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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 17.09.1904
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1904-09-17
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-19040917021
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1904091702
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1904091702
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1904
- Monat1904-09
- Tag1904-09-17
- Monat1904-09
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Anzeigen-Preis die 6gespaltene Petttzeile 25 Reklamen unter dem RedaktionSsirich (4gespalten) 75 nach den Yamillennach- richten M gespalten' 50 Tabellarischer nnd Zisserniatz entiprecheAd Hüber. — Gebühren für Nachweisungen und Offertenannahm» 25 -H. Annahmrschlust siir Anzeigen. Abend-Ausgabe: vormittags 10 Uhr. Morgen-Au-gabe: nachmittags 4 Uhr. Ertra-Vcilagen cgefalzt', nnr mit der Morgen-Ausgabe, ohne Postbrsörderung 60.—, m' t Postbesörderung .N( 70.—. Anzeigen sind ste.s an dte Ei vedition zu richten. Tie Eipedition ist wochentags ununterbrochen geöffnet von srffh 8 bi? abends 7 Uhr. Druck nnd Verlag von E. Pal; in Leipzig >>,. I'r. V, N. « W. Klinkhardt). Sonnabend den 17. September 1904. 98. Jahrgang. Var klicdtigrte vom Lage. * Offiziös wird die Einbringung eines preu ßischen Gesetzes über die Unterhaltung Oer Volks schnle mit einem Anhänge von Be- stimmungen über die Ko n f e ss i o n a l i t ä t der Volksschule angekllndigt. (S. Leitartikel.) * Der Generalstreik in Monza ist bei gelegt, die Arbeit sollte heute wieder aus genommen werden. (S. Ausland.) " Kronprinz Ferdinand von Rumänien wird im Laufe dieses Winters eine Afrikareise unternehmen und dabei besonders Dcutsch-Ost- afrika und den Kougostaat besuchen. * Japan stellt eine N a t i o n a l a r m e e auf, lnren erstem Aufgebot von 120 000 Mann alle ivafsen- sähigen Männer vom 32.- 40. Jahre angehören sollen. (S. russ.-jap. Krieg.) vor fluch cler hören lat. Im tadellosen Stil der Offiziösen schreiben die „Berl. Pol. Nachr.": „Die Behauptung einiger Pretzorgane, daß die «preußische- Slaatsregierung dein Landtage in der bevorstehenden par lamentarischen Tagung ein Schulgesetz vorlegen werde, ist insofern mißverständlich, als es sich bei den gesetzgeberischen Plänen auf diesem Gebiete nicht um ein vollständiges Schulgesetz oder auch nur ein vollständiges Gesetz über die öffentliche Volks schule, wie sie 1890 und 1892 vorgelegt wurden, bandelt, vielmehr steht in Frage lediglich ein Gesetzentwurf über dieUntcrbaltung derVolkS» schule, gemäß 25 der Verfassung, dem in fester Be grenzung eine Reibe von Bestiinmungen über die Kon fession al i tat der Volksschule, gemäß Artikel 24 des 2taalsgruudgejetzeü, angefügt werden soll. Roch nnzu- ireifenver ist die Behauptung, daß die Staatsregie rung auf einen Beschluß des Abgeordnetenhauses im Sinne dds bekannten Schnlkoiupromisses hingewirkt babe, weil sie sich durch einen solchen Beschluß der Volksver tretung Deckung für ihre Vorschläge sichern wollte. .. . Mit der Aufnahme entsprechender Bestimninngen in ein Schul- dotalionsgesetz vorzugehen, mußte die Staalsregierung aber solange ernstlich Bedenken tragen, als nicht die Gewähr gegen die Wiederkehr eines so schweren Schul streites, wie im Jahre 1892, gegeben war. Unsere Zeit, die mit Notwendigkeit aus das Zusammenwirken der staats erhaltenden Richtungen hinweist, verträgt