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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 12.12.1906
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1906-12-12
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19061212017
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1906121201
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1906121201
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Handelszeitung
- Jahr1906
- Monat1906-12
- Tag1906-12-12
- Monat1906-12
- Jahr1906
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Anzeigen-PreiS di« Sgefpallea« Petuzeile für Geschäfts» Inserate ans Leipzig und Umgebung 85 Pft Familien«, Wohnung«» u. tztellen-Uazrigea, sowie An- und Verkäufe SO Pf^ finaujltüe Anzeige» 30 Pf„ für Inserate von auSwärt» 30 Pf. Reklamen 75 Pf^ au-wärtS 1 Mark. Beilage gebühr 4 Mark p. Tausend ezkl. Postgebühr. GeschästSanzeigrn an bevorzugter Stell« im Preise erhöht. Rabatt nach Taris. Anzeigen-Annadme: Augustusplaiz 8, bei sämtlichen Filialen n. allen Annoncen- Expeditionen des In« und Au-lanbeS. ür daS Erscheinen an bestimmten Tagen u. -lStzea wird keine Garantie übernommen. Haupt-Filiale Berlin: LarlDuuck e r,Hrrzgl.Bayr.Hofbuchhandtg.. Lutzowilraste 10 lTelephon VI, Nr. 4603s. FUial-Srpedttiou. DreSden.Marienstr.3L Nr. 570. var lvickstigue vom rage. * Del basier ist gestern nachmittag 2 Uhr 10 Minuten nach Bückeburg abgereist. * Die Interpellation wegen der Fleischnot wurde von dem Grasen Posadowsky und dem neuen preußischen Landwirtschaftsminister v. Ar nim im Reichstag beantwortet. Tie Regierung lehnt eine Herabsetzung oder gar eine Beseitigung der Vieh» und Fleischzölle ab, sie ist nur bereit, die Fleischeinsuhr durch Herabsetzung.der Gebühren für die ausländische Fleischbeschau zu erleichtern. lS. Bericht in 2. Beilage.) * Dem Reichstag ist der Reichshaushalts, etat für 1907 zugegangen. lS. 3. Seite Hauptbl.) * Der Evangelrsch-soziale Kongreß wird 1907 in Straßburg i. E., und zwar am 21., 22. und 23. Mai abgehalten. * Der „Schwäbische Merkur" meldet vom gestrigen Tage aus Langenburg: »In dem Befinden der Frau Co sima Wagner ist heute vormittag eine wesentliche Besse rung eingetreten. Professor Schweninger hat den morgigen Tag zur Heimreise der Patientin in Aussicht genommen. * Die Mntter Gerhart Hauptmanns, Frau Marie Hauptmann, ist, wie ein Telegramm aus Warm- brunn meldet, dovtselbst im 80. Lebensjahre gestorben. lS. Feuilleton.) * Aus Berlin wird gemeldet, daß Richard Strauß, dessen Ablehnung durch die Akademie der Künste unbestätigt ist, seine Berliner Stellung verlassen wolle und sich um Schuchs Nachfolge in Dresden be- werbe. * Die Kommission des österreichischen Herrenhauses hat mit 14 gegen 4 Stimmen das Pluralwahlrecht angenommen. Damit ist dieWahl- reform aufs neue gefährdet. lS. Ausl.) * Die französische Regierung ist entschlossen, die Opposition der Kirche gegen daS Treunungsgesetz mit de» schärfsten Waffen zu bekämpfe». (S. Leitart.) * Das Kasseler Schwurgericht verurteilte den Möbel- hänbler Meyer auS Wildungen wegen Ermordung der Frau Vogel zu 1b Jahren Zuchthaus. lS. Ge- richt-saal.) Vie fleirednol vor llem flrickmage. (Telegramm unseres Berliuer Vertreters.) Im bobeu Hause herrscht eine bemerkenswerte Unruhe und ausfällige Unaufmerksamkeit für die Angelegenheit deS TageS. Am BundeSratStische siyeu einsam Graf Posa- dowSky und der neue preußische LandwirlschaflSminister