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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 11.10.1906
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1906-10-11
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19061011011
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1906101101
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1906101101
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Handelszeitung
- Jahr1906
- Monat1906-10
- Tag1906-10-11
- Monat1906-10
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Bezuas.PreiS für Leipzig und Bororte: In der Haupt. Expedition oder deren Ausgabestellen ab geholt monatlich: Ausgabe^ (1 mal täglich) 70 Pf., Au-gabe 6 (2 mal täglich) SO Pf., bei Zustellung in- Hau- Ausgabe ä. 80 Pf., Ausgabe L 1 Mark. Durch unsere aus wärtigen Ausgabestellen und durch die Post bezogen (1 mol täglich) für Deutschland und Oesterreich monatlich 1 Mark, für die übrigen Länder laut Zeitung-prriSliste. Diese Nummer kostet auf » ed -»» 7 allen Bahnhöfen und bet l ll den Zeitung».Verkäufern Nedatttou und verpebttton: JohanniSgasse 8. Telephon Nr. 153, Nr. 222, Nr. 1173. Berliner -ie-akttons-Bureau: Berlin däVV. 7, Prinz LouiS Ferdinand- Straße 1. Telephon I, Nr. 9275. Nr. 508. Morgen-Ausgabe 8. Donnerstag 11. Oktober 1906. npMcr TMblaü Handelszeitung. Amtsblatt des Rates «nd des Rolizeiamtes der Stadt Leipzig. AnzeigenoPreiS die 6 gespaltene Petttzrile für ÄeschästS- Inserate au» Leipzig und Umgebung 25 Pf., Familien-, Wohnung»- u. Stelleu-Anzeiaen, sowie An- und Verkäufe 20 Pf, finanzielle Anzeigen 30 Pf, für Juierate von auSwärt» 30 Pf. Reklamen 75 Pf, auSwärt» l Mark. Beilage- gebühr 4 Mark p. Tausend ezkl. Postgeoühr. Geschäft-anzeigen an bevorzugter Stelle im Preise erhöht. Rabatt nach Tarif. Anrrigen-Annadme: An-UftnSplatz 8, bet sämtlichen Filialen u. allen Annoncen- Expeditionen des In- und Auslandes. Für da- Erscheinen an bestimmten Tagen u. Plätzen wird keine Garantie übernommen. Haupt-Filiale Berlin: CarlDun cker,Herzgl.Bayr.Hofbuchhandlg, Lützownraße lo «Telephon Vl, Nr. 4603). Ailial-Erpedition.rresSen.Marienstr.34. 100. Jahrgang. IM Mcbtigue vom lagt. * Am heutigen Tage trifft König Friedrich August zum Besuch der Automobil-Ausstellung m Leipzig ein. * Der Kaiser hat die braunschweigische Thronfolge des jüngsten Sohnes desHerzogs von Cumberland abgelehnt. (S. d. des. Art.) * Die Denkwürdigkeiten des Fürsten zu Hohen- lohe sind nunmehr vollständig in Buchform erschienen. iS. d. bet'. Art.) W>r bringen in der dritten Beilage dieser Nummer größere Auszüge auS dem zweiten Baad. * Zum Gedächtnis des bei Saalfeld 1806 ge fallenen Prinzen Louis Ferdinand von Preußen ^and in Berlin in Gegenwart des Kaiser paares eine Feierlichkeit statt. Auch auf dem Schlachtfelde von Saalfeld hat eine Gedenkfeier stattgefunden. lS. Letzte Dep.) * Die neufund ländische Regierung erkennt das eng lische Abkommen mit Amerika in der Fischereifrage nicht an und bedroht die amerikanischen Fischerboote mit Konfiskation. (S. AuSl.) * Bei dem vom Berliner Verein für Luft schiffahrt veranstalteten Wettkampf zwischen Ballon und Automobil werden als Sieger ge meldet: beim ersten Ballon der Führer Hauptmann von Schulz, beim zweiten Ballon der Führer Haupt mann Neumann, beim dritten Ballon der Führer Leutnant Georg.e, beim vierten Ballon der Ver folger Leutnant de la Croix. lS. d. bes. Art. u. den aussichrl. Bericht unter Sport.) * Die Leipziger Stadtverordneten haben in gestriger