einen solchen Streit, der notwendig einen großen Keil zwischen diese Richtungen treiben müßte, am aller wenigsten. Für die Staatsregierung war daher die Möglichkeit eines gesetzgeberischen Vorgehens aus diesem Gebiete erst dann gegeben, wenn wenigstens die Konser vativen und die Mittelparteien sich nicht nur über den Rahmen, sondern auch über den Inhalt der mit dem Schuldotationsgesetz zu verbindenden Bestimninngen über die Konsessionalität der Volksschule grundsätzlich ver- iiänoigt batten. «Line solche grundsätzliche Ver ständigung ist durch das im Abgeordnetenhaus«: am 13. Mai d. I. mit sehr starker Mehrheit angenommene Schulkompromiß erzielt worden. Mit ihm ist daher auch die Vorbedingung für ein gesetzgeberisches Vor gehen der Staatsregierung getrosten worben, und es ist demzufolge die Erwartung nicht unberechtigt, daß in der nächsten parlamentarischen Campagne, und zwar nicht allzu spät nach deren Beginn, dem Abgeord netenhause eine Vorlage zngeben wird, die mit der Neu regelung der Schulunterhaltungspflicht Vie gesetzliche Ausgestaltung der Leitsätze des Schulkomproj- misses vom 13. Mai d. I. verbindet." Dies ist eine Festnagelnng der Nationalliberalen ans ihre Kompromißsünde. Die preußiiche Regierung weist jede Verantwortung für die Einbringung der Vorlage weit von sich. Erst das Kompromiß hat sie veranlaßt, das heikle Thema anzuschneiden. Das ist zugleich auch die Antwort auf die Entschuldigung der Nationalliberalen, wenn schon einmal das Schulgesetz kommen sollte, so wollten sie wenigstens mit dabei sei». Hier wird nun von der Re gierung konstatiert, daß sie nur wegen der Beihülfe der Nationalliberalen es riskieren werde, das Schul gesetz, welchen Ausdruck sie freilich verschämt vermeidet, cin- zubringen. Denn sic wolle keine inneren Krise». So mußte eS kommen. Diese höchst blamable Erklärung, der man aller dings ein wenig Hohn anmerkt, wird von den Befürwortern des Kompromisses so peinlich empfunden, daß sie die Aus lastung nur bruchstückweise abdrucken. Zur Umkehr auf Grund besserer Einsicht sollte eS aber nie zu spät sein. ver Fukrtsnü tler Herero. Der Farmer Groenveld. Der in letzter Zeit mehrfach genannte Farmer und Händler Groenveld ist am Mittwoch von Snrwestasrika in Hamburg eingetroffen. Er ist von Geburt Westprcuße und Sobn eines Rittergutsbesitzers. Die Darstellung seiner Schicksale, die er einem Vertreter der „Frankft. Ztg." gab, entsprach ganz den Mitteilungen der „Kolonialen Zeitschrift". Kurz vor seiner Abreise war der Boykott der Behörden gegen ihn erneuert worden. Grocnvelv wird in Berlin eine Audienz beim Reichskanzler nacksnchcn, nm seine Beschwerden und Entschädigungsansprüche zu begründen. Die Lage in Südwcstafrika siebt Groenveld außerordentlich ernst an. Falls die Regierung wirklich, wie eS bestimmt hieß, am 15. September von den ein geborenen Stämmen die Abgabe der Waffen verlangt habe, io sei es sicher, daß auch die Bondelzwartö, Bethanier, Veldschoendrager, Berseba, die Gibeoner unter Hendrik Witboi, die GokhaS und Hoachanas losschlagen werden. Das ganze Unheil komme daber, daß die deupche Verwal tung den Eingeborenen Schießwaffcn verkauft habe. Die Engländer hätten sich stets davor gehütet. Groenveld be stätigte auch die Informationen der „Hamb. Neuesten Nachr." über die Gerichts- und Gefängnisverhaltnifse in Bethanien und KeetmanShoop. Lrakteure al» Vefördermigrmittel. Unter den Beförderungsmitteln, die sür