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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 22.10.1906
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1906-10-22
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19061022016
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1906102201
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1906102201
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Handelszeitung
- Jahr1906
- Monat1906-10
- Tag1906-10-22
- Monat1906-10
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Lebensjahr. * König Friedrich August kehrte gestern abend um 8,35 Uhr nach dem Besuch der Leipziger Nennen mittels Sondcrzuges nach Dresden zurück. * Der russische Dampfer „Warjagin", der Sonnabend früb den Hafen von Wladiwostok verließ, geriet auf einen Torpedo und sank sofort. Zweihundert Pas sagiere kamen um, nur einer wurde gerettet. * Im Preis des Winterfavoriten zu Köln (30000 ^l.) passierte Herren C. v. Lang-Puchhoss und A. v. Schmieders dr. St. »Hochzeit als erste das Ziel. — Den W'ener Austria-Preis slOOOOO Kronen) ge wann Graf A. Sigrays F.-St. „Titiu a". .Baron Kiki" lief auf den vierten Platz. iS. Sport.) Vie Olavi-vadn. Die kürzlich gemeldete Vollendung der Otavibahn hat sich schneller vollzogen, als nach den früheren Bau erfahrungen und der durch den Krieg bewirkten Verzögerung erhofft werden durfte. Gerade der Krieg aber, der sich zuerst als Hemmnis für den Weiterbau erwies, wurde dann nicht nur zu einem Anreiz, die Arbeiten zu beschleunigen, sondern half auch die schwierige Arbeiterfrage lösen. Die Arbeiterbeschaffung wäre ungleich schwieriger gewesen, wenn nicht die kriegsgefangenen Hereros hätten herangezogen werden können. An der ersten Bahnstrecke finden sich Kleinsiedelungen, in die sich bcmerkenswerterweise fast durchweg Deutsche ge zogen haben, die schon früher mehr oder weniger lange in Britisch-Südafrika ansässig gewesen sind. Ein erfreuliches Zeichen für das Vertrauen, das von diesen Landeskundigen in die Zukunft von Südwestafrika gesetzt wird! Dem Gouverneur von Lindequist wurde von einem Ansiedler, der früher schon im Schutzgebiet gewesen war, dann mehrere Jahre in der Kapkolonie und später in Argentinien wohnhaft gewesen, ausdrücklich bestätigt, seine Rückkehr erkläre sich durch die Ueberzengung, daß die Bedingungen zum Fort kommen hier am besten seien. Omaruru, das früher Sitz des mächtigen Häuptlings Manasse und damit eine Hochburg der Herero gewesen, hat dank dem Dahnbau bereits gänzlich den Anstrich eines deutschen Dorfes gewonnen, indem sich seit Fertigstellung der Bahn eine größere Anzahl Kaufleute, Handwerker und Gartenbauer niedergelassen haben. .Ein großzügiger Be bauungsplan unterstützt die weitere Niederlassung von Weißen. Der Gouverneur hat gelegentlich einer Bereisung dieses Gebiets im Laufe dieses Sommers angeordnet, daß an Leiden Usern des Flusses, der noch in breiterer Rinne Wasser führte, eine größere Anzahl von Gartengrundstücken abge messen und flußaufwärts nach Osten in der gleichen Weise wie in Osona Heimstätten in der Größe von etwa 10 Hektar abgeteilt werden. Außerdem ist ein Teil des zum Acker- und Gartenbau geeigneten Landes im Einverständnis mit dem dortigen Missionar für die Eingeborenen des Platzes reserviert. Die Versuche, die mit dem Anbau von Gemüsen, Kar toffeln und Tabak in Omaruru und in den zwischen Oma- ruru und Omburu gelegenen Farmen gemacht worden sind, sind als durchaus geglückt zu bezeichnen. Die Besitzer einer etwa 