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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 06.02.1904
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1904-02-06
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-19040206016
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1904020601
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1904020601
- Sammlungen
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- Images teilweise schlecht lesbar
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1904
- Monat1904-02
- Tag1904-02-06
- Monat1904-02
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Reklamen unter dem Rebattiousslrich (-, gespalten» 7b /H, vor den Familiennach- richten («gespalten) 5>0 Tabellarischer und Zifferu'atz entsprechend höher. — Gebühren für Nachweisungen und Ofserlenaunahme 25 Extra-Beilagen lgesalzt), nur mit dec Morgen-Ausgabe, ohne Poftbeförderung 60.—, m t t Postbeförderung 70.—. Annahmeschlntz für Anzeigen: Abend-Ausgabe: vormittags 10 Uhr. Morgen-Ausgabe: nachmittags 4 Uhr. Anzeigen sind stets an die Expedition zu richten. Die Expedition ist wochentags ununterbrochen geöffnet von früh 8 bis abends 7 Uhr. Druck und Verlag von E. Polz in Leipzig (Inh. vr. B., R. L W. Älinkhardt). Nr. 66. Sonnabend den 6. Februar 1904. 98. Jahrgang. ünoer« -»»chätzten Lerer machen vir kierclurch nochmal» dasonärr» aul äie seit l. fadruar cr. von uns der jeckem Udonnament auf äa» Leipziger O»g«dl»tt gebotenen nrurn »ulmerksam. Sie belieben «larin, äab j«4«m Abonnenten auf »ein» Nbonnementsquittung »in tälir Inreral vsn r Leilen - 50 Pfennig pro Monat zuslekt. Der Kbonnementsprei» für ä», Leipziger Lageblatt tü. 1.— pro Monat bei Hbkolung, M-1^!5 pro Monat bei freier Duatellung in» l)»ur berechnet »ich mit Rücksicht aus äi»»e V»r-ün»ti-ung für Morgen- unä Nbenü-^urgad- in lllirklichkeit nur mit 50 plg. bei Abholung unä mit 75 P7A» MS NISRM b«isrei»r2u»t«llungin»l)aus. Mir bitten unsere -eekrten Abonnenten, von äieser neuen Einrichtung reichlichen Sebrauch ;u machen Etwa vorkommencle Unpünktlichkeiten in cler ruatellung unaere» Statt«» voll« man zelalli-st umgekenä an un»«rr Crpeäition meläen. SA Hdo«nememr -«r ae» Monat Februar verelen cli« »eit cleni >. fedruar erachienenen Morgen- unct ^dencinurnrnern nachgeiiekert. Sin« 2 PVg.-po»tk»r1« an un» ocler münctlich« Se»t«1 lang in unseren Srpeelitionen, Ru»gab»»teilen, bei äen D«itung»»p»«lit»l>ren oärr unserem Lräg»rp»r»onal genügt, un, «lie »okortige Duatellung äe» Leipziger Lageblatter zu bewirken. kxpeüition Oer Leipriger cagevlaner. Var Äicdtigrte vom Lage. * Beim Herero-Ausstande sind auck Legationsrat Höpen und der landwirtschaftliche Sachverständige des Gouvernements, Watermener, ermordet worden. *Die Bu d get-Ko in mi sfion des Reichstages bat gestern die vom Kricgsminisler geforderte Vermehrung der Nnter- offiziersst eilen ab gelehnt. * Der reichsgesetzlichen Regelung und Vereinheitlichung der Vereinsgefetzgebung stellen sich Schwierigkeiten durch das Festhalten Preußens an seinem Partikular rechte entgegen. * Der König von Württemberg ist an einer Sehnenentzündung erkrankt, die ihn nötigt, von seiner Reise nach London abzustehen. Die Königin Hal die Reise dorthin gestern abend angetreten. * Der japanische Gesandte in London hofft trotz der kriegerischen Rüstungen auf Erhaltung des Friedens, so lange die Verhandlungen noch schweben. kin fwntlvrchrrl in verkrrrricd. In Oesterreich geht jetzt etwas vor, waö ein wenig an eine Scene aus „Robert der Teufel" erinnert. In diesem fratzenhaftesten aller Operntexte wird — ich weist nicht mehr, in welchem Akte — der Tenor von seinem guten und seinem bösen Engel hin- und hergerifsen. Links zerrt Bertram, dessen höllische Herkunft schwarze Tricots und ein blutroter Mantel