die Schutztruppe in Sübwcst-Asrika zur Verwendung gekommen sind, nehmen die 3 sogenannten Trakteure oder Wirbeltrommel-Kraft wagen eine besondere Stellung ein, die nach den Erfahrungen und auf Kosten des Oberleutnants Troost hergestellt worden sind. Ucber diese Kraftwagen wird geschrieben: Sie gingen im April von Hamburg ab und sind im Mai sofort nach ihrer Ankunft dort nach dem Innern ab gegangen und in Tätigkeit getreten. Ihre praktische Verwen dung dort bat nun ergeben, das diese Motorwagen nach mehreren Richtungen hin geändert werden müssen, wenn sic den erwarteten Nutzen gewähren sollen. Zunächst sind sic zu schwer, ihr Gewicht wird bei den in Angriff genommenen Neubauten um unzesähr ein Drittel verringert werden. Daneben wird die innere Einrichtung bedeutend vereinfacht. Die bisherigen etwa acht Kraftübertragungen werden aus etwa die Hälfte verringert. Dadurch werten die Leistungen ver Motorwagen erhöht und außerdem bedeutende Kosten erspart. Besondere Versuche sind gemacht worden, um un Kongostaate den Motorwagen - Verkehr einzusühren. D,e Proben haben dabin geführt, daß nur Dampfmotore verwendet werden sollen, von Benzin- und Spirituswagen will man ganz absehen. Die Troostschen Traktcnrc waren eigentlich bestimmt für den Verkehr von Lüderipbucht nach dem Kunene, wo der Bau einer Bahn nicht in Aussicht steht und die Transportschwierigkeiten am größten^ sind. Nur die An forderungen siir die Versorgung der Lchutztruppe baten diese Motorwagen nach dem Norden geführt. Ist erlt Ruhe her gestellt und für sonstige bessere Verbindungen gesorgt, dann werden die Tralteure nach Lüderitzbucbt gebracht zur Her stellung einer regelmäßigen guten und schnellen Verbindung nach den Stationen im Großnamalande. ver ruLSiscb-Iapanizcbe Weg. Entwaffnung de» Lranrpsrt-anrpferr „?ena". Aus New Aork wird gemeldet: Präsident Roosevelt ent schied, daß der Hülfskrenzer „Lena" nach der Marine werft von San Franzisko gebracht und dort entwaffnet werde. Die Handwaffen und kleinen Geschütze werden an Land gebracht, von den großen Geschützen wird der Verschluß entfernt. Die Mannschaften sollen auf Ehrenwort verpflichtet werden, San Francisco nicht vor dem Friedens schluß zu verlassen, bleiben aber sonst frei. Die „Lena" darf repariert werden, bleibt aber unter Kontrolle der ameri kanischen Marinebebörde bis zum Frieden. Die Ausfahrt der baltischen Flotte. Der Korrespondent des „Echo de Paris" in St. Petersburg erfährt auS guter Quelle, daß in dem Marinerat, der unter dem Vorsitze des Kaisers die Lage des baltischen Geschwaders beraten bat, auf Drängen des Kaisers beschloßen sei, das Geschwader so schnell wie möglich nach Ostasien abzuschicken. Auf die Ent gegnung des Admirals Roschdestwensky sei die Abfabrt aber aus einen günstigeren Augenblick verschoben worden. Wie verlautet, soll das Geschwader erst in fünf bis sechs Wochen Rußland verlassen. In Marinekrcisen glaube man, daß Admiral Roschdestwensky, da er nicht unbedeutend erkrankt sei, durch den Admiral Dirilcff, den Befehlshaber von Kron stadt, ersetzt werde. Port Arthur. Petersburger Privatmeldungen des „L.