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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 18.05.1905
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1905-05-18
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19050518025
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1905051802
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1905051802
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Handelszeitung
- Jahr1905
- Monat1905-05
- Tag1905-05-18
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BezugS-PreiS k» st« Hauptexp^tti« d«« IX-ab» still« «stg«h,ltr «tocteljahrlich L.—. b«t zweimalig« täglich« 8«st«l»*»s t»S H«t» ^S.?L. Durch dir Post bezog« für Txatsch- laud ». Oesterreich vierteljShrlich 42X), für die übrig« Länder laut Aeituug-preirliste. Liese «»««er taste» Z4st«stk auf all« Bahnhvf« and III I bet dtt ZeÜungo-Lertäufe« Arbattian «»»st Gttestttia«: 1Ü3 Fernsprecher 222 Johaunttgaffr L Ha«stt»Allt«le Dresden: Marienstratze 84 (Fenrfprech« Amt I Nr. 1713). Ha»lst»»AUiate Berlin: L a r ID » » ck « r, H«zalLayr^ostuchba«dlg, Lützowstrastr 10 (kirrnlvrrcher Amt VI Nr. 4MSI Abend-Ausgabe. eipMerIlUMM Handelszeitnng. Amtsblatt ves ÄSnigl. Land- und -es HSnigl. Amtsgerichtes Leipzig, des Rates und des Nolizeiamtes der Stadt Leipsig. An zeigen-PretS die 6gespaltene Petitzeile 25 Familien- und Stellen-Anzeigen 20 Finanzielle Anzeigen, GefchäftSaazelgea unter Text ober an besonderer Stelle nach Tarif. Di« 4 gespaltene Reklamezeilr 7S^ Aunahmeschlutz für Anreisen: Abend«Ausgabe: vormittag» 10 Uhr. Morgen-BuSgab«: nachmittag» 4 Uhr. ' Anzeigen find stet» an di« Expedition zu richt«, skrtra-vetlagea (nur mü der Marge» Ausgabe) nach besonderer Vereinbarung. Die ErstestMou ist wochentags ununterbrochen geöffnet von früh 8 bi» abend» 7 Uhr. Druck and Verlag von E. voh tu Leipzig «Inh. vr. B, R. L W. «linkhardtX Herausgeber» vr. Victor kliukharbt. Nr. 251. Donnerstag den 18. Mai 1905. 99. Jahrgang. Var Aichtigrie vom rage. * Im Auftrage des Königs von Sachsen wohnt Prinz Johann Geora den Vermählungsfeier- lichkeiten des deutschen Kronprinzen bei. * Infolge der im bayrischen Ministerium Weyen der Wahlkreiseinteilung herrschenden Differenzen haben die Minister v. Feilitzsch und Pfaff ihre Demission eingereicht. * Nach einer Meldung aus Saigon sind die rus« sischen Geschwader, die sich am 8. Mai außer halb der territorialen Gewässer vereinigt haben, am 14. Mai in östlicher Richtung in See gegangen. Das Hospitalschiff „Orel" beabsichtigt, nach Schanghai zu gehen. LbrirtMe -Irbeittrbemgung. Die christlichen Gewerkschaften haben nach ihrer soeben veröffentlichten Statistik große Fort schritte zu verzeichnen. Die Bewegung verfügt über 275000 Mitglieder und über eins Jahrcseinnahme von 1 300 000 Mark, das ist in runden Ziffern das Ergebnis der am 1. Avril d. I. abgeschlossenen Erhebung. Unter allen christlichen Vereinen ist der stärkste der der Bergarbeiter mit 80 080 Mitgliedern. Aber es gibt auch säion 4 andere Verbände, die als große Lrga- uisationen gelten können. Tie deutschen Eisenbahn handwerker haben 45 569, die Textilarbeiter 24 182, die Maurer 19 267, die Metallarbeiter 18 140 Mit- glieder. Es kommen dazu die mittleren Organisa tionen: die Oberschlesischen Bergarbeiter mit 10 460, die Hülfs- und Transportarbeiter mit 9682, die Holzarbei- ter mit 8300, das bayerische Postpersonal