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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 01.06.1904
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1904-06-01
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-19040601010
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1904060101
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1904060101
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1904
- Monat1904-06
- Tag1904-06-01
- Monat1904-06
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BezugS-PreiS st, der tzauplexpedttion oder deren Ausgabe» stelle» abgeh alt: vierteljährlich 8.—, bei zweimaliger täglicher Zustellung in« Hau» 3.7b. Durch die Post bezogen für Deutsch land u. Oesterreich vierteljährlich ^l 4.50, für die übrigen Läuder laut ZeitvugSpreiSliste, Nrvaktton: JohanniSgasse 8. Sprechstunde: i^—8 Uhr Nachm. Fernsprecher: 153. ErpebMa»: JohanniSgasse 8. Fernsprecher: 222. Filtalerpedtttonen: AlfredH a h »,Buchhandlg.,UntvrrsitStSstr.S (Fernspr. Nr. 4046), L. Lüsche, Katharinen- straße 14 (Fernsprecher Nr. 2S3Ü) u. Königs- platz 7 (Fernsprecher Nr. 7505). Haupt-FUtale Dresden: Marienstratze 34 (Fernsprecher Amt I Nr. 1713). Haupt-Filiale verlt«: CarlDuncker, Herzgl.BayrHofbuchbondla.. Lützowstraße 10(tzernsprech«rAmtvINr.460Z.) Morgen-Ausgabe. MiMer TaMaü Anzeiger. Amtsblatt des Königliche« Land- und des Königlichen Amtsgerichtes Leipzig, -es Rates und des Rolizeiamtes der Ltadt Leipzig. Anzeigen-PreiS die 6gespaltene Petitzeile 25 Reklamen unter dem Redaktion-strich (4 gespalten) 75 nach den Familiennach- richten («gespalten) 50 Tabellarischer und Zisfernsatz entsprechend höher. — Gebühren für Nachweisungen und Ojserlenannahme 25 -H. ttzxtra-Veilagen (gefalzt), nur mit der Morgen-Ausgabe, ohne Postbeförderung ^lll 60.—, mit Postbesördrrung 70.—. Annahmeschlusz für Anzeigen: Abend-Ausgabe: vormittags 10 Uhr. Morgen-Ausgabe: nachmittag» 4 Uhr. Anzeigen sind stet» an die Expedition zu richten. Die Expedition ist wochentags ununterbrochen geöffnet Ul>» früh 8 bis abends 7 Uhr. Druck and Verlag von 8. Polz in Leipzig (Inh. vr. V., R. L W. Kliukhardt). Nr. 274. Mittwoch den 1. Juni 1904. 88. Jahrgang. Var Wchligrte vom Lage. * Die angekündigten Beratungen zwischen Buchhändlern und dem Akademischen Schutzverein fanden gestern im Leipziger Buchhändlerhause statt. (S. Dtsch. Reich- * Die deutsche Abt eilung der Weltausstellung in St. Louis wurde am Montag durch den deutschen Kommissar Lewald in Anwesenheit des deutschen Konsuls Rielosf und zahlreicher Ehrengäste in feierlicher 'Weise formell eröffnet. Abends fand im deutschen Hause ein von Lewald zu Ehren der Tochter des Präsidenten Alice Roosevelt gegebener glänzender Ball statt. * Die Deutsche Gesellschaft zur Rettung Schiff brüchiger hält gegenwärtig ihre Deleaiertenversamm- lung in Stuttgart ab. (S. Dtsch. Reich.) * Prinz-Regent Luitpold von Bayern verlieb dem preußischen Kriegsminister v. Einem das Großkreuz des bayerischen Militärverdienstordens. * Die württembergische Regierung hat sicherem Bernehmen nach die Zulassung der Feuerbestattung beschlossen. * Die Kanalkommission des preußischen Ab geordnetenhauses nahm gestern ß 1 der Vorlage über Regelung der Wasserverhältnisse der Ober an. (S. Dtsch. Reich.) * Der Landtag von Reuß j. L. überwies gestern die Petition um Erlaß