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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 05.09.1902
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1902-09-05
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-19020905011
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1902090501
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1902090501
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- LDP: Zeitungen
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- Images teilweise schlecht lesbar
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- Ausgabe
- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1902
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Das interessanteste Moment bei der französischen Los von Nom-Bewegung liegt nun unstreitig darin, daß es in der Hauptsache Prie st e r sind, die, mit der alten Kirche zer- sallen, sich je mehr und mehr dem Protestantismus zu wenden nnd auch ihre Gemeinden in diesem Sinne be einflussen. Am 1. October 1897 brachte der „Clirötion kran^ais", das von dem früheren Priester A. Vvurricr neu ge gründete Organ des französischen Reformkatholicismus, eine geharnischte Erklärung, in der cs hieß: „Wir Alle wollen eine kirchliche Reform, einen verjüngten Kathv- licismus, ein Christenthum, wie es die Apostel gelehrt haben, die allein berechtigten Ausleger der Predigt Jesu." Das Papstthum, so wurde dann weiter mit be- wundernswerther Kühnheit ausgeführt, sei lediglich eine „menschliche Einrichtung" („n'ost x>our naus czu'uno Institution Iiurnaino"), und es müsse verurtheilt werden, wenn cs bei seinen antichristlichcn Privilegien beharre („oonciarnnublo, si eile s'obstino ckans I'arx-uoil clo sog Privileges anti-cstirötions"). Zuletzt wurde die Loosung ausgegebcn: „Nichts als das Evangelium, aber das ganze Evangelium!" Aehnliche Priesterbekenntnissc aus Frankreich liegen seitdem in großer Zahl vor. Wir erwähnen einige, die hervorragend charakteristisch sind. Einer der Ersten, die muthig ihre Stimme erhoben, war neben Bourrier der Pfarrer Philippst aus Plomion «Aisne), der, 1897 zur Verantwortung vor das Jnqnisitionstribnnal ge zogen, die Göttlichkeit des Papstthums bestritt und ins besondere die Unfehlbarkeit einzig und allein Gort zn- gestanden wissen wollte. („I-'inkaiUibilitö ost UN attribut <>us Diou nv pout Ms oomrnunigucr u uno croaturo".) „Ich will weiter nichts sein, als ein Verkündiger des Evangeliums!", so betheuerte Philippen, und er schloß mit dem mannhaften Gelübde: „In jeder Stellung, sei sie hoch oder niedrig, wohin mich die göttliche Vorsehung auch weisen möge, bin ich fest entschlossen, das Evangelium nach bestem Wissen und Gewissen zu verkündigen!" Friedrich Bonhomme, früher dem Carmclitcr- ordcn angehörig, schrieb: „Ich bin zwanzig Jahre Priester gewesen; ich glaubte Alles, was Nom lehrt. Seinen Glaubenssätzen und Andachtsübnngcn gab ich blindlings meine völlige Zustimmung. Wenn man mir heute einen Vorwurf daraus macht, daß ich die römische Kirche heftig bekämpfe, so möchte ich darauf Hinweisen, daß ich sie eben genau kenne, da ich sie lange studirt und geliebt habe." Der frühere Priester Felix Mail Ion klagte: „Ich muß mir sagen, daß auch ich dazu beigctragen habe, in französische Herzen die Keime der Decadence und des Todes zu pflanzen. Fürwahr, noch zwei Leben