überzeugend versinnbild lichen, rechts zerrt Alice, die eigens zu diesem Zweck im Dreivierteltakt die „Normandie durchschritten" hat. So ringen jetzt in Oesterreich die Deutschen und die Slawen, die Ultramontanen und die Ketzer um die Seele des Thronfolgers. Wunderliche Meldungen tauchen auf, in denen versucht wird, dem Erzherzog eine josephinifche Pose zu suggerieren, obwohl doch alle Welt weiß, daß Franz Ferdinand gar nicht daran denkt, jeden nach seiner Fasson selig werden zu lassen. Das Papsttum setzt auf ihn die frohesten Hoffnungen,- die „kindlichen Gefühle des Erzhauses Oesterreich", die Leo XIII. mit väterlichem Stolz lobte, werden unter seiner Regierung auch in Gesetzgebung und Verwaltung ihren praktischen Ausdruck finden. Litten nicht die Deutschen Oesterreichs an jenem Optimismus, den Schopenhauer ruchlos nannte, so dürften sie sich über den Charakter der nach dem Ableben des Kaisers bevorstehenden Regierung keinerlei Täuschungen hingeben. Aber dem Oesterreicher erscheint auch dann noch alles in rosenroter Schminke, wenn sich am Horizont schwefelgelbe Wolken ballen; er lugt schon wieder nach Sonnenschein aus, wenn der Hagel her- niederprafselt und ihn bis auf die Haut durchnäßt. Till Eulenspiegel, aber nur, wenn er bergauf geht, und leider geht man in Oesterreich nicht mehr bergauf, man geht bergab, reißend bergab. Es ist eine unbequeme Pflicht für ein deutsches Blatt, dies rückhaltlos auszusprechen. Niemand kann der deutschen Presse, so wenig wir Herolde unseres eigenen Ruhmes sein möchten, Diskretion und Takt in der Er örterung auswärtiger Angelegenheiten absprechen. Eine beklagenswerte Ausnahme bildet vielleicht der Fall Trey- fus, in dessen Behandlung das gute Herz mit uns durch ging, von denjenigen Blättern ganz zu geschweigen, denen internationales Gemeinschaftsgefühl ihre Haltung diktierte. Wir mischen uns selten in fremde Interna, hier aber gebietet uns ein wichtiges Interesse, zu sprechen und kein Blatt vor den Mund zu nehmen. Damit, daß die Kutten über Oesterreich herrschen werben, wenn Kranz Josef die Augen schließt, müssen wir uns abfinden; sind rvir doch nicht einmal im eigenen Lande stark genug, den pscudoparitätischen Neigungen einer Regierung Einhalt zu gebieten, die für das parla mentarische 6o ut «iss des Zentrums nicht entbehren zu können meint. Jetzt aber steht anderes auf dem Spiele. Der Reichskriegs mini st er v. Pitreich hat in einem Erlast die Erteilung polnischer Unterrichtskurse für Offiziere an ge ordnet Aus freien Stücken, ohne daß eine lärmende Agitation ihm dies unbegreifliche Entgegenkommen ab gezwungen Hütte. Hinter den Kulissen haben geheimnis volle Mächte gewirkt und die Oeffentlichkeit ist überrascht morden. Die Regierende» Oesterreichs haben die Weis heit des Wortes „I'rinoipiis obsta!" verkannt und nun ist es zu spät, das Tempo einer vielleicht unvermeidlichen Evolution zu regeln. Glaubte man, der nationalen Strömung in Ungarn nicht länger widerstehen zu können, so gebot doch der gesunde Menschenverstand, um so energischer die Geschlossenheit und Einheitlichkeit des im engeren Sinne österreichischen Heeres aufrecht zu er halten. Der Erlaß des Kriegsministers scheint zu be- weisen, dast die Regierung einen Frontwechsel in der Gesamtpolitik der Monarchie beabsichtigt. Trifft diese Voraussetzung nicht zu, so stände man fassungslos staunend vor einem Akte der Selbstzerfleischung, der in der modernen Geschichte unerhört wäre. Nur dann ist der Erlaß begreiflich, wenn man annimmt, daß Lcstcr- ertch sich auf das slawische Element stützen, daß cs seine Erpanfion nach Süid-westen nehmen, eine initiatorische Balkanpolitik treiben und fortan daraus verzichten will, seine historische Mission als Bollwerk germanischen Wesens gegen den Orient wahrzunehmen. Wenn diese Erwägungen