eines Landesgesetzes gegen die Jesuiten der Regierung. (S. Dtsch. Reich.) * In München wurde gestern die erste Ausstellung des deutschen Künstlerbundes in Gegenwart des Prinzregenten eröffnet. (S. Feuilleton.) * Die Einigungsverhandlungen im Hamburger Brauerausstand nehmen nicht den erwarteten günstigen Verlauf. Die Verhandlungen vor dem als Einigungsamt angerufcnen Gewerbegericht werden Montag fortgesetzt werden. (S. Dtsch. Reich.) * Der Kommandant des Hafens von Kronstadt wurde durch kaiserlichen Ukas zum Chef der Verteidigung des baltischen Meeres ernannt. (S. Rußland.) Zäch», evang.- roriale Vereinigung. Wir werden um Abdruck des folgenden programmati- schen Artikels ersucht: Es ist aus Anlaß der Verweigerung der Thomas- und anderer Kirchen Leipzigs für den Festgottesdienst der Sächsischen evangelisch-sozialen Vereinigung viel darüber verhandelt worden, ob dieselbe einen politischen bezw. parteiischen Charakter trägt oder nicht. Daß eine Kirche, jede Kirche, verweigert werden muß für eine Partei, einerlei ob politisch oder kirchlich, unterliegt keinem Zweifel. Aber die Erklärnng des derzeitigen Vorsitzenden der Vereinigung, des Pfarrers Friedrich-Zschorlau (in Str. 263 des „Leipz. Tagebl." von Donnerstag, den 26. Mai), hat auf das Bestimmteste dargetan, daß cs sich in der Vereinigung ausschließlich um eine Aktion im Sinne der evangelischen Kirche handelt. Wir kommen auf die Frage nicht wieder zurück, um so weniger, als durch das Entgegenkommen des Kirchenvorstandcs der Matthäi- gemeinde und durch die Genehmigung der Kircheninspek tion der Gottesdienst nächsten Sonntag um 6 Uhr abends in genannter Kirche stattfinden kann. Was wir beab sichtigen, ist eine kurze Darlegung dessen, was eigentlich die Sächsische evangelisch-soziale Vereinigung will. Der Grundgedanke ist der: Die evangelische Kirche darf nicht mehr dem notorischen Abfall des Industrie arbeiterstandes untätig zusehen. Das aber ist leider der Fall. Von der evangelischen Kirche aus geschieht so gut wie nichts zur Wiedergewinnung der entfremdeten Volks- massen. Man weise ja nicht auf die Innere Mission und auf andere wohltätige christliche Unternehmungen (Be scherungen und ähnliches) hin. Die sind notwendig und gut. Wo Christentum ist, da muß es in helfender Liebe tätig sein. Allein mit der Wohltätigkeit, und wäre sie noch so reich, trifft man die nicht, um die es sich handelt. Es ist ein Vorurteil, das in weiten Kreisen der vornehmen Welt verbreitet ist, als ob alle Arbeiter mehr oder weniger unterstützungsbedürftig wären. Man unterschätzt die Kraft, die sich selber helfen kann und zu helfen bereit ist. Es muß notwendig unterschieden werden zwischen einem vierten und einem fünften Stand. Der vierte, das ist die aufstrebende Arbeiterschaft, die jede Wohltätigkeit als eine Beleidigung zurückweist. Der fünfte Stand, das sind alle die, welche in sich nicht das kernige Bewußtsein ihres Standes tragen, und deswegen jederzeit bereit sind, auch durch Almosen ihr Los sich zu erleichtern. Von einem Abfall im fünften Stande kann keine Rede sein — der hat gar nicht die geistige Kraft, sich gegen eine Weltanschauung wie das Christentum aufzu lehnen. Aber der vierte Stand will sich loslösen und macht sich seine eigene Welt zurecht und träumt den Traum von Macht und Herrschaft. Und eine so selbst ¬ bewußte Arbeiterschaft