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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 13.06.1905
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1905-06-13
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19050613028
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1905061302
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1905061302
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Handelszeitung
- Jahr1905
- Monat1905-06
- Tag1905-06-13
- Monat1905-06
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Morgeu-AuSgabe: nachmittag» 4 Uhr. Anzeigen sind stet» au die Lxpedttto» zu richten. Extra-Beilagen iuar mit da Morgen- Ausgabe) nach besonder« Vereinbarung. Die Expedition ist Wochentag» anunterbroche» arSffnet vo» früh 8 bi» abend» 7 Uhr. Druck and Verlag von E. Pol» tu Leipzig lJnh. 1)r. B„ R. L W. Eltntdardtt Herausgeber, vr. Victor Mtukhardt. Nr. 296. Dienstag 13. Juni 1905. 99. Jahrgang. Var Aichligrle vsm läge. * In dem Programm des Staatssekretärs Freiherrn v. Stengel zur ReichSfrnanzreform soll auch «ine Wehrsteuer vorgesehen sein. * Erzherzog Josef von Oesterreich ist heute, 72 Jahre alt, in.Fiume gestorben. (S. Ausld.) * Die Einleitung der Friedensverhandlungen zwischen Rußland und Japan ist nunmehr amtlich be» lannt gegeben. (S. ruff.-japan. Krieg.) * Ein, furchtbares Unwetter ging gestern über Konstantinopel nieder. (S. Vermischtes.) straf frieckricb Zcbsnbsrn über <lir örlerrrich-ungarircbe Fme. Aus Wien, 10. Juni wird uns geschrieben: In einer Unterredung mit dem hervorragenden Poli tiker und Präsidenten des Verwaltungsgerichtshofes, Herrenhausmitglied Graf Friedrich Schön, born, über eine Reihe von im Vordergründe der Er örterung stehenden politischen und wirtschaftlichen Fragen, welche das Verhältnis der beiden Reichshälsien zu einander betreffen, äußerte sich Graf Schönborn u. a. folgendermaßen: „Ich bin ein ganz entschiedener Anhänger der Auf- rechterhaltung der Zollgemeinschaft mit Ungarn. Wenn ich auch nicht mit allem und insbesondere mit den Bank- abmachungen sachlich nicht einverstanden bin, so bin ,ch doch dafür, den Ausgleich, wie er zwischen den früheren Negierungen, insbesondere Herrn von Szell und Dr. vonKörber vereinbart ist, genau durchzuführen. Die Einigung ist so wichtig, daß man manches Opfer bringen kann und soll. Wenn es zur Zolltrennung käme und ein neues Abkommen mit Ungarn geschaffen werden soll, so wäre es außerordentlich schwierig, die richtige Form dafür zu finden. Diese Frage ist eine so tech- nisck>e, daß ich ihre Beantwortung wirtschaftlichen Faclg männern überlassen muß. Auch würde natürlich die Art des Antrages wesentlich von seinem Inhalte be stimmt werden. Käme dieser Inhalt dem Moritum des bisher bestandenen Zollbündnisses sehr nahe, so müßte man sich allerdings fragen: Weshalb so viel Mühe und Aufregung um nur die Form zu ändern? Ob im Falle der Zolltrennung die gemeinsamen Verträge mit Deutschland und Italien festzuhalten gelänge, dürste wohl nicht ausschließlich von wirtschaftlichen, sondern auch von politischen Er- Wägungen abhängen. Nicht mit Ungarn und Cisleitha- uien, sondern mit der Monarchie haben die befreundeten Staaten Handelsverträge geschlossen. Es ist nicht ein mal in wirtschaftlicher, viel weniger in politischer Be Feuilleton. Inge Wilhelmi. Roman von I. Oppen. «Nachdruck verboten. Jngeborg hatte in ihrem Leben nie Zeit gehabt, diese kleinliche Art der Medisance kennen zu lernen. In