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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 25.10.1906
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1906-10-25
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19061025013
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1906102501
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1906102501
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Handelszeitung
- Jahr1906
- Monat1906-10
- Tag1906-10-25
- Monat1906-10
- Jahr1906
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Letzte Dep.) * Die Landessynode beriet gestern über die Frage der Kirchenvorstands-Verfassung. sS. Kongresse.) —— * Ein 90 Personen starker Ablösungstransport sür das Vermessungsschiff „Planet" ist von Wilhelms- Haven abgegangen. Non Bremerhaven ab wird er mit dem „Prinz Eitel Friedrich" nach Simpson Hafen in Australien befördert werden. * Andrew Carnegie hat Professor Lamprecht sür die Bibliothek des künftigen kulturgeschichtlichen Seminars in Leipzig 5000 Mark geschenkt. fS. Feuill.) * Der österreichische Kriegsmini st er Pitt- reich ist gestürzt und durch v. Schönaich, bisher Landesverteidigungsmini st er, ersetzt. (S. Ausl.) * Der Kaiser von Oe st erreich hat die Führer der Parteien zu sich entboten und nachdrücklich die schleunige Erledigung der Wahlreform ver langt. sS- Ausl.) - * Die Leipziger Stadtverordneten überwiesen in ihrer gestrigen Sitzung den Antrag, bei der Staats regierung nochmals in Sachen der Fleischnot vorstcllig zu werden, sowie ferner einen gemischten Aus schuß in dieser Angelegenheit einzusetzen, dem Verfassungs ausschuß zur Vorberatung. * Die Leipziger Stadtverordneten be willigten gestern in nichtöffentlicher Sitzung 4 904 632 Mark zum Ankauf von Grundstücken in den Fluren Ni'chwitz, Masewitz und Canitz bei Wurzen behufs Errichtung eines zweiten Leipziger Wasserwerks. Var Srsunssmiger Mimstum. Man muß den Braunschweigern zugestehen, daß sie zähe an der unbedingt richtigen Auffassung festhalten, die Ver längerung des Regentfchaftsprovisoriums sei vom Nebel, und deshalb müsse alles versucht werden, um eine endgül tige Regelung herbeizuführcn. Ihr erster Versuch, den Kanzler als Vorsitzenden des Bundesrats zur Initiative zu veranlassen, ist gescheitert. Nachdem Fürst Bülow die Wünsche des Braunschweiger Landtages dem Bundesrat nicht einmal zur offiziellen Kenntnis gebracht hat, haben sie darauf ver zichtet, durch direkte Appellation an den Bundesrat den Gegensatz zu der preußischen Auffassung auf die Spitze zu treiben und unbehagliche nachbarliche Verhältnisse zu schaffen. Rein rechtlich könnte diese Rücksichtnahme viel leicht nicht angebracht erscheinen. Trotzdem wird man sie billigen dürfen, denn diese Frage ist nun einmal keine bloße Rechtsfrage, und Rücksichten auf die preußischen und die Reichsinteressen sind unbedingt erforderlich. Es mag ein tech nischer Fehler gewesen sein, sich nicht an die Körperschaft, sondern an ihren Vorsitzenden zu wenden. Nachdem er aber einmal begangen und vom Fürsten Bülow geschickt ausqe- nutzt worden ist, tat man doch recht gut daran, Preußen nicht zu brüskieren. Wenn wir dies zugeben und überhaupt keiner Trotz politik das Wort reden, so wollen wir aber doch nicht in den Fehler der Ueberpreußen verfallen, die einfach preußisch- dvnastische und deutsche Reichsinteressen in diesem Falle für völlig identisch erklären und alle Rechtsansprüche zugunsten eben dieser Interessen einfach ausschalten möchten Gewiß gehen auch uns die Reichsinteresseu voran. Und