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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 06.02.1904
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1904-02-06
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-19040206022
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1904020602
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1904020602
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1904
- Monat1904-02
- Tag1904-02-06
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Abend-Ausgabe i- rr Jahrgang. Nr. 67 Sonnabend den 6. Februar 1904 Ivs.ko u L r.l 101.— «s 10S20 SO SV Uj 1 1 225 1780 »800 2S25 ssoo 1«V0 t: U»w- tt»t>»rd 14020 108,30 c e. I4oe1»r lU«otvL- Stotk»r«>a 27IVV 8. » 2«) O. (1Illo>c»ui üurd»ev odveoUr «U4d»ri mdsre- LUL»Lv 20 SS. 22, oo 30, so 30, SS Sv! 7S, 1480 ssoo 47b 875 »700 2«0 7V 820 ^7b »1V isrL L0j 20 Menschen. Oesfnet die Deputation mittels der direkten Klassenwahl der Sozialdemokratie wieder die Pforten des Ständchmises — und das würde uiner keinen Umständen zu umgehen sein —, so ist aller Liebe Müh' von vornl-erein unnonst, denn die konservativen sind für keinen so gearteten Gesetzentwurf S» haben, selbst, wenn er in allen übrigen Punkten ihren Wünschen entgegen käme. Die Kommission wird sich daher voraussichtlich der Arbeit, einen Gesetzentwurf auszubaucn entschlagen — dieser könnte ohnedies, falls ihm dies Schicksal überhaupt beschieden sein sollte, erst durch den übereinstimmenden Beschluß zweier aufeinanderfolgender Landtage rechts kräftig werden —, und mir dem Bedauern, daß die Frage „noch nicht spruchreif" sei, die Regierung er suchen, noch wettere Erhebungen über verschiedene Punkte anzustellen. Das ist aber beinahe gleichbedeutend mit der Versumpfung der Wahlrechtsfrage. Selbst die konservativen „Dresdner Nachrichten", die stets für eine freiheitliche Reform eingetreten sind, uns die Hoff nung nie aufgegeben hatten, daß das Gros der konserva tiven Partei doch noch dafür zu gewinnen sei, schreiben resigniert: „Das eine ist jedenfalls sicher, daß noch viel Wasser die Elbe hinabf ließen wird, ehe cS gelingt, ein brauchbares neues Wahlgesetz zu schaffen." Der einzige Rettungsanker ist vielleicht noch die allerdings sehr allgemein gehaltene Zusage des konservativen Frak- tionsredncrs, des Justizrato Opitz, „die sehr wich tige Frage des Pluralsystems in Er wägung zu ziehen", obwohl die Negierung hier nicht mitgehen will. Für das Plnra!system tritt bekannt lich der größere Teil der Nationalliberalcn ein, und von dieser Seite ist denn auch eine lebhafte Agitation für das selbe zu erwarten. u»- lk y iu»e 8»»ool»' (44t- »o o»»0 vlllUt«. OtTU»«^ »tts- Var Wchtigrie vom läge. * Bon Zusammenkünften beS Kaisers ans s^uer Mittelmeer reise mit dem Kaiser von Oester reich und dem König von Italien ist an bcst- unterrichteter Stelle nichts bekannt. * Der Gouverneur Leutwein wurde am 5. Fe bruar in Port Nolloth erwartet. * In M.-Gladbach bewilligten sämtliche Krankenkassen die freie Arztwahl, ebenso in Düsseldorf, wo nur die Kasse der Eisenbahn- Verwaltung sich ausschloß. * Franz von Lenbach ist an Unterleibscnt- ziindung lebensgefährlich erkrankt. 