ihrem Elternhause hatte man nur gelegentlich hier und da äußere Fragen gestreift und sprach einer oder der andere von gemeinsamen Bekannten und deren Lebens schicksal, deren Charakter und Denkungsart, so wurde das alles von hohen Gesichtspunkten aus beleuchtet und trug niemals den Stempel des Kleinlichen oder des Ge hässigen. Obgleich sie ihren geselligen Verkehr hier ganz ein geschränkt hatte, so hörte sie doch ab und zu von allem, was in dem Städtchen passierte. Man trug es ihr zu, weil es so Gewohnheit war und die Leute keinen ande ren Stoff zur Unterhaltung kannten als nur den über das Schicksal ihrer Nebenmenschen. So hatte sie auch erfahren, daß in dem Rodeschen Hause Zank und Zwist ausgebrochen sei. Die beiden ältesten Schwestern mußten Ehen eingehen mit älteren, ungeliebten Männern, nur um den andern Platz zu machen. Der Korallenonkcl sollte in wenigen Woäwn die eine holen und ein entfernter älterer Detter die andere. Beiden war ein Liebestraum zerstört worden, beide mußten ihre stillen Hoffnungen und Wünsche ein- sargen. Tie nächsten beiden Schwestern kämpften um den Rechtsanwalt Albrecht, der vorläufig seine Gunst beiden gleich zuwandte. Man lud ihn fast allabendlich ins Haus. Man spielte vor ihm reizende Szenen eines glück- lichen Familienlebens, man war heiter und zärtlich zu einander. Die beiden jungen Mädchen lernten Skatsvielen und ziehung alles eins, ob ich einen Vertrag mit zwei Kom- ponenten, oder mit einem Kompositum schließe. Ob z. B. Deutschland einem der beiden Staaten das selbe zugestehen wird, was es der Vereinigung beider ge währt hat, weiß ich nicht. Verpflichtet ist es ganz ge wiß nicht dazu. Man kann aber nicht die Mo in partes vornehmen und dabei alle Vorteile des Ganzen behalten wollen. Für unmöglich halte ich es zwar nicht, daß für einige Zeit die Dortragsstaaten mit beiden Teilen das alte Verhältnis zum Ganzen fortsetzen, auf die Dauer scheint mir ein solcher Modus aber sehr schwierig. Welche Folgen die Zolltrennung für das Ouotenverhält- nis haben könnte, ist schwer zu sagen. Sie löst sich in eine Reihe von Eventualfraqen auf, zu deren Beant wortung mir jede Information fehlt. Was die politische Seite anlangt, so hat meine Partei sich beeilt, sich unzweideutig als unbe dingte Anhängerin der gemeinsamen Armee auszuspre- chen, in der sie ein notwendiges Neguisit der Einheit er blickt. Unter unserer Zustimmung hat Fürst Alfred Liechtenstein die Forderung einer ein heitlichen Kommandosprache aufgestellt. Ich bin ein Gegner der ungarischen Kommandosprache für die gemeinsame Armee: sollte sie, was Gott verhüte, dennoch eingefllhrt werden, so bin ich und gewiß die Mehrzahl meiner Parteigenossen, d. h. die Mehr zahl der Mitglieder der Rechten des Herren hauses nickt dafür, daß der einmal begangene Fehler vervielfältigt, d. h. die Vielheit der Kommandosprache statuiert wird. Dagegen sind wir alle für eine inten sive Pflege der Regimentssprache. Personalunion und Machtstellung der Monarchie sind zwei einander aus schließende Begriffe. Man kann hier, abgesehen von älteren Beispielen, nur auf Schweden und Norwegen Hinweisen." vrr ru§5ircb-japanische Weg. Lin neuer russischer vericht über die Schlacht bei Tsuschinia. General Lmjcwttsch telegraphiert unter dem 10. Juni: Laut «christlichen Berichten der Kommandanten deS Kreuzers „Almas", der Torpevoboote „Grosncj" und „Brawy", dem mündlichen Bericht deS Flügeladjutanten Tlchagin und den Aussagen der Oisiziere von der „Osljablja" waren die hauptsächlichsten Momente der Schlacht in der Koreastraße vce folgenden: Am 27. Mai näherte sich das Geschwader morgens m zwei Kolonnen, die Panzerschiffe zur linken, oie Kreuzer zur rechten, zwischen ihnen die Trans portschiffe, der östlichen Durchfahrt der Koreastraße. Um 7 Uhr morgens wurce auf der rechten Seite der Kreuzer „Iozuml" gesichtet, in der elften Stunde auf der linken Seite die Kreuzer „Kasagl", „Nätaka", „Tschnose" und „Tsuschima". Zu dieser Zeit ging der „Wladimir Monvmach" auf ein Signal aus die rechte Seite der Transportschiffe über und eröffnete das Feuer gegen den „Iozunu", welcher das Feuer erwiderte und im Nebel verschwand. Um 11 Uhr 20 Minuten eröffnete die zweite Panzerschiffabteilung das Feuer gegen die japanischen Kreuzer, wobei bemerkt wurde, daß „Nntaka" oder „Diuschima" getroffen wurde. Die Japaner erwiderten das Feuer, gingen nach links ab und verschwanden im Nebel. Um 11 Uhr 40 Minuten stellte sich die zweite und dritte Panzerschiffabteilung, sowie die Kreuzerabteilung, welche eine Rekognoszierungs abteilung auSgesanvt hatten, in einer Kolonne rechts von den Transportschiffen auf und änderten den Kurs nach Nordost. Die erste Panzerschiffabteilung ging auf acht Kabellängen nach reckts ab. Um 1 Uhr 20 Min. erschien eine japanische Aulklärungsabteilung, offenbar behufs Vereinigung mit den Hauptkräften; darauf kamen die japanischen Kreuzer „Jakumo", „Nischin", „Kasuga", „Jwale", „Jdzumo", „Av- zum.a" und andere, insgesamt 18 Schiffe, in Sicht, welche dem Geschwader mit Volldampf entgegenkamen. Der Nebel hatte sich etwas verzogen. Das russische Geschwader eröff nete das Feuer, während es seinen Kurs beibehielt; die Transportschiffe entfernten sich vom Geschwader auf fünfzehn Kabellängen nach rechts. Die Geschwindigkeit des Geschwaders betrug 10 Knoten. Der Kamps begann auf eine Entfernung von 60 bis 70 Kabellängen, welche sich bis auf 20 ver ringerte. Der Feind machte in großer Entfernung vor dem rmsischen Geschwader eine Wendung und ging demselben ent gegen. Das Feuer der Japaner war sehr sicher. Der Gegner überschüttete die russischen Schiffe buchstäblich mit Geschossen und konzentrierte sein Feuer vorzugsweise auf die an der Spitze befindlichen Acmiralslchiffe. D,e japanischen Geschosse zerstörten alles auf Deck und verursachten Brände. Hieraus begann der Donner der schweren Geschütze. Zuerst wurden „Osljablja" und „KnjäsSsuworow" beschädigt. Die ersten zwei Schlisse der Japaner verursachten der „Osljablja" einLeck, durch welches das Wasser so stark eindrang, daß sie sich auf die Seite legte und gegen 3 Uhr kenterte. Bald schied auch der „Knjäs Ssuworow" aus der Schlachtlinie aus, welcher offenbar nicht mehr steuerfähig war, aber doch nicht aufhörte, ein energisches Feuer zu unterhalten. Um diese Zeit ging der am Anfang des Kampfes verwundete Admiral Roscho- jestwensly mit seinem Stabe auf das Torpedoboot „Buiny" über. Statt des „Knjäs Ssuworow" trat die „Borodino" an die Spitze, welche den Kampf energisch sortsetzle. Gegen 4 Uhr nachmittags verließ der „Ssissoi Weliki" die Scklacht- linie, sctzte aber, obwohl er einen großen Brand zu löschen hatte, den Kampf fort und unterstützt: die am Ende der Schlachilinie liegenden Kreuzer, indem er die leichten japanischen Kreuzer beschoß, welche die rmsischen Transport schiffe und Kreuzer abzuschneiden bemüht waren. Nach Unterdrückung des Brandes nahm er seinen Platz in der Schlachilinie wieder ein. Das