wenn diese sich bis zu einem gewissen Grade mit den preußischen decken, so kann das wahrhaftig kern Grund sein, sie deshalb ge ringer zu schätzen. Das hat auch der braunschweigische Land tag nicht getan. Vielmehr ist seine ganze Haltuna von dem Bestreben geleitet, diesen Interessen gerecht zu werden. Er hat ausdrücklich, den Verzicht des längsten Sohnes des Her zogs von Cumberland auf Hannover als nicht genügend er klärt und den Verzicht des ganzen Fürstenhauses aus die heutige preußische Provinz verlangt. Aber weiter konnte er uicht gehen. Hier ist auch mit fernem politischen Gefühl der Punkt markiert, wo die Rcichsinteressen sich von den preußisch-dynastischen scheiden. Des Reiches Wohl fordert den Verzicht auf Hannover. Es fordert aber auch sorg fältige Wahrung der .ünzelstaatlichen Rechte. Und haupt sächlich dieses Gesichtspunktes wegen ist die Entscheidung der braunschweigischen Frage von größter politischer Bedeutung. Es darr ausgesprochen werden, daß weitergehende preußische Ansprüche bereits partikularistischen Charakter annehmen oud bei den übrigen Bundesstaaten Beunruhigung erwecken müsse». Es darf schließlich nicht dahin kommen daß osi- tive Rechte um persönlicher Gefühle willen unberücksichtigt bleiben. Das würde die naturgemäße und gern zuqestandene preußische Vorherrschaft, die in der Verfassung ja ge nügende Garantien besitzt, zur Diktatur machen. Und man sollte meinen, daß das auch den znr Wahrung der preußi schen Ansprüche Berufenen kein angenehmer Gedanke sein kann. Preußen hat die Rechte, ober auch die Pflichten der Vormacht, nämlich sorgfältigste Berücksichtigung aller be gründeten einzelstaatlichen Rechtsforderungen. Man wird es vielleicht rechtfertigen können, daß der Kanzler und Ministerpräsident auch nicht den kleinen Finger zur aktiven -Hilfe bei der Lösung der Thronkalamität reicht. Damit dürft« aber auch di« Grenze erreicht sein, bis wohin der Kanzler dem preußischen Ministerpräsidenten folgen kann, ohne i» «1»«« Konflikt d«r Pflicht« zu gerat«. Es handelt sich hier in erster Linie gar nicht um das Haus Cumberland. Es handelt sich um den Bundesstaat Braunschweig. Und daß dieser aus der jahrzehntelangen greulichen Ungewißheit endlich heraus muß, das haben alle maßgebenden Instanzen des Herzogtums ausgesprochen und mit durchschlagenden Gründen belegt. In allen Schichten der Bevölkerung und besonders in der Beamtenschaft haben sich Parteigruppen gebildet, unter deren Reibungen die Staatsgeschäfte sich nicht so glatt, wie zu wünschen, ab wickeln. Der Streberei wird durch Fortdauer des unge- wissen Zustandes geradezu V.rschub geleistet. Das Länd chen kommt nicht zur Ruhe. Und diese Ruhe hat es dringend nötig, denn es macht eine böse wirtschaftliche Krisis durch. Das sind die speziellen braunschweigischen Gründe, die eine deffnitive Erledigung gebieterisch fordern, und die auch letzt wieder den Landtag und den Regentschaftsrat zu einer bei spiellos einmütigen Stellungnahme gebracht haben. Von unserem Standpunkte aus erst in zweiter Linie kommen die Cumberländischen Ansvrüche. Zu der Ausfas. sung, sie überhaupt zu negligieren, können wir uns nicht entschließen. Schon des bösen Präzedenzfalles wegen nicht, der damit gegeben würde. So lange das Deutsche Reich ein Rechtsstaat und in der Hauptsache ein Bund von Monarchien ist, darf auch das Thronfolgerecht nicht der Willkür, nicht einmal der Utilität geopfert werden. Und auch davor möch ten wir warnen, sich von dem jetzt eifrig betriebenen histo rischen Sympathie- oder Antipathie-Sport beeinflussen