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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 02.08.1902
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1902-08-02
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-19020802014
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1902080201
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1902080201
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
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- Ausgabe
- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1902
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Tabellarischer und Ziffernsatz entsprechend höher. — Gebühren für Nachweisungen und Ofsertenannahmr 3S (excl. Porto). Extra-Beilagen (gesalzt), nur mit der Morgen-Avtgabe, ohne Postbesörderung >l 80.—, mit Postbesörderung ^l 70.—, IiuuahMschluß fiir Anzeigen: Ab end-Ausgabe: vormittag« 10 Uhr. Morgeu-SuSgabe: Nachmittag- 4 Uhr. Anzeige» sind stet« an die Expedition zu richten. Die Expedition ist Wochentag- ununterbrochen geöffnet von früh 8 bis Abends 7 Uhr. Druck und Verlag von E. Polz m Leipzig. 88. Jahrgang. - „Die Socialdemokraten beantragen Zollfreiheit". L2 Dieser Satz kehrt in den Berichten über die Berband- lungen der Zollrarifcommissioa fast bei jeder neuen Position wieder und jetzt, bei der Berathung der Eisenzölle, die man mit Recht den geschäftlichen AuSgangSpunct, aber auch das Fundament des gewerblichen Schutzsystem- genannt hat, erst reckt. Diese Wiederboluug darf von den Freunden einer ge mäßigten Zollpolitik freudig begrüßt werde», insbesondere für den Fall, daß der Tarif doch noch zur Parole für die nächste» allgemeinen Wablen werden sollte. Die Socialdemokratie setzt fick durch diese ihre Taklik mit den zu ihr haltende» Arbeitern zahlreicher FabrikalionSzweige und zugleich aber auch mit der rn ihrem Schooße längst vorherrschend gewordenen wirth- schaftSvolitischen — natürlich, da- versteht sich bei der ZukunflSstaatS-Partei von selbst, zeitlichen wirthschaftS- politischen — Theorie in Widerspruch. Diese ist, zunächst allerdings noch von Getreide, Vieh und dergleichen abgesehen, schutzzöllnerisch. KautSky hat dem Frei handel abgesagt und Schippel hat, eS ist dieö erst kurze Zeit her, unter Hinweis auf die den deutschen Arbeitern besonders gefährliche amerikanische Concurrenz auSgerufen: „Wer sind denn bei unS die Freihändler? Antwort: Die freisinnigen Kleinbürger und die Beamten!" DaS Verharren auf dem bloßen Consumeutenstandpunct ist von den wissenschaftlichen Vertretern keiner national ökonomischen oder socialen Richtung härter verurtbeilt worden als von denen der Socialdemokratie. DaS Licht dieser hohen Erkenntniß ist, wenn auch durch schmale Ritzen, sogar in die ReichStagScommission gedrungen. Der Abgeordnete Hoch hat dort lebhafte Zustimmung und warmen Dank Seiten- des Grafen PosadowSky geerntet durch den Aus spruch: „DaS ist richtig, wer nichts zu bieten hat, um Zu geständnisse zu machen, der kann nicht zu Handelsverträgen gelangen," zu Handelsverträgen uotadeus, die eine Reihe von Schutzzöllen festlegen; der absolute Freihandel braucht keine Verträge, er will die heimische Arbeit „autonom" zu Grunde gehen lassen. Und Bernstein, der eben erst aus dem Jdealstaat der Mauchesterleute, auS England, hereingekommeue Eduard Bernstein? Er ver warf in der Commission den Zoll auf Eisen. Aber der für ihn gewichtigste Grund war der, daß der beantragte Zollsatz, wenn auch ein etwa- erhöhter, einem schleudernden amerika nischen Export gegenüber kein ausreichendes