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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 25.01.1904
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1904-01-25
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-19040125022
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1904012502
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1904012502
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1904
- Monat1904-01
- Tag1904-01-25
- Monat1904-01
- Jahr1904
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VezngS-PretS tu der Hauptexpedition oder deren Ausgabe- stelle« «»geholt: vierteljährllch 3.--> bet zweimaliger täglicher Zustellung in» Hao» 3.75. Durch die Pvst bezogen für Deutlch. land u. Oesterreich vierteliäbrlich 4.50, für di» übrigen Länder laut ZeitungSpreiSlist«. Redaktion und Erdrdtttou: JohanniSgass» 8. Fernsprecher 1L3 u. 222. Ntltalerpedtttone«: Al fr«dHahn, Buchhandlg., UniversitätSstr.8 (Frrnspr. Nr. 4046), L. Lösche, Kathannen- slraße 14 (Fernsprecher Nr. 2935» u. König-- Platz 7 (Fernsprecher Nr. 7505). Haupt-Filiale EreSbeur Marienstrab» 84 (Fernsprecher Amt I Nr. 1713). Haupt-Filiale verlin: EarlDnnck e r, Herzgl.Bayr.tzofbuchbandlg.. Lützowslraße lO(FernIprecherAintVI Nr 4603.) Abend-Ausgave. MWM.TagMaü Anzeiger. Ämtovkatt des Hönigticyen Land- und des Hönigtichen Amtsgerichtes Leipzig, des Nates und des Nolizeiamtes der Ltadt Leipzig. Anzeigen-PreiS die 6gespaltene Petitzcile 28 Reklamen unter dem RrdaktionSstrich (4gespalten) 75 vor den Familiennach richten (6 gespalten) KO Tabellarischer und Zissernlatz entsprechend höher. — Gebühren für Nachweisungen und Offertrnanuahmi 25 Ehtra-Vetlagrn (gesalzt), nur mit der Morgen-Au-gabe, ohne Postbeförderung 60.—, m t t Postbesörderung 70.—. Annahmeichluß für Anirigenr Abend-AuSgabe: vormittag» 10 Uhr. Morgen»Au«gade: nachmittag» 4 Uhr. Anzeigen sind stet« an die Expedition zu richten. Die Expedition ist Wochentag» ununterbrochen geöffnet von früh 8 bi» abend» 7 Uhr. Druck und Verlag von 8. Polj in Leipzig (vr. Viktor Klinkhardt L Co). Nr. 4t. Var Wichtig»!« vom rage. * König Georg hat sich leider au» Gesundheitsrück sichten gezwungen gesehen, seine Reise nach Leipzig, die von Berlin aus erfolgen sollte, aufzu geben. * In Crimmitschau brannte heut» vormittag die Bigoane-Spinnerei und Färberei der Gebrüder Hofmann vollständig nieder. Urber 80 Arbeiter wurden wieder bro tlo«. * AuS der „SimplicissimuS" - Angelegenheit scheint sich ein Kompetenz konflikt zwischen Bayern und Württemberg zu entwickeln. Die Stadt-Direktion in Stuttgart hat Anweisung erhalten, daS Pflichtexemplar nicht mehr nach München weiterzugeben. * AuS Port Arthur wird dem Reuterschen Bureau ge meldet, höhere Offiziere seien der Ansicht, die Frage, ob Krieg oder Frieden, werde innerhalb ein bis zwei Tagen ealschleden sein. * Auf de« Fitschiinselu richtete ein Orkan großen Schade» an. * Da« Hochwasser iu Nord-Amerika geht zurück, die Gefahr ,st beseitigt. politische Tagesschau. * Leipzig, 2K. Januar. Unbeabsichtigte Reklame. Wie die Sozialdemokratie auS den Fehlern ihrer Gegner de« meisten Borteil zieht, so darf der Herausgeber der .Zukunft", Herr Maximilian Harden, den der Dresdner Parteitag au» einem Protektor der revisionistisch angehauchten .Genossen" in einen grimmigen Gegner aller Sozialdemokraten umgewanbelt hat, von sich sagen, daß seine Widersacher für ihn und seine Zeitschrift die wirksamste