von Aruim-Criewen, beide iu Manufkripte und Druck sachen vertieft. (Herr v. Stengel ist auch einen Augenblick da, verschwindet aber bald wieder.) Für de» Rachsolger deS joviale» PodbielSki ist «S bei dieser Art parlamentarischer Musterung ungünstig, daß er gerade die Konkurrenz seines Nachbarn zu besteben hat, denn gegen den prachtvollen PoiadowSky-Kopf kann er nicht aufkommen. Der neue Minister sür Lankwirtschast, Domänen und Forsten bat den Typus eines Asketen: eine ganz schmale Gestalt mit etwas eckigen Bewegungen, vollständig kablem, langem Kopf, hoher Stirn und länglichem dünnen Spitzbart, der dem Gesichte en taes die Konturen eine» Dreiecks gibt. Der ganze Mann ist nicht unsympathisch, aber weit älter, als mau ihn sich vorgestellt hat. Graf Posadowsky sieht neben ihm beinahe athletisch auS. Zur Begründung der Interpellation der Freisinnigen spricht der Abgeordnete Wiemer. Laut und vernehmlich hallen die Worte in immer gleichem Tonfall durch den Saal. Tem meisten, wa« er sagt, kann man zustimmen. Einige zu schroffe Ansichten sind bei seinem Parteistandpunkte vorauSzusetzea, aber — «S hort niemand zu. Selbst die Freisinnigen stecken eS nach der ersten Viertel- stunde auf, hört! hört! zu rufen, und schließlich redet Herr Wiemer unverdientermaßen vor völlig anieillosem Hause. Nur Graf Posadowsky ist so höflich, ab und zu den Redner aazugucken. Sonst ist daS ganze HauS in Gruppen gesondert, die die sensationellen Vorgänge ru der Budget« lommissiou besprechen. DaS Gespenst der ReichS- agS-Auslosuug geht durch daS HauS. WaS wird werden? Der Klatfch, der uferlose, zieht seine verwirrenden Kreise. Ueberall wird geflüstert: „Kanzlerkrise. Mit Dernburg natürlich. Auslösung. Machen Sie keinen Unsinn, Kollege." — Und derweileu spricht Wiemer weiter, bi» er von dem Sozialdemokraten Scheidemann abgelöst wird, der die inbaltlich ganz ähnliche Interpellation seiner Fraktion be- grüadeu soll. Scheidemann ist kein Wüterich, spricht viel mehr meist sachlich und ohne überflü'sigeS PatboS. Leine fließende» Darlegungen sind mit Tadel gespickt. Sinclair, der amerikanische Genosse, bekommt ein ge linde» Mißtrauensvotum wegen seiner Enthüllungen über die Fleischfabrikea in Chicago; da» Tollste seiner Schilde rungen sei doch Wohl seiner Phantasie entsprungen. DaS »Leipziger Tageblatt" wird zitiert, weil e- da» Borschützen der Seucheugesahr gleichfalls verurteilt hat. Liebermann ». Sonnenberg wird angeulkt wegen eine» angeblichen Ausspruches: „Meine Bauern sind treu wie Hunde, aber dreckig wie die Schweine." Der Memoiren-Kanzler djub zitiert mit der Begründung, daß man heutzutage tote» Kanzler mehr trauen könne als einem lebenden. Mittwoch 12. Dezember 1906. 100. Jahrgang. Ab und zu wird auf der Rechten gelacht, aber alles in Harmlosigkeit. Es ist keine Kampfstimmung im Hause. Nun ist auch Scheidemann fertig mit feinem Manuskript, setzt noch ein paar Trümpfe aus und geht. Gras Pos adowSly erhebt sich und hat im Namen des Kanzlers eine Erklärung abzugeben, die iu keinem Punkte übeiraicht, zumal da sie ihrem Inhalte nach bereits angelündigt war. Die Regierung lehnt natürlich jede weitere Oeffnung der Grenzen ab und erst recht eine Suspension der Zölle. Nur von Norden her soll vielleicht etwas mehr Vieh hereingelassen werben. Einige „kleine Mittel" werden versprochen: Tariserleichteruugen in Preußen, dem sich u. a. auch Sachsen anfchließen will. Und schließlich soll ernsthaft