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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 01.07.1902
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1902-07-01
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-19020701011
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1902070101
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1902070101
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- Ausgabe
- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1902
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Bezug--Preis ü> ttr Hat^texpidtÜ« ott» d« tm Glatt» bezirk aad d« Borvrt« «richtet», Itt- gabeftell« ab,«halt: vierteljLhrltck ^64^0, — zwetmaüg« täglich« L»ß«lk»»» in» L«»n».60. r«ch di» Post ttzög« sttr Deutschland ». Oesterreich vierteljährlich^ssS, für dl» übrig« Lünttr laulZeiüm-SpreiSüst«. Ne-artto« «nd LrveLittou: Johmnüsgass» 8. Ferusprech« 163 «d SLL FUiaia»»»dMM»»« r Alfred Haha, Bochh«dlg, UttttrMttft^^ 8. Ldsth«, Gaiharia«str» 14^ «, Güaigüpl» st« Haupt-Filiale Drrrdear Strrhleuerstraß« S. Ferusprecher Amt I Nr. lstll. Haupt-Filiale Lerlin: KSnIggrü Herstrab» Hs. -»«sprech«! «ml VI Nr. SS«. Nr. 328. Morgen-Artsgabe. WpMcrTllgMtt Auzeiger. / NmtMatt des KSuigttcheir Land- und Ämlsgölchtes Leipzig, des Nathes und Nottzei-Ämtes der Llad Leipzig. Dienstag den 1. Juli 1902. — « —-S--«S-W>!S^ - - L—.>. !« Anzeigen-Pr^ ^663 die -gespaltene Petitzetle st» . Reclameu uuter dem StedacttoaSstrtch (4 gespalten) 76 vor den FamUiemm^ richt« (Sgespalt«) 60 Tabellarischer uud Hifferusatz entsprechend höh«. — Gebühre» für Nachweisuugeu und Offerteuanuahme SS H (excl. Porto). Ertra» Beilagen (gesalzt), „r mit der Morgen-Au-aab«, oha« Postbesörderuug ^6 S0.-> mit Postbesürderung ^6 70^—» Äunahmeschluß für Anzeigen: Lb«»d-A»»-ab«r vormittag» 10 Uhr. Morgaa-Nttgattr Nachmittag» 6 Uhr. Anzeigen Pud stet» au di» Expedition zu richt«. Di« Expedition ist Wochentag» mmuterbrochen geöffnet vou früh S bi» Abend» 7 Uhr. Druck und Verlag vou G. Polz st» Leipzig. 96. Jahrgang. Em französisch-eualischer EisenbahuftreiL in Abessynien. V. 8. Die großen Fragen der asiatischen Politik und der südafrikanische Krieg hatten Abessynien und seinen Jnteresscnstrett zwischen Rußland, Frankreich und Groß» britannien in letzter Zeit stark zurückgedrängt. Nun scheint der Gegensatz der verschiedenen Möchte auf ein Mal wieder aufzuleben; vorläufig erscheinen Frankreich und der Negus als streitende Thcile, hinter dem letzteren aber jedenfalls England, und sodann wird auch Rußland in Mitleidenschaft gezogen. Die Ursache ist die Eisenbahn» linie Dschjbuti-Harrar-Addis-Abeba, welche schon längst von französischen Unternehmern begonnen wurde, aber wegen des Kehlens der nothwendigen Mittel wiederholt ins Stocken gerathen ist. Vor einigen Jahren wandte sich nun die französische Gesellschaft an eine englische Gruppe und forderte sie zur Bethetltgung am Bahnbau auf. Die Engländer gaben in der That das Gelb, stellten aber die Bedingung, daß die Linie in Zukunft ihrer Controle unter stellt werden solle. Die französischen Unternehmer waren damit nothgedrungen zufrieden, erkannten aber bald, daß dadurch die Engländer die eigentlichen Herren der Linie würden. Sie wandten sich deshalb um Hilfe an ihre Re gierung, und als gleichzeitig eine Interpellation in der Kammer über die Angelegenheit eingebracht wurde, be schloß die Republik, die englischen Capitalisten abzulösen und selbst die Bahn in die Hand zu nehmen. Die Sache wäre damit zu einer für Frankreich glück lichen Erledigung gelangt, hätte sich der Negus nicht ge- weigert, seine Zustimmung zum Uebergang der Linie in den