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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 21.05.1902
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1902-05-21
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-19020521012
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1902052101
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1902052101
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1902
- Monat1902-05
- Tag1902-05-21
- Monat1902-05
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Amtsölatt des Köinglichen Land- und Amtsgerichtes Leipzig, des Aatljes «nd Nottzei-Ämtes der Ltadt Leipzig. Anzeige«. Preis die ögespaltene PetitzeUe SS Necla men »»ter dem «edaeNonsstrich l4 gespalten) 75 vor de» Familtennach- richte« («gespalten) SO -9». Tabellarischer und Ziffenisatz entsprechend HSH»r. — «ebühren für Vtachweisungeu und Offertrnaunahme L5 (excl. Porto). Extra-vetlagrn (gefalzt), »»r mit der Moraeu-AuZgabr, oh«« Poftbestrdernng SO.—, mit Postbesärdermlg 70^—» Iiunahmeschlnß für Anzeigen: Ahe»d-A»»gaber vormittag» 1V Uhr. Vtorg«»-Au»gab«: Nachmittag« L Uhr. Anzeige» stad stet« aa di« Expedition za richte». Die Expedition ist Wochentag» anaaterbrochen g-äffart von früh S bi» Abead» 7 Uhr. Druck und Verlag voa L. Polz ta Leipzig. Nr. 252. Mittwoch den 21. Mai 1902. 98. Jahrgang. Vie Petersburger Krise des Präsidenten Loubet. V. 8. Das Oberhaupt der französischen Republik ist gestern in Petersburg eingetrvffcn, um dem Zaren Nico- laus seinen Gegenbesuch abzustatten. Bon dieser Reise ist schon lange die Rede gewesen. Sie fordert die öffentliche Aufmerksamkeit nicht in derselben Weise heraus, wie seiner Zeit, als Felix Kau re als erster Präsident eines demokratischen Staats wesens dem Zaren in Petersburg seine Aufwartung machte; aber sie ist gleichwohl der deutliche Ausdruck der Vundesgcnvssenschaft Rußlands und der französischen Re publik, die seit Jahren ciueu merkbaren Einfluß auf die europäische und die orientalische Politik auslibt. Man braucht die Fahrt des Präsidenten Loubet nicht zu über schären, aber sie bleist ta jcum Falle ein wichtiges diplo matisches Ereigniß, das wahrscheinlich verschiedene bedeut same Folgen nach sich ziehen wird. Als Rußland und Frankreich den Zweibunb schlossen, richtete sich seine Spitze dtrect gegen Deutschland und die mit ihm verbündeten Mächte. Seitdem sind viele Jahre verflossen nnd die gcsammtc Politik hat sich geändert. In Frankreich mußte man bald erkennen, daß die Peters burger Staatsmänner für den Rachekrieg gegen Deutsch land nicht ohne Weiteres zu haben waren, und Rußland selbst begann sein Augenmerk mehr und mehr nach Asien zu richten, wo ein Zusammenstoß mit Großbritannien, aber nicht mit Deutschland, zu erwarten steht. Mit der Zeit ge wann unter den maßgebenden Kreisen der Republik soweit die Besonnenheit die Oberhand, daß man die „Wtcdercr- oberung Elsatz-Lothringens" zurückstellte und sich seiner Interessen am Mittelländischen Meere und im südlichen China erinnerte, ivo gute Dienste vom Zarenreiche er wartet werden konnten. Auf diese Weise hat sich der Charakter -cs Zweibundcs geändert, und aus einer Coalt- tion, die -en Frieden Europas bedrohte, ist allmählich eine Staatengruvpc geworden, deren wesentlichster Zweck in der Erweiterung ihrer Machtsphäre in tropischen Ländern be steht. Die augenblickliche Weltlage bringt es mit sich, daß vor Allem dieZuständc im fernen Osten Gegenstand derBer- Handlung -wischen -er russischen und der französischen Di plomatie bei Gelegenheit der Anwesenheit des Präsidenten Loubet an der Newa bilden werden. Dort hat sich im Laufe der