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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 21.12.1904
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1904-12-21
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-19041221028
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1904122102
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1904122102
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1904
- Monat1904-12
- Tag1904-12-21
- Monat1904-12
- Jahr1904
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B«. lsost- mit «er- berg, de« ' z°- ,de«. 8 11 ) ab >681 (et,. aus von lchen lngS- iweit der- dem inter "ichS- letzeS Allg. und zum 196) ein- ««d 3 3), weg- hluß und 1900 leten und Sl-S- utzer ren ascht am aus «eS heit irma ) b«. ttn, 8vr- vähr «de j ein de« Das ist, tti- die vpf- ktten kir.. ische Ntste icher de- . 10 anze )ßeu »ahl stige die die vei »er ra, die du >Nd ttzN )er ^n nd BezugS-PretS in der Hauvlexpedttio« oder deren Ausgabe stellen abgeholt: vierteljährlich 3.—, bei zweimaliger tSgNcher Zustellung in« HauS 3.75. Durch die Post bezogen für Deutsch- land u. Oesterreich vierteljährlich 4.50, für die übrigen Länder laut ZeitunqSprei-liste. Diese Rümmer kostet 44 4N 7 auf allen Bahnhöfen und all I beiden ZeitungS-verkänfern i* Redattto» u«S «r»e»tttou: 153 Fernsprecher L22 JohauutSgasie 8. Haupt-Atltale Dresden: Marienstrahe 34 (Fernsprecher Amt I Nr. 1713). Haupt-Filtale «erltn . CarlDnncker, Herzgl.Bayr.Hofbuchbandlg, Lützowstrahe 10 lFervsprecher Amt VI Nr. 4603). Nr. AS. Abend-Ausgabe. leiMM.TaMalt Anzeiger. Amtsblatt -es königlichen Land- und -es königlichen Amtsgerichtes Leipzig, -es Rates un- -es Nolizeiamles -er L1a-1 Leipzig. Mittwoch den 21. Dezember 1904. Anzeigen-Preis die 6gespaltene Petitzeile 28 Reklamen unter dem RedakttonSstrich («gespalten) 75 «j, nach den Familirunach- richten <6gespalten) 50 — Tabellarischer und Zissernsas werden entsprechend höher br- rechnet. — Gebühren für Nachweisungen und Ossertenannahme 25 -H. Nunahmeschlutz für Anzeigen: Abend-AuSgabe: vormittags 10 Uhr. Morgen-Ausgabe: nachmittags 4 Uhr. Anzeigen sind stet« an dte Expedition zu richten. Extra-Beilagen lnur mit der Morgen- Ausgabe) nach besonderer Brreinbarung. Die Expedition ist wochentags ununterbrochen geöffnet von früh 8 bis abends 7 Uhr. Druck und Verlag von E. Potz in Leipzig ,Jnh. i»r. R. L M. Klinkhardt). S8. Jahrgang. Var lvichligrle vsm lag«. * Die Gemeinde Großstädteln soll zum 1. April an die Gemeinde Oetzsch bei Leipzig angeschlossen werden. (S. Leipz. Umgebg.) * An der Westküste von Portugal herrschen heftige Stürme, wobei wieder Menschen ums Leben gekommen sind. (S. „A. a. W.") * Um die Schiffahrt zwischen den kanarischen Inseln ist ein spanisch-englischer Streit entstanden. (S. Ausland.) * Die Fremdenverfolgung in Marokko wird auf den Prätendenten Buhamara zurückgefübrt. (S. Ausland.) * Die Fischer von Hüll verlangen eine Entschädigung von 150 000 Pfund. (S. Pol. Tagesschau.) * Aus Shanghai wird gemeldet, ein mächtiges japa nisches Geschwader fahre, von Linienschiffen und Torpedobooten begleitet, dem baltischen Geschwader entgegen. (S. russ.