zu lassen. Das Haus Hannover mag manches gesündigt haben. Aber das war doch alles vor dem Scbicksalsjahre 1866. Und wie viele Fürstenhäuser sind denn, unter alleiniger Berück sichtigung der Reichsinteressen, so ganz ohne Fehl geblieben? So war die Sache denn doch in den kritischen Jahren auch nicht, daß Preußen sich aus alleiniger glühender Reichsliebe in Kriege gestürzt und nur mit Schmerzen die Gebiets erweiterungen vorgenommen hätte. Die faktischen Verdienste Preußens um die Reichsgründung in Ehren. Aber um Ge fühle wurde damals nicht gekämpft, sondern um Realitäten. Und es ist das große Glück des deutschen Volkes, daß bei der Erkämpfung jener Realitäten die Ideale auf ihre Rech nung kamen. Dem Herzog von Cumberland, der übrigens die Annahme des englischen Titels schon längst als einen Mißgriff bereuen soll, kann man trotz aller bisher gezeigter Unnachgiebigkeit und Verkennung politischer Möglichkeiten doch auch korrektes Verhalten nicht absprechen. Seine strikte Ablehnung ausländischer Vermittelung ist ein Bewrff dafür. Er ist heute der Schwiegervater eines deutschen Bundes fürsten und eines Thronfolgers. Und es hätte nicht viel gefehlt, so wäre er sogar in nahe verwandtschaftliche Be ziehungen zum Hohenzollernhause getreten. . . . Der Herzog von Cumberland hat also drei Monate Frist, um seine Stellung zu der neuen Entschließung des braun schweigischen Landtages zu wählen. Ein Ausweichen gibt es nun nicht mehr. Es wird der „endgültige und vorbehaltlose Verzicht der tämtlichen Agnaten des herzoglichen Hauses auf Hannover" gefordert. Und wenn der Herzog sich nicht dazu verstehen kann, so hat er sich den Verlust des braunschweigi schen Thrones selbst zuzuschreiben. Sentimentalitäten sind dabei nicht am Platze und dürfen angesichts der Forderun gen des Reichswohls und der zwingenden Notlage des braun schweigischen Staates auf keine Berücksichtigung rechnen. Es ist vielmehr zu hoffen, daß der braunschweigische Landtag in Konsequenz seiner bisherigen reichstreuen und rechtlichen Haltung ungenügende Erklärungen des Herzogs als Ver zicht auf Braunschweig aufsassen und zur Tagesordnung übergehen wird: Schaffung eines neuen endgültigen Regimes. Vie Stäkst» Montigitoso. Unser Münchener Korrespondent meldet uns tele graphisch: München, 24. Oktober, nachm. 7L0. Die Gräfin Mon- tignoso ist heute nachmittag 5.14 von Lindau kommend hier in München auf dem Zentralbahnhof eingetrofsen. Tie Gräfin, die wohl und gesund aussah, wurde begleitet von ihrer Mutter, der Großherzogin von Toskana, der Prin zessin Monika Pia, einer Hofdame und einer Kamm.r- frau. Ein höherer Bahnbermter begrüßte die Herrschaften bei ihrer Ankunft. Die Gräfin ging, von dem zahlreichen Publikum unerkannt, in den Hofsalon des Zentralbahnhofs und begab sich von dort aus mit ihrer Begleitung in das Hotel Continental. Abwechselnd ging sie mit ihrer Mutter, dann wieder mit der Hofdame. Im Hotel erwartete sie der Königlich Sächsische Gesandte am bayerischen Hose. Die gestern auch von uns weitergegebcne Meldung, die Begegnung der Gräfin mit den beiden Prinzen werde in Lindau stattsinden, war augenscheinlich absichtlich irre führend ausgcgeben worden und zwar von einer dem Hanse Toskana nahestehenden Seite und hatte auch im bayerischen Hofbericht Aufnahme gefunden. Die Ankunft der Prinzen, die gestern abend 6 Ahr mit ihrem königlichen Vater von Dresden abreisten und mit ihm bis Nürnberg zusammensahren, wird morgen 7 Uhr 15 Min. in München erfolgen. Sie steigen ebenfalls im Hotel Con tinental ab. Wie die „Neckarzeitung" erfährt und uns telegraphisch mitgeteilt wird, wird der für heute geplante Besuch des Königs Friedrich August von Sachsen auf Schloß Partenstein, wo die Vorbereitungen zum Empfang des Königs schon getroffen waren, unterbleiben. Der Be such wurde gänzlich unerwartet vom König tele graphisch abgesagt. Wahrscheinlich, weil der Besuch mit der Vermutung verknüpft wurde, es solle dort eine Begegnung des Königs mit der Gräfin stattfinden. Ueber die Reise des Königs verlautet, wie von «nS schon in einem Teil der gestrigen AuSgab« berichtet, setzt aber aus führlicher gemeldet wird, daß er sein« Söhne it« Nürn berg begleitet, dann von dort über Pleiuseld—Augsburg uach Lindau reisen wird. Die Prinzen werden nach der Be gegnung mit der Gräfin schon mittags die Reise über Innsbruck nach dem Süden fortsetzen. Ter König trifft sie wahrscheinlich in Stresa sObcritalien), wohin er von Lindau über Innsbruck fährt. In Stresa besucht der König auf der Reise nach Cannes seine Tante, die Herzogin-Witwe Elisa beth von Genua, Schwester der verstorbenen Könige Georg und Albert. , Littoni über cken vrridunO. Wie wir schon in einem Teil unserer gestrigen Ausgabe milgeteilt haben, veröffentlicht der italienische Minister des Aeußcrn folgendes Communique: Augenblicklich bildet keine spezielle Frage Grund zur Beunruhigung zwischen Berlin, Wien und Rom. Die Beziehungen zwischen Deutschland und Italien einerseits und Oesterreich und Italien andrer seits kennzeichnen sich durch aufrichtige Freundschaft und vollste Herzlichkeit. Es ist vollständig unrichtig, daß Oester reich irgend einen Vorwurf gegen Italien geltend gemacht hat. Der Dreibund kann augenblicklich weder gekündigt noch abgeändert werden. Es ist albern, zu glauben, daß gerade jetzt Verhandlungen zu einer späteren Umänderung gepflogen werden. Es bestehen zurzeit keinerlei Meinungs verschiedenheiten zwischen den drei Mächten, und nichts ge stattet, zu glauben, daß die Leitung der internationalen Politik irgendwelche Aenderung erfahren werde. Der italienische Minister des Auswärtigen hat endlich eine amtliche Erklärung veröffentlicht, welche den Fortbestand des Dreibundes bestätigt. An sich erfahren wir damit keine neue Tatsache. Daß der Dreibund zurzeit als ein Ex ponent der europäischen Machtverhältnisse in Kraft steht, ist von keiner Seite bestritten gewesen. Die ins Unendliche ausgesponnenen Erörterungen gerade dieses Jahres über seine Bedeutung, seine Zweckmäßigkeit und seine Fortdauer bezogen sich hauptsächlich auf jene nähere oder fernere Leit, in der die Bertragsmächte vor die Frage seiner Verlänge rung gestellt sein werden. Daß mit einer Zerreißung der Vereinbarung vor dem Ablauf ihrer jetzigen Geltungsdauer gerechnet werden könne: das zu glauben, enthielte eine Be leidigung nicht allein der schuldtragenden Nation, sondern auch ihrer monarchischen Spitze. Jenen Endpunkt der jetzigen Periode berührte im Grunde auch die Erörterung der Frage, ob Italiens Verhalten in Algeciras mit dem Geiste des Ver trages verträglich gewesen sei. Auch das damalige Kabinett Sonnino-Guicciardini glaubte gewißlich nicht, vorsätzlich die italienische Bundestrcue zu verletzen, als es den Fran- zosssns^cund Visconti Denosta in die andalusische Stadt ent sandte, und als sie sein Abrücken von der deutsch-österreichi schen Politik zutieß. Darum wäre auch für die beiden Kaiser mächte jeder Vorwand entfallen, Italiens eigentümliches Auftreten mit einer Erklärung zu beantworten, daß der Dreibund aufgehört habe zu existieren, und sie sich jetzt be