Sitzung der Natsvorlage, betreffend die Einver - leibung der Gemeinden Möckern,Stötteritz, Stünz, Probstheida, Dösen und Dölitz in das Stadtgäsiet, einstimmig zugestimmt. lS. Bericht 1. Beil.) Der Wrrr un<l Oer Lumderlänaer. Die „Norddeutsche Allgemeine Zeitung" meldet: Zwischen dem Kaiser und dem Herzog von Cumberland, sowie zwischen dem letzteren und dem Reichskanzler hat wegen der Negierung in Braunschweig ein Briefwechsel stattgefunden, den wir im folgenden zu veröffentlichen ermächtigt sind: 1) Schreiben des Herzogs an den Kaiser: Durchlauchtigster, Großmächtigster Kaiser und KönigI Freundlich lieber Vetter und Bruder! Die Resolution, welche die Landesversammlung des Herzogtums Braun schweig zur Neuordnung der Regierungsverhältnisse des Herzogtums am 25. September angenommen und die das Herzogliche Staatsministerium mir zur Kenntnis gebracht hat, gibt mir Anlaß, an Euere Kaiserliche Majestät mich mit einer freundlichen Bitte zu wenden. Es ist mein Wunsch, eine endgültige Ordnung der Regierungsverhält- nisse im Herzogtum Braunschweig auf den Wegen herbei geführt zu sehen, daß ich und mein ältester Sohn, Prinz Georg Wilhelm, unsere Rechte auf die Regierung im Herzogtum auf meinen jüngsten nach dem braunschwei gischen Hausgesetz volljährigen Sohn, den Prinzen Ernst August übertragen und daß dieser als Herzog die Negie rung übernehme. Mir und meinem ältesten Sohne, so wie dessen Deszendenz würde die Succession in Braun schweig für den Fall Vorbehalten bleiben, daß die Linie meines jüngsten Sohnes erlöschen sollte. Der Verzicht leistung auf den braunschweigischen Thron würden ich und mein ältester Sohn entsprechen, sobald Gewißheit besteht, daß der Regierung meines jüngsten Sohnes keine Hinder- nisse entgegenstehen. Diese meine Absicht und meinen Wunsch bitte ich dem Allergnädigsten Wohlwollen Euerer Kaiserlicher: und Königlichen Majestät empfehlen zu dürfen. Mit der Versicherung der vollkommensten Hochachtung und Freundschaft verbleibe ich Euerer Kaiserlichen und König lichen Majestät freundwilliger Bruder und Vetter. Gez. Ernst August, Gmunden, den 2. Oktober. 2) Schreibe« des Herzogs von Cumberland an den Reichs ¬ kanzler: Euerer Durchlaucht beehre ich mich Abschrift des Schrei- bens, welches ich an des Deutschen Kaisers und Königs von Preußen Majestät wegen der Uebernahme der Regierung deS Herzogtums Braunschweig gerichtet habe, zur geneigten Kenntnis hierüber zu übersenden und Euere Durchlaucht als Vorsitzenden des Bundesrates zu bitten, von dem In halte des Schreibens dem Bundesrate Mitteilung machen zu wollen, sobald Euere Durchlaucht dies für angezcigt halten. Indem ich die freundliche Bitte ausspreche, daß Euere Durchlaucht der Verwirklichung meines in dem Handschreiben Seiner Majestät unterbreiteten Vorschlages geneigte Unterstützung angedeihen lasten wollen, verbleibe ich mit vollkommener Hochachtung Euerer Durchlaucht er gebenster. Gez. Ernst August. Gmunden, den 2. Oktober. 3) Schreibe« deS Kaisers an den Herzog von Cumberland. An den Prinzen Ernst August von Großbritannien und Irland, Herzog von Cumberland, Königliche Hoheit. Durchlauchtigster Fürst! Freundlich lieber Vetter und Bruder! Eurer Königlichen Hoheit Schreiben vom 2. Ok tober habe Ich erhalten. Die Regierung in Braunschweig ist durch den Beschluß des Bundesrates vom 2. Juli 188L in der nach der Lage der Verhältnisse durch die Inter- efserr de» Reiche» gebotenen Weise geregelt worden. UU berufener Hüter dieser Interessen muß Ich Anstand I