Suche löschen...
02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 21.07.1905
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1905-07-21
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19050721027
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1905072102
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1905072102
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1905
- Monat1905-07
- Tag1905-07-21
- Monat1905-07
- Jahr1905
- Links
-
Downloads
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
Vez«g--PretS t» tz« Hauplq^editto» oder deren Ausgabe, stelle» abq»holt: vterteljährlich 3.—, bei zweimaliger lügltcher Zuftetlua, ta» ^ao» Ä.7L. Durch dir Poft bezöge» sür Leutich» >a»d ». Oesterreich vtertelftlhrlich -^l I.ÜO, sür die übrige» LLader laut ffeüunqSprnSiiste. ries« *»«»e, t*s»r« 4II ML auf alle» vabihdfe» »»d III Wh I bei d.» AeÜ»»g<.«er1Llls«» K " s. Ar»»Mo» »d GrpeStttv»; 1LS Fecuiprrcha LL JohswiSgafi» K DreSste»: Marien strotze 84 Aernfprach« Amt I Nr. 17ll^ viNUtt-DMetv verlta r«u!D» ck«i^ Hrrz^i^yrchofb-chdaUdl-, Aerasprach« Amt VI iftr. 4SM Mbend-Ausgade. KiMMIagMiL Handelszeitung. Amtsblatt des Königs. Land- und -es Königs. Amtsgerichtes Leipzig, -es Rates «n- -es Nolizeiamtes -er Lta-t Leipzig. An zeigen-Preis die 6 gespaltene Petitzelle 25 Familien- und Stellen-Anzeigen 20 Finaazielle Anzeigen, Äejchäst-anzeigkn unter Dezi oder an besonderer Stelle nach Taris. Die 4 gespaltene Nrklamrzrtle 7b Auaahmeschtutz Mr Anzeige«. Abend-Ausgabe. vormittag» 10 Uhr. Morgen-Ausgabe; aachmtttag» 4 Uhr. Anzeigen sind stet- an die Expedition zn richte». Extra-Beilage« c«ur mtt der Marge» Ausgabe) nach besonderer Uereinbarung. Die Expedition ist wochentags ununterbrochen aeSffnei »o» früh 8 bi» abend» 7 Uhr. Druck und Vertag von E. Pol» in Leipzig (Inh. l)r. B„ R. L W. »linkbardtl. Herausgeber: vr. Victor Lltukhardt. Ztr. 367. Freitag 2l. Juli tSOS. 89. Jahrgang. Var Wcbiigrie vom Lage. * Der „Petit Parisien" meldet da» wenig» glaubwürdige Gerücht, daß außer dem Prinzen von Wales auch der deutsche Kronprinz nach Tokio reisen werde. * In der Reich-tagSersatzwah l in Fürth-Er langen ist die Wahl des Freisinnigen Bar deck gegen den Sozialisteu Segitz gesichert. (S. Letzte Nachr.) * Ein «euer Ruhstrat-Pr ozeß ist in Sicht, da Bierman» und Schwcynert da» Wi ederausua h me- versahren beantragen wollen. (S. Letzte Nachr.) * Der deutsche Botschafter Fürst Radolin hatte gestern wiederum eine längere Unterredung mit Rouvier. Ferner empfing Rouvier den von Berlin eingetroffenen Botschajter Bihourd. * Da» Kabinett Balfour ist gestern von der Oppo sition überstimmt worden; am 24. Juli soll die Entschei dung mitgeteilt werden. (S. den Artikel.) * Witte traf in der letzten Nacht auf dem Berliner Bahnhof Friedrichstraße ein und setzte nach kurzem Aufent halt Vie Reise fort. Er wird noch heute abend ober Sonn abend früh in Paris von Loubet empfangen werden. Auch ist eine Unterredung mit Rouvier vorgesehen. * Der japanische Friedensunterhändler Komura ist an Bord des Dampfer« „Minnesota" in Seattle (Washington) eingetroffen und vom Mayor offiziell begrüßt worden. Der japanische Konsul überbrachte ihm zahlreiche chiffrierte Depeschen. * Die Leiche des von den meuternden Mannschaften des „Potemki»" inS Meer geworfenen Kommandanten Golikow wurde bei der Küste von Eupatoria ans Land gespült und zur Beerdigung nach