerwehr unnütz vermehren und Leben und Eigenthum ihrer Mitmenschen unter Umständen dadurch gefährden, verhängt worden wären, so würden solche Menschen ihren überschüssigen Thatendrang in Zukunft doch lieber etwas harmloseren Scherzen zuwenden. * Verttu, 18. December. Kaiser, Kanzler und Zolltarif. Unter Vieser Ueberschrift veröffentlicht die „Südb. NeickS - Corr." die folgende, ihm von hier au« zu gegangene Erklärung, „über deren Herkunft Niemand in Zweifel sein kann": Der Bersuch de« socialdeniokratiicheu Abgeordneten Singer» «in im „ReichSanzelger" als erlogen bezeichnetes „ Kaiser« ort" noch weiter gegen die Tarisvorlage der verbündeten Regierungen ouSzuspielen, wird vereinzelt auch von den Gegnern drS Entwurfs lm bürger lichen Lager ausgenommen. An sich ist ja diese gespannte Aufmerksam« kett, die der Radikalismus den Aeußerungen de» Reichsoberhaupte« widmet, erfreulich al» eine wenn auch widerwillige .Huldigung für die Machtstellung der Krone. Nur sollten die demokratischen Herolde, die eS sür ihr.Geschäft halten, laut und weit in« Land zu rufen, was sie al» Meinung de« .Herrschers erkundet zu haben glauben, an der Thatsache nicht vorilberschleichen, daß daS Dementi deS „RrichSanzeigerS" auch ein Kaisrrwort ist, an dem sich nicht drehen und deuteln läßt. Gerade dieser Kundgebung kommt die Bedeutung zu, die man sür die unter da» Dementi fallenden angeblichen früheren Aeußerungen noch immer erkünsteln will. Politisch wiegt die Erklärung im „ReichSauzeiger", über deren Herkunft Niemand im Zweifel sein kann, uover- Feeeilletsn Pflichteifrig und verdrießlich, das war Frau Michel auch, und deshalb hetzte sie zum Doctor, rannte in die Apotheke, lief ihren Milchgang ab, versorgte ihre Vor- und Nachmittags-Auf wartung mit Extraweihnachtsrummel, und würde dann zu Hau^e auch noch Jettens Arbeit thun. Sie that es, natürlich; aber inwendig maulte sie dabei und auswendig sah sie aus, wie schlecht Wetter. Ihre Kunden nann ten sie dos Brummeisen und heute glich sie einem Sturmwind, so flogen ihr die Thüren aus den Händen. „Hören Sie mal, wenn Sie keine bessre Lebensart haben, muß ich mich nach einer andern Milchfrau umsehrn", donnerte der alte Käsebier hinter ihr drein. Sie war schon wieder ein« Treppe höher; dort warteten ihrer zwei kleine Menschenkinder: das Mädchen, kaum fünf alt, hielt den Milchtopf bereit, der dreijährige Bruder hatte In jeder Hand einen Groschen. - Beide horchten auf das Donnerwetter im unteren Stock; sonst fühlten sie eine scheue Ehrfurcht vor der grämlichen Frau, Käsebier's Schellen rückte sie ihnen näher, und die kleine Blonde flüsterte tröstend: „Mach Dir nichts draus, Milchfrau, er zankt immer ein bischen." „S—s—simpft sehr", sagte der braune Bub und hob den winzigen Zeigefinger bedenklich in die Höhe. „Aber thut nichts, Milchfrau", tröstete der Blondkopf wieder, mit -beiden Händen den Milchtopf hoch reckend, worauf der Junge mit Trompetenstimme einfiel: „Un heute iS Weihnachten!* Al» sich aber Frau Michel's Gesicht auch bei diesem guten Trost nicht aufhellt«, da brückte die blonde Aenne ihren Tops fest ans Herz und fragte mitleidig: „Du bist wohl krank, arme Milchfrau?" Die Rede von Weihnachten, das Schnapsanqebot auf der Sasse, das Schelten Käsebier's hatte die Frau kaum gehört vor Taro der Hund unten an em feinen Wagen, wo Du die Milsch raus holst?" Das Jemand ihren Wagen fein fand, that Frau Michel wohl; ihr Gesicht wurde viel freundlicher und sah lange nicht mehr so „krank" aus. Aenne lachte fröhlich aus. „Nich wahr, Weihnachten bist Du ganz gesund, sonst mußt Du im Bette liegen, wenn'» Christkind kommt." Die Milchfrau seufzte tief auf. Eben war sie beinah frol gewesen, beim Anblick der niedlichen Kinder, die sie bisher jeden Morgen gesehen und doch nicht gesehen hatte, und nun kam ihr ganzes graues, verdrießliches Elend aufs Neue über sie, ihr sechzig Jahre altes Elend. Das Gesicht verfiel wieder, während sie vor sich hin sagic: „Zu mir kiim eben das Christkind — nee! Das geht bei andre Leute. Aber der Mann liegt im Bette und schafft nichts, nn