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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 12.04.1904
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1904-04-12
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-19040412011
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1904041201
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1904041201
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1904
- Monat1904-04
- Tag1904-04-12
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Anzeigen-Preis die 6gespaltene Petitzeile 28 Reklamen nut« dem RedakttonSflrich (4gespaUen> 7K nach den Familiennach- richten lügrspaltent KO Tabellarischer und Ziffernsatz entsprechend höher. — Gebühren für Nachweisungen und Offertenannahmr 2Ü Ertra-Vetl»gen «gesalzt), nur mit der Morgen-Ausgabe, ohne Postbrförderung ^4 60.—. mit Postdesörderung X 7tX—. Annahmeschlutz für Nnzetgea: Abend-Ausgabe, vormittag« lO Uhr. Morgen-Ausgabe: nachmittag« 4 Uhr. Anzeigen stuv stet« au die Expedition zu richten. Die Expedition ist wochentags ununterbrochen geöffnet von früh 8 bis abends 7 Uhr. Druck und Verlag von 8- Polt in Leipzig (Inh. l)r. B.. R. L W. KltnthardtX Jahrgang. Nr. M. Dienstag den 12. April 1904. Var Mchtigrte vom Lage. * Dem Gefechte beiOganjira dürfte eine entscheidende Bedeutung beizumessen sein. Man hält die Hauptwiderstandskraft der Herero für ge brochen. * Der sozialdemokratische Parteitag wird diesmal in unmittelbarem Anschlüsse an den inter nationalen Sozialistenkongreß in Amsterdam vom 21. bis 27. August in Bremen abgehalten werden. * Die wasserwirtschaftlichen Vorlagen sind gestern dem preußischen Abgeordnetenhause zu gegangen und werden heute verteilt werden. Es sind noch einige Abänderungsvorschläge durch die Landtage der beiden beteiligten Provinzen gemacht, zu denen die preußische Staatsregierung noch endgültig Stellung nehmen muß. * Ein Bund derHandwerker ist am Sonntag in Berlin gegründet worden. * Der Beuthener Polenprozeß soll durch das persönliche Eingreifen des Fürstbischofs Kopp als endgültig beendet gelten. Es werden sich weder Belei- digungs-, noch Falscheidsprozesse anschließen. * Die Rede des Ministerpräsidenten Co mb es in Laon findet den ungeteilten Beifall der gesamten republi- konischen Presse. Man erwartet von ihr eine günstige Wirkung auf die Munizipalwahlen. * Nach neuesten Meldungen ist der Rückzug der Russen über den Jalu nicht freiwillig erfolgt. „kisacieren wir «««?" „Effacieren wir uns!" so riet König Friedrich Wilhelm der Vierte — lang, lang ist's her — dem Ge sandten von Bunsen. Das Wort klingt dem Deutschen nicht eben angenehm in das durch klingende Phrasen verwöhnte Ohr, indessen läßt sich nicht verkennen, daß es bisweilen sehr diplomatisch sein kann, sich bescheiden im Hintergründe zn halten, und daß gerade diejenigen Aktionen der auswärtigen Politik den sichersten Erfolg verheißen, die im Dunkel und in der Stille vorbereitet werden. Die Mahnung hat also ihren taktischen Wert; eine andere Beurteilung mutz sie erfahren, wenn sie pro grammatische Bedeutung für die Gesamthaltung einer Nation beansprucht. Ein Volk darf sich nicht „effacieren", es muß dem Dichterwort folgen: „Brave freuen sich derTat I", Es muß feine nationale Persönlichkeit betonen, sie durch setzen um jeden Preis. Wohl können nach verheerenden, erschöpfenden Kriegen, nach zerrüttenden inneren Wirren ^erwden cintreten, die der Genesung, der Erstarkung gewidmet sind, und in ihnen wird kluge Vorsicht und takt volle Zurückhaltung geboten sein; ist aber die Gesundung vollendet dann fordert der nationale