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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 30.08.1904
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1904-08-30
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-19040830021
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1904083002
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1904083002
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1904
- Monat1904-08
- Tag1904-08-30
- Monat1904-08
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Z04. rdKryslall- tgUeder in tzes. Oss u. iusplay 8, «dir Vormittag ahe durch idolz nach ette nebst ). d. 23. 9. Meben Etage. «8t«. X Etagc. irkragen. r. 16,1. ibzuholen i, m. l sin. 8 Ilttn leim . 7. Hausse. l Hausse, l Hausse, rethoven- * al-Hotel. Lbemuiy. Kratzsch. 7,Flohr, ürnberg. ürnberg. ishaus. Freiberg, ntraube. aiserhos. >g Ernst. Sonne. illerS H. tönigsb. enstr.4. c. 4. ntschel. -Hotel. r, Hot. reinSh. tstr. 4. Baum, teichsb. lstr. 7. ibaum. sedcrn. gsberg. .Kaiser. 8, Dir. :str. 20. rstr.25. ahnhos. offm.H. »erhos. tstr. 26. inhorn. ologne. l.Stadl Frohn. Hausse. Kühne ^uhne. Zeters- Zeters- tstr. 1. Uschel. nberg. öaum. sonne, redan. Laute. Hotel. str.15. str.lb. el. snhos. Hof. Rom. ndon. de. tel. wem. öasty. otr.7. Hotel D.13. bürg, üller r.13. r.60. Hot. liom. rhof. r»os. rhos. c.26. ,rv. rnst. Y 8. >erg. um. t.93 usse. um. rus. bau. udt. )on. l,II. md. N in. rsch Abend-Ausgabe IVA Nr. 412 98. Jahrgang. Dienstag den 30. August 1904. Annahmefchlutz fiir Anzeigen: Abe ad-Ausgabe: vormittags 10 Uhr. Morgen-An-gaLe: «achmMag» 4 Uhr. Anzeigen-Preis die 6 gespaltene PetitzeUe 2L Reklamen unter dem Redakttonsstrich (4 gespalten) 7K -H, nach den Familinmach- richten (8 gespalten) KO Tabellarischer und LZissernsatz entsprechend höher. — Gebühren für Nachweisungen uud Offerteuannahme 2V /ij. ripMcr.TaMaü Anzeiger. Amtsblatt des KSutgttch« Laub- u«V des Äiiniglichen Amtsgerichtes Leipzig, des Nates und des Nolizeiamtes der Ltabl Leipzig. ' Ertrn-VeU«gea <gefal-t), nur mit der Morgen-Ausgabe, ohne Postbefkrderung ^l 60.—, mit Poftbesbrderung ^<l 70.—. Auzeigen find stet» an die Expedition zu richt«. Die ErpedÜiou ist wochentags ununterbrochen geöffnet von früh 8 dis abends 7 Uhr. Druck und Verlag von G. Pelz in Leipzig (Inh. vr. v-, R. L W. Klinkhardt). BezugS-Prei- iu der Hauptexpeditton oder der« Ausgabe- stellen ab geholt: vierteljährlich u« 3.—, bei zweimaliger täglicher Austeilung in« Hau« ^l S.7V. Durch die Post bezog« für Deutsch, land u. Oesterreich vierteljährlich 4.K0, für die übrigen Länder laut Feitunqspreisliste. Diese Nummer kostet auf allen Bahnhöfen und bei den ZeitungS-Berkäuseru Redaktion und Expedition: 1K3 Fernsprecher 282 Johaunisgaffe 8. Filialextzetzitionen: AlsredHahn, Buchha ndlg., Univerfitätsstr. 3 (Fernspr. Nr. 4046), L. Lösche, Katharinen- straffe 14 (Fernsprecher Nr. 293k) u. Königs- platz 7 (Fernsprecher Nr. 7K05). Haupt-Filiale Dresden. Marienstrahe34(KernsprecherAmt INr. 1713). Haupt-Filiale Berlin: LarlDuncker, Herzgl-Bayr^hofbuchbandlg., Lützowstraffe 10(FrrnsprecherAmtVI Nr.4603). Var Aicdfigrle vom Lage. * Der vorläufige Entwurf einer Braustcuer- Novelle unterliegt vor feiner endgültigen Feststellung der Begutachtung der Einzelrcgierungen. Diese ziehen, soweit Veranlassung vorliegt, auch Vertreter der in Betracht kommenden Gewerbebetriebe in vertrauliche Beratung. * Unlängst wurde angedeutct, es stehe eine Aende- rung des Fleischbeschaugesetzes in Aussicht. Davon ist, soweit wir Horen, zur Zeit durchaus keine Rede. Möglicherweise liegt eine Verwechselung mit dem Viehseuchengesetz vor. Eine Abänderung einiger Bestimmungen