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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 08.04.1904
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1904-04-08
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-19040408026
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1904040802
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1904040802
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1904
- Monat1904-04
- Tag1904-04-08
- Monat1904-04
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vezugS-PreiS t» der Hauptexpedition oder deren Ausgabe stellen abgeholt: vierteljährlich ^ll 3.—, bei zweimaliger täglicher Zustellung in» Hau» 3.7b. Durch die Post bezogen für Deutsch- land u. Oesterreich vierteljährlich ^l 4.50, für die übrigen Länder laut ZritungSprei»liste. Redaktion und Expedition: IohanniSgasse 8. Fernsprecher 153 u. 222. Filialexpedttionen. LlfredHahu, Buchhandlg., Universität-str. S (Ferospr. Nr. 4046), L. Lösche, Katharinen- praße 14 (Fernsprecher Rr. 2935, u. König»- platz 7 (Fernsprecher Nr. 7505). Haupt-Filiale Dresden: Marienstraße 34 (Fernsprecher Amt I Nr. 1713). Haupt-Filiale Berlin: LarlDuncker, Herzgl-BayrHofbuchbandlg- Lützowstraße 10(FernjprecherAmtV1 Nr.4603.) Abend-Ausgabe. MMer TaMM Anzeiger. Ämtsklatt des Königlichen Land- und des Königlichen Amtsgerichtes Leipzig, -es Aales und des Volizciamtes der Ltadt Leipzig. Anzeigen-Preis die 6gespaltene Petitzeile 25 Reklamen unter dem Redaktionsstrich (4gesvalteni 7b nach den Famiuennach- richten (6 gespalten) 50 Tabellarischer und Ziffernsay entsprechend höher. — Gebühren für Nachweisungen und Offertenannahme 25 Extra-Beilagen (gesalzt), nur mü der Morgen-Ausgabe, ohne Postbefördcrung 60.—, mit Postbesörderung 70.—. Annahmeschlutz für Anzeigen: Abend-AuSgabe: vormittag» 10 Uhr. Morgen-Ausgabe: nachmittags 4 Uhr. Anzeigen sind stet» an die Expedition zu richten. Die Erpedition ist Wochentag» ununterbrochen geöffnet von früh 8 bis abends 7 Uhr. Druck und Verlag von E. Polz in Leipzig (Inh. vr. B-,R. L W. Lliulhardt). Nr. 178. Freitag den 8. April 1904. 98. Jahrgang. Var Wichtigste vom lagt. * In ciuer Besprechung zwischen dem Vorsitzenden des Staatsniinisleriuins und den Präsidenten der beiden Hammern ist in Aussicht genommen worden, dje gegen wärtige Session des sächsischen Landtages a ni 1t. Mai zu schließen. Der bis dahin zu be wältigende Stofs isl sehr groß. In Bestätigung früherer Mitteilungen über die Aussichten des deutsch-russischen Handels vertrages versichert auch der „Russisch-Deutsche Bote" auf Grund guter Informationen, daß die Getreidesätze im deutschen Tarife keineswegs das Hindernis für die Wetterführung der Verhandlungen bilden. Von deutscher Seite wird wiederholt, daß über die Getreidesätze eine Einigung erzielt worden sei. * Tic Aussichten über das Zustandekommen des Ge setzentwurfes wegen Entschädigung unschuldig Verhafteter sollen im Bundesrate nicht ungünstig beurteilt werden. * Tie Nachricht von der beabsichtigten Errichtung einervävstlichen Nuntiatur in Berlin wird offiziös wieder einmal dementiert. * R e u ß j. L. bereitet ein Landesjesuiten gesetz vor. * In Abbazia findet heute eine Zusammenkunft des österreichischen Ministers des Auswärtigen, des Grafen Goluchowski niit dem italienischen Minister Tittoni statt. * Tas Barcelonaer Attentat auf den König von Spanien wird als harmlos hinzustellen ver sucht. Vie anarchistische Srmgung in Spanien und dar Mental. Tas in Barcelona verübte Attentat anf den König Bisons lenkt natürlich die Aufmerksamkeit auf die anar chistische Bewegung in