Organismus ganz wie der des Individuums energische Betätigung, die Sprache wird kühn, die Haltung entschlossen, das Handeln kraftvoll, und wenn ein besonnenes Volk auch nicht lär mend rufen wird: „Oktroyieren wir uns!", so wird doch jeder der guten Freunde und getreuen Nachbarn empfinden, daß es mit berechtigtem Selbstbewußtsein seinen Platz an der Sonne fordert. Wir greifen geflissentlich auf das vielcitierte Wort des Grafen Bülow zurück, weil es uns einst, als er es sprach, gemundet hat wie ein Schluck edlen Weines von den be sonnten Ufern des Vaters Rhein. Wir greifen darauf zurück, weil uns in den letzten Jahren aus der Hand des Kanzlers manch latwergenbitteres Tränklein kredenzt wurde, weil Leben und Lehre, Praxis und Theorie, Wort und Tat einander so selten kongruent oder auch nur ähn lich «raren. Nicht ohne Redepomp wurde verkündet, daß wir Weltpolitik treiben müßten und wollten; das stolze Wort „6ivis germonus sum" hallte über den Bereich dec civilisierten Erde; mit gepanzerter Faust drohten wir, unsere Rechte zu wahren: das war die Lehre, die Theorie, das Wort. Indessen gingen die Dinge ihren Gang und überall standen wir, um noch weiter im diplomatischen Jargon zu sprechen, „desinteressiert", uneigennützig, friedliebend, tatlos daneben. Alle, auch die wichtigsten Ereignisse waren unS „Hekuba", wir legten überall die Flöte nieder, wir gaben in allen fünf Erdteilen Beweise von wahrhaft rührender Bescheidenheit. Amerika entrollt das Banner der Monroedoktrin . . . aber bitte! wir haben gar nichts dagegen einzuwenden. England zer stampft die Boerenstaaten ... ja, mein Gott, das ist das Recht der höheren Kultur; was gchl's uns an, wenn Afrika vom Kap bis Kairo englisch wird? Die Liqui dation der türkischen Masse steht bevor . . . wir ver zichten großmütig auf jede Erbschaft. Japan und Ruß land liegen sich in den Haaren .... beides nette Leute, uns laßt's aus! Angesichts einer solchen Politik sind wir gespannt, mit welchen Gründen Graf Bülow die bevor stehende Flottcnvorlage verteidigen wird. Denn Indiffe renz, Ratlosigkeit, Ohnmacht: das war das Leben, die Praxis, die Tat. Diele Bemerkungen drängen sich uns anläßlich des rnglisch - französischen Kolonialabkom mens auf. Einst glaubte man, in einer Republick sei eine verläßliche und erfolgreiche auswärtige Politik nicht möglich; Frantreich hat den Gegenbeweis erbracht. Delcassü. der kleine, be brillte, fast japanisch ausschauende Schlaukerl, hat seinen Namen in die Annalen seines Landes eingezeichnet. Die „moralische Kontrolle", die England dem „Erbfeind" zu- gebilligt hat, bedeutet die Suzeränität Frankreichs über Marokko, über ein Land von unerschöpflichem, natürlichem Reich tum, fruchtbarstem Ackerboden und fast noch unbe rührtem mineralischen Gehalt. Der Erfolg der Eng länder ist ganz und gar „impondabel", aber wir dürfen unseren ebenso geschäftsklugen wie zärtlichen Verwandten jenseits deS Kanals ohne nähere Prüfung zutrauen, daß sie ihre guten Gründe haben, mit dem Geschäft zufrieden zu sein. Das Entgegenkommen der Eng länder ist der fichereBeweiS dafür, daß England sich planmäßig auf die große Abrechnung mit Rußland vorbereitet. Niemals würden die nüchtern rechnenden Politiker die festgeschlossene Hand zu so reicher Gabe öffnen, läge ihnen nicht alles daran, den Russen in Frankreich den Boden obzugraben. Wir betrachten den Vorgang als ein sehr ernstes Symptom für die euro päische Lage und glauben, daß diejenigen Beur teiler, die in dem Abkommen eine Bekräftigung der Friedcnstendenz erblicken, an der Form haften und nicht bis zum Kern des Ereignisses dringen. Doch