nehmen, zu einer Neuregelung die Hand zu bieten, so I lange noch die Sach- und NechtslagMue zu dem gedachten Bundesratsbeschlusse geführt hat, rmverändert fortbesteht. Der Inhalt Eurer Königlichen Hoheit Schreiben bietet aber keinen Grund, diese Lage als verändert anzuschen, und sehe Ich Mich daher außerstande, der mir von Eurer Königlichen Hoheit ausgesprochenen Bitte näherzutretcn. Eure Königliche Hoheit bitte Ich, die Versicherung der ausgezeichneten Hochachtung entzegenzunehmen, womit Ich bin Eurer Königlichen Hoheit freundlicher, ergebener Vetter, gez. Wilhelm, I. IL. Rominten, den 6. Oktober 1906. 4) Schreibe« des Reichskanzlers an den Herzog von Cumberland. Seiner Königlichen Hoheit dem Prinzen Ernst August von Großbritannien und Irland, Herzog von Cumber land. Eurer Königlichen Hoheit beehre ich mich mit untertänigstem Dank den Empfang des gnädigen Schrei bens vom 2. dieses Monats zu bestätigen, mit welchem Eure Königliche Hoheit mir eine Abschrift des von Ihnen an Seine Majestät den Kaiser und König wegen der Ne gierung im Herzogtum Braunschweig gerichteten Schrei- bens zur Kenntnis übersandt haben. Was Eurer König lichen Hoheit Wunsch nach Mitteilung dieses Schreibens an den Bundesrat betrifft, so muß ich mir die Ent schließung darüber Vorbehalten. Dagegen sehe ich mich zu meinem Bedauern außerstande, die gewünschte Unter stützung des von Eurer Königlichen Hoheit Seiner Majestät dem Kaiser unterbreiteten Vorschlages zuzusagen. Die Gesichtspunkte, nach welchen ich als Reichskanzler, wie als preußischer Minister des Auswärtigen pflichtmäßig die braunschweigische Frage zu behandeln habe, sind in zwei in dieser Eigenschaft von mir mit Genehmigung Seiner Majestät des Kaisers an die herzoglich braunschweigische Negierung gerichteten, inzwischen der Öffentlichkeit über gebenen Schreiben dargclegt. Von dem in diesen Schreiben angenommenen Standpunkte auS glaube ich in Euerer Königlichen Hoheit Vorschlag eine für das NeichSinteresse annehmbare Lösung nicht erblicken zu können. Mit dem Ausdrucke der ehrerbietigsten Gesinnung verharre als Euerer Königlichen Hoheit untertänigster gez. Fürst v. Bü low, Reichskanzler. Homburg v. d. H., den 7. Oktober 1906. Damit dürsten die Verhandlungen zwischen dem Hause Cumberland und dem Kaiser, sowie dem verantwortlichen Reichskanzler endgiltig abgeschlossen sein. Dem Hause Cumberland bot sich nach dem Tode des Prinzen Albrecht die Möglichkeit, durch eine rückhaltlose Anerkennung der Einverleibung Hannovers in Preußen und eine klare Ab- Weisung aller welfischer Umtriebe, die braunschweigische Thronfolge zu erlangen. Hätte nach einem solchen Verzicht Preußen Widerspruch erhoben gegen die Uebernahme der Regierung von Braunschweig durch die Familie Cumberland, so würde es sich vor aller Welt ins Unrecht gesetzt haben. Völlig anders steht es jetzt mit der Ablehnung, die durch den Kaiser und den Reichskanzler erfolgt ist. Was hier der Herzog von Cumberland anbot, war unannehmbar. Der Verzicht, den er und sein ältester Sohn auf Braunschweig leisten wollen zu gunsten des jüngeren Sohnes, ist nicht nur dadurch völlig wertlos, daß dem Herzog und dem alteren Sohn die Succession Vorbehalten bleiben soll, wenn des jüngeren Sohnes Linie ausstirbt — dieser 18jährige Prinz ist noch gar nicht einmal verheiratet! —, sondern das völlige Stillschweigen, mit dem das Ver hältnis des Herzogs zu Hannover übergangen wird, genügt allein schon, um die Ansprüche der Cumberländer Familie auf Braunschweig