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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 11.06.1902
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1902-06-11
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-19020611029
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1902061102
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1902061102
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1902
- Monat1902-06
- Tag1902-06-11
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Abend-Ausgabe von. 97,80 Druck und Verlag von E. Polz in Leipzig. Jahrgang Mittwoch den 11. Juni 1902. Nr. 2S2 LädnI 89,— LaoUj 98,V0 Fruilletsn Merkel duckt: M 00 ISN ). >,18). l»ab kbv >v.U :Ir vordoton.) >1»tn: 8am- , Ltodarä * Pretoria, 9. Juni. („Reuter s Bureau.") Eine heute erlassene Proclamation hebt den Beschluß des Volksraads auf, wonach eine Steuer von 5 Procent vom Reingewinn der Minen erhoben wird; statt dessen wird eine Steuer von 10 Procent vom Reinerträge der Ausbeutung von Claims, Minenpachtrechten und anderen goldführenden Grundstücken in dieser Colonie erhoben. Als dieser Reinertrag ist der Werth des gewonnenen Goldes anzusehen, nach Abzug der Ge winnungskosten und der in der Proclamation näher angegebenen Capitalsabschreibungen. 11«,— 17,78 155,78 48,75 128,SO 121,— 114,S0 Die „N or d d. Allg. Zt g." hat unzweideutig jene Erzählungen ins Reich der Fabel verwiesen, denen zufolge Graf Bülow ursprünglich bereit gewesen sein sollte, auf die conservativ-klcrikale Interpellation im Abgeordnctenhause in Sachen des Z o l l t a r i f s entgegenkommend zu ant worten, und erst durch den Kaiser zu einer anderen Haltung gedrängt sein sollte. Wenn das officiöse Organ es bei dieser Gelegenheit als „Unfug" bezeichnet, daß „ein rheinisches Blatt" sogar angebliche Aeußerungcn des Kaisers zu der fraglichen Angelegenheit mittheiltc, so ist die scharfe Wendung des Regicrnngsorgans gewiß am Platze. Je un gebührlicher aber die Ausstreuung derartiger Angaben über angebliche Auslassungen des Kaisers ist, um so berechtigter Extra-Beilagen (gesalzt), nur mit der Morgen-Ausgabe, ohne Postbesörderung 6V.—, mit Postbesörderung 70.—. Anzeigen-Pret- die 6gespaltene Petitzeile 25 H. Reclamen unter dem RedacttonSstrich (4 gespalten) 75 vor den Familiennach richten («gespalten) 50 H. Tabellarischer und Ziffernsatz entsprechend höher. — Gebühren für Nachweisungen und Offertenannahme 35 H (excl. Porto). 17V,25 2b,SS 18,7S 110,75 149,28 119,60 120,— SS,SO 129,7b 110,78 18S.7S 197,70 194,SO 184,— 118115 182,SO 90,80 181,28 177,— 858,— 107,00 140,— 174,— 123,90 78,— 17«,SS 200- ISS,78 99,10 Schicksal richtet für England das stärkste Bollwerk auf, die Zwietracht seiner Gegner. Warum verzagen wir gleichwohl an der Zukunft -er Boeren nicht? Das geschieht darum, weil der Krieg auch hier seine Macht bewährt hat, Korn von Spreu zu sondern und als gewaltigste Kraftprobe das an den Tag zu bringen, was an Tüchtigkeit in einem Volke schlummert. Wer der Geschichte der Boeren schon früher gefolgt war, ist durch die Erfahrungen des Krieges nicht ganz überrascht worden; wenn das Vaterland bedroht ist, sagte schon 1895 Krüger's Enkel Eloff, dann soll man sehen, wie schnell der Trans- vaalbver zu reiten versteht! Aber das hat doch keiner vor hergesehen, daß trotz aller Ilebermacht England nach fast drei Jahren nicht dahin kommen würde, den Widerstand des Vülkleins einfach und schlechthin