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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 08.12.1904
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1904-12-08
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-19041208025
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1904120802
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1904120802
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1904
- Monat1904-12
- Tag1904-12-08
- Monat1904-12
- Jahr1904
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BezuflS-Prets in der Hauprexpedition oder deren Ausgabe stellen abfleholt: vierteljährlich 3.—, bei zweimaliger täglicher Zustellung inS HauS 3.75. Durch die Post bezogen für Deutsch land u. Oesterreich vierteljährlich 4.50, für die übrigen Länder laut Zeitunq-PreiSIiste. Diese Nummer kostet ML aus allen Bahnhöfen und 111 I beiden ZeitungS-Berkäusern Nedaktton und Expedttioiu 153 Fernsprecher 222 JohanniSgasse 8. Haupt-Filiale Dresden: Marienstrahe 34 (Fernsprecher Amt I Nr. 1713). Haupt-Filiale Berlin: CarlDuncker, Herza l.Bayr.Hofbuchbandlg, Lützowstraffe 10 (Fernsprecher Amt VI Nr. 4603). Abend-Ausgabe. WpMer TagMaü Anzeiger. Amtsblatt des Königlichen Land- und des Königlichen Amtsgerichtes Leipzig» -es Rates und des Rolizeiamtes der Ltadt Leipzig. Anzeigen-Preis die 6gcspaltene Petitzeile 25 Reklamen unter dem Redaktionsslrich (4 gespalten) 75 nach den Familiennach- richlen <6gespalten) 50 — Tabellarischer und Zissernjatz werden entsprechend höher be rechnet. — Gebühren für Nachweisungen und Ojsertenannahme 25 -H- Annahme,chlutz für Anzeigen: Abend-Ausgabe: vormittags 10 Uhr. Morgen-Ausgabe: nachmittags 4 Uhr. Anzeigen sind stets an die Expedition zu richten. Extra-Beilagen (uur mit der Morgen- Ausgabe) nach besonderer Bereinbarung. Die Ex-edition ist wochentags ununterbrochen geöffnet von früh 8 bis abends 7 Uhr. Druck und Verlag von E. Polz in Leipzig (Inh. Vr. B., R. L W. Klinkhardt). Sir. 625. Donnerstag den 8. Dezember 1904. 98. Jahrgang. insbesondere größere Geschäftsempfehlungen bitten möglichst schon morgen Freitag zu überreichen, da mit auf wirkungsvollen Satz und gute Plazierung größtmögliche Sorgfalt kann verwendet werden. Anzeigen»,« Ssnntags-Nirniinsr Vas Wichtigste vom Lage. * An anMcher Stelle in Berlin soll man an dec Hoffnung festhalten, noch vor Weihnachten mit Oesterreich zu einer handelspolitischen Verständigung zu gelangen. (S. Pol. Tagesschau.) * Bei Ruhland (Provinz Schlesien) ereignete sich in der vergangenen Nacht ein schweres Eisen bahnunglück, wobei zwei Personen getötet und vier schwer verletzt wurden. (S. Aus aller Welt.) * Tas österreichische Herrenhaus setzte auf Antrag des Fürsten Schönburg eine Kommission von fünf zehn Mitgliedern zur Beratung der A b ä n'd e r u n g dec Geschäftsordnung des Reichsrates ein. (S. Ausl.) * Die Ordre, daß sich eine österreichische Schiffsdivision zum sofortigen Auslaufen nach den Gewässern bereit halten solle, ist gestern zu- rückgenommen worden. (S. Ausland.) * Der bisherige spanische Minister des Innern, Sanchez Guerra, hatte gestern ein Duell mit dem Abgeordneten Soriana. (S. Ausland.) * Die javanischen Geschütze auf dem 203-Meter-Hügel zerstören die in den Hafen ran Part Arthur einfahrenden Dschunken mit Lebensmitteln. (S. Russisch-japan. Krieg.) Vie SeranlttrchaN nach Uberzinien. Ucder die politisch teilweise bedeutsame Vor geschichte der deutschen