6 Kilometer von Omaruru entfernt liegenden Farm (zwei frühere Angehörige der Schutztruppe) haben allein in diesem Jahre 600 Zentner Kartoffeln geerntet, die sie für den Durchschnittspreis von 25 für den Zentner absetzten. Es ist hier unter allerdings günstigen äußeren Bedin gungen der erfreuliche Versuch im größeren Stil von Farmern gemacht, sich nicht lediglich auf Viehzucht zu be schränken. Die Bahn von Omaruru bis Otavi führt in ihrer ganzen Länge durch das früher zu der Kapitänschast Omaruru gehörige Gebiet. Dasselbe ist von 30 Kilometer nördlich Omaruru ab als erstklassiges Weideland zu bezeichnen. Es ist fast durchweg mit besonders nahrhaften Grasarten, vor allem mit dem sogenannten Büffelgras bestanden. Der Gou verneur beabsichtigt, dieses ganze Gebiet zu beiden Seiten der Bahn systematisch in Farmen in der Größe von etwa 5000 Hektar aufteilen zu lasten, nachdem die Wasterverhält- niste einer eingehenden Untersuchung unterzogen sind. Für einen etwaigen Zukauf von angrenzendem Land für den Fall des Nachweises, daß die Farm für die Größe des aus ihr befindlichen Viehbestandes nicht mehr genügendes Weide land bietet, wird Sorge getragen werden. Mit dieser Auf gabe sind zurzeit der Landrat v. Uslar, Hauptmann Franke und Oberlandmesser Görgens beschäftigt. In Otjivarongo, wo sich die Zufahrtswege von Outjo und Waterberg zur Otavibahn treffen, sind jetzt Regierung und Firma Arthur Koppel an drei von Herrn v. Uslar bezeich neten Stellen mit Bohrungen beschäftigt. Falls sie den gleichen Erfolg wie in Karibik zeitigen, so wird der Ent stehung eines Platzes, der sicherlich in Zukunft eine größere Bedeutung erlangen wird, nichts im Wege stehen. Otjl- varongo ist der gegebene Ausgangspunkt für dermaleinstige Zweigbahnen nach dem für Kleinsiedlung verheißungsvollen Waterberggebiet und nach Outjo. Es durfte auch der ge eignetste Platz für den Sitz des unbedingt notwendigen Ge richts für den Norden des Schutzgebiets sein, und dort auch zweckmäßig das für die nördlichen Bezirke in Aussicht ge nommene VermestungSamt stationiert werden. In der Gegend von Otavi werden mit Unterstützung deS Koloirmlwirlschaflliche» Komitee» Versuche im Baumwoll bau geplant, die der Gouverneur für aussichtsreich hält. Die Zukunft des schönen Landstriches ist durch den Bau der Otavibahn natürlich noch ungleich aussichtsreicher ge worden. Es wird dadurch die Besiedelung desselben in großem Maßstabe sehr erleichtert. Der Bau dieser Bahn wird sehr bald handgreiflich beweisen, ein wie großer Sezer« Eisenbahnen für die schnelle wirtschaftliche Entwickelung des Schutzgebiets sind. Der Gouverneur zweifelt nicht, daß nach Regelung der Bcsitzverhältnisse ohne Schwierigkeit erreicht werden wird, daß die Bewohner des Bezirks Grootfontein einschließlich der in ihm stationierten Truppen und der im Dienste der Regierung und Privaten stehenden Eingeborenen aus demselben ohne Zufuhr von der Küste verpflegt werden. OMriösrr rur Selgakbrilekbemgung. Wir baben schon unter den letzten Depeschen der Sonn- tagsausgabe das auffällige Urteil der „Nordd. Allg. Ztg." zur Lohn rage der Bergarbeiter in aller Kurze wiedergegebeu. Das als offiziös angesehene Blatt hat sich aber auch in der Frage de^ Anerkennung der Arbeiterorganisation durchaus auf die Leite der Arbeiter und gegen die Grubenbesitzer ausgesprochen, die es bekanntlich ablehnen, mit der Siebener- kommlsston der Bergarbeiter zu verhandeln. Die „Nordd. Alla. Ztg." schreibt: Dieses Vorgehen bildet einen gewissen Kontra st zu