letzten Monate Verschiedenes ereignet, was Rußland und Frankreich nahe berührt. Zu Beginn dieses Jahres schlossen England und Japan ihren bekannten Vertrag, durch dcu sic sich verpflichten, China vor fremden Ein griffen zu schützen: gleich darauf fand die Veröffentlichung der russisch-französischen Vereinbarung statt, wclche„Chinas Unverletzlichkeit ebenfalls gewährleistete", aber gleichzeitig Stellung gegen fremde Mächte nimmt, die den Interessen beider Staaten entgegen treten. Dann wurde die Welt mit der endlichen Unterzeichnung -es Mandschurei-Ver trages überrascht, der Anfangs eine Niederlage Rußlands schien, bis man erkannte, daß die verschiedenen Clauseln der -arischen Diplomatie weitgehende Möglichkeiten boten und sie nach wie vor als Herren des umstrittenen Ge bietes beließen. Die Verwirklichung -eü Mandschurei-Ver trages wurde aber offenbar der Ausgangspunkt zu anderen Actionen. Rußland versucht neuerdings Korea zu be wegen, ihm die Anlage einer Telcgraphenlinie nach der Mandschurei über Nitsjn zu gestatten, wovon man in Söul nichts wissen will, und gleichzeitig hat England mit der chinesischen Regierung zwei Abkommen geschlossen, die einerseits die Eisenbahn Pckiug-Schanhaikwan, anderer seits die Strecken Tungtschon-Taugschau, Tientsin-Pao- tigfou und Peking-Kalgan betreffen, bedeutende Zuge ständnisse für die Briten enthalten und dcu Widerspruch -er -arischen Regierung herausfordern. Wir sehen mithin eine scharfe Zuspitzung des russisch- englischcn Gegensatzes in Asien, dessen Ausbruch vorläufig vermieden worden ist, der aber stets zu unerwarteten Con- flicten führen kann. Es kann wohl keinem Zweifel unter liegen, -aß die erwähnten Ereignisse von den russischen und den französischen Staatsmännern bei Gelegenheit dcS Auf enthaltes Lonbct's an der Newa eine ernste Behandlung erfahren werden. Der russische Gesandte hat bekanntlich bet der chinesischen Negierung gegen die Vereinbarung mit England protestirt und gedroht, daß die Truppen aus der Mandschurei nicht zurückgezogen werden würden, falls das Abkommen mit England seine Kraft behalten sollte. Man sucht in Petersburg mit allen Mitteln einem Zusammenstoß mit England vorzubcngen, aber die gegenwärtige Entwickelung würde cs doch erklärlich machen, wenn man sich zu schärfc- ren Mitteln entschlösse und das Nähere jetzt mit den fran zösischen Freunden verabredete. Hierbei spielen freilich die russischen Interessen die ausschlaggebende Rolle. Jnbeß ist Frankreich seinerseits im südlichen China stark bcthetligt und die Dinge in Siam erfordern ebenfalls die Aufmerk, samkeit der Republik mehr als zuvor. SS darf daher als sicher angenommen werden, daß Loubet etwaigen Wünschen des Zarenreiches, gegen England Front zu machen, nicht nur keinen Widerstand entgegensetzen, sondern sie nach Möglichkeit begünstigen wird. Die Lage auf der B a l k a n h a l b insel dürfte ebenfalls Gelegenheit zur Aussprache zwischen den beiderseitigen Slaatsmännern geben. ES erregte vor einigen Wochen all- gemeines Aufsehen, daß der bulgarische Ministerpräsident nach längerem Aufenthalte in Petersburg sich nach Paris begab und dort wiederholt Zusammenkünfte mit den leiten den Persönlichkeiten batte. Es hieß allerdings, man habe nur über eine Anleihe verhandelt, deren Bulgarien in hohem Matze bedürftig ist. Wir wollen die Geldnoth des Fürstenthums keineswegs bestreiten, aber deswegen allein dürfte der leitende Staatsmann sich doch nicht so lange im AuSlandc aufhalten nnd mit den Staatsoberhäuptern Un- Ministern zweier Staaten eingehend confertren. Die Reise Dancw's stand jedenfalls mit dcu ehrgeizigen Plänen in Verbindung, welche