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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 04.01.1904
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1904-01-04
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-19040104029
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1904010402
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1904010402
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1904
- Monat1904-01
- Tag1904-01-04
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Zur Beratung kommen hierbei: die Wiederaufnahme des Ver fahrens, die Privatklage, das Strafmandat und dieOeffentlichkeit deS Verfahrens. * Der Versager des berüchtigten Machwerkes „Luthers galanteAbenteuer" kündigt eine neue Schrift „Der sterbende Luther" an und letzt einen Preis für die Widerlegung des „Nachweises" auS, daß Luther durch Selbstmord geendet. Selbst die „Ker man i a" spottet des „unwissenden" und „frivolen" Herrn. * Die geplante und in mehreren Fällen sogar schon auSgemhrte Steuerverweigerung der Hoch, wasserinteressenten in der Grafschaft Glatz scheint an amtlichen Stellen Eindruck gemacht zu haben, denn ans BrcSlau wirb gemeldet: Eine für Mitte Januar in Breslau angesetzte Konferenz der Provinzialbehörden mit dem Oberprästdcnten wird über die Mittel nnd Wege zur Beseitigung von Ungleichheiten und Härten der Wasser steuer beraten. * Die Nachrichten auS dem fernen Osten lauten heute übereinstimmend merklich beruhigender. ES scheint zu einer Verständigung zwischen Rußland und Japan zu kommen. Vie ortariatircde frage. —«Za. Aus Nokobama erhalten wir von einem Gewährs mann, der sich durch vieljährigen Aufenthalt in Japan die eingehendste Kenntnis der japanischen Politik erworben hat, folgende beachtenswerte Darlegung des Wesens der ostasia tischen Frage: Die wichtigsten Punkte der japanische» Forderungen find: 1) gegenseüige Verpflichtung Japans nnd Rußlands zur Respekts», rung der Unabhängigkeit nnd territorialen Integrität Chinas und Koreas; 2) gegenseitige Anerkennung spezieller Interessen Japans ia Korea und Rußlands in der Mandschurei, sowie gegen seitige Verpflichtung, daß in Gemäßheit des Grundsatzes gleicher Bedingungen für den Handel aller Nationen, keine der beiden kontrahierenden Parteien die kommerziellen Rechte, die sie in China und Korea aus Grund ihrer Verträge mit dem betref fenden Lande erworben haben, behindern werde. Eine unpar teiische Prüfung der Angelegenheit werde, wie man japanischrrsrit- betont, gewiß die Ueberzeugung herbeiführrn, daß Japan, indem eS diese Haltung einnimmt, von Rußland keinerlei neues Zuge- ständniS verlangt, sondern bloß eine einfache Bekräftigung der wiederholten und unzweideutigen Erklärungen der russischen Regierung bezüglich ihrer uneigennützigen Absichten in der Mand schurei durch einen internationaler Pakt. Zur lebhaften lieber- raschung Japans Hobe jedoch die russische Regierung, indem sie einerseits auf ihrer Weigerung, in eine Verhandlung der Ange legenheit, soweit dieselbe die Mandschurei betrifft, einzugchen be harrt, anderseits die Errichtung einer neutralen Zone in Nordkorea vorgeschlagen, die sich von der koreanisch-mandschu rischen Grenz« in südlicher Richtung so west, wie östlich bl« Wensan (Hafen an der Ostküfte Korea«) und westlich bi« Pingyang (Hafen an der Westküste Koreas) ausdehnen würde. ES leuchte, wie man japanischerseits hcrvorhrbt, von selbst eia, daß dirs für Japan unannehmbar ist; denn wir sollte letztere« in rin unbegrenzte« verbleiben Rußland« an der Seite Korea« und in die Neutralisierung eines beträchtlichen Teil«, nahezu eines Drittel- dieser Halbinsel, einwilligen! Ein derartiger Stand der Dinge würde