rechtigt fühlten, ihre Politik anderweitig zu orientieren. Tie wichtigste Frage ist sür uns Nicht-Eingeweihte auch durch die allerncueste Kundgebung der italienischen Regie rung nicht gelöst: Die Frage nach der Gültigkeitsdauer des Bündnisses. Es ist doch ein ganz ungeheurer Unterschied, ob der heutigen politischen Gruppierung der europäischen Mächte nur noch eine winzige Spanne Lebenszeit gesichert ist, bis 1908, oder ob wir 6 weitere Jahre den Vertrag als Faklor in unsere Rechnungen einbeziehen dürfen. Von dieser Hauptfrage abgesehen, mag uns die italienische Erklärung beruhigend dünken. Sowohl daß sie erfolgt ist, als auch ihre Form. „Aufrichtige Freundschaft und vollste Herzlichkeit" sind Worte, die, wenn diplomatische Worte überhaupt Kurswert haben und nicht nach hoffentlich über- wnndener Gepflogenheit leere Höslichkeitsphrasen zusammen zusetzen mißbraucht werden, eine Wiederannäherung der durch „Mißverständnisse" zeitweilig entfremdeten Vertrags teilnehmer verkündigen: eine Wendung, die, durch die Wie- derberusung Tiltonis in das Ministerium vorbereitet, durch die Romreise Tichirschkys einen guten Schritt gefördert wäre. Für den W e r t des sortbestehenden Dreibundes wäre es natürlich nicht gleichgültig geworden, wenn einer der Vertragschließenden widerwillig seinem Ablaufe ungeduldig entgegenzuharren gezwungen sein würde. veulrcde fors.der im ssrrren Mikas. Karl Peters, der Vielbewunderte und Vielaeschmähte, war es. der einst den Nil bei den Riponsällen überichrilt und in Uganda emmarschierte, damit ein Reich für uns erwarb, das wir leider^ nicht zu halten wußten, sondern den Eng ländern zum Schmerze unserer Kolonialfreunde überlasten mußten. Uebrigeus ist durch die jüngste Peterssche Ver öffentlichung scslgestellt, daß nicht erst unter dem Regime Caprivi der deutsch-englische Vertrag entstand, der uns Helgoland brachte und von dem Henry Stanley ironisch meinte. „Die Deutschen haben sür einen alten Knopf eine neue Hose gegeben." Vielmehr hat schon Fürst Bismarck die Grundlinien dieses Helgolandabkommens seftgelegt und Peters vermochte ihn nicht zu seinen Anschauungen zu be kehren. Heute ist es ein anderer Deutscher, der seine Zelte in Uganda ausgeschlagen hat: Geheimrat Koch. Afrika war ihm kein unbekanntes Land mehr, als er am 16. April von Neapel aufbrach. Er Hal in Südafrika zuvor Studien ge- macht, ebe er zum zweiten Male ausreiste, diesmal aller dings in Gesellschaft seiner Gattin. Zwei andere deutsche Damen haben vor Frau Geheimrat Koch das Innere Afrikas an den großen Seen geschaut. Frau Hauptmann Schleifer begleitete ihren Gatten, als er in mühseliger Expedition von der Mündung des Schire aus den ersten deutschen Damp'er zum Nyassojee brachte, machte den großen Marsch zu den Quellen des NU mit, wo damals Dr. Richard Kandt aus einsamer Warte der Wissenschaft in Ruanda lebte, und kehrte wohlbehalten nach Deutschland zurück. Außer ihr war es Frau Hauptmann Prince, eine geborene Frenn von Bülow, die durch ihre vorzüglichen Schilderungen aus dem Inneren Ostasrikas sich einen Namen gemacht bat. Heute lebt das Ehepaar Prince auf seiner großen Plantage in Usambara, einem wahrhaft fürstlichen Besitz. Haupt mann Prince selbst wurde übrigens wahrend des Besuches des Vizepräsidenten des Reichstages, Geheimrat Paasch«, von einem Leoparden ernstlich verwundet. Dr. Kandt hat sich einen Namen gemacht durch seinen Aufenthalt in Ruanda, dem Lande der Riesen und Zwerge, und eS verlohnt sich, sein Werk: „Eine empfindsame Resse »u den Quellen keS Nil, da« er seinem