Abwehrmittel sei. Bekomme man es mit einer solchen Praxis der Amerikaner zu thun, so helfe nur ein — Einfuhrverbot. Nun ist aber das Einfuhrverbot zweifellos die vollkommenste Verwirklichung deS Schutzgedankens, freilich auch dessen gefährlichste Form der Fleischwerdung, weshalb sie gerade gemäßigte WirthsckaflSpolitiker nach Tbunlichkeit zu vermeiden suchen. Wie also der „Genosse" Hoch die Noth- wendigkeit eines autonomen Tarif- mit nicht zu niedrige» Sätzen, so hat „Genosse" Bernstein die Möglichleit der Ein- tritteS einer Schutzbedürstigkeit, und für diesen Fall die UnabweiSbarkeit denkbar weitgehendster Befriedigung an erkannt. DaS ist schon etwas sür eine Fraction von der — DiSciplin der socialdemokratischen. Man bat Hoch, worauf wir schon aufmerksam gemacht, in den Amtsblättern der Partei todtgeschwieaen und Bernstein nur zu Worte kommen lassen, weil seme Ausführungen sich schließ- lich doch unter der stehenden Rubrik: „Die Socialdemokraten beantragen Zollfreibeit" anbringen ließen. Es giebt aber auch eine nichtamtliche socialdemokratische Presse. Sie setzt sich au- der Mehrzahl der Organe der Gewerkschaften zusammen und sie wagt sich schon fetzt, obwohl dazu in der That Muth gehört, mit Widerspruch hervor. Der schon kurz citirte „Korrespondent der Arbeiter und Arbeiterinnen der Hut- und Filzwaarrnindustrie" bezweifelt nicht, daß die von den Herren ReißhauS und Baudert, zwei sehr wohl- situirten „Genossen", in der ReichStagScommission lebhaft be fürwortete Verwerfung der Zölle auf Haarhüte von den Arbeitern der Branche mit „Kopfschütteln ausgenommen wird." ES ist aber etwas Stärkere- al- mißbilligende- Erstaunen, was sich kund giebt, eS ist Entrüstung. Der „Correspondent" bemerkt nämlich späterhin: „Die au-ländischen Haarhutfabrikauten habe» dies« für sie günstigen Umstände mit Erfolg au-genutzt; die deutsche Haarhut macherei ist fast concurrenzunfähig geworden — und nun soll ihr nach Doctor Eisenbart'schem Necept vollends der Saran- ge macht werden durch die Zollfreiheit. Di« (gemeiot sind eben die ausländische» Concurrrnteu. Die Red.) Millionäre und Arbeiter autsauger schlimmster Sorte, wie Hückel in Neutitschein (Mähren), heimsen bei der Zollfreiheit noch größere Profile eia und — die deutsche« Haarhutarbeiter können hungern oder betteln." Es wäre thöricht, sich zu Wundern, und unbillig, e- zu tadeln, daß die hier zu Worte kommenden Arbeiter sich gegen ihre parlamentarischen Zwingherren der Ironie bedienen, Vie sie Jahrzehnte lang vou eben diesen Herren gegen die deutsche „Bourgeofie" haben führen hören. Die social demokratischen Machthaber werden sich durch solche Vor haltungen und Beschwörungen nicht erweichen lassen, denn — sie können nicht mehr zurück. Sie haben ihre Sache für die nächsten Wahlen einmal auf die „Zoll freiheit" gestellt, in der Meinung, die industriellen Arbeiter würden über die „Brodwucher" - Sätze alft- Andere und auch die im Zolltarif enthaltene Förderung ihrer eigenen Interessen vergessen. Die vorstehende Preßstimme ist nicht das erste Anzeichen dafür, daß die Rechnung wenigstens sür eine Reibe von industriellen ErwerbSzweigen eine irrige war. Für Wahlen wäre eine von Hunderttansenden von Arbeiter» gern gehörte Losung „Nicht Hungern und nicht Betteln" eine der Socialdemokratie sehr unbequeme Er scheinung. Und wenn sie, sobald eS zur Entscheidung über den Tarif im Plenum des Reich-tagS kommt, auf ihre ObstructionSabsichten verzichten, wird, so kennt man schon jetzt den Beweggrund: die Socialdemokratie muß froh sein, wenn vor dem