Spanien. Es gibt kein Land der Erde, selbst Argentinien und Brasilien nicht aus genommen, in dem der Anarchismus zu einer solchen Macht gelangt ist, als gerade in Spanien. Ter Sozialis mus hat in Spanien gar keine Bedeutung, und seine Führer, der Buchdrucker Iglesias und A. G. Onejedo, werden kaum 5000 Menschen hinter sich haben. Alle spanischen Gewerkschaften ohne Aus- nah nie stehen im anarchistischen Lager, sie nennen sich, was sehr charakteristisch ist, „Koeiocknckes cks rokäswnois" (Widerstandsgcsellschaften) und haben in einer Erklärung vom 16. -Oktober 1901 ausgesprochen, daß ihnen das Parlamentale ganz gleichgültig sei, sie kennen weder Tarifgemeinschaften noch Gewerbeschieds gerichte, noch Cinigungsämtcr, noch Pensionskassen für ihre Beamten. Feuilleton. 121 Das Testament des Bankiers. Roman von A. M. Barbour. Nachdruck verboten. „Es scheint wenig glaubwürdig, daß ein Mann, der seine Frau so behandelt, wie Sie behaupten, behandelt worden zu sein, ihr Geschenke von solchem Werte macht." „Für ihn hatte das Geschenk eben nur wenig Wert. Sie haben ja eben vernommen, daß beide Schmuckstücke zu den geringsten der Sammlung gehörten. Außerdem gab es aber auch Zeiten, wo ich fast alles von ihm ver langen konnte -- ja, käst alles, nur nicht die öffentliche Anerkennung der Legitimität unserer Ehe und unseres Sohnes." „Lurch den Verkauf der Juwelen wollten Sie sich Wohl instand setzen, Herrn Hobson zu befriedigen?" „Allerdings." „Und dessen Forderung beruhte auf dem Vertrage, den Sic wenige Stunden vor dem Tode Herrn Main- Warings niit ihm abschlossen?" „Sie warf unmutig den Kopf auf. „Meinetwegen ja. Und da Sie wahrscheinlich auch fragen wollen, welcher Art dieser Vertrag war, will ich Ihnen das gleich sagen. Ick> wußte, daß niein Sohn und ich ebenso uni unser Recht betrogen werden sollten, wie Hugh Mainwaring schon andere betrogen hatte, und ich nahm Herrn Hobson zu nieinem Anwalt, da er Zeuge meiner Verheiratung gewesen war und auch in anderen Angelegenheiten nieinem Manne gedient hatte. Als ich nun gestern morgen den Tod meines Mannes erfuhr, schickte ich natürlich gleich Herrn Hobson den Auftrag, die Der- tretung meiner Rechte in die Hand zu nehmen. Er forderte eine sofortige bedeutende Vorschußzahlung, und daraus ergab sich, was Herr Higgens erzählt hat." „In welcher Weise sollte Ihr Anwalt Ihre Rechte wahrnehmen?" „Das überließ ick, gänzlich seinem Gntdünken." „Bei seinem zweiten Besuche am Abend hatte er einen Schreiber bei sich. Wollen Sie dessen Persönlichkeit naher beschreiben?" „Tas vermag ich leider nicht. Ter Mann Ivar nur In den letzten Wochen hat sich nun manches zu- getragen, das geeignet war, anarchistische Gemüter zu Taten aufzuregen. Aus dem Gefängnis von Ronda haben etwa vierzig Anarchisten eine Erklärung an die Anarchisten losgelassen, in welcher sie behauptet haben, daß sie auf das Scheußlichste gefoltert worden wären, um von ihnen Geständnisse zu erpressen. Die Erklärung der Bartolome, Alfaro, Jose Perez ist in allen Sprachen über setzt worden; auch das deutsche anarchistische Zentralorgan „Ter freie Arbeiter" hat sie mit der fetten Ueberschrift „Die Inquisitionsgreuel in Spanien" in seiner Nummer vom 5.März wiedergegeben. Die angeblichGefoltertensind Arbeiter aus dem Orte Alcala de Valle, die anläßlich eines „Solidaritätsstreiks" eine neue Bezeichnung für Gene ralstreik — auf die Guardia civil (Gendarmerie) gefeuert habe. Die Anarchisten aller Länder hatten nnn beschlossen, durch Kundgebungen für die Gefolterten von Alcala del Valle einzutreten. Auch in Paris, London und Bar celona haben