unausweichlich eine Bedrohung der Unabhängigkeit Korea bedeuten, welche Japan um jeden Preis schützen müsse, da die Sicherheit der Halbinsel, welchr den Außenposlen der Verteidigungs linie Japan« bilde, für des letzteren eigene Ruhe und Sicherheit unerläßlich sei. Ueberdies habe Japan gemeinsam mit anderen Mächten, auf Grund eines Vertrages mit China, in der Mandschurei Rechte und Privilegien, die man unmöglich vom Gutdünken einer dritten Macht abhängig machen könne. Die jüngst erfolgt« Wieder belebung von Mukdrn und dir fortdauernde Besetzung von Antung (eine- HafrnS auf der chinesischen Seite de- Aalu-FluffeS) seien wohl unzweifelhaft darauf berechnet, China von der Erfüllung seiner Vertragsverpflichtungen gegenüber den Bereinigten Staaten und Japan tn Bezug auf die Eröffnung einer Stadt und zweier Häfen in der Mandschurei für den Weltbandel abzuschrecken. Ferner waren die vereinigten Bemühungen Großbritannien«, der vereinigten Staaten nnd Japans auf dem Punkte, den vorteil haften Erfolg der Eröffnung deS Dalu für den auswärtigen Handel im Großen zu erreichen, al- die Ruffen eingriffen und durch die Besetzung von Dang-Wanpo, des einzigen Hafens in dieser Gegend, diesen Plan für jetzt durchkreuzten. Diese Tatsachen und andere Handlungen Rußlands in Korea und in der Mandschurei lassen die Besorgnis als berechtigt erscheinen, daß, wenn man die Dinge ruhig ihren Gang nehmen ließe, ein beträchtlicher Teil der Küste des Gelben Meeres, von dem Innern der Mandschurei ganz zu schweigen, vom Handel der zivilisierten Welt virtuell abgesperrt wäre. Die vorstehenden Darlegungen machen den Eindruck vollster Authentizität und finden, in ihrem ersten Teile wenigstens, eine Bestätigung in dem folgenden Telegramm ve- „Reuterscken BureauS" aus Washington vom 3. Januar: Nach einer hier veröffentlichten Meldung, die von autoritativer Seite berrübren soll, hat Japan in seiner letzten Note erklärt, daß das Minimum der Bedingungen, die es annebmen würde, darin bestände, daß Rußland Japan gleiche Rechte in Korea zugestebe, wie sie von Rußland für die Mandschurei beansprucht werden. Als Gegenleistung dafür würde Japan zur Anerkennung von Rußlands Vorherrschaft in der Mandschurei bereit sein. Rußland nehme aber diesen Vor schlag nicht an in der Erwägung, daß Japan mit Modifika tionen in Form von Konzessionen sür seinen Handel in Korea zufrieden sein sollte. Ferner beißt es in der Meldung. Ruß land habe die Hoffnung auf eine diplomatische Rege lung der Frage, nicht ausgegeben, angesichts der ge- meldeten Bemühungen Englands und Frankreichs, Japan zur Fortsetzung der Verhandluugen zu bewegen. — Die neuesten Depeschen besagen: * Glasgow, 2. Jannar. Zwölf auf den Werften am Clyde beschäftigte Marine-Ingenieure erhielten heute telegraphisch von der japanischen Regierung die Aufforderung, sich sofort über Kanada nach Japan «inzuschifsen. Dies« Ingenieur« wurden vor einem halben Jahre von der japanischen Regierung mit d«r Abred« engagiert, daß sie ihre Berufung erhalten würden, wenn ihre Verwendung tn aktivem Dienste wahrscheinlich werden würde. * Peking, 8. Januar. Meuter.) Die chinesische Regierung ist entschlossen, neutral zu bleibeu, erkennt aber die Möglichkeit an, in einen Krieg verwickelt zu werden. Puanschikat bat, ihn von allen Unterämtern zu entbinden, um in der Lage zu sein, seine ganze Tatkraft der Reorganisation de- HecreS widmen zu können. * London, 4. Januar. (Telegramm.) Dem „Standard" wird aus Tientsin gemeldet, es verlaute, daß aus den von Japan über die Absichten China« im Falle eines Kriege- ein- gezogenen Erkundigungen hervorgehe, daß die Regierung geheime Befehle habe ergehen lassen, nach denen die chinesischen Truppen den japanischen gegen die russischen Truppen beistehrn sollten.