sollte ich haben, um diese Fehler wieder gut zu machen: seit acht Jahren bitte ich Gott, Christus und Frankreich um Ver zeihung dafür." Ein Anderer, Claveau, erklärte vor versammelter Gemeinde: „Ich habe nicht leichtsinnig ge handelt; ich habe überlegt, studirt, gebetet; ich gehorche Gott und meinem Gewissen. Den römischen Katholicis- mus kann ich nicht mehr annchmen, aber ich bleibe beim Christenthum und halte mich fester daran als je. Deshalb trete ich zum Protestantismus über, dessen Lehren und Werke ich von jeher mehr in Einklang gefunden habe mit dem Evangelium und mit dem Geiste der ersten Jahr hunderte." Aehnliche Zeuguisse liegen zu Hunderten vor, und cs must diesen Leuten wohl ernst mit ihren Protesten und Austritten gewesen sein, denn nur allzu oft war ihnen damit jegliches Einkommen auf einmal ab geschnitten, und es ist ergreifend, wenn Bourrier, das schon genannte Haupt der ganzen Bewegung, gelegentlich daran erinnern mußte: „Wir kennen Priester, die Monate lang von Thür zu Thür sich schleppten und überall abgewiesen wurden; wir haben stolze Männer weinen sehen " Um die rommüden Kleriker vor schlimmster Noty und Verzweiflung zu schützen, hat man schließlich besondere Hilfsmerke eingerichtet. Hier kommt vor Allem das „Osuvi'6 «los prot res sortis «Io I' e 81 i 8 e r o IN u i II e" in Courbevoie bei Paris in Betracht, wo beispielsweise im Jahre 1899 nicht weniger als 32 Er-Priester unterstützt wurden, von denen sich dann 14 der protestantischen Theologie zuwandten. In Sdvres hat Bourrier eine ähnliche Einrichtung ge troffen. Die französische Pricsterschaft, soweit sie noch romtrcu ist oder sich so giebt, hat im Volke längst nicht mehr den Einfluß wie früher. Erzbischof Ireland, der in seiner Jugend oft in Frankreich weilte, erklärte vor etwa anderthalb Jahren in elegischem Tone: ,^Heutc durchreise ich Frankreich von Calais bis Marseille — nnd was sehe ich? Kirchen, die fast leer stehen, wo kaum noch eine Handvoll Leute das Knie vor dem Altar beugen. Ich lese die Zeitungen und erfahre daraus, daß der Kampf um Sein oder Nichtsein entbrannt ist und daß wir, wenn cs so fvrtgeht, nach menschlichem Ermessen die Besiegten sind." Auf einem großen Pricstercvngreß zu Bourges erging sich kürzlich Abbe Pastorat in ganz ähnlichen Klagen, und Bischof Numeau von Angers sprach die beachtenswcrthen Worte: „50 000 Priester steigen täglich die Stufen zum Altar empor nnd verkündigen so häufig das Wort Gottes von der Kanzel herab. 50 000 Priester, die das Licht der Welt und das Salz der Erde sind, und doch wird dieses Licht dunkel und dieses Salz wird dumm." Mancher tüchtige Kleriker fühlt sich allmählich von Nom abgestotzen, weil er in der bloßen Bcthütigung der äußeren Cereinonien keine Befriedigung mehr findet. Wie im Volke, so verlangt man beinahe noch mehr im Priesterstande nach Berührungspunkten mit dem modernen Geistesleben. Als Abbe Hammer seiner Zeit gemeinsam mit dem vrvtestautischcn Pädagogen Buisson gegen die „Verdummung der Nation" zu Felde zog und dabei u. A. die Assumptivnistcn wegen ihrer geistlichen Geldgeschäfte brandmarkte, war man in weitesten Pricstcrkreisen voll dankbaren Beifalles. Abbe Lacroix wagte im „Figaro" sogar zu schreiben: „Diese unerwartete, aber symptomatische Manifestation möge den Verkäufern im Tempel zu verstehen geben, daß sic