allzuweit auszngreifen scheinen, so sind sie doch durch den einfachen Hinweis daraus gerechtfertigt, daß Oesterreich auch wirtsckwftlich eincö aufuahmcfüyigcn Hinterlandes bedarf und daß sein europäischer Export alljährlich ungünstigere Ziffern aufweist. Bor allem aber sind wir zu höflich, um einem Minister einen derartigen Mangel an politischem Augenmaß zuzutrauen, wie der Erlab des Herrn v. Pitreich ihn beweisen würde, wenn nicht tiefere Pläne, fernere Ziele ihn bestimmten. Wir Deutsche können und dürfen uns nicht freund nachbarlich verblenden. Wir müssen uns die Frage vor legen, welchen militärischen und politischen Wert das Bündnis mit Oesterreich dann noch für uns hat, wenn diese Monarchie ein vom Ultrainontanismns durchseuchter, verslawter Staat, wenn seine Armee ein Konglomerat von auscinanderstrebenden Völkerhaufen, ein Lager Wallen steins wird, dem nur die gewaltig zentralisierende Per sönlichkeit des Feldherrn fehlt. Es ist unmöglich, daß wir uns damit begnügen, uns „vollkommen korrekt" zu verhalten, daß wir nicht jedes uns rechtmäßig zustehende Mittel benutzen, um, so lange es Zeit ist und wenn es überhaupt noch Zeit ist, die leitenden Kreise Oesterreichs darauf hinzuweisen, dast eine Politik, wie sie durch den Erlaß des Reichskricgsministers inauguriert wird, nicht ohne Rückwirkung auf das Verhältnis der beiden heute noch befreundeten und verbündeten Staaten bleiben kann. Die österreichische Regierung, die sich wahrlich nicht über Mangel an Entgegenkommen unsererseits beklagen kann, überlegt sicb's vielleicht in zwölfter Stunde doch noch ein mal, ob sic das Wort des Schwabenherzogs Krok, „Alles muß verrungenieret sein!" zum Prinzip ihrer Politik er heben will; der Kriegsminister begreift vielleicht doch schließlich noch, daß er mit seinem Erlaß eine Prämie auf die Dekomposition der Armee und des Staates gesetzt hat. Und Kaiser Kranz Josef kann doch unmöglich schon den Armeebefehl von Chlopn vergessen haben, in dem er dröhnend an den Königsschild schlug und die Autorität des obersten Kriegsherrn, die Einheitlichkeit der Armee wie einen roofter sie bronco stabilierte? Wie dem auch sei, es ist Pflicht des Politikers, vorauszusehen und den Entwickelungen, die sich nicht hintanhalten lassen, ein Bett zu bereiten. So hosfen wir, daß unser Reichskanzler die Möglichkeit neuer europäischer Konstellationen rechtzeitig ins Auge saßt, wir hoffen, daß die deutsche Presse die Irrungen und Wirrungen der Habsburgischen Politik mit der Offenheit bespricht, die vom eigenen Interesse eben so sehr, wie von nachbarlichem Wohlwollen diktiert wird, wir hoffen, dast die Deutschen Oesterreichs ihren immer noch mächtigen Einfluß in die Wagschale werfen und von nichts und niemand etwas er warten werden, als von der eigenen Kraft, von der eigenen, leider immer aufs neue gefährdeten umd zer- rifsenen Einigkeit. 6. Deutsches Reich * Leipzig, 5. Februar. * Bchcrleins Roma» „Jena oder Sedan" k bildete heule die Unterlage eines Prozesses vor dem Berliner Schöffen gerichte. Es handelte sich um die Klage des Geschäftsführers der Berlagsanstalt Vita, Felix Heinemann, als des Verlegers beö Beyerleinschen RomanS, gegen den Verleger der „Hamburger Nachrichten", Dr. Hartmeyer, wegen Beleidigung, begangen in einem Artikel der „Hamburger Nachrichten", in dem der Inhalt des Romans als antimilitärisch, sozialistisch bekämpft und behauptet wurde, die sozialistische Parteileitung stehe der Preis herabsetzung des Wertes nicht fern und habe wahr scheinlich Geldmittel dafür hergegeben. Der Gerichtshof hielt diese Behauptung für nicht erwiesen und beleidigend, außerdem auch in zwei anderen Fällen eine Beleidigung vor liegend, und verurteilte den Verklagten zu 50 Geld strafe, eventuell 5 Tagen Haft. * Berlin, 5. Februar. * Ein Franzose über