Suche löschen...
01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 13.10.1906
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1906-10-13
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19061013016
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1906101301
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1906101301
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Handelszeitung
- Jahr1906
- Monat1906-10
- Tag1906-10-13
- Monat1906-10
- Jahr1906
- Links
-
Downloads
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
Bezuas-Preis für Leipzig und Bororte: In der Haupt- EzpedUiou oder deren Ausgabestellen ab geholt monatlich: Ausgabe^ (1 mal täglich) 70 Pf., Ausgabe ö l2 mal täglich) 80 Pf., bei Zustellung tu» HauS Ausgabe 80 Pf., Ausgabe L 1 Mark. Durch unsere aus wärtigen Ausgabestellen und durch die Post bezogen (1 mal täglich) für Deutschland und Oesterreich monatlich 1 Mark, für di« übrigen Länder laut ZeitunaSpreiSliste. Diese Nummer kostet auf 4 St Stt allen Bahnhösen und bei I II ^I^I den Zeitung»-Verkäufern Aevattton uns trrpeütlion: JohanniSgasse 8. Telephon Nr. 153, Sir. 222. Nr. 1173. Berliner NedaktionS-Vureau: Berlin bNV. 7, Prinz LouiS Ferdinand- Straße 1. Telephon l, Nr. 027k. Nr. 510. Morken-Ausklabev. Sonnabend 13. Oktober 1906. rWgrr Tageblatt Handelszeitung. Amtsblatt -es Rates und des Rolizeiamtes -er Lta-t Leipzig. Anzeiqen-Preis die 6gespattene Petüzeile für ÄeschäftS- inserate au» Leipzig und Umgebung 25 Pf.. Familien-, Wohnung»- u. Stellen-Anzrigeu, sowie An- und Verkäufe 20 Pf., finanzielle Anzeigen 30 Pf., für Jnierate von auswärts 30 Pf. Reklamen 75 Pf„ auswärts l Mark. Beilage gebühr 4 Mark p. Tausend ezkl. Postgebühr. Äeschästsanzeigen an bevorzugter Stelle im Preise erhöht. Rabatt nach Tarif. Anzeigen-Annahme: AugustuSplatz bei läiirtlichen Filialen u. allen Annoncrn- Expeditionen des In- und Auslandes. Für das Ericheinen an bestimmten Tagen u. Plätzen wird keine Garantie übernommen. Haupt-Filiale Berlin: C arlD u u cke r.Hrrzgl-Bayr.Hosbuchhandlg., Lützowitraße 10 tTelephon VI, Nr. 4603). Atlial-tkrpeSition:TreSden,Marienstr 34 100. Zghrqang. »ss Wichtigste vsm läge. * Ter Herzog von Cumberland wendet sich in einem Schreiben an das braunschweigische Staats ministerium gegen die ablehnenden Antworten des Kaisers und des Reichskanzlers. (S. d. bes. Art.) * Im Landtag von Sachsen-Weimar wurde entgegen dem Wunsche der Regierung der Antrag auf abermalige Verhandlungen mit Neuß in Sachen der Gerichtsgemeinschaft angenommen. sS. Ttschs. N.) * Ter französische Mini st errat hat beschlossen, das Parlament zum 25. Oktober einzuberusen. * Handelsminister Kossuth hat Gesetze über die Kranken, und Unfallversicherung der Arbeiter eingebracht, welchen Vorlagen über Alters- und Jnvaliditätsversicherung folgen worden. —Mi- nisterpräsident Wekerle erhofft zuversichtlich eine baldige Verständigung über die Ausgleichs fragen. sS. Ausl.) * Der Friede im Pariser Bäckergewerbe ist durch Einführung der Schichtarbeit hergestellt. Am nächsten Montag wird wieder gebacken. sS. Ausl.) * Der Stadtrat von Moskau beschloß, eine etwaige Einladung zum Empfang der englischen Deputation als beleidigend für das Nationalgefühl ab - zulehnen. lS. Letzte Dep.) * Robl hat