dem Verhalten der Unternehmer in anderen Gewerben, vor allem im Buchdruckgewerbe, wo man schon längst die Vorteile friedlicher Vereinbarungen, ae- meinjamer Festsetzung der Arbeitsverträge begriffen hat. Es pricht sich darin em besonders hohes Machtge'- ühl aus, das auch den Schein einer Zulassung der Ar beiterschaft zur Normierung der Arbeitsbedingungen ver mieden sehen will. Allerdings ist ein derartiges konsequentes Festhalten an solchem nun einmal ziemlich allgemein sür überwunden angesehenen Standpunkt nur zu geeignet^ böses Blut zu machen und die Unternehmer in der Oeftentlichkeit von vornherein ins Unreckt zu setzen. Dieses Verhalten bildet auch einen Kontrast zu der straffen Organisation und Konzentration, die sich gerade die Bera- werksindustrie in ihren Syndikaten gegeben hat. Wie fühl bar diese Organisation auch den Arbeitern werden kann, haben die Klagen über die Arbeitersperre soeben erst be wiesen. Solchen mächtigen Ringen gegenüber ist natürlich der einzelne Arbeiter noch hilfloser und ohnmächtiger, als er es bere.ls dem einzelnen Betriebe gegenüber ist. Ein Gewicht in die Waaschale zu Wersen, hat hier nur der Ar beiter als Maste. Nichts begreiflicher, als daß der Unter nehmer die Arbeiterorganisation mit ihrer fortgesetzten Agi tation und Sckürung von Unzufriedenheit als ein Uebel be trachtet. Allein die Anerkennung einer ge wissen Notwendigkeit dieses Uebels erscheint dock um so unvermeidbarer, je mehr das patri archalische Jndustriesystem, das noch ein Vertrauensverhält nis zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer repräsentierte, ausstrrbt Daß die jetzige Bewegung, wie Berarat Klein in der er wähnten Versammlung nach Blättermcldungen geäußert hat, lediglich vom „alten sozialdemokratischen Verbände in szeniert worden sein soll, der durch diese Aktion seine stark gelichteten Reihen wieder qU ergänzen hoffe, wird doch etwas zweifelhaft angesichts der bisherigen Geschlossenheit des Vorgehens der Berg- arbeiterverbandc. Daß diese ihrerseits mit der fünszehnprozcntigen Lohnerhöhung eine viel zu weitgehende und gänziich aussichtslose Forderung aufgestellt haben, ist an gesichts der vorliegenden Zahlen über das bisherige Steigen der Arbeitslöhne außer jeder Frage. Alles in allem ist die Situation nicht derart beschaffen, daß die Gefahr eines Streiks nicht leicht vermieden werden könnte, falls nicht jedes Entgegenkommen von einer der beiden Parteien abgelehnt werden sollte. Diese treffenden Ausführungen der „Nordd. Allg. Ztg.", die sich genau mit dem auch von uns eingenommenen Stand punkt decken, werden bei dem offiziösen Charakter des Blattes größtes Ausfeden erregen. Wenn hier wirklich die Anschauungen der Regierung wiodergeaeben sind, dann beweisen sie, daß die Regierung heute gewillt ist, die Konse quenzen aus den Kaiserlichen Februarerlassen von 1890 zu ziehen und sich durchaus auf einen erfreulich fortschrittlichen Standpunkt in der Sozialpolitik zu stellen, der die Legende der Sozialdemokratie zerstört, als wolle die Regierung nicht über de.. Parteien des Arbeitskampfes stehen, sondern nur Unternehmerinteresten vertreten. Vie Neuen kebriar«. Wir haben bereits gemeldet, daß das englisch-französische Februar-Abkommen über die Neuen Hebriden fetzt ratifiziert fft. Die Australier sind mit der Lösung sehr unzufrieden. Sie sehen überhaupt sehr schwarz in die jetzt vielleicht nicht mehr so ganz ferne Zukunft, wenn der Panamakanal eröffnet ein wird, von dem sie eine gewaltige Verschiebung des wlitischen