abzulehnen. Es muß als ausgeschlossen gelten, daß ein Welse den Braunschweiger Thron besteigt, so lange nicht die zur Thronfolge dort berechtigten Mit glieder der Cumberländer Familie den durch den Prager Frieden festgesetzten Status anerkannt haben. Würden schon ernste politische Bedenken nicht von der Hand zu weisen sein, wenn nur ein zur Thronfolge in Braunschweig zu gelassener junger Sproß der Familie den Verzicht auf Han nover ausspricht, die übrige Familie aber nicht, so erlangen diese Bedenken volles Gewicht, wenn in der von dem Herzog vorgeschlagenen Weise ausdrücklich das Thronsolgerecht für ihn und seinen ältesten Sohn Vorbehalten bleiben soll. Ganz zu schweigen davon, daß der Herzog in seinem Schreiben gar nicht einmal hervorhebt, daß wenigstens dieser jüngere Sohn vor seiner Zulassung zur Thronfolge in Braunschweig es in unzweideutiger Weise zu erklären hätte, daß er allen Am bitionen auf Hannover entsagt und in seinem Lande keinerlei welfische Umtriebe dulden werde. Die Hartnäckigkeit der Cumberländer, mit der sie sich auch noch in diesem Brief wechsel von dem endgiltigen Schritt der Aussöhnung mit Preußen zurückhalten, ist es, die sie nun auch um die Thron folge in Braunschweig bringt. Und das von Rechts wegen. stobenlsde; Vrnlovüraiglreiten. Die Vermutung, des Kaisers Protest gegen Veröffent lichungen aus den Memoiren des Fürsten Hohenlohe werde die Herausgabe des ganzen Werkes, aus dem ja bisher nur kleine Bruchstücke bekannt gegeben waren, verhindern oder doch verzögern, hat sich nicht erfüllt. Tie Denkwürdig- leiten des Fürsten Chlodwig zu Hobenlohe-Schillingsfürst und in ihrem vollen Umfang als ein Werk in zwei Banden erschienen. Die Diskussion über ihren Inhalt dürfte rn den nächsten Tagen und Wochen noch reg« fortgesetzt wer den. Schon ein flüchtiger Blick in die beiden Bände^zeigt, daß in ihnen viel interessantes, bisher unbekanntes Material für die Einzelheiten der politischen Geschichte der letzten ireißig bis vierzig Jahre des vorigen Jahrhunderts ent- -alten ist. Nicht als wenn das Werk dazu dienen könnte, völlig neue Gesichtspunkte zur Beurteilung dieser Epoche und der in ihr vor allem politisch tätigen Männer zu geben. Wohl aber gibt es eine Menge klarer Belege für schon fest- tehende Urteile und es wird die Debatte über noch strittige persönliche Fragen von neuem anregen. Das Vorwort bestätigt, daß der verstorbene dritte Kanzler den Dr. Friedrich Curtius in Straßburg, )en jetzigen Präsidenten des Oberkonsistorinms der evan gelischen Kirche Augsburgischer Konfession in den Reichs anden, mit der Herausgabe des Werkes beauftragt hat. Und zwar geschah dies anläßlich der Geburtstagsfeier des Fürsten am 31. März 1901, indem er den Dr. Curtius mit der Frage überraschte: „Wollen Sie mir helfen, meine Memoiren zu chreiben?" An diese Frage knüpfte sich eine Unterredung, in der der Fürst sich dahin aussprach, es sei sein Wunsch, den Rest seines Lebens darauf zu verwenden, seine schrist- ichen Aufzeichnungen zu ordnen und deren Veröffentlichung vorzubereiten. Die Entscheidung über Einzelheiten wurde auf weitere Besprechungen verschoben, die im Lause res Sommers 1901 stattfinden sollten, die dann aber nicht tätig efun den haben, da der Fürst im Juli 1901 starb. Für den Prinzen Alexander und Dr. Curtius ergab sich, wie Dr. Curtius bemerkt, die Verpflichtung, den letzten Willen des Fürsten so weit wie möglich auszuführen. Diese Darstellung scheint wichtig zur Beurteilung der Memoiren, wie sie jetzt