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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 29.11.1904
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1904-11-29
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-19041129016
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1904112901
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1904112901
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1904
- Monat1904-11
- Tag1904-11-29
- Monat1904-11
- Jahr1904
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BezugS-Prei» in der Hauptexpedltion oder der« AllSgad». stellen abg«holt: oterteljährlich 8.—, bet zweimalig« tLgltch«8»st»ll»«g tu« H«» 3.7b. Durch di» Post bezog« für Deutsch land u. Oesterreich vierteljährlich 4.50, für die übrige» Länd« laut Zeituug-preiSliste. Diese Nummer ksftet auf alle» Bahnhöfm und 11» I bei de» Zeitungr-Beriäufern ^1 * Nedaktiu» und Erpe-tttom 153 Fernsprrch« 222 Johanni-gafle 8. Haupt-Filiale Dresden: Marienslratze 34 (Fernsprecher Amt I Nr. 1718). Haupt-Filiale Berlin: karlDuucker, Herzal.Bar,rHofbuchdandlAv Lützowstraße 10 (Ferusprech« Ami VI Nr. 4608). Morgen-Ausgabe. KiWMr. Tageblatt Anzeiger. Amtsblatt ves königlichen Land- und des Königlichen Amtsgerichtes Leipzig, des Aales und des Nolizeiamles der Stadt Leipzig. Anzeigen-PretS die 6 gespaltene Petitzeile 28 Reklame» »nter dem Rrdaktionsstrich (4gespaltro) 7b nach d« Familienaach- richten <6 gespalten» bO — Tabellarisch« und Ziffern!ag werden entsprechend höher be- rechnet. — Gebühren für Nachweisungen und Ossrrtenannahme 2b Annadmefchlutz für Anzeige». Abend-Ausgabe: vormittag- 10 Uhr. Morgen-Ausgabe: nachmittag- 4 Uhr. Anzeige» sind stet- an die Expedition zu richten. Extra-Beilage« (nur mit der Morgen- Ausgabe) nach besonderer Vereinbarung. Die Expeditta» ist wochentags ununterbrochen geöffnet von srüh 8 bis abends 7 Uhr. Druck und Berlag von E. Palz in Leipzig (Inh. Or. «., R. ö. W. Slinkhardt). Nr. M. Dienstag den 29. November 1904. 98. Jahrgang. Var Wcktlgrtr vom lagt. * Der außerordentlicheLandtag d eS Königreich- Sachse« ist gestern eröffnet worden. * Die neuen Militär» orlaaen setzen die Friedens präsenzstärke des Heere- auf 50L 83S Mann und die Dienstzeit bei de« Fußtruppea auf zwei Jahre fest. (S. Sonderartikel.) * Im preußischen Landtag erklärte gestern Justiz minister Dr. Schönstedt, daß der nächste Etat eine große Vermehrung der Richterstellen bringen werde. iS. Parlamentsber.) * Im Reich-tag-wahlkreise Schwerin-WiSmar findet am 2. Dezember Stichwahl zwischen Büsing (natl.) und Antrick (soz.) statt. (S. Dtsch. Reich.) * Nach einer Pariser Meldung soll der Zar dem Minister de-Innern geantwortet haben, daß die Re gierung den Verfassung-Wünschen vor dem Frühjahr 1905 nickt näher treten könne. (S. Ausland.) * In Tokio beschlossen die Verfassungstreuen und die Fortschrittler, die überwältigende Mehrbeit in der japani- schenKammer, denKriegbiS zumEnde fortzusetzen ohneRücksicht aus dieKosten, die erverursacht. (S.russ.