sich besondere Comites gebildet, um „die Canipagne für die Befreiung der Opfer energisch in die Hand zu nehmen". Im „El Producta" sind Artikel gegen die spanischen Minister und den König erschienen, die wir wegen der Zügellosigkeit der Sprache hier nicht wiedcrgcben können. In allen anarchistischen Versamm lungen, in Spanien, in Frankreich, welche die Confödo- ration generale dn travail veranstaltete, in Portugal, in den Meetings in Lissabon. Coimbra, Oporto usw. wurde darauf hingewiescn, daß es der öffentlichen Meinung Europas schon zweimal gelungen sei, „den spanischen Henkern ihre Opfer zu entreißen". Es waren dies die auf Mont juich untcrgebrachten Anarchisten und die Ver urteilten des Mano negra-Prozesses. Ein anderes Mo ment, um die anarchistische Bewegung in den letzten Wochen anzufachen, war das Gelingen einzelner General streiks, so desjenigen der Mine-narbeiter in Bilbao, der Hafenarbeiter in Barcelona. In einer anarchistischen Versammlung in Berlin wiesen die Anarchisten A. Weid ner und Hermann Teistler darauf hin, daß die deutschen Arbeiter sich ein Beispiel an den spanischen nehmen und den Generalstreik als Waffe benutzen möchten. Die spa nische Regicrrng ging mit der Absicht um, ein „Anti streikgesetz" zu erlassen. Die anarchistischen Blätter kündigten für den Fall einen über das ganze Land sich erstreckenden Ausstand an, und das deutsche Anarchisten organ meinte, das fehle nur noch, „um den wackeligen Thron Alfons XIII. gänzlich umzustürzen". Besonders in Katalonien — und hier hauvtsächlich in Barcelona — breitete sich der Anarchismus mächtig aus, die Attentate von Santiago Salvador (schleuderte eine Bombe ins Theater Liceo in Barcelona) und von Paulino Pallas (schleuderte zwei Bomben gegen den General Martinez Campos) bewiesen ja, bis zu welcher Siede hitze der Anarchismus gediehen war, und als unter den Kugeln Angiollilos der spanische Ministerpräsident Canovas fiel, war es jedem klar, daß der spanische Anar- mitgekommen, um bei den stattfindenden Abmachungen als Zeuge zu dienen. Er hielt sich in einem dunklen Teil des Zimmers auf und wurde von mir nicht beachtet." „Der Vertrag wurde also lediglich mündlich ge schlossen?" „Allerdings." Ter Coroner kam nun noch einmal auf die Aussagen der Zeugin zurück, die sie am Tage vorher gemacht hatte, und insbesondere auf den von ihr angegebenen Streit zwischen Mainwaring und seinem Sekretär. Sie hielt ihre Aussage darüber in vollem Umfange aufrecht, wes- halb der Sekretär nochmals aufgerufen wurde. Er trat völlig ruhig und in fester Haltung vor. Ter Coroner fragte: „Welcher Art waren die Be ziehungen zwischen Ihnen und Herrn Mainwaring bis zu dessen Tode?" „Ganz so, wie sie gewöhnlich zwischen Prinzipal und Angestellten bestehen. Ich habe mich streng an dieses Verhältnis gehalten und niemals die mir gesetzten Schranken überschritten, obgleich Herr Mainwaring mir mehr Rücksichten schenkte, als anderen, und ich dies hätte ausnützen können." „Es hat also niemals zwischen Herrn Mainwaring und Ihnen irgend eine Uneinigkeit oder eine erregte Scene stattgefunden?" „Niemals." „War Ihre letzte Unterredung mit ihm auch freund licher. Art?" „In jeder Weise." „Wie vereinigt sich nun das aber mit der Aussage von Frau La Grange, die behauptet, in der Todcsnacht eine», heftigen Wortwechsel zwischen Ihnen und Herrn Main waring gehört zu haben?" „Darauf kann ich nur erklären, daß ich diese Behaup tung auf das entschiedenste als unwahr bezeichne." „Das heißt also. Sie wollen die Aussaae der Zeugin als durchaus aus der Luft gegriffen bezeichnen?" „Tas gerade nicht. Es kann ja