Reklame machen. So wird da« neueste Heft dieser Zeit schrift massenhaften Absatz finden, weil eS für die Lesesäle der königlichen Bibliothek in Berlin verboten worden ist, und »war wegen eine» Artikel«, der da« Verhalten der maßgebenden amtlichen Kreise zu der Beschwerde de» deutschen Künstlerbundes über die ausschließlich« Heranziehung der Kunftgenossenschaft zur Beschickung der Ausstellung in St. Louis bespricht. Alle Gelt wird nun lesen wollen, was Harden in dem Artikel sagt, und der Verfasser wird sich ui« Fäustchen lacken über den Erfolg jenes Verbotes. Die Urheber derselben lönnen ja anführen, daß die Räume der Berliner Staatsbibliothek nur zu wissenschaftlichen Zwecken und nicht zur Befriedigung eines oberflächlichen Lesebedürfnisses da seien; aber wenn sie diese Räume lediglich vorMißbrauch bewahren wollten, so hätten sie ein allgemeineres Verbot erlaßen und nicht die öffentliche Aufmerksamkeit aus einen bestimmten Artikel einer bestimmten Zeitschrift richten sollen. Dieser Artikel wird nun peinlichst darauf hin geprüft werben, ob er hohen Staatsbeamten einen berechtigten ober einen unberechtigten Vorwurf mache, ob mit diesem Vorwurf« nicht eher die wtaatSanwaltschafl als der preußische Kultusminister sich habe beschäftigen sollen ,c. rc. Und alle diese Prüfungen werden bewirken, daß der Verlust an uichtzahleuden Lesern aus den Kreisen der Berliner Montag den 25. Januar 1904, Brblwtbeksbtsucher tausendfach ersetzt wird durch Zuwachs an zahlenden Lesern aus allen Kreisen im Reiche Und nicht nur Herr Harden wird aus dem Verbote Vor teil ziehen, sondern mit ihm auch die Vertreter und Anhänger der von ihm in Schutz genommenen Kunstrichtung. Auch von ihr wird mehr als sonst die Rede sein, auch mit ihr und mit der Beschwerde des Deutschen Künstlerbunde« und ihrer Berechtigung wird man sich in weiten Kreisen mehr beschäf tigen, al« dem Leiter de« preußischen .Ministerium« des Geiste«" lieb sein dürfte. Ueberdies hat dieser Erinnerungen wachgerufen, die Herrn Harden sowohl wie seine» Schütz lingen beweisen, daß die Welt rund ist und daß gewisse Verbote nicht allzu tragisch genommen zu werden brauchen. Auch die „Kreuzztg." wurde einmal in den königlichen Schlössern Preußens verboten. Da« Blatt hat sich seitdem nicht im geringsten geändert, e« ist aber nicht nnr nicht mehr verboten, sondern bat seinen Lesern schon wiederholt und erst jüngst wieder von Auszeichnungen berichten dürfen, die seinem verantwortlichen Redakteur zuteil geworden sind. Tempora mntantur, das wirb auch der jetzige Leiter des preußischen Kultusministerium« noch inne werken, wenn er es noch nicht wißen sollte. Und dann wird er die unfreiwillige Reklame, die er für die „Jugend" und ihre Schützlinge gemacht, selbst bedauern. Hic Manteuffel — die „Üreuzzcttung"'. Die „Kreuzzeitung" vom 23. d. M. enthält urkundlich einen sehr beachtenswerten Beweis dafür, daß die sozialpoli tischen Anschauungen innerhalb der konservativen Partei weit auseinandergehcn. Und zwar ist dieserBeweiS um so mehr charakteristisch, als ein und dieselbe Fra^e durchaus verschieden von Herrn v. Manteuffel auf der einen Seite, von der „Kreuzztg." auf der andern Seite beurteilt wird. Herr v. Manteuffel hat bekanntlich im konservativen Volks vereine de» Kreise« Niederbarnim die Regierung zu „Taten" gegen die Sozialdemokratie aufgerufen und dabei den Reden keö Reichskanzlers die Crimmitschauer Vorgänge als Muster gegenübergestellt. Im