Suche löschen...
Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 02.10.1904
- Erscheinungsdatum
- 1904-10-02
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-190410028
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-19041002
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-19041002
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1904
- Monat1904-10
- Tag1904-10-02
- Monat1904-10
- Jahr1904
- Titel
- Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 02.10.1904
- Autor
- Links
-
Downloads
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
Bezugs-Preis NI der Hauptexpedition oder deren Ausgabe stellen abgeholt: vierlrljShrlich 8.—bei zweimaliger täglicher Zustellung tu« Hau- 3.75. Durch die Post bezogen Mr Deutsch land u. Oesterreich vierteljährlich 4.50, für die übrigen Länder laut Zeitunqspreisliste. Diese Nummer kostet ? aus allen Bahnhöfen und II» I bei den ZeitungS-Berkäufern I* Redaktion und Expedition: 153 Fernsprecher 2^ Johannisgasse 8. Filtalexpedtttonenr Alfred Hahn, Buchhandlg., UniversitätSstr.A (Fernspr. Nr. 4046), L. Lösche, Katharinen- Kraße l4 (Fernsprecher Nr. 2935) u. König-« Platz 7 (Fernsprecher Nr. 7505), Haupt-Filiale Dresden: Marienstraße 34 (Fernsprecher Amt I Nr. 1713). Haupt-Filiale Berlin: CarlDuncker, Herzgl.Bayr.Hofbuchbandla, Lützowslraße10(FernsprecherAmtVINr.4603X KiWgcr IllgeblM Anzeiger Ämtsvkatt -es Königlichen Land- und des Königlichen Amtsgerichtes Leipzig, des Aates und des Molizeiamtes Ser Ltadt Leipzig. Anzeigen-Preis die 6gespaltene Petitzeile 28 Reklamen unter dem Redaktionsslrich (4gespalten) 7b /ij, nach den Familiennach richten l6gespalten) bO -H. Tabellarischer und Zisfernsatz entsprechen» höher. — Gebühren sur Nachweisungen und Offertenannahme 25 «lnnahmeschlutz für Anzeigen: Ab«ad-Ausgabe: vormittag» 10 Uhr. Morgen-Ausgabe: nachmittag» 4 Uhr. Extra-Vellage» (gefalzt), nur mit der Morgen-Ausgabe, ohne Postbeförderung 60.—, mit Postbefördrrung 70.—. Anzeigen sind stets an die Expedition zu richten. Die Expedition ist Wochentag» ununterbrochen geöffnet von früh 8 bis abend- 7 Uhr. Druck und Verlag von E. Polz in Leipzig (Inh. Dr. B„ R. L W. Kltnthardt). Sir. 503. Sonntag den 2. Oktober 1904. 08. Jahrgang. Var Wichtigste vom Lage. * Anläßlich des Jubiläums -es Reichs gerichts haben der Grotzherzog Friedrich von Baden und der Reichskanzler sehr herzlich gratuliert. (S. Dtsch. Reich und Festbericht.) * Der Gouverneur von Kiautschau, Kapitän zur See Truppe!, gibt sein Amt für längere Zeit an den bisherigen Dezernenten im Marineamt, Kapitän von Semmern,ab; die offiziöse Meldung spricht von längerem Erholungsurlaub. (S. Dtsch. Reich.) * Als Nachfolger NobertKochsist dem „Reichs anzeiger" zufolge Professor G a f f k y - Gießen ernannt worden. (S. Letzte Nachr.) * Sir William Harcourt, Gladstones be deutendstes Kabinettsmitglied, ehedem Hauptführer des englischen Liberalismus, Historiker und Jurist, verstarb am Sonnabend vormittag in London. (S. Großbrit.) * Nach den neuesten Meldungen hat sich im russischen Generalstab die Stimmung hinsichtlich der Situation bei Mukden wesentlich gehoben. (S. russ.-jap. Krieg.) Wochenschau. Die vergangene Woche hat wieder einmal alle treue Sachsen mit Sorge um den greisen König erfüllt. Eine Meldung nach der andern lief aus Pillnitz ein; ein fort währendes Hangen und Bangen und keine Gewißheit. Bei der ersten Kunde, die uns den Rückfall in der Krank- Ifeit des Herrschers meldete und den Erfolg der Emser und der Gasteiner Kur als illusorisch bezeichnete, stand an- scheinend das Schlimmste zu befürchten. Doch lauten die jüngsten Nachrichten, darunter besonders das Zeugnis des Geheimrats Curschmann erfreulicherweise so, daß