zu zermalmen, daß das letzte große kriegerische Ereignitz, Lord Mcthucn's Niederlage und Gefangennahme bei Tweebosch am 8. März, einer der glänzendsten Siege der Boeren über haupt sein würde, kroellis viotores, bell« non vioti! kann man wieder im Anklang an Tacitus sagen, Sieger in den Schlachten sind die Botha, Dewct und Delarey geblieben bis zum letzten Tag, und besiegt im Kriege wurden sic bis ans Ende nicht. Wie Erzherzog Karl 1809 bei Wagram unüberwunden den Kampf abbrach, um sein Heer vor Um klammerung durch die Uebermacht zu retten, so haben die Boerenführer unbesiegt den Krieg abgebrochen, um den Nest ihres Volkes zu erhalten, und Chamberlain hat sein herrisches Wort: uireonttitioirul surroncker! Bedingungslose ttcbergabe! nicht aufrecht zu halten vermocht. Verstummt ist der rohe Hohn, mit dem die Engländer vor drei Jahren die angeblich „schmutzigen und ungebildeten" Boeren über schütteten, und eines großen Volkes würdiger ist der Ton der Hochachtung, mit dem Englands Presse die neuen Reichsgcnvffen nunmehr willkommen heißt. Ein solches Volk ist mit Nichten verloren; mag auch die Zukunft ihm noch so Schweres bringen, es wird das inder Kraft über winden, die ihm drei Jahre lang einer gegen acht, schließ lich gegen zehn kämpfen half. Schon aus schlimmeren Lagen, als der Friede von Pretoria eine schafft, sind Völker wieder auferstandcn. Als König Philipp V. von Make donien von den Römern unbillig und ungerecht behandelt ward, da sagte er knirschend: nonäuin omuium ckivru» solein ocoickisse, noch sei es nicht aller Tage Abend. Dellen mögen auch die Helden sich getröstcn, die jetzt ihren ruhm voll geführten Degen vor Lqrd Kitchcner niederlegen. Freiheit und Land haben sie für jetzt verloren, aber die Ehre nicht, sie haben ihrem Volke einen Platz in der Welt geschichte erstritten, und solche Eroberungen tragen ihre Zinsen. intimer geworden, wäre das der Fall gewesen, so hatte ihn Merkel vor dem Herrn Katzenstein gewiß gewarnt, denn Katzen stein war ihm als Spieler bekannt, Geldsorgen konnten eS nicht sein, er wußte zuviel von Minna über ihre Verhältnisse, um diesen Grund gelten zu lassen, — was war es also? Merkel war gerade aus dem Bade gekommen und wollte sich in sein Hotel begeben, als ihm einfiel, daß Minna ihn heute beurlaubt hatte, da sie verschiedene Einkäufe machen wollte. Er lenkte deshalb seine Schritte nach dem goldenen Krug, um dort zu frühstücken. Es war gegen zwölf Uhr und die Wirthsstube gedrängt voll. Er fand noch einen kleinen Tisch, nur von einem Herrn beseht, und nahm Platz. An seinem Tische bediente Margot. Mit gewinnender Freundlichkeit brachte sie ihm einen Schoppen Weißwein und kaltes Roßbeef, und mit dem auf das Bad angeregten Hunger schickte sich Merkel an, das Essen zu ver zehren. Der neben ihm sitzende Herr war augenscheinlich in seine Zeitung sehr vertieft. Hier und da nippte er ein wenig von seinem Bier, dann las er in der Zeitung eifrig weiter. Merkel hatte erst keine Obacht auf ihn; als er aber sein Esten beendet hatte, ohne daß der Nachbar die andere Seite der Zeitung umge schlagen hatte, interessirte ihn doch der Leser. Merkel bog sich ein wenig zurück, um eine Cigarre aus seinem Ueberzieher zu holen, und konnte dabei das scharf geschnittene Profil, die spitze Nase, den dünnen, dunkelbraunen Vollbart und den länglichen Kopf mit der kleinen Lichtung erkennen. Die scharfen, grauen Augen sah er nicht. Der Mann interessirte