gestern bei Prosen einen Auto- mobilunfall erlitten, ist jedoch nur leicht verletzt worden. sS. Letzte Dep.) Zeine Majestät lassen aanlren. Jena und Bismarck! Die Historie ist wieder lebendig geworden und mit ihr die große, deutsche Sorge der nach- bismärckischen Zeit: Verstehen Kaiser und Volk einander? Wir fürchten, es steht schlecht um dieses Verständnis. Um so schlechter, als nicht Augenblicksgesinnungcn oder Diffe renzen um Tazessragen die Schuld tragen, sondern die Ver schiedenheiten der Wesensart. Den Katholikentagen per sönlich „Seinen wärmsten Dank" auszusprechen, ist dem Kaiser schon fast zur Gewohnheit geworden. Den Nationaliberalen läßt Wilhelm H. durch den vertretenden Herrn v. Eisenhart-Rothe bestens danken. Und dem in Graüdenz versammelten Evangelischen Bunde teilt Herr v. Lucanus auf allerhöchsten Befehl mit, daß Seine Majestät bestens danken lassen. Es wäre falsch, diese Abstufungen achselzuckend nach der üblichen Schätzung höfischer Formeln zu bewerten. Sie sind als Kundgebungen des Herrschers politische Dokumente. Sie sind aber noch mehr, nämlich Symptome. Und erst das gibt uns das Recht, sie so ernst zu nehmen. Es gibt keine betrübenderc, aber auch keine belehrendere Legende als die weit verbreitete Meinung, der Katholizis mus lasse nicht von der Hoffnung, den deutschen Kaiser eines Tages im Schoße der alleinseligmachenden Kirche zu sehen. Des Kaisers innerstes Fühlen ist uns verschlossen. Wir muffen uns an die Geschehnisse halten. Und wer Augen hat zu sehen und Ohren zu hören, der kann es nicht leugnen, daß deS Kaisers Handlungen auf katholisiercnde Neigungen schließen lassen. Gewiß erinnern wir uns des temperamentvollen kaiserlichen Bekenntnisses auf der Wart burg zum evangelischen Glauben. Aber wir sehen auch die ständige Bevorzugung des katholischen Klerus vor dem evangelischen durch den Kaiser, wir scheu seine Vorliebe für Klöster und ihre Insassen, wir sehen des Kaisers Be strebungen zur Wiederbelebung mittelalterlicher Ideale und wir müssen zu der Auffassung kommen, daß hier Wesens verwandtschaft mit dem Katholizismus herrscht. Möglich, daß dabei auch Utilitätserwägungeu unterlaufen, daß der Kaiser meint, mit Hilfe mittelalterlicher und katholischer Ideale seine eigenen romantischen verwirklichen zu können. Aber diese eigenen kaiserlichen Ideen ähneln vielfach der katholischen. Proklamierung des Gottesgnadentums, Ver bannung der Schwarzseher, Kreuzzug und Klösterfreund» schaft — wo anders finden sie in unserer Zett ihre Pen dants als in der Mystik deS katholischen Glaubens? Auch die Freude am Pomp ist spezifisch katholisch. Der Protestan tismus ist dagegen nüchtern und schlicht. Und wo er diese Attribute nicht hat, da ist er auf falschem Wege und ver leugnet die beste Tradition seiner Gründung. Protestant sein heißt kritisch sein. Und Schwarzseher sind doch verbann: . . . Erst vor wenigen Tagen haben wir aus dem Munde eines Nationalliberalen in Goslar entschuldigend hören müssen, daß in diesen Zeiten der liberalen Schwäche das Paktieren mit dem Zentrum für die Regierung des Reiches eine prak tische Notwendigkeit ist. Wir meinen -war nicht, daß ein Staatsmann herrschende Machtverhältniffe als Fügungen anzusehen und sie in Ergebung zu tragen berufen ist. Aber wir