72,75 10323 72,80 tSzis 'W »ü's- I«.»c> WK 140,— »1».— VS.7L k «lvile »a- von c.» ki.i», »r»et>6» »Q 30,20200 ' 7700 5430 > »n. 8820 »2,20 101,»0 104^0 »0,20 SV.70 10»,»0 als Sekundant zur Seite stand. Als er in seine Kanzlei ging, überreichte ihm der Bureauoorsteher einen Brief, den ein Dienstmann gebracht hatte. Die Adresse war, wie er sich sofort überzeugte, mit verstellter Schrift von einer Dame geschrieben; er öffnete daher das Eouvert sorgfältig; der Brief, der ihm entgegenfiel, hatte folgen den Wortlaut: „Ew. Hochwohlgeboren! Ihr ehrenwortliches Versprechen, mich nicht in die unangenehme und peinliche Angelegenheit hineinzu- zishen, genügt mir. Ich komme daher dem meinigen nach und ergänze die Ihnen übersandte Liste der Freundin nen des Grafen Treuberg in gewünschter Weise. Am meisten machte hier der Graf Ser Schauspielerin Wally Merlin den Hof, einer sensationellen Schönheit, die auf der Bühne auffiel. Die Merlin war hier sehr jung, sehr fesselnd, sehr gern gesehen, selbst der junge Erz herzog Johann, ein bekannter Frauenkenner, interes sierte sich für sie. Ihr schauspielerisches Talent war so gering wie ihre Gage. Kein Temperament, keine Verve, keine Leidenschaft. Graf Treuberg harte in Theater kreisen großen Einfluß, und ihr Direktor war ihm pe kuniär verpflichtet. Auch der Umstand, daß sic der Erz herzog auszeichncte, kam ihrer Beschäftigung zu gute. Sie wurde förmlich ausgestellt. In dem eigenartigen Wettbewerb des Erzherzogs und des Grafen um ihre Gunst scheint letzterer gesiegt zu haben; sie fuhr in seiner Equipage zu den Rennen und trug in Glanzrollen einen Schmuck im Werte von 10 000 Gulden, den er ihr ge schenkt hatte. Da man aber heutzutage derartige Ge schenke ohne sehr gewichtige Gründe weder macht, noch annimmt, so waren die Leute wohl im Rechte, die den Grafen in nähere Beziehungen zu der schönen Schau spielerin brachten. Nach dem Tode ihres VaterS, eines Professors Evnrad, verließ Wally Merlin Wien und die Bühne; sie ist jept irgendwo verheiratet. DaS isi vor- läufig alles, was ich über die Merlin ermitteln konnte. Ihre ergebenste Dienerin Selma Schlüter." In einer Ecke dieses Briefes standen die in der selben verstellten Handschrift, mit der der Brief an Werner adressiert war, geschriebenen Worte: ,?Aug' um Auge, Zahn um Zahn." Dr. Werner schlug schwer aufstöhncnd beide Hände vor das Gesicht und verharrte so fassungslos, halb wahnsinnig, in seinem Stolze aus» tiefst« verwundet, AMM. TtlgMM Anzeiger. Amtsblatt des Königlichen Land- und des Königlichen Amtsgerichtes Leipzig, des Aales und des Volizeiamtes der Ltadt Leipzig. politische Tagesschau. * Leipzig, 0. Februar. Da» Schicksal der sächsische« Wahlresorm. Die Gesetzgebungsdepuration, an welche die Zweite Ständekammer die W a k l r e ch t s - D e n t s ch r i s t der Regierung verwiesen hat, ist wahrhaftig nicht zu be neiden. Ihr fällt die Danaidenarbeit zu, aus der „mittleren Linie" der Regierung ein Gebilde zu gestalten, an dem Herr v. Metzsch, Herr Opitz, mit seiner Zweiürittel- majoritüt hinver sich, die beiden, natürlich, uneinigen Teile der nationalliberalen Partei, die Fraktion Hänel, die Fraktion Zimmermann, und vor allem die Fraktion Günther, einhellig