will man mit Wohltaten ein fangen? So billig kommt die evangelische Christenheit nicht weg. Mit ein paar Millionen für Diakonissen häuser und Gemeindepflegen ist es nicht getan. Das einzige, das Erfolg verheißt, sind persönliche Opfer. Persönliche Fühlung mit der organisierten Arbeiterschaft, persönliche Darlegung der christlichen Ge danken vor Versammlungen und Vereinen, darauf kommt es an. Die Bearbeitung des einzelnen Arbeiters kommt daneben kaum in Betracht, einmal ist der einzelne schwer zugänglich für eine eingehende Diskussion über religiöse Dinge, und sodann entspricht dieser Versuch auch nicht dem Mute, der uns evangelische Christen beseelen soll, wenn wir für unsere Kirche werben. Also hinein ins Volk! Lasse sich keiner zurückjchreckcn durch die bitteren Reden, die er dort zu hören bekommt, durch die schweren, oft ungerechten Vorwürfe, durch die wegwerfende Art, mit der über heilige Tinge gesprochen wird! Kein Mißerfolg, kein Hohn darf uns die Geduld zer reißen, mit der wir durch Jahrzehnte unser Ziel verfolgen wollen. Daß es hier eine Lücke auszufüllen gilt, muß jeder sehen, der Augen hat. Missionare werden aus gesandt, um unter wilden und halbwilden Völkern evan gelisches Christentum zu verbreiten, die Los von Rom- Bewegung wird kräftig unterstützt, um unsere Kirche festen Fuß fassen zu lassen in katholischen Ländern, und in der Heimat getraut man sich nicht, mit den An gehörigen des eigenen Volkes über das Evangelium zu reden! Diesen Zustand der Schwäche will die Sächsische evangelisch-soziale Vereinigung überwinden. Sic steht schon in der Arbeit drin und veranstaltet öffent liche religiöse Diskussionen (so z. B. nächsten Montag in L.-Anger-Crottendorf A-9 Uhr in den „Drei Mohren"). Daß sie für dieses Werk die Zustimmung aller findet, erwartet die Vereinigung nicht. Manchem erscheint der Weg zu dornenvoll und aussichtslos. Aber weder die Schwierigkeiten noch die Ungewißheit des Erfolges wird die Vereinigung zurückhalten: sic fühlt sich einfach ge bunden durch den Geist der evangelischen Kirche. Der aber drängt vorwärts und läßt uns keine Ruhe so lange, bis wir mit denen, die durch politische Gedankengänge von unserer Seite gerissen sind, wieder in religiöse Ge meinschaft getreten sind. Die Sächsische evangelisch soziale Vereinigung glaubt an die Macht des evangelischen Gedankens. Pastor Isiebstsr. ver HuManck der Herero. Ankunft von Ansiedler - Abgeordneten in Hamburg. Mit dem Dampfer „Lucic Woermann" sind in Ham burg am Montag die Herren Franz Erdmann, Carl Schlettwein und M. Kirsten eingetrosfen, die als Abgeordnete der durch den Herero-Ausstand in Deutsch- Südwestafrika gesündigten deutschen Ansiedler in Ge meinschaft mit den bereits in Deutschland befindlichen Herren Voigts und Erhard die Interessen der ge schädigten Landsleute wegen der Entschädigungen wahr nehmen wollen. Sie werden zur Aufklärung über die wahre Lage und die Gesinnung der Ansiedler in Südwest afrika eine Denkschrift veröffentlichen, die schon in allernächster Zeit erscheinen wird. Nebel al» Verteidiger der Herero wird mit seinen Beschimpfungen und Verleumdungen unserer Truppen gründlich abgeführt in einem Briefe eines deutschen Soldaten, der in der Front vor dem Feinde in Deutsch-Südwestafrika steht. In dem Briefe, den die „Deutsche Ztg." veröffentlicht, heißt es: Wenn Bebel sagt, daß