-jap.Krieg.) Der fall venmein. DaS „Neue Montagsblatt", das Herr Eduard Bern» stein seit nunmehr dreißig Wochen herausgab, ist ein gegangen. Das mußte so kommen. Die Masse ist ein Souverän, der noch weit gebieterischer als die im Purpur Geborenen Weihrauch fordert, nichts als sinnbetäuben- den Weihrauch. Der „Vorwärts" weiß Lies; er hat seit langem die Verhimmelung des Proletariers auf dem düsteren Hintergründe der vermaledeiten Bourgeoisie zum Redaktionsprinzip erhoben. „Es ist das Unglück der Könige, daß sie die Wahrheit nicht hören wollen!" rief Johann Jacoby Friedrich Wilhelm IV. zu, und gewiß hatte er nicht unrecht. Aber nicht alle Souveräne gleichen und glichen dem empfindlichen Romantiker auf dem Throne der Hohenzollern; viele haben Wahrheit ge fordert und, ohne zu schaudern, von dem bitteren Trank getrunken. Anders der Souverän „Masse" genannt. Dieser will immer nur ein Echo des eigenen Empfindens vernehmen, und alle, die zur Masse sprechen, auch die stärksten Bändiger der tausendköpfigen Hydra, müssen sich auf Schmeichelkünste verstehen. Gewiß haben be gabte Agitatoren der Masse auch unbequeme Wahrheiten entgegengeschleudert, aber immer erst, nachdem sie sich ihrer seelisch bemächtigt hatten, und dazu gibt es nur ein Mittel: die Proskynesis, die Anbetung ihrer Wesens herrlichkeit, die Prophezeiung ihres Sieges. Nun kam Eduard Bernstein, ein Mann, dem nichts Elementares eigen ist, ein kühler Denker, ein fleißiger Gelehrter, und verkündete allerhand unfrohe Botschaften, untergrub die Fundamente der Theorie, tadelte die politische Praxis, riet zu nüchterner Kleinarbeit, und schien nicht an das Paradies auf Erden zu glauben, das dem Zielbewußten gewiß ist. Zuerst weilte er im Ausland, schrieb Bücher, da war er relativ ungefährlich und die Partei re- nominierte mit ihm. Dann durfte er — eine Teufelei Bülows — nach Deutschland zurllckkehren, machte sich hier durch eigene Ansichten bald unliebsam, und schließ lich gründete er gar eine Zeitung. Die Entrüstung unter den Genossen griff so rapide um sich wie ein Prairie- brand. Bernstein schlug in seinem Blatte einen recht rüden Ton an, aber er klang dem geübten Ohr der Genossen nicht echt. Er zeigte sich gesinnungstüchtig, aber man traute ihm nicht. Er war langweilig, ge- schmacklo-, die bürgerliche Welt nahm nicht das mindeste Interesse an dem Montags-Opusculum, in dem sich Bernstein eine „literarische Heimstätte" schaffen wollte. Tut nichts, der Jude wird verbrannt. Nun ist's geschehen. Reguienent in pnee. Die Journalistik hat an dem „Neuen Montagsblatt" nicht- verloren. So langweilig daS Organ war, so interessant ist sein Verschwinden. Vor kurzem sagte Bernstein noch in seinem Blatte, gewiß seien die Berliner Genossen nicht der Meinung, eine Zeitung müsse, nur weil sie revisionisti- schen Gedanken Ausdruck gebe, boykottiert werden. „Wäre es anders, so müßte die Partei das Wort Meinungs freiheit aus ihrem Register streichen." Das Wort ist ge strichen, denn Bernsteins Blatt ist dem Boykott erlegen. Man könnte sagen, die Sozialdemokratie sei eine Armee, und in einer Armee sei Meinungsfreiheit unmöglich. Aber solche brutale Aufrichtigkeit ist den Genossen fremd; sie halten an der Fiktion fest, daß sich unter dem roten Banner jede Eigenart frei entwickeln dürfe, und dieser politische c»nt ist gerade bei ihnen so ekelerregend, weil kein Tag vergeht, an dem sie nicht die Heuchelei der Bourgeoisie „brandmarken". Diese Haltung hat, von ihrer ethischen Verwerflich- keit abgesehen, eine üble Folge auf intellektuellem Gebiet. Nachdem, wie wir ohne wait««» anerkennen, die Sozialdemokratie für di« geistige Erweckung der ArdeiterstandeS unschätzbare Anregungen gegeben hat, <)ie trotz ihrer staatsfeindlichen Tendenz doch