ihre Freude haben. Das ist schier ein Ding der Unmöglichkeit für das normale Gehirn sterblicher so so S0 214S0 Sv »800 20 1772V SO 17820 2» 217b Immer langsam voran'. „Preußen in Deutschland voran! Dieses stolze Wort hat kürzlich der preußische Ministerpräsident in einer bei ihm seltenen palbetischen Aufwallung der Korona der Volksvertreter zu geschleudert und wir durften nun wohl erwarten, daß wir auch bald Taten sehen würden. Diese haben sich denn auch prompt eingestellt und zwar, wie dies heute üblich, in Form einer offiziösen Auslastung, mit der uns die „Berliner Polit. Nachrichten" beglückte. Diese Korrespondenz stellt also fest, daß die Mitglieder des Ministeriums in bezug auf die Konservierung des elendesten aller Wahlsysteme einig sind, einig wie die Krciheitsbclten auf dem Rütli. Zwar sind sie theoretisch davon überzeugt, daß das geltende Wahl gesetz weit davon entfernt ist, „ideal" zu sein; aber sie sind praktisch davon durchbruiigen, daß eS im wesentlichen unver ändert bleiben müsse. Zum mindesten wird man zugcben, daö höbe Kollegium sei kein collochiuu logieuw. Wir wollen aber nur die eine Frage an die Herren richten, die nämlich, ob sie denn glauben, daß all ihre Einigkeit imstande sein wird, eine Verbesserung, die der Natur der Dinge nach kommen muß, durch ihre Eunctatorenpvlitik hintanzuhalten. Selbst der stärkste Minister muß, mag er sich auck noch so heftig dagegen streuben, schließlich der Vollstrecker der Zeitströmung werden und in nickt all zuferner Frist werden vom Ministernsche aus die triftigsten Gründe für eine Aenderung des Wahlrechts angeführt werden. Ueber die Modalitäten einer solcken Aenderung läßt sich ja rechten und reden, die prinzipielle Notwendigkeit aber steht Uber jeder Diskussion. Konservieren allein ist noch kein Verdienst: es fragt sich, w,e schon Lagarde bemerkt bat, welcken Akkusativ man zu dem Verbum setzt. Wie es scheint, lautet der un erläßliche Kommentar zu dem Worte des Grafen Bülow: Preußen in Deutschland voran, aber immer langsam voran. Auch wir wissen kluge Mäßigung zu schätzen; wenn wir aber zwischen Daun und Blücher wählen sollen, so ziehen wir Feuilleton. In der Brandung. Roman von Wilhelm Fischer. (Nachdruck verbot»».> Krau Wally erschien in diesem Augenblick wieder in der Tür. Aus der Flasche, die sie mitgebracht hatlv, schenkte sie drei Gläser voll. „Den Vertrag, Herr Graf, werde ich noch heute ent werfen", faste Ür. Werner, während seine Frau dem Grafen und ihm den Mein kredenzte. „Auf Ihr Wohl, meine Herrschaften", sagte Graf Treu berg ilnd versuchte nach Kennerart den Wein. «Hm, ein guter Tropfen. Gratnlierc zu Ihrem Kellermeister." „Der Wein ist gut und alt bei mir geworden, denn ich brauche den Wein nicht zum Genießen, sondern zum Ge nesen", meinte vr. Werner, dem Grafen Bescheid trinkend „Dazu ift's für mich zu spät. War im Walde des Leben» ein wilder Jäger. Wilde Jagd, gnädige Frau, wilde Jagd. Kein Halt, keine Rast, und immer drauf los gehetzt, Pferde und Hunde und Menschen." „Wozu die quälenden Erinnerungen, Herr Graf?" warf Wally mißbilligend ein. „Da- Leben ist ein großes, für den einen transcen- KntaleS^ für den andern nur weltliches Oratorium, in dem