noch keine lebenden Herero in die Hände der Deutschen gefallen seien, sondern nur tote und daß em Befehl existiere, überhaupt keine Gefangenen zu machen, so erwähne ich nur, daß beispielsweise zur Zeit in Okahandja mehrere kriegsgefangene Herero und fünf Hererofraucn sitzen. Jedermann kann sie täglich sehen, wenn sie des Morgens den Platz reinigen. Herr Bebel aber geht noch weiter und sagt: „Mes, was lebend ist und schwarze Farbe hat, soll isicdergc- schossen werden, also demnach auch Frauen und Kinder!" Das ist natürlich ebenfalls Unsinn, denn daß es nie einen Befehl gegeben hat, Frauen zu erschießen, ist selbirverständlich, und folgende persönliche Erlebnisse mögen Ihnen das beweisen: Als wir mit 20 Mann der 4. Feldkompagnie am 19 März bei beginnender Dunkelheit einen Ueberfall auf eine Herero- Werft südöstlich von Okasembo-Okatjembo machten (wobei wir mehrere hundert Stück Vieh erbeuteten), befand sieb Schreiber dieses in der Schützenlinie direkt neben dem den Zug führenden Oberleutnant v. Estorfs. Wir schlichen uns lautlos beran, und die Dunkelheit war völlig hereingcbrochcn, als wir die Werft erreichten. Da sab ich im Scheine des Lagerfeuers einen Herero, der im Begriff stand, nach den Viehträlc» zu gehen. Ich lege an, um zu schießen, als Oberleutnant von Estorfs mir leise zuruft: „Nickst schießen, ich glaube, cs iil eine Frau!" Es war unmöglich, in der Dunkelheit dies mir Sicher heit festzustellen, aber da es möglicberlveise doch eine Frau sein konnte, durfte nicht geschossen werden! Jetzt waren wir tv- merkt worden, ein lebhaftes Schützcnfcuer begrüßte uns, aber unter Hurra und dem Sachen desGcwchrfeuers drangen wir in die Werft ein, worauf sich der Feind unter dem Schutze der Dunkelheit zurückzog, alles im Stich lassend. Nach dem letzten Gefecht bei Onganjira wurden zwei Frauen mir einem Kinde gefangen. Der Herr Oberst Lentweiu befahl, ihnen Proviant zu geben, und ließ sie dann einfach laufen. Und doch sind es die Hererofraucn, die all die Verstümme lungen an den Leichen der ermordeten Farmer und Ansiedler ausrührten I In den Gefechten selbst stehen die Weiber direkt hinter den kämpfenden Herero und feuern diese durch laute Zurufe zur Tapferkeit an. Sie klatschen dabei in die Hände, ähnlich wie bei ihren Tänzen, und während der Tauer des gan zen Gefechtes kann man sic deutlich hören. Man kann es deutlich beobachten, wie die Herero mitten im Gefecht, während des tollsten Schützenfeuers, mir beispielloser Tapferkeit in die Reihen der Kämpfenden eindringen, um ihre Toden und Ver- Mundeten herauszuschleppcn. Es muß dies, meint man, unbe dingt mit ihrem Aberglauben irgend etwas zu tun haben, und das ist auch der Grund, weshalb wir fast keine verwundeten Herero gefangen nehmen können. Während unsere Truppen, nach dem (tzefechl bei Onganjira, dann, von Otjizazu vorrückcnd, bei Okatumba fochten, wurden bei Onganjira die Gräber unserer gefallenen Kameraden von den Herero geöffnet. Die Leichen wurden der Kleider beraubt, geschändet und dann nackend im Grabe aufrecht hingestellr. Natürlich haben dies ebenfalls Frauen getan, und auch dies mag mit ihrem Aberglauben Zu sammenhängen. Verlustliste Nr. 5. Der „Reichsanzeiger" veröffentlicht dte Verlustliste Nr. 5 über die Angehörigen des Marine-Expeditionskorps in Südwcstafrika. Danach sind: a. Gefallen: Maschinenkanonenabteilung