erwogen werden, ob die Beamten eine Teuerungszulage erhalten. Aus der Rechten mattes Bravo. Herr v. Arnim-Criewen steht auf und hält seine ministerielle Jungfernrede. Er ist noch von der alten Schule und bittet um Nachsicht, da er noch nicht recht eingearb/tilet sei. Hat sie übrigens nach den heutigen preußischen Be griffen von den notwendigen Minister qualiläten nicht nötig, denn er redet, wie eben in Preußen Minister reden, nicht fließend, aber auch nicht allzu stockend, nicht laut, aber noch gerade verständlich, sehr sachlich, dafür aber auch völlig humorlos. Nach zehn Minuten gehört die Ausmelftamkeit des HauseS wieder de.i skanbalöfen Vorgängen in der Budgetkominlssion. Inzwischen ist es »/i5 Uyr geworden. Plötzlich wendet sich alles nach der Tür neben dem Piäsiventenstuhle. Der Kanzler lommt. Er macht ein paar leichte be- grüßende Verbeugungen und setzt sich dann zu seinem Stellvertreter Posadowsky. Herr von Locbell, Ebes der Reichskanzlei, wird zitiert und mit einer Mitsion weggelchickt. Daan unterhält sich der Kanzler über eine Stunde lang mit dem Grafen Posabowsly. Er wud immer lebhafter, gestikuliert, zuckt mit den Achseln, steht aus, setzt sich wieder und redet werter. In gebührendem Abstand stehen die Räte umher und das ganze Haus beobachtet gespannt die Unterredung. W,e verlautet, war der Kanzler übrigens schon lange vorher rm Reichstag, nm wegen der durch den Bluff der Budgetkommission geschaffenen Lage zu louserieren. Er setzt also nur seine Konierenzen im Plenar saale fort. Herr v. Arnim hat inzwischen geschlossen. Aus seinen Ausführungen ist so viel ersichtlich, daß die Agrarier mit ihm zufrieden fein können. Er ist eurer ter ihren. Arnim ,st vielleicht im Ton etwas sanfter a>S Herr v. PodbielSk,, dessen Schatten manchmal durch die Rede huschle, aber sonst ebenio ein getreuer Schüler der BandeSweisen. Als erster Redner aus dem Haute, daS auf Antrag Singer in die Besprechung der Interpellationen eintral, stieg Herr Gerstenberger auf daS Rednerpult, einer der süddeutschen Redaktionspfarrer deS Zentrums, der einen bäuerlichen Wahlkreis vertritt und infolgedessen so ziemlich mit der Regierung einverstanden ist; d. h. nicht ganz, denn daS könnte einen schlechten Eindruck mache», aber doch so im allgemeinen, vielleicht mit einer kleinen reservatio weutali«. Später wird natürlich ein anderer ZeutrumSmann, vielleicht Herr GieSbertS, für die Oeffnung der Gren en fprechen, wie Herr Gerstenberger dagegen gespiochen hat, womit daS Zentrum genügend salviert und seine historische Ein heitlichkeit gebührend gewahrt sein wird. AuS der Gerstenbergerscheu Rede sind noch die einleitenden Sätze wegen ihrer Spitze gegen Dernburg hei vorzuheben. Gerstenberger meinte, er werde sich hüten, etwa in den Fehler seines Freundes Erzberger zu verfallen, der dem neuen Mann Dernburg von vornherein Anerkennung gezollt habe, was ihm bekanntlich übel bekommen sei. Dann verteidigt sich noch Liebermann v. Sonnen berg in einer persönlichen Bemerkung gegen Scheidemann, dem er Len freundlichen Wunsch auSlpiicht, daß ihm außer halb deS HauseS die Liebermannschen Bauern den Hosenkeil strammzieheu möchten, und dann war Schluß. Die nächsten Tage werden wohl der Fortsetzung der Debatte gehören, wenn nicht die Buvgetkommitsion, auf die wir nachstehend noch besonders zu fprecken kommen, einen Strich durch die Geschäftsordnung gemacht hat. Vie Ablehnung Ser Nackmagreta»; für