gut daran thüten, mit ihrer frevlerischcn Industrie sich ans dem Staube zu machen." Natürlich giebt es auch in Frankreich immer noch genug klerikale Heißsporne, aber mit ihrem mittclalterlich- zelvtischcn Numorcn leisten sie der auf Reform ge richteten französischen Priesterbcwegnng unwillkürlich nur Vorspanndicnste. Auf etwas nachdenkliche Gcmüther konnte es z. N. mir komisch wirken, wenn auf einem marianischen Congresse der letzten Jahre der Jesuit Cvube den Gipfel des Fanatismus und der Intoleranz mit den liebevollen Worten erkletterte: „Wie war er schön und furchtbar, der Löwe von Frankreich, als e r s i ch v v r d e m T h r o n d e r P ü p st e a u s st r e ck t c und die gekrönten Räuber anfuhr: Weg von hier!, als er zu der Ketzerei der Albigenser sagte: Stirb! und zum Protestantismus: Fort mit dir! Ja, er war schön damals, der Löwe von Frankreich. So brülle denn, Löwe, . . . . und befiehl den ruchlosen Seelen, vom Boden Frankreichs zu verschwinden! Möge deine mächtige und fürchterliche Stimme hinüber dringen über den ewigen Montblanc und jedes Echo es weiter sagen, daß das Reich der Lüge ein Ende hat!" Nationale und patriotische Gedanken sind das gerade nicht, aber es ist, wenn man aus der Phrasen hastigkeit des genannten jesuitischen Herrn den Grund gedanken herausschält, doch die officielle Auffassung des französischen Mtramvntanismus. Die liberaler denken den Priester empfinden aufs Bitterste diese entnationali- sirende Tendenz Noms. Generalvicar Birot von Albi hat sich hierüber einmal recht gründlich ausgesprochen: „Wir lieben unser Vaterland und unsere Zeit nicht genug. Will der Priester Einfluß auf seine Zeitgenossen gewinnen und sie zum Christenthum zurückführen, so muß er einen aufgeschlossenen Sinn nnd ein warmes Herz für sein Land und seine Leute haben. Unser Patriotismus hat etwas Düsteres, Verdrossenes." Weiter erhob der Generalvicar den schweren Vorwurf: „Die Katholiken haben die Politik der Enthaltung oder gar der Obstruction geübt. Sie hatten kein Interesse für die sociale Be wegung. Sie, die sich für unentbehrlich hielten, haben die Welt gelehrt, über sie hinwegzugehcn." Geradezu verblüffend aber in ihrer Offenheit wirkt Birot's unan fechtbare Selbstanklage: „Wir haben es nicht verstanden, die edlen Bestrebungen des Jahrhunderts zu den unsrigcu zu mache»; wir haben es nicht genug geliebt. Statt ihm zu seiner Befreiung zu verhelfen, haben wir nur daran gearbeitet, cs zu beherrschen." Daß den austretcndcn Priestern von einem wasch echten Klerikalismns allerlei unlautere und höchst welt liche Beweggründe untergeschoben werden, entspricht ganz der für solche Fälle altbewährten ultramontanen Praxis. So ließ sich ein „deutsches" Centrumsblatt im vorigen Jahre „aus Paris von hervorragend unterrichteter Seite" die höhnische Bemerkung schreiben: „Daß die abgcfallcncn Priester die wahren Beweggründe ihrer Bekehrung angebcn, daß die protestantischen Blätter die selben abdrucken, können wir natürlich nicht erwarten; wir sind deshalb auf Muthmaßungcn angewiesen, aus dcncu sich keine sicheren Schlüsse ziehen lassen." Tic letztere Bemerkung zeigt doch wenigstens, daß man sich im ultramontanen Lager der Verständnistlosigkcit für die ganze Bewegung einigermaßen bewußt ist. Im Ucbrigcn ist es angebracht, an die Aufnahmebedingungen der Priesterasyle in