ein so zorniges Ge spräch, wie die Zeugin augibt, stattgefunden haben, aber ich bestreite, daß sie meine Stimme gehört hat, und daß ich zu jener Zeit oder zu irgend einer anderen, die sich über ungefähr zwanzig Minuten nach zwölf erstreckt, in der Bibliothek gewesen bin." „War das die Zeit, zu welcher Sie sich auf Ihr > Zimmer begaben?" chismus trotz der zahlreichen Verurteilungen an Aus- dehnung gewonnen hatte. Die Zahl der anarchistischen Zeitungen Spaniens steht nicht genau fest, einzelne Blätter er scheinen nur etliche Wochen, sie werden nur für einen be stimmten Zweck herausgegeben, so z. B. der „La Huslge General" (Generalstreik). Aber 15 bis 18 anarchistische Zeitungen erscheinen sicherlich in Spanien und den haupt sächlich von Spaniern bewohnten Teilen Südamerikas. Der Hauptagitator unter den spanischen Anarchisten ist der Genosse Bonafuldo; eine noch größere Popularität besaß die „Genossin" Teresa Clarameut, die im elegan testen Spanisch unausgesetzt für die „Revolution social" schriftstellerisch tätig war. Die alte Erfahrung, daß gerade die Frauen in der anarchistisch-revolutionären Be wegung tätig sind, trifft auch auf Spanien zu. Was für Frankreich seinerzeit Luise Michel, für Rußland Sofia Peroskawja, für die Vereinigten Staaten vielleicht Emma Goldmann war, das ist für die spanischen Anarchisten in viel höherem Sinne Teresa Clarameut. Sie soll namentlich durch die Schriften von Johann Most für die anarchistische Sache gewonnen worden sein. Tatsache ist, daß bei Haussuchungen in Barcelona Stöße der Schriften deL ehemaligen sozialdemokratischen Abge- ordneten für Chemnitz und Hauptredakteurs des Berliner sozialdemokratischen Blattes zu Tage gefördert wurden. Von den spanischen Gewerkschaften, die, wie bemerkt, sämtlich im anarchistischen Lager stehen, ist die be deutendste diejenige des Metallarbeiterverbandes, sie er streckt sich über ganz Spanien und hat ihre Zentralleitung in Barcelona. (Osrttro rnkttallui-Fieo, Oorrso Viejo 5.) Neben ihr kommt die Föderation der Maurer in Betracht, sie blickt erst am 15. Oktober auf ihr viertes Lebensjahr zurück und zählt trotzdem schon 65 000 Mitglieder. In diesen spanischen Gewerkschaftsaufrnfen wird das Tollste an Verhetzungen geleistet. Auf einem Kongreß der anarchistischen Gewerkschaften am 16. Oktober 1901 ist ausdrücklich betont worden, daß die Zeit zur „Entflam- mung der revolutionären Energie" immer näher heran rücke. Daß der junge König von Spanien großen Mut gezeigt hat, als er nach dem Hauptherd des Anarchismus, nach Barcelona gegangen, ist klar. Es wird ungeheuer viel Energie notwendig sein, um dem gerade in Spanien so ins Kraut geschossenen Anarchismus mit Umsicht ent- qegenzutreten; geschieht dies nicht, dann wird des schöne Land noch viel unter den revolutionären Zuckungen zu leiden haben. Darauf mußte man gefaßt sein, daß der Versuch ge macht werden würde, auch das jüngste Attentat als einen harmlosen Zufall hinzustellen, wie es in der folgenden Meldung geschieht: * Madrid, 7. April. („Agence Havas".) Zu dem gestrigen Vorfälle in Barcelona wird noch gemeldet, daß die Petarde um 9 Uhr abends in der Rambla de Centro platzte. Sie war vor das Portal des Hauses 19 gelegt „Ziemlich genau, da mein Gespräch mit Herrn Main- Waring nicht länger als zehn Minuten gedauert hat." „Um welche Zeit legten Sie sich zu Bett?" „Ich war in jener Nacht noch sehr lange auf. Mein Kopf war mit persönlichen Angelegenheiten so beschäftigt, daß ich keine Müdigkeit verspürte. Ich steckte mir eine Cigarre an und vertiefte mich derart in meine Gedanken, daß ich nicht merkte, wie