Expedition nach Abessinien, über abessinische Kulturverhältnisse, kommerzielle Mög lichkeiten usw. gehen der „Preuß. Karr." von sach kundiger Seite folgende Mitteilungen zu: Auf mehrfachen Expeditionen, welche den Zweck hatten, Abessinien zu erforschen, errang Herr Arnold Hclz die Gunst des Kaisers Mcnelik. Hierdurch war es möglich, wertvolle Konzessionen zur Aus beutung von über 40 000 Quadratkilometer an, oberen Nil in Bezug auf Gold vom Kaiser Mcnelik zu er langen, unter dem Vorbehalt, daß der Konzessionsinhaber Arnold Holz vom deutschen Auswärtigen Amt anerkannt würde. Herr Hclz kam mit den Konzessionen zurück; auf Grund dieser Bewilligungen gründete sich in Berlin das Abessinische MontcuEyndikat mit Beteiligung hervor ragender Herren. Nach mehrmonatigen Bemühungen ist es gelungen, vom Auswärtigen Amte ein Anerkenntnisschreiben zu erhalten, welches Herr Holz dem Kaiser Mcnelik Mitte November überbrachte. Der bei der vorigen Expedition Herrn Holz gegebene hohe abessinische Orden ist vom deutschen Kaiser bestätigt worden. Am 1. Oktober ist unter Leitung des Herrn Holz im Auftrage des Abessinischen Mcntan-Syndikats eine sehr gut ausgerüstete Expedition abgeganaen; an ihr nahmen u. a. zur Prüfung des Goldvorkommens und sonstigen Montanwerte der bewährte Geologe Herr Lengheim und zur Prüfung der merkantilen Verhältnisse ein Pro- kurist der Hamburger Firma Bock <L Co. teil. Die Ex pedition ist auf Mencliks Befehl am Endpunkte der Bahn Dschibuti—Harra, also in Harra, empfangen worden; 150 Maultiere wurden ihr zur Beförderung des Gepäcks zur Verfügung gestellt. Nach Empfang der Expediticn in der Residenz lief in Berlin ein Telegramm ein, nach welchem Menelik mit großem Interesse einer deutschen politischen Expedition entgegensetze. Diese verläßt, wie schon gemeldet, auf Befehl Kaiser Wilhelms Deutschland noch vor Weihnachten unter Führung des bewährten Orienta listen Herrn Geheimrat Rosen. Die Expedition wird am Hafen Dschibuti von Herrn Holz empfangen und nach der Residenz des Kaisers Menelik unter militärischem Begleit geführt. Für Deutschland ist infolge dieser Mission ein neues weites Absatzgebiet zu erhoffen, welches bisher auf Betreiben des abessinischen Ministers Jlg, eines Schweizers, lediglich Frankreich und der Schweiz zu gute kam. Alle größeren Bestellungen von Waffen sind bisher immer mach Frankreich, geaan aeu' die abessinische Armee isk denn bisher auch" mit franzö sischen Gewehren bewaffnet. Deutschland lieferte via Frankreich nach Abessinien, sc daß der Hauptnutzcn auch den Franzosen zu gute kam. Es ist zu erhoffen, daß nunmehr große Bestellungen direkt nach Deutschland kommen, wie es auch anzunehmen ist, daß aus Abessinien nach Deutschland sich ein lebhafter Erporttzandel entwickeln dürfte. Zahlungswerte in Abessinien sind: 1) Als kleine Münze: Patronen, 2) Salz in Barren von drei Pfund, und 3) Maria Theresia-Taler, welche für die im Oktober ausgerüstete Expedition in Wien, geprägt werden mußten. Handelsartikel sind: 1) Felle; diese werden momentan roh via Athen nach Amerika exportiert. 