erkennen unter den gegenwärtig herrschenden Umstän den die Notwendigkeit einer Verständigung mit der herr schenden regierenden Partei an. Auch ist füglich nicht zu verlangen, daß den Zentrumsgewaltigen diese Zwangslage tagsüber dreimal vorgehalten wird. Aber das >n seiner Mehrheit noch immer evangelische Deutschland muß doch alle Orientierung verlier««, wenn es ficht, wie munter das ganz« Sohnes ausstürbe. Diese neueste Erklärung des Herzogs, mit der er vor den Braunschweiger Landtag treten will, ist darum in keiner Weise geeignet, die Erklärungen des Kaisers und Reichskanzlers irgendwie abzuschwächen. offizielle Reich sich im Schatten des Zentrumsturmes fühlt und gebärdet. Auch hierfür sind der Schwarze Adlerorden des Breslauer Fürstbischofs von Kopp und die lakonische Antwort an den Evangelischen Bund betrübliche Symptome. Bei einer parlamentarischen Besprechung dieser Er scheinungen würde wohl wieder das Unzulängliche bestaunte« Ereignis werden, daß ein Funktionär des Reiches jede ge wünschte Verantwortung übernimmt, zugleich aber unter Negligierung aller anderen Interessen die absolute Be wegungsfreiheit des Monarchen als höchstes Gesetz verkün det. Mit solchen Sprüchlein, auch wenn sie zur Abwechse lung einmal in rhetorischer Verfeinerung vorgetragen wer den, ist aber der Sache nicht gedient. Denn es muß doch all mählich auch den amtlich aufs Rosarote Verpflichteten zum Bewußtsein kommen, daß hier wertvolle nationale Güter des Vertrauens und der Neigung gefährdet sind. Das evan gelische deutsche Volk hat sich in diesen Jahren kein schlechtes Zeugnis über seine Zuverlässigkeit ausgestellt. Es hat im mer wieder versucht, sich zu orientieren und dem Kaiser volles Verständnis entgegen zu bringen. Aber unerschöpflich ist nichts auf der irdischen Welt. Und wenn auch die Treue nicht leidet, so leidet doch die Freudigkeit. Es könnte die Auffassung Boden gewinnen, der Dank durch Mittelspersonen lasse auf geringe persönliche Teilnahme schließen oder werde gar nur aus dem hohen Pflichtgefühl des Herrschers heraus noch formell ausgedrückt. Von solcher Auffassung bis zur bescheidenen Einstellung der Huldigung selbst wäre nicht mehr weit. Und das hielten wir für ein Unglück. Deshalb meinen wir, daß Parität in der Behand lung der Konfessionen nichts schaden könnte. ver Lumberläncierz Unllvott. (Telegramm unseres Braunschweiger Korrespondenten.) Braunschweig, 12. Oktober. Der Herzog von Cumberland hat dem hiesigen Staats ministerium ebenfalls von dem Briefwechsel Mitteilung ge macht, den er mit dem Kaiser und dem Reichskanzler ge führt hat, und diese Mitteilungen mir einem Begleit schreiben versehen, das folgendermaßen lautet: Die von der Lande-versammlung des Herzogtums am 25. vorigen Monats zu neuer Regelung der Negierungs verhältnisse einstimmig gefaßte Resolution habe ich, weil sie für das legitime Recht eintritt, als deutscher Fürst mit warmer Freude begrüßt. Die Resolution hat mich veranlaßt, sowohl an Seine Majestät den deutschen Kaiser als auch an Seine Durchlaucht den deutschen Reichskanzler und Minister der auswärtigen Angelegenheiten Fürsten Bülow das abschriftliche Begleitschreiben am 2. dieses Monats zu richten. Darauf habe ich gleichfalls das in Abschrift einliegende Antwortschreiben vom 