Sewastopol überführt. * Wegen der letzten, als falsch bezeichneten Nachrichten über die Auslieferung von Mannschaften des „Polcmkin" wird der rumänische Minister des Aeußeren eine Zirtularnote an die auSwäitigen Regierungen senden. * Im Hafen von Libau sind 137 Matrosen wegen der jüngsten Unruhen verhaftet worden. * Im Perschteratal ist eine türkische Baude auf getaucht, die die dortige bulgarische Bevölkerung mordet und brandschatzt. Die Regierung bat Militär zur Hilfe leistung abgesandt. (S. Letzte. Nachr.) * Infolge derHitze in New Hork ereigneten sick gestern ioO Todesfälle und 400 Hitzichläge. (S. Vermischtes.) Slerilrale UebergrM in ueutrcb-vödmen. Ueber den durch den Erlaß des böhmischen Landesschulrats geschaffenen Konflikt, der im Morgenblatt gemeldet wurde, unterrichtet weiter die folgende, aus Deutsch-Böhmen uns gesandte Dar legung: , t'. Hart an der Grenze unseres vorwiegend pro testantischen deutsclstn Reiä)es, im deutschesten aller böhmischen Bezirke finden wir die Industriestadt Asch, :n deren Mauern sich das einzige Lutherdenkmal in Oesterreich und eine sehr stattliche vrotestantische Kirche, sowie der Bismarckturm sich erheben, beide Wahrzeichen deuten darauf hin, daß die Uscher Bevölkerung durchaus protestantisch und deutsch gesinnt ist. Als Lichtgestalten schweben Luther und Bismarck der Bevölkerung voran, und in ihrem Geiste wirken und schaffen auch die jetzigen Generationen, um den bisherigen vorwiegend evange lischen und rein deutschen Charakter zu wahren. Die Geschichte Aschs hat bewiesen, daß man die Kämpfe, denen man fast ununterbrochen ausgesetzt war, erfolg reich bestanden hat. Alle Klerikalisierungs- und Ver- tschcchisierungsversuche wurden von der in den Sprach kämpfen im Jahre 1897 politisch vollständ q ge reiften Bevölkerung rücksichtslos und energisch abge- wiesen, und es traten, abgesehen von einigen Verbuchen tschechischer Behörden, zweisprachige Formulare ein zuführen, einigermaßen ruhige Zeiten ein. — Aber durch einen neuerlichen Erlaß wurde in willkürlicher Weise und in unverkennbarer Absicht die Ascher Bevöl kerung durch einen Erlaß des k. k. Landesschulrates in Prag aufs Aeußerste erregt. Nachdem man vor langen Jähren mit dem System des klerikalen Absolutismus endlich gebrochen und ein neues, freiheitliches Schulgesetz die Sanktion des kaiserlichen Herrn gefunden, schien es, als ob auch für Oesterreich neue Zeiten Heraufziehen sollten, als ob der verderbenbringende Einfluß der Klerisei auf das Sckml- wesen gebrochen sei. Aber es schien nur so. Denn be reits kurze Zeit nach dem Inkrafttreten des freiheit lichen Reichsschulgesetzes, fingen katholische Abgeordnete, Bischöfe und sogar der Papst an, gegen das Gesetz zu protestieren, und da diesen angesehene Staatsmänner und andere Persönlichkeiten an allerhöchster Stelle ge treulich halfen, so wurden auf dem in Oesterreich sehr gebräuchlichen Wege der „Verordnungen" Erlasse herausgegeben, die samt und sonders den Zweck hatten, die den Schulen durch das Reichsvolksschulgesetz gewähr leistete Freiheit in der Wahl der Lehrkräfte und -Pläne nach allen Richtungen zu beschneiden. Unter diesen Verordnungen und Erlässen aber war noch keiner, der so tiefeinschneidend, erschütternd und vor allen Dingen ungerechtfertigt für die Ascher Schulen war, als der an: letzten Freitage — zwei Tage vor Schulschluß — eingegangene. Nach ihm sollen vom Beginne