ihn. Er hätte gern mit ihm ein Gespräch angeknüpft, allein die Zeitung hatte es dem Gast zu sehr angethan. Ein wenig ärgerlich, beschloß Merkel zu gehen. Er wollte bezahlen und rief Margot. Da bemerkte er, daß er sein Portemonnaie vergessen hatte. Schon wollte Margot mit einem vielsagenden Lächeln sich gern auf ein ander Mal vertrösten, als Merkel seine Brieftasche hervorzog und ihr einen Tausendmarkschein entnahm. Durch das Gespräch Margot s mit Merkel war der Gast ein wenig neugierig geworden und hatte hmter seiner Zeitung hervorgeschielt. Jetzt blickte er in die volle Brieftasche Merkel's, wo nach seiner Schätzung wenigstens noch em Tausendmarkschein und eine Anzahl Hunderter sich befanden. „Ich kann das nicht wechseln", sagte sie, „ich muß erst zum Chef gehen." „Erlauben Sie doch", fuhr da der Gast plötzlich dazwischen, ^vielleicht kann ich . . ." Dabei hatte er mit seinen langen Fingern den Schein ergriffen und vor sich hingelegt, während er in seiner Brusttasche suchte. Seine Augen wollten fast den Tausendmarkschein verschlingen, als ob von dieser Banknote sein ganzes Wohl und Wehe abhinge. Das dauerte nur einige muß es erscheinen, daß der schuldige Geschichtenträger auch von aller Welt deutlich bezeichnet wird. Indem die „Nordd. Allg. Ztg." sich auf die Wendung „ein rheinisches Blatt" be schränkte, erwies sie der ultramontan-polnischen „K ö l n. Volksztg." eine durchaus unverdiente Rücksicht. Be sonders auffällig wird diese Rücksichtnahme dadurch, daß die „Nordd. Allg. Ztg." in unmittelbarem Anschluß an ihre in Rede stehende Kundgebung eine Londoner Meldung der „Rhein. Westfül. Ztg." unter genauer Namhaft machung des Essener Blattes dcmentirt. Gerade die gleich zeitige Richtigstellung von Nachrichten, die in zwei an Parteirichtnng verschiedenen Organen sich vorgefunden hatten, hätte eine „paritätische" Behandlung dieser Blätter in dem gedachten Punc^x augezeigt erscheinen lassen sollen. Und das um so mehr, je leichter Berliner Meldungen im Vergleich mit Londoner von deutschen Zeitungen controlirt werden können. 100.20 104,90 90,70 99,— 108.— 90.S0 90,SO 8«,— SS,10 78,SO 90,10 Der Friedensschluß. Gottlob Egelhaaf schreibt im „Schwäb. Mercur": Der Kampf ist zu Ende, der zweiunddreißig Monate lang die gespannte Aufmerksamkeit der Welt auf sich zog. England hat seinen Willen durchgesetzt; die beiden Repu bliken, deren weiße Bevölkerung kaum der von Stuttgart und Cannstatt gleich kommt und trotzdem einer Weltmacht fast drei Jahre lang Trotz bot, sie verschwinden nunmehr von der Karte. Begreiflich, daß die menschliche Freude darüber, daß das Blutvergießen ein Ende nahm, nirgends in Europa so recht aufkvmmen will, daß sie überwogen wird von dem bitter schmerzlichen Gefühl, daß wieder ein mal die brutale Ueberlegenheit der Zahl den Sieg be halten hat über alle Freiheitsliebe und allen Heldenmuth. Die Frage: was nun? drängt sich jetzt auf alle Lippen, und wenn man die Bedingungen des Friedens prüft, so ist cs ebenso leicht, die Vernichtung des Boerenvolkes vorherzu sagen, als auf dessen Zukunft zu hoffen. Die Boeren kehren zurück, aber lange nicht alle; viele der Tapfersten, bis zum unbärtigen Jüngling, ja bis zum Knaben herab, deckt der heimische Boden, den sie mit ihrem Herzblut ver- theidigtcn, und 10 009, vielleicht 15 000 Kinder, aus die Eltern und Vaterland hofften, sind den organisirtcn An stalten des Massenmords, die England Concentrations lager