mit 8120, die württembcrgischen und die badischen Eisenbahner mit 6820 und 5100, die Heimarbeiterinnen mit 3143 Mit- gliedern. Dazu treten dann noch als kleinere, erst in den lebten Jahren gegründete Organisationen die der Tabak- und Zigarrenarbeiter, der Schuh- und Leder arbeiter,' der Schneider und Schneiderinnen, der Zieg- ler, der Keramenarbeiter, der Maler und Anstreicher, Fleischer, Krankenpfleger, Bäcker und Angehörige des graphischen Gewerbes. Die Organisationen erhoben im Durchschnitt einen Wochenbcitrag von 20 Pfg. und ein Eintrittsgeld von 50 Pfg.: sie gewähren meist Sterbe gelder, Unterstützungen für Gemaßregelte und Rechts- schütz, mitunter auch Arbeitslosen- und Krankcnunter- stützungen. Ganz besonders aber hat die christliche Gewerk schaftsbewegung in Rheinland und Westfalen Wurzel gefaßt, woselbst setzt 160 000 Arbeiter auf christlicher Grundlage organisiert sind.*) Es erschienen am 1. Avril d. I. 24 christliche Gewerkschaftsblätter mit einer Ge samtauflage von 312 000 Exemplaren, fast alle wöchent- lich oder doch alle vierzehn Tage. Der Bericht des Generalsekretärs schließt: „Es war der Kampf um die christliche Weltanschau ung, welcher mit der Gründung selbständiger christlicher Gewerkschaften in der Arbeiterklasse begonnen wurde, provoziert durch die christentumsfeindliche Sozialdemo kratie und die ihr ergebene Organisation. Nicht „Unter- uehmer-Freundschaft", nicht „Streikbrechcrtum", nicht „pfäffische Knechtsseligkeit" war es, was die christlichen Arbeiter zur Gründung ihrer besonderen Organisation trieb, sondern das ehrliche Bestreben, ihre wirtschaft liche Lage zu verbessern, ohne dabei Verrat an ihren religiösen und nationalen Ideen zu üben. Zehn Jahre, reich an Arbeit und Opfern, an Enttäuschung und *) Wer sich einer christlichen Gewerkschaft anschließen will und am Ort keine Adresse weiß, wende sich an die Soziale Geschäftsstelle für das evangelische Deutschland, Berlin 31, Bersöhnungs-lPrivat-sStrahe 1. Er erfährt dann die Adresse, an die er sich an seinem Orte zu wenden hat. Kampf, aber nicht minder an hoffnungsfrohen Erfolgen, liegen hinter uns. Man wollte uns tot schreiben, tot drücken, tot streiken, alles vergebens! Mit neuem Mut, mit neuer Begeisterung und ideeller Hingabe für unsere Sache muß nun das 2. Dezennium christlicher Gewerk schaftsarbeit begonnen werden." Ein hoffnungsfrohcs Zeichen war es auch, zu sehen, welch große Beachtung die 10. Hauptversammlung der freien kirchlich.sozialen Konferenz, die nach Ostern in Breslau zusammentrat, gefunden hat. Im Mittelpunkt der sozialen Verhandlungen stand die Beratung über „Patriarchalische Verhältnisse und modernes Arbeitsrecht", wobei Herr von Oertzen und Franz Behrens, der neue Generalsekretär des christlichen Bcrgarbeiterverbandes, referierten. Die kirchlich-soziale Konferenz zählt jetzt über 3000 Einzelmitglieder, und für ihre Bedeutung sprach, daß sie persönlich vom Ober- Präsidenten und der theologischen Fakultät, brieflich von Grafen von Posadowsky und dem Evangelischen Bunde begrüßt wurde. Hier liegt harte Organisationsarbeit hinter uns. Aber was erreicht wurde, mahnt, auf dem bisherigen Wege voranzuschreiten. Wir haben kein Recht, unser Volk aufzugebcn und uns in kleine Kon- ventikel zurückzuziehen I Heiubarck 24umm. Vie Marolrlksttage. Dk« nb«»arten-e Haltung Spanien». Aus Madrid wird uns geschrieben: Von amtlicher