seltsame Melodien vorkommen. Und entfliehen wir Menschen von Mittelwert und verschwinden mit dem letztet» Akkord — kein Hahn kräht darnach! Ich könnte über die Komödie dieses Kommens und Gehens schimpfen wie ein altes Fischweib, hätte ich keine so vortreffliche Er ziehung genossen." „Sie haben recht, Herr Gras. Da» glücklichste Leben ist in Wirklichkeit immer noch ein großes Unglück", sagte Werner ernst. „Die Herren freveln! Das sagt Ihnen eine Frau, die Mutter ist", entgegnete Frau Wally lebhaft und dem Baron entgegen, der in der Tür erschien. „Ich komme zu früh, meine Gnädigste; das Mädchen wies mich hierher", sagte der Baron, nicht ohne einige Verlegenheit. „ES geschah aus meine Veranlassung, Baron; Sic sollen sich mit dem Grafen versöhnen", rannte Wally ihm zu und stellte den Willenlosen bann dem Grafen vor. BezugS-PreiS tu der Hauptexpedition oder deren Ausgabe- stellen ab geholt: vierteljährlich ^l 3.—, bei zweimaliger täglicher Zustellung ins Haus 3.75. Durch die Poft bezogen für Deutlch- land u. Oesterreich vierteliährlich 4.50, für di» übrige» Länder laut Zettungsprri-listr. «edaktt»« und Expedition: ZvhanniSgasfe 8. Fernsprecher 153 u. 2Hi. Filialerpeditumea. Alfred Hahn, Buchhandlg., Universitätsstr.8 (sternspr. Nr. 4048), L. Lösche, Katharinea- srratze 14 (Fernsprecher Nr. 2835 > u. Königs- Platz 7 lKrrnfprecher Nr. 7505). Haupt-Filiale Dresden: M arienstraße 84 (Fernsprecher AmtlNr. 1713). Haupt-Filiale Berlin: LarlDuncker, HerzgUBayr.Hofbuckbondlg., Lützowstraße lOzFerniprechrrAnUVl Nr.4L0s.) 218,4V 82,42 218,02 srw. 1»I,Ü0 8^- 282,10 214^20 203,— 803,— 2V8.50 11145 10S.72 ISS,— ! adselekr.» e«rl» cl»< lct»« sei eruvrto, re» Vorr- »over«,.»« Anzeigen-Preis die tjgespaltene Petitzeile 25 Reklamen unter dem Redaktionsjirich (4 gespalten) 75 vor den FamiUennach- richten (8 gespalten) 50 Tabellarischer und Aisserniay entsprechend höher. — Gebühren für Nachweisungen und Ofsertenannahmr 25 Ertra-Vrilagen (gesalzt), nur mir der Morgen -Ausgabe, ohne Postbrsörderung 60.—, mit PostbeförLerung X 70.—. Anaahmeschlntz für Anzeige«. Abend-Ausgabe: vormittags 10 Uhr. Morgen-Ausgabe: nachmittags 4 Uhr. Anzeigen sind stets an die Expedition zu richten. Die Expedition ist wochentags ununterbrochen geöffnet von früh 8 bi- abends 7 Uhr. Druck und Verlag von E. Pol; in Leipzig ,Jnh. vr. V., R. L W. Klinihardt). Blücher entschieden vor." — To lautet eine Zuschrift, die wir von einem uns gewogenen preußischen Patrioten erhalten. Monarchenbcgcgnnngen? Ein Berliner Blatt berichtet, daß der Kaiser anläßlich seiner Reise nach dem Mittelmeere Zusammenkünfte mit dem Kaiser von Oesterreich und dem Könige von Italien haben werde. An bestuntcrrickleter Stelle ist von diesen angeblich bevorstehenden Monarchenbegegnungen nicht das mindeste bekannt. Ein politischer Grund für jene Zusammenkünfte liegt nicht vor und da die Reise des Kaisers als eine Erholungsreise geplant ist, stehen derartige Begeg nungen vorläufig nicht mit auf dem Programm. Ein Husarenritt. Der schneidige preußische LandwirtschaslSminister Herr v. Podbielski hat sich in einer der letzten Sitzungen des preußischen Abgeordnetenhauses unter anderem auch über das Koalitionsreckt