seit Langem Fürst und Volk in Bul garien verfolgen. Bulgarien, Serbien, die makedonische und die kretische Frage erfordern überhaupt in ihrem gegenwärtigen Zu ¬ stande die AuAsprachc russischer und französischer Staats- männer, deren Länder am Balkan eine Reihe wichtiger Interessen besitzen und die bei Ausbrüchen in erster Linie in Mitleidenschaft gezogen werden. Zieht man alle Möglichkeiten aus der Reise des Präsi- deuten Loubet in Erwägung, so crgiebt sich für Deutsch land kein Grund zur Unruhe. Daß der Besuch über kurz oder lang erfolgen mutzte, war ohnehin klar. Und wie die Dinge liegen, wird man in Petersburg während der Ver handlungen schwerlich länger bei Elsaß-Lothringen ver weilen, sondern sich den Vorgängen im nahen nnd fernen Osten zuwcnden. Die aber berühren in erster Linie Groß- britannien. Sollte der Aufenthalt des Präsidenten Loubet an der Newa wichtige Entscheidungen zeitigen, so würden dieselben das Vorgehen gegen England berühren. In den Streit des Zweibundes mit den beiden Seemächten in Asten und Europa hätte Deutschland aber vorläufig keinen An laß. sich einzumischen. Der Krieg in Südafrika. Die SrtttzenSverhandlnnge». * Landon. IS. Mai. Ein Johoniierburger Telegramm besagt, Alle» deute den Frieden-schluß al» Ergebniß der voraussichtlich laugen Berathungen iu Berreutgiug an. ES sei nicht un wahrscheinlich, daß die Bauen versucheu werden, günstigere Be dingungen zu erlangen. Wenn so, sei Üitchenrr angewiesen, die Unterhandlungen sofort abzubrechen und den Feldzug unverzüglich wieder auszunehmrn. — Sin« Depesche der „Morning Post" meldet, di« erste Sitzung in Bereeniging zeigt«, daß die Jrieden-partei die Oberhand im Boerenlager habe. * London, 20. Mai. (Telegramm.) In hiesigen Regierungs kreisen verlautet, da» bisherige Ergebnlß der Berathung der Ber- «entging sei für England unannehmbar. Der vollständige Stillstand oder Abbruch wird bestimmt befürchtet. Die Hoffnung-- volle Stimmung ist gänzlich umgeschlagen. (Magdeb. Ztg.) Amtliche voere«,Rapporte. (Schluß.) General SmutS fährt in seinem dem Präsidenten Krüger erstatteten Berichte fort: 4) Als auch die Mißhandlung der Krauen und Kinder keine andere Wirkung auf die Boeren hatte, als daß sie noch hartnäckiger kämpften und noch treuer ausharrten in ihrem gerechten Kampfe, wurde vom Feinde ein noch ver- hängnißvollcres Mittel gewählt, uns zu bekämpfen: ich meine die Bewaffnung und die Verwendung bewaffneter Natureller. E. H. E. werden sich noch erinnern können, mit welch hochmüthtgcr Mißachtung Lord Roberts unsere Proteste gegen die Bewaffnung des Ltnchwec-Stammcs und die greulichen Morde zu Derdepvrt und anderswo an der Wcstgrenze tm Anfang des Krieges behandelte. Seinem Beispiel ist jedoch sein Nachfolger getreulich gefolgt. Als zu Beginn des Winters IllOl der Feind nordwärts vor rückte und Nylstroom und Pietersburg einnahm, ließ er die Kaffernhäuptlittgc von Waterberg und Zoutpansberg aufsuchcn, gab ihnen Geschenke und Waffen, und knrz darauf folgten plötzlich die scheußlichsten Morde an Frauen und Kindern und Greisen seit den Tagen von Dtngaan und Moselekaye. Ich bedauere, daß ich die Rapporte des Gene rals BeuerS darüber nicht vor mir habe und deshalb nicht in der Lage bin, mit Einzelheiten zu dienen, aber die fol genden sind gräßlich genug. Zur selben Zeit wurden etwa 72 Krauen und Kinder in Swasiland htngcmordet, die vor den Colonnen und Mordbandcn des Generals Jrench aus dem Hooge Veld dahin geflohen waren. Es ist auffallend, daß diese Mord- und Misscthatcn von Kaffernstämmen ver übt wurden, die uns bis zu diesem Zeitpunkt günstig ge sinnt waren, aber von Sendlingen des Feindes dazu auf gestachelt worden waren. In Znlnland haben sich ähnliche Morde ereignet, glücklicher Weise jedoch in geringerem Um fang. Auch Sekukuni'S Volk ist aufgestandcn, vom Feinde gehetzt. Ich glaube, daß Gcneraleommandant Louis Botha noch im Besitze aufgcfangencr Berichte ist, aus denen hervorgebt, baß diese Unthaten mit Vorwitzen der Agenten der britischen Regierung verübt wurden. Soviel mir bekannt ist, ist Koos Mamogalic der einzige Kaffernhäuptltng in der S.