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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 29.10.1904
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1904-10-29
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-19041029015
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1904102901
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1904102901
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1904
- Monat1904-10
- Tag1904-10-29
- Monat1904-10
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Anzeigen-Preis die 6gespaltene Petitzeile 25 Reklamen unter dem RedaktionSstrich (»gespalten) 7Ü -H, nach den Famillennach- richtea i6gespalten) SO Tabellarisch» und Ztffrrniap entsprechend höher. — Gebühren für Nachweisungen und Ofsertrnannahme Lü Annahmeschlutz für Anzeigen: Abrad-Au-gabe: vormittag« lO Uhr. Morgen-Ausgabe: nachmittag- 4 Uhr. Extra-Beilagen (gefalzt), nur mit der Morgen-Ausgabe, odae Postbeförderung ^il 60.—, mit Postbefvrd»ung 70.—. Anzeigen sind stet- an die Expedition zu richten. Die Expedition ist wochentags ununterbrochen geöffnet von früh 8 bis abends 7 Uhr. Druck und Verlag von K. Polr in Leipzig (Inb. Ur. B.. R. L W. Lltnkhardt). Sonnabend dm 29. Oktober 1904. 98. Jahrgang. Var Aicdligrte vsm tage. * Die Kanalkommission des preußischen Abgeordneten hauses vertagte sich gestern bis zum 8. November und wird dann in die Beratung des Rhein-Hannover-Kanals eintreten. (S. Dtsch. Reich.) * Leut wein besetzte mit 60 Gewehren NomtsaS und Maltaböbe. Für Gibeon, wo sich 80 Gewehre be finden, besteht nach Trothas Meldung kerne Gefahr. * Im Voranschlag für den ungarischen Staats haushalt sind 46,7 Millionen Mehraufwand für Heer und Marine vorgesehen. (S. Ausland.) * Für den englisch-russischen Konflikt macht die „Norddeutsche Allgemeine Zeitung" den Vorschlag, ein Schiedsgericht einzuberufen; Rußland hat eine Be strafung der Offiziere als Einmischung in russische Herrscherrechte ab gelehnt. (S. russ.-engl. Konfl.) * Der Ostrayon der Mantschurei soll von den japanischen Truppen geräumt worden sein. Bei Mukden wurde ein ernster Kampf erwartet, blieb jedoch aus. Die russischen Abteilungen stehen kampfbereit. (S. russ-jap. Krieg.) * General Stössel bat an den Zaren und den Hoi depeschiert: „Sage Ihnen allen nun Adieu auf immer, Port Arthur wird mein Grab." (S. russ.-jap. Krieg.) N666886 68t! Tas preußische Abgeordnetenhaus wird sich in der kommenden Woche nach den bis jetzt getroffenen Dispo- sitionen mit zwei Regierungsvorlagen zu beschäftigen haben, die beide zu lebhaften Debatten führen dürften: mit dem Gesetzentwurf wegen Errichtung eines Ober- landcsgerichts in Düsseldorf, und dem betreffend die Ab tretung preußischer Gebietsteile an Bremen. Während die erste außerhalb Preußens lediglich ein „akademisches" Interesse Hervorrufen kann, berührt uns die zweite wesentlich mehr. Tas klingt zwar paradox, wird aber als richtig anerkannt werden, wenn man sich vergegenwärtigt, daß es sich uni eine Gebietsabtretung zu Hafenzwecken handelt und daß damit die Frage angeschnitten wird, ob unsere sächsische Industrie auch in Zukunft auf einen prompten Bezug ihrer Rohstoffe und eine ebenso prompte Beförderung ihrer Produkte ins Ausland rechnen kann. Soll ein glatter Warentransport, ein dm heutigen Ver hältnissen entsprechender Passagicrverkchr gewährleistet werden, so müssen nicht allein unsere Schifsahrtsgejell- schäften über die modernsten und schnellster: Fahrzeuge verfügen, sondern cs müssen auch die Hafenanlagen vor handen sein, die den Schiffen ein schnelles Laden und Löschen und damit einen raschen