desselben ist bereits seit einiger Zeit in Erwägung gezogen worden. * Der Allgemeine deutsche Handwerker- und Jnnungstag in Magdeburg fordert die Schaffung eines besonderenHandwcrksmini- st e r i u m S. * Heute nachmittag 5 Uhr gehen die Dampfer „Santa F6" und „Alexandra Woermann" mit Truppen von .Hamburg nach Südwest afrika ab. * Nach einem Tagesbefehl des Zaren wird allen Port Arthur verteidigenden Militär chargen vom 1. Mai 1904 ab bis zur Beendigung der Belagerung ein Monat gleich einem Di en st fahr gerechnet. Hairer Wilhelm uncl fiömg Larol. Aus Bukarest, 28. August, wird uns von unserm 8 - Korrespondenten geschrieben: „Die hiesigen Blätter beschäftigen sich sehr lebhaft mit der aus Deutschland hcrübergekommenen Nachricht, das; KaiscrWilhelm die Absicht habe, dem König Carol im Oktober einen Besuch inBukarest abzustatteu. Zum Teil wird dieser Besuch, da die Nachricht von dem selben angeblich in Deutschland bereits halbamtlich be stätigt worden sein soll, als vollendete Tatsache hingestcllt. Indessen ist hier bis fetzt an amtlicher Stelle von dem Besuche nichts bekannt, und wir zweifeln auch daran, daß derselbe in Aussicht genommen worden ist. Seit einer Reihe von Jahren bereits taucht in regel mäßigen Zwischenräumen die Nachricht von einem bevor- stehenden Betuche dcS deutschen Kaisers auf, ohne daß dieser Mitteilung bisher die Bestätigung gefolgt wäre. Es ist dies nun zwar kein Beweis dafür, daß diesmal die Nachricht ebenso unbegründet ist, wie früher, indessen ist cs so ziemlich offenes Geheimnis, daß zwischen den beiden gekrönten Häuptern trotz der nahen Verwandt schaft, die sie miteinander verbindet, eine Spannung besteht, die zu beseitigen bisher nicht gelungen ist. Und aus diesem Grunde können wir auch an die Wahrheit der neuerlichen Meldung nicht glauben. Ueber den Grund jener Spannung kursieren verschiedene Versionen. Nach der einen soll König Carol in seinem Briefwechsel mit dem verstorbenen Kaiser Friedrich, mit dem ihn innige Freundschaft' verband, als Antwort auf die von seinem Freunde ihm dorgetragenen An deutungen über die politische Richtung, die sein ältester Sohn und Nachfolger einschlüge, sich der- ständnisvoll ausgesprochen haben, und dieser Brief wechsel soll nach dem Tode Kaiser Friedrichs von Wil helm II. aufgefunden worden sein und ihn lebhaft gegen seinen königlichen Detter in Rumänien verstimmt haben. Doch können wir bei der sehr vorsichtigen und überlegten Weife, mit welcher König Carol auch den unscheinbarsten seiner Privatbriefe verfaßt, an die Wahrheit dieser Ver sion nicht glauben. Als wahrscheinlicher wird die andere Version ange sehen, nach der Kaiser Wilhelm II. nach seinem Regie rungsantritte, der ihn auch zum Haupte der Hohenzollern. familie machte, diese letztere Stellung auch dem König Carol gegenüber, der ja ebenfalls den NamenHohenzollern trägt, anzuwenden gesucht hat, was dieser als selbstän- diger Souverän und Chef einer eigenen Dynastie zurück- gewiesen habe. Tenn wenn König Carol auch dem alten Kaiser Wilhelm bis zu dessen letztem Atemzuge in Erinne rung an seine Leutnantszeit im preußischen Heere und an die liebevolle Aufnahme, die er zu allen Zeiten bei dem greisen Herrscher fand, den Tribut pietätvoller Ver ehrung und die einem väterlichen Berater des Gesamthauses Hohenzollern gebührende An erkennung darbmchte, so fielen doch diese Er- innerungen und Empfindungen dem Enkel des alten Zlaisers gegenüber fort, zumal da Kaiser Wil helm II. -och auch erheblich jünger als König Carol ist. Letzterer ist zwar nach dem Regierungsantritte Wil helms II. einmal in Berlin gewesen, aber seitdem sind die beiden Souveräne nicht mehr zusammengctrofjcn, und