man nicht die Hoffnung auf Wiederherstellung aufzu geben braucht. In dieser Zeit der neuen Handelsverträge beginnen unsere Nachbarn eine geradezu auffällige Höflichkeit gegen uns zu entwickeln. Herr Sturdza macht dem Reichskanzler seine Anflvartnng in der ausgesprochenen Absicht, die Verhandlungen über den deutsch rumänischen Handelsvertrag zu fördern, dessen Gestaltung zwar „nicht gerade die Quadratur des Zirkels bedeutet", um mit dem Grafen Bülow zu reden, aber immerhin deslfalb schwierig bleibt, weil es selbstverständlich schwer ist, mit hohen Agrarzöllen gute Handelsverträge zu bekommen. Ru mänien wird allerdings auf ein leidliches Abkommen mit uns heute besonderen Wert legen, weil gerade deutsches Kapital bei der Erdölgewinnung in starkem Maße in Rumänien investiert ist und man in Bukarest sich hüten wird, eine weitere lebhafte Beteiligung unseres Kapitals an der wirtschaftlichen Hebung des Königreiches durch unangebrachte Widerhaarigkeit in Handelsvertragssachen zu unterbinden. Ueber die Einzelheiten des Vertrages, wie er mit Herrn Sturdza in großen Linien festgelegt wurde, hüllt sich der Kanzler natürlich in Schweigen, ebenso über den eigentlichen Zweck des Besuches, den ihm soeben Herr Giolitti abgestattet hat. Um aber etwas dem wiß begierigen Vertreter der „Frankfurter Zeitung" zu sagen, widerlegte Graf Bülow das Gerücht, als ob eine Inter vention zwischen Rußland und Japan im Bereiche der Verhandlungen gelegen hätte. Solche Gerüchte sind leicht zu einem bestimmten Zwecke in die Welt zu setzen, und wenn freundliche Presseleutc diese Interventions- Ente aufslattern ließen, so gaben sie damit dem Herrn Reichskanzler Gelegenheit, das Federwild, das zur rechten Zeit an Homburg vorllberflatterte, abzuschießen. Im Ernst hat kein Mensch an eine Intervention gedacht, als Excellenz Giolitti nach Homburg kam. Es mag sein, daß die freundschaftliche Liebe, das Bedürfnis, einander von Angesicht zu Angesicht zu sehen, die beiden Minister msammenführte, und wenn Graf Bülow dieses Moment besonders betonte, so macht das seinem menschlichen Em pfinden alle Ehre, aber er wird keine allzugläubige Korona finden, wenn er Märchen erzählt. Man weiß in Deutschland zu gut, daß die Italiener gegen uns ihr Treibundherz stets entdecken, wenn sic auf die deutschen und österreichischen Kapitalmärkte ihre Hoffnung setzen. Tas Herz der Mehrheit in Italien gehört uns sicher nicht, und wenn unter Prinetti die Liebäugelet mit Frankreich io deutliche Formen annahm, daß sogar Graf Bülow be- ichwichtigend von der Extratour reden zu müssen glaubte, )o entsprach diese Wendung der italienischen Politik durchaus der Herzensncigung der italienischen Demo kraten, welche im wesentlichen ienseits der Alpen die Musik machen. Aus privater Freundschaft ist Giolitti sicher nicht nach Homburg geeilt, wozu sonst vor und nach der Reise der Besuch in Racconigi? Viktor Emanuel HI. hat offenbar mit Ungeduld das Ergebnis der Giolitti- reise erwartet, nicht etwa weil auch sein Herz sonderlich an Deutschland hängt — er ist darin nicht der Nachfolger Umberto? —, wohl aber, weil er sehr gut weiß, daß Deutschland sehr wohl den Bedarf Italiens an auswär tigem Kapital decken kann, wenn man tn Rom an die Konvertierung der Rente und die Verstaatlichung der Eisenbahnen geht. Schon einmal hat der deutsche Kapi talmarkt vor Jahren Herrn Giolitti den Gefallen getan, eine Schatzbonsemission von 75 Millionen Lire glatt unterzubringen, abgesehen von den 600 Millionen, die Deutschland überhaupt an italienischen Werten absor bierte. Diese Zahl sank indessen bis auf 200 Millionen, und Herr Giolitti sieht daher in uns die Konsumenten, die eine neue italienische Anleihe sehr wohl abnehmen