2) Kaffee, welcher, wie man sagt, der beste der Welt sein soll. 3) Elfenbein, 4) Gold und 5) Tibet, Gummi und Wachs. Als Importartikel kämen in Frage: 1) Waffen, 2) leichte Baunrwoll-Sroffe; dieselben werden momentan aus Amerika unter dem Namen „Americano" be zogen, 3) Hüte für Männer, 4) Weiße und gestreifte gute Seide für Frauen, 5) Baumwoll-Musseline, 6) Emaille waren und Kochgefäße, dieselben kommen momentan via In- dien, zum Teil schon aus Deutschland, 7) Wellblech als Dach bedeckung, 8) Drahtgitter und 9) landwirtschaftliche Geräte, z. B. Pflüge. Als besonders lohnend wird angegeben: Kaffeebau, Weinbau, Baumwoll - Plantagen. Das Klima ist wundervoll. Vor allen Dingen fehlt es an einem ge regelten Bankwesen und in Verbindung damit an einem kaufmännischen A u s k u n f t s s y st e m. Transportmittel sind die Bahn von Dschibuti-Harra, welche von einer französischen Firma gebaut wurde, sonst nur Maultier- und Kamellasten. Eine Maultierlast von Harra nach der Residenz, gleich 550 Kilometer, kostet 32 Maria- Thcresia-Taler, ä 2 ./k. Eine Maultierlast ist gleich 150 Pfund. Eine Kamellast in gleicher Entfernung kostet 20 Taler, gleich 40 »E, und wird zu ^drei Zentnern gerechnet; obwohl die Kamellast billiger ist, stellr sie sich in der Praxis doch teurer, weil die Kamele die dreifache Zeit wie Maultiere brauchen, folglich alle Waren, bezw. deren Wert nicht so rasch umgeseht werden können und leicht verderbliche Sachen, hauptsächlich in der Regenzeit, leicht leiden können. Der vorjährige Export aus Abessinien betrug 14 Millionen, davon 4 Dkillionen Kaffee, 2 Millionen Gold, 2 Millionen Elfenbein, Zh Million Tibet, der Rest Gummi, Wachs und Häute. Vorläufig ist der Import noch sehr gering. Die Hauptbestellungen gibt persönlich der Ncgus Menelik, bei wel chem Minister Jlg nicht mehr in so hoher Gunst stehen soll. Die Hauptlebensmittel des Landes sind Brot und Fleisch; letzteres wird meistens roh von frischgeschlachteten oder ge schossenen Tieren genossen. Angebaut werden in erster Linie Gerste, Durra und eine Art Grassaman. Ein Schlachtochse kostet in guter Qualität 12—15 -L deutscher Währung. Ein von deutscher Seite geliefertes, dem Kaiser Menelik geschenktes Last-Automobil wird zur Zeit dort mit Holz ge heizt, von dem in großen rvlengen Wachholder und in erster Linie als Brennholz WolfSmilchbau in Betracht kommt. Die Gebäude sind afrikanisch, l). h. runde Lehmhütten mit Strohdach; neuerdings fangen, vor äSen-Dingen in der Resi-. x-n-z. moderne Steinhäuser an. Harra liegt 1300 Meter hoch und bat 80 000 Einwohner, davon 1500 Europäer. Haupt- und Residenzstadt von Abessi nien ist Addis-Abbebar mit 50 000 Einwohnern. Deutschem UnternchmungSgeiste dürfte cs Vorbehalten sein, das sehr fruchtbare und vorzüglich regierte Land dank der Unierstützung des auswärtigen Amtes auch dem deutschen Exporr- und Jmporthandel zu erschließen und fick» hierdurch große Verdienste um den deutschen Auslandshandcl zu er werben. ver MMana in 5ii<ttve;lattika. Die Neuerganisatisn -er Verwaltung. Die Wünsche nach einer Trennung zwischen Militär- und Zivilverwaltung in unserem süowcstafrit'anischen Schutzgebiet nähern sich jetzt einer alle Teile befriedigen, den Erledigung. Der Reichskanzler hat im Reichstage am 5. d. M. offiziell bestätigt, daß der Generalkonsul v. Lindequist in Kapstadt zum Reichskom missar für die Zivilverwaltung der Kolonien ernannt worden ist. Ohne Zweifel kommt der Genannte nur für Südwestafrika und nur als Zivil g o u v er n e u r in Frage, doch muß der wirkliche Gouvecneurpcsten durch die Verwaltungsorganisaricm erst geschaffen werden. Mit diesem Organisieren der Verwaltung wird hoffentlich recht bald begonnen werden, denn dann besteht die Aussicht, daß auch viele andere Fragen mit berücksichtigt und vielleicht auch gelöst