Geschwader manövrierte zur Deckung des „Knjäs Ssuworow". Um 5 Uhr wurde auf dem „Imperator Alexander III." ein luftiger Brand bemerkt, gleichzeilzg neigie sich das Schiff auf die Seite. Das Schiff ichiev aus der Schlachtlinie aus, richtete sich aber bald nach Löschung des Brandes wieder auf und nahm seinen früheren Platz wieder ein. In der achten Stunde gab der Panzer das Signal „in Not". Gleich zu Beginn der Schlacht hatten sichvondemjapaniichenGeschwader„Kasumi", „Ttchitose", „Nit- taka", „Tschmchima", „Akisuschima" und „Suma" jowie zwei Kreuzer vom Matsmchimathp getrennt, mit der Absicht, die rus sischen Transportschiffe zu beschießen, unter welchen bei dem Ver such, dem Kreuzfeuer zu entgehen, Verwirrung entstand. Das Feuer der japanischen Kreuzer war auf die Transportschiffe und aus „Hswptlana", „Almas" und „Ural" gerichtet. Letzterer erhielt ein Leck unter der Wasserlinie, verließ die Schlacht ordnung und setzte Ruderboote aus, als sich die „Swjet- lana" näherte, welche ebenfalls unter der Wasserlinie be schädigt war, aber den Kampf fvrtsetzte' „Dmitri Donskoi" und „Wladimir Monvmach" kamen den Transportschiffen mehr mals zu Hülse und zwangen seuernd die Japaner, sich zu entfernen. Gegen 7 Uhr abends war die Lage folgende: Die russischen Panzer gingen mit dem japanischen Geichwader parallel und feuerten vom rechten Bord „Borodino", auf welcher Flammen und Rauch sichtbar waren, an der Spitze. Links von den Panzern gingen, nicht ganz gleichen Kurs einhaltend, „Oleg", „Awrora", „Dmitri Donskoi", „Wladimir Monvmach",links davon dieTransportschiffe ohne „Kamschatka", „Ural", „Swjctlana" und „AlmaS", Weiter links „Sckemtschug", „Jiumrud" und die Torpedoboote. Besondere Beschädigungen waren nicht bemerkbar, nur die „Swjetlana"ging mit dem Vorder teil tiefer. Links und hinten waren japanische Kreuzer zweiten und dritten Ranges sichtbar, auch 30 bis 60 Torpedo boote wurden am Horizont gesichtet. Um 7 Uhr 10 Minuten kenterte „Borodino" und sank in 3 Minuten. Vor Sonnenuntergang signalisierte „Nikolai" „Kurs Nordost 23". Diesen Kurs hielt das Geschwader eine halbe Stunde ein. Da wurden vorn neun japanische Torpedoboots- zeistörer erblickt. Die Panzerschiffe lenkten nun nach rechts, die Kreuzer nach links ab. Dem Beispiel des Vorder» lchiffs „Oleg" folgend, fuhren die russischen Panzerschiffe fort, die japanischen Panzerschiffe und Torprdobootszerstörer, welche sich auf den Flanken befanden, zu beschießen, und bogen plötzlich nach links ab, um Anschluß an die russischen Kreuzer zu suchen, von denen „Oleg" unter Admiral Enquist und „Awrora" sowie „Schemgtichug" den Südkurs fortsetzten, während die übrigen Kreuzer sich abermals nordwärts wandten. Bei Einbruch der Dunkelheit ließen die Japaner ihre Scheinwerfer in Tätigkeit treten. Die Schlacht spielte sich zwischen den Inseln Jki und Tsuschima ab. Die Frie-enrverhan-l«nge«r. Die Einleitung der Friedensverhandlungen ist nunmehr von gegnerischer Seite amtlich bekannt gegeben worden. Im kaiserlichen Palast zu Tokio hat eine wichtige Konferenz statt gesunden. Der Kronprinz, die Prinzen Fuschimi, Kanin und Jamaschina, sowie die „alten" Staatsmänner Ito, Jame- mata, Mabukata, Jnouge und die Minister Kabura, Kamura und Jemamoto, sowie Teranlschi und andere beiwohnten. Es wurde festgestellt, baß beide Kriegführende den Vorschlag Roosevelts,iu direkte Verhandlungen einzutreten, angenommen haben. In der Mltteilr.ng, die der amerikanische Geianvte in Tokio Griscom