Wahlkampf rin Tarif in- Trocken« gebracht ,st und sie mit der Gegnerschaft der extremen Agrarier gegen Handelsverträge, die ja jeder Arbeiter will, operirea kann. In jedem der beiden möglichen Fälle ist e- also er wünscht, und die FreitaaSsitzung der Commission (s. u. Dtsch. Reichstag) hat die Erfüllung diese- Wunsche- gebracht, daß e-, namentlich unter Fortdauer der Führung des mit Recht so beliebten Herrn Stadthagen, m der Com mission weiter geht wie bisher und auS den Berichten nicht die Angabe verschwindet: „Die Socialdemokraten beantragen Zollfreiheit I" Die polnische Sprache in Len Schulen. Man schreibt unS: Wie verlautet soll in der Gymnasialanstalt zu Schwey die polnische Sprüche als fakultativer Lehrgegenstand für deutsche Schüler in den LehrvlAft wieder ausge nommen werden, nachdem der Unterricht in der polnischen Sprache vor 3 Jahren aufgehoben worden war. Diese Wiederaufnahme des polnischen Sprachunter richts hat Manches für sich, aber auch Manches gegen sich. In jedem Falle aber versteht es sich ganz von selbst, daß nur deutsche Schüler an dem Unterrichte zu bethetligen sind. Hierüber ereifert sich allerdings die ,Fölm Bolksztg.", die es als gutes Recht der polnischen Schüler.erklärt, ebenfalls an dem Unterrichte theilzunehmen, da die Söhne polnischer Eltern, die dies thun wollen, entweder über haupt noch kein Polnisch könnten oder zwar die Sprache beherrschten, aber Grammatik und Orthographie kennen lernen wollten. Die „Köln. Bolksztg." wird nicht eben viele Söhne polnischer Eltern ausfindig machen können, die der polnischen Sprache nicht mächtig wären. Hingegen wisscii^vir von den Kindern polnischer Eltern — der Vater war Lehrer an einem königlich preußischen Realgymna sium, was den Fall besonders charakteristisch macht —, baß ihre Kinder bis zum sechsten Lebensjahre auch noch nicht ein Wort der deutschen Sprache hatten lernen dürfen. Unter diesen Umständen den Söhnen polnischer Eltern auch noch auf dem Gymnasium polnischen Sprachunterricht zu ertheilen, wäre ein wirklicher Geniestreich. . Für deutsche Schüler, insonderheit solche, die Beamte werden wollen, hat die Erlernung der polnischen Sprache allerdings mancherlei Bortheile, worunter wir nicht etwa persönliche Vortheile verstanden wissen wollen, sondern Bortheile im Staatsinteresse. Wir denken dabei in erster Reihe an die Richter. Die Uebersetzungen der Aussagen polnischer Zeugen, Angeklagter oder Parteien durch die Dolmetscher sind oft sehr mangelhaft, woran in der Regel mangelnde Auffassungsgabe des Dolmetschers die Schuld trägt. Wenn also der Richter in der Lage ist. den Dol metscher zu controlliren, so wird dadurch die Möglichkeit, das Recht zu finden, gesteigert. Wir denken ferner an die Polizeibeamten. So lange die Entscheidung des Obcrverwaltungsgerichts, daß politische Versammlungen jin polnischer Sprache abgehaltcn werden dürfen und also nicht wegen des Gebrauchs dieser Sprache aufgelöst werden dürfen, bestehen bleibt — wir bedauern zwar lebhaft diese Entscheidung, denn eS erscheint uns doch wohl schlüssig, daß öffentliche Erörterungen über die Politik des Staates auch in der Sprache des Staates stattzufinden haben, aber sie besteht doch nun einmal —, so lange wird es auch wünschenswerth und nothwendig sein, daß die Polizei beamten in der Lage sind, den polnischen Reden zu folgen. Neben diesen Bortheilen hat die quasi officielle Er lernung der polnischen Sprache auch mancherlei Nachtheile, vor allen Dingen den, daß die deutschen Beamten, die die polnische Sprache auf der Schule erlernt