vorliegen. Es wird bei der Beur teilung von intimen Einzelheiten, an denen es in den Ver öffentlichungen nicht fehlt, die Frage nicht von der Hand zu weisen sein, ob diese auch zur Veröffentlichung gelangt wären, wenn der Fürst noch selbst an der Redaktion der Memoiren hätte mitarbeiten können. Das Memoirenwerk stützt sich auf fortlaufende Aufzeich nungen des Fürsten, die er seit 1866 machte, und die er als sein „Journal" bezeichnete. Diese Mitteilungen des Journals werden ergänzt durch Abschriften von Berichten und Briefen, die der Fürst ihres autobiographischen Wertes wegen zurückgelegt hatte. Sonst kommen noch für die Zeit vor 1866 Einzelaufzeichnungen in Frage und ein zeitweilig geführtes Tagebuch. Außerdem haben Mitteilungen mehrerer fürstlicher Damen wertvolle Ergänzungen geboten, endlich auch einzelne Briefe des Großherzogs von Baden an den Fürsten, deren Abdruck dieser gestattet hat. Die Erinnerungen schließen im bisherigen Text mit einer Notiz, die „Schloß Friedrichshof, 11. Oktober 1894" datiert ist. Dorthin war der Fürst -um Besuch der Kaiserin Friedrich gefahren. Es folgt ein achtes, vom Herausgeber kompiliertes Buch: „Die Neichskanzlerschast und das Lebensende". Man erfährt, daß eine Denkschrift Hohen lohes über seine Tätigkeit in der Wilhelmstraße gleichfalls vorhanden ist. „Der Wert dieser Aufzeichnungen", erklärt Professor Curtius, „besteht, abgesehen von Aufschlüssen über den Gang der auswärtigen Politik des Deutschen Reichs, in der rückhaltlosen Darlegung der Kämpfe und Schwierig keiten der inneren Politik,, welche nicht so sehr in den Sachen als in den Personen ihren Grund haben. Un abweisbare Rücksichten hindern daher zur zeit die vollständige Publikation." Doch wer den Exzerpte veröffentlicht, ein Schriftwechsel mit Bismarck, ein Brief an den Prinzen Alexander und sonstige Mit glieder der Familie, Eintragungen aus Petersburg und Peterhof, wo der Reichskanzler mit Nikolaus II. über Ost- asien, die deutsche Kohlenstation oder den deutschen „ fe st e n Punkt" in China sprach, ferner Notizen über Militär strafprozeßordnung und Militärvorlage, ein Schreiben an den Kriegsminister a. D. General von Bronsart, etwas über die Breslauer Audienz beim Zaren (1896), die goldene Hoch zeit, aus dem Reichstag. Mit Genehmigung der Deutschen Verlagsanstalt ver öffentlichen wir in dieser Nummer Teile des Buches, die vielleicht das wichtigste Material enthalten. Wir haben sie ausgewählt, wie die Nachwelt die Memoiren des Fürsten Hohenlohe lesen wird, mit dem Blick auf Bismarcks dominierende Person. Die Abschnitte, die neulich bekannt geworden sind, werden hier ergänzt. Man sieht nicht mehr allein die gegen Bismarck anzuführenden Momente des Endkonflikts, sondern diesen in seiner Totalität und in den tiefen Ursachen, die zwei Jahrzehnte ihm gaben, und man begreift vieles. Und es scheint schon jetzt, daß nicht der Erzähler, der vorsichtige, subtile Grandseigneur aus der französisch gebildeten, schwachen Diplomatie, sondern der starke Gründer des Deutschen Reiches das letzte Wort be halten wird, auch bevor der dritte Band der „Gedanken und Erinnerungen" veröffentlicht wird. * Wir erhalten noch das folgende Telegramm: ---- Frankfurt, 10. Oktober. lEigene Drahtmeldung.) Nach Informationen, deren Zuverlässigkeit über jeden Zweifel erhaben ist, kann der Karlsbader Korrespondent der „Franks. Ztg." die Deutung, als ob die Veröffentlichung des viel besprochenen Abschnittes des Hohenlohes,) en Memoirenwerkes über Bismarcks Ent