Freund«, dem Romancier Richard Voß gewidmet, zu lesen. Seine Theorie von der Nilguelle, di« er bekanntlich südlicher sucht al« di« ander« Geograph«,, begegnet allerdings »och heute heftigem Widerspruch. Hier im tiefsten Afrika hat er jahre lang ferr von aller Wett gelebt, und mit Recht waren wir als Deutsche stolz auf diesen Gelehrten — er ist Arzt und Geograph —, der den deutschen Namen auch in dem welt fernen Ruanda für immer zu Ehren gebracht hat. Ucbcrstrahlt wird natürlich in der wissenschaftlichen Welt dieier durch Len Namen Koch. Nachdem er schon durch leine heimischen Forschungen seinen Namen für immer in die Ehrentafeln deutscher Wissenschaft gebracht, reizte es ihn, auf dem Boden Afrikas den großen Feinden der Mensch heit zu Leibe zu gehen, die Krankheiten zu bekämpfen, die alljährlich Taulende von Opfern fordern. In Amani, der deutschen Versuchsstation an der Usambarababn, hat er zu erst in Ostafrika gearbeitet. „Die Tsetsefliege, dieser Mörder des asrUansschen Viehes, wurde massenhaft in Gläsern ge züchtet", berichtet Geheimrat Pacrsche, „um durch Rein kulturen die Jnfcktionsstosse gewinnen und Mittel zur Be kämpfung ausfindig zu machen. Wie unendlich schwierig derartige Unterfuchungen sind, das konnte ich wohl ahnen, aber vielleicht noch immer nicht richtig würdigen. Ein ein facher Sanitätsunterofsizier, der mit großem Geschick und Zuverlässigkeit sein Mikroskop zu handhaben wußte, fütterte und pflegte die Jnseften und machte in Abwesenheit des Ge heimrats Koch die nötigen Notizen über die Entwicklung der Tiere." Heute siebt der Station Amani der Geheimrat Stuhlmann vor, der einst die ersten Zwerge aus Inner afrika in Berlin vorstellte. Auch Küsten- und Texasfieber, deren Erzeuger winzig kleine Zecken sind, wurden in Amani von Koch studiert. Am 20. Juni aber brach die Expedition von Amani mit der Usambarabahn auf, kam nach Muanza, wo Professor Beck zurückblieb, und ging im August nach Entebbe in Britisch- Ostafrika. Im September kam Professor Beck dorthin nach, während Frau Geheimrat Koch schon vorher nach Europa zurückging. Die Aufgabe der Kochschen Expedition in Uganda ist das Studium der Schlafkrankheit, die in furchtbarer Weile unter den Eingeborenen wütet, während die Europäer sich davor zu schützen wissen. Nicht nur hier, auch in West afrika fordert die Seuche viele Opfer. Koch hatte anfangs Muan-a am Viktoriasee als Stubienseld ausersehen, aber die Osssefte des Sees zeiqte sich fast seuchcnfrei. Jetzt sind es die Sesseinseln, im nordwestlichen Viktoriasee gelegen, wo die deutschen Forscher ihre Hauptarbeit tun wollen. Hier muß die Seuche furchtbar wüten, die Inseln sind von den Eingeborenen teilweife verlassen, andere völlig entvölkert Lurch die Schlafkrankheit. Auch diese wird durch ein Insekt verbreitet, und Dr. Arendt, der die parlamentarische Studienreise mitmachte, erzählt in den „Hamb. Nach.", daß Geheimrat Koch den Herren Abgeordneten die Schlafkrank- heitssliegf in Freiheit zeigen wollte, indes im Urwaldc kein Insekt dieser Sorte :m Augenblicke sanv, worüber die Herren Laien nicht unglücklich waren — man hält sich solche lieblichen Tierchen gern vom Leibe. Uebrigens fühlten sich nach Dr. Arendts Bericht die Europäer am See gar nicht beunruhigt, trotz der Fliegen. Sie führen die Fälle, in denen Europäer von der Seuche getroffen wurden, auf deren eigenes Verschulden zurück. Die englische Regierung hat es schon vor der Ankunft Kochs auf eigene Faust versucht, der Seuche respektive ihrer Erreger am Seeufer Herr zu werden. In dem Laub der