haben, nachher einen gewissen Stolz auf ihre Kenntnisse besitzen und ge neigt sind, die Sprache im Verkehr mit dem polnischen Publicum, eventuell auch im geselligen Verkehr, ohne Weiteres anzuwenden, statt erst festzilstellen, ob es den Polen durchaus unmöglich ist, sich der deutschen Sprache izu bedienen. > Davon aber ist unter allen Umständen auszugehen: daß eS nämlich das WünschenSwerthe und Erstrebenswürdige sein muß, daß der Verkehr zwischen dem Beamtenthume eines deutschen Staates und den Angehörigen diese- Staates auch in deutscher Sprache stattfindet. Und deS- halb meinen wir, daß der Staat seine Aufmerksamkeit mehr darauf zu richten hätte, dafür zu sorgen, daß die Zahl der Polen, die der deutschen Sprache nicht mächtig sind, sich immer mehr einengt, als daß die deutschen Schüler die polnische Sprache erlernen. Deutsches Reich. ä Berlin, 1.August. (Die Zollreform vou 1878/79 und die Entwickelung derJndustrie.) Al« der Staats sekretär de- Innern ia der Sitzung der Zolltarifcommission am Mittwoch, nachdem er die Wichtigkeit de« Schutzes der heimisch«» Gütererzeuguug der ausländischen Concurrenz gegenüber hervorgrhobeu hatte, fragte, ob man glaub«, daß Deutschland auch ohne die wirthsckaflliche Umkehr von 1879 industriell so hoch emporgeblüht wäre, tönte ihm au- der äußersten Linke« ein lebhafte- Jawohl ent gegen. Au- diesem Anlaß ist e- angebracht, daran zu er innern, wie der verstorbene Abgeordnete vr. v. Siemen-, der sich zur freisinnigen Bereinigung hielt, am 14. Fe- bruar 1900 vor vrrsammeltem Reichstag ausdrücklich sagte, wir seien au- dem wirthschafrlicheu BeharrungSzustande des sechsten und sirbenteu Jahrzehnt- de- abgrlauftnen Iabr- hundert- seit der Di-marck'schea Zollreform im Jahr« 1878 hrrau-getrrteu; die ganz neue industrielle Entwicklung, in der wir un- seit der Einführung der Schutzzölle befänden, sei eiu Resultat der 1878er Zollpolitik de- Fürsten Bismarck. Diese Schutzzollpolitik vom Jahre 1878 habe zur Folge gehabt eine ungeheuere, fast krankhafte Entwicklung unserer Industrie, welcher di« Lrudwirthschast leider nicht gefolgt sei. Im Gegentheil habe die Landwirthschaft einen Theil ihrer Arbrit-kräst« an die Industrie abgegeben. Die- Zeuguiß, eine- gerade vom Freisinn so hochgeschätzte» Manne-, vrr- diente doch gerade -ei feiue» politischen Freunden «in wenig mehr Beachtung. - * Berlin, 1. August. Zu der Frage der Ber- einfachung der Personentarife schreibt die „Zcitg. des Vereins deutsch. Eisenbahnverw.": „Diese Vereinfachung lvurde sofort dankend entgcgcngc- nommcii, soweit die Lage der Reisenden sich dadurch verbesserte; dahin gehört z. B. der Ersatz der Sommerkarten durch die billigeren Rückfahrkarten. Anders lag die Sache da, wo die Vereinfachung gewisse Preiserhöhungen zur Folge haben mußte. Als diese Erhöhungen thatsächlich eintratcn, wurden sie von den betroffenen Personen nicht gerade mit Jubel cntgcgenge- nommen. DaS begreift sich ja. Die Art und Weise, wie sich gewisse Kreise aber — und zwar nicht allein die Leute, die von jeder Gelegenheit, den Eisenbahnen etwas am Zeuge zu flicken, gern Gebrauch machen — gegen diese Erhöhungen wehrten, wie sie kein Mittel unversucht ließen, um diese angeb lich berechtigten Eigenthümlichkeiten für alle Zeiten für sich zu behalten, wie sie die Wirkungen der meist ganz geringfügigen Erhöhungen maßlos übertrieben — diese Vorgänge bilden kein gerade anziehendes Capitcl in der neuesten Geschichte unseres Verkehrswesens. Es fehlt eben, wie eS scheint, vielfach das Verständniß dafür, daß der Nutzen, den die