dies neben bei; der Gedanke bedarf einer ausführlicheren Darlegung, und diese würde uns von unserem heutigen Thema ab lenken. Heute nur die eine Frage: Wie wurden Deutschlands Interessen bei diesem Abkommen gewahrt? Sind wir auf den guten Willen Frankreichs angewiesen? Die Ant wort erteilt die bekanntlich in solchen Dingen stets aus erster Quelle unterrichtete „Kölnische Zeitung". Sie schreibt, es sei „anzunehmen, daß man auch hier den Grundsatz der offenen Tür zur Geltung gebracht habe". O herliches Resultat unserer Weltpolitik: Frankreich erhält Marokko, England Aegypten und das Volk der Dichter und Denker, das Bismarck emporgerüttelt hate und das jetzt wieder ein genickt scheint, erhält die offene Tür! Die offene Tür, aus der du herausfliegen wirst, lieber Michel! Der Handel folgt der politischen Macht, und die Franzosen lieben uns trotz all der Süßigkeiten, die wir Marianne in den letzten Jahren zugesteckt haben, nicht so zärtlich, daß sie nicht alles tun sollten, um einen unbequemen Konkurrenten zu exmittieren. Für sie ist auch der Frei handel nicht, wie für den Engländer, eine ehrwürdige nationale Tradition, und sie besitzen auch nicht den kauf männischen Hochmut der Briten, der bis vor kurzem alle insularen Produkte für unübertrefflich hielt und uns die Expansion so sehr erleichterte. Es würde interessant sein, jetzt alle Firmen, die nach Marokko exportieren, zu einer Aeutzerung aufzufordern; wahrscheinlich würde eitel Heulen und Zähneklappern das Ergebnis sein. Die „Köln. Zeitung" aber ist, wie das neuerdings üblich, un- geheuer optimistisch. „Wenn der Grundsatz der offenen Tür gewissenhaft eingehalten werde, so könne die neue Lage der Dinge dem deutschen Handel nur zum Nutzen ge reichen." Ja, wenn dieses „Wenn" zuträfe, dann wäre aus dem offiziösen Häckerling Gold gemacht; bis dahin bleibt es aber leider Häckerling. Das Thema kennen wir seit Jahren. Das Bibelwort: „Denen, die Gott lieben, müssen alle Dinge zum Besten dienen", ist ins Profane und Politische übersetzt worden. Der Zweibund z. B. war nur zu Deutschlands Nutz und Frommen da; wäre er nicht begründet worden, so hätte ihn die deutsche Regie rung in ihrem eigensten Interesse anregen müssen. Jetzt, wo Englands Diplomatie eine Bresche in ihn gerissen hat, sind wir nicht minder beglückt: seine Tendenz war ja aller dings eine durchaus friedliche, und das „System der Gegengewichte", die Bülowsche Spezial-Theorie, ist er schüttert, aber es ist doch besser so. Es ist ein schönes Ding, stets ruhigen Mutes zu sein, aber Johann, der muntere Seifensieder, darf nicht unser Vorbild auf dem Gebiet der hohen Politik werden. Es ist ein schönes Ding, stets Mäßigung zu bewahren, aber wir wollen nicht poli tische Temperenzler und vor allem nicht Abstinenzler wer den. Wir wollen nicht rufen „Deutschland in der Welt vor an!" weil dieses stolze Wort doch zu wenig berechtigt ist; es flattert zwar wie ein buntes Banner, aber das Banner ist nicht in den granitenen Grund der Tatsachen eingerammt. Wir wollen nur das eine: daß der heute höchst unzeit gemäße Rat Friedrich Wilhelms, „Effacieren wir uns!" in unserer auswärtigen Politik nicht wieder zu schlimmer Ehre gelange. 