nennt, zum Opfer gefallen. Die Hellen Augen thun sich nicht wieder auf — eine Stimme des Klagens tönt auf den Bergen, Rahel weint um ihre Kinder und will sich nicht trösten lasten; denn es ist aus mit ihnen! Den Boeren ist Selbstverwaltung zugesagt; so bald als möglich soll sie kommen: aber England verhieß vor jetzt genau 20 Jahren auch, daß es Egypten so bald als möglich räumen werde, und heute wissen wir cs gewiß, daß Keiner unter uns, die jetzt leben, diesen Abzug Albions aus dem Pharaonenland jemals erleben wird, wenn nicht Dinge geschehen, die heute unwahrscheinlicher sind als je. Die Sprache der Boeren soll gelehrt werden in den Schulen, wo die Eltern der Schüler es wünschen, und sie soll vor Gericht gebraucht werden; aber cs ist möglich, daß an vielen Orten, wo Uit- lander Zuströmen, die Boereneltern in die Minderheit kommen, so daß sie den erwähnten Wunsch nicht werden formulircn können, und die Gerichte, vor denen der Boer sein heimisches „Taal" sprechen will, sind befugt, zu prüfen, ob die Sicherung der Rechtspflege den Gebrauch der Boerensprache vvraussetzt. Kann der Boer auch Englisch, wozu das Taal zulasten? So geht es durch Alles hin durch; keine Zusage ist gegeben, an der nicht die kickes punica des neuen Karthago sich erproben kann, und un möglich scheint es nicht, daß die Boeren eines Tages noch mit den Worten Friedrich Wilhclm's III. im „Ausruf an mein Volk" sprechen werden: „Englands Verträge verder ben uns mehr noch wie seine Kriege". Gewiß, es ist eine düstere Lage, vor der wir stehen, und wenn England ein Recht hat, darauf stolz zu sein, daß ihm unter allen in Waffen starrenden Großmächten keine wohl will und doch keine ihm in den Arm zu fallen wagte, so mögen die Leiter dieser Mächte sich heute verzweifelnd sagen, daß, was Herr v. Beust 1870 beweglich klagte, jetzt wahrer ist als damals: ii n'x a ck'Luropo, cs giebt kein Europa, sondern nur zwei feindliche Heerlager, die Europa matt setzen. Gott Lob, daß wir Deutsche uns wenigstens sagen dürfen, daß wir an dieser trostlosen Lage die geringste Schuld tragen, während England dessen sicher ist, was einst Taci tus in der Germania Cap. 33 für das Nömerreich erflehte: tznkmäo nrgsntibus imperii 1'atis vidil iam praestars Fortuna maiu8 potest guam dostiuw cki8eoräig.m — das Secunden, dann bedauerte er, den Schein doch nicht wechseln zu können. Merkel war erstaunt über die Unverfrorenheit des Gastes, zugleich aber mehr belustigt als erzürnt. Margot hatte den Schein an sich genommen und so ergab es sich von selbst, daß der Gast gewissermaßen vorwurfsvoll bemerkte: „Eigentlich sollte mau doch so viel Geld nicht aus der Hand geben!" „Warum nicht", antwortete Merkel, „wenn man genug davon hat." Der Nachbar machte große Angen. „Es ist schwer verdient, so ein Schein." „Ja, wenn man ihn verdienen muß. sich gar nichts dabei, als er dies sagte. „Nun, müssen Sie nicht auch das Geld verdienen, wie seeer Andere?" „Aber, warum denn . . . man kann doch reich sein, man kann reiche Väter haben, man kann gewinnen, man kann". Merkel beobachtete, wie gespannt der Fremde an seinem Munde hing, und ein lustiger Gedanke zitterte durch seinen Kopf, „man kann spielen und man kann", seine Stimme wurde ganz leise, „einbrechen." „Herr", fuhr der Andere in die Höhe. Seine reckte Hand zuckte und man hätte geglaubt, sie müsse jeden Augenblick Merkel festhalten. Dann besann er sich. Er wurde ruhiger. Seine Augen hingen an dem