Gesammtheit von einer wirthschaftlich guten Maßregel hat, in keiner Weise beeinträchtigt oder gar wett gemacht wird durch geringe Nachtheile, die für einzelne Kreise dadurch hcrbcigeführt werden. Und wer wollte eS bestreiten, daß cs an sich grund sätzlich geboten und richtig ist, wenn Jedermann unter den gleichen Voraussetzungen denselben Preis für dieselbe Leistung einer Verlehrsanstalt von der Größe und Bedeutung der preu ßischen Staatsbahnen zahlt? Daß die Preise für die einfachen, für die Rückfahrkarten, für Sonntagskartcn, für Gesellschafts karten, für Sonderzüge im ganzen Land naturgemäß die glei chen sein müssen? Nehmen wir einmal an, es gelte die Be- förderungSprcise für ein plötzlich vorhandenes Eisenbahnnetz von dem Umfang der preußisch-hessischen Staatsbahnen neu zu bilden: wem würde es da wohl cinfallen, die Preise für Sonderzüge und Sonntagskarten nach dem Harz anders zu be messen, als nach dem Thüringer Wald, dem Teutoburger Wald, dem Sauerland, dem Riesengebirge? Andere Preise aufzustellen für eine Vergnügungsfahrt nach Stettin als nach Greifswald oder Stralsund? An dem einen Orte Fahrpreis ermäßigungen nur am Sonntag, am anderen auch am Mittwoch oder Donnerstag zu bewilligen? Derartige Ungleichheiten, derartige Vergünstigungen einzelner Gegenden sind eine Un gerechtigkeit gegenüber all den Gegenden, für die sie nicht gelten. In Folge der Verlängerung der Tauer der Rückfahr karten hat sich im letzten Jahre die Zahl der zusammcngestellten Fahrscheinhefte um über 50 Proccnt vermindert, ebenso wie die Arbeit in den Dienststellen, von denen die Fahrscheinhefte verkauft werden. Einzelne dieser Dienststellen haben cingczogen werden können. Auch die FahrgeldcrstattungSanträgc sollen sich erheblich vermindert haben." (-) Berlin, 1. August. (Telegramm.) Die „Nordd. Allg. Ztg." erklärt, daß im „Vorwärts" am 18. Juni mil- getheille Angaben deS Arbeiterbundes in Littauen und Polen unrichtig seien. Nach den Angaben hätten russische Gendarme in russischer Uniform in Begleitung eines deutschen Gendarmen in einer Reibe von Restaurationen und Einfahrten in Bajohren bei Memel Haussuchungen vorgenommen und nach unerlaubten russischen Schriften gefahndet. Die „Nordd. Allg. Ztg." fügt hinzu: Nach amtlicher Ermittelung fanden in der betreffenden Zeit Haussuchungen ia Bajohren überhaupt nicht statt. Die Gastwirthe in Bajohren, die sämmtlich über die angeblichen Vorgänge vernommen worden sind, haben ausgesagt, daß zwar russische Gendarmen wiederholt über die Grenze ge kommen seien, aber nur Bier getrunken, kleinere Einkäufe gemacht, oder sür sie bestimmte Sachen abgeholt haben. 8. Berlin, 1. August. (Privattelegramm.) Die „Nat.-Ztg." schreibt: „Nach einer vom „Bureau Laffau" übermittelten Meldung der „Daily Mail" soll ein siamesischer Bleemintftcr als Specialcommissar für Europa in Neapel gelandet sein und sich auf dem Wege nach Berlin befinden, wo er von Kaiser Wilhelm empfangen werden soll. Hinzugefügt wurde, dieser siamesische Specialcommissar wäre beauftragt, mit dem deutschen Reiche über einen Handels vertrag zu verhandeln. An unterrichteter Stelle erfahren wir, daß bisher hier kein siamesischer Specialcom missar angemeldet worden ist." (Andere Berliner Blätter haben bereits, wie mitgetheilt, die Ankunft einer siamesischen Sondergesandtschaft unter Führung eine- Prinzen Chira gemeldet. Red.) L. Berlin, 1. August. (Privattelegramm.) Ein Verein selbstsiSndiger polnischer Barbiere UN» Friseure Berlin« und der Vororte soll ia den nächsten Tagen in« Leben gerufen werden. Besondere polnische Vereine bestehen bereit« für die Gewerbe der Bäcker, Gärtner, Schlächter und Tischler. (Nat.