thatsächltchcn Besitz der französischen Republik zu er- iheilen. Augenblicklich liegen die Dinge so, daß Frankreich hofft, -en Herrscher von Abessynien doch zur Nachgiebig keit zu bewegen, daß dieser aber hartnäckig bleibt. ES ist für die Republik von großer Bedeutung, die Oberherrschaft über die Strecke zu behalten, welche eine Verbindung der Hauptstadt Abcsfyntens mit -em Rothen Meere und den direktesten Ausgang für die Naturretchthümer des Landes bildet. Der Werth dieser Eisenbahn erhöht sich gegen wärtig durch den Umstand, daß die Nilroute eigentlich nicht zu benutzen ist. Dringen die Franzosen mir ihren Wünschen in Addis-Abeba nicht durch, so ist cs klar, daß sic auf die künftige Ausbeutung Abessyniens werden ver zichten müssen. Wir haben bereits angedeutct, daß Niemand anders, als die Engländer Menelik zum Widerstande gegen die Fran zosen gereizt haben könne. England ist überhaupt seit dem Mai 1807, seit -cm Abschluß des Vertrages durch Sir Rcnnel Nodds, die ausschlaggebcude Macht in Abessynien geworden, soweit sich solches einem Fürsten gegenüber, wie Menelik, überhaupt sagen läßt. Denn schließlich pflegt der schlaue Afrikaner Alle zu täuschen und thut nur das, was ihm beliebt uud was allein seinem Nutzen entspricht. Aber er hat allerdings in letzter Zeit den Engländern gegenüber eine Rücksicht bewiesen, die dafür spricht, baß er sich jetzt auf sie zu stützen gedenkt. Bor wenigen Fahren war das ander». Damals schienen die Russen die eigentlichen Herren im Lande zu sein, und der NeguS legte großes Gewicht auf die Wünsche und Forderungen, welche von Petersburg verlautbart wurden. Eine Erkaltung der Beziehungen trat aber ein, als es den Engländern gelungen war, den Negus zum er wähnten Abkommen zu bestimmen, welches ihnen ver schiedene bcmertcnswerthe Vortheile auf wirthschaftltchem Gebiete sicherte. Bald darauf wurde die Raheita-Frage acut., die nicht dazu beitrug, Rußland« Freundschaft für den Negus wärmer zu gestalten. Da sich damals die chine sischen Dinge in bemerkenswerther Weise zuspitzten, fand Deutsches Reich. S. Berlin, 30. Juni. (PrenßensÄnsehen im AuSlandenachderReoolutio'von 1848.) Im Julihefte der „Deutschen Rundschau" möffenUtcht A. von Boguslawski denB rtefwechsel En en inenS von Wilbenbruch,der zwar überwiet'nb lebendige Schil derungen des Lebens in Kleinasien Athen und Konstan tinopel, wie cS um die Mitte des IS.Jahrhunderts sich ent wickelt hatte, enthält, aber auch für >:n Politiker deswegen anziehend ist, weil er die Mißachtng Preußens und seiner Vertreter im AuSlande nach der/evolution von 1848 ver anschaulicht. Ernestine v. Wil/nbruch, die Mutter des Dichters E. v. Wildenbruch, /t als die Gemahlin des Consuls v. Wildenbruch. späten preußischen Gesandten in Athen und Konstantinope'/ln den Jahren von 1842 bis 1837 den Orient kennen geleit. Es ist charakteristisch, daß es schon als ein Erfolg hck preußischen Diplomatie be man es in Petersburg für nöthig, zunächst sich auS Afrika zurückzuztehen und seine Kräfte auf den Osten Asiens zu concentriren. Man fühlte sich dazu um so eher bewogen, al« die Franzosen wegen Raheita das Verlangen ihre» Bundesgenossen nach einem Flottenstützpunct im Rothen Meer nicht genügend unterstützt und den Mißerfolg da» durch mit befördert hatten. Seit dieser Zett hat die Peters burger Diplomatie sich verhältnttzmäßia wenig um die Er» eigniss« in Aethiopien gekümmert und sich den Anschein ge» geben, als gingen sie die Streitigkeiten zwischen Frank reich und England im Osten Afrikas gar nichts an. Jetzt aber könnte eS sich wohl ereignen, daß bas Zaren reich -er verbündeten Republik zur Sette tritt, um ihren Wünschen