-A. R., der der Nöthigung dcS Feindes zu widerstehen gewußt hat nnd neutral geblieben ist nnd, wie E. H. E. wissen, ist er anch eines der tüchtigsten «nd gescheibtesten Kaffcrnhäupter in der Republik. Als eine Folge seiner Neutralität und sicher auch als eine Lection für die Andern ist cS anznsehen, daß sein Stamm vom Feinde des Landes verwiesen worden ist. Die vielen Tausende von Kaffern, die mehr oder minder ctvtlisirt unter den Boeren auf ihren Gütern wohnten nnd die sich durchgehends sehr ruhig zeigten, sind nahezu alle vom Feinde gefangen genommen und mit ihren Familien in die Flüchtlingslager geschleppt worden. Was dort aus ihnen wird, ist uns von vielen Kaffern, die vom Feinde desertirt sind, berichtet worden. Sobald sie in den Camps ankommen, erklärt man ihnen, daß sic, wenn sie nicht Kriegsdienst thun wollten, keine Verpflegung er halten, und so werden sie in großer Zahl in den soldatischen Dienst des Feindes getrieben. In -er Capcolonic wieder wird den unwissenden Farbigen erzählt, daß, falls die Boeren siegten, die Sc la« verei wieder in der Capcolonic cingcführt nnd die Farbigen von den grausamen Boeren vor Wagen und Pflüge gespannt würden, um sie zu ziehen. Nm dieser Be hauptung noch größeren Nachdruck zu verleihen, wird ihnen weiter versprochen, daß sie, wenn sic sich ««schlössen, Eigenthümer der Güter der Boeren werden sollten und die Boeren dann bet ihnen arbeiten müßten nnd sie sich nut Boercnfrauen verheirathcn könnten. Ueberall werden ent- setzliche Beispiele für die Grausamkeit der Boeren den Farbigen gegenüber verbreitet. Durch Furcht nnd Be gehrlichkeit werden also anch in ber Capcolvnie Tausende von Farbigen bewafsnet und in den militärischen Dienst genommen. Die meisten feindlichen Colonnen in der Cap- cvlonie und im Oranje-Freistaat umfassen einen ansehn lichen Procentsatz bewaffneter Farbigen, die überall daran sind, die frtcdfame weiße Bevölkerung zu bedrohen und durch ihr Prahlen und Großsprechen die größte Sorge für die Zukunft der weißen Bevölkerung in Südafrika ein flößen. Der Feind fühlt selbst Scham über die Nvthwendigkeit, die ihn, trotz seiner behaupteten erdrückenden Ucbermacht, nichtsdestoweniger zwingt, sich solcher Hilfe zu bedienen. Darum wird anch von den Militärs und der britischen Regierung vfficiell geleugnet, daß Farbige bewafsnet wor den sind oder fechten, aber E. H. E. können Obenstchendes als die Wahrheit betrachten. Es ist klar, daß der Feind unzweifelhaft einen großen Bortheil für sich hat bei der Verwendung von Einge borenen und Farbigen. Es macht den Krieg für ihn be deutend wohlfeiler und erträglicher für seinen nicht uner schöpflichen Staatsschatz, da diese unerfahrenen Leute mit Versprechungen nnd schönen Worten statt mit Geld ent lohnt werden. Auch brauchen ihre Gefallenen und Ver wundeten nicht vermeldet zu werden, und dadurch wird der unangenehme Eindruck der Angaben über „Casualties" in England vermieden. Weiter sind sie, trotz ihrer großen Schlappherzigkeit, zuweilen außerordentlich tüchtige Kund schafter nnd Spione, Aufgaben, für die die Briten beinahe vollständig unbrauchbar sind. Aber dieser Bortheil ist nur äußerlich und wird bei Weitem