Zücltverlaftilia. Mit Spannung sah man der gestrigen Sitzung der Budgrt- kommitsion entgegen. Man erwartete Aufklärung über die beschämende Indiskretion, die aus den vertraulichen Be sprechungen der letzten Sitzung heraus an die „Kölnifche Volkszeitung" erfolgt war. Außerdem war angekündigt worden, daß die neueste Erklärung von ultramontaner Seite über einen angeblichen Briefw:ch«el deS Reichskanzlers mit dem Abgeordneten Roeren ihre offizielle Richtigstellung finden werd«. Aber der Verlauf der gestrigen Sitzung, über den wir weiter unten berichten, hat deren Bedeutung auf ein ganz anderes Gebiet gebracht. Es ist zu einer politilch hoch wichtigen Abstimmung gekommen, deren politische Tragweite gar nicht ernst genug eingeschätzt werden kann. Mit großer Mehrbeit wurde der Nachtraasetat abgelebnt, durch den 29 220 000 -6 für Dcutsch-Süvwestafrika gefordert weiden. DaSielb« Schicksal hatten die dazu gestellten An träge und Resolutionen. DaS ist eia Affront, w,e er rück sichtsloser der Regierung gar nicht bereitet weiden tonnte. Man erinnere sich nur, wie eingehend und mit welchem liefen nationalen Ernst die Notwendigkeit der NachiragSforderunge» von Seiten DernburgS und der mili- täritchen Sachverständigen begründet worden ist. Man ver gegenwärtige sich, wa« eine solche Ablehnung bedeutet bei der »och immer vorhandenen Kriegslage m Südwestafrika! Man vergesse vor allem auch nicht, was diese» Verhalte» sür ein Mißtrauensvotum gegenüber dem neuen Kolonial- direktor in sich schließt. Kein Wunder, wenn alsbald die Frage auftauchen wird, ob Dernburg bleibt. Kein Wunder auch, wenn jetzt ernstlich erwogen wird, waS schon in den letzten Tagen als MögliH- keit in manchen Blättern erörtert wurde, ob die Re gierung, wenn eS bei dieser Abstimmung auch im Plenum de« Reichstags bleibt, nickt zu einer Auslösung deS Parlaments schreiten wird. Darüber wird noch ein gehend zri reden sein. - DaS aber muß sich nicht nur jedem Kolonialsreund, sondern jedem nationalen Mann als nächst liegende Em pfindung ausdrängea, daß wir e- hier wieder einmal mrt einer Entfcheieung unserer Volksvertreter zu tun haben, die unS vor dem Ausland iu beichämenver Weise bloß stellt. ES ist ein zum H mmel schreiender Undank gegen Vie Truppen, die m Südwestafrika ihr Blut vergossen haben, wenn man jetzt bei dem Nachtragsetat mit Geld knausert. Es ist ei» beschämender Mangel an nationalem Selbst- b.wußtsein, daß die Oplerfreudigkeit deS deulichen Volkes in dem Augenblick zu versagen droht, wo die letzte Phale der schweren Kämpfe um unseren kolonialen Besitz begonnen hat. Daß eS hier vor allem das Zentrum ist, dem wir Lieke Niederlage nationaler Eure zu verdanken haben, beweist, w e richtig Vie e Partei beurteilt wird, wenn man dort, wo sie in den vergangenen Jabren eine nationale Politik zu zeigen schien, nur parteipolllifche Manöver ver mutete, kirckenpolnifche Handelsgeschäfte. Bei dieser Partei stehl nicht die Ebre des Vaterlandes als oberstes Geietz — sie kennt nur kirchenpoliiiiche Sonderinteressen und engherzige Parieipolltik. Das lehrt diese traurige Abweisung in der Buvgetlommission am gestrigen Tage ausS Neue. lieber den Verlauf der Sitzung selbst wird gemeldet: In der Buvgetkommitsion des ReiaiStageS gab zunächst Semler (natl.) eine Erklärung zu den am Freitag von Erzberger gestellten Anfragen, hinsichtlich deren die Kom- Million Geheimhaltung beschlossen hatte. Hierauf folgte die Weilerberatung