Klinkert'S Jette krächzt auf'n Kannapee, un die Kinder ssn weg, un würgen sich fer sich alleine durch, un Karo hust'i, un ich muß fer Alles stehn, nn da habe ich gerade nur die Miethe zusammen, nich mal zu em Pfefferkuchen rcicht's, nre, nich mal zu em Pfefferkuchen." Ah — da Halle sie sich das Herz frei geklagt. Das thai gui. Aas sie vor keinem Erwachsenen heraus gekriegt hätte, den WeihnachtSaugen der Kinder gegenüber ging es ihr ganz glatt von den Lippen. Nock ein tiefer Athemzug, dann hob sie ihre Kanne auf und sagte beinah vergnügt: „Na, nu muß ich «mal weiter. Guten Morgen auch." DaS Pärchen aver starrte entsetzt hinter ihr Drein, Aenne drückte den Milchtops ans Herz uns wußte nichts von ihm, Knirps streckte den winzigen Zeigefinger in die Luft und rief: „Aber Tristtinv, Du darf« doch tein verisssen'." Weihnachtswunder. Sin Seschichtchen von Luis« Glaß. sc.» -ruck v^beten. Di« Milchfrau rannte in bodenloser Laune ihren Weg ab. DaS Wetter war „nioderträHkig", ihr alter Hund, an dem man Anatomie studiren konnte, zitterte und hustet«, und der kleine Wagen, der ihre Kannen trug, klapperte so beängstigend mit seinem nothdürftig geflickten Rad, daß Frau Michel langsam fahren mußte, gerade heute, wo es recht schnell gehen sollte. So grau, grämlich, ingrimmig und verfroren sah sie auS, daß ihr der Straßenkehrer, sein Fläschchen schwenkend, zurief: „Sie! hotde Milchmadame! lassen S« sich enne Buttel Trost einsamkeit zu Weihnachten schenken, da» macht lustig." Ein verächtlicher Blick belohnte die gutgemeinte Anknüpfung; ehe er seinen Tröster wieder eingesteckt hatte, rannte sie schon die nächste Treppe hinauf und mault« mit-Gott und der Welt. Mußte gerade ihr Mann mit dem Reißmatismu» geplagt sein, der allemal kam, wenn ander« vfenputzrr alle Hände voll zu (bun hatten? Mußte gerade KLinlert's Jette, wa« ihre Ab- miethevin war, die zur Hälfte in Hauiarbejt bezahlte, zu Weih- nachten die Faukenzia kriegen? Sine Krankheit, an die Frau Michel niemals glaubte, weil sie selber sich ihr Lebtag, trotz mancherlei Schmerz und Elendgefühl doch immer weiter ge schleppt hatte; wie ihr Hund, der mkt hochqehobrnen Pfoten pflichteifrig durch den Schneematsch patschte und seinen Karren bi« zum letzten Athemzug zerren würde. grämlichen Sorgengedanken; die Frage nach ihrer Gesundheit weckte sie aus; sie starrte das Kind an wie ein Meerwunder. Danach hatte sie noch Niemand gefragt, so »veit sie zurück denken konnte. Nicht der Vater, der wrnig zu Hause und meist übler Laune war, nicht di« Stiefmutter, die genug mit ihren eigenen Kindern zu thun hatte, nicht dir alte Madame, der st« fünfzehn Jahre diente, bis sie ihr nab« der Neunzig lvegstard; nicht ihr Mann, den sie damals heiratyete und der es schändlich fand, daß ihr die Tobte nicht ein paar Tausend hinterließ. Ader anfangs beneidete die alte kränkliche Madame di« Magd um khrer Gesundheit willen, und später schlies ihr allgemach alles Denken ein, bi« sich auch die Augen schlossen — und wer nichts hat, kann nichts vererben. Nun gespart hatte sich daS Mädchen in Den fünfzehn Jahren doch etwa»; damit wurde der Hausstand gegründet. Der Mann war Maurer: heute verdiente er viel, morgen letzte ihn der Frost lahm; später besorgte das Reihen das noch gründlicher. Frau Michel machte die Aufwartung, zog ihre Kinder auf, sorgte und schaffte für sie, di« ihr eins noch dem andern au» den Händen wuchs, um sein eigene« Leben zu leben. Nein, es hatte ste noch Niemand gefragt, ob sie krank sei. Die Frau starrte da» Pärchen an, al» sähe sie eS zum ersten Mal; die blauen Augen schalsten mitleidig hinter dunklen Wim pern hervor, und der schwarzbraun« Junge blickte st« an, wie da« Christkind in ihrem alten Kalender. Der war schon dreißig Jahr alt, aber da« Bild fiel ihr ein und »pich nicht wieder von ihr. „Ich wer' wohl nich krank sein, 'S is nur so e Wetter — Karo friert auch", antwortete sie stotternd, nnd dabei war ihr, als müsse sie sich halb todt schämen. „Is Taro Dein Hund?" fragte Pauletnirps eifrig. „Is
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