auch dem Fernerstehenden schien es, als ob inan sich geflissentlich aus dem Wege gehe. Nichtsdestoweniger de- stand und besteht in den hiesigen politischen Kreisen die Hoffnung, daß Kaiser Wilhelm auch Rumänien und dem Bukarester Hofe einmal einen Besuch abstatten werde, und wir wissen, daß es namentlich im Laufe der letzten Jahre nicht an Versuchen gefehlt hat, einen solchen zu verwirk lichen. Insbesondere seitdem Herr von Kiderlen- Wächter als deutscher Gesandter hier wirkt, der früher zu den Intimen des Kaisers Wilhelm zählte und auch jetzt noch, obgleich sich diese Beziehungen durch Vorgänge, deren man sich noch er innern wird, gelockert haben, nicht ohne Interesse an dem kaiserlichen Hofe betrachtet wird, glaubt man, daß sich die Wege zu einem Besuche des Kaisers mit der Zeit ebnen werden. Dazu kommt, daß der gegenwärtige Ministerpräsi dent Sturcza sich stets beflissen zeigt, deutschfreund lich zu sein, so daß, zumal nach Abschluß eines so be deutungsvollen Vertrages, wie eS der in den nächsten Tagen endgültig zu stände kommende deutsch rumänische Handelsvertrag sein wird, ein Besuch Wilhelms H. trotz der angedeuteten Vorgänge eben nicht zu den Unmöglichkeiten gehören würde. Doch halten wir aus den angeführten Gründen die Verwirk lichung dieser Wünsche für noch in weitem Felde liegend. Es kommt hierbei ferner in Betracht, daß Rumänien eine schlechte Ernte hat und deshalb jetzt nicht in der Lage ist, die kostspieligen Aufwendungen zu machen, die mit dem Besuche eines solch illustren GasteS untrennbar verbunden sind. Bei dem vor mehreren Jahren erfolgten Besuche des Kaisers Franz Josef wurde für den würdigen Empfang dieses befreundeten Herrschers ein staatlicher Ertrakredit von Z4 Million Francs bewilligt, und die Hauptstadt wandte für denselben Zweck ebenfalls nahe zu 200000 Frcs. auf. Das sind Ausgaben, die das sparsame Ministerium Stürcza gegenüber einer drohenden und zum Teil schon eingetretenen Wirt- schaftSkrisis nicht wird auf fick nehmen wollen. Wir halten also auch auS diesem Grunde den Besuch Kaiser Wilhelms für unwahrscheinlich, eine wie herzliche Freude der Besuch bei allen politischen Parteien 'im Lande auch Hervorrufen würde, da ein solcher Besuch doch nicht ohne Nutzen für Rumänien bleiben dürfte." Wie richtig unser Herr Korrespondent die Lage be urteilt hat, geht daraus hervor, daß fast gleichzeitig mit dem Abgang dieses Briefes das Dementi der „Norddtsch. Allg. Ztg." erfolgte, ein Besuch des Kaisers in Rumänien werde nicht stattfinden. ver MMana fier Herero. Lantwein» Nachfolger. Die Frage, wer LeulweinS Nachfolger wird, ist zwar augenblicklich noch nicht sebr dringend, da die Niederwerfung veS Herero-Aufstandes zunächst durchgesührt werden muß und solange das noch nicht geschehen ist, bei dem herrschenden Kriegszustände die Machtbefugnisse de« Truppenkomman- deur« die des Gouverneurs derartig überragen, baß der Gouverneursposten vorläufig von sehr untergeordneter Bedeutung ist. Die Presse bat sich aber schon eingehend mit dieser Frage beschäftigt. Wie wenig augenblicklich für den Gouverneur in Windhuk zu wn ist, geht schon daraus hervor, daß Oberst Leutwein sich wieder nach dem Süden deS Schutz gebietes begeben hat, wo er bei Ausbruch de» Herero- Aufstande« weilte. Auch ist wohl kaum anzunehmeu, daß Oberst Leutwein rurücktreten wird, bevor der Aufstand nieder geworfen ist, nachdem er einmal nicht sofort beim Eintreffen General v. TrothaS sein Amt uiedergelegt hat. Infolge der Erörterung der Personenfrage feiten« der Presse in Deutsch land beschäftigt sich nun aber auch die „Deutsch-Südwestafr. Ztg." damit. Die Bemerkungen, die da« Blatt über die in Frage kommenden