die Zeit verging. Erst ein Ge räusch auf dem Hofe, wie von leisen Fußtritten her rührend, entriß mich meinem Sinnen. Ich sah nach der Uhr und war erstaunt, daß sie fast drei zeigte. Da warf ich mich, wie ich war, auf das Sofa, schlief ein und erwachte erst durch den am Morgen mich aufschreckenden Lärm vor meiner Türe." Es folgten nun noch einige Fragen, deren Beantwor tung vollständig mit früheren Aussagen übereinstimmte, und die Vernehmung ging nunmehr auf die Verwandten des Hauses über. Das Zeugnis Ralph Mainwarings und seines Sohnes bot nichts Erwähnenswertes, und Herr Thornton machte nur Angaben über sein zufälliges Zusammentreffen mit Hobson und über dessen Ruf. Es blieb jetzt nur noch der weibliche Teil der Verwandtschaft übrig und der Coroner sagte: „Obgleich kaum zu erwarten steht, daß die Damen imstande sein werden, irgend eine Auskunft zu erteilen, die mehr Licht in die Sache bringt, muß ich doch der Form genügen und auch sie vernehmen." Tie Damen folgten nun schnell hintereinander. Keine wußte etwas, nur Fräulein Carleton, die die Reihe be schloß, machte eine Ausnahme. Sie erzählte: „Es war beinahe elf Uhr, als ich in Gesellschaft meiner Cousine Thornton mein Zimmer betrat. Wir waren beide noch nicht müde und wollten miteinander noch etwas plaudern. Meine Cousine verließ mich erst, als wir hörten, daß Herr Skott, der mein Zimmernach bar ist, seine Stube betrat. Ta blickten wir auf die Uhr und sahen, daß es schon etwas über ^1 Uhr war." „Haben Sie bemerkt, gnädiges Fräulein, ob Herr Skott in der nächsten kalben Stunde sein Zimmer wieder verließ?" „Ich weiß genau, daß er sein Zimmer, solange ich auf war, nicht mehr verlassen hat; ich legte mich erst wenige Minuten vor ein Uhr zu Bett. Bis dahin und auch und richtete nur im Innern des Hauses Schaden an. Der Vorfall hatkeineBedeutung. Um ein Atten tat handelte es sich nicht. Die Person, die die Petarde ge legt hatte, bezweckte nur, Unruhe hervorzurufen. Richtig ist indessen, daß zwei Personen leicht verletzt wurden; eine Person wurde verhaftet. Der „Correspondencia Espcuua" zufolge war die Petarde mit einer Dynamit enthaltenden Röhre versehen. Der Mttland der Derer». Die Nachrichten aus Teutschsüdwestafrika fließen seit Beginn des Hercro-AufstandeS nur sehr spärlich. Zum Teil ist dies gewiß daraus zurückzuiühren, daß die Beförderung von Telegrammen aus dem Innern nach der Küste mit vielen und großen Schwierigkeiten verbunden ist, weil die Wege schwer zu passieren sind oder Boten abgefangen werden. Zum Teil ist die Nachrichtendürre aber auch darin begründet, daß das halbamtliche Wölfische Bureau keinen direkten Dienst mit unfern Kolonien unterhält. Letztere gehören zum Bereich deS Reuterschen Kabelnetzes. Hier wird einmal praktisch die Notwendigkeit bewiesen, die sich hieraus ergebenden Schwierigkeiten zu beseitigen, denn daS deutsche Volk, da» seine Söhne und sein Geld dem Amblühen der Kolonien opfert, hat ein gutes Recht darauf, zu erfabren, was dort vorgeht, zumal in einer so bewegten Zeit wie jetzt. Was besonders vermißt wird, sind Nachrichten über die Aus dehnung des Aufstandes, über die man doch kaum im Unklaren ist. Abgesehen von dem einen Angriff, den am 2. Februar Ovambos des Kapitäns Necbale auf den Polizeiposten Amatoni unternahmen — der Angriff wurde damals mit einem Verlust von 60 Toten auf Seite der Ovambos abge schlagen —, ist bisher keine Kunde hierher gelangt, daß sich die Ovambos auf die Seite der Herero geschlagen hatten. An Bemühungen, die Ovambos zu sich herüberzuziehen, haben es die Herero nicht fehlen lassen. Dafür spricht folgender