Umschlag der Güter er- möglichen. Nun haben aber die Dimensionen unserer Dampfer in den letzten anderthalb Jahrzehnten in un geahntem Maße zugcnommen und demgemäß auch eine raschere Ausdehnung der Hasenanlagen nötig gemacht, als angenommen werden konnte. Aus diesem Grunde hat sich Bremen veranlaßt ge- sehen, von neuem an Preußen mit dem Anträge auf eine Gebietsabtretung heranzutretcn, dessen Niederschlag in einer am 10. Juni dem Abgeordnetenhause zugegange nen Gesetzesvorlage zu erblicken ist. Darnach soll von Preußen eine nördlich von Bremerhaven belegens Ge bietsstrecke von im ganzen 597 Hektar (darunter 116 Hektar Wasserfläche) unter den im Vertrage vom 21. Mai 1904 bestimmten Bedingungen und gegen Zahlung von einer Million Mark an Bremen abgetreten werben, wäh vend Bremen seinerseits eine fast genau so große Wiesen- fläche an der Wümme (nordöstlich von Bremen) an Preußen abtritt. Die Vorlage hat schon, bevor sie an den preußischen Landtag gelangte, zu heftigen Fehden Anlaß gegeben, und namentlich die vcrkehrsfeindlich gesinnten konser- vativ-agrarischen Elemente haben die Gelegenheit nicht vorüber gehen lassen, ihrem glühenden Haß gegen alles, was Verkehrsfortschritt heißt, gründlich Luft zu machen. Tic „Kreuz-Zeitg." vom 14. Mai und 19. Juni d. I. brachte längere, anscheinend von Dr. Diederich Hahn ver- faßte oder inspirierte Artikel, die sich geradezu wütend gegen die Abtretung wandten und u. a. der Begründung der Vorlage den Vorwurf der Unrichtigkeit machten. Er- leichtert wurde den Feinden der Vorlage ihr Vorgehen dadurch, daß man auch in den unmittelbar an der Ab. tretung interessierten, bezw. davon betroffenen Gebiets- teilen Preußens keineswegs einer Meinung darüber war. Begründet war dieser Zwiespalt der Ansichten in der oft beklagten deutschen Kleinstaaterei, deren unheilvolle Folgen sich naturgemäß praktisch dort am meisten zeigen, wo eS sich um Gebietsenklavcn handelt, wie Bremerhaven eine solche darstcllt. Obwohl die drei Hafenorte Bremerhaven, Geeite- münde und Lehe ein vollkommen in sich zusammenhängen des ErwerbSgebiet bilden, herrscht doch unter ihnen eine Eifersüchtelei, die ihrer Entwickelung schon mehr als ein- mal hinderlich gewesen ist. Während im nördlich von Bremerhaven gelegenen Lehe die Opposition gegen die Abtretung von dem Gedanken ausging, daß Lehe da durch ganz von der Weser abgedrängt und noch mehr als bisher der Wohnort der in bremischen Betrieben be schäftigten Arbeiter werden könnte, befürchtete man in Geestemünde eine Schädigung des eigenen Hafenverkehrs, namentlich des Fischhandels, und hat es denn auch glück lich durchgesetzt, daß in den Vertrag ein Artikel (22) aus genommen worden ist, wonach in dem neuen Hafengebiet ohne Zustimmung Preußens von Bremen keinerlei der Hochseefischerei, dem Fischhandel oder deren Neben betrieben dienende Einrichtungen geschaffen oder zu gelassen werden dürfen, wenigstens nicht in den nächsten dreißig Jahren. Wenn Bremen sich dieser, wohl bei-spiel- los dastehenden Beschränkung unterworfen hat. um das Zustandekommen des Vertrags nicht zu gefährden, so Hai es damit bewiesen, daß es ihm vor allen Dingen darum zu tun ist, der großen Schiffahrt und damit dem Welt verkehr die notwendige Gelegenheit zur freieren Ent faltung zu geben. Gerade hierin liegt die große, über das lediglich lokale Interesse weit hinausreichende Bedeutung des Vertrages, der sich auch der um sein Gutachten be fragte hannoversche Provinziallandtag nicht hat ver- fchließen können. Aber wenn dieser auch einstimmig sich für das Zu standekommen des Abtretungsvertrages ausgesprochen hat, so