der ländlichen Arbeiter ausgesprochen. Kur; und bündig — er sagte: „Einen weiteren Ausbau des Koalitiousrcchtes für ländliche Arbeiter halte ich nicht für angebracht. Vor welche schweren Erschütterungen würde unser Vaterland gestellt, wenn etwa durch die extreme Ausführung des Koalitwnsrecktes die Lanze Ernte in Frage ^stellt würde?" Wir sind der Anstcht, daß heutzutage, da immer zwei Arbeitgeber einem ländlichen Arbeitnehmer nach laufen, die Koalitionsfreiheit, vom rein wirtschaftlichen Standpunkte aus, wohl entbehrlich ist. Die Frage hat aber auch eine ethische Seite; Waldeck hatte Recht, als er die Koalitionsfreiheit die „ganz gewöhnliche Freiheit des Menschen" nannte. Wenn der Minister von einem „Aus bau" des ländlichen Koalitionsrechtes sprach, so ist da- ein diplomatischer EupbemiSmus. Ein Ausbau ohne Fundament ist wohl nicht möglich und an diesem Fundamente aber fehlt eS ja noch. Daß die ländlichen'Arbeiter in ganz Deutschland zur Erntezeit streiten könnten, ist eine Vorstellung, die wirt lich nur auf einem Husarenritt inS neue romantische Land gefaßt werden konnte. Soßar die zünftige Sozialdemokratie ist ja von ihrer Idee des Generalstreiks der Industriearbeiter immer mehr zurück gekommen und hat nickt einmal den einen lumpigen Maifeiertaa durchietzen können. Nein, um ein solches Harikiri an sich selbst zu vollziehen, dazu ist der deutsche Landarbeiter doch nickt sanatilch und — dumm genug. Der ParlamentSbericht verzeichnet Beifall rechts und im Zentrum. Merkwürdig, wie bescheiden manchmal unsere Volksvertreter sind! Der Kampf um -a» argentinische Fleisch. Zwischen der Mehrheit des Wiener Gemeinderats, die im Interesse der Verbilligung der Fleischnahrung im Verein mit einer Reihe von Großhändlern argentinisches Fleisch in Massen eingeführt wissen will, und der Re gierung, die das Inleresse der heimischen Viehzucht zu wahren sucht, ist ein scharfer Konflikt auSgebrocken. Ueber die neueste Phase dieses Kampfes wird der „Boyemia" aus Wien unter dem 4. d. M. berichtet: Der erste Wagen mit argentinischem Fleisch traf heut« Nacht in der Wiener Großmarkthalle ein, nicht auf kommunalem, sondern aus zollamtlichem Territorium. Heute vormittaa fanden sich die iuter- ejsierten Persönlichkeiten der Fleijchbauergenossenschaft und der Wiener Schweinfeltmerke ein, um Vie Aussolgung der Sendung zu verlangen. Doch wurde diesem Begehren nicht stattgegeben, da inzwiicheu von der Statthalterri bekannt gegeben worden war, daß bis auf weiteres dieAuSfolgung der Ware zu verweigern sei. Eine Deputation der Interessenten begab sich infolgedessen zum Minister Präsidenten v. Koerber, um dessen Intervention zu veranlassen. Der Ministerpräsident leimte aber jede Einmischung ab und verwies bei allen Heiligen", versicherte sie, froh auslachend. vr. Werner kam zurück. „Ich glaube, dem Grafen hat der Aerger doch gewaltig zngesetzt", meinte er. „Lein Aussehen gefällt mir nicht mehr." „Er tat mir leid, ich muß cs gestehen", sagte der Baron. „Als Mensch begrüße ich diesen Ausgang des Pro» zeffes; als Jurist sage ich: „Schade d'rum!" . . . Zehntes Kapitel. Der Prozeß Treubcrg wurde, wie Di. Werner dem Grafen versichert hatte, tu beschccunigtem