lassung eine Beeinflussung der internatio nalen politischen Lage oder sonst welche Politischen Ziele verfolgt habe, für absolut hinfällig erklären. Seit Monaten sei auf das Erscheinen der Denkwürdigkeiten des Fürsten Hohenlohe in der üblichen Weise hingewiesen und durch Auszüge vorgearbeitet worden, ohne daß von irgend jemand Einspruch erhoben worden wäre. Bemerkenswert ist höchstens, daß die Veröffentlichung deS Auszugs über das Verhältnis BiSmarckß zu Kaiser Wilhelm II. nicht wie die der früheren Auszüge in der „Deutschen Revue", sondern in der demselben Verlag angehörenden Zeitschrift „lieber Land I und Meer" erfolgt ist. Man sagt (und auch da» verdient vollen Glauben!), Prinz Alexander von Hohen- lohe sei gegen ein Herausreißen dieses Artikels aus dem Zusammenhang gewesen und habe mehrmals die vom Ver leger gewünschte Genehmigung zur Bekanntgabe in der „Deutschen Revue" verweigert. Der Verleger haoe zunächst das Verbot formell respektiert, aber dasjenige der Bekannt gabe in der Zeitschrift „Ueber Land und Meer" umgangen. Der Korrespondent sagt weiter: Wer lediglich an der doku mentarischen Festlegung historischer Wahrheit interessiert ist, hat sicher mancherlei Anlaß zu der Vermutung, daß aus den Hohenloheschen Papieren nicht viel über die späteren Zeiten in das Memoirenwerk übergegangen ist. Vie kbbe-fetloae Her stevsimion. Aus Rußland wird uns über die augenblickliche Lage ge schrieben: Abspannung — das ist der allgemeine Eindruck, den der Beobachter des russischen gesellschaftlichen Lebens jetzt über- all bekommt. Die gesteigerte Nervosität der letzten beiden Jahre schlug jetzt plötzlich in ihren Gegensatz um. Ter lange erfolglose Kampf versenkte schließlich sogar die radikalste Opposition in einen Zustand der regungslosen Verzweiflung. Man schont seine knappen Kräfte für die bevorstehenden Dumawahlen. Auch die Regierung scheint sich endlich bei ihrem Schwelgen in Repressalien erschöpft zu haben. Nach dem sie sich erst dazu verstiegen hatte, der Partei der Volks freiheit die Legalisation zu erweigern und ihren Kongreß zu verbieten, scheint sie sich jetzt eines Besseren besonnen zu haben und ist geneigt, einen Kongreß der gemäßigten Oppo sition zu gestatten. Die Kadetten aber grollen. Die Haupt- rolle spielt auf ihrem jetzt zu Helsingfors tagenden Kongresse die Frage, ob sie an dem passiven Widerstande festhalten wollen, der durch das Viborger Manifest verkündigt war, oder ob sie das Geschehene geschehen sein lasten und sich aktiv an den Wahlen zur nächsten Duma beteiligen: die Duma ist tot, es lebe die Duma! Diese Frage ist für Rutzlaads innere Politik von größter Wichtigkeit und wird von der Presse eifrig ventiliert. Im allgemeinen machen sich manche sür die Liberalen sehr ungünstige Symptome bemerkbar: der Adel im Gouvernement Kursk strich aus seiner Mitglieder liste seinen Dumadeputierten, der den Viborger Ausruf unterzeichnet hatte; in den Semstwowablen siegten durchweg Konservative. In der Regierungspresse herrscht darüber natürlich eitel Freude. Die Kadetten lassen sich aber dadurch nicht verstimmen. Sie weisen mit Recht darauf hin, daß die Semstwoverwaltunqen ihre Geschäfte sowieso aus Mangel an Geldmitteln bald einstellen müssen; auf die Unterstützung des Landadels aber hätten sie schon lange verzichtet und stützten sich lediglich auf die fortgeschrittenere Intelligenz. In dieser einförmigen Oede der politischen Abspannung lenkte die Gutschkow-Schipow-Affäre plötzlich das allgemeine Interesse auf