größeren Nachdruck bei Menelik zu schaffen. Man täuscht sich in Petersburg schwerlich darüber, daß die Zurückdrängung der Franzosen eine starke Schädigung der russischen Interessen bedeuten mutz. Sind die Engländer der maßgebende Factor in Abessynien, so wird es den Russen schwer genug fallen, die alte Position wieder zu ge winnen. Bemerkenswerther Weise hat die „Nowoje Wremja", das einflußreichste Blatt der Newarefibenz, zu dieser Frage bereits das Wort ergriffen, bedauert die Thatenlostgkett der russischen Diplomatie am Hofe Mene- ltks, äußert sich scharf gegen Großbritannien und drückt zum Schlüsse die Hoffnung auS, daß man in Petersburg die Solidarität der russischen und französischen Interessen in Abessinien sicher jetzt anerkennen werbe. Au» dieser Aeußerung LeS führenden russischen Blaties braucht man noch nicht die Folgerung zu ziehen, daß es wegen des Eisenbahnstrettes zum Kriege in Abessynien kommen könnte. Dazu wir- schwerlich irgend einer der Betheiligten Lust verspüren. England ist noch zu ge. schwächt, Rußland nach -en verschiedensten Richtungen in Anspruch genommen, und die Franzosen werden ohne ihre Freunde gewiß nicht eine Action beginnen, die ihnen am Ende ein neues Faschoba etnbringen könnte. Aber der diplomatische Kampf in AbdiS-Abeba, der lange Zeit sä' völlig geruht, dürfte allerdings von Neuem ausleben, ui »r könnte, wenn die Russen wirklich eingreifen, rasch ei? > bedeutenden Umfang annehmen. Der neue Fnteressenstreit zwischen Frankreich nd England im Osten Afrika» wird daher wahrscheinlickoe.c Gegensatz zwischen Rußland und England verschärfen wird vermuthlich seinen Einfluß auch aus cie asieu ye Angelegenheiten ausüben und könnte deshalb lei/l eine allgemeine Spannung Hervorrufen, deren Rückw'kungen noch nicht zu übersehen sind. Bon diesem Gesickspuncte verdienen die jüngsten Ereignisse in Abessynien ptschieden die allgemeine Beachtung, namentlich der Diäten, die Colonien in Afrika besitzen. / trachtet wurde, wc^ <-r G>a"öte Preußens in Konstan tinopel die Gewäkmn l-jp-s neuen Begräbnißplatzes für die europäischen >eim Sultan durchsetzte. „DaS ärgert die Ander" ecw.i» , schreibt hierüber Frau v. Wil- -enbruch, die de» svrnusrt: „Schon darum ist es gut, weil man seit 1848 .-vohi-t ist, auch hier auf Preußen hcrumzn- spazier-m." - ocb viel bitterer drückt sich Iran v. Wilden bruch am U'Funt .854 aus, indem sie schreibt: „Die schmaäwolle-tellung, die wir einnehmen, macht jedes Zu- rückzteben , iellschasclicher Art) begreiflich, aber nach dem Laufe der ^clc ssi auch der, der sich zurückzieht, nur zu leicht verdien. Die große Diplomatie behandelt uns schon na, Bcrd.cnst, die Engländer treten auf uus, die Franzvie mit n hr Manier verspotten uns, der Oester, reicher behandelt uns wie Dessau oder Waldeck." — Uebcr dasA «sehen, das die Kriegsflotte einem V»Ee verleiht, schrieb Frau v. Wilden- b'.nch in deiner Jahren aus Beirut: „Die Consuln der Nationen, > .cke Seemächte sind, haben doch ein ganz an deres Ans als wir armen Landratten, die wir kein Schiss linier Flagge zu sehen kriegen. In den Augen der Eina orcnen ist dieses Relief besonders groß, wenn solche F ,atle sich vor der Stadt vor Anker legt." — Was Fran v wildenbruch vor länger als einem halben Jahr- lmnde' ihren Erfahrungen entnahm, ist eine Wahrheit, der tn-zutage nur noch die Demokratie, und auch sie nicht ans, "«'los, sich verschließt. - il. Berlin, 30. Juni. lEine anarchistische »v n i c.) Deutschland darf hoffen, eilten Theil seiner A^rchisre«. auf bequeme Weise los zu werden: sie wollen ,i!) S ndbrasilien, wo bei Joinville eine große mrchinische Colvnie gegründet werden soll. Den