übertroffen von dem Nachtheil, der mit der Ver wendung von Farbigen für militärische Zwecke verbunden ist. Meiner Meinung nach ist die Verwendung bewaffneter Farbiger im Kampfe gegen die Boeren die vcrhängnißvvllste Maßregel für den Feind im gegenwärtigen Kriege: mit ihr hat er einen Schritt gethan, der mit der Zeit zu seinem un abwendbaren Untergänge in ganz Südafrika führen muß. Wie die Bewaffnung der Katrivter-Bastards und anderer Farbiger in der alten Zeit mit den damit ver bundenen liebeln die Noortrckker ans der Capcolonic ver- trieb, und so die Ursache wurde für die Gründung der Süd afrikanischen Republiken, so wird diese unbesonnene Maß regel noch die Ursache des Verlustes der Capcolonic für England werden. Der Feind sagt, daß die Afrikaner keinen Grund zur Klage haben: hier ist eine Wunde, die bis auf den tiefsten Grund des socialen Lebens nnd des Volks bestandes frißt: eine Wunde, die eine erschreckliche Sorge für die Zukunft wachruft, eine Wunde, die das ungeheuer lichste Verbrechen verkörpert, das jemals an der weißen Nasse in Südafrika begangen werden kann. Tas sind keine Phrasen: ich habe nahezu die ganze Capcolvnie durch quert und habe gesehen, welch' tiefen Eindruck der Anblick bewaffneter Farbiger in den englischen Colonnen ans die Gcmüther der englischen wie der Afrikander-Colonisten gemacht hat. Hat die Gesangcnsetznng der Bocrcnfranen und Kinder die Boeren in den Stand gesetzt, den Krieg unbehindert fortzusetzen bis zu seinem natürlichen Ende, die Ver wendung bewaffneter Farbiger durch den Feind ist eine noch verhängnißvollcrc Maßregel, nnd wird über das Schicksal der Capcolonic sowohl wie der Republiken ent scheiden. Ucbcr einen Gegenstand, wie der vorliegende, ist cs jedoch nnttöthig, E. H. E. weiterhin ausführlich zu be richten. 5. Ich habe nun angedcutet, wie der Feind in der blinden Wuth seiner Ohnmacht, den Krieg zu Ende zn bringen, stets mehr nnd mehr zu ungesetzlichen, ungerechten und unsittlichen Mitteln der Kriegführung seine Zuflucht nimmt. Das Kriegsrccht läßt ja unter gewissen Umständen die Anwendung besonderer Maßregeln zu, aber auch dann nur aus dem Grunde, -atz cs absolut nvthwcndig ist, weiterem Blutvergießen ein schnelles Ende zn bereiten. Aber auch dieser Schein von Recht entfällt dem Feinde, da, wie bereits angedcutet, die von ihm ergriffenen nn- menschlichcn und ungesetzlichen Maßregeln gerade dazu bestimmt sind, den Krieg zu verlängern und ein ihm vor- theilhaftes Ende zn verhindern. Statt nachzngcbcn, Wir er stets rathloscr und ruchloser und nimmt er stets mehr seine Zuflucht zn ungeheuerlichem Unrecht und Gesetztusig- kett. So ist eine Proclamativn veröffentlicht worden, worin Bocrcnofficterc mit der Todesstrafe bedroht werden, wenn einer ihrer Leute eine Misscthat begeht; so ist noch eine andere Proclamatton anSgefertigt worden, nach der Boeren, die Khaki oder gelbfarbigc Kleider tragen, in summarischem Verfahren erschossen werden, obwohl Tausende unserer Bnrghers vom ersten Tage des Krieges an derartige Kleider trugen, nnd ich nicht weiß, wie die Militärbehörden des Feindes nun ein Monopol ans diese Farbe erhalten haben. Und auf Grnud dieser Procla mativn sind bereits viele unserer tapfersten und besten Bürger kaltblütig ermordet worden. Dann existirt wieder ein« Proclamativn, der zufolge die Officicrc verbannt werden und alles Eigenthnm der fechtenden Bnrghers con- fiscirt wird, eine Maßregel, die in ihrer groben Mißachtung des internationalen Rechts gerade von dem Volke bestimmt wir-, das jederzeit als der hochherzigste Benrthciler der Sitten und Thaten anderer Völker ausgetreten ist. Da sic von den Boeren mit gleichgiltiger Verachtung ausgenommen worden ist, werde ich weiter darüber kein Wort verlieren, und E. H. E. Aufmerksamkeit allein auf die kräftige Antwort lenken, zu der sic E. H. E. den Staats präsidenten Steijn veranlaßt hat.