Verfahren sehr zum Leidwesen aller Lästerzungen durch einen Vergleich aus der Welt geschasst, der die Rechte -es Grafen nur sehr unwesentlich tangierte. Bei diesem Termin ließ sich Ur. Römer vertreten; er hatte beschlossen, für die beleidigende Aeußerung, die sich über ihn die Frau seines Prozeßgegners seiner Krau gegenüber erlaubte, Genugtuung zu fordern. Ui-. Werner, der den Zwischenfall von seiner Krau und dem Baron kannte und ihn bedauert hatte, war Reserveoffizier, wie l)r. Römer. Die Angelegenheit be schäftigte den Ehrenrat, aber für Di. Werner, der aus drücklich die Verantwortung für die scharfe Aeußerung seiner Krau übernommen hatte, bestand von Anfang an kein Zweifel darüber, daß er sich mit vr. Römer zu schlagen haben werde. Auch Graf Trcuberg hatte vr. Römer wegen außer beruflicher hämischer und beleidigender Angriffe ge fordert. Der Ehrenrat entschied nun dahin, daß Di-. Werner dem Rechtsanwalt Dr. Römer und dieser dem Grasen Trcuberg wegen außcrbcruflicher be leidigender Acnßerungcn die übliche Genugtuung zn geben habe. Tic Duellbedingungen waren in beiden Fällen die gleichen: dreimaliger Kugelwechsel. l)r. Römer "statte also, wie sich Graf Trcüberg äußerte, seine Sensationen; sein Duell mit Werner mußte innerhalb 24 Stunden und das mit dem Grafen innerhalb 48 Stunden ausgcfochten wexden. Am Tage vor dem Zweikampfe bestellte Vv. Werner als sorgender Familienvater sein Haus. Aeußerlich sah man ihm nichts an, er ivar, wie immer, ernst und liebens würdig zu Wally, die natürlich von dem bevorstehenden Duell kctuc Ahnung hatte. Er war jedoch froh, als sie ihm bei Tisch mitteiltc, daß sic den Nachmittag bei der Justizrätin, die etwas unpäßlich sei, zuzubringen ge denke. Er erwartete «den Baron, der ihm in dem Duell „Habe die Ehre, Baron", entgegnete der Graf und ver beugte sich mühsam. „Seit fünfzehn Jahren sehe ich Sie -um ersten Male wieder; seltsam in der Tat." „Es war nicht meine Schuld", versicherte der Baron, sich förmlich verbeugend. „Eh! Herr Neveu, es mar meine", lachte der Graf knrz auf. „Ich vergebe deshalb Ihrer Familie den Ueber- kall. Trotzdem war der Prozeß, oder sagen wir deutlicher, diese Partie lionteuse in unserer Familie nicht nötig." „Herr Graf, Sie belieben da einen Ausdruck, der deut lich ist . - . „Ter deutlich ist", unterbrach der Graf seinen Neffen, „Herr Neven, ich liebe das! Ein morscher Mensch mnß sich die Kraft der Zunge wahren, sonst ist er nichts mehr wert!" „Der Prozeß wurde gegen meinen Willen geführt, Herr Oheim!" entgegnete der Baron, einer bittenden Geste WallnS folgend, versöhnlicheren Tones. „Dann wird es dich freuen, Briesen", sagte Werner schnell, „daß einer Verständigung des Herrn Grafen mit deiner Familie nichts mehr iin Wege steht." „Ich begrüße lebl-ast diese Wendung der Dinge als im beiderseitigen Interesse liegend." Der Graf erhob sich schwerfällig und duldete eö, daß her Baron ihm zur Hülfe kam. „Einen guten Rat, Herr Neveu", meinte er in seiner kaustischen Weise, „leben Sie nicht so kannibalisch dumm, wie ich gelebt habe. Der Leichnam ist bald fertig. Teufel" — ächzte er. — „Wenn Sie Ihr Weg einmal an meiner Klanie voiüberfüllen sollte, Baron, es wird mir eine Ehre