-Ztg.) — Die Rückreise der Kaiserin nach Cadinen, wo die Kaiserin vorausicktlich bi« gegen Mitte August verbleiben wird, erfolgt am 3. August. Der noch in Sabinen weilende Prinz Adalbert von Preußen wird sich demnächst mit Ge nehmigung de- Kaiser- nach dem Jagdschloß Rominten be geben, um sich dort über die Iagdverhältniffe zu unter richten und gegebenen Falle« kurze Zeit der Jagd odzuliegea. Auf der Rückreise von Rominten wird Prinz Adalbert in Königsberg i. Pr. übernachte» und am anderen Tage (voraus- sichtlich am nächsten Sonntag) die Sehenswürdigkeiten der alten Krönungsstadt in Augenschein nehmen. — Zu der Frage der Zulassung russischer Stu- den »innen zum Studium an der Berliner Universität be schloß der Verein studirender Frauen zu Berlin einstimmig folgende Erklärung: Wir imVerein studirender Frauen vertretenen deutschen Studentinnen sind un- durchaus der Gesahr bewußt, die durch die wahllos» Zu lassung mluderwerthlg vorgrbildetrr Ausländerinnen der Sach« de« Frauenstudium- drohen würde. Dir begrüßen jede Bestimmung, die der Vorbildung der welblichru Studirende» »ia möglichst hohe» Siiveau sichert. Wir wendrn un- aber auf da- Entschiedenste gegen die Aus- fassung dieser Bestimmung, als wolle man di« russischen Stuben- linnen ihre- sittlichen Verhalten- wegen von der Universität eulsernen. Wir betonen, daß wir bei uusrrm gemeinsamen Studium mit den Russinnen keinerlei Erfahrungen gemacht haben, die sür eine derartige Auslegung den geringsten Anlaß gäben. Wir würden e« bedauern, »venn die Handhabung der neuen Minlstrrial- bestimmung auch diejenigen Ausländerinnen der Universität fern hielte, die thatsächlich eine der deutschen gleichwerthige Vorbildung Nachweisen könnten. Diese Erklärung ist sehr überflüssig, da au-drücklich in der „N. A. Z." gesagt worden ist, dre Ministerialbestimmung richte sich nicht auSnabmSloS gegen die Russinnen, sondern nur gegen die wissenschaftlich ungenügend vorgebilbeten. — Die Entlassung aller Arbeiter, welche länger al« vier Wochen krank sind, auS städtischen Diensten, hat die Deputation der städtischen Gaswerke augrordoet. Den kranken Arbeitern ist ein amtliches Schreiben zugegangen, in dem eS heißt: „Es wird Ihnen mitgetheilt, daß Sie aus dem Dienst der städtischen Gasanstalt mit dem heutigen Tage entlassen sind. Sobald Sie Ibre Dienstfähigkeit wieder erlangt haben werden, soll Ihrer Wiedereinstellung bei vor handener Vacaoz jedoch nicht« entgegenstehen." Die« Schreiben haben auf der 2. städtischen Gasanstalt 18 erkrankte Arbeiter erhalten. — Der Vorsitzende de- ReichltagScentrum-, Graf Hompesch, ist zum Ehrenbailli de- Malteserorden« ernannt worden und hat dar Großkreuz de« Malteserorden« erhalten. (-) Kiel, 1. August. (Telegramm.) Die Kaiserin ist heute Mittag hier eingetroffen. — Prinzessin Heinrich und Prinz und Prinzess!» Friedrich Karl von Hessen sind heute Nachmittag zwei Uhr mit ihren Kindern vou Hemmelmark kommend hier eingetroffeu. Die hessischen Herrschaften verlassen voraussichtlich heute Abend Kiel. (-) Eckernförde, 1. August. (Telegramm.) Die Kaiserin ist heute Mittag 1 Uhr mittel-Sonderzuge- hier eingetroffeu und hat die Reift nach Grün Holz fortgesetzt zum Besuche deS Herzogs Friedrich Ferdinand vou Schleswig-Holstein und Gemahlin. D Schwerin i. Mecklenburg» 1. August. (Telegramm.) Heute Mittag 12 Uhr traf der Kaiser mit den Herren des Gefolges hier ein. Auf dem reichgeschmückten Bahnhofe waren zum Empfang