werden. Zur Schaffung eines sachverständigen Beirats aus den Alteingesessenen der Kolonie wäre jetzt die günstigste Zeit, um die gewünschten kaufmännisch ge bildeten Beamten aiizustellen und damit der praktischen Kolonisation — die in Wirklichkeit erst jetzt nach Ord nung der Tinge beginnen kann — die Wege zu ebnen. Lcutwein l-at oft den Vorwurf erdulden müssen, daß er gegen die Eingeborenen zu human gewesen fei! Dieser Vorwurf war teilweise gerechtfertigt, aber Hie veröffent lichte Denkschrift über den Herero-Aufstand hebt hervor, daß der Ausstand sowieso ausgebrochen wäre. Daß die Regierung für Lcutwein nicht offen Partei ergreifen kann und darf, ist selbstverständlich, doch zu 'dieser indi rekten Stellungnahme war sie berechtigt, war es doch Leutwein selbst, der seit Jahren eine Zivilverwaltung für die Kolonie ange strebt hat. Schon 1897 machte Leutwein verschiedene Versuche, auf die Regierung so einzuwirken, daß den ge stellten Wünschen in dieser Beziehung ent sprochen werden solle, doch konnte er damals in seiner Militärstellung nur die Befehle seiner vorgesetzten Behörde aussühren und mußte persönliche Wünsche fallen lassen. Schon während der schweren Zeit der Rinderpest versuchte Leutwein, eine Aenderung herbeizuführen, doch vergeblich. Leutwein berief seinerzeit eine allge meine Versammlung der Farmer, Hand werker, Kaufleute und Vertreter der Gesellschaften ein, die drei Tage in Windhuk tagte und in der neben Fragen zur Bekämpfung der Rinderpest, Stellungnahme zur Waffenfrage usw. auch die der Zivilverwaltung ange schnitten wurde. Während dieser Verhandlungen wurde von verschiedenen Seiten ganz energisch gefordert, es solle ein Zivilgouverneur zur Entlastung des bisherigen Mili- tärgouverneurs eingesetzt werden, und gerade Leutwein war es, der in dieser Verhandlung offen zugestand, daß dies der eigentliche Grund sei, warum er die Versamm lung einberufen habe. Damit gewann er sich die Sym pathien der Ansiedler, docb durch das Nichtcinführen des Angeregten v«-l»v-sv sie anck^.vieder. Die Schuld hieran hat aber die Neuerung in Berlin, denn auf die Vorlage kam ein ablehnender Bescheid und Leutwein mußte sich damit zufrieden geben. Sicher ist cs, daß Leutwein für die militärischen Ope rationen freiere Gand bätte haben müssen und nur durch den ewigen Wechsel der ihm zur Seite stehenden Beamten seine Kräfte zu sehr zersplittert hat. Lindeguist hätte da mals im Lande bleiben müssen, dann wäre der Zivil gouverneur vielleicht schon lange im Amte und die Ver hältnisse wären im allgemeinen besser. Bei der Neuord- nung der Verwaltung muß vor allem aber ein größeres Eingehen auf die Wünsche der Ansiedler gewährleistet werden, die dann mit größerer Freude für die Kolonie und für sich arbeiten dürften. »et ruttizcd-japanizcktt lstieg. Die Berichte -es Berrn Gün»b«rg. Der Beauftragte des Marincmiinsteriunls für die Versorgung der russischen Flotte im fernen Osten, Günsbnrg, ist in Petersburg einge^'cffen; seinen Berichten hat der „B. L.-A." die Angaben ..oer japanische Händlerlistcn entnommen, die wir gestern brachten. Feuilleton. Die heilige Caecilie. 