sein. Sie zu empfangen. Auf Wiedersehen, meine Herr schaften." Der Graf verließ, von Or, Werner, auf dessen Arm er sich stiime, geleitet, das Zimmer. «Das Zusammentreffen mit Ihrem Oheim war Ihnen wohl recht peinlich? Ich sah es Ihnen an, und troydcm ist es bester so!" sagte Frau Wally und lächelte dem Baron daykbar zu. „Sind Sie nun zufrieden, meine Gnädigste?" „Ich danke Ihnen, Baron- Ich atme wieder ans." Sir reichte ihm ihre Hand und duldete es errötend, daß er seine Lippen inbrünstig darauf preßte. „Sie werde« sich gewiß in Zykunft nicht mehr so sehr für die Prozesse Ihres Mannes engagieren!" sagte er, leicht auflachend. „Um Gottes Willen, niemals wieder, ich schwüre eS ?L w Städte bestehen aus Lehmhütten, die von Schmutz und Un reinlichkeit starren; gesundes Trinkwasier ist fast nirgends in genügender Menge vorhanden. Selbst in Port Arllmr sind die gesundheitlichen Verhältnisse die denkbar traurigsten, so daß die dortige Garnison den Bestand von 10 000 Mann dauernd nicht überschreiten kann. Alle übrigen Pläye aber sind die schlimmsten Brutstätten für Typhus und Eholera. Die Schaffung von Garnisonplätzen für eine Armee von 200 OOo Mann würde demnach den Aufwand von mehreren hundert Millionen Rubel und einen Zeitraum von mindestens fünf Jahren erfordern. Es sind somit der Verstärkung der russischen Streitkräfte in Ostasien ganz natürliche Grenzen gezogen Ebenso steht eS mit der russischen Kriegs flotte, für die in Ostasien vor allem große Docks errichtet werden müssen. Auck diese kosten ungezahlte Millionen und mehrere Jahre Bauzeit. So könnte eS dahin kommen, daß der „bewaffnete Friede" in Ostasien dem russischen Reiche viel teurer würde als ein baldiger Entscheidunaskampf. Dazu aber kommt noch ein anderer wichtiger Punkt. Schon jetzt ist die Stimmung des chinesischen Volkes ebenso kriegslustig wie russeuseindlich. Die Dizekönige der Mittel- und Sudprovinzcn geben schon jetzt vor, um auf eigene Faust Kriegsmaterial zu beicbassen und Heere auozurüslen. Zn dem jetzigen Zögern Rußtands erblickt jeder Ekinese da« Zeichen der russischen Schmacke, und immer lauter tritt in allen Teilen des Reiches die Forderung ans^die Russen mit Gewalt aus der Mandschurei zu vertreiben. Selbstverständlich ist die gegenwärtige Leistungsfähig'cit der chinesischen Truppen eine sehr geringe. Aber iu der Hand japanischer Offiziere und umgeben von japanischen Bataillonen kann eine öalbe Million chinesischer Soldaten doch eine Macht werden, über welche die Russen nicht ohne weiteres hinwcgsckreiten können. Die Erstarkung der vereinigten Japaner und Ehineseu dürste daher ein viel schnelleres Tempo erreichen, als die Ver mehrung der russischen Streitkräfte in der Mandschurei. Deshalb wird Japan ebenfalls den Standpunkt einnehmcn: „Auch wir können warten, wenn es nölig ist". Die letzten aktuellen Meldungen besagen: * Washington, 5. Februar. Dem Staatsdepartement ist die Nachricht zugegangen, daß die japanische Regierung die auf der koreanischen Seite des Jatu-Ftusses wohnenden japani- fchen Staatsangehörigen aussordcre, sich nach Söul zurück- zuziebrn. * New Vork, 5. Februar. Tie hiesigen Telegrapyonkabel-Gc- sellschaften machen bekannt, daß sic