und wirtschaftlichen Gleichgewichts zwischen den leiden Reichen der angelsächsischen Raste befürchten. Wie chon der „erstorbene neuseeländische Premier Mr. Seddon, o hat auch am 17. Oktober der erste Minister des Common wealth Mr. Deakin, nachdrücklich eine energischere Politik des Mutterlandes befürwortet, um die britische Flagge im Süd-Pacrfic fester zu begründen: die Australier hätten ihr Beste« getan. Diesen ministeriellen Auslastungen schließt sich eine Zuschrift des australischen Parlamentariers Mr. Johnson ai. die „Times" mit großer Lebhaftigkeit an: Die südliche Pacisic-See, heute noch ein verhältnismäßig abgelegener Ozean, werde in acht oder zehn Jahren durch die Fertigstellung des Panamakanals eine der belebtesten Seeverkehrsflraßen des britischen Handels werden. Der Schutz di:ses Handels verbleibe den Neuen Hebriden mit ihren ausgezeichneten Tiefwasserhäfen besonderen Wert. Mr. Johnson konstatiert den Gegensatz der Untätigkeit der eng lischen Regierung zu der Tätigkeit anderer Regierungen, fick zwischen Australien und der Westküste Amerikas Flotten basen und Kohlenstationen zu sichern. England steht mit Frankreich in einem höchst unbefrie digenden Kondominium über die Neuen Hebriden. Während die französischen Ansiedler dort von einer liberalen und gene- lösen Regierung unterstützt werden, sind die englischen An siedler sich selbst überlasten und werden von den Franzosen allen Versuchungen ausgesetzt, die französische Staatsbürger schaft zu erwerben. Wenn es den Franzosen so gelingen würde vie britischen Interessentenkreise aus den Inseln immer mehr zu verrurgern, so würde schließlich ein unwider legliches Argument zugunsten der Annektierung der Inseln durch Frankreich geschaffen werden. Dazu kommt, daß die englischen Ansiedler infolge des australischen Schutzzolls auf den australischen Markt nicht rechnen können, wahrend d«e französischen Ansiedler infolge von Zollbegünstigungen ihre Produkte in Neu-Kaledonicn absetzen können. , Die „Times" nimmt die ganze Angelegenheit zum An laß eine? Leitartikels, in dem sie wieder die Forderuim auf stellt, daß die britische Regierung, die die auswärtige Politik des ganzen Reiches macht und sür das ganze Reich inter nationale Vertrag-, abschließt, sich mit den Regierungen und gesetzgebenden Körperschaften der einzelnen Kolonien beraten sollte. WaS die neuen Hebriden selbst anlangtz so sei zwar kein Anlrß vorhanden, britische Interessen im Stillen Ozean „pour 1-« hesiix ysux" selbst der besten Freunde Englands in Europa aufzuopfern: aber immerhin, es handle sich um eine Frage der internationalen Politik, die als Ganzes be trachtet werden müsse. Die Frage der Neuen Hebriden könne nicht o n der allgemeinen internationalen Situation isoliert werden Ein ,o gewichtiger Faktor der Panamakanal für die Weltpolitik auch werden mag, der Aermelkanal besteht bereits. Wie man sieht, kann die „Times" den Australiern nur wenig Trost geben. Leipziger kerbrtrenmage. m. Die« ist ein Herbsttag, wie ich keinen sah! Die Lust ist sitll, als atmete man kau«! Und dennoch fallen leise, sern und nah. Die bunten Blätter ad von jedem Baum. Kehraus da draußen am Scheibenholz! Es gilt Ab schied zu nehmen vom grünen Rasen für lange Monate, denn immer eindringlicher predigt die Natur das Heran nahen der winterlichen Jahreszeit. Noch freilich tollen in den vornehmen Villengärten der Karl Taucknitzstraße die letzten Blüten, noch haben die bunten Teppiche im Albert- park nicht völlig ausgelebt, wenn auch der