*) Da der Feind von solchem Geiste beseelt ist, werden eS E. H. E. leicht begreifen, daß der Krieg stets mehr und mehr ausartct in Grausamkeit und gesetzlose Unmcnschlichkeit. Bnrghers, die in Gefangenschaft gerathcn, werden unter allerhand Vorwänden, tm Widerstreit mit dem Recht lin der Wahrheit, zu entehrenden Strafen vernrtheilt nnd sogar erschossen und gehenkt. Sie werden Missctstaten be schuldigt, nm die sic nicht das Geringste wissen, und, da sic natürlich ohne Zeugen sind, werden sie vcrurtheilt und kalt blütig nmgcbracht. Ter Eine wird erschossen, weil er ein Haus nicdcrgebrannt oder eine Eiscnbahnbrückc in die Luft gesprengt haben soll — Tbatcn, die natürlich recht mäßig und gesetzlich waren, wenn sie vom Feind in den Republiken verübt wurden, aber dann ungesetzlich, wenn sie von den Republiken in den Colonien vollführt wurden. Ein Anderer wieder wird gehenkt, weil er auf Befehl *) Es ist dies ein flammender Brief, dd. Id. August 1001, als Antwort auf die angczogene Proklamation und das Begleit schreiben Kitchcncr'» vom 6. August 1901. seiner Offiriere einen Kaffernspion, der auf Schleichwegen innerhalb unserer Linien sptontrtc, niedergcschossen hat. In vielen Fällen sind unsere Tobten ans den Schlachtfeldern späterhin von uns gefunden oder anch ausgegraben wor den, in einem Zustand grauenhafter Verstümmelung, oie Beine und Arme gebrochen, mit eingeschlagencm Kopf ?e. Diese Unthaten wurden von bewaffneten Eingeborenen, den Bundesgenossen des Feindes, verübt. Nur ein paar Wochen ist cs her, daß ein gefangener Boer, nachdem man ihn auf eine gewisse Entfernung hinausgeseyt hatte, von einem britischen Soldaten kaltblütig von hinten schwer verwundet wurde. Da seine Wächter annahmcn, daß er lodt sei. ließen sie ihn liegen, nnd er starb erst sechs Tage daraus, nachdem ich seine Erklärung entgegengenommen hatte, lieber viele dieser nnd ähnlicher Fälle habe ich beeidigte Er klärungen ausgenommen. Ich habe keine Zeit, E. H. E. Alles mitzuthctlen. Der Krieg artet allmählich in einen Versuch zur Abfchlachtung des Afrikanischen Volkes aus. Tag für Tag hört man Greueln, die nur den Commentar bilden zn den denkwürdigen Worten dcS Hohen Com- missärs, daß „das Afrikanderthum ausgerottet werben müsse". Und trvy aller dieser Herausforderungen behalten wir Boeren unsere alte nnd christliche Art der Kriegführung bei, fest entschlossen, unsere heilige Sache nicht zu besudeln mit dergleichen Unmcnschlichkeit, sondern unfern guten Namen nnbefleckt auf unsere Nachkommenschaft zu ver erben und die Rache an den Gott zu überlassen, dem sie zu kommt. Inzwischen setzen wir mit unverdrossener Aus dauer und mnthig den Streit stets thatträftiger fort. Selbst aus den Berichten des Feindes werden E. H. E. ersehen haben, wie schwer nnd mit welchem Erfolg in den beiden Republiken seit dem Beginne dieses Sommers gekämpst worden ist. Auch in der Capcolvnie geht unsere Sache prächtig von Statten, nnd ich hoffe nnd vertraue, daß dieses Jahr eine ausschlaggebende Wendung in den Krieg bringt. Wie E. H. E. aus dem Vorhergehenden wahrgcnvmmen haben, sind alle Pläne nnd Maßnahmen des Feindes, uns nntcrzukriegen, vereitelt worden nnd haben schließlich ins- gesammt zum Besten unserer Zache bcigctragcn. Kein Wunder, daß wir hierin Gottes Hand sehen. Die Hand, die Geschlecht ans Geschlecht so mächtigen Antheil an unserer Geschichte lmt und nun, längs unbekannter