(?) Man nimmt an, daß im Kriegsfälle eine Streitmacht vou 40 000 Mann chinesischer Truppen unter der Führung japanischer Offiziere sich nach der Halbinsel Liaoutung begeben werden. l?) * No«, 8. Januar. Me die „Tribuns" meldet, hatte heute der Minister de« Auswärtigen, Tittoni, eine Besprechung mit dem Marineminister Mirabello über die Lage in Ostasien. Das Marinedepartement in Venedig soll Befehl erhalten haben, ein weites Kriegsschiff zur Abfahrt nach Ostasien bereit zu halten. Trotz dieser fortgesetzten kriegerischen Vorbereitungen fassen, wie vor allen Dingen aus unseren Berliner und Washingtoner Meldungen des heutigen Morgenblattes hervor gebt, die maßgebenden Stellen in den europäischen Haupt- stäkten —auch der deutsche Kaiser, wenn das „Berl. Tagebl.* * recht unterrichtet ist — die Lage als durchaus nicht ver zweifelt auf. Ja, der „Köln. Ztg." wird aus Petersburg vom 3. Januar gemeldet: Die Spannung zwischen Ruß land und Japan babe, wie wohlunterrichtete russische Kreise versichern, neuerlich merkbar nachgelassen. Maßgebenden Orte« werde die Lage als durchaus beruhigend an gesehen. Wenn auch beiderseits die Vorbereitungen sür den bisher als möglich vorgesehenen Fall des Aus bruches eine- Krieges fortgesetzt würden und der strategische Aufmarsch beider Armeen zunächst noch nicht unterbrochen werde, so hätten in den allerletzten Tagen die schwebenden Verhandlungen eine Wendung genommen, die die besten Aussichten auf «ine völlige Verständigung Ruß lands mit Japan biete. Die russische Antwort auf die japanischen Gegenvorschläge dürfte Vinnen kurzem zu erwarten sein. Nach wie vor werde in Petersburg daran festgebalten, daß die aus englischer Quelle stammende Nachricht, nach der Rußland von Japan für die Beantwortung der letzten japanischen Note keine (?) bestimmte Frist gestellt worden sei, den Tatsachen nicht entspreche. Allen ander weitigen Gerüchten zuwider, nach denen die Reise des Statt halters Alexejew nach Petersburg auf unbestimmte Zeit verschoben sei, verlaute in ministeriellen Kreisen, Alexejew reis« im Februar nach Petersburg ab. Der Friedenstaube sind also, obwohl sie schon seit Wochen unermüdlich zwischen Tokio und Petersburg hin und her flattert, die Flügel noch nicht erlahmt. Eine allerdings an's Unglaubliche grenzende Leistung! politische Tagesschau. * Leipzig, 4. Januar. St« sogenannter hist« risch er Kalcntzcr. Wer sein Licht unter den Scheffel stellt, darf sich weder wundern noch beklagen, wenn eS anderen nicht sichtbar wird. Deshalb ist eS für die Parteien Pflicht, ihre Verdienste bei geeigneter Gelegenheit aufzuzählen und in Erinnerung u bringen. Bet solcher Aufzählung aber werden olchc Parteien, die nicht den Borwurf der GeschicktS- älschung und gröblicher Ungerechtigkeit verdienen wollen, orgtältig darauf achten, daß auch die Verdienste anderer Parteien und besonders großer Fürsten und Staatsmänner zu ihrem Rechte kommen. Gerade in dem Maße, in dem eine Partei auch fremde Verdienste würdigt, kann man den Grad ihrer Berechtigung ermessen, sich selbst dem Volke al- vertrauens- und unterstützungswürdia anzuempfehlea. Nun bat der „Vorwärts", das Zentralorgan der sozialdemokratischen Partei Deutschland-, seinen Lesern zum Jahreswechsel einen Kalender gestiftet, der auf dem Titelblatte den Beinamen eines historische« führt. Lest man an diese- OpuS den Maßstab an, der den Grad der Vertrauenswürdigkeit ergibt, so muß man zu der Uebcrreugung kommen, daß keine andere Partei reklame so sehr alles vermissen läßt, was Vertrauen erwecken kann. Selbst die klerikalen Reklamen, die doch an Eigenlob Erkleckliches leisten, sind