Windhauch schon ganze Berge gefallenen Laubes raschelnd über sie hinweg wälzt. Aber was Hilst es, wenn der scheidende Sommer, der kalendermäßig schon längst nicht mehr existiert, noch ein mal wie eine alte Kokette sich die Backen rot anstreicht und sich noch Astern, Georginen und Chrysanthemen an die Brust steckt, — sein Reich ist zu Ende und all seinen Kin dern brennt im herbstlichen Feuerzauber schon längst der unbarmherzige Scheiterhaufen, idlorituiä ts salutaut,! Die dem Tode Geweihten grüßen uns einmal noch vor dem Ende! So grüßt es auch heute sür unser Leipzig von der Rennkampagne 1906: D» snison asb märte. Aber auch für sie ist es nur der ewige Kreislauf, vom Leben hinein in den Tod, und vom Tode zum Leben! Wie unter der braunen Asche der herbstlichen Feuersbrunst die lebendigen Funken eines neuen Frühlings glimmen, so bringt auch das Mai- lüftle den grünen Farben des Turfs neue Auferstehung: Der Sport ist tot, es lebe der Sport! — In goldige Herbstsonne war gestern unsere menschen- umdrängte Rennbahn getaucht. Schier sommerlich lind war die Luft, und doch so stark und würzig, wie nur ein Herbst tag sie schenkt. Kamen aus diesem Grunde auch nicht, wie vor vier Wochen, die Pelzschätze unserer „uppar ton" zur Geltung, so konnte um so mehr das Damenpublikum in Hellen duftigen Toiletten prangen und so im Verein mit dem zweierlei Tuch aller Waffengattungen das ohnehin farbensatte Bild um viele heitere Nuancen bereichern. Namentlich die dichtbesetzte Tribüne trug ein unverkenn bares Gepräge von vornehmster Eleganz, und viel Chic, Anmut und Reichtum sah man hier zu einem schönen Kranze vereinigt. Waren doch nicht umsonst die ersten Kreise un serer Stadt hier erwartungsvoll versammelt: König Friedrich August hatte ja in Begleitung seiner beiden ältesten Söhne dem Leipziger Rennklub die hohe Ehre seines Besuches angeküudigt! Es ist ganz unstreitig, daß durch diesen Besuch ungezählte Scharen yerbeigelockt waren, die vielleicht sonst nicht ge kommen wären, und daß überhaupt die Anwesenheit des leutseligen Monarchen dem ganzen Tage seinen festlichen Stempel aufgedrückt hat. Punkt 2 Uhr hielt die vierspännige königliche Equipage vor dem Mittelbau der Tribüne, wo auch die Königsloge errichtet war, und von brausenden Hoch rufen, Hüte- und Tücherschwenken, sowie vom Präsentier marsch der Ulanenkapelle begrüßt, stieg der König nebst seinen beiden jugendlichen Söhnen, dem Kronprinzen Georg und Prinzen Friedrich Christian die Stufen hinauf. In seiner Begleitung befanden sich die Gencraladjutanten General der Infanterie von Minck- witz und Generalleutnant von Altrock, Oberstallmeister von.Haugk, Major v. d. Decken und der prinzlicke Er zieher Major Freiherr O'Bvrn. Selbstverständlich waren sowohl der König, der in ausgezeichneter Laune schien, wie auch die Prinzen, denen ja unsere Bevölkerung unge teiltes Interesse entgegenbringt, während des ganzen Nach- mittags Gegenstand allgemeiner Aufmerksamkeit und immer neuer Sympathiebezeugungen. Wer Gelegenheit nahm, das liebenswürdige Wesen des Monarchen wiederholt aus der Nähe zu beobachten und einzelne seiner jovialen Äußerun gen zu hören, wird begreifen gelernt haben, wie sehr König Friedrich August auf dem besten Wege ist, einer der populär sten Herrscher nicht nur Sackscns, sondern auch Deutsch lands zu werden, wovon ja auch die letzten Hamburger Fest tage ein Zeugnis gegeben haben. Gleich wie ihr Vater es ablebnt, sich einer künstlichen Herrscherpositur zu bedienen, sondern es siebt, sich in