des Marineerpeditionskorps bei Outjo am 9. Mai 1904: 1) Obermatrose Wilhelm Schwanke aus Kassel. b. An Krankheiten gestorben: Maschinen kanonenabteilung des Marineexpeditionskorps: 2) Ober leutnant z. S. Hermann Mansholt aus Ditzum (Kreis Weener) am 14. Mai 1904 in Otjihaenena; 1. Seebataillon: 3) Seesoldat Jakob Völkel aus Bülzheim (Amt Germersheim) am 11. Mai 1904 in Otji haenena: 4) Einjährig-Freiwilliger Gefreiter Friedrich Botten aus Kiel am 15. Mai 1904 in Windhuk; 5) Seesoldat Ernst Borkenhagen aus Lassehne (Kreis Köslin) am 18. Mai 1904 in Otjihaenena: 2. Secbataillon: 6) Seesoldat Josef Grünewald ans Uffolz (Kreis Tann) am 4. Mai 1904 in Windhuk; 7) Seesoldat Heinrich Bindel aus Gronau bei Bruchsal am 8. Mai 1904 in Otjihaenena: 8) Seesoldat Christian Fischer aus Ansbach in Hessen am 9. Mai 1904 in Outjo; 9) Scesoldat Alwin Zenka aus Klein-Ahienig bei Großenhain in Sachsen am 13. Mai 1904 in Otji haenena; 10) Unteroffizier Theodor Becker aus Löder- burg (Kreis Calbc a. S.) am 16. Mai 1904 in Otji haenena; 11) Seesoldat Emil Willien aus Oberbnrg- haupt (Kreis Tann) am 20. Mai 1904 in Otjihaenena. S. M Schiff „Habicht": 12) Matrose Alex Schrö der ans Iserlohn am 29. April 1904 in Windhuk. e. Vermißt: 2. Seebataillon: 13) Seesoldat Her mann Tietz ans Loschen (Kreis Pr.-Eylau) seit 9. Mai 1904 bei Outjo. ck. Verwundet: Auf der Eisenbahnfahrt nach Karibik am 23. Mai 1904: S. M. Schiff „Habicht": 14) Oberleutnant z. S. Friedrich Hermann aus Rügonwaldermünde (Kreis Scblawe), leicht; 2. Secbataillon: 15) Seesoldat Karl Kießling aus Bernau (Niederbarnim), leicht. ver r«55i§ch-iapanir»e Krieg. wie Vie russische Jugend über den Aries n»it Japan belehrt wirb. Um der „verkehrten Darstellung der revolutionären Presse" und die politische Agitation, die „von einem elenden Haufen übelgesinnter Leute" betrieben wird, entgegenzutreten, bat das Ministerium für Bolksaufklärung ein Rundschreiben an die Leiter der stöberen Lebranstalten erlassen. Darin werden genaue Anweisungen gegeben zur Veranstaltung von Vor trägen über die russische Politik. Nachdem die Uneigen nützigkeit und Friedfertigkeit, von der Rußland bei all seinen Eroberungen geleitet werde, gebübrend hervorgcboben worden ist, wird die Entsteknng und Bedeutung des Krieges in folgender Weise dargestellt: Die Mantschurei, bis dahin eine wilde und wenig bekannte Gegend, wird auf einmal zu einem Anziehungspunkt für industrielle und kapitalistische Interessen Englands und Amerikas. Es wird Beschluß gefaßt, Rußland aus der Manlschurei zu verdrängen, nm seinen Platz einzunehmen und die Früchte seiner Kulturtätigkeit zu ernten. Rußland kann seine Lebensintcressen nicht opfern. Die beiden Staaten schieben gegen Rußland Japan vor, das ihr gefährlicher Nebenbuhler im Seehandel und in der Industrie ist. Sie rechnen darauf, daß ein Krieg sowohl Rußland, wie auch Japan schwächen werde, was sie zum eigenen Vor teil ausnutzen werden. Während der Verhandlungen mit Japan machte Rußland immer weitere Zugeständnisse. Rußland wünschte keinen Krieg. Japan traf seit zehn Jabren Kriegsvorbereitungen und wurde, je nachgiebiger Rußland sich erwies, immer anspruchs voller. Die letzte russische Note war im denkbar friedlichsten Tone abgesaßt. Japan kannte deren Inhalt und da es sah, daß die Note alle Borwände zur Kriegserklärung beseitigt bätte, so