nicht so vom Geiste der Un gerechtigkeit durchtränkt. Allerdings ist eS den Verfasser« des sozialdemokratischen Kalenders sehr schwer geworden, den führenden „Genossen" viel Rühmendes nachzusagen. Aber je veinlicher sie selbst eS empfunden haben, daß sie von positiven Leistungen ihrer Partei zum Wohle der arbeitenden Klassen und des Reiches mit dem besten Willen nickt viel aufzuzäblea haben, eine um so größere Güte tun sie sicy im Verschweigen anderer hervorragender Leistungen, die in den Büchern der Ge schichte einen Ebrenvlay verdienen. So fehlt in dem „historischen" Kalender jeder Vermerk darüber, an welchem Tage die deutsche Reichsverfassung erlassen und dem deutschen Volke daS allgemeine Wahlrecht verliehen wurde. Auch von der Botschaft des alten KaiferS vom 17. November 1881 weiß der Kalender nichts; ebensowenig gedenkt er des Inkraft tretens des Kranken-, deS Unfall- und deS Altersversicherungs gesetzes, die doch wahrlich für den deutschen Arbeiter mebr bedeuten, als irgend ein unerfüllbarer, nur zu Hetzzwccken eingebrachter sozialdemokratifcherAntrag. Natürlich haben nun die Kalendermacher, da sie fremde Ruhmestaten s» sorgsam übergeben und von sozialdemokratischen Leistungen s, wenig zu sagen wissen, sich anderweit um Würze für ihre Köcher« umseben müßen. Und gerade die Wahl dieser Würze ist für sie charakteristisch. So zerchnen sie im Januar de« Tod FiescoS im Aufstande gegen den Dogen von Genua und den Tag ans, an dein König Ludwig XlT. von Frankreich geköpft wurde. Ucberbauvt zeigt der Kalender eme besondere Vorliebe für das Köpfen und das Morde«. Die Tage, an dein Wallenstein ermordet, Graf Essex geköpft, daS Bombenattentat auf den russischen Kaiser Alexander III. verübt wurde, haben sich in de« Kalender einer Behandlung zu erfreuen, dir den Erinnerungs tagen aus der großen Zeit der Wiederaufrlchtnng deS Deutschen Reiches nicht zu teil wird. Wenn irgend etwa-, so beweist gerade diese Wahl, worauf es den Kalendermacher« vor allem anlommt: die Gemüter der sozialdemotratischen Wähler und Beiläufer mit Umslurzgedanten zu erfüllen und Feiiittetsn. wrmtyer L Lohn. 2s Roman von M. Prigge-Vrook. >..> !»> >,N VN»»»N>. Frau Elisabeth brauchte einige Zett, bis sie ych so weit gefaßt hatte, Haß sie fragen konnte: „Irrst du dich auch nicht, Rudi? Du sagst das Roseneck?" „Sin Zweifel ist ausgeschlossen", berichtete »er Sohn. „Ich selbst war Zcnge, als unser alter Schulz dem Agenten, der den Kauf vermittelte, seine Gebühren auszahlte. — Tin stattliches Sümmchen von 80 000 'Mark!" Die letzte Mitteilung ging wohl dem Ohre -er Frau verloren. Noch ganz hingenommen von -er ersten Neuig keit, saß sie in ihrem Stuhle zurtickgesunken und wieder holte murmelnd vor sich hin: „da» Roseneck!" „Ja, das Roseneck", wiederholte Rudolf, „nun sage mir noch, daß ich im Unrecht bin, wenn ich behaupte, daß der Vater sich verändert habe, du hast doch nichts davon gewußt." „Nicht eine Silbe", beteuerte sie, „und wenn ich'» ge» mußt, ich hätte alles getan, den Kauf zu hintertreiben. Tas Nvseneck ist ein fürstlicher Besitz und viel zu schön sür einfache Leute, wie wir sind. Was wird dein Vater mit den großen Sälen und Zimmern tun, die er dort findet? Man sprach vor Jahren viel davon. Ein Billardsaal, Musik-, Tanzsaal, Bildergalerie, ein eigener Bau für die Dienerschaft und endlich ein Garten, wie in Berlin kein zweiter zu finden ist. Wer soll denn ba hinein?" „Nun, doch wohl du und ich, wir einfachen Leute", antwortete sarkastisch der junge Mann; „denn ganz allein wird Herr Wemeyer -och wohl dort nicht wohnen, wenn ich auch nicht weiß, wie wir uns dort au-nehmen sollen mit unseren alten, einfachen Lachen." „ES ist mein