der japanischen Regierung im Auftrage der russischen überbrachte, wird gesagt, baß der Zar Roose- velts Anregung, eine Beendigung des Krieges einzuleilen, an genommen habe, nachdem er sich mit den Großfürsten und Ministern beraten habe. Der Gesandte betonte, daß Roosevelt direkte Verhandlungen zwischen den beiden lriegführenden Mächten vorgeichlaßen habe. Wie aus Washington offiziös mitgeteilt wird, werden Rußland und Japan zunächst einen Waffenstillstand verein baren, über dessen Einzelheiten bereits verhandelt wird. Sodann wird eine Zusammenkunft von Vertretern der beiden Kriegführenden an einem von Japan vorzuschlagenden Orte erfolgen; auf dieser Zusammenkunlt werben Japans Be dingungen angegeben und dann direkt an Kaiser Nikolaus übermittelt. Erscheinen sie dem Kaiser annehmbar, so wird später eine Zuiammenkunst der Bevollmächtigten zur Ver einbarung des Friedens stattfinden, und zwar wahrschein lich in Washington. Die Hauptfrage bei den gegenwärtig schwebenden Ver handlungen ,st natürlich die: wie wirb es vor Wladiwostok? Die Japaner werden auf keinen Fall zulassen, daß der Platz sich während des Waffenstillstandes neu verproviantiert und Schach, und versuchten, jeden Wunsch von seinen Lippen zu lesen. Tie in der Buchhandlung beschäftigte Tochter be sorgte ihm die neuesten Erscheinungen auf literarischem Gebiete, die besten Fachzeitschriften, deren er bedurfte; wenn er nur einen leisen Wunsch äußerte, so war der selbe in kürzester Zeit erfüllt. Die andere kochte ihm seine Lieblingsspeisen und versorgte ihn mit Rückenkissen und Stiefelknechten und allen möglicklien nützlichen undunnützenHandarbeiten und kümmerte sich um alles, was ihn nach außen hin angina. Er ließ sich vor der Hand von beiden verwöhnen und dachte weder an die eine, noch an die andere, und während sie beide scheinbar heiter und sorglos mit ihm plauderten, beobachteten sie einander mit Argusaugen, um dann nach seinem Weggehen aufeinander loszu fahren mit bitteren Vorwürfen und gehässigen Redens arten. Sie kämpften um ihn und verzehrten sich beide in Leidenschaft. Weder ein vernünftiger Zuspruch der Eltern, noch der Geschwister konnte dort Einhalt tun. Ueber dem ganzen Hause lag eine gedrückte und schwüle Stimmung und so sehr man es auch vor den Leuten zu verbergen suchte, so flüsterten sich's doch alle einander zu, wie die Schwestern als Todfeinde in diesen' Kampfe sich gegenüberstanden. Man war wirklich gespannt, wer siegen würde, unt war darüber sich vollständig einig, daß der Rechtsanwalt j von diesem Hause nicht mehr los konnte, da man es dort verstanden hatte, ihn zu tief zu verpflichten. Jngeborg zuckte die Achseln, ein geringschätziges Lächeln eilte um ihre Lippen. Wie unwürdig so ein Kampf, wie erniedrigend, wie wenig keusch und rein. Ihr dagegen versagte man eine Unterhaltung, einen harmlosen Verkehr mit Menschen, an die sie kaum persönliches Interesse band, die sich nur auf geistigem Gebiete begegneten. Und weiter überflog ihr Blick die kleinen Häuschen mit den altersgrauen Dächern. Don jedem einzelnen konnte sie eine Geschichte erzählen, überall hatte man etwas zu verbergen. Ta waren es getäuschte Hoffnungen, äußere Not, da wieder Verdruß, dort erfolglose Arbeiten und da müder, gleichgültiger Stillstand. Ueberall nistete die Tragik des Kleinstadtlebens, die die Vorurteile, die engen Gewohnheiten, das zähe Fest halten am Althergebrachten, die Angst vor allem Neuen und Großen mit sich bringt. Die Menschen sclfienen