Hinblick auf den Crimmitschauer Streik führte Herr v. Manteuffel nach dem Berichte der „Kreuzztg." wörtlich auS: „Ich würde e» für ein unendliche» Unglück gehalen haben, wenn Bergleichsverhandlungen stattgefunden und den Streik beendigt hätten. Die Kraft der Arbeitgeber wär« gebrochen gewesen für immer. Ss war daher ein großes Mick, daß die Arbeitgeber den Streit durchhalten und die Arbeitnehmer zwingen konnten, die Arbeit zu den alten Bedingungen wieder auszunehmen ... Diese Tat in Crimmitschau halt« ich für viel wirksamer und vernichtender für die Sozialdemokratie, al- den Unfug in Dresden und die herr liche Rede de- Grafen Bülow." Zu diesem Standpunkte dc» Freiherrn v. Manteuffel paßt drr Leitartikel in derselben Nummer der „Kreuzztg.", die über jene Manteuffels^« Rede berichtet, „wie die Faust aufs Auge". Unter dem Titel: „Was lehrt uns Crim mitschau?" beginnt der Leitartikel wörtlich folgendermaßen: „Alle Welt ist heute darüber einig, daß die bisherige Art und Weise, Jntercssenstreitigkcitcn zwischen Kapital und Arbeit in Form von Streiks und Auslperrungen zum Ausdruck zu bringen, eine unbefriedigende ist . .: rechtlich, weil nicht das Recht, sondern die jeweilige Macht der einen oder der anderen Partei den Ausschlag gibt; wirtschaftlich, weil die Un kosten eines solch«« Prozesse» in der Regel beide Parteien und meist noch ganz unbeteiligte Srw«rbskreist treffen; sozial, weil das erzwungene Ergebnis der gegenseitigen Machtprobe stets den Keim neuer Zwietracht in sich birgt, mithin den sozialen Frieden nicht fördert, sondern hindert; national endlich, weil derartige Machtproben . . mit Milliarden verlorener Arbeitstage, entgangener Unternebmergewinne, zu häufig mit dein Ruin de» kämpfenden Industriezweiges oder mit dem Ber. tust, des Absatzmarktes verbunden sind." Auf Grund dieser Erwägungen fordert die „Kreuzztg" nach australischem Muster die Einsetzung staatlicher obli gatorischer EinigungS- und SchiedSämter, deren Schiedsspruch für beide Teile gesetzlich bindende Kraft haben soll. Dieser Vorschlag des konservativen Hauptorgans gebt also noch weit über die Vergleich,'Verhand lungen hinaus, die Freiherr v. Manteuffel für ein „unend liches Unglück" gehalten haben würde! Angesichts solcher Widersprüche innerhalb leitender konservativer Kreise kann es der Regierung kaum verdacht werden, wenn sie der Auf fassung des Freiherr» v. Manteuffel skeptisch gegenübersteht. Arbettcrsyndikate in Frankreich. Trotz der weitgebenden Freiheiten, die in Frankreich da« Assoziation-- und SynvikatSgesetz von l?84 den Arbeitern gebracht Kat, ist die Entwickelung des französischen Arbeiter- lyndikatswesenS in engeren Baynen geblieben, als in der Mehrzahl der großen «Staaten mit starker industrieller Be völkerung. Nach dem neuesten Bericht de« Arbeitsamtes gab e» am l. Januar 1903 im ganzen 3934 Berufssyndikate, denen 643 757 Arbeiter angehörten. Immerhin ist gegen das Jahr 1884 eine enorme Zunahme eingetreten. Damals, bevor da neue Syndikatsgesetz Gültigkeit erlangte, zählte man 500 Syndikate mit rund 60 000 Arbeitern. Die Zahl der Syndi- katSbilvunge» ist also innerhalb l7 Jahren um Vas Achtfache, die der syndizierten Arbeiter um mehr als das Zehnfache ge stiegen, wobei ein Teil dieser Vermehrung der organisierten Arbeiterschaft auf Rechnung des am l. Juli l90l ergangenen Gesetzes zu setzen ist, in dem die völlige Freiheit der Assozia tionen ausgesprochen wurde. Indessen