Tod, Rudi", jammerte die Frau, der fetzt erst da« Nachdenken kam. „Lollft sehen, die alten Ve» kannten ziehen sich nach nn- nach von un» zurück. Man wird e» deinem Vater al» Hochmut an-legen und —" „Mit vollem Recht!" «nterbrach Rudolf scharf. Er konnte nicht mehr sagen, denn unbeachtet und ge- ränschlo» war der Holzhtin»l«r ringetreten. „Hier geht e» ja recht laut mch lustig -u", sagte er ironisch, mit eine» Blick, der -wischen Krau und Sohn hinirrte, ohne sie zu berühren. „Irre ich, oder hängt Leine Fröhlichkeit mit dem An» kauf meines neuen Hause» zusammen", wandt« er sich an seine Frau. „Rudi brachte mir die Nachricht, die —" „Dich überrascht hat. das kann ich mir denken", unter brach er sie. „Ich hätte wohl erst nm Erlaubnis bitte» müssen, wie ich mein sauer erworbene» Geld anzulegen habe, das wolltest du doch sagen, nicht wahr?" Rudolf stan- auf und ging aus dem Zimmer, dessen Tür er schallen- hinter sich schloß. Er fühlte, den Ton ertrug er heute nicht. Elisabeth wappnete sich mit Geduld. „Sei nicht so bitter, Hugo", beschwichtigte sie ihren Mann. „ES liegt nttr doch wahrhastig fern, dir Vorschriften oder gar Vor würfe machen zu wollen, aber sagen hättest du mir doch von deiner Absicht können, du hast e» früher doch getan. Habe ich -ein Vertrauen denn verscherzt?" „Törichte Frage!" Wemeyer fühlte sich verlegen bem sanften Ton feiner Frau gegenüber. Auf Vorwürfe, Tränen war er gefaßt, denen hätte er begegnen können, die Art ließ ihn sein Verhalten fast bereuen. Dennoch suchte er seine Stellung -u wahren durch eine lange Rede, in »er er Elisabeth bewies, daß er durchaus etwa» habe tun müssen, um endlich auS der kleinbürgerlichen Sphäre herauSzukommen, in der er sich nicht länger wohl fühle. Leine Frau unterbrach ihn mit keinem Wort. Rur als er geendet, fragte sie ihn mit überraschender Milde: „Und wie hast du dir deinen zukünftigen Kret» gedacht, mein lieber Hugo?" Er wurde wild. „DaS laß dich nicht kümmern", rief er au», lauter und gröber, al» die Gelegenheit erfordert«. „Ich sorge schon zur Zeit dafür." „Darum möchte ich dich auch gebeten haben", gab sie still zurück, „denn ich paffe nicht dazu; auch kaum in da neue Hau» von dem man sich unter seinem früheren Be sitzer Wunderdinge erzählt hat. E» mag dir leicht fallen, an Stelle unserer Sachen, dir mit un» alt geworden, schöne, modern« anzuischaffen. di, Menschen «sandelst du damit nicht mn. Weber dich, noch mich, noch unser« Sohn, den du -um Manne der Arbeit erzogen, mithin —" „Weib, reize mich nicht!" Der Holzbändler bebte vor Wut. Fede» Wort seiner verständigen Frau traf ihn wie «tn Keulenschlag. Sie hatte Recht mit allem, wa» sie sagte, un» zu spät kam ihm di« Erkennt«!», »aß er sich übereilt. Er hatte, um dem »untlen Drang«, »er ihn jetzt stetig triob, genug -u tun, einem Häusermakler Auf trag gegeben, ein luxuriöses Haus für ihn zu erstehen, er wollte sich verändern. Vielleicht, wenn er von sich reden machte, sich Pferd und Wagen hielt, elegant livrierte Dienerschaft daß er sich bann über sich selbst und seinen Stand erheben und sich glücklicher fühlen würde. Nun bewies ihm feine Frau, -aß das alle» äußerlich sei — daS Innere würde fehlen, ihm und ihr, und so gelang c» nicht, fein Leben von Grund auS -u ändern. DaS hatte er gewollt. Er wurde plötzlich still. Wie ihn alles an- ekelte, aber auch alle«. — DaS Roseneck — sein eigene- altes Haus — sein blühendes Geschäft und Weib und Kind! Vor fick selber fühlte er sich rot werben. Wie gut, daß Elisabeth feine Gedanken nicht laS. Sie hätte ihn sonst verachtet und mit Recht. Während sie noch wohlgemeinte Worte der Warnung redete, in der vagen Idee, dadurch den törichten Kans rückgängig zu niachcn, stritten