Courbevoie und Sevres zu erinnern, nach denen nur solche romflüchtigen Kleriker eine Unter stützung gewärtigen dürfen, die einen durchaus würdigen Lebenswandel geführt haben. Manche unter den sorgenden Freunden Noms schieben die Hauptschuld an der französischen Priestcrbcwcgung der modernen Nibelkritik zu, die aus der protestantischen Theologie allmählich in die Herzen der französischen Kleriker hinttbergesickcrt sei. In diesem Sinne hat sich n. A. Fontaine in seiner Schrift „I-es Ulustrations protestantes et le Olerxe I?ran?ais" (Paris 190l) aus gesprochen. Man fühlt offenbar gar nicht, welch großes Armuthszeugnist hiermit der katholischen Theologie aus gestellt wird. Allerdings sind Hunderte von lerneifrigen Priestern schon längst dahinter gekommen, -aß der in Frankreich beliebte officielle Studienbetricb keineswegs auf der Höhe der Zeit steht. Auf einer großen Priester versammlung wurde zugegeben: „Unsere Theologie braucht nothwendig eine Erneuerung. Sie findet bei unseren Zeitgenossen kein Verständniß mehr. Warum wollen wir uns in eigensinniger Weise darauf versteifen, an unsere Zeit in der Sprache zu reden, die man einst auf der Universität Salamanca redete?" In diesem Zusammen hange darf wohl auf die wichtige Thatsache hingewiesen werden, daß in Frankreich bereits ein außerordentlicher Mangel an priesterlichen Zöglingen sich fühlbar macht. „Die „Lanterne" brachte vor nicht allzu langer Zeit die interessante Mittheilung: „Kein intelli genter oder gebildeter junger Mann denkt daran, die Soutane anzuziehcn. Um Priester zu bekommen, ist die Kirche darauf augcrviesen, Kinder armer Familien in zartem Alter auszusuchen und diese Opfer einer speciellen Dressur zu unterwerfen," Ein Commentar hierzu ist wohl überflüssig. Alles in Allem genommen, sind die Neformfreunde unter dem französischen Klerus guten Muthes und haben auch allen Grund dazu. Als jüngst der Bischof Turinaz sich berufen fühlte, eine Kampfschrift gegen die Uebcrtrittsbewegung vom Stapel zu lassen, schrieb Bourrier ruhig nnd zuversichtlich im „Ostretieu kranMis": „Diese Schrift ist ein schöner Triumph für unser Werk; sie ist das Eingeständniß unseres Erfolges, den wir in fünf Jahren unausgesetzten und hartnäckigen Kampfes er rungen haben.". Das Kaiserpaar in Posen. (7) Posen, 4. September. (Telegramm.) Oberbürger meister Witting dankte in seiner Festrede bei der Ent hüllung veS Kaiser Friedrich-Denkmals dem Kaiier für daS Gnadengeschenk, welches Allerböchstderselbe der Stadt gemacht nnd erinnerte an die Beziehungen der Stadt zu Kaiser Friedrich, der im Herzen der Posener schon lange ein Denkmal habe. Er betonte, daß die Errichtung des Stand bildes dem neuen Provinzialmuseum gegenüber ein Symbol für die Pflege der Kunst und Wissenschaft in der Ostmark im Sinne Kaiser Friedrich's sei und gedachte zuletzt in warmen Worten auch der Kaiserin Friedrich. Der Ober präsident v. Bitter führt in seiner Ansprache nach der Enthüllung aus, Liebe und Dankbarkeit hätten das Denkmal errichtet und würden eS in treue Obhut nehmen bis in die fernsten Geschlechter. Er gelobte Namens der Provinz Treue bis in den Tod und schloß mit einem Hoch auf den Kaiser. (-) Posen, 4. September. (Telegramm.) Die Ant wort des Kaisers auf die Huldigungsansprache des Pro- vinziallandtagsmaischalls Frbr. v. Wilamowitz-Möllen- dorsf bei