Plan rt ein amerikanischer Genosse, Carlos Cvndor, entworfen, wer den die deutschen Genossen durch einen Vertrauten in Blnmenau Informationen ei-gezogen haben, die sehr ver trauenerweckend lauten sollen. Die Genossen in Chicago haben bereits einige ihrer bekanntesten Führer zu Carlos Condor gesandt, um seine Vorschläge zu prüfen. In einem laugen Aufrufe an die Genossen setzt nun Condor seine Pläne auseinander. Er besitzt in der Nähe von Joinville und Blumen««, welche Orte bekanntlich hauptsächlich von Deutschen bewohnt sind, ein Terrain von 3>>oo Ackern, das ein wahres Paradies sein soll:,hier soll d'e a irchistikche Cotonie angelegt werden und nach streng anarcytstismen Principien verwaltet werden. DK Frauen sollen in poli- tischer und wirthschaftlicher Beziehung vollkommen gleich berechtigt und vollkommen frei sein. In der Cvlonie kann „keinerlei Einschränkung, Gewalt, Censur oder Krieg herrschen, ebensowenig wie Streitigkeiten nnd Eifer süchteleien, da Jeder und Jede die Gelegenheit hat, Alles nach eigenem Gutdünken zu arrangiren." Natürlich sind dem Genossen Condor die „deutschen Genossen" mit etwas Geld die liebsten; aber er nimmt auch solche ohne Geld auf; „wer nicht willens ist, sein mitgebrachtes Geld dem gemein, samen Fonds bcizufügen, kann es individuell geschäftlich zinsbar anlegcn." In deutschen anarchistischen Kreisen ist man für dieses Prosect um so mehr eingenommen, je hoch tönender die Lobsprüche sind, die Genosse lvr. Giovanni Rosst in Blumenau dem College« Condor spendet. Die deutschen Genossen sollen entweder Ackerbau oder In dustrie betreiben; es soll eine Sägcmühle errichtet werden und, daPorzellanerdesichvorfittdet,auchetnePorzcllanfabrik. „Es wäre dies das gewinnbringendste Unternehmen, weil in ganz Südamerika keine Porzellanfabrik existirt". Wer will, kann auch Gold graben; über den Erfolg des Gold- grabenS vermag Conbor freilich Bestimmtes nicht anzu führen. Hoffentlich macht sich wirklich ein ansehnlicher Theil der deutschen Genossen auf die Reise nach der anarchistischen Colonte, die den schönen Namen „Cosmos" führen soll. Die Herren werden dann sehr bald erkennen, wie eine Verwaltung nach streng anarchistischen Principien aussicht und wie glücklich es sich unter ihr leben läßt. * Berlin, 30. Juni. (Eine geheime deutsche Preßagentur in Petersburg?) Sv und mit einem Fragezeichen giebt die Berliner „Germania" die Petersbnrger Meldung deS „Kuryer Poznanski" wie der, der seinen Lesern anfbindet, „Berliner Sphären" hätten einen gewissen Stadler, einen Menschen von eigenthümlicher Vergangenheit, der sich manchmal auch Müller genannt habe, nach Petersburg als Häuptling einer geheimen deutschen Preßagentur gesetzt, die den Zweck verfolge, in -er russischen Presse Artikel gegen die Polen zu veröffentlichen. Die abenteuerliche Geschichte schließt: „Gegenwärtig wird die Beeinflussung der russischen Presse organtsirt, Stadler giebt den FeldzugSplan an. Es wird dies keine leichte Arbeit sein, denn man würde nicht offen kundig die Ziele verfolgen können, da in der öffentlichen russischen Meinung eine starke Gegenströmung bemerkbar ist. Der deutsche Einfluß wird sich auch weiterhin ans die wenigen preußensreundlichen Blätter a la „Moskowskic Wjedomosii" beschränken." Das Fragezeichen der „Ger mania" ist eigentlich bei der Haltung dieses Blattes den Polen gegenüber Kritik genug; es kann in der That nicht groß genug gemacht werden. Das Benehmen der außer halb Rußlands erscheinenden polnischen Presse und die in der letzten Zeit wiederholt vorgekvmmcnen Maßregelungen polnischer Bischöfe, die tm Dienste der grvßpolnischen Ein- heitstdcc der russischen