des kommenden Schuljahres, also 1. September 1905 bereits, anstatt der bisherigen Lehrer an den drei Mädchenvolksschulen Lehrerinnen angestellt wer den und die Leitung von zweien der genannten Schulen O berlehrerinnen übertragen werden. Man überdenke die ganze Tragweite dieses Erlasses des k. k. Landesschulrates! Er würde, wenn er wirk lich in seinem vollen Sinne durchgeführt würde, zunächst zur Folge haben, daß nach den jetzigen Ferien die bis herigen Lehrer und Direktoren der genannten Schulen ihre Stellen durch fremde Lehrerinnen besetzt finden und demnachenormen materiellen Schaden erleiden. Aber dieser käme noch nicht in Betracht, gegenüber dem furchtbaren Schaden, den die Ascher Jugend durch das naturgemäß vollständig veränderte Lchrsystem erleiden würde. Asch hat eine Bevölkerung, die etwa zu sechs Teilen evange- lisch und zu zwei Teilen katholisch ist. Es ist nun be kannt, daß die in Oesterreich gebildeten Lehrerinnen fast ausschließlich katholisch sind und in ausgeprägt kleri kalen Lehrerinnenbildungsan st alten ihre Ausbildung erhalten. Wahrlich kein noch so gut deutsch und protestantisch gesinnter Lehrer oder Pfarrer wird später imstande sein, die Eindrücke zu verwischen und das Gemüt des Kindes wieder in die in religiöser Beziehung freiheitlichen Bahnen zu lenken, die dem Deutschtum durch die Lehre des großen unvergänglichen Mönches Luther gegeben und allein dienlich sind. Es ist nicht anzunehmen, daß man sich in Prag der eminenten Tragweite dieses Erlasses nicht bewußt ge wesen wäre, der bezeichnend ist für die klerikalen Be strebungen der österreichischen Behörden, die neidisch auf den aufstrebenden Protestantismus und das blühende Deutschtum sehen. Anfänglich 4var man in Asch über die Unvorsichtigkeit des k. k. Landesschulrates verblüfft; dann aber brach ein gewaltiger Sturm der Erregung und Entrüstung aus. Noch am gleichen Tage traten die Lehrerschaft, der Ortsschulrat, der Stadtrat und die Obmänner der Vereine zusammen, um Stellung gegen eine solche Verordnung zu nehmen. Schon am.,Montag begab sich eine Abordnung zum Unterrichtsminister v. Härtel nach Wien, um die Zurücknahme dieses Erlasses energisch zu fordern — bisher ohne Erfolg! Es wird nunmehr am Freitag eine Mallen-Protestverfamm- lung stattfinden. Wenn der Erlaß nickt bis dahin zurückgezogen ist, so können sich die Vorgänge des Jahres 1897 wiederholen, bei denen Zehntausende von Men schen vor das Ascher Rcgierungsgebäude zogen, wo Hunderte von Fensterscheiben zertrümmert wurden und bei denen selbst die tollwütigen tschechischen Gendarmen gegen die erregten Menschenmassen nichts ausrichten konnten. valksur in -er Minüerbrit. Die Telegramme des WolffbureauS berichten den folgenden überraschenden AuSgang der gestrigen Sitzung im Hause der Gemeinen, deren erste Hälfte, die Debatte über den Kohlenschrecken, über den Tunnelbau unter dem Kanal und über Makedonien, gemeldet worden ist: * Lands«, 20. Juli. (Unterhaus.) Redmond, irischer Nationalist, stellt den Antrag auf Herabsetzung des Postens de« irischen Budgets, der sich auf die LandeS- kommission bezieht, als Protest gegen die Verwaltung der irischen Lanrakte. Die Regierung spricht sich gegen den An trag aus. Nack längerer Beratung wird der Antrag mit 109 gegen 196 Stimmen angenommen. (Stürmischer Beifall bei den Oppositionellen). Balfour lehnt es ab, sich über die Ansichten der Regierung zu äußern, bis