Gesichte Merkel's, als wollten sie cs ver schlingen. Merkel wußte nicht, was er davon denken sollte. Ta kam Margot und brachte das Geld. Merkel stand auf. „Wollen Sie schon gehen?" „Ja." „Ich hätte Sie gern um eine Gefälligkeit gebeten. Ich bin hier fremd, und ich hätte gern Manches gefragt." Merkel setzte sich wieder und bemerkte höflich: „Bitte, verfügen Sie über mich." Aber der Gast konnte nicht gleich Worte finden, und schon wollte Merkel ungeduldig werden, als er Friedrich zur Thür hereintreten sah. Dieser steuerte nach der Ecke zu, wo Merkel saß, allein plötzlich schob sich Margot zwischen den Tisch und den Eintretendcn und wies ihn an einen anderen Platz, von dem aus man Merkcl'S Tisch nicht gut sehen konnte. Dabei entging es Merkel nicht, daß Margot die Hand Friedrich's drückte, ja, cS schien ihm, als od sie ihm etwas ins Ohr geflüstert habe. Dem Fremden war natürlich der Vorgang auch nicht unbemerkt geblieben, es kam ihm vor, als ob Merkel und Friedrich sich kannten, daß aber dem Ersteren ein Zusammentreffen nicht angc- Polittsche Tagesschau. * Leipzig, 1l. Juni. Im Reichstage ist gestern die Entscheidung über die Zucker st euer getroffen worden. Die Erledigungen des Süßstoffgesetzes und die dritte Lesung sind heute nur Formalitäten. Gestern war nach langer Spannung zuerst die Entscheidung über die Con ti u g e n t i r u n g zu treffen. Da klaffte ein tiefer Zwie spalt zwischen den Gegenden des Rübenbaues in der ge segneten Provinz Lachsen und den Vertretern der agrarischen Bewegung einerseits und allen anderen Wirth- schaftspolitikern andererseits. Der Riß ging mitten durch die Landwirthschaft hindurch. Alle ostelbischen Agrarier, die ihren Rübenbau uoch ausdehnen wollen, alle süd deutschen Landleutc, die am Rübenbau überhaupt nicht interessirt sind, stimmten mit den Radicalen und den Socialdcmokratcn gegen die Contingentirung. Die Niederlage trifft insbesondere Herrn Müller-Fulda vom Ccntrmn, der sich durch den Commissionsbeschluß hatte täuschen lassen. Im Plenum war eine ganz andere Mehr heit, als in der Commission. Der Versuch des Herrn Müllcr-Fnlda, eine Contingentirung zu retten, mißlang kläglich. Nachher kam cs zur Entscheidung über die Höhe der Verbrauchsabgaben. Wiederum ging ein klaffender Riß durch die Landwirthschaft. Zuerst leisteten sich die Antisemiten und einige Vertreter des Bundes der Landwirhte, zu denen auch Herr vr. Oertel sich gesellte, den bitteren Scherz, mit den Socialdemokraten gegen jede Vcrbrauchsabgabe zu stimmen. Dabei sollte natürlich nur das Gesetz für die Regierung unannehmbar gemacht werden. Nachher stimmte dieselbe kleine Gruppe auf der äußersten Rechten gemeinsam mit den Socialdemo kraten und mit einigen Commissionsmitgliedern aus der Centrums- und aus der nationalliberalen Partei für die Commissionsvorlagc (12 bczw. 10 .^). Eine große Mehr- heit aber beschloß daun den Satz von 14 .^, und hierbei wieder kam es zu einer scharfen Spaltung zwischen Frei sinn und Socialdemokratie. Herr Singer war hoch ent rüstet darüber, daß alle Freisinnigen ihn im Stiche ließen, indem sic für den 14 .