Regierung zur Anwendung der ad ministrativen Verbannung in unschädliche Gegenden An laß gegeben haben, ist nationalrussischen Blättern War nung genug gewesen. Die ganze Ausstreuung hat lediglich den Zweck, die öffentliche Aufmerksamkeit von der auch mit tschechischen Geldern gespeisten großpolnischen Preßvrgani- sation abzulenken, der man nachgewtesen hat, wie sie in den verschiedenen Ländern, insbesondere in Frankreich, unter Speculation auf das Mitleid irregeführter Zeitge nossen gegen Deutschland infam zu Hetzen bemüht ist. („Allgem. Zig.") 8 Berlin, 30. Juni. (Telegramm.) Der „Germania" zufolge hatte ter Al'g. v. Hertltng am 24. Juni eine Privat audienz bet dem Papste, wobei dieser sich sehr eingehend und mit hoher Grnuglhuung über Denljchlind und den Kaiser Wilhelm onö^eipro^en haben soll. (^) Berlin, 30. Juni. (Telegramm.) Der „Reichs- anzeiger" veröffentlicht einen Erlaß des Ministers v. Pod- bielski an die Okerpräsidenten betr. die Entschuldung -eö ländlichen Grundbesitzes, sowie eine Denkschrift über die Durchführbarkeit von Maßnahmen zur Entlastung hochvcr- schuldeter landwtrthschaftticher Besitzungen. (-) Berlitz 30. Juni. (Telegramm.) Der „Reichs anzeiger" veröffentlicht die Ernennung deS Rrichögerichts- ratheS Winchenbach zum Scnatspräsidenten am Reichs gericht. — Auf daS von der Jahresversammlung deS Branden burgischen Hauptvereins der Gustav Adolf - Stiftung auS SchwiebuS an den Kaiser gerichtete Huldigungs-Tele gramm ist dem Vorsitzenden folgende Antwort zugegangen: Potsdam, L8. Juni. Seine Majestät der Kaiser und König sind durch den freundlichen Gruß und die treue Kundgebung der in SchwiebuS abgehaltenen Jahresversammlung deS Branden burgischen HauptvereinS der Gustav Adolf-Stistung angenehm be- rührt worden und lassen Sie ersuchen, den Theilnehmern an der Versammlung allerhöchst ihren wärmsten Dank zum Ausdruck zu bringen. Auf allerhöchsten Befehl. Der Geheime Cabinetsrath von LucanuS. — Auf Veranlassung deS preußischen Unterrichtsministers hat bekanntlich eine Commission Erhebungen über die Alters- Feuilleton. Sechs Monate unter Kaubern. „Maclnrcs Magazine" veröffentlicht die Fortsetzung des Tagebuchs der Miß Stone und gelangt bis zu dem inter essanten Moment, wo Frau Zilka in der Gefangenschaft der Räuber einem KindedasLeben schenkt. Als Miß Stone am 4. September den Räubern mttthcilte, in welcher Situation sich Krau Zilka befinde, sagte sic gleich zeitig, die Gefangenschaft dürfe schon aus Rücksicht für die junge Frau nicht drei Monate überdauern. Die Räuber meinten, daß die Gefangenen lange vor dieser Frist befreit sein würden, denn so lange könne doch keinesfalls daS Löse geld ausbleibcn. Als aber der October verstrichen war und der November mit seinen kalten Nächten begann und noch immer keine Hoffnung auf Befreiung dämmerte, begann Frau Zilka von der Angst beschlichen zu werden, bas er wartete Ereigniß könne verfrüht etntreten. Miß Stone nahm sich ein Herz und setzte den Räubern auseinander, daß es höchste Zeit sei, für unabweisbare Bedürfnisse zu sorgen. Für die Räuber konnte es begreiflicher Weise nicht leicht sein, eine Baby-Ausstattung Herbetzuschaffen. Miß Stone mnßte aufschreiben, was am dringendsten benöthigt wurde. Endlich kam der Tag, an dem man ihnen stolz den Einkauf für das Kind brachte. Der gewünschte Flanell entpuppte sich als das gröbste weiße Tuch, das Miß Stonc^ je gesehen, die Leinwand zu Windeln und Kleidchen al» die gewöhnliche bosnische Leinwand von beinahe unbrauch barer Dünnheit und gar keiner WiderstandSfähigkiZt. Aber Frau Zilka war überglücklich. Sie schnitt Windeln aus dem Tuch, Hemdchen, Kleidchen und Hauben, batte