Persönlichkelten macht, sind jedenfalls be achtenswert. Da« Blatt schreibt u. a.: „Es giebt ein« Mann, dem das allgemeine vertrau« de« Landes entgegengebracht werd« würde, das ist der General- konsul von Lindequist. Bon Herrn Vr. Golinellt wird man dies nicht sag« dürfen. Biele unerfreuliche Er scheinungen bei der Entwickelung der Dinge im Schutzgebiet schiebt man hier dem Einfluß der Berliner Zentrallettung auf die Berwaltung zu; es sei nur an die Haltung der Regie rung gegenüber der Zulassung fremden Kapitals znr Arbeit im Schutzgebiet und aus jüngster Zett an di« Entscheidung in der so überaus wichtigen Frage der Erzfcachttarife und an die Zollerhöhungen erinnert. Ein gutes Teil der Verantwor tung wird hier Herr Vr. Golinellt, der Referent für Südwefi- afrika im Kolonialamt, zu tragen hab«. Gerade die hier be rührten Gegenstände sind aber solche, auS der« Behandlung man das Urteil über die großen Fragen der Wirtschaft«polittt erkennen kann, auf das es bei dem erst« Beamt« des Lande« vor allem ankommt. An Herrn v. BurgSdorff als Anwärter für den Post« des Gouverneurs hat außer dem engeren Kreise seiner Anhänger im Gibeoner Bezirk, hier im Laude wohl noch niemand gedacht. Herr v. BurgSdorff gilt als derjenige Beamte an hoher Verwaltungsstelle im Schutzgebiet, der d« Eingeboren« gegenüber die am weitesten gehende Konnivenz übt. Dies bedeutet aber gerade unter den augenblicklichen Verhältnissen nichts weniger als eine Empfehlung für den Post« an der Spitze der Ver waltung. Im übrigen ist die nächste Gorge des Schutzgebiets einstveil« die Niederwerfung deS Aufstandes, die Wiedergewinnung deS Viebe« und die Wiederherstellung geordneter Lerhältttiffe. Für die spätere Friedeusarbeit wird e« am wichtigst« sein, daß der Bevölkerung der gebührende wirksame Anteil an der Verwaltung zugestauden wird." Wie im Schutzgebiete selbst die Stimmung ist gegenüber einer für den Gouverneursposten in Aussicht genommene« Persönlichkeit, kommt jedenfalls für die gedeihliche Wirksam keit deS Betreffenden sehr wesentlich in Betracht. Vek nirrftcd-japanircde Weg. Port Arthur. „Daily Telegraph" meldet aus Tschifn: Nach zu verlässigen Nachrichten ist der allgemeine Angriff der Japaner auf Port Arthur mir schweren Verlusten zurückgeschlagen worden. Die Japaner eroberten nur zwei kleine Forts, wahrscheinlich die 2'/, km nordöstlich vor der Stadt liegenden Fort» 10 und 11. Man glaubt, daß die Japaner dieselben unter dem Feuer der anderen Fort« nicht werd« halten können. Die Hoffnung der Japaner, die Festung jetzt sofort zu erobern, soll erschüttert sein. E« wird gemeldet, daß die Verteidigungsanlagen vorzüglich und die Verluste der Angreifer außerordentlich schwer seien. General Stöffel zeige eine sehr ruhige Haltung. Wlabiwoftst. Aus Wladiwostok wird gemeldet, daß die Reparatur der Kreuzer „Rossija" und „Gromoboi" rasch sortschreitet uud Feuilleton. Sj Vor dem Aedanfest. Novelle von Eduard Engel. Nachdruck verbot«. Er ließ mich endlich los, trocknete sich die Tränen von den Wangen, ungeschickt mit dem Rockärmel wie ein Kind, und sagte mit einiger Aufregung, nur um seine Stinnne wieder in die Gewalt zu bekommen: „Du bist — nir doch — nicht böse, daß ich dich so empfangen habe?" „Unsinn, Menschenskind. Böse? Du hast mich ja empfangen, wie mein alter, lieber Taß, der du im Grunde immer gewesen bist." „Sehe ich wirklich so verändert aus?" fragte er mich beklommen. „Wie kommst du auf die Frage?" „Meinst du, ich habe dein Zurückprallcn bei meinem Anblick nicht gesehen? Ja, ja. Bester, die Pocken spaßen nicht. Nur gut, daß ich meine Frau schon hatte." „Und dann noch eine Kugel in die Brust und einen Pallasch zolltief in den