ist darum die Durchdringung der Vorlage noch keineswegs gesichert, so wünschenswert sie auch gerade im Interesse des Binnenlandes ist. Die Rechte, die uns am liebsten mit einer chinesischen Mauer umgeben und den Auslandsverkehr in jeder Weise erschweren möchte, wird der Vorlage, wie schon erwähnt, aus Prinzip Opposition machen, und da die meisten ihrer Mitglieder in Verkehrs sachen über einen durch Fachkenntnisse nicht weiter ge trübten Blick verfügen, so dürften sie ziemlich blindlings der Führung von Tr. Hahn und Genossen folgen. Es ist sogar anzunehmen, daß auch das Interesse der Landes verteidigung sie nicht einmal zu Freunden der Vorlage machen wird. Und doch ist dieses Interesse durchaus nicht gering. Wenn auch jetzt in Wilhelmshaven mit großem Kostenaufwande Trockendocks für die Marine erbaut wer den, so fehlen dafür solche an der Elbe gänzlich. Das einzigeTock in Hamburg, das zur Aufnahme von Schlacht schiffen Raum genug bietet, kann im Kriegsfälle deshalb nur in zweiter Linie in Betracht kommen, weil das schlechte, an manchen Stellen sehr seichte Fahrwasser der Elbe havarierten Panzern nur bedingungsweise die Fahrt bis Hamburg gestattet und weil es zu weit von der See entfernt ist. Eine Ausdehnung der Bremerhavener Hafenanlagen, die doch das einzige Ziel der Gebiets abtretung ist, würde aber, wie bereits feststeht, auch die Erbauung eines neuen Trockendocks von größten Dimen sionen in sich schließen und damit für unsere Kriegs marine von höchstem Werte sein. Es ist also in dieser Hin sicht ebenso sehr wie im verkehrspolitischen Interesse nur aufs lebhafteste zu wünschen, daß die großen Gesichts punkte, die Rücksicht auf das Wohl des Ganzen, den Sieg davontragen mögen über eine kleinliche Jnteressenpolitik, die noch niemals verstanden hat, ivelch eine großartige, u-eitblickende Auffassung sich verrät in dem alten, ewig wahr bleibenden Worte: aavigare nocs-so s>tl Dr. k. ver r«irir»-englir»r Konflikt. -o London. 27. Oktober. Seit dem Montag hat England, wie die Presse seiner Hauptstadt meldet, „ängstlich" der russischen Antwort ge- harrt, und von Tag zu Lag hat die Erbitterung zugenom men. Man setzt voraus, daß die Minister des Zaren die traditionelle Taktik -es Aufschubs, die sie in der Mantschureifrage mit den» bösesten Erfolg be trieben haben, auch in der Frage von Hüll anwenüen; die Befürchtung, eS könne diesmal ebenso schlecht gehen, ist keine Schivarzseherci. Zu unserem Bedauern aber müssen wir anfangen, die englischen Forderungen sehr übertrieben zu finden, wenn z. B. der „Standard" postu- liert: „Wir werden entsprechende Sicherheit gegen die Wiederholung der Uebergriffe verlangen und gegen weitere» Mißverhalten von Seiten der Beleidiger." Ernst gencmmen, würde ein solche» Racheprogramm doch zweifellos eine Vasallenstellung Rußlands invol vieren, an die bis heute noch nicht zu denken ist. Der „Standard" ahnte den inzwischen etngelaufenen Be- richt RoschdjestwenSkys Vorau», wenn er da» Jäger- latein (ocxck anck-KuU »wri«) über phantastische japa nische Pläne höhnt. Er droht nach Petersburg: „Wenn sie fortfodren, mit einem Gegenstand von tiefstem Ernst zu tändeln, und wenn sie daran festhalten, un» mit Trivialitäten und Zweideutigkeiten abzufpeisen, dann werden sie wohl ein rauhe-, peinliches Erwachen haben." Morgen veranstaltet die Nationale Union konser- vativer Vereinigungen ihre jährliche Konferenz in Southampton, und Balfour sollte dort sprechen. Er muß über die Zollfrage sprechen, da seine Red, inEdcnburgso viele Mißverständnisse hervorgerufen hat. Wa» liegt also näher, al» daß er durch Erörterung de» Falles