kommen, wenn diese Zahlen zutreffen, in Frankreich nur 9, gegen 20 in Deutsch land, 27 in England und 30 in den Vereinigten Staaten syndizierte Arbeiter auf je 100 Arbeiter. Sehr verschieden ist auch in Frankreich die Beteiligung der einzelnen Berufs klassen am Syndikatswesen. Während die Landwirtschaft, Forstbetrieb und Flschereiwesen nur 0,4 Prozent stellen, be trägt der Anteil der industriellen Arbeiter durchschnittlich 10 Prozent, in einzelnen Betrieben, z. B. in der Minen industrie, bis zu 40 Prozent. Die Krisis i» Lstasien. In amtlichen Petersburger Kreisen wirb nicht mehr be stritten, daß die zunehmende Gärung in Korea die Schlichtung der Streitfragen wesentlich erschwert. Die dor tigen Zeitungen beschuldigen Japan, es lasse durch geheime Agenten die Bevölkerung Koreas ausreizen und den Fremden haß predigen. Die japanischen Zeitungen dagegen behaupten, der russische Gesandte in Söul habe die koreanischen Zeitungen bestochen und leiste einer Bewegung Vorsckub, die vielleicht denselben Charakter wie die Boxcrbewegung in China an nehmen würde. Es liegt jedoch auf der Hand, daß Ruß land augenblicklich nicht da« geringste Interesse daran haben kann, in Korea Unruhen hervorzurufen, die doch nur Japan den erwünschten Anlaß zum Euffchretten bieten würden. Da gegen ist auch zu bedenken, daß sich die Bevölkerung Korea« schon lange in einem gefährlichen Zustande der Gärung befindet» welche die natürliche Folge der seit Jahren ein wirkenden japanischen, russischen, englischen und nord- amerikanischen Machenichaflen ist. Ein aus niederer Kultur stufe stehendes asiatisches Volk, welches von den verschiedenen 98. Jahrgang. ausländischen Interessengruppen andauernd umworben und zugleich auSgebeutet wird, wird schließlich einem Zustande der Zersetzung anbeimsallen In Korea ist dieser Augenblick anscheinend bereits riugetreten, und das ganze Land, da« seit Monaten vor Augen bat, der Schauplatz eines blutigen Kriege» zu werden, befindet sich gegenwärtig in einerAukregung, die jeden Augenblick zu gewaltsamen Ausbrüchen führen kann. In gleicher Weise wird aber auch der Hof und die an sich schattenhafte Negierungsgewalt des sogenannten Kaiserreiches durch die nebenbuhleriscken Einflüsse der Mächte derart zerrieben, daß irgend eine Palastrevolution jederzeit eintreten kann. — Wenn daher auch die diplomatische Lage in Ostasien eine zufriedenstellende geworden ist, und voraussichtlich auch noch weitgehende Zugeständnisse Rußland« den japanischen Kriegs treibern den Boden entziehen werden, so kann doch irgend eine plötzliche Umwälzung in Korea die friedliche Lage gänz lich zerstören. * London, 24. Januar. Dem Reuterschen Bureau wird aus Port Arthur vom 22. d. M. gemeldet, das Gros der in Port Arthur liegenden Flotte habe auf Befehl der russischen Admiralität außerhalb des Hafens seinen Standort erhalten und liege gerade an der äußeren Seite der Einfahrt. Ter Be fehl sei für den etwaigen Eintritt jeglicher Eventualität ge geben worden. Höhere Offiziere in Port Arthur seien der An sicht, die Frage, ob Krieg oder Frieden, werde innerhalb ein bi» zwei Tagen entschieden werden. Auf einer Beratung, welche die Chefs der verschiedenen Abteilungen der Verwaltung der Mandschurei am 18. d. M. abgehalten hätten, seien Befehle erlaßen worden, betreffend die Herstellung einer Liste aller ver fügbaren Mannschaften der mandschurischen Reserve. Die Zahl derselben soll 80 000 Mann betragen. Die