der Annahme deS EhrentrunkeS im Ständehause lautete folgendermaßen: „Die patriotischen Worte, durch welche Sie Mir und der Kaiserin die Gesinnungen der Provinz Posen entgegengebracht haben, erfüllen Unsere Herzen mit Freude und Dank. Sie finden ihre Bestätigung durch den patrio tischen Empfang seitens der hiesigen Bevölkerung. Wir befinden Feuilleton. Audienz bei einem schwarzen Potentaten. i. Als vr. Carl PeterS im ersten Viertel des JabreS 1899 mit einer Expedition von der Ostküste Afrikas dem mächtigen Zambesistrom entlang hinein inS Innere des schwarzen Erdtheils zog, um daS alte, sagenhafte, oder jetzt vielmehr nicht mehr sagenhafte, sondern wirklich existirende Goldland Ophir mit seinen in der salomonischen Zeit angelegten Minen aufzusuchen, zu erforschen und wennmöglich auSzubeuten, mußte er sich seinen Wegdurck die „Residenzen" einer Anzahl Negerfürsten bahnen, die seinem Vordringen Anfangs einen gewissen Widerstand entgegensetzten, aber schließlich vor PeterS' UeberredungSkunst die Segel strichen und mit ihm sogar Freundschaft schlossen. Da gab eS denn jedcSmal höchst wichtige, mitunter sehr aufregende, aber stets höchst originelle Audienzen bei den schwarzen Majestäten. Ueber die bei Macombe, dem Beherrscher de« Makalangalande«, sei hier an der Hand des demnächst bei I. F. Lehmann in München er scheinenden bedeutungsvollen, außerordentlich anschaulich und anziehend geschriebenen Peters'schen Werke«, in daS wir durch daS Entgegenkommen des Verleger« schon jetzt Einblick nehmen durften, Einige« mitgetheilk. Unterwegs trafen wiederholt Boten von Macombe auf Or. PeterS, welche ihn willkommen hießen. Eü erging an ibn die Einladung, in Missongwe. der Hauptstadt des mäch tigen Ncgersürsten, einzuzieben. Unter großer Aufregung und allgemeinem Zulauf der Bevölkerung zog die Karawane in den Platz ein, über dessen EingangStbor zwei aufgesleckle Schädel den Ankömmlingen Willkommen zugrinsten. Die Honneur« für Macombe machte für ibn sein ältester Bruder nnd muthmaßlicher Thronfolger Thewangu, ein sehr klug auSschender und böslicher Manu. Zunächst wurden die mil gebrachten Geschenke zu Macombe gesandt: guter Calico und bunte Stoffe für feine Frauen, Kockgerätb und Töpfe, eine Last Salz, eine Last Mebl und, last not loast. ein „Temiongo" oder zwanzig Flaschen Negerschnaps. Die Geschenke wurden huldvollst angenommen nnd mit einem herzlichen Danke er widert. Gleichzeitig ließ Macombe sagen, daß er Peter- am anderen Morgen empfangen wolle. Der Tag verlief nicht gerade angenebm. Heiß brannte dir Sonne auf die Zelt« inmitten de« staubigen Missongwe mit seinen fünftausend Einwohnern und seinen unglaublichen Gerüchen. Dazu kam, daß PeterS fortwährend von den Würdenträgern und Verwandten Macombe'S, den JndemaS, überlaufen wurde, die furchtbar wichtig thaten und über „hohe Politik" sprechen wollten, um Cognac und Whisky zu bekommen. Abends nm 8 Ubr tanzte die Jugend dcö OrteS noch einen KricgStanz zu Ehren der Gäste, wofür Peters einige Armlängcn Stoff springen ließ, und in der Nacht setzte fick das Trommeln und Schreien fort. Um 4 Uhr Morgens fand bann zum Ueberfluß vor PeterS' Helt noch eine Trommelreveille statt, welche dieser, wie er erzählt, nicht gerade mit Segenswünschen beantwortete. Ganz ermattet stand der Doctor am nächsten Morgen auf und hatte die Freude, beim