Seite wird versichert, daß sich Spanien bis auf weiteres jeder Ein wirkung auf die marokkanischen Angelegenheiten enthalten werde. Ter Plan der Entsendung des neuen spanischen Ge sandten Laveria nach Fez ist brs zur Rückkehr des Königs von seiner Besuchsreise nach Paris und London zurückgestellt worden: die Meldung der Pariser Blätter, daß Laveria in Fez die Forderungen des französischen Gesandten unterstützen werde, war demnach verfrüht. Andererseits wird mit großem Nachdruck bestritten, daß die Abberufung des bisherigen spanischen Gesandten in Tanger, Cologan, auf Betreiben Frankreichs erfolgt sei. Dieser war seit längerem leidend, weshalb man ihn durch eine jüngere Kraft ersetzen wollte. Ver marokkanische Thronbewerber B« Hainara. Die neuesten Meldungen aus Melilla kündigen wie der eine regere Tätigkeit des Thronbewerbers Bu Hamara an. Derselbe soll über die neueren Vorgänge sehr ungehalten sein, zumal da die europäischen Mächte bei ihrer Stellung nahme zu den marokkanischen Angelegenheiten gar keine Rück sicht ans den Bewerber von Zeiluar zu nehmen scheinen. Der Thronbewerber, der noch immer in engster Bundesgenossen schaft zu dem Kabylenhänptling Bu Ämena steht, be absichtigt daher, das von ihm beherrschte Gebiet derart zu organisieren, daß die von :hm ausgeübte Landesoberhohctt deutlicher in die Augen springen soll. So hat er in der Nähe der Küste drei Zollämter errichtet, und nun sollen auch allgemeine Märkte unter dem Schutze der Truppen Bu Hamaras abgehalten werden. Dessen stehendes Heer soll gegenwärtig auf 1200 Berittene und 1500 Mann Fuß truppen gebracht sein, deren Bewaffnung durchgängig gut ist. ver s«;rirch-iapani»che Weg. Vie Gerüchte über Rsschbjeftwenstky» Leibe«. Der Petersburger Korrespondent des „Echo de Paris" meldet, es werde ihm aus bester Quelle bestätigt, daß Roschdjestwensky die Admiralität benachrichtigt habe, er müsse aus Gesundheitsrücksichten um seine Ersetzung bitten. Seine Mannschaft sei bei bester Gesundheit; er sei aber sehr krank und könne kaum auf seinem Schiffe einhergehen. Es wurde mitgeteilt, daß Roschdjestwensky zurzeit, als sein Geschwader das Rote Meer erreichte, an Dysenterie erkrankte. Jetzt l-andle es sich um ein ernsteres Leiden. Man spreche von allgemeinen Lähmungserscheinungen. Man erwartet zwar in Petersburg, daß sich die Nachricht nicht be stätige, indessen sei die Quelle des Korrespondenten so zu verlässig, daß hierfür keine Hoffnung sei. Admiral Birilew habe Befehl erhalten, sofort nach Wladiwostok zu reisen, um das Oberkommando zu übernehmen, sobald die Feuilleton. 7) Und es erhob sich ein -Sturm. Erzählung von ElisabethMohring. Hochdruck verboten. Die „Leonie Blöcker" war nämlich vor einem Jahre ungefähr in dieser Gegend gesunken — in der aller schönsten und klarsten Augustnacht, wo das Meer mit Bug und Heck einer so schlanken Bark schön tut. „Hatte der Schiffer nicht seine junge Frau an Bord? Und war sie nicht die zärtlichste Frau, die jemals mit einem Seemann an Bord ging, he? Und noch dazu auf der Hochzeitsfahrt so zu sagen, he? Weiß ich, wer Wache ging und wer die Hand am Ruder haben sollte? Und ob die Ankerlaternc brannte? Aber wir wissen alle, daß diese „Leonie Blöcker" untergesegclt wurde bei Nacht und von dem dreckigsten meineidigsten Kohlen schipper, der je nach Hamburg fuhr. Und diesen Morgen tauchte sie auf eine halbe Seemeile NNO. von uns. Saß