des NachlragsetatS. Kolonialdirektor Dern burg erbittet Auikläiung darüber, ob die 4000 Mann, die noch nach dem Anträge Engelrn bis zum 3l. März l907 zurückdeföidert weiden sollen, mit den 4013 Mann ideutiick siud, deren Rückbeförderung nach dem vorliegenden NacktragSetar bis Ende März erfolgen soll, sodaß daun noch 8262 Mann in tem Schutzgebiet sein würden, oder ob darüber bmau« eine Verminderung bis auf 6000 Mann ge fordert werde. Ferner erbittet Dernburg eine nähere Er- tläruug der Worte, raß bis zum 3l. März 1907 Vorberei tungen dazu genossen werden «ollen, die Gesamtstärke der Sckuyiruppe auf 2500 Mann herabrumindern. Spahn (Zei'tr.) erläuiert die Absicht des Antrags. Nackdem schon ein Jahr lang betont worden wäre, daß der Widerstand deS Feindes gebrochen sei, muffe man annehmen, daß nach weiteren drei Monaten mit Hille der diS dabin noch zur Beifügung stehenden starken Tiuppenmackt der Kamps soweit gefördert lei, raff dann 2500 Mann genügten Dernburg wencel sich gegen den Wunsch, die Truppenstärke in Süd- wtslafrika in der vorgeschriebenen Frist auf 2500 Mann zu ermäßigen. Man dürsernckl vergessen, welche Zustände im Schutz gebiet herrschte». An den GrenzsiedelungSgebiclen aus britischem Gebiet befänden sich etwa 3000 übergetretene Hottentotten; im Nordosten noch der Zahl nickt bekannte Herero und ichließlich Ovambo. Demgegenüber sei es unmöglich, sich heute bereits auf eine Truppenzahl von 2500 Mann festm- legen. Auch selbst wenn die Niederwerfung des Aufstandes im Südosten vollständig erfolgt sein würde, sei der Zustand des Landes noch nicht ein solcher, daß man von hier aus entscheiden könne, unter welchen Bedingungen der Gou verneur die Verantwortung für das Leben und die Sicher heit der Farmer und Tiuppen übernehmen lönne. Es werde daraus hingearbeiret. Laß auS den »»gesiedelten ehemaligen Schuytrupplern und -foustgen wehrhaften Ansiedlern eine Miliz geichaffen werde: doch erfordere hier alles Zeit. Er bitte, den Antrag auf Verminderung der Truppenzahl auf 2500 Mann fallen zu lasten. Oberstleutnant Kuhl führt aus, feilens veS Geueralstabes werde es nickt für möglich gehalten, daß man im nächsten Jahr unter allen Umständen mit 2500 Mann auskommen könne. Die Widerstandskraft dec Hottentotten sei nur soweit gebrocken, daß große Operationen und große Schläge voraus sichtlich nicht mehr zu erwarten leien, daß aber der Kleinkrieg noch im Gange fei. Bei der Verminveiung der Schutztruppe auf 2500 Mann Werve der Feind voraussichtlich zum An griffe übergeben. Das würde bedeuten, daß wir den Feld- zugvertören und die Kolonie aufgäben. Als Mindest maß seien bis Ende März 8000 Mann zu bezeichnen. Im weiteren Verlauf der Debatte begründete Eickhoff (Freis. Volkspartei) eine Retolutiou, wonach die Organisation der LandrSpolizei durchaus neu ausgebaut w.roen soll, so daß die Polizei möglichst bald an Stelle der Schutztruppe treten könne. Nach einer weiteren Debatte, in der der Referent Spahn noch einige Erklärungen für den Antrag Eagelen gibt, empfiehlt der Korreferent Paasche die An nahme der Vorlage. Die Diskussion wird geschlossen. Bei der hierauf folgenden Abstimmung wird der Antrag Engelen» statt 29 220000 nur 15 288 000 zu bewilligen, abgelebnt, ebenso der AbänverungSantrag Eickhofs. Darauf wird, wie bereits gemeldet, auch die Regierungsvorlage und schließlich die Resolution Eickhoff abgelehnt. Im Anschluß an diese sachlichen Auseinandersetzungen geben