-jap. Krieg.) vsm Virmarckr-Htchipel. Don sehr kolonialfreundlicher Seite wird uns gc- schrieben: „Eilt nicht erfreuliches Licht auf die Verwaltungsver hältnisse im Bismarck-Archipel wirft ein ausführlicher Bericht, den H. Linckens, offenbar ein katholischer Missio nar, aus Herbertshöhe der „Köln. Volksztg." geschickt hat. Linckens betont darin dieNotwendigkeit, das; die deutschen, Beamten der Landessprache mächtig sein müssen, um Sitten und Gebräuche, Rechts- und Religions anschauung der Eingeborenen zu versieben, Konflikten vorzubeugen und bei Gerichtsverhandlungen nicht zum Schaden der Sache auf ein unzulängliches Verdolmetschen angewiesen zu sein. Es sind das GcdanFengange, in denen auch der Kaiserliche Gouverneur Dr. Hahr sich be wegt hat, und dessen Konsequenzen er dadurch zog, daß er einen katholischen Missionar um Erteilung des Unter richtes in der Kanakensprachc an die Beamten ersuchte. Da aber nur drei Beamte an jenem Unterrichte teil nehmen wollten, ließ Dr. Hahl den Unterricht gar nicht erst beginnen. Sind die hier angeführten Tatsachen zu treffend, dann sollte die Berliner Kolonialverwaltung der Sache näher treten. Denn stichhaltige Gründe, aus denen die in Frage kommenden Beamten die Teilnahme am Unterrichte hätten verweigern können, vermag der unbefangene Beurteiler einstweilen nicht zu entdecken. ,Hat aber lediglich Bequemlichkeit die Beamten zu einem Ver halten bestimmt, ivclchcs mit ausgesprochenen Wünschen des Gouverneurs unvereinbar ist, so müßte Remedur ge schaffen werden. Man darf noch so sehr von dem Wunsche nach Verbreitung der deutschen Sprache in unseren Schutzgebieten beseelt sein und wird doch nicht in Abrede stellen können, daß deswegen die Beamten noch lange nicht der Verpflichtung ledig sind, der Eingeborenen Sprache mächtig zu sein. Insbesondere jetzt, wo die deutsche Herrschaft noch in ihren Anfängen steht, müssen übertriebene Anschaunngen von dem Ansprüche des Deutschen als ausschließliche Sprache im Interesse einer gedeihlichen und friedlichen Entwickelung unserer Kolonien zurückgewiesen werden." Tie sicher von bester Gesinnung diktierte Beurteilung der Verhältnisse erschöpft jedoch den Sachverhalt nicht. Freilich ist das nicht aus dem Bericht in der „Köln. Volksztg." ersichtlich. Aber unsere Leser werden sich viel leicht erinnern, daß schon zweimal im laufenden Jahre von der Sprachenfrage auf dem Bismarck-Archipel die Rede war. Zuletzt brachten wir am 27. Juli eine ein- gehende Schilderung der sprachlichen Verhältnisse und der zwischen dem Gouvernement und den Ansiedlern wegen der Anwendung des Pidgeon-Englisch entstande nen Differenzen. Es ist nun nicht unmöglich, daß die sichtlich noch recht ungeklärte Lage, vor allem wahrschein- lich auch die große Verschiedenheit der vielen Idiome, zu der „Interesselosigkeit" der Beamten geführt hat. Die Ansiedler z. B. behaupten, es habe gar keinen Zweck, eine der Eingeborenen-Sprachen, wie die der Gazellen-Halb- insel, zu lernen, da alle anderen Eingeborenen diese wieder nicht verständen. Wir führen diese Umstände an, um zu zeigen, daß die Angelegenheit doch nicht so klar und einfach liegt, wie sie scheint, und daß moralische Ent rüstung vorläufig noch nicht am Platze ist. vei liittirch-japsnizche Weg. Tie „Daily Mail" meldet aus Shanghai, vom 20., ein mächtiges japanisches Geschwader aus Linienschiffen und Parrzcrkrcuzern, in Begleitung von 1b Kohlenschisfen und Torpedobooten, sei auf dem Wege nach Süden begriffen, um die Baltische Flottc an- zugreifen. , Von Mrik-an meldet die „Russische Telegraphen-Agentur", daß eine von japanischen Offizieren befehligte, 10 000 Mann starke Chunchusenabteilung im Tale des Laohe- slusses um zwei Drittel abgcnommen hat, weil die Japaner die Soldabmachungen nicht eingehalten haben. Vke „Servaftspsl". Das Bureau Reuter verbreitet eine Depesche ans Tokio, die „Sewastopol" zeige eine Neigung von 10 Grad, wahrscheinlich infolge der letzten Torpedo