dem Gegen wartsstaat insofern zu gute kamen, als die Intelligenz Oer breiten Volksschichten und mit dieser ihre Leistungs fähigkeit sich außerordentlich gehoben hat, gehen wir nun, wenn die Unduldsamkeit der Partei jeden Anders- denkenden zermalmt, einer Verdummungsära größten Stils entgegen, wie nur unumschränkte Priesterherr- chaft sie in romanischen Ländern gezeitigt hüt. Der Vergleich liegt nahe und Bebel wächst ja täglich mehr in die Dalai-Lama-Rolle hinein, indessen, ist doch zu hoffen, daß sich da Widerstände erheben, die den Bann brechen. Der Deutsche fügt sich geistiger Uniformierung nicht so leicht. Aber die Gefahr ist vorhanden. Der politischen Entwickelung sehen wir insofern un interessiert zu, als wir auf eine rapide „Mauserung" nicht rechnen und die Hoffnungen der Herren Barth und Naumann nicht teilen. Die Masse bedarf der Phrasen, ür eine nüchterne politische Arbeit von Tag zu Tage wird sie in absehbarer Zeit nicht zu gewinnen sein. Aber Vorgänge, wie der oben, besprochene, bewirken doch vielleicht, daß die Sympathie derjenigen, die eine deutsche Kultur heraufführen möchten, sich von der Sozialdemokratie abwenden und das wäre ein erfreu liches Ergebnis. Daß dieser Weg nicht zur Freiheit ührt, wird jeder Unbefangene einsehen. Wir gewahren, daß die „revolutionäre" Tendenz regt, wir glauben, daß sie ihre Werbekraft für die Masse noch nicht verloren hat, wir nehmen nicht an, daß die Sozialdemokratie bereits den Höhepunkt ihres Einflusses erreicht hat. Wir können auch nicht finden, daß unsere deutsche Politik dazu angetan ist, der Sozialdemokratie auch nur einen Fußbreit ihres Besitzes zu entreißen und halten es nicht für unmöglich, daß auch die nächsten Reickstagswahlen wieder ein Anwachsen der sozial demokratischen Stimmenzahl zeigen werden. Hierin irren wir vielleicht, aber wir sind der Ansicht, daß es von Zeit zu Zeit ratsam ist, auf die Möglichkeit eines solchen ckie» stör hinzuweisen, damit unsere Staats männer nicht allzu fassungslos vor einem etwaigen un liebsamen Ergebnis stehen. 6. Vie neue» Militärvorlagrn. Die „Nordd. Allg. Ztg." veröffentlicht den Gesetzentwurf betreffend die Friedenspräsenzstärke des deutschen Heere-. Artikel 1 umfaßt drei Paragraphen. H 1 lautet: Vom 1. April 1905 ab wird die FriedenS- präjenzstärke als JabreSdurckschnittSstärke allmählich derart erhöht, daß sie im Laufe de- Rechnungs jahres 1909 die Zahl von 505 839 Gemeinen, Gefreiten und Obergefreiten erreicht und in dieser Höhe bis zum 31. März 1910 besteben bleibt. Hieran sind be teiligt Preußen und die zugehörigen Kontingente mit 392 979, Bayern mit 77 424, Sachsen mit 37 7 1 1 und Württem berg mit 19 725. So weit Württemberg die Zahl nicht ausbringt, erfolgt eine Ergänzung auS dem preußischen Kon- tingentSverwaltunaSbezirke. Die Einjährig-Freiwilligen kommen auf die Friedenspräsenzstärke nicht in Anrechnung. In offenen Unteroffiziersstellen dürfen Gemeine nicht verpflegt werden. Z 2 lautet: In Verbindung mit der Erhöhung der Friedenspräsenzstärke wird die Zahl der vorhandenen For mationen so vermehrt, daß am Schluffe des Rechnungsjahres 1909 besteben bei der Infanterie 633 Bataillone, bei der Kavallerie 510 Eskadrons, bei der Feldartillcrie 574 Batterien, bei der Fußartillerie 40 Bataillone, bei den Pionieren 29 Bataillone, bei den Verkehrstruppen 12 Bataillone und beim Train 23 Bataillone. Paragraph 3: In den einzelnen RechnungSjabren unterliegt die Erhöhung der FriedenSpräsenz- stärke nach Maßgabe des Paragraphen 1 nnd die Verteilung der Erhöhung auf die einzelnen Waffengattungen ebenso eine Zahl Stellen für Offiziere, Aerzte, Beamte und Unteroffiziere der Feststellung durch den ReichShausbaltSetat. Artikel 2 lautet: Da- Gesetz kommt in Bayern nach der Bestimmung des BündnißvertragS und in Württemberg nach der Bestimmung der Militärkonvention zur Anwendung. In der Begründung de-Gesetzesbetr. die Friedens präsenzstärke heißt «S, da- Deutsche Reich werde auch zu- künftig seine seit mehr al- 30 Jabren bewährte friedliche Politik fortsetzen. Hierzu bedürfe es nach wie vor eines starken, schlagfertigen und tüchtigen Heere-, und es könne und müsse gefordert werden, daß da- Deutsche Reich in der Heranziehung der BolkSkraft zum persönlichen Dienste in der Landes verteidigung mit den Nachbarmächten gleichen Schritt halte. Da» sei bi- jetzt nicht der Fall. Bei dem stetigen Anwachsen der Bevölkerung könne Deutschland rücksichtlich der Finanzkraft de» Lande- den Grundsatz der allgemeinen Wehrpflicht in voller Einheit nirmal- durchführen, sondern müsse sich Beschränkung auferlegen, die die Wehrkraft nachteilig beeinflusse. Frankreich überflügele Deutschland in der Gesamtzahl der Streitbaren. Die- werde nach Einführung der zweijährigen Dienstzeit noch in ausgedehnterem Maße der Fall sein können. Man müsse danach streben, daß da« in der Stärke der Bevölkerung liegende Macht element in derZahl der au-gebildrten Mannschaft zum vollen Aus druck gelange. Die Erhöhung solle aber auch der Beseitigung solcher Schwächen und Lücken in der Organisation gelten, welch« di« Frieden-au-bildung erschweren, den Uebergang in di« Kri«g-formation verlangsamen und bei der Mobil machung zu unheilvollen Verhältnissen führen können. Die Begründung weist dann auf den Mangel an Kavallerie hin, der schon für die ffrieden-au«bildung zu einem wahrhaften Uebelstande geworden fei. Der verhältni-mäßig geringe Stand der Kavallerie zwing« jetzt, sie im Mobilmachung«- s-lle erheblich z« vermehren. TS ist beabsichtig^ m die neuen Kavallerie - Negimente» die vorhandenen ESkadron« Jäger zu Pferde aufgehea zu lasten. Die Zahl der vor ¬ handenen Fußarlillerie- und der Pioniertruppenteile reiche nicht mehr für die gesteigerten Anforderungen aus. Die Verstärkung der Telegraphentruppen um ein viertes Bataillon sei dringend geboten. Die begründeten Maßnahmen bedingen eine Erhöhung der Friedenspräsenzstärke um 10 339 Mann. DaS Gesetz soll am 1. April 1905 in Kraft treten. Die vorhandenen Formationen sollen vermehrt werden um 8 Infanterie-Bataillone, 9 Kavallerie-Regimenter, zwei preußische Fußartillerie-Bataillone und ein preußisches Telegraphen-Bataillon. Die „Nordd. Allg. Ztg." veröffentlicht ferner den Gesetz entwurf betr. Aendcrung der Wehrpflicht. Artikel I streicht aus dem ersten Absatz des Artikels 59 der Reichs verfassung die Bestimmung, nach der die ersten drei Jahre des Dienstes beim stehenden Heere bei den Fahnen zu leisten sind, fügt aber folgenden Absatz hinzu: Während der Dauer der Dienstpflicht im stehenden Heere sind die Mannschaften der Kavallerie und der reitenden Feldartillerie die ersten drei und alle übrigen Mann schaften die ersten zwei Jahre zum ununterbrochenen Dienst bei den Fahnen verpflichtet. Artikel 2 des Entwurfes bestimmt: Im