4lß' Roman von Marie Bernhard. Nachdruck verraten. Wie sie klatschten, die ehrbaren alten und die weniger ehrbaren jungen Herren! Wie die Damen applaudierten, unermüdlich, begeistert! Schade nur, daß man das Glas dazu von den Augen nehmen mußte! „Ein entzückendes Geschöpf!" Eine kleine Fee!" „Und die Stimme, — nein, — die Stimmet" — Direktor Mentzel üeigtc sich zu seiner Gemahlin niedxr, jeder Zoll ein Jmpresiario, ein Sieger, —- ein Triumphator: Was sagst du, Mathilde, — was sagst du? Hat es gelohnt? Was? Hat es?" „Herrgott, Alfred! Es ist nicht nötig,-daß die Leute cs hören!" „Gerade! Wenn ich könnte, wie ich wollte, ich stiege hier auf diesen Stuhl und verkündigte der versammelten Menge: „Das ist meine Schwiegertochter! Bitte, — meine! Und ich habe sie entdeckt! Ich und kein anderer!" „Wenn nur etwas davon zu besehen wäre! Was glaubst du, daß Oswald wieder dies Seidenkreppkleid mit den eingewirkten Blumengirlanden gekostet hat?" „Bringt sich ein, — bringt sich alles wieder ein, so wie sic in die Oefsentlichkcit kommt! Und das geschieht nun, — muß geschehen, — sie werden ja dem Jungeil keine Ruhe lassen!" Im Künstlerzimmer, hinter dem Konzertpodinm, stand Oswald Mentzel, mit unruhig flackernden Augen, mit zuckendem Munde. Sie waren alle, alle um Annemarie herum, während drinnen im Saal immer noch die Be geisterung tobte, trotzdem sich die junge Sängerin bereits viermal gezeigt hatte. Der Altmeister strich ihr wie einem Kinde lobend über die Wange, die Sänger und Schauspieler küßten ihr die Hände, — Jung-Daniel sprang wie ein Kreisel um sie herum: -„Und i sag's und i sag's: wenn nit die Stimm' — ja, welche denn sonst? Und haben muß i's, und wenn ihrer zwanzig Ehemänner aufmarschir'n! Meister Johannsen, — sagen Sie's! Gelt, — das muß sein! Dös wär' a Sünd' und a Schänd, — dös, .... wann i net sollt' dürfen!" Und Johannsen nickte ihm lächelnd zu: „Sie dürfen!" Auf meine Ver antwortung! Ten Ehemann übernehme ich!" Worauf der impulsive Oesterreicher sich zu Annemarie durch drängte, ihr ungestüm beide Hände küßte und rief: „O, meine Gnädigste. Sie! Wenn Sie mich zum Lehrmeister kriegen und ich Sie zur Schülerin, — dös gibt a Hetz'!" Annemarie nickte und dankte und lachte und war glückselig. Sie dachte nicht an ihren Mann und an dessen Empfindungen, — sie hatte genug init sich selbst zu tun! Wie gut es ihr ergangen war, wie liebenswürdig das Publikum sie ausgenommen hatte, — wie die Leute sich um sie schaarten, sie lobten und priesen .... ach, herrlich war die Welt! Wunderschön das Leben! Etwas können — etwas leisten und dann den Lohn dafür ernten, — das war der Höhepunkt! Darüber ging nichts! „Gnädigste Frau, jetzt kommt Ihr Herr Gemahl d'ran! Geben Sie ihm Ihren Segenswunsch mit auf den Weg!" sagte jemand hinter ihr. „Ach so!" — Aus lichter Höhe, aus goldigen Wolken fiel Annemarie herab in die Wirklichkeit. „Glückzu, Oswald!" Sie wandte sich entschuldigend um. „Er hat schon so oft öffentlich gespielt, er kennt keine Furcht und keine Nerven!" „Die haben Sie doch auch nicht gekannt!" „Nein! Ich habe Vertrauen zu meinem guten Stern gehabt!" Es ging ein Raunen und Zischeln durch das Publikum, als Oswald das Podium betrat. Sehr viele kannten ihn von der Scherwitz-Over her, — kannten ihn nicht von der vorteilhaftesten Seite. Er war ein lässiger Dirigent, feine Orchestermitgliedcr klagten über ihn: man könne sich nie auf ihn verlassen, er mache alles nach Willkür, wie es ihm der Augenblick eingebe, — er wechsle die Tempi ganz beliebig, — es sei kein Wunder, wenn man unter seiner Führung nichts leiste, wenn die Kritik un zufrieden sei. Die Proben würden abgehetzt, der Dirigent käme meistens mißmutig und mit schon ver brauchter Kraft dazu hin, man merke ihm deutlich an, wie lästig