sich. Es war eigentlich seit lange ein offene» Geheimnis, daß die Oktobristenpartei, die bas berühmte Oktobcrmanisest mit allen in ihm enthaltenen Freiheitsver sprechungen zu ihrem Programm gemacht hat, viele reak tionäre Elemente in ihrer Mitte enthält. Als aber A. I. Gutschkow, der Vorsitzende des Zentralkomitees der Partei in seinem offenen Briefe an Fürst Trubetzkoi unumwunden erklärte, er billige das Vorgehen der Regierung gegen die Opposition und halte die Taktik der Feldgerichte für ver einbar mit einer liberalen und sogar radikalen Politik, — da wirkte doch seine offene Sprache verblüffend. D. N. Schivow, einer der Mitbegründer des Verbandes vom 17. Oktober, ein Mann, dem es um die im Manifeste versproche nen Freiheiten rrnst ist, erklärte, er könne nicht länaer in einem und demselben politischen Lager mit einem Manne verbleiben, der das Ministerium der Dumaauflösung in Schuh nimmt, und verlasse daher die Oktobristenpartei. Ihm folgten noch einige. Die liberale Presse jubelte und prophe zeite einen baldigen Zerfall der Gegnerpartei. Das Zen tralkomitee der letzteren selbst war seiner Anbängerschast nicht ganz sicher und beeilte sich, zu erklären, daß sein Prä. sident nicht als solcher, sondern als Privatperson gebandelt habe; zu gleicher Zeit lebnte es auch die Verantwortlichkeit dafür ab, was Gutschkow «der als hitziger, unbedachtsamer Redner bekannt ist) auf dem bevorstehenden Distriktstage der Kasaner Oktobristcn sagen werde. Die Unruhe de» Komitees hat sich aber als inbegründet erwiesen. Abgesehen von einem ganz verschwindenden Häustein blieben alle Mitglieder der Partei den Anschauungen Gutschkow- treu. Dies drückte sich zu allererst auf dem mittlerweile bereits abgehaltenen Kasaner Distriktstage aus, noch mehr aber auf der eben in Moskau tagenden Versammlung der Hauptnrnktionäre der Oktoberpartei, in deren Hände Gutsch- kow sein Amt niedergelegt bat: er wurde einstimmig wiedergewählt. Alle Prophezeiungen über den Zerfall de» Verbandes vom 30. Oktober erwiesen sich als verfehlt. Die Partei erscheint nach der schmerzlosen Operation geschlossener und entschlossener, ihre führende Rolle in Rußlands innerer Politik zu behaupten. Hur aem Wch aer ciikte. Luftballon «nb Auto. lVon unserem Berliner Korrespondenten.) Berlin, 10. Oktober. Wenn Sie denken, man braucht nur in Berlin zu sein, um in oller Bequemlichkeit den aervsportlichen Ereignissen dieser Woche zuschauen zu können, so ist da» ein Irrtum. Sogar ein gewaltiger Irrtum. Tenn man kommt gan- gewiß viel einfacher und beinahe ebenso schnell von Leipzig nach Berlin, wie von irgend einem bewohnbaren Punkte Berlins nach der Iungfernhcide. Das heißt, wenn jemand sv naiv ist, an solchen Tagen ein auf Geleisen fahrendes Kommunikationsmittel gebrauchen zu wollen. Eine halb stündige Fahrt auf der Ringbahn bis Bahnhof Wedding und eine ebenso lange Fahrt auf der Elektrischen bis an die Iungsernbeide nehmen sich in der Theorie nicht so ara aus. Aber die Praxis fügt noch einige Attribute hinzu: Kämpfe auf Lcben und Tod um einen Sitz-, Steh- oder Hängeplatz an den Wagen der elektrischen Bahn bei der Hin- wie bei der Rückfahrt. Deshalb tut jeder, der seine Gliedmaßen u«d Kleidungsstücke lieb hat, gut, sich ein Auto -n leisten, auch wenn er doppelte Taxe zahle» soll. Wobei über-aupt die Frage auszuwcrfen wäre, ob der autolosc Berliner noch cine Existenzberechtigung ha,. Eine Frage, die ich zu verneille« geneigt di«.
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