^-Satz, den sie selbst beantragt yatten, sich thatsächlich auch erhoben. Aber die Regierung hat erreicht, was sie will. Ob die Berliner Leitung des Bundes der Landwirthe mit diesem Tage, an dem sic durch ihre wenigen Vertreter wiederholt Schulter an Schulter mit der Socialdemvkratie gekämpft hat, ebenso zufrieden ist ? — Zur Erledigung des Süßstoffgesetzes ist für heute zu sehr früher Stunde eine Sitzung anberaumt. In einer zweiten Sitzung soll dann die dritte Lesung dieses Gesetzes, sowie der Zuckersteuervorlage und die endgiltige Ab stimmung über das Branntweinstcuergesetz vorgenommen werden. SsrdiL" (9 6) tsr ,8ok«n- Soston voll äovisn- (9/8) >) io UoviU«; corpool; äsr rvklto 8t»r- -ksr „Koorä- mptsr,kior- c ok pvkioir' ia" (9/8) voll i' (8/8) dsiäs >»ll«iro u»cN er" (H8- voll 6) 6idr»It«r Ware, ,Us1- ll Lrsmsa p »> v, »rtiLVSN (HP> in r»mpico voll 6snus; ncss» Iren«-, nit "Irnppen- trslill' nacv 85,15 84,80 218,90 218F0 85,80 216,80 8M1 178,— 92L0 201,— 4S.80 206,90 388,— 178,75 17 7,SO 174^8 17S§0 109,10 110,28 Verfehlte Liebe. Roman von E. Hein. Nachdruck verbaten. Diese Aussprache sollte nun heute, an Margot's freiem Tage, in Karlsruhe wirklich vor sich gehen. Friedrich war verliebter, denn je. Oft blieb er einige Schritte hinter seiner Begleiterin zurück, um sich an ihrer Figur, an ihrem Gange zu weiden, dann blieb er vor den Schaufenstern stehen, um sich und Margot wkder- zuspsegeln, dann machte, er ein« plötzliche Äopfwendung nach rechts, um wieder einmal ihr Profil zu betrachten. Natürlich kehrten die Beiden ein und aßen Mittag. Allein, hier saßen zu viel Leute, um sich ungestört auszusprechen, auch lungerten die Kellner herum und machten ihre heimlichen anzügüchen Be merkungen, die Margot, aber nicht Friedrich hörte. Abends waren sie im Theater, hier war natürlich jede Vertraulichkeit ausgeschlossen, dann fuhren sie wieder nach Haus«. Das Coup« war voll, aber in Oos sperrte ein gefälliger Schaffner di« Beiden allein. So selig auch Friedrich war und so ernst auch seine Liebesbetheuerungen gemeint waren, einen Kuß getraute er sich doch nicht Margot zu geben, auch das entscheidende Wort fiel nicht. Der Zug näherte sich schon bedenklich der Station Baden-Baden, da legte sich Margot zärtlich an seine Schulter und mit der ganzen Süßigkeit, die ihr jahrelange Erfahrung gab, sprach sie, hauchte sie leise mit einem verzehrenden Blick: Ge liebter. Da faßte auch Friedrich Muth und küßte sie auf die Stirn und, da sie verlangend hinhielt, auf den Muck. 3" demselben Augenblicke fuhr der Zug in den Bahnhof ein. „Sind Ivir jetzt verlobt?" fragte sie. Aber ehe noch Friedrich antworten konnte, riß der Schaffner die Thüre auf. Schnell ordnet« Margot ihren Hut, zog den Schleier übers Gesicht, reichte ihrem voraussteigenden Begleiter di« Hand und schritt ruhig neben dem erregten Friedrich her. Vor dem Ausgang« blieb sie einen Augen blick stehen. „Es ist besser. Jedes geht allein, Schatz", sagt« sie, „morgen früh auf Wiedersehen." Ehe sich noch Friedrich recht besinnen könnt«, war sie davon. Das süße Geheimniß. das Friedrich mit Margot verband, blieb vorläufig thatsächlich ein Geheimniß. Friedrich war sich über sein« Entscheidung nicht klar und Margot beobachtet« in Ruhe, wie ihr« Minen zünden würden. Sie bedient« daher ruhig weiter, behandelt« dabei Friedrich mit einer gewissen unter- Oll >)or. »ott. r»Id. Wit Sv. Lt-r. eä 1U. .vsä nsoN ,oUk. I-.-L Ut«r LN llllic. eckdr. )ätU. MiWM TagMatt Anzeiger. Amtsblatt des Königlichen Land- und Amtsgerichtes Leipzig, des Aatljes und Nolizei-Ämtes der Stadt Leipzig. VezugS.Pret- k» der Hauptexpedition oder den tm Stad» beKr! und den Vororten errichteten AuS- ^uvtstellen abgeholt: vierteljährlich 4.50, — zweimaliger täglicher Zustellung in» Hau» 5.50. Durch die Post bezogen für Deutschland u. Oesterreich vierteljährliche6, für die übrigen Länder laut Zeitungspreisliste. — -»>!» Redaktion und Expedition: Johannisgasse 8. Fernsprecher 153 und 222. FUialr»pediti»«r«: Alfred Hah«, Buchhandlg., Universitätsstr. S, L. Lösche, Katharinenstr. 