ihr Schemen zu sein. Sie lebten in gleicher Weise fort, wie es ihre Eltern und Voreltern getan und begnügten sich mit dem, was sie waren, im trägen Ausrnhen ihre Be friedigung findend. So gingen sie weiter mit geschlossenen Augen ohne Sehnsucht und ohne Wunsch, ihre geistigen Kräfte zu entfalten, Neues in sich aufzunehmen. Doch nicht nur. für sie selber sollte diese Art und Weise des Lebens als richtig gelten, andere wollten sie auch in ihren Rahmei zwingen und alles, was sich dagegen erhob, Niederdrücken und mit sich hinabziehen. Da hieße es doch einen Selbstmord begehen, wenn man sich und sein Selbst um dercnwillcn ausgab. Jngeborg warf den Kopf in den Nacken und trat vom Fenster zurück. Sie zog die Vorhänge zu, als wollte sie von außen nichts mehr wahrnehmen und ganz nur in ihrem Heim leben, der Welt ihrer Gedanken, ihres Strebens und ihres Hoffens. Die nächsten Stunden fanden sie in angestrengter Arbeit. Sie hatte ihre Umgebung vollkommen ver gessen. Plötzlich wurde sic durch ein Klopfen an die Tür auf geschreckt. Ehe sie noch Herein ruken konnte, wurde die Tür aufgerissen und in dem Rahmen derselben stand eine zierliche, kleine Gestalt im langen Reiscmantel, ein Filz hütchen auf dem dunklen Lockcnkopf. „Servus, Jngeborg", rief sie mit Heller Stimme der Ueberraschten entgegen. „Du kennst mich nicht mehr?" Jngeborg erhob sich rasch. „Herzlich willkommen, Marga, verzeih mir, wenn ich im ersten Moment vor Ueberraschung stumm ge blieben. Wie kommst du hierher? Ich hätte dich in Gedanken eher am Nordpol gesucht, als auf der Reise hierher." „Glaub's schon", ries die andere. „Hab's selbst noch nicht vor zwei Tagen gewußt, daß ich hier zu dir hinein schneien werde. Doch siehst, wie alles im Leben wechselt und gerade das, was man am wenigsten erwartet, am ehesten eintritt. — Fahre nämlich nach B. an die Augen- klinik des Professors R., der ich als Assistentin mit vor stehen soll. Geb' zwar nicht gern meine Freiheit auf, doch die Not bricht Eisen, man muß halt für sein Alter sorgen. Nickst alle haben sich so weich gebettet wie du, kühles Blondchen, und wie ich halt auf dem Wege nach B. bin, und mich im Frauencoup4 II. fürchterlich langweile, da höre ich plötzlich, daß die ehrwürdige Kreisstadt L. in wenigen Stunden zu erreick)en ist. Ta sah ich dich plötzlich wieder und erinnerte mich an die znsammenverlebten Stunden gemeinsamer Arbeit und ein Gefühl der Sehnsucht überkam mick Ick stieg bei dem Kreuzungspunkt aus und dampfte hierher. Ein paar Tage gönne mir einen warmen Unter schlupf in deinem Nestchen, bis ich dann in meine Stellung eintreten muß. Doch nun genug von mir, laß dich anschauen. Wie es geht, braucht man ja nickt zu fragen. Du, der Glückseligsten eine. Alles erreicht, wonach sich ein Frauenherz und ein Frauenhirn sehnen kann." Jngeborg hatte ihr schweigend zugehört. Die kleine, nervöse Person war inzwisck)en wie ein Wirbelwind hin und her geflattert. Jetzt zog sie die Freundin zu sich aufs Sofa und sah sie mit ihren lebhaften, dunklen Augen forschend an. „Also so sännt das Glück aus, so ernst und so ruhig. Mir kommt's ganz kircktenstill bei dir vor. Siehst du, darauf habe ich mick gefreut, so einmal auszuruhen und Herz und Seele zu erauicken an dem Anblick zwei glück- sicher Menschen. Wollt' mal aus dem Alltag heraus und nun — " „Und nun? —" erwiderte Jngeborg kackend. „Nun scheinst du enttäuscht. -- Nun sieht dein Sonntagskind
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