5. bezw. 7. dieses Monats erhalten. Nach meiner besten Ueber- zeugung habe ich durch mein Schreiben an Seine Majestät den deutschen Kaiser das weitgehendste Entgegen kommen bewiesen. Zu meinem lebhaften Bedauern aber haben Seine Kaiserliche und Königliche Majestät aller höchst sich außerstande erklärt, der seinem allergnädigsten Wohlwollen von mir empfohlenen Bitte näher zu treten, auch haben Seine Durchlaucht der Reichskanzler und Minister des Auswärtigen die von mir erbetene Unter stützung meines Seiner Majestät unterbreiteten Vor schlages nicht zusagen können. Die für die Ablehnung meines Vorschlages angeführten Gründe vermag ich in keiner Richtung anzuerkennen: denn durch die von mir vorgeschlagcne Neuregelung der Regierungs verhältnisse im Herzogtum wird meines Erachtens die Sach- und Rechtslage wesentlich verändert. Und ganz unerfindlich ist mir, inwiefern die Regierungsübernahme meines jüngsten Sohnes im Herzogtum Braunschweig die Interessen des mächtigen Deutschen Reiches sollte ge- fährden können. Ich beschränke mich hier, nur darauf hin zuweisen, daß der Bundesratsbeschluß vom 2. Juli 1885, wie schon der Wortlaut ergibt, nur gegen mich, nicht auch gegen die Mitglieder meines Braunschweig-Lüneburgischen Hauses sich richtet. An vorstehende Mitteilungen, welche das Land Braun schweig und besonders die Landesversammlung über len im Sinn der Resolution vom 25. vorigen Monats von mir unternommenen Ausgleichsversuch und über dessen Zu rückweisung aufklären sollen, knüpfe ich das hiermit an das Herzogliche Staatsministerium gerichtete Ersuchen, lieses, mein Schreiben, mit den Einlagen, ohne Verzug, wie es mit den an das Herzogliche Staatsministerium gerichteten Noten des deutschen Reichskanzlers und des Ministers der auswärtigen Angelegenheiten am 3. dieses Monats ge schehen ist, durch die amtlichen „Braunschweiger Anzeigen" zur öffentlichen Kenntnis zu bringen, und, worauf ich ein ganz besonderes Gewicht lege, der Landesversammlung vor zulegen, deren erneute Tagung bevorsteht. . gez. Ernst August Herzog zu Braunschweig und Lüneburg. Das W. T. B. gibt ebenfalls den Wortlaut des Schrei bens wieder, nur daß in ihm — charakteristischer Weise — die Unterschrift lautet: gez. Ernst August, Herzog zu Cumber land. Dieses Schreiben des Herzogs von Cumberland kann den schon gegen seinen Brief an ben Kaiser erhobenen Vorwurf nur bekräftigen, daß er immer wieder den Punkt umgeht, auf den es ankommt, seine und seines Hauses Stellung zu Hannover. Die welfisch« Hartnäckigkeit in vem Festhalten an die seit dem Frieden von 1866 nicht mehr bestehenden Ansprüche auf den Thron von Hannover wirkt bei ihm immer noch so stark, daß er sich eben nicht zu einer bündigen Entsagung entschließen kann. So lange er aber diesen Entschluß nicht faßt, kommt er um die Gesichtspunkte nicht herum, die mit vollem Recht zu dem Bundesratsbeschluß vom 2. Juli 1885 aeführt haben und die Streitfrage darüber, ob sich dieser Beschluß nur auf den Herzog oder auch auf die Mitglieder seines HauseS bezogen hat und noch bezieht, ist demgegenüber um so nebensächlicher, als ja der Herzog in I seinem Vorschlag, den er dem Kaiser unterbreitete, sich selbst I die Thronfolge in Braunschweig reservieren wollte, wofern Idi« Linie seine» — noch gar