wir noch einen »äderen Bericht über die Behandlung der Affäre Erzberger-Semler. Dr. Semler erklärte, daß er mit Goerne, dem Hamburger Kaufmann, derartige Ber- Handlungen, wie es Erzderger enthüllt, gar nicht gepflogen habe, auch die Deutsche Bank habe mit der Angelegenheit uuhtS ru tun. Be» Goerne scheine eia Mißverständnis vorzulie- gea. Er zberger: Die „Köln. VolkSztg." habe die Affäre nicht allein gebracht, auch die „Magdeburgifche Zeitung", „Weser- Leitung", „Augsburger Abend,eitung", also liberale Blätter, hätten Berichte geb,acht. Wie komme Dr. Semler dazu, die „Kölnische Volkszeitung" als alleinige Ouclle zu bezeichnen. Liberal« Journalisten dätteo da» Vorkommnis sofort nach Schluß der Sitzung auf der Iouraalisterunbüne erzählt. (Diese mußte» ihre KeantuiS «ber doch von einem Abgeord neten haben, da Journalisten den Verhandlungen nickt bei wohnen. D. Red.) Er, Redner, habe dem Berichterstatter der ,Kölnischen Volkszeitung" gesagt, daß der Zwischenfall vertraulich zu behandeln sei. (Die „Kölnische Volks zeitung" hat erklärt, hiervon nichts gewußt zn haben. Die Red.) Der Berichterstatter habe ihm mitgeteilt, daß liberale Journalisten den Vorfall bereits ihren Zeitungen mitgeteilt bälieo. (Die Berliner liberale Presse batte von dem Vorfall nichts gebracht. Die Red.) Er hätte deshalb keine Veranlassung zu sckweigen, seine Pflicht sei, nuumekr den Vorfall auch zu melden. Goerne fei in einem Prozeß als völlig geistig normal erklärt worden: er bade deshalb seinen Mitteilungen wobl Glauben schenken dürfen. Dr. Arendt bedauert die InbiSlretiou, man solle die Korridore freibalten. lGlaubt Dr. Arendt, daß Jour nalisten am Schliisselloche gelau'cht bätten? Halt er eine InciSkretivn von Abgeordneten für völlig ausgeschlossen? Di- Red.) Bebel: Auch die Abgeordneten, die nur Gäste seien, muffen Vertraulichkeit respektieren. Dr. Semler fei geneigt zu fabulieren, er habe eine sehr rege Phantasie. Dr. Semler verwahrt sich gegen dielen Vorwurf. Am Sonnabend früh sei überall die „Kölnische Volkszeitung" als Quelle an gegeben worden. iDie übrigen Meldungen lagen damals noch nicht vor. Dir Red.) Er habe nur Tatsachen angegeben, einen Zentrumsabgeordneten habe er nicht verdächtigt. Er erbebe auch gegen Goerne keine Beschuldigungen, weil er ibn nicht genügend kenne. Goerne bade einen Briefträger beleidigt und miß- bandelt und später behauptet, der Briefträger verfolge ibn. Deshalb habe man feinen Geisteszustand untersucht, von Liebermann er'lärt, seine Partei stehe den Ver öffentlichungen fern. Die Herren der liberalen Parteien sollten die Sache untersuchen. Dr. Semler: Man solle nicht zu okt Geheimhaltung proklamieren, die Oeffentlichkeit habe ein großes Interesse an den Verhandlungen. Dr. Paasche: Kollege Seniler sei ein ernster Manu, der nicht fabuliere, llebertreibungen liegen ihm vollständig fern, von Lieber mann ist gegen die Veröffentlichung der Äommissions- verhandlunaen, man solle die Protokolle abdrucken, dann habe man offizielle Mitteilungen. Damit ist derZwischen- fall erledigt. Die Beratung deS Nachtrazsetats wird in der oben wiedergezebenrn Weise fortgesetzt. --- Berlin, 11. Dezember. (Eigene Drnhtmeldnug.) Reichskanzler Fürst Bülow, der der Jnugfernrvde des neue» Laadwirtschaftsministers von Arnim beiwohnte, war schon früher iw Reichstag erschienen, um mit den Führern der konservativen und nationalliberalcn Partei, sowie des Zentrums, den Abgeorduete» von