er Zeit ge habt habe, sich mit der Vorlage vertraut zu machen. Die Niederlage der Regierung warvollkommen unerwar tet, da die Beratung vollkommen normal verlausen war, Redmond und andere irische Nationalisten erneuerten ihre Kritiken des Systems, wonach irische Landakte verwaltet werden. Long (kons.) trat für das System ein und kündigte neue Vorschläge an, welche die Durchführung der Alte erleichtern sollen. Diese Vorichläge waren aber nicht befriedigend sür die Nationalist",, ""d um der Unzu friedenheit Ausdruck zu verleiben, beantragte Redmond Herabsetzung des Postens. Trotz der kürzlich von Ballour erlassenen Aufforderung, waren die Ministeriellen nicht in großer Anzahl in der Sitzung erschienen. Als nun die Mitglieder von dem Abstimmungszimmer zurück kehrten, wo sie die Stimmen gezählt hatten, wuchs die Er regung, als es klar wurde, daß die Regierung über stimmt war. Die Liberalen und Nationalisten standen auf, schwenkten die Hüte und riefen laut: „Abdanken! Ab danken!" Die Beifallbereugungen wiederholten sich, als die wirklichen Zahlen der Abstimmung bekanntgegeben waren. Campbell Bannerman richtete an den Premier minister die Anfrage, was er angesichts dieser Niederlage zu tun gedenke. Balfour erwiderte: „Es ist klar, ich kann im Augenblicke keine Erklärung abgeben." Hieraus fragte Redmond, der sehr heftig sprach, den Premier Minister, ob er diele Demütigung ebenso hinunterschlnckeu Wolle, wie er jede andere Abwehung während der letzten zwei Jahre hinuntergeschluckt habe. Balfour entgegnete: „Ich bin mir dieser Demütigungen nicht bewußt. Bis zu diesem Abend hat die Regierung die unfehlbare Unter stützung der großen Mehrheit des Hauses gesunden. Wenn es der Regierung nicht möglich sein sollte, die Geschäfte des L andes mit Würde zu führen (ironisches Gelächter bei den Oppositionellen), so merken wir gewiß nicht den Versuch machen, sie wcitenusiihrcr.. Die Regierung hat eine Niederlage erlitten, wie vielt andere Regierungen bei den Budgelberatungen, aber ich werde nicht ohne vorherige Erwägung eine Erklärung darüber abgeben, ob eS unsere eigene Pflicht ist, das Haus zu ersuchen, die Abstimmun g, zu der es soeben ge kommen ist, für ungültig zu erklären oder nicht. Bevor ich irgend eine Entscheidung treffe, wünsche ich mich mit meinem Kollegen darüber zu beraten. Ich werde am 24. Juli Auskunft darüber geben, was wir anzuuehmen Vorschlägen." Während der ganzen Ausführungen des Ministerpräsi denten war das Haus in heftiger Erregung; Beifall und Wiverspruch wurde laut. Schließlich vertagte sich das Haus; die Mitglieder entfernten sich in erregter Unterhaltung über die Lage. Die unionistischen Blätter bringen in ihren Be sprechungen die Meinung zum Ausdruck, daß die Regierung der Abstimmung wahrscheinlich keine besondere schwerwiegende Bedeutung beimesse, sondern daß sie jedeufalls daS HauS um Zurücknahme der Abstimmung ersuchen werde. Die Dinge scheinen ihren Gang zu gehen; dennoch kontrastiert Balfour neues Mißgeschick aufs lebhafteste mit dem Erfolg, den er am Dienstag bei der ministerielle» Parteiversammlung im Foreign Office davongetrage» hat. Dort wurde dem Premier von den Gouvernemeutale» irr „höchst harmonischer Zusammenkunft" ein guter Empfang bereitet. Die „Times" spöttelten zwar leise, „daß dieser Empfang, noch nach der im Parlament beim Butlerscheo Ausschußbericht und den Beschlußanträgen über die Neu