nicht einmal verheirateten —. biwakierten meistenteils im Freien oder in den umliegenden Dörfern. Schon am Tage darauf erfolgte der Abmarsch — in der Richtung nach Berlin zu. Daooust setzte den General Pierre Macon als „Kommandanten der Stadt Leipzig und des Kreises" ein. Die Besatzung bildete das 13. Regi ment leichter Infanterie s800 Grenadiere und Jäger zu Fuß). Daß Manneszucht von den Franzosen gehalten wurde, ist außer Zweifel. Den Behörden wurde streng verboten, irgend einen französischen „Individua", von welchem Range es sei, ohne Anordnung oder ausdrückliche Ordre des Kommandan ten der Stadt irgend etwas darzureichen. Ebenso durften die einquartierten Soldaten nicht mehr fordern, als ihnen nach dem Beköstigungsreglement zukam. Anders stand es natürlich mit der Kriegskontribution. Hierauf ver standen sich die napoleonischen Intendanten vorzüglich. Man verlangte von Leipzig 36 000 Meter Offizierstuch, 300 000 Meter gewöhnliches Tuch, 150 000 Paar Schuhe und nicht zu letzt ein gehöriges Stück Geld, ursprünglich nicht weniger als fünfzig Millionen Francs. Vorläufig schossen, um alles zu decken, die Wechselhäuser und Fabrikanten die Summe von 1^ Millionen Taler vor! Das Hauptaugenmerk der Franzosen richtete sich auf die englischen Waren. Was sie davon in die Hände be kommen konnten, beschlagnahmten sie und konnten sie die Ware nicht verwenden, so wurde sie vernichtet. Ein formelles Recht stand den Franzosen insofern zur Seite, als sich Frank reich im Kriegszustände mit England befand. Im übrigen würde Napoleon nach diesem, „formellen Recht" nicht viel gefragt haben. Der menschenfreundliche Kommandant Macon starb schon am 27. Oktober. Er wurde am 29. mit großem Pomp begraben, und zwar unter Assistenz der katholischen Geistlich keit. Die Beisetzung erfolgte in der Ratsgruft, wo seine Gebeine noch heute ruhen. Auch das ihm innerhalb des Gebäudes errichtete Denkmal steht noch. Als Kommandant Leipzigs folgte ihm der General Renk, später der Oberst Collet, dann Oberst Dupuy. Im großen ganzen rich teten sich die Franzosen ziemlich häuslich hier ein. Schon er wähnt ist, daß die sächsische Garnison erst im Sommer 1808 in Leipzig wieder eintraf. Die französischen P o st a n st a I - ten bestanden sogar bis zum Januar 1809! Die Ansprüche der Franzosen waren auch keine geringen. Aber schließlich kam man mit ihnen auseinander. Nach dem mit dem General- Administrator Villemanzy am 11. April 1807 vollzoge nem Vergleichsakte stellte sich die Kriegsschuld Leipzigs auf 2A» Millionen Taler. Die Deckung wurde durch Anleihe be wirkt. So stand es um Leipzig vor 100 Jahren. Schwerere Zei ten kamen noch genau 7 Jahre später. Aber diese Opfer wur den der Befreiung Deutschlands gebracht. Auf Leipzigs Fel dern erfolgte Deutschlands Wiedergeburt, wurde der Grund gelegt zum Reich, das jetzt stark ist, wie nie zuvor, und dessen Macht uns schützen wird vor der Wiederkehr solcher Tage, wie sie das Jahr 1806 gesehen hat. Leiprig vor 100 Zabren. * Am 13. Oktober 1806, also heute vor 100 Jahren, er dröhnte mitten in der Nacht das Leipziger Pflaster unter Rossehusen: ein Trupp von 30 französischen Chas seurs sprengte nachts 2 Uhr zum Peterstore herein und dann die Petersstraße hinauf zum Rathaus. Dort sollen die fremden