von Hüll, der die Gemüter elementar bewegt, von o«n heiklen Thema ablenkt und se der Regierung und der konservativen Partei einen Demonstrationserfolg ver schafft, wo sie nahe daran waren, in die Bruche zu gehen? * Deutscher Verenittelnirasvorfchlag. Tie „Norddeutsche Allgemeine Zeitung" macht für ein Schiedsgericht Stimmung. Dieses ist das bedeutsamste Ergebnis des gestrigen Nachmittags und Abends, das vielleicht die völlig ver fahrene Situation noch korrigieren kann. Es ist uns ge meldet worden: * Berlin, 28. Oktober. Die „Nordd. Allgemeine Zeitung" schreibt: Der russisch-englische Zwischenfall hat, soweit es zur Stunde bekannt ist, eine Regelung noch nicht gefunden, gleichwohl darf man an den kriegerischen Aus- lassungen englischer Preßorgane einstweilen ruhig vorbei- gehen. Es wäre auch kein Anlaß, durch sensationell ge färbte Auszüge aus solchen Blättern die öffentliche Meinung auf dem Festlande zu alarmieren. Hält man sich an die Tatsachen, so liegt vor die Erteilung einer Reihe von zweifellos ernst gemeinten Weisungen an die britischen Seestreitkräfte in den Heimatgewässern, im Kanal und im Mittelmeer. Die Anordnungen lassen den Schluß zu, daß die britische Regierung äußersten Falles, d. h. wenn sie nicht bald in den Besitz befriedigender russischer Erklärungen gelangt, dazu schreiten werde, das russische Ostseegeschwader auf der Fahrt nach dem Kriegs- jchauplatze für längere Zeit aufzuhalten. Da eine solche Verzögerung der Fahrt des Geschwaders nicht im Inter- esse Rußlands liegen kann, so darf noch mit der Möglich keit gerechnet werden, daß, bevor noch die maritimen Zwangsmaßregeln Englands gegen die russische Ostsee flotte angewendet werden, zwischen den Kabinetten von London und Petersburg eine Verständigung erfolgt. Die Dispositionen sollen auf beiden Seiten günstige sem, auch sind die Umstände des Falles nicht ungeeignet, den Gedanken einer schiedsrichterlichen Lösung dec noch strittigen Punkte nahe zu legen. Auch die „Kölnische Zeitung" publiziert folgenden, augenscheinlich inspirierten Lrahtberictzl: Ungeachtet dei in der öffentlichen Meinung Englands bestehenden Er regung hält man hier eine Zuspitzung des englisch-russi schen Streites auch heute noch für u n w a h r s ch e > n - l l ch. Die mit zur Erledigung der Angelegenheit be stimmten amtlichen Persönlichkeiten auf russischer wie auf englischer Seite zeigen eine sehr versöhnliche Grund stimmung, so daß jedenfalls die M ö g l i ch k e i t e i n e r unmittelbaren Verständigung über den Ausgleich des Zweifels zwischen London und Petersburg fortdauert. Es wirkt immerhin beruhigend, daß sür den äußersten Notfall die Möglichkeit einer Vermittelung gegeben ist. Bisher ist immer noch als feststehend anzu- sehen, daß weder England noch Rußland einen ernsten Konflikt wünscht. Die maritimen Maßregeln Englands, welche die Möglichkeit eines einstweiligen Zurückl-altens des russischen Geschwaders betreffen, er scheinen zutreffend als eine für England in Betracht zu ziehende Gestaltung der Dinge, welche die britische Re gierung in der Hosfnung auf eine genügende Erklärung der russischen Regierung vermieden zu sehen wünsche. Aus Berlin gehen uns folgende Informationen zu: Die Londoner „Morningpost" hat gemeldet, Ruß land habe bei den Mächten angefragt, wie sie sich gegenüber der Forderung, die Fahrt durch die Darda nellen frei zu geben, verhalten würden. An der Frei- gebung der Durchfahrt hat Rußland in diesem Augen- blick em besonderes starkes Interesse, denn cs verfügt im Schwarzen Meer über 10 Linienschiffe, 2 große ge- schützte Kreuzer, 16 Torpedobootzerstörer, 