die ventschen Interessen in Amerika. Ein Aufsatz von Andrö Brisse in der Pariser „Revue de Geographie" behandelt mit bemerkenswerter Sachlichkeit die Bedeutung des Deutschtums für Amerika und die Amerikas für die Deutschen. Die wirtschaftliche Macht der Vereinigten Staaten, so führt der Aufsatz aus, ist zum guten Teil deutscher Arbeit zu verdanken. Die Zahl der Deutschen in Nordamerika gibt Brisse auf 8 Millionen an. Auf das ganze übrige Amerika rechnet er etwa eine halbe Million Deutsche. Das in Amerika angelegte deutsche Kapital gibt er mit 4660 Millionen Mark an, d. h. auf 65 v. H. alles im Ausland angelegten deutschen Kapitals. Der deutsche Handel mit Amerika stieg nach Brisse von 1891— l90l von 1406 Millionen Mark auf 22l5 Millionen Mark. Bon dieser letzteren Summe kamen auf den Verkehr mit den Vereinigten Staaten 146l Mil lionen Mark. Ueber die Geschichte und Stärke der deutschen Einwanderung nach der Union kann der Franzose uns natürlich nichts Neues fachen. Auch er aber rühmt dem deutschen Einwanderer nach, daß er seinem neuen Vaterland ein treuer Bürger werde und ihm wirtschaftlich und kulturell ganz besondere Dienste leiste. Auch der Franzose stellt den Deutschen der Union neben diesem Zeugnis über ihre guten Eigenschaf ten ein weniger gutes in nationaler Hinsicht aus. Auch er aber stellt anderseits fest, daß gerade in dieser Hinsicht die letzte Zeit einen Umschwung zum Bessere» verspreche. Er spricht von der jungen nationalen Bewegung, in deren Dienst sich besonders das deutsche Vereins wesen gestellt habe und die vor allem zum Ausdruck gekommen sei in der Bildung des deutsch amerikanischen Nationalbundes. Auf West-Indien und Mittel-Amerika rechnet Brisse 1800 Deutsche, auf den deutschen Handel mit diesen Ländern 120 Millionen Mark; daS dort an gelegte deutsche Kapital gibt er mit 610 Millionen Mark an. Gan; richtig hebt er hier Mexiko und Guatemala als die für das Deutschtum wichtigsten Gebiete hervor. Den deutschen Handel mit Süd-Amerika bewertet Brisse auf 632 Mill. Mark; davon entfallen 469 Mill. Mark auf die Einfuhr, 163 Mill. Mark auf die Ausfuhr, 72 v. H. auf die Westküste und 28 v. H. auf die Ostküste. An Zahl stehen die 495 000 Deutschen Süd-Amerikas hinter den Franzosen und Italienern zurück, übertreffen diese aber, so bezeugt der Franzose Brisse, an Unternehmungs geist, Arbeitslust, Ausdauer und auch, ein leider seltener <sall, an nationalem Zusammenhalt. Vor allem rühmt Brisse die mächtige Entwickelung der deutschen Schiffahrt nach Amerika. Den Engländern sei hier großer Abbruch getan, Frankreich aber ganz aus dem Felde geschlagen. * Zur Vereinheitlichung der Vereinsgefetzgebung. Im Zusammenhänge mit der Erörterung über die Rechtsfähigkeit der Berussvereine ist anch die Frage der Vereinheitlichung der Vereinsgefetzgebung im Reiche be rührt worden. Es wurde auf das württembergifche Ber- cinsgesetz als ein mustergültiges Vorbild hingewiesen. In Bundesratskreisen ist man geneigt, zuzugeben, daß württembergifche Vcreinsgesetz erfülle die Bedingungen, die von jeder Vereinsgefetzgebung zu erstreben seien. Die Zweifel aber, ob die größeren deutschen Einzelstaaten sich so bald des Rechtes entäußern werden, ihre Vcreinsgesetz- gebung aus eigener Machtvollkommenheit zu regeln, wiegen vor wie nach schwerer als der Glaube, es werde in absehbarer Zeit möglich sein, zu einer einheitlichen Ber- einsgcsetzgobung im Reiche zu gelangen. Vor allem wird auch darauf hingewiesen, daß Preußen wegen seiner Landesteilc mit doppelsprachiger Bevölkerung genötigt sei, an diesem PartiTularrecht fest- z u h a l t e n. * Trichinenschau nnd Königstreue. Es ivar der Kin- digkeit des konservativen Landtagsabg. Heckenroth Vor behalten, zwischen der Königstreue preußischer Landwirte und den Gebühren für Trichinenschau