Gäste eine Geldkontribution verlangt und sollen auch 500 Louisdors erhalten haben. Von dem ganzen Vor gänge dürften Leipzigs Bewohner nicht viel gemerkt haben, denn noch vor Lagesgrauen, um 5 Uhr morgens, entfernten sich die Chasseurs unter Mitnahme einiger Beutepferde. Tie Chasseurs waren ohne Zweifel zum Zwecke der Re kognoszierung nach Leipzig gekommen. Sie sollten erkunden, ob hier oder in der Umgebung irgend eine Truppenmacht von Belang stand, die im Stande gewesen wäre, das Korps des Marschalls D a v o u st bei seinen Operationen gegen die Preußen (und die mit ihnen vereinigten Sachsen) im Rücken zu belästigen. Davoust hatte nämlich am Tage vorher Naumburg besetzt und damit der preußischen Haupt armes den direkten Weg nach Berlin verlegt. So fochten denn bei Auerstädt, wie auch bei Jena die Preußen und Sachsen mit der Front gegen Osten, also gegen die Staaten, die sie verteidigen wollten. Selbst ein Sieg hätte ihnen nur die Rückzugsstraße geöffnet. So viel kurz über die allgemeine Lage. Noch am selben Tage, den 13. Oktober, rückte nachmittags 3 Uhr ein franzö sisches Dragoner- und Husarenregiment von etwa 300 Mann in Leipzig ein. Sie kamen zum Ranstädter Tor herein, rit ten mit gezogenen Säbeln mitten durch das Gewühl der Messe und lagerten vor dem äußeren Peterstore, wo ihnen Erfrischungen und Fourage gereicht wurden. Mit Sonnen untergang marschierten sie um die Stadt herum und zogen dann auf demselben Wege wieder ab, auf dem sie gekommen waren. Werfen wir nun einen Blick auf das damalige Leipzig. Die Zahl der Einwohner betrug nach der Zählung von 1806 insgesamt 32 761. Hiervon entfielen auf die innere Stadt rund 19 200, sowie 13 450 auf die Vorstädte. Wie man hieraus ersieht, hatten die letzteren schon einige Ausdehnung gewonnen. Doch brauchte man von den Toren der inneren Stadt aus nicht weit zu gehen, um sich schon im Freien zu befinden. Die jetzt mit Leipzig vereinigten Vororte, also die Dörfer der nächsten Umgebung, hatten im höchsten Falle zu sammen 8000 Bewohner. Aus der Fläche, die jetzt mehr als 500 000 Menschen Raum gewährt, wohnten damals höchstens 40 000. Die Leipziger Garnison bestand aus dem ersten Bataillon des Infanterie-Regiments Bevilaqua in einer Stärke von 938 Mann. Es war natürlich damals ins Feld gerückt: erst am 19. Juni 1808 kehrte das Bataillon, aus Polen kommend, wieder in seine Garnison zurück. Wie schon bemerkt, erfolgte der Einmarsch der ersten Franzosen gerade während der Meßzeit. Die dritte Meß woche hatte am 13. Oktober, einem Montag, eben begonnen. Der Rat richtete nun sein erstes Augenmerk darauf, das Meßgeschäft zu einer glatten Abwickelung zu bringen. Er richtete in einer Bekanntmachung an die fremden Kaufleute das Ersuchen, in Ansehen der am herannahenden Zahltage zu leistenden Verbindlichkeiten das Ende der Messe ruhig abzuwarten: ja, er verbot sogar das Abreisen fremder Kauf leute und bemerkte, „daß zu deren Verhinderung die er forderlichen Maßnahmen getroffen worden seien." In einer anderen Bekanntmachung drohte der Rat denen Strafe an, die bei einem etwaigen Einzuge fremder Militärs unruhige Auftritte veranlaßten: auch empfahl er eine „bescheidene und gutmütige Aufnahme" des fremden Militärs, „zu eigener Erleichterung". Wie man sieht, unterschieden