sich in ihm gute und böse Gewalten. Nur fort, fort von hier! blieb das Endresultat derselben, und er empfand mit Schrecken, daß ihm auch das Rosencck ein Gefängnis sein würde, blieb er in seinen Banden. Dabet hätte er nicht einmal zu sagen gewußt, wa» für vande ihn drückten, er fühlte nur den Druck. * * * Etwa vierzehn Tage später istFrauWemeyer beschäftigt, Rudi -u schmucken. Mit geschickter Hand befestigte sie ein« weiß« Blüte in da» obere Knopfloch seines neuen Fracke». Sie fand im Stillen ihren Sohn bildhübsch au»sehenib heute abend. Wie er bem Vater ähnlich sieht, dachte fle seufzen-. Rudolf plauderte indessen froh be wegt. „Heute endlich lerne ich fle kennen. Begreifst du, Muttchen, wie mich da» beglückt? Wenn bu aber auch wüßtest, wa» e» mich für Mühe gekostet hat, die Einladung zum Konzert bei Kulleck« zu erhalten. Und nun denkt der Direktor sicher, Herr Wemeyer »«nivr gibt ihm die Ehre, denn für junge Leut« ist da» nicht so leicht, fle müssen wenigsten» Verwandt« haben unter den Schülern." ,Mie kamst dy denn zu deinem Billett?" Der junge Mann zog ein« rote Karte an» der Rock tasche und sah sie liebkosend an. „Wenn man Freunde hat, Muttchen", sagte er glücklich. „Du kennst doch Han» M; dessen Onkel ist. wie du weißt, Kapellmeister an der Oper, dem schickt Kullecke jedeSmal einig« Karten, damit er sich für sein Institut erwärm«, nnd von diesen Karten —" »Hat «r dir «in» geschenkt.*! „Bewahre, Han» hat sie stibitzt. Aber nicht» wieder sagen, Muttchen, hörst du!" Der junge Mann lachte heil auf, als er den entsetzten Gosichtsausdruck der Mutter sah. Die erklärenden Worte blieben ihm aber im Halse stecken, denn -er Vater trat ein. ,Mas ist denn lo-, weshalb -er Mummenschanz?"- Er wie» auf den Frack. Rudolf verspürte aber absolut kein« Lust, sich da» Fest, welche» ihn ans den Gipfel alles Glück» »ringen sollte, verderben zu lassen, er antwortete jo kur- wie möglich, indem er sich dabei den Mantel überwarf: „Ich bin geladen bei Kullecke zum Konzert, man tanzt später, daher der Frack, und nun gute Nacht!" Er küßte die Mutter auf -ie Stirn, wiederholt« seinen Gutenacht gruß trocken und war vor der Tür, bevor der Holz händler Wort« fand. Dann brach aber sein Unmut loS. „Das muß ich sag«n", tobte er, „das geht mir über de« Spaß. Ist LaS eine Art, seinem Vater Red« zu stehen? Und überhaupt, wie kommt es, daß ich erst jetzt von dieser merkwürdigen Einladung erfahre, »i« «nur -en Zweck haben wird, daß Rudolf dort mit irgend «inem der jungen Mckdchen ein Rendezvous hat, etwa», »aS ich vermieden sehen wollte." „Du vergißt, Rudi ist kein Kind mehr mit seine» 24 Jakren." „Aber er ist mein Sohn und al» solcher von mir ab- hängig." „Da», werbe ich dir raten, laß ihn lieder ntcht h»re«, der Junge hat auch feinen Stolz und —" „Davon ein ander Mal.* Der Holzhändler fühlte, er ging zu wett. „Ich will ttur wissen, weshalb geht er »u Kullecke?" „Danach mußt km ihn selber fragen, mir hat er «ich!» verraten", lehnte Elisabeth kur- ab. Sie gönnt« dem Jungen ba» harmlose Abenteuer, »a» sie nicht ernst zu nehmen vermochte, keineSfall» sah sie darin für ihn eine Gefahr. Ihr Mann mochee anderer Meinung fein, mit verfinstertem Gesicht ging er im Zimmer auf und ab, al» sinn« er einem wichtigen Problem nach. Plötzlich schien er gefunden zu haben, wa» er suchte. Mit aufgehelltrn Zügen wandte er sich seiner Krau wieder ,u. wirst mich heute entbehren müssen", sagte er, „mir fällt eben ein, einer unserer besten Kunden au» Petersburg ist augenblicklich in Berlin. Gr ist der deut schen Sprach« nnr sehr unvollkommen mächtig nnd wird «» mir hoch anrechtm», wenn ich ihm meinen «brich
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