14, u. Königspl. 7. -o-t- Haupt-Filiale Dresden: Strehlenerstraße 6. Fernsprecher Amt I Nr. 1713. - - - Haupt-Filiale Serlin: Königgrätzerstraße 116. Ferusprecher Amt VI Nr. 33SL. ir«o. »»«» —r, ; . 1 snt» r8(») ' »b« «llv. I-In Oien voll wllrfigin Vertraulichkeit und Liebenswürdigkeit, wenn. Andere dabei waren, wenn sie, was freilich selten geschah, allein waren, mit einer ausg«f«imten Koketterie und Picawterie. Der arm« Mann wußte nicht, wie ihm war. Er staniv völlig in Flammen. Di« Macht der sinnlichen Liebe, die sein« erst« Frau, geborene Horn, nicht im Stande gewesen war, zu entfachen, loderte in ihm als ein mächtiges, verzehrendes Feuer. Wenn er blos an Margot dacht«, wurde er roth, seine Adern an den Schläfen schwollen an und sein Athem keucht«. In ihrer Nähe wurde er ruhiger. Er fühlte sich beobachtet und das alte bäuerliche Miß trauen kam zu Besuch, machte dabei Einwendungen und hielt ihn vor schnellen Schritten zurück. Er konnte den Liebesbezeu gungen Margot's noch nicht recht trauen und so oft er sich auch mit anderen Männern verglich, kam er zwar zur Ueberzruqung, daß er nicht der schlechteste und häßlichste, aber auch nicht der jugendlichste und begehrlichste sei. Margot gab ihm keinen Grund zur Eifersucht. Sie bediente mit derselben freundlichen Ruhe, wie früher, aber ihr« sonstigen Gunstbezeugungen, ihr Lächeln, Klopfen auf die Schult«! oder gar zu den Gästen setzen schränkt« sie aufs Aeußerste ein. Seit jenem Ausflug nach Karlsruhe waren acht Tage ver strichen. Zwischen Vater und Tochter war eine kleine Ent fremdung eingetreten, die Merkel nicht verborgen bleiben konnte. Friedrich hatte etwas auf dem Gewissen, das merkte man, er hatte irgend ein Geheimniß, und das genirte ihn. Er war bei den gemeinschaftlichen Nachmittagsspaziergängen einsilbig und zerstreut, überhörte Merkel's Witze und ging auf die Bemerkungen Minna's nicht mehr ein. Mnna sah nichts von dem ver änderten Benehmen ihres Vaters. Sie hatte zu viel mit sich selbst zu thun. Je länger sie mit Merkel verkehrte, desto mehr gefiel er ihr, und doch empfand sie keine Liebe für ihn. Ganz abgesehen davon, daß Merkel immer den guten Kameraden herauskehrtc und jede Anspielung auf Liebe unterließ, zog er auch eine feine Scheidewand zwischen sich und Mnna, die er fest aufrecht erhielt, als ob er sie zu seinem eigenen Schutze brauchte. Ihm war Minna nicht gleichgiltig, im Gegentheil, er empfand, daß sich bei ihm eine große Leidenschaft für sie heranbildete und er suchte mit allen Mitteln diese Leidenschaft zu unterdrücken. So paßte er auf sich mehr als sonst auf und lenkte auch seine Aufmerksamkeit, so viel er konnte, von Minna ab. Da mußte ihm denn das Wesen Friedrich'» auffallen. Er suchte eine Erklärung dafür, konnte sie aber nicht finden. Daß Friedrich öfters nach dem Goldenen Krug ging, das hatte nichts auf sich, denn dort ver kehrte eben viel Publicum, mit dem „Herrn von Kattenstein", der nicht mehr im Hotel wohnte, war Friedrich scheinbar auch nicht Annahmeschtuß für Anzeigen: Ab end »Ausgabe: Vormittag- 10 Uhr. Morgen-Ausgabe: Nachmittag- 4 Uhr- Anzeige« sind stet- an die Spedition zu richten. Die Expeditton