schlichten Formen, als Mensch unter Menschen, zu bewegen, so gewannen auch die beiden Prinzen durch ihr frisches, offenes Wesen, durch ihre ungekünstelten Manieren und ihr blühendes Aussehen im Fluge die Herzen von jung und alt, besonders bei der Damenwelt. Man fühlt sich zwei kern gesunden Knaben gegenüber, denen ihr Vater mit der Fahrt zum Leipziger Renntag eine belle Freude gemacht hatte, und sah mit herzlichem Wohlgefallen, wie sie z. B. den beiden Siegern des Oktober-Jagdrennens sowie des Jagdrennens um den Königspreis auf deren Rückkehr zum Wagen glück wünschend die Hand schüttelten. Uebrigens sanden die beiden Prinzen bald Gesellschaft, denn auch die Söhne des Prinzen Friedrich Leopold von Preußen waren mit ihrem Erzieher von Naumburg herübergekommen. Der König bewegte sich in den Paulen während der Rennen völlig zwanglos unter der dichten Menschenmenge, die ihn begleitete. Bald sprach er hier einen Offizier, bald dort eine Dame aus der Gesellschaft an und manches Scherz- wort kam von seinen Lippen, so als er den Sieger im Ja^d- rennen, dem er den silbernen, innen vergoldeten Pokal eigen- händig überreichte, lachend ivarnte, ihn gleich aus ein'nal noch an diesem Abend zu leeren. Auch als zwischen dem ersten und zweiten Nennen Pferde versteigert wurden, stand er mitten unter dem Publikum und ermunterte lachend einen höheren Offizier, sich doch ein Pferd für den Privatgebrauch zu kaufen. Von der Tribüne des Sattelplatzes aus wohnte der König dann inmitten seiner Offiziere dem zweiten Teile des Meetings, dem Rennen des Leipziger Garnison- Reitervereins bei. Während nämlich die drei ersten Nennen des Tages mehr dem allgemeinen, „legitimen" Sport gehörten und u. a. die Entscheidung um den ersten sächsischen Staats- preis brachten, der von einem sächsischen Rennstallbesitzer, Mr. Ran, gewonnen wurde, hatten die letzten Nennen vorwiegend lokales Interesse. Hier galt es für die sächsischen Offiziere, speziell der Garnison Leipzig, unter den Augen ihres königlichen Kriegsherrn Proben ihrer Reitcrkunst ab zulegen. Wurde auch nicht eine kühne Attacke gegen den Feind geritten, so gilt doch auch für den friedlichen Wett kampf unserer Kavallerie das Wort: „pro patria luckemur", denn sür Augen und Sehnen, für Kühnheit und Kraft, die der Ernstfall braucht, ist der Sport ja eine treffliche Schule. Die Beteiligung an sämtlichen Rennen war außerzewöhn- sich groß: auch zahlreiche Nachnennungen waren erfolgt. Namentlich im Jagdrennen nm den Königspreis ging eine stattliche Kavalkade auf die lange Reise, und wenn die flüchtige, dichtgedrängte Schar in wilder Hast donnernd an den Tribünen vorüberbrauste, wurde man unwillkürlich an Lenaus schöne Verse erinnert: Der Rappe peitscht den Grund geschwind Zurück mit starken Hufen, Wirft aus dem Wege sich den Wind, Hört nicht sein scheltend Rufen. Gezwungen ist in strenge Haft Des Wildfangs tolles Jagen, Denn klammernd herrscht des Reiters Kraft, Um seinen Bauch geschlagen. Die in doppelter Hinsicht kostbare Siegestrophäe dieses spannenden Rennens fiel dem Leutnant Frhrn. von Strahlenheim zu, während wider Erwarten unser populärer Herrenreiter Rittmeister Panse diesmal leer ausging: freilich hatte er schon den wertvollen Ehrenpreis des Oktober-Jagdrennens auf seinem braven, unverwüst lichen Steepler „Sokrates" errungen. Das letzte Rennen wurde bereits bei hercinbrechender Dunkelheit gelaufen, wobei leider unliebsame Irrtümer hin- sichtlich des Kurses vorkamen und zu einem nicht ganz ein wandfreien