russischen Truppen, welche nach dem Norden kommandiert seien, hätten am IS. d. M. begonnen, Port Arthur zu verlaßen. Zwei Regimenter sollen am 21. und 22. im inneren Hafen eingeschifft worden sein, um nach dem Dalu zu gehen. * London, 25. Januar. ( Telegram m.) Tie „Daily Mail" meldet vom 24. Januar aus Tschifu: Bei einem Zusammen st ohe an der mandschurischen Eisenbahn zwischen russischen Truppen und chinesischen Räubern wurden drei Russen getötet und ein Offizier verwundet. Zehn Thinesen wurden gefangen. Sie sollen hingerichtet werden. — AuS Tokio vom 24. Januar berichtet dasselbe Blatt nach Nachrichten aus Söul: UuAongIk, der mit der Leitung des KriegSmini st e- riumö betraut wurde, habe sein Amt niedergelegt. Die japanische Partei gewinne überall Boden. * London, 25. Januar. (Telegramm.) Den „Times" wird aus Tokio gemeldet: Briefliche Berichte aus Wladi wostok besagen, eine am 0. Januar gelandete russische Seesoldaten-Abteilung habe große Aus schreitungen gegen die japanischen Einwohner ver übt. 24 Häuser zerstört und gegen Frauen, Kinder und Greise Gewalttätigkeiten begangen. Die Soldaten hätten in dieser Weise zwanzig Stunden lang getobt; sie seien von Offizieren begleitet gewesen und auch von den Civilbehörden nicht ge hindert worden. (?) * Söul, 24. Januar. (Reuters Bureau.) Der koreanische Gesandte in Petersburg hat hierher telegraphiert, daß die russische Regierung die Neutralitätserklä rung Koreas mißbillige. Feuilleton. An unsere Leser! Morgen Abend beginnen wir mit dem Abdruck deö neuesten Roman« von Wilhelm Fischer „In -er Brandung", einer überaus fesselnden Arbeit de» so beliebten Autor«, der in spannender Weise einen hochinteressanten modernen Stoff behandelt. Wemeyer L Sohn. ISj Roman von M. Prtgge-Brook. Die welke Hand löst sich au» ber deS Sohne», in da» Gesicht tritt ein unendlich gütiger Zug. „Willkommen' ge liebtes Kind. Biel tausendmal willkommen; darf ich Liv Margaret nennen und du?" Ta schwand auch Margaret» Befangenheit und Furcht. Sie küßte und lieb sich küssen, und sand nach kurzer Frist, was Rudolf ein Jahr früher gefunden, daß nämlich Frau Elisabeth der lieben Mutter daheim auffällig glich. Troy ihre» Alter« und obgleich der Tob die Arme gezeichnet. Nachdem die erste Aufregung sich gelegt, Anna die Herrschaft zum Vesper gebeten, da ihre Frau Ruhe haben müsse, blieb Rubi noch einen Augenblick bet letzterer zurück. Sie sah, nachdem sie ruhiaer geworden, jetzt geradezu erschreckend elend au», da» bange Gefühl über» kam ihn, er werde ihrer Liebe nicht lange mehr tetlhastig sein, dann wollte er sie aber auch nicht verlassen, schwor er sich zu. Elisabeth hatte ihn betrachtet. „Was dachtest du soeben, mein Kind?" fragte sie sanft. „Daß ich dich nie mehr lassen könnt«, mein heiß, geliebtes Mütterchen, nie, nie mehr. Ich bleibe bet dir für immer." .... .. . „BIS Ich sterbe, was wohl nicht lang» wirb auf sich warten lassen." „Mutter, wie kannst du mir so web tun? sagte er vor wurfsvoll. „Weißt du denn nicht, daß du leben mußt für mich!" „Ich möchte sterben, mein geliebtes Kind, dort finde ich endlich die ersehnte Ruhe. Du sollst sie mir gönueii, weißt du doch, wie schwer ich leibe seit — —" die Stimme brach ihr. „So denkst du immer noch an den Schurken?" „Rudi, nenne ihn nicht so. Ich habe ihn lieb gehabt, fechsundzwanztg Jahre, daS löscht nichts auS, kein Un recht und keine Sünde, und darum möchte ich gehen. Weiß ich doch selbst nicht einmal, ob