Arm!" setzte ich hinzu. „Tie Kleinigkeiten sind längst ausgeheilt?" sagte er abwehrend, fast verächtlich. „Na, Kleinigkeiten können es doch nicht gewesen sein, sonst hätten sic dich nicht so mitgenommen." „So??" erwiderte er und blickte mich herausfordernd an. „Ach sieb mal, was du klug bist — Ihr Acrztc hört ja dao G''ck'' ii." Ich mußte ihn immer forschend ansehen, um meinen alten Tassilo, den braunlockigcn, stolz aufgereckten Jüngling mit den blitzenden Augen und dem heiter glän zenden Gesicht in ihm zu suchen. Die allgemeine Aehn- lichkeit war für den Wissenden wohl noch da, aber aller in feinem Gesicht war verwelkt, gealtert, wie bei einem Greise. Ich wußte lange nicht, waS eS seln mochte; ein körperliches Leiden war das sick-er nicht. Dann siel es mir ein: so sah nur ein Mensch aus, der vom Leben nichts, rein gar nichts mehr hofft, der nur noch lebt aus dem Heldenmut der Pflicht, für andere, Vicht für sich, dem das Leben nicht mehr die freundliche Gewohnheit des Daseins ist. ES war in ihm etwas Absterbendes, was aus den tiefsten Wurzeln seines Wesens durch alle seine Lebensfasern dringen und alles vergiften mußte. Hier war mit neugierigen Fragen nichts getan; was er mit sich schleppte, mußte er selbst mir offenbaren, sonst half ihm auch ein Aussprechen nichts. So blieb mir nichts anderes übrig, als mich wenigstens nach seinen äußeren Geschicken, die sich so glänzend gestaltet, zu erkundigen, und je mehr ich erfuhr, desto höher stieg mein Erstaunen und Grauen über die Gegensätze in diesem Menschenleben. „Du bleibst heute natürlich bei uns zum Abend", sagte er, diesmal mit etwas hellerer Stimme. „Ja, wenn es dir wirklich Freude macht und ich deiner Frau recht bin." „Meiner Frau recht? Die schlachtet sogleich ihre drei blauen Tauben und ihre weiße Lieblingshenne vor Freude, wenn sie hört, daß du da bist und mir Gesell- schäft leisten willst, besonders heute, vor dem Sedanfest." „Kann ich sie sehen? — Sie ist nicht zu Hause?" „Sie ist auf dem Kirchhof — du lveißt, ihr Bruder Hellmut, er war ja auch einer von unS fünfen im Examen. Bei Sedan gefallen; — sie haben seine Leiche hierher ge bracht, und da ist sie sein Grab für morgen schmücken ge gangen." „.Hellmut von Zitzewitz auch tot?" „Ja — ach, und noch mancher, den wir beide gekannt haben. Die Namen findest du alle auf der Kriegersäule am Wollmarkt." „Der arme Hellmut?" seufzte ich. „Wie kannst du solchen Unsinn schwatzen?" rief er zornig. „Armer Hellmut? WaS weißt du davon? Bis inS Jenseits reicht doch euer bißchen Wissen nicht. Als ob eS wunder welch Unglück wäre, in Ehren zu sterben, die Stirn tapfer dem Feinde zugekehrt und die Tode», wunde mitten auf der Brust. So war eS mit Hellmut." — Dann setzte er mit ganz leiser Stimme hinzu, al» spräche er nur mit sich: „Ich wollte, mir wäre eS so gut geworden, wie ihm?" „Jetzt hab' ich's satt, Tassilo!" und ich packte ihn gan- derb am Arm. „Du willst ein Diener des Herrn sein, predigst wohl gar salbungsvoll über das Wort, daß der Herr alle Haare auf unserem Haupte gezählt hat, und dann tust du solche schandbaren Aussprüche, deren du selber dich so schämst, daß du sie in deine Halsbinde hinein murmelst?" „Es steht nirgends verboten, die Toten zu beneiden", sagte er kleinlaut. „Laß die Toten ihre Toten begraben?" schrie ich ihn ärgerlich an. „Du aber lebst und hast für Lebende zu leben, und damit basta? Ich habe mir'S wohl denken können, daß hier nicht alles steht, wie es stehen soll. Du hast mir auf keinen Brief eine Antwort gegeben — be schworene Freundschaft und Brüderschaft ist dir ein Pappenstiel geworden und guten Abend!" Ich hatte mich in einen solchen Ingrimm hineingeredet, daß ich in vollem