ersten Auslugen aus seinem Zelte schon ganze Horden Kinder wabrzunebmen, die sich seine Toilette ansehen wollten. Die Kinder, sowie eine ganze Anzahl der schöneren Hälfte der Eingeborenen — die Damen zeigten nichts weniger als Schüchternheit — begleiteten ihn übrigens unverdrossen, wohin immer er seine Schritte lenkte. Keine Secunde war er allein, und man kann es ihm glauben, wenn er anfing, seine Popularität zu verwünschen. Dann begann die Audienz bei Macombe, einem kräftigen Manne von Mittelgröße, mit klugen Angen, etwa- weichem Munde und lockigem Kinnbart. Der Ausdruck seines Gesichts war entschieden angenehm, sein Auftreten bescheiden, aber sehr Würdevoll. Unwillkürlich hatte man das Gefühl, einem vor nehmen Manne gegeniiberzusteben. Die Audienz begann formlos mit Uebrrreickmng und Er öffnung von drei Flaschen Sect, die PeterS mitgebrackt batte. Macombe ließ ein Wasserglas füllen, da« der Doclor zuerst zur Hälfte leeren mußte. Dieser, an alkoholische Getränke Ul Afrika gar nicht gewöhnt, war nicht erbaut über das Symposzpn, zumal der Fürst immer wieder Champagner und Cognac verlangte und sein „Opfer" immer Schritt halten mußte. Zweimal kam Macombe morgen« schon in aller Frühe und wollte trinken. Da mußte denn viel getrunken werden. WaS half-, die „Politik" rrheischle eS, also vorwärtSl Nachdem der Sect geleert war, sagte PeterS zu Macombe: „Ick freu» mick. Deine Bekanntschaft zn macken. Dein Name ist in Europa wohl bekannt, und ich habe die weite Reise von England gemacht, um Dein Land zu sehen. Ick danke Dir, daß Du mir Deinen Bruder Cuntrte geschickt hast, welcher mick hierher krackte, so daß ich nun auck den Macombe selbst kennen lerne. Ich hoffe, Du wirst mein Freund werden (sbemarv augo)." Macombe erwiderte in längerer Rede, welche er theil- weise an sein Gefolge richtete, daS ehrfurchtsvoll lauschte, ihn nur mit leisem Händeklatschen begleitend: „Du und Deine Brüder sind mir willkommen. Engländer und Deutsche will ick bei mir sehen, nur Portugiesen dürfen hier nickt erscheinen. Nun höre ich aber, daß Du selbst einen Portugiesen in Deinem Dienste hast, in Jnjanemagle. DaS überrascht mich, denn sollte er in mein Land kommen, so würde ich ibn tödten. Auch habe ick erfahren, daß Du der Freund der Portugiesen in Tanebare bist. Ich fürchte, wenn ick Dir erlaube, in meinem Lande zu reisen, und Du hier Grund und Boden besitzest, daß Dir alsbald Portugiesen Nachfolgen werden. Mit diesen lebe ick in Krieg und werde ich stets in Krieg leben. Meine Väter haben sie bekämpft seit langen Jahren (Xare Kare). Sieb her, zum Zeichen dieser alten Feindschaft trage ick hier den Finger eine« ihrer Großen um meinen Hal«, den wir getödtet haben, des Senhor Goweia. Willst Tu hier allein und in Frieden arbeiten, so bist Du willkommen — Portugiesen aber will ich nickt bei mir haben, und Deinen Portugiesen muß ick tödten lassen." „Wen meinst Du mit „meinem Portugiesen"?" fragte Peter«. „Er beißt „Polski" und ist augenblicklich am Tenje-Hügel." Peter« mußte unwillkürlich lacken. Herr von NapolSki, den Fürst Macombo meinte, war von gelber Hautfarbe und dunklem Haar; die Leute hielten ihn darum für einen Portugiesen. „Der Mann, von dem Du sprichst, ist kein Portugiese, sondern ein Deutscher. Er sieht ander« auS al« wir, weil seine Vorfahren Russen sind." Macombo schien anfänglich