-A." zufolge sind die jüngst errungenen Vorteile der Japaner vor Port Arthur weit bedeutender als bisher zugcstanden worden ist. Der - Korrespondent des „Ncwyork Herald" versichert, General Stössel habe die Vollmacht erhalten, die Festung im geeignet erscheinenden Augenblicke zu übergeben. Äie aus Tichifu gemeldet wird, schiffen die Japaner täglich neueTruppen inDalny aus. Nach den letzten Nachrichten reichen in Port Arthur Proviant wie Munition auf vier Monate aus. Der „Daily Telegraph" meldet aus Tientsin vom l5. September: Die Japaner lassen über der Luiienbay be deutende Verstärkungen zur Belagerungsarmee bei Port Arthur stoßen. General Kuropatkin teilte an geblich der Garnison mit, daß sie sich noch einen Monat halten müsse. Liaujang. Die „Times" melden aus Tokio vom 15. d. M.: Die in Liaujang erbeuteten Futtcrvorrätc sind genügend groß, um die Pferde von vier Divisionen drei Monate hindurch zu unter- kaltcn. Die zerstörte Ellenbahnbrücke über den Liauho läßt sich ausbessern. In Liaujang kamen 400 Nicbtkombaltanten umö Leben. Dort sind noch viele Verwundete zurückgeblieben. Die Japaner haben nur den Leichtverwundeten Hülfe geleistet, die Schwerverwundeten dagegen aus Mangel an ärztlicher Hülse ihrem Schicksal überlaßen. Die Verbindung mit Sin» mitin ist von den Japanern nicht zerstört. Die von den Russen in den Verschanzungen und Fort zurückgelassenen allgemein bekannten Revolocrkugelu ohne Spitze werden irrtümlich für Dumdumgeschosse gehalten. Augenscheinlich nimmt der japanische Oberbefehlshaber zu dieser Uebertreibung Zuflucht, um bei den Japanern den peinlichen Eindruck abzuscbwächeu, der durch die wahrheits getreue Schilderung des letzten Kampfes erweckt worden ist, zumal die Japaner weder Gefangene gemacht, nocb eine nennenswerte Menge von Kanonen erbeutet und dennoch un geheure Verluste erlitten haben. In den letzten Tagen haben nach den vorliegenden Meldungen keine Kämpfe stattgefunden. Wie berietet wird, ist eine Verstärkung der japanischen Vorhut aus der Linie Jantai—Bagnopußy bemcrti worden. Es besteht Grund zu der Annahme, raß das japanische Heer sich vorbereitet, die Offensive zu ergreisen. Nack einer amtlichen Mitteilung auS Tokio erbeuteten die Japaner in Liaujang 17 Lagerhäuser mit Proviant und Munition, die der Zerstörung durch die Russen entgangen waren. Die Russen verloren mit Liaujang ihren Ber- proviantierungsplatz in der Mantschurei und müßen jetzt aus Rußland selbst Proviant berbeisckaffen. Die „Nowoje Wremza" meldet aus Mukden: Am 15. September trafen hier mit der Babn 26 Verwundete des Detachements Mischttcheuko ein, ras den Rückzug angetreten bat. Es ist noch nicht aufgeklärt, ob ras flattgefunbene Treffen als Beginn des japanischen Vormarsches auf Mukden ober nur als zufälliges Scharmützel von Patrouillen angesehen werden muß. Aufstellung einer japanischen Miliz. „Daily Mail" meldet aus Sbanghai von gestern: Nach zuverlässigen Nachrichten auS Tokio hat Japan Pläne für die Organisation einer Nationalarmee ersten Aufgebots aus gestellt. Alle Männer vom 32. bis 40. Lebensjahr werden dadurch dienstpflichtig; die meisten von ihnen baden bereits gedient. Das Aufgebot soll 8 Divisionen von zusammen 120 000 Mann ergeben. Russische Hülfskreuzer ins Auilau-e. Die russischen Kreuzer „Smolensk" und „Petersburg" haben beute morgen Dar-eS-Salaam verlassen. Der englische Kreuzer „Forte" jah die Schiffe den Kanal zwischen Sansibar und dem Festlande nicht passieren. Die „Times" melden aus Schanghai von gestern: Es wird noch immer mit der chinesischen Regierung über die in Schanghai anwesenden russischen Schiffsmannschaften ver handelt. Der japanische Gesandte verlangt die Erfüllung der von China eingegangcnen Verpflichtung, die Mannichaften