können, wenn sie wollen. Diese Erwägung allein ist wohl eine Reise nach Homburg wert, und der Umstand, daß Gras Bülow so gar nichts von dem italienischen Kon versions- und Verstaatlichungsprosekt erwähnte, macht die Annahme finanzpolitischer Gründe für Giolittis Reise und König Viktor Emanuels Erwartung um so be rechtigter. Wenn Graf Bülow die Gelegenheit benutzte, um auf die Uebereinstimmung deutscher und französischer Politik in Sachen der Friedensvermittelung zwischen den Kämpfern in Ostasien hinzuweisen, so war das eine kleine pikante Beigabe zu dem Programm unserer Diplomatie, das nun sattsam genug festgelegt wurde. Etliche Ver stimmung scheint der Giolitti-Vesuch in Homburg auch bei den lieben Vettern jenseits des Kanals hervorgerufen zu haben, wo man der Ansicht lebt, daß durch die italienisch französische Annäherung der Dreibund auf Abbruch zu verkaufen sei. Wenn Graf Bülow sich bei Herrn Giolitti nach dessen Befinden erkundigte, so wird die italienische Excellenz sicherlich über die Beschwerden geklagt haben, die ihr der Generalstreik in Mailand ver ursachte, mit dem die italienische Sozialdemokratie eine Kraftprobe ablcgte, und der in Genua, Turin, Venedig, aber auch in Rom und Neapel neue Auflagen erlebte. Das klägliche Verhalten der Behörden der Arbeits kammer gegenüber, dieses ohnmächtige Versagen der Exekutive gegen eine brutale Minderheit, die lediglich durch pöbelhaftes Zugreifen und ein wahres Schreckens regiment für einige Tage den Schein der Herrschaft wahren konnte, verdient für immer in der Geschichte des' Sozialismus festgenagelt zu werden. Ebenfalls aber die Grausamkeit und Brutalität der Streikenden, für die selbst der „Vorwärts" keine rechte Entschuldigung finden kann, der es natürlich trotzdem für seine Pflicht hält, in dem gleichen Atem von den „ruhmvollen Tagen des Generalstreiks" zu sprechen. Der Erfolg des Streiks ist in Wirklichkeit gleich Null. Giolitti ließ die Rasenden austoben, und wenn der sozialdemokratische Gcneralstab in Mailand so tat, als ob in der Haltung Giolittis ein Erfolg der Streikenden zu suchen sei, so ist das eitel Flunkerei. Der Mailänder Ausstand war gerade so ein Schlag ins Wasser wie gleiche Versuche im April 1902 in Belgien, im Januar 1903 in Holland und zuletzt im Avril 1904 in Ungarn. Inzwischen hat auch der Nachfolger Plehwcs, Fürst Swiatopolk-Mirski — um bei den Regierenden zu vor- weilen —, die Gelegenheit benutzt, sein Programm zu offenbaren. Neues enthält es nicht, wenigstens nicht für die Optimisten, welche die besseren Zeiten schon angebrochen glaubten. Nach des Ministers Versiche rung ist nock> immer nicht an eine Verfassung für Rußland zu denken, was wir ihm aufs Wort glauben. Sonst bewegte er sich in wertlosen Fragen und erkannte an, daß er selbst sich noch kein fcstumrissencs Programm geschaffen habe. Wird also der Geist der Unduldsamkeit und der politischen Despotie weiter am Ruder bleiben, und wird auch Fürst Swiatopolk-Mirski in dec aus getretenen Bahn seiner Vorgänger wandeln, auf der so manche Blutlache steht? Bei den Gegnern Rußlands im offenen Felde em- vfindet man es schmerzlich, daß Port Arthur sich noch immer hält, und Kuropatkin trotz des gewaltigen Ringens bei Liaujang entkommen ist. Das Vertrauen des japanischen Volkes auf den endlichen Sieg ist indessen unverändert, und ausnahmslos weist die japanische Presse den Gedanken eines Friedensschlusses zurück. Augenblicklich konzentriert sich das ganze Begehren der Nation auf Port Arthur, und General Nogi wird seine Kräfte aufs höchste anspanncn müssen, will er der wachsen den Ungeduld des Volkes gerecht werden. Port Arthur hält sich allerdings trotz dieser weiter und bedeutet vielleicht trotz -er Felderfolgo der Japaner den Wende punkt in diesem langen und mörderischen Kriege, dessen Ende noch gar nicht abzusehen ist. In Deutschland brachte der Tod des Regenten von Lippe einige Erregung, insofern, als Schaumburg- Lippe gegen die Nachfolge des Sohnes des Heimgegangenen in der Regentschaft erhoben hat. Ohne Zweifel werden wir in nächster Zeit daher wieder mit einer Fülle an staatsrechtlichen Deduktionen überschüttet werden, und der Geist der seligen Modeste von Unruh wird wieder spuken in den Spalten der Presse. Der Bundesrat wird indes bald das letzte Wort zu sprechen haben, das deutsche Volk regt sich nicht sonderlich um den Streit der Erb- lustigen auf. Die innere Politik stand im Zeichen dcrKon- gresse: die Nachklänge des Bremenser Genossentages tönen noch in den Spalten der Presse, indes hat der dies jährige Parteitag nichts von Bedeutung gezeitigt, nur den neuen Beweis geliefert, daß auch heute trotz der zag- haften Ansätze des Revisionismus von einer wirklich ge staltenden positiven Arbeit der Sozialdemokratie nicht die Rede ist, vielmehr die brutale Vergewaltigung des Bürgertums und die Niederreißung aller bestehenden Ordnung, für die man keinerlei Ersatz weiß, nach wie vor das letzte Ziel der Sozialdemokratie ist. Das sollen sich die Optimisten besonders merken, welche mit dem Gedanken liebäugeln, mit den Genossen zusammen arbeiten zu können. Dazu ist die Zeit — leider — noch nicht gekommen. — In Frankfurt a. M. tagten die Christlichsozialen, in Basel die internatio nale Vereinigung fiir gesetzlichen Arbei- ter schutz, die eine Anerkennung der deutschen Der- sicherungsgesetzgebnng brachte, was besonders Herrn Bebel schwer im Magen liegen wird. Kein anderer als der „Genosse" Millerand sprach das Wort: „Wir erkennen alle mit Bewundenrna die deutsche Versicherungsgesetz' gebung als ein erhabenes Monumentalwerk an", und die ganze Versammlung begleitete diese Anerkennung mit stürmischem Beifall. Dieses „Monumentalwerk" haben die Genossen Bebels von jeher niederzureißen versucht — was werden sie nun zu diesem Urteil eines Parteigenossen sagen, den sie trotz seiner einstigen Ministerherrlichkeit doch nicht gut als korrupten Bourgeois verketzern können? Die Ernennung v. Conrads zum Unterstaats, sekretär im Landwirtschaftsministerium gibt zu allerlei Kommentaren Veranlassung. Am weitesten ging wohl der, welcher Herrn v. Podbielski als sehr amtsmüde hin- stellt. Man ist sonst nicht gewöhnt, in Herrn v. Podbielski einen siechen Mann zu erblicken — indessen sind bei unserer unbeständigen politischen Witterung gesundheit- lichc Ueberraschungen für Excellenzen nichts Ungewöhn- liches. k'. Der liisskcb-japaniscbe ffneg. Ariegrrat und Alexejew. Nachdem die „Russische Telegraphen-Agentur" ihr viel deutiges Dementi im Falle Alexejew verschickt bat, lohnt es, den Ursprung des Pariser KriegsratSalarms festzustellen. Es zeigt sich, daß nicht bloß Herr Marcel Hutin nlin8 Hirsch, der seine Informationen sckon oft aus dem russischen General stab direkt erhält, im „Echo de Paris", sondern auch der Petersburger Spezialkorrespondent des „Malin" in solcher Richtung gearbeitet hat. Bon einem unserer Pariser Mit arbeiter erfahren wir, was Herr Gaston Leroux im wesent lichen telegraphierte: „Ich bin in der Lage, Ihnen heute eine sensationelle Neuigkeit mitzuteilen, die alsbald durch die Ereignisse bestätigt werden wird. Avmiral Alexejew ist aus der Mantschurei znriickberufen und wtrd in vier oder fünf Tagen nach Petersburg zurückreisen. Als Vorwand ist gesagt, der Zar wünsche aus dem Munde des Statt halters selbst vollständige Aufklärungen über die Lage in der Mantschnrei. Tie Wahrheit ist, daß Alexejew nicht mehr dorthin zurückkebren