fing es die Note aus dem Lelegraphendrahte ans, so daß sie dem russischen Gesandten nicht zugestellt wurde; dann brach Japan die diplomatischen Verhandlungen mit Rußland ab und über fiel ohne Kriegserkläruna unsere Flotte und unsere Schiffe „Warjag" und „Korejetz", die friedlich bei Tichemnlpo lagen. Die Bedeutung deS Krieges als einer ersten Phase in der Entwicklung des Panmongotismiis, jener furchtbaren Gefahr, die schon längst von dem deutschen Kaiser (sein Bild) und vor ihm von unseren Schriftstellern Wlad. Solowjew »Drei Gespräche! und Dostojewski voransgesehen wurde. Rußland ist wieder zu einer Hüterin des christlichen Europa gegen die Mongolen geworden. Ganz Europa ist sich dessen bewußt ^Deutschland, Frankreich, Italien, Slavische Völker). Slaven, Franzosen und Buren melden sich als Freiwillige zu unserer Armee. Gegen uns war die sogenannte gelbe Presse Englands und Amerikas. Aber auch in dieser Presse macht sich in der letzten Zeit eine Wendung zugunsten Rußlands bemerkbar. In welcher Weise mag man in Japan dasselbe Thema behandeln? Was ist Wahrheit?! Dalny. Aus Tokio meldet Reuters Bureau: Die Ruffen räumten Dalny Hal« über Kopf, nachdem sie versucht hatten, die Stadt zu zerstören. Die japanischen Patrouillen berichten, daß mehr als lOO Gebäude, Kascrnements, Depots, Eisen bahn- und Telegraphenbureaus beschädigt worden sind. 200 Eisenbahnwagen wurden unbeschädigt vorgefunden. Die Russen zerstörten den großen Kai und sperrten die Einfahrt zu dem Haseubasfin mit versenkten Dampfern. Die Anlage brücken haben nicht gelitten. Man glaubt, daß die Armee des Generals Oku Dalny unverzüglich besetzen wird. Vor Port Arthur. Aus Tokio meldet „Reuters Bureau": Am Montag früh sandte Admiral Togo 4 Kanonenboote, 2 Torpedo- boolüzerstörer und 2 Torpedoboote nach Port Arthur, die dort unter dem heftigen Feuer der Strandbatterieen eine sorgfältige Durchforschung des Geländes vornahmen und fest« stellten, daß die Russen auf einem der beiden neuen Fort an: Vorgebirge Liantieschan eine neue Scheinwerferstation einrichteten. Kanonenboot Nr. 3 wurde von einem feind lichen Geschoß getroffen, wobei ein Unteroffizier getötet und 3 Mann verwundet, sowie ein Geschütz beschädigt wurden. Die übrigen Kanonenboote blieben unbeschädigt. Nnropatkin» Pläne. Eine Meldung des „Daily-Expreß" auS Tschifu vom 30. Mai besagt: Die russische Armee bei Liaojang setzt sich in Bewegung. Es verlautet, die Russen unternehmen den Marsch nach Süden infolge direkter Befehle des Zaren. Kuropatkins Ziel sei augenscheinlich eine Stellung etwa im Südosten von Liaojang. Seine Tätigkeit wird verursacht durch die beständigen Umgehungsbewegungen der Japaner, die ihn zu umzingeln drohen, falls er nicht aus- bricht und die angebotene Schlacht annimmt. Es wird nicht für wahrscheinlich erachtet, daß der Marsch nach Süden im Zusammenhänge stehe mit der Absicht, Port Arthur Entsatz zu bringen; mit dieser Bewegung werde vielmehr versucht, das Ansehen der russischen Waffen wiederhcrzustelleu. weitere Meldungen. Petersburg, 3l. Mai. Nach einer Drahtnachricht aus Wladiwostok sind in der Bai PeterS des Großen, an der die Festung liegt, an mehreren Stellen japanische Minen bemerkt worden, die vermutlich bei starkem Nebel durch japanische Schiffe gelegt wurden. In der Usuribucht ist ein Boot durch Explosion zerstört worden. Aus