vr. Peters nicht zu glauben, und die Situation wurde un- gemütblich. Peter« erinnerte sich aber, daß Schroffheit auf seiner Seite leicht zum Ende dieser Expedition, ja zum Enke ihrer Tveilnchmer hätte führen können. Er kackte an die beiden Schädel vor dem Tbor. E« war ihm klar, daß ein Wink seines freundlichen NackbarS hingereickt hätte, ihm und dem vermeintlichen Portugiesen das Lebenslicht auSzublasen. So sagte er: „Wenn Tu mick für einen Lügner hältst, so ist es besser, wir beenden riese Unterredung. — Aber nock besser ist eS, Du überzeugst Dich erst, ob NapolSki Portugiese ist, ehe Tu solche Reden führst. Ich bin Dein Galt und auf Deine Ein ladung hierher gekommen. Die Portugiesen sind allerdings auch meine Freunde, die« aber ist kein Grund dafür, weShatb ich nicht auch der Deinige sein kann." Macombe drückte PeterS die Hand und erwiderte: „So sage mir denn, wa« ich für Dick thun kann." „Zunächst erlaube mir, daß ich meine Zelte außerhalb auf einem Hügel aufschlagen lassen darf, wir müssen frische Luft baben." Hierüber lachte Macombe, wobei er von seiner Umgebung stets accompagnirt wurde, bewilligte aber das Verlangen. Sodann möchte ich von Dir die Erlaubniß erhalten, in Deinem ganzen Lande nach Gold zu suchen, auch Häuser zu bauen. Deine Leute gehen jetzt nach Umtost, um Arbeit zu suchen. Wenn wir hier Minen betreiben, kannst Du sie bei Dir bebalten. Ich habe Dir Geschenke gebracht; ich habe sie in Tete gekauft. Du selbst mußt Deine Waaren: Gold, Elfenbein, Wach« und Gummi nach Tete oder gar Beira zum Verkauf schicken. Wenn ich ein Store (eine Handclöfactorei) in Deinem eigenen Lande anlegen lasse, kannst Tu Leuie, welcke Du »ölhig hast, in der Nähe erhalten und ebenso Producte Deines Landes dort verkaufen. E« ist also Dein Interesse, wenn ich ein Store bei Dir errichten lasse. „Wo möchtest Du dies Store bauen?" „In Jnjabanda, in der Nähe des GoldsteineS, den Du dort gefunden hast." „8a6iäl, vnngtra lpo" (Gut, Tu hast die Erlaubniß). „Von Missongwe will ick durck Dein Land ziehen zum Pompuy-Fluß, dann nach Jnyanaga, von dort über Umtast nach Beira und England. Gieb mir Deinen Bruder Cuntete, meinen Freund, daß er mich weiterbin begleite. Du wünschest einen großen Mantel, den ick Dir in Tete nicht besorgen konnte. Schicke Leute mit mir, so will ick Dir einen solchen und auch noch andere Geschenke aus Umtali schicken. Cuntete aber soll Dir Geschenke auS London bringen." Dieser Vorschlag machte Sensation in der Versammlung. Peter« machte ihn, weil er durch seine Ausführung am sickersten Freundschaft mit diesem Stamme erzielen konnte. Hatte er den LieblingSbruder dc« Fürsten hei sich, so waren gute Beziehungen mit seiner Station auch in seiner Abwesen heit gesickert, und die von ihm eingeleitete Verbindung ent wickelte fick normal. Macombe nahm den Vorschlag — eS mußte überraschen — an. „Cuuteto ntaöosts naivrs; kuanrrr utukLla, lava pLpwno". (Cuntete soll mit Dix gehen, zunächst aber sollt Ihr noch bei mir bleiben.) „Lange kann ich nicht hier bleiben, da ich noch viel zu thun habe, ebe dir Regen beginnen. Auch möchte ich Dir sobald al« möglich Deinen Mantel aus Umtali schicken." PeterS kannte seine Pappenheimer. Der frühzeitige Abzug wurde bewilligt und somit endete diese erste Audienz. (Schluß folgt.)
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