festznbalten, während der russische Gesandte sich auf vaS Ver sprechen der chinesitchen Regierung stützt, die Mannschaften in die Heimat zu enllassen. Lolikirche tagerrchau. Leipzig, 17. September. S 1. Bekanntlich hat der Zenlrumsführcr Abgeordneter Spahn in feiner Rede, die er zu Rheinbach H elt, die völlige Aushebung des Jcfnitcngcjetzes gefordert. Die katholische Presse gibt seinem Kampfruf em Echo und die „Kölnische Volkszeitung" schreibt: „Es fällt uns nickir ein, auf die Aushebung dcS K 1 zu ver zichten, weil das der Regierung und den Konservativen unan genehm ist. sind die Regierung und die Konservativen da gegen, so mögen sie lun, was sie nicht laßen können. Dann muß eben gciochlcn ncrden, aber eine Verzichrlcistung ist für und einfach unmöglich. Es ist geradezu ein Widersinn, ein solches Ansinnen an uns zu stellen." „Tic „Köln. Volksztg." weist dann daraus hin, daß man den Sozialdemokraten auf diesem Gebiete nicht etwa detr Portritt lassen dürfe, da die sozialdemokratische Fraktion mit dem Gedanken umgehe, die Abschaffung des JcsuitengcsetzeS zu beantragen, und fährt dann fort: „Wir müßten geradezu von allen guten Geistern verlaßen sein und uns mit politischen Selbstmordgedanken tragen, wenn wird aus den Vorschlag cingingen, es bei Al'schasfnng des ? 2 bewenden zn laßen." Aus diesen Aenßernngen erhellt, daß es gekommen ist, wie es kommen mußte, und wie alle diejenigen, die Feuilleton. i5, „Dnrchykrmigen." Roman von Josephine Siebe. Nachdruck verbaten. Leiser wurde das Gespräch der beiden Menschen, fester schmiegten sie sich aneinander und zuletzt verstummten sic ganz und nur das Knacken dürrer Acste, das Schwirren der Insekten und das Hämmern eines Spechtes klang in die Stille hinein. Lange Zeit waren sie so gegangen, da brach Wolfgang das Schweigen: „Du bist so still heute Liebling, warum?" „Ich tveiß es nicht", sagte Elisabeth gedankenvoll, „cs liegt heute ein so seltsam schwerer Druck auf mir, vielleicht ist es die schwüle Luft, die mich beklemmt oder die nahe Trennung macht mich so traurig", fügte sic halb laut hinzu. Stürmisch schlang der Manu seinen Arm fester um sic und küßte die roten Lippen. „Oh du mein Glück", rief er. „mir ist es auch, als könnte ich dich nicht sortlassen, ober denke, die Trennung währt ja nicht lange und dann kommt das Wiedersehen, ach und dann einmal die Stunde, wo wir uns nie mehr zu trennen brauchen!" Elisabeth lächelte glücklich und flüsternd reden sic weiter von ihrer Liebe, ihrem Glück, von all den lichten Zukunftsbildern. An einer besonders anmutigen Stelle machten sie Rast, Elisabeth setzte sich unter eine große Eiche, die knorrig zwischen den Tannen stand und Wolfgang lagerte sich ihr zu Füßen ins Gras. Die Sonne bahnte sich den Weg durch das Gezweig und spann lange goldene Fäden von Äst zu Ast und die Sonnonfunkcn tanzten auf dem grünen Waldboden und zitterten auf Elisabeths Hellem Kleid, das von grünlichen Lichtern Überflüssen ward und das junge Gesicht mit den blonden Flechten hob sich von dem dunklen Stamm der Eiche ab wie eine zarte Blüte. „Waldkönigin du, meine geliebte, schöne Wald- königin", sagte Wolfgang und sah begeistert auf das hol^e Mädchen, dann pflückte er einige Glockenblumen, Feder- nelken und rötlich junge Eichcntricbe und schmückte Elisa beth, wie eine Krone legte er die Blumen und Zweige um ihr Haupt und lachend ließ sie ihn gewähren. „Märchenfce, Waldkönigin, du süße