angriffe. Vie Beschlagnahme de» Vamp er» „Niaricia". Dasselbe Bureau meldet ans Shanghai von gestern, es werde nicht daran gezweifelt, daß der Kapitän des russischenTorpcdobootszerstörcrs „Groso- voi" sich auf dem von den Japanern beschlagnahmten Dampfer „Nigricia" befunden habe. Der Kapitän habe wertvolle Karten und Dokumente bei sich. ?Mircde cagrrrcbau. Leipzig, 21. Dezember. Im Wechsel der Zeiten. Als vor etwa drei Wochen der Staatssekretär Graf Posadowsky von Wien zurückkehrte, wurde er von der agrarischen konservativen Presse über den grünen Klee gelobt, weil er die Interessen der deutschen Viehzucht Oesterreich gegenüber nachdrücklich verfochten habe. Doch mit der Agrarier Mächten ist kein ewiger Bund zu flechten — wenige Tage waren erst seit der Rückkehr des Staatssekretärs, da hielt er im Reichstage eine Rede, die darin gipfelte, daß auf der Assoziation des Kapitals unser Zivilisationsfortschritt beruhe. Flugs wurde er dafür von dem bündlerischen Hauptorgan ange griffen, und jetzt macht auch die „Kons. Korr." gegen ihn mobil. . Sie sagt, das seien doch außerordentlich bedenkliche Ansichten. Sie bedeuten nichts anderes, als daß der Stellvertreter des Reichskanzlers einen der offiziellen Wirtschaftspolitik vollkommen entgegengesetzten Stand- punkt einnehme. Die „Kons. Korr." will aber Gnade für Recht ergehen lassen, wenn die Versicherung nur als eine Rodeblume anzusehen ist. Die „Deutsche Tagesztg." meint, Graf Posadowsky könne aus dieser Aeußerung der „Kons. Korr." „erkennen, daß er Ge fahr läuft, das Vertrauen der konservativen Partoi, das ihm früher in so reichem Maße geschenkt wurde, vollkommen zu verlieren". Es scheine „beinahe so, als ob ihm an diesem Vertrauen weniger liege als an der Anerkennung gewisser anderer Kreise". Das würde, meint die um die amtliche Gesundheit des Grafen Posadowskn ängstlich besorgte „Deutsche Tagesztg.", in seinem Interesse zu bedauern sein. Tie „Dtsch. Tagesztg." scheint schon ganz >im Zu- kunftsstaate zu leben, wo das Fliegen und Fliegensassen zu den täglichen Beschäftigungen gehören dürfte. Neues von „Jesse und Maria". Der Roman „Jesse und Maria" von Handel-Mazettl in der gut katholischen Zeitschrift „Hochland", von dem hier schon einmal die Rede war, weil er auffälligcrweise nicht katholischer Tendenzroman ist, erregt die Gemüter in seinen Kreisen immer mehr, so daß bald die beliebte Volksseele wieder ins Kochen kommen wird. Die „Augsh. Abdztg." schildert die neuen Begebenheiten wie folgt: Nach einem Eingesandt in der „Postzeitung" Nr. 25ö ist oer Roman „eine ganz parteiische Verhimmlung Ser Re formation", ein „perfider Tendenzroman . . ." usw. vickeaut eonsula«! — Dagegen ergreift nun ein Freund des „Hochlands" im Briefkasten des Tezemberhestes das Wort zur „Entschuldigung", und die ist köstlich. Er weist nämlich nach, saß in Seni Roman „doch" der Protestant Jesse als Friedens- und Prozessionsstörer gekennzeichnet ist, daß der "Fanatismus des lutherischen Pfarrers Fabri- zius den seines katholischen Kollegen weit übertrifft, daß dieser Fabrizius ein serviler Charakter ist. „Jeder ruhige Leser", entschuldigt der Freund des „Hochlands" weiter, „und jeder edeldenkende Protestant wird mit mir den Eindruck haben, daß den Protestanten keine Schmeicheleien angezeichnet sind, daß sie als die Her ausfordernden und Aggressiven erschein n e n, als die in ihren Taten und Veranstaltungen sich selbst Verurteilenden." — Jedenfalls aber ist damit für einen „Postzeitungs"-Leser noch „empörend" wenig über die Protestanten geschimpft. Wir geben der