ei« teil» ng der Wahl- bezirke entwickelten schlechten Leitung großmütig genannt werden durfte. Herr Balfour erachtete e», da er seine Freunde in so milder Stimmung fand, nicht für nötig, das Bußhemde überzuziehen oder sich sonst irgeud- wie reumütig zu gebärden, und auderseit» wurde auch nichts ersichtlich, woraus mau hätte schließe» können, daß seine Anhänger dieser Haltung gegenüber enttäuscht feie«. ES war keine Krisis zu lösen und keine »eue politische Frage in Erwägung zu ziehen. Die Versammlung war viel mehr einfach eine freundschaftliche Konferenz." Man rietBalfour, Disraeli nachzuahmen, er wollte sich nach Gladstone richten; aber niemand kannte seine Intentionen, weil er sie selbst nicht kannte. Herr Joseph Chamberlain hat vor vier Tagen erklärt, daß er seine vor einigen Monaten geäußerte Ansicht, daß eine Neuwahl wünschenswert sei, geändert habe und zu der Ueberzeugung gekommen sei, eine frühe Auflösung des Parla ments sei nicht nötig. Herr Chamberlain wird jetzt seine Ansicht über den Premier revidieren; den» die Gleichgültig keit, die nach dem „Daily Chronicle" eine Ueberrumpelung durch die Opposition gestatten würde, ist begangen worden. Man sitzt in der Klemme. Feuilleton. 27, Vie beiden Hallermunds. Lon A. Dom. Sia»druS »erboiea. Ter Graf neigte -en Kopf. „Also das ist erledigt. Nur möchte ich noch hinzufügen, daß dir diese „Freiheit" Dir nickt so ganz unbedingt vorzustellen hast. Kein Schritt vom Wege, nur eine ehrbare Frau darf heim kehren in das Haus und Heim der Hohenbüchen. Ob auch Meere zwischen uns liegen, du wirst niemals un bewacht sein, daran denke stets!" «Ich l;abe so viele Beleidigungen mir von dir sagen lasten, daß es auf eine nrehr oder weniger nicht an kommt!" antwortete sie bitter. Er zuckte gleichgültig die Schultern. „So mache dich reisefertig. Ich selbst habe begreiflicherweise weder Zeit noch Neigung, länger, als unbedingt nötig ist, an ein und demselben Ort mit einem Manne zu verweilen, der mich tödlich beleidigte, und den zu strafen, ich äugen- blicklich machtlos bin. Auch müssen wir sobald al- möglich in Bordeaux sein, wo wir ein Schiff für Vera- eruz finden." Sie dachte einen Augenblick nach. Und sie kam eben falls zu Hem Entschluß, daß eine möglichst schnelle Ab- reise unter den Umständen da- Richtigste sei. werde ich der Ferrare meine Anordnungen mit- k . , . teilen", sagte sie kalt. „Und die Kinderwärterin, die so unfreiwillig mit nach Ajaccio kam und die ganz an stellig und geschickt ist, werde ich mit mir nehmen. Sie genügt vorläufig. — Alles Hauptgepäck befindet sich noch auf dem „Eros"I" „Es soll sofort umgeladen und zur Bahn geschafft werden. Es geht ein Zug am Abend nach Bastia, wir können morgen bereits in Livorno sein. Mein Kurier erwartet uns dort, oder in Bordeaux, um alles Nötige für die Reise zu besorgen!" Sie nickte. „Ich werde also von Janos Abschied nehmen" — sagte sie, und den finsteren, abweisenden Blick ihres Gatten wohl gewahrend, setzte sie trotzig hin zu : „Glaube nicht, daß ich mir das verwehren laste. Also versuckie gar nicht, zu opponieren, es würde dir doch nichts nützen. Außerdem würde es geradezu grausam sein, einen todkranken Mann ohne Abschied zu ver- lassen!" „Tue, was du willst, es ist der „Abschied" -er am wenigsten schimpfliche Anteil, welchen die Gräfin Hohen büchen an dem Geschick eines Unwürdiger! nimmt." Sie senkte das Haupt. Scham, unbändiger Zorn