einen organischen Zusammenhang herzustellen. Diese Gebühren belasten nämlich die Bauern allzusehr und daher stimmen diese, „obwohl sie königstreue Männer sind", sozialdemokratisch. Da nun jemand, der seiner 'Unzufriedenheit in dieser Korm Ausdruck gibt, schwerlich noch im Ernst für königs treu gelten kann, so resultiert die drohende Alternative: „Fort mit -er Trichinenschau oder fort mit dem König- tum!" Wir glauben doch, daß die monarchische Gesinnung im deutschen Bauernstände zu tief wurzelt, als daß eine Maßnahme, deren Berechtigung kein verständiger Land wirt verkennen kann, sic von heute auf morgen auszu rotten vermöchte, und würden es jedenfalls geschmack voller finden, wenn die Herren Agrarier nicht immer gleich bei jeder Lappalie mit der Revision ihrer monarchischen Gesinnung ins Feld rücken wollten. * „Keine Ahnung." Die „Franks. Ztg." schreibt mit Bezug auf das Fallenlassen des Scberl'scken Spar system» seilen« der preußischen Regierung: ES gibt in der Geschichte der preußischen Verwaltung kaum ein zweites Beisviel, dast dir Staatsregierung von einem fest beschlossenen, höchst bedenklichen Experiment, bei dem nicht nur Geld, sondern manches andere zu verlieren war, noch im letzten Moment durch den einmütigen Widerspruch, die Warnungen und Belehrungen der Presse gerettet worden ist. Wenn jemals, so müßte die preußische Staalsregierung und vor allem die Ressortminister, als welche wohl der des Innern und der Finanzen in Betracht kommen, der Presse zum tiefsten Danke verpflichtet sein, daß sie sie über eine Sache, von der man innerhalb der Regierung sehr wenig verstanden zu haben scheint, noch rechtzeitig aufgeklärt hat. Ten öffentlichen Ausdruck dieses Dankes vermißt man bis jetzt. Vielleicht aber holen das die Herren Minister noch nach. Tie Gelegenheit dazu ist ihnen durch den Antrag gegeben, der die Regierung auffordert, jede Anregung zum Lotteriespiel in Verbindung mit einem Sparsystem, wie sie jener Plan enthielt, zu unterlassen. Tann äußern sich vielleicht die Herren Minister darüber, wie es überhaupt möglich war, daß sie sich auf einen solchen Plan einlassen konnten und ob es vielleicht in ihren Ressorts an sachverständigen Räten fehlt, die das durch schauen konnten, was die Presse sofort und mit durchschlagender Wirkung erkannt hat. Wie sagt doch der Baron im „Nachtasyl"? Keine Ahnung! * „Genoffen" u»ter sich. In seiner sozialdemokratischen Zeitungskorrespondenz schreibt Genosse „ParvuS" höhnend: „Schippet würde gut tun, in der Zukunst, um Mißdeutungen vvrzubeugen, au die Genossen, die von ihm Referate verlangen, erst die Anträge zu richten: „Bon welchem Standpunkte wollt Ihr, daß ich die Frage behandle? Vom agrarischen, vom ultramontanen oder antisemitischen? oder noch anders?" Zn der Ankündigung wird cs dann ungefähr heißen: „Max Schippel spricht über Justiz vom Standpunkte Fritz Friedmann". Im „Vorwärts" erhebt Kautsky gegen Schippel den Vorwurf der „Doppelzüngigkeit" und des „Verrats". * Ter Kaiser empfing gestern vor dem Hofball den Geh. Hofrat Prof. vr. Bäßler (der Name war gestern falsch über mittelt) zur Ueberreichung seines Werkes über altperuanische Kunst. Während des Hofballes hat der Kaiser die Meldungen des Wirkl. Geh. NatS Schulz, Präsident des Reichs- Eisen bah n-Amts, des Regierungspräsidenten von der Schulenburg^ des Generalkonsuls Knappe, des Konsuls Frbr. von Reckendorfs (au« Prag), deS Wirkl. Geh. Ober - Reg RatS von Conrad und des Herrn Arnold von Siemens entaegenaenommen. Unter den inländischen Damen wurden den Majestäten auch noch Komtesse Magna Maria zu Solms-Wildenfels vorgestellt. — Heute morgen hatte der Kaiser eine Be sprechung mit dem Reichskanzler Graf von Bülow in dessen Palais. Heute abend wird der Kaiser auf dem Hofe des königlichen Schlosses die nach Swakopmuud