6. Der RusztanO aer Herero. Da» Gefecht von Gganjlra. In raschem Tempo folgen sich augenblicklich die Nachrichten von neuen Kämpfen und damit leider auch von neuen Ver lusten in Deutscy-Südwestafrika. Nachdem erst am Sonntag die Meldung von einem ernsten Gefecht mit den Herero bei Okaharui zu verzeichnen war, liegt heute schon wieder ein Telegramm von einem größeren Kampfe vor, das unsere vor einigen Tagen geäußerte Vermutung, daß die nächsten Gefechte zwischen Okabandja und den östlich davon gelegenen Onjali- Bergen stattfinden würden, bestätigt. Danach hat Gouverneur Leutwein am Sonnabend mit der vereinigten Hauptabteilung (Dürr) und der Westabteilung (Estorfs) die Hauptmacht des Feindes, etwa 3000 Ge wehre, bei Oganjira angegriffen. Die Herero befanden sich in starker, kreisförmiger Höhenstellung mit der Front nach Nordwesten. Zuerst wurde der feindliche linke Flügel umfaßt und zurückgeworfen, sodann die Mitte und der rechte Flügel angegriffen und zwei energische Gegenstöße des Letzteren gegen unseren linken Flügel abgewiesen. Mit Einbruch der Dunkelheit wurde nach acht stündigem Gefecht die feindliche Stellung durch brochen. Der Gegner ist nach allen Seiten, mit den Hauptkräften anscheinend in nordöstlicher und östlicher Rich tung, zurückgegangen. Die Verluste deS Feindes sind noch nicht festgestellt, aber dank guter Artilleriewirkung schwer. Von der Ostabteilung (Glasenapp) nichts neues. Leider sind auch wieder empfindliche, wenn auch numerisch nicht besonders starke Verluste zu verzeichnen. Gefallen sind: Oberleutnant Otto v. Estorfs aus Veerßen bei Uelzen (nicht zu verwechseln mit dem Führer der Westabteilung Major v. Estorfs), Leutnant vr. Burkard Frhr. v. Erffa aus Werneburg, Kreis Pößneck, Gefreiter Kowl der 3. Batterie aus Äagenow, Kreis Kolchin, Gefreiter Heinrich Schroll der 4. Feldkompagnie aus Kaulbach bei Homburg-Hessen. Schwer verwundet: Leutnant Richard v. Rosenberg aus Cassel der 1. Feldkompagnie, früher Franz-Regiment, Schuß in den Oberkiefer, Sergeant Gustav Liedtke der 4. Feldkompagnie aus Langen, Kreis Bartenstein, Schuß in den rechten Ellen bogen, Gefreiter Otto LucaS der 4. Feldkompagnie aus Alt-LandSberg bei Berlin, Schuß durch beide Beine, Reiter Heinrich Müller der 4. Feldkompagnie aus Großburgwedel bei Hannover, Schuß in den rechten Unterarm, Sergeant Wieland der 1. Feldkompagnie au- Büchenbronn, Kreis Pforzheim, Brustschuß links, Kriegsfreiwilliger ». Blaue der 1. Feldkompagnie au- Berlin. Schuß durch den linken Unterschenkel. Leicht verwundet: Feldwebel Schladitz der 1. Feldkompagnie aus Guerznow, Kreis Liffa, rechter Zeigefinger abgeschossen, Reiter Kube der 1. Feldkompagnie aus MiloSlowa, Kreis Birnbaum, Streifschuß am rechten Unterschenkel, Gefreiter Warnke der 1. Feldkompagnie aus Tichentin, Kreis Ludwigslust, Verlust zweier Finger der linken Hand durch einen Sctmß, Gefreiter Georg Rüger der 1. Feldkompagnie aus Berlin, Streifschuß am rechten Ober schenkel, Gefreitdr Emil Effort der 1. Feldkompagnie au- Schönlanke, Kreis Czarnikau, Streifschuß am rechten Unterarm. Die Leistung der Truppe verdient um so mehr die höchste Anerkennung, als es sich um einen Kampf gegen eine fast vierfache Uebermacht handelte. Den 3000 Mann Herero konnte Gouverneur Leutwein nur 8K2 Mann mit 39 Offi zieren, 12 Geschütze und 6 Maschinengewehre entgegen setzen. Zudem befanden sich die Herero in einer außerordentlich günstigen kreisförmigen Verteidigungsstel lung. Da übrigens die starke Stellung des Feindes durch brochen und dieser nach allen Seiten zurückgegangen ist, so darf man dem Gefecht wohl eine entscheidende Bedeutung beilegen, obwohl die einzelnen zersprengten Haufen unfern Truppen noch immer genug zu schaffen machen werden. Anzuerkennen ist die Schnelligkeit, mit der diesmal die namentliche Verlustliste veröffentlicht worden ist, was nicht immer geschehen. So z. B. war die Verlustliste aus dem am 2. April gegen die Herero stattgefundenen Ge fecht bei Olaharui erst 12 Stunden, nachdem sie durch ein Berliner