Holde!" „Mein Prinz, mein Sänger, du mein Lieb!" Und lachend kosen sie zusammen und beginnen wieder :hr junges, törichtes, seliges Liebesgeflüster und dann schweigen sie wieder in träumendem Glück nnd sehen sinnend in die geheimnisvolle Waldschönheit. Auf einmal rieselt neben dem Mädchen etwas herab, als schwebe ein Schmetterling hernieder, und auf ihrKleid fällt ein dürres Blatt, durch das Gezweig der Eiche geht ein leises Knacken und die beiden sehen einem Eich Hörnchen nach, daS sich von Ast zu Ast schwingt. Ein welkes Blatt mitten im Sommer, sinnend hält es Elisabeth in der Hand, ihr fällt dabei ihr kleine- trauriges Lied ein und wie getrieben von einer unsichtbaren Macht beginnt sie zu fingen: „Welkes Blatt bebt an dem Zweige Vor dem Sturme; Armes Herz erbebt im Busen Vor dem Leide." Tie Töne schweben durch die beiße Stille wie ein Schluchzen. Nicht sehr umfangreich, aber sehr wohllau tend ist die Stimme des Mädchens, sie fang io innig nnd Wolfgang lauichte ergriffen dem einfachen kleinen Lied. Ais der Gesang verstummte, fanden Heide nicht gleich Worte und über Elisabeth kam wieder die drückende, sehn süchtige Stimmung. Ta gebt ein jähes Erbeben durch den Wald, als schreite unsichtbar, machtvoll jemand durch die gebeimuiS volle Stille, und zitternd neigen Gräser und Blumen sieh hin und her und durch die Bäume geht ein Raunen und Rauschen, sic grüßen den Herrscher. Und aller Glanz war verblaßt. Erschrocken sprangen die beiden jungen Men'chen aus und sahen nun erst, daß über die niedrige Schonung schwere blaue Wolken an dem Himmel emporstiegen, dessen lichte Bläue sich in ein fahles Geldgrau verwandelt hatte. Und plöhlicki rast der Sturm durch den Wald, dürre Acste sinken krachend zu Boden und die schlanken Bäume neigen sich tief, nur die starke Eiche wehrt sich trotzig. „Ein Gewitter", flüstert Elisabeth angstvoll, sich dicht an den Mann drängend, „wohin nun?" Ratko» sieht Wolfgang um sich, „bi» zum Au-gang des Walbes und bis an die ersten Häuser ist es gut eine halbe Stunde, wir müssen versuckien, dieselben zu er- reichen!" Und beide eilen davon, noch einen schmerzlichen Blick wirft Elisabeth aus die Stelle, wo sie vor einer Weile noch geträumt. Ter Sturm hält au, der Wald ist ausgemacht! Wie das braust und tost und beult, cs ist wie e n jauchzender Schlachtgeiang und dazwischen klingt eS wie fernes, dumpfes Grollen. Wenige Schritte erst Haven die beiden Menschen zurückgelegt, da eine sähe Stille, eine fast atcmraubcndc Schwüle, ganz dunkel ist es und wie eine große Angst liegt cs über dem Waid. Und dann - nun flammt der ganze Himmel, alles ,sk wie von Feuer umloht, ein Krachen nnd Prasseln bebt an, ein Getöie als sänke der Wald in Trümmer. Elisabeth nmnkt und Wolfgang liebt das geliebte Mädchen fest an sich das totenblaß, bald bewußtlos in seinen Arnnu rubt. Hülilo- dem Toben der Elemente preisgegeben, stehen sie da und vor ihren Augen flimmert sekundenlang alles. Als sie die Augen wieder öffnen, sehen sie in augstnolwin Entsetzen die starke Eiche, unter der sie noch vor wenigen Minuten geruht, lmt ihren Tron gebüßt sie bat eine breite, Nässende Wunde ain braunen Leib, weit umber sind die Splitter geflogen, dicht neben Elffabetb liegt ein großes Holzstück und rings ist der Voden aufgewühlt und zeigt den Weg, den der Blitz ge gangen ist, und herabgebrochene Aestc liegen neben dem alten Stamm.
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