aus rückenden Truppen besichtigen. — Von einem deutschen Konsul, der nicht deutsch s pricht, berichtet der in Hamm erscheinende „Westfälische Anzeiger . Er schreibt: „Der deutsche Konsul in der englischen Wrltbatenftadk Dover, Mr. Grant, geborener Engländer, ist nicht eines Wortes unserer deutschen Muttersprache mächtig! Sern Sekretär, ein Schwede von Geburt, beherrscht die deutsche spräche nur sehr lückenhaft." — Das ist für den, der um'cre Konsulatsverhällnisse kennt, gar nichts so Wunderbares. Das Ansehen des Deutschen Reiches im Ausland wird freilich durch diesen Mißstand ebenso wenig erhöht wie leider durch so vieles andere. Da könnten wir wirklich noch viel von den Engländern lernen! — Antisemitische Anwaadlungrn machen sich bei der Sozialdemokratie nach dem schönen Wort des „Vorwärts": „Mqusche oben" häufiger bemerkbar, natürlich nur, wenn es gilt, Stimmen zu fangen. So schloß in einer freisinnigen Wähler versammlung in Weidenhausen bei Efchwege, wie die „Boss. Ztg." berichtet, ein sozialdemokratischer Wahlagitator seine Rede gegen den freisinnigen Kandidaten Lehrer Metten mit Len Worten: „Wählt nicht den bezahlten Judenkandidatcn? —Was sagt Singer dazu? — Die Mitteilungen über die Börsengesetznovelle lauten recht widerspruchsvoll. Bon klerikalen Blättern war behauptet worden, daß sie in dieser Session nicht mehr an den Reichstag ge langen werbe. Das war ausfällig, da bereits vor einiger Zeil ge meldet worden war, der Buuvesrat habe der Novelle seine Zustimmung erteilt. Jetzt wird nun die Nachricht mit dem Hin- zufüaen bestätigt, daß der Gesetzentwurf nunmebr im Reichsamte des Innern liege. Warum er dann nicht an den Reichstag gebracht wird, macht die Sache noch auffälliger. «. Köln, 5. Februar. Die Kölner Krankenkassen wollen gegen die in dem Konflikt mit den Äerzren von der Regierung getroffenen Verfügungen Vas Verwaltungs streitverfahren anhängig machen. -r. Äreiz, 5. Februar. Tie Stimmung in einem Teile der Bevölkerung unseres Fürstentums kommt in einem Artikel deS „Reuß. Anz." in Zeulenroda aus Anlaß der gestrigen Verheiratung der Prinzessin Maria mit dem Freiherrn v. Gnag noni zum Ausdruck. Das genannte Blatt schreibt. „Mit alleiniger Ausnahme der Tante der Braut, die vcrw. Erbgräfin zu Isenburg, geb. Prinzessin Reuß ä. L., die nach Lage der Verhältnisse nicht anders kann, al- in dem verwaisten Schlosse ihrer Väter die Honneurs zu machen, fehlt die zahlreiche Fürstliche Verwandschaft völlig und rin höheres Machtgcbol har sogar die beiden jüngsten Schwestern der Braut am Tage vor der Hoch- zeit aus Greiz zu auswärtigen Verwandten abraten lassen. Im Bolke aber bat diese Verbindung nie angesprochen, denn man fagl sich, einen Leutnant von niederem Adel hätte unsere Fürstentochter wohl auch in Deutschland gefunden, dann wäre wenigsten- auch das dereinst große Vermögen im Jnlande und vielleicht auch die Gefahr vermieden geblieben, die darin liegt, daß unsere bisher echt lutherische Prinzessin jetzt in eine erzkalholischc Verwandtschaft hineingerät. Namentlich auch der jüngeren Schwester der scheidenden Prinzessin, der Großherzogin Karo linie von Sachsen-Weimar und ihrem großherzoglichen Gernot,:« Wird die heutige Hochzeit schwerlich nach Wunsch und Willen sein, und auch die Zukunftsaussichtru der beiden jüngsten Prinzessinnen werden durch di« letztere nichts weniger als glänzender. So liegen dir Berbältnisse in Wirklichkeit, wenn man offen und ehrlich sein will, und so werden sie auch vom großen Teile de« Bolke- angesehen und nicht anders." Freiherr Gnagnoni war immer der Begleiter de- Grafen Künigl bei dessen Hochzeit niit der Prinzessin Emma Es ist nun erreicht, daß Prinzessin Marie nicht etwa über den Stand de« Grafen Künigl geheiratet hat.
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