auch einer in der Saling und der Nebel kroch ihm ins Maul. Sind nu Frauen „Jonasse" oder nicht?" „Dann ist daS man gut, daß auf Heringsloggers keine Hochzeitsreisen nich gemacist werden, was?" Tas war der Schiffer, den niemand oben am Lug bemerkt hatte. Aber er ging auch schon wieder nach achtern und Klaus Küster knurrte hinter ihm drein: „Wat dot he dor in d' Gangboord to liggen? Wenn da nich uns' Bestmann wär, let he uns up Gods Gnade wegrieven." Am dritten Morgen kommt endlich die Sonne. — Aber nicht, wie sie sonst an so einem Sommcrmorgen zu kommen pflegt — wie eine große, schöne Friesenfrau im roten Fcsttagspeik, die rüstig über das Meer ihren grünen Inseln zuschreitet. Diese Sonne kommt von Osten herangetastet, trübfarbige Ncbelfctzen vor ihrem bleichen Gesicht. Sie sieht verdächtig aus — fast sieht sie aus wie die Sorge, deren Kleid verschlissen und ver blichen ist beim Wandern über die Welt und die mit brennenden Hexenaugen den Sturm heranblinzelt, daß er die schönen weißen Segel aus den Racn reißt zu einem Rock für sie. Denn sie muß wie eine respektable Frau ausschen, wenn sie zu Mutter Hendrichs und Hanne Limmermaun und den anderen Frauen an den Landungssteg geht, die nicht auf sic warten und doch sie statt eines anderen in ihre Stube führen müssen. Dies grämliche Frühlicht brachte einen steifen Wind mit, der setzte sich hinter die „Kabljau", daß sie vor ihm flog, Schaum bis an die Racn. Und die „Kabljau" sprang wie ein junges Füllen und stampfte vor Unge duld voranzukommen. Am Mittag schoß der Schiffer die Sonne,*) und ein dänischer Postdampfer preite ihn wegen des Bestecks an. Das war so ein Stolz von Jessen, mit Logg und Lot in Ordnung zu sein. Und als er Länge und Breite *) Länge und Breite berechnen. Flotte dort eingetrosfen ist. Er reise bereits nächsten Sonn tag ab. Admiral Nebogatow wolle die Führung der Flotte bis Wladiwostok übernehmen, indes hoffe man, daß die Leitung der Operationen Admiral Roschdjestwensky bis Wladi wostok noch beibehalten kann. In einem zweiten Telegramm berichtet der nämliche Korrespondent, Aduural Birilew werde den gesamten Admiralstab Skrydlows mitnehmen. Dieser selbst lei zum Kommandanten des Hafens von Kronstadt an Stelle Birilews ernannt worden. Jedenfalls werde Roschdjestwensky die Flotte bis Wladiwostok führen. Bec seiner Abfahrt habe Roschdjestwensky erklärt, er verspreche, die Flotte bis Wladiwostok zu bringen, wo er dann Zeit haben werde, seine Genesung abzuwarten. Dar vierte Geschwader. Nach einer Petersburger Depesche hat die Admira- lität Befehl gegeben, alle Vorbereitungen zur Abfahrt des vierten baltischen Geschwaders zu beschleunigen, damit es am 4. Juli auslaufen könne. Das Kommando wird Admi ral Parenagow übernehmen. Vie franzosensein-liche Bewegung in Jndochina. Aus Paris wird uns geschrieben: Die aus Saigon ein getroffenen amtlichen Meldungen über den Aufstandsversuch des Bandenführers Ong-meh haben in den französischen Regierungskrersen große Befürchtungen hervorgerufen. Es ist bereits festgestellt, daß Ong-meh auch in anderen Bezirken Anhänger geworben hat, und es wird allgemein die Losung ausgegeben, daß die Japaner bald erscheinen und die Franzosen aus Jndochina vertreiben würden. Bis jetzt sind allerdings noch keine Waffen eingeführt worden, so daß die Aufständischen nur mit ihren selbstgefertigten Lanzen und Schwertern kämpfen können. Man