ihm dis ganze Sache sei, — wo sollten da die Spieler Lust und Liebe zu ihrem Werk bernehmen? — Heute aber brachte ihn: das Publikum dennoch ein gewisses Wohlwollen entgegen. Er war ein so hübscher Mensch, — und dann, — ein neuer, aber ungeheuer wichtiger Faktor! — er war der Mann dieser entzücken den Frau, — ein Glücklicher, — ein Beneidenswerter! — Und Oswald Mentzel fühlte, ahnte diese Stimmung des Publikums, aber anstatt ihn zu heben, zu beglücken, reizte ihn das Bewußtsein, daß die Leute dies dachten, daß er ihnen in einem neuem Licht erschien, und daß dies Licht von seiner Frau ausstrahlte! Er spielte un ruhig, unberechenbar, er machte seinem Begleiter am Klavier gehörig zu schaffen. Nie war er objektiv in dem, was er leistete, stets ließ er sich von seiner augenblick lichen Stimmung beherrschen. Zum Glück folgten seine beiden Nummern hintereinander, und die „Serenade", ob er sic gleich rascher im Tempo nahm, als ihr gut war, verfehlte ihre Wirkung auf die Menge nicht; die reizvolle, schmeichelnde Melodie fand ihren Weg in Ohr und Herz der Hörer, man sah einander erstaunt, erfreut an: eine solche Komposition hatte man Oswald Mentzel nicht zugetraut! '.r Aber auch der starke und einmütige Beifall, der hierauf folgte, verschlug ihm nichts! Er wußte es ja: nun würde wieder von allen Seiten dies Fragen, dies Forschen nach der Serenade anheben wann er sie komponiert habe, — und wie er darauf verfallen sei.— pnd warum er sic nicht häufiger spiele! „Ich weiß nicht", — sagte Tante Ida zu ihrer Schwester, und sie bildete sich ein, sehr leise zu sprechen, während tatsächlich alle in der Nähe Sitzenden sie hörten — „ich weiß nicht, Oswald müßte doch viel vergnügter aussehen! Er hat doch sehr schön gespielt, unser lieber Neffe, und hat so viel Beifall geerntet! Sagtest du etwas, Elise? Du meinst, Annemarie hat noch ein Lied zu singen? Gib einmal das Programm her! Von Bach! Ein so altes Lied! Wer singt das eigentlich noch?" Als die junge Frau von neuem das Podium betrat, erlebte sie den Triumph, mit prasselndem Beifall empfangen zu werden. Sie dankte strahlend nach allen Seiten; ihr konnte man cs nicht zum Vorwurf machen, daß sie nicht vergnügt genug aussah. „Freya, — die Frühlingsgöttin!" hatte jemand ganz laut gesagt, als sie erschien. Der Ausspruch ging herum wie ein Losungs- wort! „Freya, — die Frühlingsgöttin!" . :,e. „Willst du dein Herz mir schenken, — „So fang' es heimlich an." Man durfte nicht sagen, daß Annemarie das schöne, alte Lied dem Publikum vortrug. So, als erzähle sie den Zuhörern im Vertrauen das Geheimnis ihres jungen Herzens, in süß verhaltenem Ton, in einer Art und Auffassung, wie niemand sie bisher gekannt, — so sprach sic von dem, was sie bewegte und beglückte. Tiefe Stille ringsum, nur diese goldene, junge Stimme, — schlicht, — lieblich, — herzbewegend! — Unter den Zuhörern saß einer, dem war es seltsam zumut! Hans Kübne Ivar kein Kunstschwärmer, viel weniger noch ein Kunstverständiger! Früh auf sich selbst gestellt, gehörte sein Leben der Arbeit, — mit Gefühlen, wie Bewunderung, Entzücken, Liebe hatte er sich nie ab- gegeben! Selbstverständlich hatte er seine braven Eltern lieb und seine Schwester. Tas aber war ihm so natürlich, unentbehrlich, wie Lust und Licht, ^m übrigen halte ihm nur das etwas gegolten, was ihn interessierte, fein Wissen zu bereichern versprach, mit einem Wart, ihn
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