sie doch Alles in ihrem bescheidenen albanesischen Hetm fMp das Erwartete schon angesertigt und wußte genau BeschA. Nun hatten die Frauen Arbeit in Hülle und Fülle. Wfni» die Räuber früher gefragt hatten: „Was machen/ -ie Frauen ?" war die trostlose Antwort gewesen: „Wtr/sitzen und reden, reden und sitzen". Jetzt schaute Frau Ztlkf/gllick» strahlend auf und hielt dem fragenden Räuber tyßend et» halbfertiges kleines Kle^ungsstück entgegen. Aber der Ar beitseifer war zu gry^ Die Frauen wurden zu früh fertig. Sie hatten die Tu^windeln mit Streifen von Leinwand eingefaßt, hatten tklleS mit Ziersttchen geschmückt, L jour- Säume angebrack, wo es nur möglich war, an Hemdchen und Häubchen, se hatten mit weiß Gott wo von einem Räuber aufgetsiebenen Häkelnadeln und Garn einen Baschlik gehäkat, zuletzt hatten sie nichts mehr zu thun, und Frau Zilik sehnte mit ganzem Herzen das Kind her bei, das die Ltunden der Gefangenschaft ausfüllen sollte. Miß Stone bestürmte die Räuber, Frau Zilka freizugeben, und sie allein, für die ja doch das Lüsegeld entrichtet wer den würde gefangen zu halten. Die Räuber hatten nicht übel Lust dazu, aber eS schien sich keine Gelegenheit zu bieten, si^verschoben ihren Entschluß von Tag zu Tag. Dann be-amen sie Nachrichten, die sie veranlaßten, ihre Pläne zu ändern. DaS Wandern von Ort zu Ort begann wieder, nnd in der Nacht, welche -er Geburt von Frau Zilka's Kind vorangtna, war Liese zehn Stunden im Satte' Am Eube der Wanderung wurde der Weg so stell, daß k'Frauen absteigen und klettern mutzten. Frau Zilka batt-zn jeder Seite einen Mann, der sie stützte, und rück wärts schob ein Dritter nach. Stöhnend rief sie endlich: „Ich kann nicht mehr, laßt mich hier allein sterben!" Am Ende der zehnstündigen Wanderung befanden sich die Frauen in einer einsamen kleinen Hütte, in der ein Feuer brannte. Beinahe der ganze Raum wurde von zwei riesi- gen Weinfässern eingenommen. Zwischen diesen und dem Feuer war da» Strohlager auf dem Boden auSgebreitet. Erschöpft schliefen die Frauen sofort ein. AVer Miß Stone erwachte bald wieder und fand Frau Zilka sitzend und jammernd. Die junge Frau klagte über arotze Schmerzen und sagte, sie könne nicht schlafen. Um 4 Uhr Nachmittags des nächsten Tage» ließ Frau Zilka den Räubern sagen, daß sie heute Nacht» keinesfalls von der Stelle könne. Der Räuberhauptmann sah sehr betroffen au», sagte aber nur: „Dann mutz eS eben aus eine andere Art gehen." Lin ein- ztger Räuber blieb in der Hütte zur Bewachung - er saß beim Feuer und hielt da» Gesicht zwischen den Händen. Ltn Schauer überlief feinen SSrper, al» Frau Zilka stöhnte: „Ich sterb« — o, ich sterbe gewiß — betet für mich!" Kurz vor 8 Uhr, beim flackernden Licht de» Feuer» und einer kleinen rauchenden Ligroinlampe, wurde die Zahl der Gefangenen um ein winziges Jüngferchen vermehrt., Gerade als sie zur Welt kam, trat ein armes Hirtenweib in die Hütte, das die Räuber zur Hilfeleistung herbeigeholt hatten. Miß Stone nahm das Kind in ihren Arm nnd zeigte es der Mutter mit den Worten: „Meinen herzlichen Glückwunsch! Sie haben ein herziges, kleines Töchter chen." Vom Baden war natürlich keine Rede, aber Vase line zum Abreiben war zur Hand, denn das hatten die Räuber zum Gewehrputzen stets bei sich. Frau Zilka selbst hatte alle Anweisungen gegeben, denn sie hatte einen regel rechten Cursus als Spitalwärterin durchgcmacht und wußte genau, was zu thun sei. Mit dem oft wiederholten Wort: „Ich habe gar keine Angst", tröstete sic die schwer besorgte Miß Stone. Nun wurde die Wendung der Dinge dem Räuber mitgetheilt, der vor der Thür auf Nachricht wartete. Er war hocherfreut. Gr nahm einen