Lokalblatt gebracht worden war, veröffentlicht worden. Die „Nordd. Allg. Ztg." erfährt hierzu, daß es an amtlicher Stelle für anHezeigt gehalten wird, die Verlustlisten nicht eher zu veröffentlichen, als Feuilleton. Theater. Leipziger Schauspielhaus. Gastspiel Felix Schweighoser. Dos zweite Gastspiel Schweighofers brachte für Leipzig zugleich eine Premiere, den vieraktigen Schwank „Der Detektiv" von dem ehemaligen Leipziger Oberregisseur, jetzt in Wien tätigen, Ernst Gettke und von dem bekannten Librettisten Viktor L6on. Schon mit der Bezeichnung „Schwank" geben die Autoren zu erkennen, daß sie für ihre Arbeit keinen An- spruch auf literarischen Wert erheben. Sie haben eines jener tollen Verwechselungsstücke geschrieben, die in der Hauptsache eine Gymnastik für die Lachmuskeln der Zu schauer bedeuten und die unser Zwerchfell weit mehr beschäftigen als Verstand und Gefühl. Aber auch unter dieser Sorte dramatischer Produkte nimmt „Der Detektiv" noch eine Sonderstellung ein. Er ist bühnen- technisch außerordentlich geschickt zugerichtet, und der Dialog bietet in seiner prägnanten Knappheit eine solche Fülle von komischen Wirkungen, daß das Spiel von Len Lachsalven aus dem Zuschauerraume des öfteren unter- krochen wird. Wer also einmal ganz gehörig lachen will, der sehe sich den „Detektiv" an. Die Handlung des Stückes mit all ihren Verwickelungen zu erzählen, das hieße eine Broschüre schreiben. Sic ist kurz die. Otto Merwinger, ein Brünner Tuchfabrikant, langweilt sich an der Seite seiner Provinziell-tugendsam-langweiligen böseren Hälfte. Aber er langweilt sich nicht allein, weil seine Gattin viel mehr Lantippe als Aphrodite oder Psyche ist, sondern weil er selbst von Hause aus ein Nichtsnutz ist. Allerdings ein liebenswürdiger, einer von jener Sorte, denen die Frauen selbst die gröbsten Schläge über die Stränge hinaus verzeihen. Mehrere Frauen verzeihen ja so gern, sie fühlen sich nie größer äls in jenen Augenblicken, in denen sie verzeihen können, und so richtet sich denn auch Frau Anna Merwinger höher auf, als sie dem ungetreuen Gatten seine Sünden vergibt. Allerdings kommt bei ihr diese Aufrichtung erst, nachdem sie selbst recht herzlich klein geworden war. Otto Merwinger hat nämlich in Wien seine kleine „Mausi" sitzen, eine ehemalige Kontoristin aus seinem Geschäft, bei der er eine phänomenale Stimme entdeckt haben und die er auf seine und einiger Freunde Kosten ausbildcn lassen will. Er selbst ist beauftragt, den Lebenswandel der Kunstnovize auf seinen moralischen Wert hin zu überwachen. So sagt er seiner Frau. Seine Reisen, die er öfters nach Wien macht, verlieren dadurch das Auffällige. Aber er ist nun einmal ein Menschenkenner. Er traut der Weiblichkeit nur so lange er sie sieht, und so muß ihm denn ein Detektiv darüber berichten, ob seine Mausi ihm, ihrem Bubili, treu ist oder nicht. Einen Brief des Detektivs sängt die Gattin Merwingers auf und reist daraufhin mit ihren beiden Töchtern dem Ungetreuen nach, der gerade wieder in Wien weilt. Nun geht also die Verwechselung los. Frau Merwinger hat, wie man zu sagen pflegt, Bewegung in die Brigade gebracht. Eine Anzahl von Detektivs wird durcheinander gejagt, Frauen lassen ihre Männer. Männer ihre Frauen überwachen. Die Verwickelungen und spießbürgerlicher Skandal werden groß, bis dann zuletzt alle sich versöhnt in die Arme sinken, und Frau Merwinger ihre beiden Töchter an mehr oder weniger annehmbare Schwiegersöhne losgeworden ist. Die Aufführung ging sehr flott und hat einen ganz außerordentlichen Lacherfolg erzielt. Es wurde in einem so frischen und lebendigen Tempo