und dunkler Wege, ja durch das Thal der Schatten, des Todes selbst, unser Völkchen zu einem neuen Lebe» nnd in eine bessere Zeit führt. Ihm allein sei alle Ehre, daß wir bis heute im Stande waren, gegen die Ucbermacht einer Feindin, die man in ihrer alten Gestalt nicht mehr erkennt, die aber be sessen nnd getrieben von einem höllischen Geiste, alle ihre althergebrachten Grundsätze und Ucberlieferungen von sich geworfen, alles Gefühl für Recht und Tugend verloren hat und nun in blindem Taumel ihrem furchtbaren Urtheil ent- gegcncilt. Ich habe die Ehre zu sein E. H. E. dtenstw. Diener igez.) I. C. Smuts, Staatsprocurator nnd General-Commandant- Assistcut der Südafrikanischen Republik. Deutsches Reich. Leipzig, 20. Mai. ( Vcrhc tz n n g st a t t Auf klärung.) Es ist eine alte Erfahrung, daß ins Un glück gcrathene Leute, namentlich Frauen, den Kopf ver lieren nnd sich dann zu Schritten verleiten lassen, die sie noch tiefer ins Unglück stürzen. Ein Beispiel dafür ist jüngst in Dort m u n d erlebt worden. Dort war eine Bergarbettcrfran in Folge langwieriger Krankheit ihres Mannes mit ihren sieben Kindern in große Noth gerathcn. Als die Fran eines Tags sich auf den Zechen platz, wo die Ausgabe von Brod stattfand, begeben hatte, nahm sic zwei Kinder», die nach der Brvdansgabestelle fragten, den Betrag von 1,40 ab nnd kaufte für sich selbst und ihre Angehörigen dafür Brod. Tie Fran wurde deshalb wegen Straßenraubes unter Anklage gestellt. Da aber die Anklagebehördc selbst den Zechenplatz nicht als öffentlichen Platz «»sehen zu wollen erklärte, ver neinten die Geschworenen die ans Straßenraub lautende Anklage und sprachen die Frau nur -es einfachen Diebstahls schuldig. Das Gericht verurtheiltc sie zn einem Monat Gcfängniß nnd die Geschworenen veran stalteten sofort eine Geldsammlung für die Verurtheiltc. Vorkommnisse, wie das geschilderte,müßten vor Allem die sogenannte Arbeiterpresse als Anlaß benützen, die Ar beiterschaft beim Eintritt von Nothfüllen vor kopflosen, vcrhängnißvvllcn Schritten zn warnen und sie über die Wege « n f z n k l ä r c n , die der Nothleidende ein schlagen soll, wenn er seine wirtbschaftlichc Lage auf recht liche Weise verbessern will. ES ist ganz unbestreitbar, daß die Fran zum Mindesten den Versuch machen mußte, von den Stadtbehördcn Unterstützungen zu erhalten. Wäre dieser Versuch wider Vermnthcn feblgcschlagcn, so hätte sie an die Ocsfentlichkeit appeliircn können, indem sic der Presse Mittheilnng von ihrer Nothlagc erstattete. Dem gemäß sollte ein sogenanntes Arbcitcrblatt seinen Lesern anläßlich des geschilderten betrübenden Vorganges die ent sprechende Aufklärung nichtvvrcnthaltcn. Anstatt dessen hat die „Sächs. Arbeitcrztg." nichts als Hohn liber die „gött liche Weltordnnng", dem die Hetzerei hinzngefügt wird: „Die Satten predigen Enthaltsamkeit und Selbstbeherr schung, die Besitzenden verkünden die Wohlthaten des Privateigcnthnms, die Herrschenden richten: ist da nicht Alles wunderschön geordnet ?" — Also nicht mit einer Silbe erfüllt das sogenannte Arbcitcrblatt die Pflicht, nach Maßgabe seines Einflusses durch Aufklärung der Arbeiter schaft daraus hinznwirken, daß beklagenswertste Vorgänge, wie der geschilderte, seltener werden. Der ganze Vorfall ist der „Sächs. Arbeitcrztg." nur ein willkommener Anlaß zur Berstctznng der Arbeiter. Verstößt das sogenannte Arbcitcrblatt damit anch gegen eine klare sittliche Pflicht, o genügt cs doch einer Forderung der „socialrevolntio- nären Taktik". Berlin, 20. Mai. Die günstige Entwickelung der kleineren Stadt-Fernsprechanlagen, wie solch«
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