19 Torpedo boote und 2 Untersecbote. Mit der baltischen Flotte vereinigt, wäre diese Streitmacht der japanischen weit- aus überlegen. ES liegt also auf der Hand, daß Ruß land versuchen muß, in Güte die Zustimmung der Mächte zu erlangen, ja, wir glauben, daß das Zarenreich im weiteren Verlauf des Krieges gar nicht darauf verzich ten kann und auch nicht darauf verzichten wird, diese Alotte in Aktion zu bringen. Andererseits ist mit voller Sicherheit anzunehmcn, daß England — ganz abgesehen von dem Zwischenfall im Kanal — seine Einwilligung nicht geben wird und wir glauben daher, daß die Mel dung des Londoner Blattes unzutreffend ist. Denn über die Auffassung Englands hinsichtlich dieser An- gelegenheit gibt nran sich in amtlichen Kreisen Ruß lands sicher keiner Illusion hin und man wird sich nicht der Unannehmlichkeit ausgesetzt haben, auf eine Anfrage eine ablehnende Antwort zu erhalten. Es ist ganz augenscheinlich, daß man in russischen Kreisen noch jetzt daran glaubt, daß ein Uebersall auf die baltische Flotte beabsichtigt gewesen sei. Der Ad- miral Roschdjcstwensky hält daran fest, daß zwei fremde Torpedoboote bei -en britischen Fischerbooten gewesen seien. Nach der ganzen Art der japanischen KriegSfiih- rung müssen wir zugestehen, dag auch wir diese Be- bauptung nicht ins Gebiet der Unmöglichke ten verweisen können. Jedenfalls ist für uns die vorsichtigste Be urteilung am Platze. Man kann es auch unter diesen Umständen begreifen, daß die russische Regierung sich nicht zu einer Bestrafung des Admirals entschließen will und auch eine beruhigende Zusicherung für den weiteren Verlauf der Fahrt verweigert. Man ist eben äugen- fcheinlich in Rußland davon überzeugt, daß Japan auch in den neutralen Gewässern einen Ueberfall auf die Flotte versuchen wird. Auffällig ist e» ja auch 'n der Tat, daß man in England von zwei Torpedobooten spricht, die an der Affäre beteiligt gewesen sein sollen, daß aber der russische Geickwaderches konstat'crt. daß gar keine Torpedoboote sich bei dem Geschwader befunden haben. Wie man sieht, bedarf d'e Angelegenheit noch immer der Aufklärung und deswegen sind die Wut ausbrüche der englischen Presse zum Mindesten verfrüht. Man hält übrigens hier daran fest, -aß der Zwist fried lich beigelegt werden wird. Line gute Lonvoner Hensur für Deutschland. Dem „Bcrl. Lok.-Anz." wird aus London gescheh ben: Mit großer Befriedigung wird hier die korrekte Haltung der leitenden Kreise und der öffent lichen Meinung in Deutschland hervorgehoben. Dispositionen ver englischen Admiralität. Ueber die Operationen der britischen Flotte im Falle eines Konflikts mit Rußland wird, nach einer De pesche der „Voss. Ztg." bekannt: Die „Home Fleet" werde die dänische Küste decken und in Fühlung mit den russischen Schiffen bleiben, welche in die Nordsee von der Ostsee einlaufen. Ein Teil der Mittelmeer flotte soll die Dardanellen beobachten. Im Falle von Wirren würde keinem russischen Schiff ge- stattet werden, von der Ostsee oder dem Swarzen Meer auszulaufen. Die Kanal- flotte soll Fühlung mit der Ostseeflotte behalten, die nötigenfalls von den russischen Kriegsschiffen und Kohlenschiffen isoliert werden wird. Ein Geschwader zur Verstärkung der Kanalflctte werde in Bereitschaft ge halten werden. Es verlautet, auf Beschwerde Schwedens habe England Vorstellungen gemacht, einer interna- tionalen Flotte zu gestatten, die Sorge für d'e Sicherheit der neutralen Schiffahrt wäh- rend der Dauer des Krieges in Ostasien zu tragen. Dänemark verwahrt sich gegen Neutralität»« verletzen z Anläßlich des Telegramms des Londoner „Standard" aus Tokio