Ernst die Hand heftig auf die Klinke legte. Da wurde die Tür sacht von draußen geöffnet, und die Frau Pastorin trat ins Zimmer. Ich hatte sie als Mädchen nicht gekannt, hatte nur von ihrer Holdseligkeit gehört, von der schon damals einige gefühlvolle Primaner schwärmten, welche der Zihewihschen Gastfreundschaft in Weihnacht»- und Osterferien gewürdigt wurden — und stand nun vor ihr, mit einer sichtbaren Erregung auf dem Antlitz, und der laute Ton meiner zornigen Rede mußte ihr durch die Tür entgegengchallt sein. Sie war fast so groß wie Tassilo und erschien beinahe noch größer, weil sie sich kcrzengrade hielt, während er haltlos immer in sich zurücksinken wollte. Ihre einstige mädchenhafte Holdseligkeit hatte sich, ohne dadurch viel einzubüßen, in eine iiber ihre ganze Gestalt und ihr Gesicht auSgcgossene Mütterlichkeit verwandelt. Man batte, wenn man sic ansah, ein Gefühl, als möchte sie alles unter ihre schützenden Arme nehmen. Sie glich bei Ihrem Eintritt ihrem gescholtenen Mann; sie streckte wehrend die Arme zwischen ihm und mir auS, stand hoch- aufgerichtet da und maß mich mit Augen, denen man wohl ansah, daß sie zornig blicken wollten, aber eS schwer tertigbrachten. Sie war ganz in Schwarz gekleidet, und von ihren Kleidern ging ein feiner Blumenduft aus, den sie von den überblühten Gräbern mitgebracht. DieS ist mein lieber, alter Franz, mein Herz, von dem ich dir so viel erzählt", sagte Tassilo und nahm mich bei der Hand, um ihr zu zeigen, daß wir uuS nicht gerade in den Haaren gelegen. „Ach, Sie sind eS!" sagte sie mit einer Stimme, aus der es klang wie ein Jubelton der Hoffnung. „Un- Tassilo hatte mir gar nichts von Ihrem Kommen gesagt!" „Meine Gnädige, ich habe selbst noch vor ein paar Stunden keine Ahnung gehabt, daß ich meinen lieben Jugendfreund heute Wiedersehen würde." „Macht es dir etwas, mein Herz", sagte Tassilo zu der stattlichen Frau, „wenn der Doktor dich nennt, wie du heißest — Emma? Er gehört ja zur Familie." „Mir? Mir macht es Freude?" rief sie. — „O, dies einzige Glück, jetzt wird alles wieder gut werden? Ach, mein lieber, lieber Taß?" Sie warf sich ganz aufgeregt nn seine Brust, so daß er sie in seine Arme schließen mußte. Bald faßte sie sich aber wieder und wand sich sanft los. „Sie müssen sich nicht allzu sehr verwundern, lieber Freund, wenn Sie mich so aufgelöst sehen. Sie wissen doch, nicht wahr, mein armer Mann ist so — so eigen geworden — es ist ihm vom Kriege nachgeblicben." „Ich weiß. Frau Emma, und ich weiß nicht; aber was es auch sei, es muß nun anders werden, denn nun bin ich da und ich bin ein Stück seiner Jugend, nicht wahr, mein lieber Junge? Und da wird er sich wieder besin nen, wie es einst gewesen." „Ich klage ja nicht meinetwegen", sagte Frau Emma; „ich habe ihn eigentlich nie anders gekannt, aber ich habe das Gefühl gehabt, so kann er nicht immer ge- wesen sein: sie sagen es bier ja auch alle." Bei alledem saß Tassilo da, als ginge ihn da», was wir sprachen, gar nichts an. Er horchte aufmerksam hin, aber als sprächen wir von irgend einem Fremden. „Ich sorge sogleich für da« Abendessen; ich muß nur erst nach unserem Fran, sehen, nach dem Kleinen", — da- mit ging sie aus dem Zimmer. „Franz heißt dein Sohn?" fragte ich Karzim „Ja, wie sollte er ander» heißen?" „Du hast also meiner gedacht und doch hast du mir nicht geantwortet, al» sch dir zu deinem Knaben Glück wünschte, hast Brief auf Brief unerwidert gelassen, al» sei ich dir ein Wildfremder geworden. Willst du e» mir endlich sagen, wa« es ist, oder nicht?" „Später vielleicht. Noch nicht. Laß mir Zeit." „Also e« ist etwa«. Etwa« Greifbar«»!"
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