Kalle notwendiger Verstärkungen können auf Anordnung des Kaisers die nach dem neuhinzugefügten Absatz zu entlassenden Mannschaften im akliven Dienst zurückbehalten werden. Eine solche Zurückbehaltung zählt für eine Uebung im Sinne des letzten Absatzes des Para graphen 6 des Gesetzes vom 9. November 1867. Die Mann schaften der Fußiruppen, der fahrenden Feldartillerie und des Trains, die freiwillig dienten, und die anderen, die gemäß der Dienstpflicht drei Jahre aktiv dienten, dienen in der Landwehr ersten Aufgebots nur drei Jahre. Die Mann schaften der Landwehr der Infanterie können während der Dienstzeit in der Landwehr ersten Aufgebotes zweimal zu Hebungen in besonderen aus Mannschaften des Beurlaubten standes gebildeten Formationen aus 8 bis 14 Tage, vom Tage des Eintreffens beim Truppenteil an gerechnet, einbe rufen werden. Die Landwehr der Kavallerie wird im Frieden zu Hebungen nicht herangezogen. Die Landwehrmannschasten aller übrigen Waffengattungen üben in demselben Umfange wie die Infanterie in besonderen Formationen oder im An schluß an die betreffenden Linientruppenteile. Artikel 3 be stimmt, baß daS Gesetz vom 1. April 1995 in Kraft tritt, und in Bayern gemäß des Bündnisvertrages vom 23. November 1870 und in Württemberg gemäß der Militärkonvention vom 2l. bczw. 25. November 1870 zur Anwendung kommt. Die Begründung zum Gesetz betr. Aenderuna der Wehrpflicht führt aus: Die auf die Dienstzeit bezug habenden Bestimmungen der Gesetze betr. die Friedens präsenzstärke von 1893 und 1899 sollen dauernd fcstgelegt werden. Die Regierungen entschlossen sich seinerzeit zur vorläufigen Einführung der zweijährigen Dienstzeit nur unter der Voraussetzung einer Reihe von Maß regeln, die sie zur Erleichterung des Dienstes bezw. Förderung der Ausbildung der Truppen als unentbehrlich erachteten. Ersterem Zwecke dienten die 4. Bataillone, deren seitherige Abschaffung war zwar ein Gewinn für die gesamte Heeres- organisation, beieitigte aber auch daS wesentlichste Mittel gegen die Dienstertchwernisse, die die zweijährige Dienstzeit bereitet. Hierunter litt die Ausbildung und Behandlung des Mannes, sowie das Verhältnis zwischen Vor gesetzten und Untergebenen. DaS Fortbestehen dieser Verhältnisse kann nicht geduldet werden. Auf die dreijährige Dienstzeit zurnckzugreifen, verbietet sich. Bei der Regierung besteht allerdings nur die auf die Friedens erfahrung gegründete Anschauung, daß die zweijährige Dienst zeit der Fußlruppeu genügt. Ein Endurteil kann' erst der Krieg fällen. Bis dahin kann nicht gewartet werden, daher sind die zur Erleichterung des Dienstes not wendigen Maßregeln einzuführen und die bereits zur Förderung der Ausbildung getroffenen zu erweitern. Die kriegsmäßige Ausbildung macht die Gewährung umso größerer Geldmittel nötig, je kürzer die verfügbare Zeit ist. Ohne die erwähnten Maßnahmen ist die endgültige Ein führung der zweijährigen Dienstzeit nicht angängig. Die Begründung gibt alsdann eine Uebersicht des überschläglichen Geldbedarfs ,ür die in den Jahren 1905 bis 1909 in diesem Sinne durchzusührcndeu Ausgleichsmaßnahmen. Zum Aus gleich der Verschiedenheiten in den Unieroffizieretats der Heere Preußens, Bayerns, Sachsens und Württembergs werden fortdauernd 1 495 243 und als einmalige Ausgabe 1 701 087 gefordert, wovon auf 1905 noch nichts entfiele. Zur Erhöhung des Pferdeetats für die fahrenden