Resultat führten. Die Mondsichel hing schon hell am Abendhimmel, als der König, unter erneuten be geisterten Hochrufen den Rennplatz verließ. Unaufhaltsam fluteten dann die dichten Menschenmassen über das weite Gelände dem Häusermeer der Stadt zu, und nur wenige notursrohe Zuschauer mögen noch verweilt haben, um den zauberhaft schönen Herbstabend zu genießen, der den selten schönen Tag beschloß. Die schwarzen Fittiche der Nacht überschatten bald den grünen Plan, den eben noch ungezählte Roßhufe zerstampft haben, und decken ihn mit Ruhe und Frieden. Immer deutlicher hebt sich die silberne Sichel vom graublauen Himmel ab, und ein Sternlein nach dem andern blinkt auf. Der Wald steht schwarz und schweiget, Und aus den Wiesen steiget Der weiße Nebel wunderbar. issbenlobe «na isatrkelö. Demnächst erscheint im Verlag von Heinrich Schmidt und Carl Günther in Leipzig das Werk: „Graf Paul Hatzfeldt, Feldzugsbriefc 1870/71 an seine Gemahlin aus dem Großen Hauptquartier des Königs" (21 Bogen Groß-Oktav, illustr. 7,50 .tl, ged. 10 .tl). Die Briefe dürften gerade jetzt nach dem Erscheinen der Hohenloheschen besonders interessieren, zumal der Verfasser verschiedentlich in jenen erwähnt war und seine Briefe häufig im direkten Gegensätze zu Hohen lohes Aeußcrungen stehen. So läßt Hohenlohe Bismarck (27. Oktober 1883) sagen: Auch will der Kronprinz (der spätere Kaiser Friedrich) den Grafen Hatzfeldt mit nach Spanien nehmen; darüber ist der Fürst empört. Wie man nur einen solchen Ge danken fassen könne! . . . „Das sieht aber Hatzfeldt ähn lich", fuhr Bismarck sort, ,^>as ist seine Faulheit!" lieber- Haupt tut er zu wenig usw., läßt Memoirs schreiben, und ich muß die Konzepte korrigieren usw. Nach der Vorrede der Gräfin Hatzfeldt in den Feldzugs briefen des Grafen Hahsewt (nicht Fürst oder Fürstin wie Hohenlohe sagt) hat Graf Bismarck ihren Gemahl sehr oft als das beste Pferd aus seinem Stalle bezeichnet, uird für die Tätigkeit des Mitarbeiters Bismarcks spricht auch folgender Briefauszug: Brief Graf Hatzfeldts aus Versailles, den 1. Februar 1871. Es ist um verrückt zu werden, versichere ich Dir! Gestern abend war ich so herunter, daß der Minister (Bis- marck) mich — trotzdem eine dringende Arbeit vorlag — zu Bett schickte! Er sagte, er hätte Todesangst, daß ich mich überanstrengen könnte und ihm dann gar nicht mehr helfen würde. Das ist ja sehr schmeichelhaft für mich, aber ich kann positiv nicht mehr! Ich habe von 1 Uhr nachts bis 10 Uhr morgens in einem Strich geschlafen, das passiert mir selten. Von dem Augenblick meines Er wachens an habe ich keine Minute für mich gehabt. Ganze Stöße von Akten, die sortgffchickt werden müssen, liegen da, und ich kann nicht Zeit finden, sie durchzusehen. Un zählige Menschen wünschen mich zu sprechen; der Minister sendet nach mir, kurz, Du kannst Dir gar nicht vorstcllen, was das für ein Dasein ist! Ueber die „Beute von St. Cloud" teilt Hatzfeldt mit (23. Dezember 1870): Ich habe mich nach der Perponcher-Affäre, von der Du sprachst, erkundigt. Es scheint, daß die ganze Beute unter die Hoffchranzen verteilt worden ist, und diese haben ganze Wagenladungen voll an ihre Familien nach Berlin geschickt. Ich verstehe vollkommen, daß da- einen sehr schlechten Eindruck gemacht hat und bin nur froh, daß ich mich nicht an diesem Raub zu beteiligen brauchte. Di- Stellung des Königs in dieier Sache ist leicht zu erkläre«, I o«an sagte ihm, daß — da St. Cloud StaabSeige«tuM
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