wird. Alle Welt hatte geglaubt, daß die Ernennung Grippenbergs die Gunst Kuropatkins vermindern werde. Dem ist jedoch nicht so. Ich kann versichern, daß Kuro patkin mehr als jemals die effektive und moralische Leitung der Operationen bewahrt und bewahren wird, selbst wenn Grippenberg mit seiner zweiten Armee dort unten sein wird. Dieser wird nicht vergessen, daß er seine Ernennung zum Teil Kuropatkin verdankt(l), dessen intimer Freund er ist. Alle beide werden nominell mit einem obersten Chef zu tun haben, der, trotz des Dementis, kein anderer sein wird, als der Großfürst Nicolaus Nicolajewitsch. Diese Zusammensetzung des Ober- befehls wird jedoch erst im nächsten Frühjahr ihre Wirkung haben. Dann wird nicht allein die zweite Armee dort unten sein, sondern auch die dritte, die, wie schon jetzt beschlossen ist, zu jener Zeit ins Feld gestellt werden wird. Das bedeutet also die sichere Fortsetzung des Krieges, mag da kommen was da wolle, und trotz aller immerhin möglichen Siege der Japaner. Auf dieselbe Quelle, wie Herr Leroux, hat sich ja auch die Russische Telegraphenagentur, als sie am Freitag den Großfürsten nominirte, bezogen. Boxer? Der Pekinger Eorrefpondent des Bureaus Reuter hat, wie bekannt ist, Unruhen in Tschili, Sbantung und Honan gefunden und unmittelbar an die Boxeragitation des Jahres 1900, die gegen die Fremden gerichtet war, bezogen. Will man ihm irgendwelchen Glauben schenken, so sind auch die Boxermären des „New Herald" zu berücksichtigen, die, nach verjährtem Brauch, eine „merk lichen Gährung" in den vom Reuterbureau genannten Distrikten auf die Spur gekommen sein will. Die nene Boxergesell schaft soll „Tsai-Auan" heißen und zu ihren Mitgliedern An gehörige aller Stände, Offiziere, Kaufleute, Priester, reiche und einflußreiche Chinesen zählen. Angeblich haben die Ministerien von Amerika, England und Frankreich an den KriegSminister eine Note gesandt, damit er gegen die Be wegung einschreite. Dieser soll bereits die nötigen Befehlt dem Vizelönig Auen — übrigens derselbe, der ,m Jahre 1900 den Aufstand der Boxer in der Provinz Sbantun unterdrückte — übermittelt haben, um den Aufstand zu unter drücken. Der „New Aork Herald" Hilst feiner Sensation durch Abdruck eines bombastischen Berschwörerplakats nach. NorSkor«« al» Rrle-»s«har»platz. Herrn Marcel Hutins weitere Meldung, daß General Liniewltfch mit der Wladiwostok-Armee nach Korea vor dringe, um dort den Winter über zu verharren, erhält einen ausführlichen Beleg durch eine Nachricht aus Tschisu, die den jetzt in Shanghai befindlichen Herrn Pawloff, früher russischer Geschäftsträger, als Gewährsmann nennt. Im übrigen fehlen positive Einzelheiten über diesen Plan nicht minder, als bei der Kriegsratsmeldung. Ver Aanipf »in» Makdan. Der Korrespondent der „Birshewija Wjedomosti" tele graphiert aus Mukden vom 30. September: „In der Nackt zum 29. September versuchten Chunchusen die Eisenbahn brücken der Station Kundjiiline zu zerstören; sämtliche Ver suche wurden zurückgcwiesen. Beim Vorgehen der Chunchusen stellte man den Einfluß japanischer Emissäre fest. Der Geist der russischen Armee vor Mulden ist vorzüglich". Identisch mit diesem Resumö ist eine Zeitungsdepesche, wonach fick im russischen Hauptquartier, da eine Offensive der Japaner bisher ausblieb, in der Beurteilung der Stärke des Feindes ein Umschwung geltend mache. Man schätzt jetzt die Streit macht, die dem Marschall Oyama zur Verfügung siebt, auf nicht mehr als 150 000 Mann mit 650 Geschützen. Die russische Heeresleitung will hieraus ihre Folgerungen ziehen. Den Talienpaß haben die Ruffen vorläufig preis gegeben. Auf dem russischen rechten Flügel überschritten eine Brigade japanischer Kavallerie, sowie