Redaktion des „Hochland" nun den guten Rat, an der Hand von Denifles Lutherwerk und von Ber- lichingens Vorträgen die noch ausstehenden Teile des Romans mindestens so umzuarbeiten: Fabrizius wirs von einer seiner sieben Frauen umgebracht, der Pro- testant Jesse hängt sich in einem lichten Moment auf u. s. f. —" Der Kenner der Belletristik, wie sie sie Zentrumsblätter zweiter Güte und neulich auch erster Qualität bringen, weiß, daß auch auf diesem Gebiet längst schon in dem empfohlenen Sinne für Verhetzung des katholischen Lesepublikums und Verächtlichmachung des Protestantismus systematisch gearbeitet wird. Die Pariser Untersuchungskommission Aus Paris, vom 20. Dezember, schreibt unser —s.-Korresponöent: Die Mitglieder der Kommission zur Untersuchung des Falles von Hüll sind nun beinahe versammelt, uns auch die russischen Offiziere, die sich vor ihr verantworten werden, haben Paris erreicht, der Kapitänleutnant Klado, der in der tragischen Nacht an Bord des „Suwaroff", der Leutnant Ellis, an Bors des Panzers „Zar Alexander III.", der Leutnant Schramtschenko, au Bord des Pauzers „Borodino", und der Signalmaat Otl, vom Transportdampfer „Anadir". Schon an der belgi schen Grenzstation Erquelines wurden die russi- schen Beisitzer, unter ihnen der martialische Admiral Kaz- nakoff, im Schlafwagen von einem Pariser Reporter überfallen: sie schlossen sich brummend ein. Jedoch oer Hauptbeteiligtc, der Kapitän Klado, stand Rede. Er ist dabei geblieben, daß sich zwei als Fischdampfer mas- kierte feindliche Torpedoboote auf den „Suwaroff" zu be wegten, und daß nicht Nebel herrschte, sondern klares Wetter war. Der Kapitän Klado protestierte dagegen, daß etwa Japaner von der Untersuchungskommission gehört würden: das sei eine interne Angelegenheit zwischen Rußland und England. Ueber das Verhalten der englischen Presse äußerte er, daß diese ihren Zweck, oas baltische Geschwader an der Weiterfahrt zu hindern, verfehlt l)abe; jetzt sei es töricht, noch „Bluffs" zu ver suchen. In zwei Monaten wird nach Klados Erwartung das Geschwader in der Lage sein, den von Roschsjest- wensky entworfenen „wundervollen" Plan in die Praxis umzusetzen. Auf dem Bahnhof in Paris wurde oer As- miral Koznakoff von dem Admiral Fournier begrüßt. Beide sind schwerhörig: die Zeugenvernehmung wird also ihre Schwierigkeiten haben. (Nach einer Pariser De pesche vom heutigen Mittwoch beabsichtigen Koznakoff und die anderen russischen Mitglieder, sich einen juristi schen Beirat zu bestellen in der Person eines Pariser Ad- vokaten Faumageot. der als Autorität auf dem Gebiete des Völkerrechts gilt. Es ist wahrscheinlich, daß die Eng länder diesem Beispiel folgen werden.) veutscbes Kelch. Berlin, 2 t. Dezember. * lieber die geplante preußische Personentarif-Reform wird offiziös geschrieben: „Wenn kein Zweifel darüber besteht, daß die Personentarife der preußisch-hessischen Staatsbahnen einer Vereinfachung bedürfen, und wenn ferner mit einer solchen Reform keinesfalls fiskalische Zwecke verfolgt werden dürfen, so unterliegt es anderer seits auch keinen) Zweifel, daß cs sich dabei nur um eine V e r e i u fa ch u n g, nicht aber um eine Ermäßi gung der Personentarifc im ganzen wird handeln können. Bei der Niedrigkeit der Fahrpreise der preußisch- Feuilleton. Die heilige Caecilie. Roman von Marie Bernhard. Nachdruck verboten. Sie steht, siebt auf ihn herab, drückt ihre heißen Lippen auf das eisige Händchen. Und wie sie die Berührung fühlt, diesen Hauch des Todes mitten in ihrem warmen Leben, da löst sich zum zweiten Male am heutigen