Batterien der Feldartillerie sind dauernd 1 018 904 .L und einmalig 1 435 384 „ck eingisetzt, davon für 1905 251 476 beziehungsweise 572 730 -4 Zur Aufbesserung der UnterosfizierSbesoldungen werden fortdauernd 2 542 072 gefordert (für 1905 davon noch nicht«), davon entfielen auf Preußen 1 974 000 .4, Sachsen 199858 Württemberg 89 675 und auf Bayern 278 53s Ferner ist al« fortdauernde Ausgabe eingestellt 159 873 für «ine bessere Ausbildung der Offiziere peS Beurlaubten stande« bei der Infanterie, den Jägern und Schützen und sodann für die Vermehrung der Handwaffen munition für gefechtsmäßiges Schießen fortdauernde Gesamt kosten von 2 272 837 und einmalige Ausgaben von 168 452 (1905 noch nicht-). Der Etatsansatz für GefecktS-und Schieß- übungenimGeländewirdab 1906 mit252126 ^erhöht,ebenso der Etatsansatz zu Uebungen de- Beurlaubtenstandes von 1906 bis 1910 als fortdauernde Ausgabe mit 8 548 743 erhöht. Die Neuanlagen von Schießstänven sind von 1906 ab dauernd mit 29 761 .-c und einmalig mit 3 515 826 veranschlagt. Die Einstellung von Zivilarbeitern ist fortdauernd mit 1 053 426 veranschlagt, davon 458 925 für 1905 und 594 501 für später. Davon treffen Preußen 860 000 (380 000 ^- für 1905), Bayern 115 426.-* (50 925 ^e) Sachsen 48 000 (18 000 ^e) und Württemberg 30 000 (10 000 ^4). Zum Schluß heißt e«: Insgesamt betragen die Mehr» forverungen 73 9l3ll6 ^e, davon 11 795646 -4 fort- dauernde und 62 117 470 -4k einmalige Ausgaben. Aus 1905 entfallen an fortdauernden Ausgaben 1 461 581 ^k, auf >906 10 334 065 an einmaligen Ausgaben entfallen auf 1905 12 642 280 auf 1906 b,S 1911 49 475 190 ver HukrtanO in Ziiamstattilra. Brief eine» Aoinbattanten. Dem Briefe eines Oberarztes in der Schutztruppe, den der Bruder des Herrn der „B. B. Ztq." freundlichst zur Verfügung stellt, sind folgende interessante Stellen entnommen. Es wird zunächst lebhafte Klage geführt über das schwarze Bettelgesindel, das den ohnedies knap Pen Proviant der Schuhtruppe aufzehren hilft, mit Decken und Kleidungsstücken beschenkt wird und dann wieder dem Feinde zuläust, dem es höchst wahrscheinlich Spionagedienste leistet. Angesichts des unglaublichen Schadens, den uns unsere frühere Güte gebracht hat, findet der Briefschreiber diese Gutmütigkeit, die auf eine indirekte Unterstützung des Feindes hinausläuft, beson ders bedenklich. Tann fährt er fort: „Sehr interessant war auch ein Fund, dein ich machte. Ein fliehender Herero hatte sein gesamtes Gepäck fest in ein Fell geschnürt auf unseren alten Verbandsplatz deponiert. Ich öffnete das Paket und fand, abgesehen von dem üblichen Krimskrams, eine ganze Menge von starkriechenden Kräutern, Blättern, Wurzeln, Kernen, alle für sich sogar in Lederläppchen eingehüllt; auch verschiedene Salbenarten in Töpfchen aus einem Rinderhorn gefertigt, am Boden mit Leder kappe fest verschlossen, oben mit Holzdeckel. Dazu eine ganze Reihe von eisernen, messerähnlichen Schneiden, Meißeln, Feilen. Haken, außerdem ein Feuerzeug und Schmuckgegenstände. Es war nicht zweifelhaft, daß ich die Habe eines Kollegen vor mir hatte. Herbeigerufene Eingeborene kannten auch die Mittel und ihre Wir kung, erklärten mir den Zweck der einzelnen Instru mente. Ich stehe nun fast Jahr im Felde, habe von Liebesgaben nichts gesehen, auch die Truppen nicht, mit denen ich zusammen war. Ter Transport ist in dem Lande hier unsäglich