Richthofeu, Dr. Paasche und Spahn, über die durch die Ablehnung des großen Nack- tragsctats in der Bndgetkommifsion herbeigeführte Lage zu beraten. Es verlautet, daß eine Verständigung nach der Richtung herbcigesührt worden ist. daß von der Negierung eine zustimmende Erklärung über den Inhalt deS in der Budgetkommissiou gestellten, aber abgelehnten freisinnigen Antrags abgegeben werden soll, wonach sich die Regierung verpflichtet, 4000 Mann aus Afrika zurück,uziebcn und die Vorbereitungen für eine möglichst schnelle weitere Zurück ziehung von Truppen zu treffen. Die Regierung hat hierfür eine streite Lesung vorgesehen, so daß dir Verhandlungen also abgeschlossen sind. Der Nachtraasetat wird voraus sichtlich am Donnerstag im Plenum verhandelt und verab- schiedet werden. Die Beratung des zweiten Nachtrags- etats wegen des Neubaues der Kolonialbahn wird vor Weih nachten nur in der Kommission beendet und erst nach dieser Pause im Plenum beraten werden. ver kritische lag in Frankreich. Vor acht Tagen glaubte man, daß der ll. Dezember vorübergeben Werve, ohne vem kirchlichen Leben Frankreichs die kchwersten Wunden zuzusügen. Angesichts der Weigerung verKatboliken.Kuliusoereineiudilven, konnte öffenilicherGottes- dienst, wie es der Papst ja selbst gewünscht balle, nur mebr auf Grunv deS gemeinen Rechtes, in diesem Falle ves Versamm lungsrechtes vom Jahre l88l, stattfinven. Eine Messe wäre alio als öffentliche Versammlung anzutcden unv dem Gesetz- ge mäß vorder bei ver Behörde anzumelcen; außerdem bat die Vcriammlung ein aus drei Personen bestehendes Prä'ivium zu wählen. Um nun Unzuträglichkeiten vorzubeugen, die auf Grunv dieser Bestimmungen leicht batten entstehen können — e- wäre un,weiselbafl nützlich geweren, den Gottesdienst auf vasselde Niveau wie irgend eine Wählerverfammlung zu stellen —, har ber Kultusminister Briand zwei weiter« Ver günstigungen zugelassen. Obwohl der Klerus daS Tren- nungSgeletz abgelehnt bat, batte ihm die Regierung doch ven Vorteil des Artikels 32 dieses Gesetzes zukommeu lassen, wonach die Störung gottesdienstlicher Handlungen mit Bußen von l6 bis 200 Francs und Gefängnis von sechs Tagen bis zu zwei Monaten bestraft wirv. Außerdem hätten die gottesdienstlichen Versammlungen nicht von Fall zu Fall angemelbet werven müssen, sondern eine einzige Anmeldung hätte für ein ganzes Jahr genügt Freilich waren mit diesem wockiis vivoncii die schwerste« Bedenken abgewendet worden. Eme PräsidiumSwahl in der Kirche vor vem Beginn der Messe hätte zwar die heilige Handlung profaniert, aber gleichzeitig den Fluch untilgbarer Lächerlichkeit über diejenige Regierung gebracht, der eine solche Farce zur Last gefallen wäre. In letzter Stunde scheinen alle Ausfichten auf einen er träglichen Zustand nack dem N. Dezember zerstört zu seiu. Die Antwort des Papstes aus alle Koazeisioaen lautet: Den Gottesdienst iu den Kirchen sortsetzen, sich jeder An meldung enthalten I Der Papst will abwarte«, ob die Re gierung den Mut besidt, in die Kirchen «iazndringen und die nicht »«gemeldeten „Versammlungen" aufzulösen, wie etwa eine anarchistische, rn der der Zaren-Mord veiherrlichk wird. Diese Wendung in dem Verbalwn Pms'X. kommt selbst dem französischen Epislopat überrasche»», venu mehrere Krrchenfürsten, so der Kardinal-Erzbischof von Bordeaux unv ber Bischof von Toulouse, hatte» ihrem KleruS schon Wei»
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