Tage ihr starrer Schmerz, und aufschluchzend bricht sie neben dem Kindersarg in die Knie und drückt ihr Gesicht in das weiße Totenkleid ihres Lieblings. — Wie lange sie so dagelegen hat, weiß sic nicht, — sie hat auch kein Ocffnen der Tür gehört, sie fühlt nur, daß zwei Arme sie um fassen und sie sanft emporziehen. „Der Vater!" denkt sie und kehrt ihr weinendes Antlitz ihm zu und weint in seinen Armen weiter. Des Vaters Arme aber sind nicht so fest und stark wie diese, — auch weint der Vater nicht und spricht kein Mort, er hält sie nur fest an seinem Herzen. Und über Annemarie kommt, inmitten all' ihres schweren Kummers, ein Gefühl des Geborgen seins, des Ausruhens, ein Bewußtsein: du bist in die Irre gegangen, — aber hierher gehörst du! — Die Tränen, die sie jetzt noch vergießt, haben ihre ätzende Bitterkeit verloren! — Kein Gedanke von Liebe und Liebesglück kommt den beiden Menschen neben dem Sarg des toten Kindes, — nur die fast gebieterische Ueber- zeugung: wir bleiben beieinander! Wir trennen uns nicht mehr! — Hans Kühne weiß nichts von Annemaries ehelichen Konflikten. — er hat cs seit seinem letzten Beisammen sein mit ihr gefühlt, daß er sic liebt und ist nicht mehr in ihr Haus gekommen. Jetzt, da er seine liebe, kleine Jugendgespielin zusammengcbrochcn neben dem toten Brüderchen findet, hat er sie tröstend in seine Arme gc nommen, in überauellendem Mitgefühl aber nun weiß er es: diese Arme werden sie nicht mehr lassen, — und sie, die sich in diesem Augenblick so hingcbend an ihn schmiegt und ihr Leid an seinem Herzen ausweint, .. . . sie liebt ihn, wie er sie liebt! — „Ach, Hans, wir sind zu spät gekommen!" klagt Annemarie leise und hebt ihr verweintes Gesichtchen zu ihm auf. „Wann bist du gekommen?" „Heute früh, — ich fand das Kind noch am Leben, — aber helfen hätte ich ihm nicht mehr können, auch wenn du aber, Annemarie warum bist du letzt erst, — da du doch die Depesche" — Der wehmütig - weiche Ausdruck in ihrem Gesicht ver schwindet. Sie sieht sehr ernst aus, macht sich frei von seinen Armen und tritt von ihm weg. „Frage mich nicht danach! Ich möchte eS niemanden sagen!" Jetzt aber öffnet sich die Tür, und alle kommen sie herbei und umringen das heimgekchrte Kind des Hauses: der Vater, die Geschwister, Tante Kühne und Asta. Sie haben Blumen geholt für den kleinen Toten, und nun finden sie sie, von deren Ankunft sie nichts geahnt, verweint, verstört, — auf all' die dringenden Fragen und Klagen nur durch neue Tränen antwortend. Wie der Vater ihr mit gebrochener Stimme ihrer aller Todesangst um das Kind zu schildern versucht, und wie sie seit gestern nachmittag keine Hoffnung mehr gehabt, — wie der Todeskampf bereits am Abend begonnen habe, da geht es Annemarie wie ein zwei ¬ schneidiges Schwert durch die Seele, daß sie gerade in jenen Stunden höchster Seelenqual festlich geschmückt im Konzertsaal gestanden und sich lächelnd und dankend vor Hunderten von fremden Menschen verneigt hat. Jede Liebkosung deS Pater-, jede Zärtlichkeit der Geschwister brennt sie wie glühendes Eisen. Wieder wirft sie sich in ntzu hervorbrechendem Jammer über das tote Kind, und wie der Vater, die Geschwister sie unter Tränen empor ¬ ziehen, in ihre Arme nehmen, da stammelt sie schluchzend: „Behaltet mich hier! Laßt mich bei Euch bleiben!" Vierzehntes Kapitel. Ringhauptscher Familientag! Wieder, wie vor zwei Jahren, der erste der Saison. Tante Babette, frisch, er holt von ihrem stillen Sommeraufenthalt im Odenwald, ist ganz bereit, ihre Gäste zu bewillkommnen. Bis jetzt ist nur Margot