vom 27. d. M. über die Haltung Dänemarks gegenüber der russischen Ostsee-Flotte kann Ritzaus- Bureau nach darüber eingehclter Aufklärung mittcilen. daß Dänemark aufs genaueste die in Däne- mark festgesetzten Neutralitätsregeln beobachtet hat, die mit den von Schweden und Norwegen getroffenen Bestimmungen übereinstrmmen. Kein Schiff des rus sischen Geschwaders) nahm in irgend einem dänischen Hafen Kohlen ein, glcickävie an keiner Stelle Dänemarks ein Schiff mit Kohlcnladung für das russische Gcschlvadcr ausklarierte. Die russische Antwort. Wie die „Daily Mail" erfährt, traf vorgestern die russische Antwort ein, welche die Bedingung einer Be- strasung der russischen Offiziere als un- gerechtfertigte Einmischung in die Herrscherrcchte Ruß lands zurückweist. In dieser Spezialfrage ist Rußland nur zuzustimmen. Vrohenve Stimmen aus Petersburg. Der Ber'cht Roschdjestwenskys hat, wie dem „Berl. Tagebl." aus Petersburg gemeldet wird, dort große Genugtuung hervorgerufen, da man ibn als durch die Aussagen der Fischer über das gehei m- nisvolle Torpedoboot bestätigt ansieht. Dio Presse meint, daß diese Erklärung des Vorfalles ihm eine völlig andere politische Bedeutung gebe. Es sei damit der Beweis geliefert, wie groß der Haß Englands gegen Rußland sei. Rußland werde England diese .Handlungsweise nicht vergessen. Rußland fürchte keinen Krieg nach zwei Fronten, cs sei in Central- asien durch die Orenbiirg-Taschkenbahn auf alle Eventualitäten gerüstet. Li re Zusammenkunft. Wie aus London gemeldet wird, stattete gestern vormittag der russische Botschafter Graf Benckcndorff dem Staatssekretär des Auswärtigen Lansdowne einen etwa halbstündigen Besuch ab und kehrte gegen 11 Uhr in die Botschaft zurück. Ueber den Inhalt der Be sprechung erfährt man nichts. Der Aabinettrrat. Nach der gestrigen Sitzung des Kabinettsrats, die nicht so lange dauerte als sonst, fuhr der Premierminister aus Wunsch der Königin, die ein großes Interesse für die englisch-rufsische Streitfrage zeigt, nach dem Buckingham-Palast, wo die Königin eine längere Unterredung mit ihm hatte. Schisssbeweaungen. Tie erste Division der englischen Heimatsflotte verließ gestern Firth of Forth und trifft heute in Port- land ein. Sämtliche beurlaubte Offiziere sind gestern abend zurückgerufen worden. „Reuters Bureau" meldet aus Gibraltar, daß die Kreuzer „Lancaster". ..Suffolk", „Endymion" und „Thcseus" in westlicher Richtung, und der Kreuzer „Hermes" nach Vigo ab gegangen ist. Ter Rest des Geschwaders liegt noch dort. Die Schiffe des englischen Mittelmeer geschwaders, die in Pola ankerten, sind in der Nacht zum Freitag in See gegangen. Aus Brest, 28. Oktober, wird gemeldet: Ein Schiff unter russischer Flagge, anscheinend ein Schlepp- dampfer, ist in den Hafen eingefahren und in der Nähe des Geschwaders auf der ReÄe vor Anker ge gangen. Rsschvjestwensky in vigs. Nach einer Meldung des „Standard" vom 27. Ok tober, mitternachts, hat ein Teil der russischen Flotte die Fahrt fortsiese tzt, und Rosch- ojestwensky Kat den Behörden nntgeteilt, daß er mit dein Rest der Flotte nach Tanger abfahren werde. Nach einer Madrider Depesche der „Voss. Ztg." vom 28. d. M. bat dagegen der spanische Minister des Auswärtigen erklärt, es sei noch unbekannt, wann die russischen Schiffe Vigo verlosten, da sie angebcn, be schädigt zu sein und Ausbesserung benötigen. Es sei kaum gestattet, diese Angaben zu bezweifeln, da eine Unwahrheit eine ernst «Verletzung deri nte r - nationalen Gesetze wär«. Ter Marineminister hat eine technische Untersuchung angeordnet.
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