erschienen: der Groß Herzog, welcher Kürassier-Uniform trug, die Herzöge Paul Friedrich, Johann Albrecht, Adolf Friedrich, Heinrich Borwin, sowie Prinz Heinrich XVIII. von Reuß. Zum Ehrendienst beim Kaiser ist Oberstleutnant v. Manteuffel commandirt. Auch der mecklenburgische Gesandte in Berlin, v. Oertzen, war an wesend und ebenso die Spitzen der Militär- und Ciril- behörden. Eine Ehrencompagnie des 89. Regiment« war am Bahnhöfe aufgestellt. Der Kaiser, welcher Marine- infanterieuniform trug, begrüßte den Großherzog aufs Wärmste. Nach Begrüßung der übrigen Fürstlichkeiten und der Vor stellung der Umgebungen schritten der Kaiser und der Groß herzog die Front der Ehrencompagnie ab und ließen die Compagnie alSdann in Parademarsch vorbeidefiliren. Dann begrüßte der Kaiser die anwesenden Minister und bestieg mit dem Großherzoz den Wagen zur Fahrt nach dem Schloß. Eine Schwadron Dragoner eScortirte. Die Feststraße vom Bahnhofe am Pfaffenteich vorüber nach dem Schloss plätze war prächtig mit Triumphbogen, Guirlanden und Flaggenmasten geschmückt. Kriegervereine Mecklenburgs und zahlreiche« Publicum bildeten Spalier. Die Monarchen, welche im offenen Vierspänner fuhren, wurden überall stür misch begrüßt. Im Schloß empfingen die fürstlichen Damen und die Hofckargen den Kaiser. DaS Frühstück fand in der Waffenhalle statt. Beim Frühstück führte der Kaiser die Großherzogin Marie und saß zwischen dieser und der Herzogin Paul Friedrich. Gegenüber dem Kaiser saß der Großberzog. Nachmittags 3 Uhr begaben die Fürstlichkeiten sich auf dem Dampfer „Obotrit" über den Schweriner See nach dem Schlosse Willigrad, wo bei dem Herzog und der Herzogin Johann Albrecht der Thee genommen wurde. DaS Publicum brachte allenthalben lebhafte Huldigungen dar. DaS Wetter ist kühl und trübe. — Der Kaiser verlieh dem Oberhof marschall v. Hirschfeld den Rothen Adler-Orden I. Classe und dem Präsidenten deS StaatsministeriumS Graf v. Basse- witz-Levetzow, dem Justizminister vr. vou AmSberg und dem Generaladjutanten Generalleutnant Freiherrn v. Malt zahn den Kronen-Orden I. Classe. * Aus Posen. Zum Falle Löhning schreibt die »Pos. Ztg": Für unS g'ebt eS in der bekannten Sache vorläufig eln „klon liguet" — erst „audiatur et alten» para"! Wenn Berliner liberale Blätter auf den Leim gingen, so ist das nicht unsere Sache. Das Wort: ,,O lieb', so laug du lieben kannst", ist auch uns heilig; aber wir hätten un- zu dem betreffenden Schreiben nicht — herabgelassen. WrShalb erhielt eS keine der Posener Zeitungen? Ist da» nicht auch symptomatisch für einen Ultramoutanen, der nicht zum ersten Mal „Eros' Rosensesseln" auf sich nahm? Natürlich wußten davon die Berliner liberalen Blätter nicht«; die „Nat.-Ztg.", „Boss. Ztg.", auch „Verl. Tagebl." werden schon ander« schreiben, wenn sie erst genaoer unterrichtet sind. Die „Ehre de« Feldwebels" — wie die „Boss. Ztg." sagt eine« hochachtbaren Manne» — Hot mit der ganzen politisch«« Sach« nicht» zu thun. Die Spötteleien persönlicher Natur sind nicht nach unserm Geschmack; im llebrigrn aber wird da- Blatt über die rein politische Seite schon gut unterrichtet sein, weiru auch die „Ehre de« Feldwebel«" vorläufig au« der Di-cusfion noch nicht völlig au-geschieden werden kann. (D Essen a. tz. Ruhr, 1. August. (Telegramm.) Wegen Beleidigung de« Chefredakteur« der „Rheinisch-West fälischen Zeitung", vr. RriSman», wurde beute Vor mittag der Verleger und Herau-geber der „Deutschen Bergwrrk-zeitung" in Essen, Klahre, vom hiesigen
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