ein Infanterie- Regiment den Hunho bei Aschangtau. Russische Mobilmachungen. Nach einem Londoner Telegramm der „Boss. Ztg." wird dem „Standard" aus Moskau gedrahtet, die Mobilisierung von 50 000 Mann im Gouvernement Moskau stehe unmittelbar bevor. Dar Schicksal be» deutschen Marineattache». Wie über Berlin bekannt wird, stellt sich heraus, daß Kapitänleutnant Hentschel von Gilgenheimb, ter cbemo wie der Franzose Cuverville vermißt wurde, ein Opfer nickt nur seiner Pflicht, sondern mehr noch eines über die Anforderungen derselben hinausgebenden Wagemutes ge worden ist. Von der Tatsache unterrichtet, daß die russische Flotte nach Wladiwostok durchzubrechen suchen würde, schickte er sich an, die gefährliche Fahrt auf einer Dschunke dorthin zu unternehmen, obwohl seine Jn- struklionen ihm gestatteten, mit Kapitän Hopmann in dem verhältnismäßig sicheren Hafen von Port Arthur zu bleiben. Seit seiner Ausfahrt fehlen ^llc Nachrichten von^hm. In den Hafenstädten des Gelben MeereS ist dieser Tage bekannt gemacht worden, daß der deutsche Kaiser eine Be lohnung von zehntausend Mark für die Auffindung des verschollenen Offiziers ausgesetzt hat. Deutsches Zeicd. * Leipzig, 1. Oktober. * Gratulation des Reichskanzlers zum Reichsgcrichts- jubiläilm. Ter Reichskanzler bat ziim Jubiläum des Reichsgerichtes folgendes Handschreiben an Exc. Gut brod gerichtet: Homburg vor der Höbe, den 30. September 1901. Am 1. Oktober sind fünfundzivanzig Jahre ver flossen seit dem Tage, an welchem das Reichsgericht als oberster Gerichtshof für das geeinte Deutschland seine Tätigkeit begann. Mit freudiger Hoffnung rictn teten sich die Blicke des deutschen Volkes nach Leipzig, wo aus allen Teilen des Reichs bewäbrte Juristen zusammentraten, um als Hüter des im Reiche gelten den Rechtes ihres Amtes zu uralten. Ich freue mich heute sagen zu können, daß das Reichsgericht die damals gehegten Erwartungen er füllt hat. Es hat sich das Ansehen zu verschaffen und zu erhalten gewußt, dessen der oberste Gerichtshof zu der ihm anvertrautcn Wahrung der Rechkseinbcit bedarf. Noch in den jüngsten Jabren ist mit der Scimftnng des einheitlichen bürgerlichen Rechtes dem Reichs gericht eine neue und große Aufgabe erwachsen. Un geachtet schwerer Arbeitslast haben sich die Mitglieder des Gerichtshofs mit voller Hingelmng dieser Aufgabe unterzogen. Ich darf es mit Genug tunng anssprechcn, daß zum erheblichen Teile der aller wärts anerkannten Rechtsprechung der obersten Instanz zu danken ist, wenn der Uebergang in das neue Reckt sich ohne Schwierigkeiten vollzogen hat. Dem hohen Gerichtshöfe kann ich zu seinem gegen ivärtigen Lebensabschnitte nichts Höheres wünschen, als daß er in dem Geiste, der seine Mitglieder von jeher beseelt hat, als Hort des Rechtes zum Segen des dentsclxm Volkes und zur Festigung seiner nationalen Einheit fortwirten möge. Euere Excellenz ersuckie ich crgcbenst, meine warmen Wünscke für das weitere Gedeihen des Reichs- gcricbts an desten bevorstehendem Ehrentage gefälligst zum Ausdruck zu bringen. Der Reichskanzler, gez. Graf Bülow. An den Herrn Präsidenten des Reichsgerichts in Leipzig. * Zum bcvorftchcnden Rücktritt des tl-lner Obcrlandrs- »cricktspräfidenten Hamm, res früheren Oberreicksanwalts in Leipzig, dringt die „Köln. Ztg." ein genaues Lebensbild, dem wir Folgende» entnehmen: H-amm war in vollem Sinne be- Worte« eine PersSnlichkest, wenn wir darunter rinen Monn verstehen, der in allen Lebens beziehungeu feinen Posten ganz auSgesulll und mit feiner Eigen art gestempelt bat. sei «-, daß er sich als Jurist in
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)
- Doppelseitenansicht
- Vorschaubilder
Erste Seite
10 Seiten zurück
Vorherige Seite