Wessel, Melanie von Bassewitz geborene Brückner und Tante Ida Wessel erschienen. Letzterer ist es sehr schwer geworden, ohne Schwester Elise, die ihr alles so schön übermittelt, zu kommen, — Schwester Elise ist erkältet, stockheiser, hat aber darauf bestanden, daß Ida geht und genau acht gibt, — cs handelt sich um gar zu wichtige Dinge heute. Demzufolge hat Tante Ida ihr Hörrohr bereits zu seiner größtmöglichen Länge aus- einandergezogen und kampfgerllstet quer über ihre Kniee gelegt, obschon es vorläufig noch nichts zu hören gibt. Etwas Stilles, Gedämpftes liegt über den anwesen den Personen. Die Damen tragen eine Art Halbtrauer, — hellila mit weiß oder grau mit schwarz. In der Tat hat die Familie vor einigen Wochen einen Verlust gehabt. Zwei gierige, hungrige Augen werden fortan in diesem Kreise fehlen. Frau Malwine Vollmar ist ganz uner wartet rasch an Lungenkatarrh und hinzugetretener Rippenfellentzündung dahingerafft worden. Die nächsten Angehörigen der Verstorbenen wissen ihren Verlust mit Anstand zu tragen. Nachdem der Witwer für gut befunden hat, eine Zeitlang einen ge wissen würdevollen Schmerz, der ihn recht gut kleidet, zu markieren, hat er sich jetzt männlich gefaßt und auch die Töchter bewogen, ein gleiches zu tun, unter der Devise: „Wir gehören dem Leben!" — Und sie fangen wirklich ein neues Leben an. die drei, essen sich täglich an guten Dingen satt, kleiden sich in elegante Trauergewänder, haben ein zweites Dienstmädchen gemietet und einen sehr schönen Su'yrnateppich für den Salon gekauft, da der alte, wie Rose sich ausdrückt, „schon zum Himmel schrie". Familie Vollmar führt nicht mehr das Wort im Munde: „Was kostet das?" oder: „Tas ist uns zu teuer!" — im Gegenteil! Es hat sich herausgestellt, daß unter der um sichtigen Leitung der sparsamen Mama das Vermögen so erheblich angewachsen ist, daß man sich jetzt nach jeder Richtung hin bequem regen kann, — und Papa Vollmar, bei dem sich's erst jetzt konstatieren läßt, daß er eigentlich ein liebevoller Vater ist. hat seinen Töchtern wohlwollend die Backen geklopft und hat ihnen eröffnet, sie dürften dreist Umschau halten unter den Söhnen des Landes, — auf Geld käme es weiter nicht an, sie könnten ihr Herz sprechen lassen, dabei war ein besonders ausdrucks- voller Blick auf die üppige Bianka gefallen, und diese hatte bedeutsam gelächelt, die Wimpern gesenkt und dem Vater die Hand geküßt: „Du bist einzig gut. Papachen!" Dies hatte sich so allmählich in der Familie berum gesprochen. — wer batte es mit erlebt? Wer es zuerst erzählt? Niemand konnte es sagen, aber sic wußten und glaubten es alle, — fanden es am Ende auch nur natür lich! Wozu sollten die Vollmars untereinander Komödie spielen und versuchen, der Familie Sand in die Augen zu streuen? Der Familie, die schon lange darüber einig war, wie hier die Glocken läuteten! Die beiden Cousinen, Margot Wessel und Melanie Freifrau von Baisewitz, letztere bildhübsch, elegant, sehr erfüllt von ihrem fasbionablen Badeaufenthalt in Trau- Ville und Ostende, tauschten in einer Fensternische flüsternd ihre Meinungen über die gewesenen und die werdenden Ereigniise in der Familie. „Ich kann mir nicht helfen, — ich finde es traurig, daß es so hat kommen müssen'' bemerkte Margot Wessel mit bedauerndem Kopsschüttcln. „Ach wo — traurig!" Melanie setzte eine weise Miene auf. „Lebe du 'mal erst in der großen Welt, in solchem Weltvad zum Beispiel, wie wir, sieb, was sich da täglich und stündlich begibt, wie leicht die Leute es mit ihren
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