mein Gefühl für ihn nicht Sünde heißt." „Quäle dich darum doch nicht, mein Mütterchen", rief Rudolf bestürzt. „WaS sollte Sünde sein für dich. Sünde ist höchstens, daß du ihm nicht mit der Münz« hetmzahlst, die ihm gebührt, mit Verachtung." Eine Zeit lang schwieg die Kranke, dann hob sie an, leise, als fürchte sie, ein anderer als Rudolf könne sie hören: „Ich habe ihn gesehen, Rudi, vor acht Tagen zum ersten Male, und «r bemerkte mich, ich sah eS an seinem Blick." Unangenehm berührt, wandte der Sohn sich ab. „Ich gehe jetzt zu meiner kleinen Frau. Bis später, Muttchen." „Nein, bleib ", hielt sie ihn aus, „ich habe dir noch mehr zu sagen. Man erzählt sich, daß er und sie nicht glücklich seien, obwohl er ihr die halbe Welt mit ihrer Herrlichkeit gezeigt haben soll. Wie viel an dem Gerücht wahr ist, kann ich freilich nicht ergründen. Als ich ihn wicdersah, kam er mir alt geworden vor, sehr alt in einem einzigen Jahre." „Zerbrich dir nicht den Kopf um diesen Mann, un» muß er ein Fremder sein, vergiß da» nicht." Er küßte sie und ging. „Sin Fremder", murmelte die zurückgrlaffene Frau für sich. „Wie er da» sagt, al» ob daS möglich sei. Mir bleibt er immer der Eine, Einzige, den ich geliebt mein Lebelang. S» wird kein Unrecht sein, wenn Ich für sein Glück bete." ES hatte den Anschein, al» erholte sich Elisabeth, nach dem die ersten aufregenden Tag« sie an das Bett ge- fesselt, erheblich. Sie sonnte sich an dem Glück ihrer Kinder und wurde nicht müde, Margarets kindlichem Ge. plauder znzuhören. Die jung« Amerikanerin gewann die Mutter ihre» Rudi lieb. Zum ersten Mal, hörte sie von ihr die tranrige Geschichte ihrer Eh«, da» konnte das kindliche Weib nicht fassen. Nach fechsundzwanztg Jahren ber Treue verließ ein Mann seine Frau an» dem einzigen Grunde, weil ihm «ine ander« besser gefiel. Und da» nahm die Mutter so hin und Rubi. Nein, Rudi hatte e« nicht hingenommen, er war gegangen, wa» hätte er al» Sohn auch tun können? Entsetzlich blieb die Sache immerhin. ES dauerte ein paar Tage, bis Margaret sich gefaßt. Da der SanitätSrat der scheinbaren Besserung im Be» finden seiner Patientin nicht traute, hielt er streng darauf, daß sie ihre Gewohnheiten beibehielt. Sie brachte viele Stunden des Tages allein in ihrem Lehn stuhle zu mit ihren Büchern, erst spät am Vormittag sah sie ihre Kinder. Und wiederum am Abend früh ließen dieselben sie allein, damit keine Aufregung den Schlum» mer svöre, ber ihr so nötig war. So behielt Rudi Zett genug, Margaret mit den Schön» hetten -er Reichshauptstadt bekannt zu machen. Sie waren viel unterwegs. Einmal rollte ein eleganter Wagen an ihnen vorbei. Der junge Mann sah auf un begegnete dem Auge seines Vaters, das sich verlegen vvn ihm abwandie. Er erschrak, so alt war er geworden, sein Haar war ganz weiß. Zum Glück bemerkte Margaret die tiefe Bewegung ihre» ManneS nicht, er war auch für gewöhnlich still un- in sich gekehrt. Der Holzhänbler, der seinen Sohn erkannte, fühlte einen heftigen Schrecken in sich anfstelgen. Hatte man ihm -och erst unlängst erzählt, daß Rudi im fernen Westen Amerika» Inhaber einer Farm sein solle. Daß er nun plötzlich hier aufiauchtc am Arme einer jungen schönen Frau, gab seinem Vater zu Lenken. Er hatte ohnedte» mehr Zeit und Muße dazu, al» ihm lieb war. Denn seine Ehe, die so glänzend begann, die ihn in den siebenten Himmel einst versetzt, und ber zu Liebe er da» beste Herz von sich gestoßen, sie gab ihm längst