Süßkartoffel (Batate), das den Do- den dicht bedeckt, soll das Insekt nicht aufkommeu, dessen Larven sich im ttnkraut am Boden halten: man hat daher engliicher- seits Strecken am See abgeholzt und mit Baraten bepflanzt. Tas ist natürlich nur ein Mittel in der Not, das nicht von Belang ist. Hoffentlich findet Koch ein besseres Mittel, um die furchtbare Plage, der Hundcrttausende von Negern zum Opfer fallen, zu besiegen. Tie englische Regierung tut natürlich alles, um den deutschen Forschern die Arbeit zu erleichtern. Sie stellte ihnen den Regierungsdampser aus dem Viftoriasee zur Verfügung und nahm die Herren über haupt mit weitestgehender Gastlichkeit aus. In Ucanda hat einst die deuftche Politik die Segel vor England gestrichen. Die deutsche Wissenschaft pflanzt dort das deutsche Banner auf. Das mag uns ein ichwacher Tross sein, aber die ganze Welt der Farbigen Afrikas, die Natio nen Europas, deren Vertreter in Afrikas Sonne stebeu, würden cs dem Gelehrten danken, wenn er den Schrecken, vor dem alles zittert, bannte. Und hoffentlich gelingt es Robert Koch. Das wäre ein neuer Triumph des Deutsch tums auf fremdem Boden. Vie Leipriger Zungnationalliberalen »na «er gsslarer Parteitag. Der Jungnationallibererle Verein Leipzig beschäftigte sich in seiner jüngst abgehaltenen Halbmonatsversammlung mit dem Parteitage in Goslar. Den Bericht erstattete Herr Kaufmann Pi eiert, der als gewählter Vertreter des Vereins zu dem Parteitage entsandt worden war. Der Be richterstatter hcch zunächst hervor, daß die zahlreiche Betei ligung einen achtunggebietenden Eindruck gemacht habe. Tie politische Erörterung habe sich um die Reichsnnanzreform, zum geringeren Teile um das Preußische Schulgesetz bewegt. Bei der Leitung habe offenbar die Auffassung bestanden, daß alle Meinungsverschiedenheit in der Partei auf den Gegen satz zwischen jung und alt zurückzuführen sei. Bezeichnend sei, daß man ursprünglich die Leipziger Resolution als un geeignet zur Verhandlung beiseite gelegt, dann aber durch die Rede Dr. Stresemanns nervös gemacht, sie aus der Versenkung hervorgeholt und sie zmn Ziele maßloser Angriffe gewählt habe. Herr Dr. Stresemann habe durchaus sachlich und in der Form gewählt gesprochen, er Hobe den Standpunkt des Sächsischen Landesverbandes ver treten und begründet und darauf vom Vorsitzenden Basser- mann eine Erwiderung erfahren, die in den n^eitesten Kreisen Befremden erregt habe. Obwohl nun nach der Rede Dr. Stresemanns vom Vvrstandstische aus wieder der Gegensatz zwischen jung und alt in den Vordergrund ge drängt und besonders die Leipziger Resolution, die sich ganz offenbar als Interpellation darstellt, einer ihr Wesen ver- kennenden Behandlung unterzogen wurde, habe es die Leitung unterlassen, einmal die Frage zu stellen, ob nicht jemand die Resolution zu vertreten oder zu begründen wünsche. Der Berichterstatter hat sich sofort zu Beginn der Tagung -um Worte gemeldet und ist nicht zum Worte ge kommen. Hätte uicht Herr Dr. ZoepHel, dem schließlich die Geduld riß, das Wort für sich erbeten, und obwohl er nicht als Vertreter Leipzigs erschienen war, die Sache de« Jungnationcssliberalen Vereins geführt, so wäre tatsächlich dem angegriffenen Vereine keine Gelegenheit gegeben ge- wesen, sich zu verteidigen. Die bekannte Leipziger Resolution habe zum Inhalte, daß bi« Fraktion die Gründ« ihrer Haltung zur Reich-ftncnu- resorm im allaemeinen, besonder« ob«r die b«id« Abgeord- net«, di« für di« Erhöhung d<« Ort«porlo» »md für di« vo»
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