Schlauch, der an der Wand hing, füllte ihn aus einem der Weinfässer und trug ihn mit der frohen Botschaft zu den in der Nähe lagernden Räubern, die nun auf die Gesundheit von Mutter und Kind tranken. In der Hütte wurde es ruhig. Die Wöchnerin schlief mit ihrem Kleinen im Arm, beim Feuer saß die Hirten frau, -ie noch kein Wort gesprochen hatte, aber die noth- wendigsten Dienste verrichtete. Sie bereitete auch den Gerstenschleim für die Wöchnerin. Die Räuber hatten Gerste, Pflaumen, Zucker und Thec hcrbeigcschafft, nnd an den folgenden Tagen brachten sie Kartoffeln, ab und zu ein Huhn zur Hühnersuppc; auch das Babn kündigte seinen Hunger durch kräftiges Schreien an. Es wurde in ein Stückchen Leinwand ein Bällchen Watte gebunden und dieser improvtsirte Schnuller in den Gerstcnschlcim ge taucht. Mitten in der Nacht erwachte Miß Stone und sah zu ihrem Erstaunen, daß der größte und sinstcrste unter den Räubern, den die Frauen unter einander „den bösen Mann" nannten, mit dem Neugeborenen beim Feuer saß. Er hatte e» der schlafenden Mutter weggcnommen nnd schaukelte es auf seinen Knien. Der daraus folgende Tag war ein Sonntag, der in der Pflege um Mutter nnd Kind schnell verging. Gegen Abend ließen die Räuber sagen, sie möchten die Mutter beglückwünschen und das Kind sehen. Ls wurde Toilette gemacht, so weit die vor handenen Mittel das zuliebe« — da» Kleine wurde mit dein -«häkelten Baschlik orap«t — und bi« Räuber traten einer nach dem andern ein. Sie hatten ihre geschwärzten Gesichter und Hände gewaschen, -ie Waffen blank geputzt und hielten sich feierlich und stramm. Jeder sagte der Mutter, die glücklich lächelnd auf dem Stroh lag, Worte der Beglückwünschung und des Trostes. Dann traten sie zu Miß Stone, die beim Feuer saß und stolz das Kind hielt. Jeder einzelne Räuber sah das winzige Gesicht, die zierlichen Händchen lange an und murmelte einen Segcnsspruch. Frau Zilka hatte schon bestimmt, daß das Kind Elena heißen müsse — nach ihrer eigenen Mutter und nach Miß Stone — im Englischen wollte sie es Eleanor nennen, das klang ganz ähnlich wie das bulgarische Elena. Den Räubern wurde cs mit dem Diminutiv als Elenky vorgestcllt. Sic waren Alle glücklich, daß durch die Geburt des Kindes ihre aber gläubische Furcht, cs könnte ihnen Unheil zustoßen, wenn sie einem Ungeborencn Schaden znfügten, nnn ein Ense hatte. Sie versprachen, für die Ausstattung zu sorgen; Einer wollte Elenky Opanken machen, ein Anderer einen Kapuzenmantel, ein Dritter versprach eine Pelz haube, Einer ein neues Lied. Schon am nächsten Tage sollte Frau Zilka sich zur Reise rüsten. Miß Stone legte sich ins Mittel. „Tas geht nicht", sagte sie entschlossen. „Sie kann doch reiten", meinte der Räuber. „Gewiß nicht!" versicherte Miß Stone. Wenn schon gereist werden müsse, meinte sie dann, so solle man aus der Bettdecke und Baumästen eine Tragbahre machen und Fran Zilka tragen. Aber die Pfade waren zu schmal, als daß dies möglich gewesen wäre — in eine Kiste wollte man sic setzen. Miß Stone machte den Räubern begreiflich, die Wöchnerin müsse liegen, sonst werde sic krank und fürs Leben unglücklich. Kopfschüttelnd gingen die Räuber fort und beriethcn, was zu thun sei. Am Abend kamen sic wieder und brachten — einen Sarg. Drei Räuber hoben Frau Zilka hinein, nachdem er mit der Decke auSgefitttert worben war. Sic schlug ihre Augen zn den Männern auf und sagte: „Jetzt müßt ihr auch noch sagen: Der Herr vergebe ihr!" Es ist dies der im Osten während der Sarglegung übliche Spruch. „Das solltet Ihr nicht sagen!" rief Einer, und Thränen fielen in seinen Bart. (N. Fr. Pr )
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