keine Be friedigung mehr. Go lange er mit Erna umherreiste, nach ihrem Wunsch« bald hier, bald dort verweilte, hatte er sich noch zu täuschen versucht über die Leer«, die die» Leben in feinem Innern hinterließ. Ja, wenn Erna ihn noch geliebt hätte, so wie er sie, ohne Sinn und verstand. Allein er muhte bald einsehen, bah ihr da» unmöglich sei. Ginn und verstand war wohl in allem, was seine schöne junge Frau tat. ihm wäre lieber, sie hätte manche» Mal davon weniger gehabt und dafür ihr Herz sprechen lassen, da» Herz, da» er so stolz gewesen, sein zu nennen. Nun mußte er sich gestehen, baß ihm davon wohl kaum ein kleiner, ein ganz bescheidener Teil eigen sei den übrigen i behielt dl« junge Frau für sich Die teilte auch wohl > anderen davon au» in kleiner Münze. Wemeyer hätte nicht eifersüchtig zu sein brauchen, aber e« verdroß ihn doch, baß sie sich anderen liebenswürdiger zeigte al» ihrem eigenen Manne. — . E» hatte bald nach ber Hochzeit angcfangen. Da» Ehepaar befand sich am Genfer Gee. Und Erna hatte, von einer Gesellschaft junger Leute verlockt, «ine Kuß- tour mache« wollen zum Rhünegletscher. Es war die erste Bitte, die ihr Mann ihr abschlagen zu müssen glaubte, weil die Touir sehr strapaziös und Erna keine geübte Bergsteigerin war. Sie ärgerte sich sehr und antwortete schnippisch: ES sei ihm wohl um seine Person, den« was sic angehe, so sei sie jung genug, Strapazen zu ertragen. Seit dem Tage kam sein Alter öfter in ihren Gesprächen vor. Der rrcugebackenc Ehemann, der gern jung jein wollte, biß sich auf die Lippen, aber er antwortete nichts. Nun waren sic schon längst daheim in Roseneck, darauf hatte Hugo Wemeyer alle seine Hoffnung gesetzt. Sie sollte sich nicht erfüllen. Denn anstatt daß Erna ihm jetzt da» Hau» angenehm gemacht hätte, öffnete sie es ihren früheren Mitschülern und Mitschülerinnen. Manch' zweifelhafte Gesellschaft fand auf diese Werse Ein gang in da» MärchenhauS, indem zu jeder Tageszeit ein „Tischlein deck dich" stand, an dem eine junge schöne Frau die Wirtin machte, während ihr alter Mann seinen Ge- schäften nachging. Es währte nicht lange, »md Wemeyer hatte zum Schaden auch noch den Spott. Trotzdem wagte er nicht, sich zu wehren, denn was konnte er im Grunde seiner jungen Frau Vorwerken? Daß sie ihr Leben auf ihre Art genoß? Er selber hatte ihr da» vordem oft genug vorgeredet und ihr da», wa» ihrer wartete, in lichten Farben auSgemalt. War eS ihre Schuld, baß er in den Rahmen nicht patzte? Lag eS an ihr, datz ihn die früheren Freunde mieden, daß sie zum größten Teil die ihnen gemachten Besuche unerwidert ließen? Der alternde Mann, dem fein Spiegel verriet, daß e» auch mit der Jugend endgültig vorbei sei, -atz sein einst schwarzes Haar zu bleichen beginne, vereinsamte mehr und mehr. Sein« Gedanken eilten zurück in die Vergangenheit, zurück zu seiner armen, verlassenen Frau. Wie e» ihr wohl ergehen mochte? Er fasste sich Mut und sprach Sanden, den er eine» Tage» traf, um Auskunft an. Da», ma» er hört«, ent setzte ihn. Elisabeth starb, und er war schuld daran. Da» ließ er fick nicht auSreben, auch nicht, al» der WaniiäiSrat der Mitleid spüren mochte, ihm eine längere, umständliche Rebe hielt, in der er ihm klar zu machen suchte, ihr Herz, leiden töt, die Arme. Er kennt diese» Leiden genau, e» trug leinen Namen. An ihm, an ihrer Liebe zu «hm ging Elisabeth zu Grunde. (Fortsetzung folgt.)
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