gespielt, wie man es gern öfters sehen möchte. Sämtliche Mit wirkenden waren auffallend agil, es scheint, daß Herr Scbweiahofer ermunternd und vorbildlich auf seine aus nahmslos jüngeren Kollegen gewirkt hat. Er selbst war von einer außerordentlichen Beweglichkeit und wußte seine Partner wie die Zuschauer in gleichem Ma>,c mit sich fortzureißen. Seine Leistung als solche war wieder glänzend, aber, auf ihren inneren Wert ab gewogen, bleibt sie hinter der seines ersten Debüts als Anerl im „Nullerl" weit zurück. Hier war er Künstler, im „Detektiv" war er nur Komiker. Komiker in der Auffassung, in den Allüren und selbst bis in die letzte Kleinigkeit der Maske hinein. Das schadete jedoch der Gesamtwirkung als solcher nicht, zumal da auch die Mitglieder des Schauspielhauses ganz auf dem Posten waren. Herr Otto Mauren, Fräulein Marie Jmmisch, Fräulein Agnes Wenkhaus, Herr Ernst Bornstedt in seinem etwas zu scharf char gierten Oberst a. D., Fräulein Elfriede Hassow, Herr Bernhard Wildenhain und Herr Emil Wirth, sie alle stellten lebenswahre Menschen auf die Bühne. Unsere sehr talentvolle Julia Siegert hat Peck, es gibt in der letzten Zeit wenig für sie zu spielen, wo sie zeigen könnte, daß sie viel mehr leistet, als unsere landläufigen Naiven. Fräulein Fritzi Bresse! machte fick recht nett als Josefa. ' vr. Duckvix Hetzer. Mrrstk. tX Die Genoffenschaft Leutscher Tonsetzer hielt in Berlin ihre ordentliche Hauptversammlung ab, an der sich insbesondere auch auswärtige angesebene Mitglieder aus Braunschweig, Dresden Krefeld, Leipzig, Magdeburg, München, Weimar und Zürich be teiligten. Auf drei Jahre wuide der Vorstand bestätigt, dem die Herren vr. Richard Strauß, Professor Rufer, Professor Humperdinck, Friedrich Rösch, Professor Georg Schumann an- aehören. Dem Beirat gehören an: Eugen d'Albert, Professor Drö sele, vr. Hegar, Profenor Joachim Gustav Modler, Felix Mottl, Müller-Reuter, Louis Nicods, Professor Radecke, Professor Schillings, Professor vr. Scholz, Professor vr. Sommer, Professor Tvuille, Professor vr. Wolfram und Heinrich Zöllner. Selbstverständlich wurde im Laufe der Verhandlungen auch die Anaelegenbeit der „Anstalt für musikalisches Aufführungsrecht" eingehend er örtert. Obwohl das erste Geschäftsjahr dieser Anstalt noch nicht abgelaufen ist, konnte von durchaus günstigen Er gebnissen Mitteilung gemacht werden. Hunderte von Veranstaltern musikalischer Ausführungen, von den größten Konzertinstituten bis zu kleinen Chor- und Orchester-Vereinen, Militär- und Civilkapellen, Barists-Direktoren, Saalbesitzern ufw. haben mit der Genossenschaft bereits Pauschalverträge abgeschlossen, woraus zu ersehen ist, daß der Gedanke des Urheberschutzes in weiten Kreisen wohlwollendes Verständnis gefunden hat. Die Hauptversammlung erklärte sich mit den Maßnahmen des Vorstandes einverstanden. 6. L. Das neue kratarinm von Perosi. Man schreibt uns aus Rom: Im Costanzi - Theater durften noch in dieser Woche die beiden neuen Werke des P. Perosi, das „Stabat Mater" und das Oratorium „Viuäirio universale" (Das jüngste Gericht', unter der Leitung des Komponisten zur Aufführung gelangen. Das Textbuch des „viuäirio universale" ist kurz; da- Ora torinm dauert nicht länger als eine Stunde. Die Handlung eilt rasch, geschlossen, sozusagen in einem Guß, dahin. Das Werl beginnt mit einer sanften Klage. Bor dem schreck lichen Gericht steigt ein letztes Gebet der Menschheit zu Christus dem Erlcher aus: es ist der Gesang zweier Seele«, die in einem rührenden ,v>es irnv" um Barmherzigkeit flehe». Die
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