flammte in dem schönen Gesichte auf. Aber sie ballte nur die Hände fest zuL Faust und wandte sich, um das Zimmer zu verlassen. Der Graf öffnete ihr die Tür. „Also um sechs Uhr hoffe ick dich und deine Begleite rinnen reisefertig zu finden!" Sie sah ihn zornig an. „Unter Zwang, jawohl!" antwortete sie und rauschte dann an ihm vorüber. XXI. Der Monat Mai war zu Ende und im Park von Hoheirbuchen lvar lächelnd in aller Pracht und Herrlick)- keit der Frühsommer eingezogen. Eine laue, weiche Luft trug auf kosenden Schwingen den „Duft von tausend Blüten" mit sich und das Singen und Werben und Wer- den ringsum, drang den Mensckzenkindern ins Herz hinein und brachte frische, frohe Lebensfreudigkeit mit sich. Aus dein herrlichen Buchenwald leuchtete die Wald wiese, und auf dem smaragdgrünen, kurz geschorenen Rasen spielten die goldenen Sonnenfunken und haschten sich und taumelten hinein, bis in die dicke Schicht des braunen, vorjährigen Laubes auf dem dunklen Wald boden. Der .(luckuck rief aus der Ferne, die wilden Tauben girrten, ein Raunen und Rauschen ging durch die mächtigen Baumkronen und ein wolkenloser, licht blauer Himmel lag über der Erde. Seit sinigsn Tagen war der Graf mit den Kindern, Loni und Frau Seebach und in Begleitung von Doktor Moeller nach Hohenbüchen zurückgekommen. Den Kin dern war mitgeteilt kvorden, daß die Mama krank sei und darum noch im „warmen Süden" bleiben müsse. Loni und Frau Seebach hatten natürlich den wahren Sachverhalt erfahren. Der Traf hatte Loni ernst und treuherzig gebeten, seinen Kindern fernerhin eine treue Freundin und Erzieherin zu bleiben und sie wiederholt dem Schutze und der Fürsorge der bewährten Frau See bach empfohlen, da sein Dienst ihn nur ganz kurze Zeit für einen Aufenthalt in Hohenbüchen erlaubte. Doktor Moeller, der sich des Grafen unbedingtes Vertrauen er worben und der als Sohn des alten Gutsinspektors, so zusagen auch ein Stück Heimat war, sollte noch einmal gründlich >den Gesundt-eitszustand in Tonnersberg prii fen; und der Graf l-attc dem Arzt'auch ganz offen und riickl-altslos sich anvertraut, aus mehr als einem Grunde. Loni und Ulla spielten Tennis auf der Walowieie. wo ein schön gepflegter Tennisplatz angelegt rvar. Der kleine Ditti lies den Bällen nach, um die Wette mit zwei großen, schottischen BerghuUden, die von vornberein der Ansicht waren, daß die Bälle nur für ihr Prü>atvee- gnügen geworfen wurden, und die sick nun mit possier lich täppisclwn Geberden um die Wette mit Ditti auf dein weickren Rasen kollerten. Unter den Bäumen saß eine Kinderfrau und häkelte, ein Diener stand unweit davon, jedes-Rufes gewärtig. Plötzlich schluiwn die Hunde an und stellten sich kerzengrade, um in: näckfften Augenblick mit einen: Freudengeheul zwei Herren ent gegenzustürzen. Loni und Ulla unterbrachen ihr Spiel, während Graf Hohenbüchen und Doktor Moeller grüßend näher traten. Letzterer im leichten Tenniskostüm, das Raquet in der Hand, bemächtigte sich gleich einiger umherliegender Bälle, die er leicht und gewandt bis an das Netz schlug. Der Gras sprach einige freundliche Worte mit Loni und nahm Ulla, die ihm entgegengelaufen war, an die Hand. Die Wärterin hatte sich erhoben und war zu Ditti ge gangen, der, mit dem Rücken in dem Grase liegend, in
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)
- Doppelseitenansicht
- Vorschaubilder
Erste Seite
10 Seiten zurück
Vorherige Seite