sich diese Bekanntmachungen im Tone nicht von jener berühmt gewordenen Berliner, in der es hieß: Ruhe ist die erste Bürgerpflicht! Am folgenden Tage, den 14. Oktober, dem Tage der Doppelschlacht von Jena und Auerstädt, ließen sich weder Freund noch Feind in Leipzig sehen. Am 15. Oktober in der Nacht rückten einige Jnfanteriebataillone des bei Halle gebildeten preußischen Reservekorps in Leipzig ein, be setzten das Peterstor mit zwei Kanonen, marschierten aber schon am 16. Oktober durch die Gerberstraße wieder eilends nach Halle ab. Die Richtung bes Abmarsches konnte der Leipziger Bevölkerung keinen Zweifel darüber lassen, daß es sich hierbei um einen Rückzug handelte. Für Leipzig würden nun voraussichtlich schwere Tage gekommen sein, wenn es nicht von vornherein in Napoleons Absicht gelegen hätte, den Kurfürsten von Sachsen aus seine Seite hcrüberzuziehen. Schon am 15. Oktober hatte er 121 in der Schlacht bei Jena gefangene sächsische Offiziere auf Ehrenwort entlassen, und am 17. Oktober traf in Dresden der Kurier Napoleons mit freundschaftlichen Versicherungen und dem Angebot der Neutralität ein. Aus dieser anfäng lichen Neutralität ist dann auf Grund der Artikel des Pcfener Friedens vom 11. Dezember 1806, ein Bündnis mit Frankreich geworden, und Sachsen, ursprünglich der Ver bündete Preußens, verpflichtete sich, noch in demselben Feld- zug 1500 Mann Kavallerie, 4200 Mann Infanterie, 300 Mann Artillerie und 12 Kanonen an der Seite der Fran- zrsen ins Feld rücken zu lassen. Daß der Kurfürst unter dem härtesten Zwange handelte, ist das einzige, was sich zur Erklärung dieser .Haltung sagen läßt. Sonnabend den 18. Oktober, nachmittags 2 Uhr rückten die Franzosen in Leipzig ein. Es waren die Sieger von Auerstädt unter Führung des Marschalls Davo'ust, kampfgewohnte Soldaten, von denen mancher die Pyramiden Aegyptens geschaut haben mochte. Dieser Einzug ist sehr ausführlich beschrieben worden lbei Poppe u. a.). Die Fran zosen kamen zum Ranstädter Tor herein, marschierten in dichten Kolonnen durch den Brühl und die Hainstraße auf den Markt, wo 20 Geschütze aufgefahren wurden. Am Rat- Haufe war der gesamte Stadtrat versammelt, um — not gedrungenerweise — die fremden Gäste zu empfangen. Marschall Davouft stieg im Hotel de Pruffe ab. Offiziere wie Soldaten trugen ihre Bagage auf dem Rücken: Fleisch, Brote, Semmeln und Würste hatten sie, an Binbfaden ge reiht, entweder an der Säbelkoppel befestigt, oder gar an aufgcspießt. So ist eS zu lesen und auch auf gleichzettigen Abbildungen zu sehen. Am Abend war die ganz« Davoustsche Armee, etwa 42000 Mann, in Leipzig versammelt. Nur ein geriuger Tleil wurhe bei den Bürgern einquartiert. Die übrigen ver Sozialer Parteitag uns «sie presse. Nachdem zuguterletzt die stark divergierenden Strö mungen innerhalb der nationalliberalen Partei sich in GoS- lar doch noch auf eine gemeinsame Plattform gestellt haben, halten wir cs nicht für unsere Ausgabe, nachträglich neue Keime der Zwietracht zu säen oder auch nur wegen mancher harten und ungerechten Worte übellaunig zu sein. Wir vermeiden es deshalb im folgenden absichtlich, einzelne Red ner, die über das Thema Presse etwas zu sagen hatten, namentlich anzuführen, verzichten sogar daraus, mit Gos larer Zitaten zu