Charbin und angeblich auch aus Mulden begibt sich die russische Civilbevölkerung, namentlich Frauen und Kinder, nach dem Westen, da man große Kämpfe für bevorstehend hält. Kiel, 3l. Mai. Das russische Marineministerium hat bei der Newsky-Werst in Petersburg lO Stück 350-Tonnen- Torpedvbootzerslörer in Sektionen zerlegen lassen, um sie mit der sibirischen Bahn nach Port Arthur zu senden. Deutsches Deich. * Leipzig, 31. Mai. * Der Alldeutsche Verband hat getagt, diesmal in Lübeck. Früher war das immer ein Signal zu einer großen Attacke aller mehr oder minder unfreiwillig Gou- vernementalen aus den Untertanenverstand, der die Grenzen des Möglichen nicht zu erkennen vermöge. Und diese Attacke wurde auch »ütgeritten von anderen Leuten, ans anderen Interessen, von Linksern. Im Liede vom Grasen Eberhard wird das sehr hübsch ausgedrückt: „Ich stritt ans Haß der Städte und nicht nm euren Tank". Diesmal sind die Kritiken harmloser ausgefallen, als man vermuten konnte — wenigstens vorläufig. Und dabei ist der Tag nicht zahmer gewesen als üblich. Auch über das Ziel hinaus wurde geschossen — wie üblich. Ta heißt es z. B. in der M a r o k k o - R e s o l u t i o n : „Der Alldeutsche Verband würde es für eine unverantwort liche Versündigung gegen die dauernden Interessen des deutschen Volkes halten, wenn die Reichsleitung die im Augen blick gebotene Gelegenheit versäumen würde, die deutschen Ansprüche auf Marokko durchzu setzen und da selbst feilen Fuß zu fassen." Wir für unfern Teil sind bescheidener — wir würden die „Versündigung" nicht in der Erfolglosigkeit, sondern erst in dem mangelnden Willen erblicken. Und doch ist die allgemeine Beurteilung der alldeutschen Forderungen diesmal viel weniger abfällig als sonst. Sogar die Presse der freisinnigen Vereinigung kann nicht umhin, wenig stens den berechtigten Kern in den Ausführungen Pros. Hasses anzuerkennen und mit ihm die Unsicherheit in der Führung der Rcichsgcschäfte während der „kaiserlosen, der schrecklichen Zeit" zu beklagen. Sind wir im lieben Vaterlande anspruchsvoller geworden oder die Verhält nisse trüber? * Akademischer Schnhverein und Buchhändler. Im Deutschen Bnchhändlerhause fand heute unter dem Vor sitz des Reichsgerichtsrates Spahn eiste Ausschußsitzung non Buchhändlern und Mitgliedern des Akademischen Schutzvcreins zur Besprechung verschiedener noch bestehen gebliebener streitiger Punkte statt. Ein Protokoll über die Sitzung, zu der jede Partei 11 Mitglieder entsandt batte, soll später veröffentlicht werden. * Zum Kamps tu der „Gartenlaube" wird uns von der Firma Rudolf Mosse mitgeteilt, daß ihre Erklärung vom 2. Dezember l!)Ol, worin der Firma Scherl die geschäftliche Freundschaft und jeder Anzeigenverkehr zwischen beiden Firmen ansgekündigt wurde, nicht im Anzeigenteil der „Gartenlaube" erschienen ist. Es seien nur einige ganz all gemeine Empfehlungen der Annoncen Erpedition Rudolf Mosse erschienen, aber selbst diese habe die Firma Aug. Scherl G. m. b. H. beanstandet. * Verltn, 31. Mai. * Die Kanattammissian »es preußischen Abgeordnete,,-' Hauses beriet ani Dienstag die Vorlage, betreffend Maß regeln zur Regelung der Hochwasser, Deich und Vorslut- verhältniffc an der oberen und mittleren Oder, l sieht vor, daß der Oberpräsideni von Schlesien einen Plan zur
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