Depeschen nach Japan und Korea nur auf Gefahr der Absender annehmcn. * Singapore, 6. Febl-uar. Tel.) Die japanischen Kriegs- schiffe „Nisckin" und „Kasuga" sind von hier nach Norden in See gegangen. so; 30 A 30 Vor der Entscheidung. Heute soll die russische Antwortnote in Tokio über reicht werden. Damit fällt die Entscheidung, denn nach allem, was man hört, ist die in Petersvurg getroffene Ent schließung eine endgültige. ES könnte sich nun, wenn die Ant wort in Japan nicht befriedigt, nur noch um ein Ultimatum an Rußland handeln. Japan hat bis jetzt in unerwarteter Zu rückhaltung alle diplomatischen Mittel erschöpft, so daß man annehmen darf, es werde auch das letzte noch versuchen, falls die militärische Situation dies nicht unrätlick erscheinen läßt. Daß die Rüstungen auf beiden Seiten fortgesetzt und alles vorbereitet wird, als sei der Krieg gewiß, und daß dies am Vorabend der Entscheidung erst recht geschieht, versteht sich von selbst. Darin ist nichts Auffällige« zu finden. Zn offiziösen französischen Kreisen saßt man die Lage sogar noch sehr hoff nungsvoll auf. So ist dem „Temps", wie er sagt, von berufener russischer Seite, folgendes erklärt worden: „Die jüngste Alarm- kampaane trifft mit dem Zeitpunkt zusammen, für den man die russische Antwort erwartet. Es ist schwer zu sagen, was auf Rechnung des politischen Bluffs und was auf Rechnung ver finanziellen Spekulation zu setzen ist. Nichts recht fertigt seit zwei Tagen den Ausbruch des Pessi mismus, den wir jetzt erleben. Alles, waS man über die militärischen Vorbereitungen Rußlands gesagt hat, sind nicktS als seine friedfertigen Dispositionen. Rußland rüstet, solange man verhandelt. Wenn man hofft, aus Ruß land durch dieses alles Eindruck zu machen, täuscht man sich. Es zeigt sich übrigens, so fährt der „Tempö" fort, daß weder in Paris noch in Petersburg die Geschäftswelt sich sehr über die Heye anfregl, deren Sitz in England ist und der, wohlbemerkr, die englische Regierung durchaus sernsleht. Es gibt keinerlei Ursache zu irgend welcher Beunruhigung." Unser Londoner Gewährsmann hatte eine Unterredung mit einem der japanischen Botschaft beigegebenen japanischen Offizier, welcher die Möglichkeit einer „Ver tagung der Entscheidung" erörterte. Derselbe sagte: „Daß die jetzige Lage unhaltbar ist, fühlt das gesamte japanische Volk; jeder Japaner, ob hoch oder niedrig, wünickt daher eine möglichst tchnelle Entscheidung. E« gibt jedoch unter den leitenden Personen unserer Armee auch solche, welche in der Vertagung der Entscheidung vom militärischen Standpunkt aus kein Unglück erblicken. ES ist klar, daß Rußland von Monat zu Monat seine militärischen Machtmittel verstärken wird. Aber fraglich ist, ob die Truppen leistungsfähig bleiben werden. Eine Armee von 200- bis 300 000 Mann kann im Amurgebiet oder in der Mandschurei nicht andauernd in Baracken untergebracht werden. Schon jetzt ist der Gesundheitszustand der dortigen lussiiche« Truppen ein sehr ungünstiger. Die mandschurischen 14S.- v», - 147.40 121.— iSILo . 226.20 1 128,30 l' 77»0 >; 1S4.SV 82,4V verbot«».' s s Vrt«' ssöo S45O 4S20 7475 4800 2712 e, 1-, LO4.7L 14S.—
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