sägt jedoch, daß große Sendungen von Waffen und Munition unterwegs seien, wes halb der Gouverneur eine strenge Ueberwachuna der Küste organisieren will. An sich würde eine solche Gefahr wenig bedeuten; wenn jedoch im weiteren Verlaufe der russisch japanischen Seekämpfe die russische Flotte die französische Küste noch ferner in Anspruch nimmt, und besonders wenn die russischen Schiffe nach einer Niederlage in die französischen Häfen flüchten würden, so liegt die Landung japa nischer Truppen nicht außerhalb der Möglichkeit. Wenn dann die Eingeborenen bewaffnet werden, so würde die französische Herrschaft in Jndochina ernstlich gefährdet sein. folilizche cagrrrsau. Leipzig, 18. Mai. Japan und die Neutralität Deutschlands. Weshalb der R e i ch s k a n z l e r sich an das Hoflager des Kaisers begeben hat, enthüllt Herr de Bonnefon, der Ber liner Korrespondent des „Figar o". Dieser Herr, der neu lich die Entdeckung machte, daß wegen der Genickstarre „Im rerreur röane L Lsrlin", erzählt heute: Graf Bülow habe den Kaiser aumesucht, weil am 13. Mai der Gesandte Japans in Berlin „Reklamationen" wegen Verletzung der Neutralität durch Deutschland erhob. Wie wir an bestunterrichteter Stelle hören, hat der japanische Ge sandte nicht einmal eine Anfrage gestellt, ge schweige denn Reklamationen erhoben. Monsieur de Bonne fon wird mit seinen Enten immer mehr zur „tsrrsur" seines Bi altes. Ein sozialdemokratisches Verdikt über die sozialdemokratische Publizistik. Im politischen Antlitz der „Genossin" Rosa Luxem burg hat die Schillerfeier einen sympathischen Zug hervortreten lassen: die Ehrlichkeit, mit der sie den Genossen einen Spiegel vorhält. Schon zum Schillertage selbst be kannte Rosa Luxemburg in der „Sächs. Arbeiterztg.", daß die Sozialdemokratie das geistige Werk Schillers „zerpflückt" und es in der eigenen revolutionären Gedankenwelt „um geschmolzen" habe. Jetzt wendet sich die genannte „Genossin" an derselben Stelle,,gegen sozialdemokratische Juliane". Ge troffen werden dannt die Redakteure einer „großen" Anzahl sozialdemokratischer Blätter, die kritiklos genug waren, als Schillerartikel das verworrenste „Wortgebimmel" abzu drucken. Als Probe aus dieser Sammlung sinnloser Phrasen ei hier nur der Anfang wiedergegeben, der folgendermaßen autet: „Heute vor 100 Jahren starb er, 45 Jahre alt. Er hatte das Schicksal aller großen Wahrheiten — bisher — er starb zu früh. Alle menschliche Kultur und Geistesgeschichte — bisher — ist eine Geschichte vom vorzeitigen Sterben." In solchem Stil geht es spaltenlang weiter. Aber diese „totale Unwissenheit, die sich zugleich in prätentiösester Weise mit dem Schein der Bildung zu schmücken sucht , bezeichnet Rosa Luxemburg als typisch für die neue Richtung in der sozialdemokratischen Publizistik, indem sie schreibt: „Gegen die ganze jetzt leider auskommende Richtung in unseren Literatenkreisen, die zur äußerlich prätentiösen überladenen Ausschmückung einer schillernden Gedanken- und Wissensarmut neigt, muß . . . Front gemacht werden." Das ist ein löbliches Beginnen! Leider wird man sich davon nicht viel Erfolg versprechen dürfen, denn der bom bastische Phrasenschwutst der sozialdemokratischen Schrift- steller ist unzertrennlich von dem Ziel der sozialdemokratischen Agitation, der Verhetzung der Massen. Gerade die „Sächs. Arbeiterztg." ist übrigens gleich der anderen sozialdemokrati