kommen. Aber ganz schweigen können wir nicht. Das sähe aus, als stimmten wir beschämt den nicht immer zarten Rügen zu, die sich die Presse in Goslar ge fallen lassen mußte, lind diesen Anschein zu vermeiden, halten wir für Pflicht. Also zunächst bie Bekundung einer Tatsache: In den Goslarer Debatten ist der Presse nur gedacht worden, um ihr etwas am Zeuge zu flicken. Entweder hatte sie, ebenso wie die opponierenden Linken und Jungen, zu wenig Dis ziplin im Leibe und kritisierte zu viel, oder sie wurde gar direkt beschuldigt, zu Mißerfolgen bei Wahlen beigetragen zu haben. Zur Erklärung dieser Erscheinung muß hinzuhesetzt werden, daß sie Angriffe sämtlich vom Frakttonstische oder doch von Rednern kamen, die -ur Rechtfertigung der Fraktionspolitik sprachen. Das läßt schon einen tieferen Blick tun, und die Lösung ist sehr einfach: Die national und liberal gerichtete Presse hat zum überwiegenden Teil von Anfang an auf feiten der Opponenten gestanden. Und selbst die Blätter, die infolge persönlicher Beziehungen oder Tradition der Frak- tionspolitik das Wort geredet haben, konnten sich nicht immer d'm Chorus der Nichtzusriedenen fernhalten und haben wenigstens in Einzelheiten die Berechtigung der Kri tik anerkannt. Auf die Gründe wollen wir nicht einaehen, wir wolltn sogar gern anerkennen, daß dieser Zustand durch aus nicht erfreulich war. Aber mußte in Goslar so ganz ein seitig und ohne ein Mort der Anerkenung die „böse Presse" abgetan werden? Wir müssen gestehen, bei Politikern mehr Tatsachensinn und weniger Subjektivität vorausgesetzt zu hab^n, als die Presse zum Beispiel bei kritisierten Künstlern zu finden gefaßt ist. Und was uns an dem ganzen Ver hältnis zwischen Parteileitung und Presse so besonders auf fällig dünkt, das «st die hierbei offenbarte irrige Auffassung vom Wesen der Presse und die Annahme von einer Art Sub- ordinationsverhältnis, in dem die „gute" Presse zur Partei leitung zu stehen habe. Es ist der ganz unmoderne Glaube, eine Presse könne, wenn sie nur wolle, jede Politik mit- machen. Das aber kann eine ernsthafte politische Prelle eben nicht. Ein Blatt, das unbesehen jede Schwenkung, jede taktische Operation mitmallst, verliert auf die Dauer jeden Kredit. Und auch das wird verkannt, daß mit der Zu stimmung eines solchen Organs der Partei absolut nicht ge dient ist Es ist das nur die Wiederholung derselben Er fahrung, die manche Behörden mit dem Offiziösentum machen müssen. Wir legen auf die Nutzanwendung aus diesen Sätzen, die unter Fachleuten kaum Widerspruch fin den werden, einigen Wert: Nicht das Blatt dient »einer Partei am besten, das alles lobt und darüber den Einfluß auf seine eigenen Leser verliert, sondern ein Organ, daS ge gebenenfalls auch einmal Front machen kann. Wir setzen dabei voraus, daß Anlässe hierzu nicht vom Zaune gebrochen werden, sondern dap ihnen ein gewisses Gewicht innen obncn muß. Aber im allgemeinen kann man der Presse die An- I erkennung nicht Verlagen, daß sie gerade für die Abschätzung I solcher Anlasse ein sichere» Gefühl hat. Ferner soll e,n nahe- I liegende» Gebiet persönlicher Natur nur gestreift und gesagt
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)
- Doppelseitenansicht
- Vorschaubilder
Erste Seite
10 Seiten zurück
Vorherige Seite