schwierig, das wird jeder zugeben, daß aber so gut wie nichts an die fechtenden Fronttruppen gelangt, die enorme Entbehrungen aus- zustehen haben, ist nicht gerade schön. In den Zeitungen lesen wir von Liebesgaben, aber wir be kommen nichts davon. Darüber herrscht in der Front' natürlich nicht geringe Mißstimmung. Andere Herren bekommen Pakete von Hause wieder ganz regelmäßig. Ter Leutnant bekommt mit jeder Post 6 bis 7 Pakete, sein Nachschub ist famos. Erwünscht ist unS vor allem Briefpapier. Bleifedern, Odol, Eau de Cologne, Tabak, Zigarren, Spielkarten, Bücher, am besten Reclam, Fleischertrakt. Auf dem Marsche leben wir immer nur von Erbswurst und Corned Beef mit Maccaroni. Tas hängt einem natürlich bald zum .Halse heraus. Vieh erbeuten wir zwar viel, das meiste ist aber so ab getrieben. daß es nicht zu genießen ist. Erbeuten wir einmal fette junge Ochsen, so gibt es natürlich Fleisch in Gülle und Fülle, aber dann essen di« Leute ge wöhnlich zu viel und verderben sich den Magen." ver kitttstcb-japanische Weg. Su den gretzcn Unterschlagungen, die in der Verwaltung der in Rußland für daS Rote Kreuz aufgebrachten Gelder aufgedeckt worden sind, wird dem „L.-A." auS Petersburg noch ein bezeichnender Fall mit geteilt. Graf Orlow-DeSkow stiftete eine Million Rubel, die ebenso wie die seinerzeit von der Kaiserin- Witwe gestifteten 2 Millionen, ihrer Bestimmung nicht zuge- führt wurden. Die Arlegrbegeisternng der japanischen Parteien. Wie nach einer Londoner Depesche der „Voff. Ztg." aus Tokio unterm 27. d. M. gemeldet wird, hielten die Ver fassungstreuen und die Fortschrittler, die beiden führenden Parteien, die zusammengenommen über eine überwäl tigende Mehrheit in der japanischen Kammer ge bieten, am Sonnabend gesonderte Generalversammlungen ab, in denen sie einstimmig den fast gleichlautenden Beschluß faßten, den Krieg mit allen Anstrengungen fortzusetzen, ohne Rücksicht darauf, was er kostet. Da» amerikanische AomenissisnrmitgUed. AuS Washington, wohin der Präsident Roosevelt ab gereist ist, meldet daS Bureau Reuter, die Vereinigten Staaten würden bei der „aufrichtigen Lösung" des Nordseevorfalles Mitwirken, indem sie einen hoben See offizier als Mitglied der Untersuchungskommission ernennen würden. Die Enttcheidung werde sofort getroffen, nachdem die förmliche Einladung von Rußland und England ein gegangen sei. Anrapatkin meldet dem Zaren vom 27. ds«.: Nach den im Laufe der Nacht eingegangenen Berichten gingen die Japaner Lei Zinschetschen gestern bis 4 Uhr nachmittag« unentschloffen zum Angriff vor. Der Vormarsch wurde durch unser Feuer aufgehalten. Der Kampf dauert fort. Die Stimmung der Truppen ist sehr gut. Andere Berichte über vie Kämpfe in der Nacht zum 27. dss. sind nicht eingegangen. Den Mmkörn. Die „Birshewija Wjedomosti" melden auS Mukden vom Sonntag: In der letzten Nacht beschossen die auf dem Putilow- und Nowgorod-Hügel stehenden russischen Truppen die St,Hungen der Japaner. Diese er widerten das Feuer nur schwach und griffen ihrer seits nicht an. — Aus Mukden treffen täglich neue Truppenahteilungen ein; cS kehren auch zahlreiche Soldaten, die von ihren Wunden geheilt sind, aus Cbarbin hierher zurück. Die Chinesen behaupten, die Ja paner hätten die ganze Bevölkerung eine» großen Flecken- Lei Kuandianfian «»edergemetzelt, weil sie angeblich Be-
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