schen Presse, der Tummelplatz für Literaten, wie Rosa Luxemburg sie kennzeichnet. Dieselbe Nummer des Dresdener Sozialistenorgans, die Rosa LurembuMs Anklage enthält, veröffentlicht über den Dichter Ludwig Scharf aus der Feder Hermann Wendels einen Aufsatz, der mit folgender aus- erlesenen Phrasensammlung anhebt: „Ein Schrei über wüste Oede schallend und über starre Fellen schallend und in ein kaltes entgöttertes Lachen ver hallend, war der Grundklang. . . . Sehnsucht lugte in das Versungefüge hinein nach arünumbu-hten Inseln, nach dem Rousseauschen Heimateiland Natur: ein von der Kul- tur Gequälter, Gehemmter spie hier seine Kultur stückweise in den Sand. . . ." Wir halten inne und empfehlen nur noch Rosa Luxem- bürg, Hermann Wendel schleunigst in freundliche Behandlung zu nehmen. Bor der Entscheidung über die Novelle zum Berggesetz erinnert Professor Dr. E. Francke in der „Sozialen Praxis" daran, daß selbst ein so konservativer Mann, wie Dietrich von Oertzen, in der „Reformation" sich gegen die Kommissionsbeschlusse ausge- prochen hat, weil sie die Arbeiterschaft im allgemeinen po- itisch zu sehr bevormunden. Von seinem eigenen Stand punkte aus erscheint Francke kein neues Berggesetz immer noch besser, als das von der Kommission beschlossene. Die Regierung müsse auf der sinngemäßen Annahme ihrer Vor schläge beharren; sie könne sich nicht selbst verraten. Mache der Landtag es ihr unmöglich, das von ihr gegebene Wort einzulösen, dann dürfe niemand der Regierung einen Vor- Wurf machen: sie behalte das Vertrauen, oie Schuld für alle Folgen lieg.', beim Landtage. Francke hebt schließlich aus dem Kommissionsbericht hervor, daß der je tz i ge k o m - mankierende General des vH. Armeekorps vor etwa IlL Jahren dem Minister Möller gesagt habe, wie er erschrocken gewesen sei, als er die Aushebung der Rekruten im Berg revier geleitet hätte, da die Leistungsfähig, leit,der Körperbau der Leute, zurückaegan- gen sei. Hieran anknüpsend, erinnert Francke an den Jm- mediatbericht des Generals von Horn aus dem Jahre 1823, der damals einen starken Anstoß zum staatlichen Arbeiterschutz in Preußen gegeben habe. Auch jetzt erheische nicht nur die Gerechtigkeit, sondern auch die Rücksicht auf die nationale Wehrkraft eine Verbesserung des Loses der Bergleute. Käme sie nicht von Preußen, so müsse das Reich helfen. Ein Minister für Handel und Landwirtschaft? Der preußische Handelsminister Möller steht bei den Agrariern recht niedrig im Kurse. Erst am Montag abend hat die „Dtsch. Tgsztg. in dem erwähnten Leitartikel erklärt, die Agrarier hätten zu Herrn Möller niemals Vertrauen ge- habt, und gleichzeitig den preußischen Ministerpräsidenten gegen den Handelsmmister scharf zu machen gesucht, und jetzt lagt dasselbe Blatt in einem Entrefilet, weder das Bleiben, noch das Gehen des Ministers werde „die Richtung unserer Pm itik irgendwie «beeinflussen", und deshalb hätten »ie Agrarier an Herrn Möller kein starkes Interesse. Das Bündlerblatt verwahrt sich deshalb auch gegen den Vorwurf, die „Agrar- Konservativen" wollten Mmisterstürzerei treiben. Aus emem anderen Satze aber geht hervor, daß di« Agrarier Herrn Möller nur deshalb kein starkes Interesse entvegenbrmaen, weil er ihnen zu fest im Sattel sitzt. Das Blatt sagt nämlich: „Wer die Hibernia-Angelegenheit überstanden hat, bei der ohne Frage der Mißerfolg ausschließlich aus das Konto