ist Wochentag- ununterbrochen geöffnet von früh 8 bis Abends 7 Uhr. Die französische Kammer beendete gestern die endgiltige Wahl des Bureaus. Sodann übernahm Bourgeois das Präsidium und hielt eine Ansprache, in welcher er erklärte, er werde dafür Sorge tragen, daß der Parlamentstribüne, welche eine Stätte für Wahrheit und Recht sei, die ihr ge bührende Achtung gewahrt werde; er werde sich bemühen, daß in der Kammer der wahre republikanische und demokratische Geist hochgehalten werde. DaS Volk erwarte dies von seinen Erwählten, welche die Vertreter einer wahrhaft gerecht denken den brüderlichen und menschlichen Demokratie seien. Das Land wünsche den inneren Frieden, der ein Unterpfand der moralischen Einigkeit sei, welche Frankreich gestatte, den Rang und die Neckte einer ruhmvollen Vergangenheit zu bewahren und in der Zukunft der Entwickelung veS hohen und segens reichen Einflusses seines Geistes nachzugehca. (Lebhafter Beifall links.) — Ministerpräsident Combes verlas darauf die schon in einem Theile der Auflage des heutigen Morgenblattes auszugsweise mitgetheilte Erklärung des neuen Ministeriums. Diese stellt zunächst fest, daß daS allgemeine Stimmrecht da- Verhalten der vorhergehenden Regierung gebilligt habe. Daran schließt sie die Aufforderung zur Bewahrung der Einigkeit der Mehr- heit, welche das Ergebniß der letzten Wahlen sei und zur Vollendung des Reformwerke-, welches das Land verlange, so sehr al- je von uöthen sei. „Wir werden mit unserer ganzen Energie", heißt es io der Erklärung, „alle diejenigen bekämpfen, welche ver suchen sollten, unsere republikanische Regierungsform an- zu greifen und die Armee ihren Pflichten abwendig zu machen; wir werden die Armee von der Politik fern zu halten wissen. Wir werden nicht dnlden, daß ein Theil deS Klerus versucht, die Kirche mit den religiösen Congregationrn zu identificirrn. Wir werden über die Anwendung der Gesetze des Landes zu wachen haben und werden die Gesetze der Republik mit allen Mitteln Vertheidigen, über welche die Regierung verfügt. DaS Vereinsgesetz tritt jetzt in die Periode seiner Ausführung durch die Verwaltung ein. Di« Regie rung wird darüber wachen, daß keine der Bestimmungen des Ge setzes wirkungslos bleibe. Wir werden Ihnen gleichzeitig die Ab schaffung des Unterrichtsgesetzes von 1850 Vorschlägen, damit der Staat, ohne deshalb aus dem öffentlichen Unterrichtswesen ein Monopol machen zu wollen, die Stell«, welche er niemals hätte auf geben sollen, wieder einnehme und über den Unterricht, der jedem Bürger zu Theil wird, wach«. Die Erklärung bespricht sodann die finanziellen und wirthschaftlichen Schwierigkeiten des Landes und sagt: Die Regierung wird nichts verabsäumen, um mehr sparsamen Sinn in den Ausgaben eintreten zu lassen und um die Belastung mit e» »»d. lnsssn 99,10 dsriodt.) In eisinlict» ds- »»nksn V0N -Lnlsids lUr iNLNiUrsisso »vsitd« äs-, Uet» aniLsi.st EL irnb. UUtr so -ottd. »ist otbr. t. 151,50 »t« 8 r. n«te j r«. nLn. Ää Visu rlolv 6«lä § Lrist 8728 ! 8800 878c ! 8770 818L — >.4voc - vöoc 8575 8278 8825 468 480 (1900 — — l.4802 96S0 — 12180 (1828 12000 S42S 8475 2880 — 4328 4375 sro 640 1800 1880 2400 — — 215 1200 2280 2350 —— 1625 .8000 ,, - 928 975 200 215 2925 2978 8575 8S5S 2878 4^80 2700 — 800 ,» - 17800 4S0 490 1900 400 — 9080 9200 1628 1728 10 20 580 575 180 210 1500 1825 1875 1925 900 925 »o L XnmUs. ä«, äaxvxsa
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