vom 1. Februar datierter Brief, den die „Deutlch-südwest- afrik. Zig." in ihrer Nummer vom 29. Februar über die Lage im Bezirk Outjo veröffentlicht: Soeben trifft rin Brief von einem Missionar au» dem Ovambo- lande an den hiesige» Bezirksamtmanu ei» mit der warnenden Mitteilung, daß von den Herero zu allen Ovambo- stämmen Boten gekommen seien mit der Aufforderung an die Häuptlinge, sich am Kriege gegen die Deutschen zu betei ligen. Gleichzeitig wird gemeldet, daß die F r a n z f o n t ein er Hottentotten mit den Herero zusammen im Anmarsch auf Outjo seien. Auf diese Nachricht hin eilte Haupt mann Kliefoth, der inzwischen am Etanenoberge ein heftiges Gefecht gegen ca. 400 Herero hatte, bet dem rr selbst durch einen Schuß im Oberarm verwundet wurde, nach Outjo zurück. Hier hatte sich inzwischen die Nachricht von der feindlichen Haltung der Franzfonteiner Hottentotten als falsch herausgestellt. Dieselben stehen nach wie vor auf unserer Seite nnd haben den Herero sogar eine Herde geraubten Viehes wieder abgenommen. Die weißen Bewohner von Franzfontein haben sich dort wieder eingefunden, da ein Angriff auf den Platz bisher nicht erfolgt und jetzt auch kaum mehr zu erwarten ist. Etwa am 12. ds. Mts. hörte ich auf der Reise von Outjo über Soris-Soris nach Swakopmund in der Richtung auf Etaneno Kanonendonner. Die Lage in Outjo kann als durch- aus sicher bezeichnet werden, wenn nicht von selten der Ovambo» Gefahr droht. - Es wird in der Bevölkerung mit Dank anerkannt, daß Hauptmann Kliefoth es als seine Hauptaufgabe betrachtet, den später, solange ick, noch wach war, hörte ich ihn ununter brochen in seinem Zimmer auf und ab gehen." Diese Aussage wandte die Stimmung sehr zu Gunsten des Sekretärs. Viele freundliche Blicke wurden ihm zu- geworfen, er beachtete sie aber nicht. Alle Versammelten hielten nunmehr die Verhandlung für beendet. Dock der Coroner machte Herrn Whitney ein Zeichen, und zur größten Ueberraschung aller erschien der Portier mit eurem großen, hageren Mann, aus dessen leichenhaft fahlen, Gesicht ein paar kleine, dunkle Augen unruhig umherspähten, während er mit kriechendem Wesen zum Tisch vorschritt. „<sie sind Herr Richard Hobson?" fragte der Coroner. „Zu Ihren Diensten, Herr", antwortete der Mann mit gleisnerischem Lächeln und sanfter, einschmeichelnder Stimme. „Wenn mir recht berichtet wurde, sind Sie mit dem verstorbenen Herrn Hugh Mainwaring einigermaßen be- könnt gewesen. Ist das so?" „Nun ja, so einigermaßen", wiederholte der Zeuge mit Betonung des von dem Coroner gebrauchten Wortes. „Ich dürste vielleicht sogar ohne Ueberhebung behaupten können, daß ich mit dem ehrenwerten Herrn besser bekannt gewesen bin, wie irgend jemand in diesem Lande." „Wie lange sahen Sie Herrn Mainwaring nicht mehr?" „Ich habe ihn volle dreiundzwanzig Jahre nicht mehr besucht." „Sie haben aber in dieser Zeit mit ihm korrespon diert?" Ter Zeuge zeigte nicht die mindeste Ueberraschung „O ja. Wir wechselten einige Briefe, solange ich noch in England war. Seit ich aber hier lebe, schrieb ich ihm nicht mehr." „Sie sagten. Sic hätten Herrn Mainwaring dreiund- zwanzig Jahre nicht besucht, das soll wohl soviel heißen, daß Sie ihn in dieser Zeit nicht gesprochen, wohl aber inzwischen gesehen haben. Ich frage nun also: Wann sahen Sie ihn zuletzt?" „Soviel ich mich entsinne, innerhalb der lebten zwei oder drei Wochen einigemale auf der Straße." „Hat Herr Mainwaring Sie auch gesehen?" „Wenn er das tat. so hat er mich wohl nicht erkannt." „Hier im Hause begegneten Sie ihm nicht?"
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