des Handelsministers geletzt werden mußte, der scheint gegen andere Jührlichkeiten ziemlich gefeit zu sein- von dem wird man nicht annehmen dürfen, daß er Mißerfolge, «ür die «r unmittelbar nicht verantwortlich gemacht werden kann, allzu tragisch nehmen werde." Wenn Herr Möller selbst die Ereignisse auch nicht allzu tragisch nehmen sollte, so könnten doch andere Leute dazu an ein schwarzes Brett schrieb und hinüberzeigte, sah die Mannschaft zum erstenmal auf dieser Fahrt ihres Schiffers Gesicht, wie sie es sonst gekannt hatten. Jeder von Salzwasser und Brise gezogene Strich in seinem groben, etwas roten Gesicht hatte behäbiges Selbstge fallen an sich, an seinen Leuten und seinem Boot, das in seinem Kielwasser tanzte wie ein Jüngferchen in weißen Spitzenröcken. Am Spätnachmittag dieses Tages war man 55 Grad 7' Breite. Man lotete und fand 40 Faden Tiefe. Da lies; der Schiffer ankern und die Netze auswerfen, und seine scharfen Befehle schossen auf das Teck wie harte Hagelkörner. Nach ein paar Stunden war man mit dem Aussehen fertig. Die Netze klarten gehörig, die Fleet stand wie eine Wand, daß die „Kabljau" hin ter ihr ruhig ein Stürmchen abrciten konnte. „De Wind ruumt", meinten die Leute unter sich und dachten dabei an des Schiffers Laune Seitdem eine Menge Arbeit in Sicht ivar, besann sich dieser auf sich, und wollte seine Gedanken für die träge Zeit beiseite legen, wo man in dichter Luft und Nichts tun sich einen diesigen Scljädel grübelt. Und dann — dieser katholische Pierre Rosin! Frauen sind Jonasse? Ihn. den Schiffer der „.Kabljau", sollte schon keine zum Untersegeln kriegen. Und Marret? Die kleine feine Marret, Streu rostbraunes Haar so weich Ivar wie das was über.den Butterblumen zittert, wenn sie abgcblüht haben? Wie weiß ihr Körperchen war, als das Braut kleid von ihm gestreift wurde, weiß wie die allererste Welle eines Tages, die entsetzt zum Gallionsbilde eine- Schiffes emporflicgt. Wär ihr kleines Gesicht nicht weiß, als sie an Erik Ebctens Grab stand und staunte, wie derb du lachen konntest, Jes Jessen? War sie nicht so weiß, als du ihre allererste bange Zärtlichkeit beiseite stießest mit deiner Gier, die nicht die erste war? Du hättest Marret Rick- mers anfassen sollen, wie inan den kleinen Strauß an- fäßt, den man an den Konfirmandcnrock steckt. Aber du wärst nicht Schiffer Jessen gewesen, wenn du daS getan hättest. Tu packtest zu, wie du eine Trosse packst, oder wie du deine Jugend anpacktcst, als dir deine Mutter ein Goldstück gab und sagte: „Nu geh, mein Jung, das is nu Zeit — allerhöchste Zeit." Brüllte nicht deine Jugend auf, als man ihr mit Tauenden und Flüchen Gewalt antat. oder wenn ein Brecher über die Reeling nach dir langte? Aber was hat Marret damit zu tun? Das war wohl mit Marret auch so? War ihre Ehe nicht wie eine Sturzsee über sie ge- kommen? Es war nicht dieses Schiffers Art, einen Gedanken säuberlich an den andern zu bctngen, und wenn er es für ein Weilchen getan hatte, Nxir cs ihn«, als entere er in eine unheimliche Höbe, um in den Wanten bängen zu bleiben. Und es war immer Gesine Vynsens Geschichte, in der er bängen blieb. In dieser Nackt stieß ein großer Heringsschwarm gegen die Netzwand. Tausende schlüpften in die Maschen oder blieben mit den Kiemen in ihnen bängen. Ter Morgen lag noch tief unter dem Horizont, als alle
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