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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 18.08.1904
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1904-08-18
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-19040818017
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1904081801
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1904081801
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1904
- Monat1904-08
- Tag1904-08-18
- Monat1904-08
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Anzeigen-Preis die 6 gespaltene Petitzelle 25 Reklamen unter dem Redaktioutstrich (4 gespalten) 7b /H, nach den Familiennach- richten (6 gespalten) bO Tabellarischer und Zifierniatz entsprechend höher. — Grbühren für Nachweisungen und Offertenannahme 2ü Annahmeschlutz für Auzrtgm: Abend-AuSgabe: vormittags 10 Uhr. Morgen»AuSgabe: nachmittags 4 Uhr. tkrlra-vtilagen (gesalzt), nur mit der Morgen-Ausgabe, ohne PoslbefSrderung ./t 60.—, mit Postbefvrderung .si 70.—. Anzeigen sind stets an die Expedition zu richten. Die Expedition ist wochentags ununterbrochen geöffnet von früh 8 bis abends 7 Uhr. Druck und Verlag von K. Polz iu Leipzig (Inh. vr. V.,R. L W. stlinlhardt). Donnerstag den 18. August 1904. 88. Jahrgang. Var AiGtigrie vom Lage. * Das Kaiserpaar besuchte gestern Hameln und wohnte später der Einweihung der Stifts« kirchein Fischbeck bei. (S. Dtsch. Reich.) * Bei der Verfolgung der Herero bis Omutjatjewa (südöstlich von Watcrbcrg) sind 5 Mann von Estorffs Abteilung gefallen, zwei Offiziere und fünf Mann der- wundet. (S. Aufstand d. .Herero.) * Eine offiziöse japanische Zeitung stellt bereits die japanischen Fried en sbcdingungen fest, die aber offenbar aufs „abhandeln" eingerichtet sind. (S. Russ.-jap. Krieg.) * Verhandlungen wegen dec Kapitulation Port Arthurs sind bisher ergebnislos ge. blieben. (S. Russ.-jap. Krieg.) * Westlich der Straße von Gibraltar kreuzen fortgesetzt r u s s i s ch e H ü l f s k r e u z e r auf der Suche nach Dampfern mit Kriegskontrebande, die über spanische und italienische Häfen weiter verschifft werden soll. (S. Russ.-jap. Krieg.) Var deilrlr Ldema vom steicdrtagr- Wahlrecht. Wir haben schon einmal darauf hingewicsen, daß wir in einer Zeit des Jnterpretationskunst leben und daß aus den harmlosesten Aussprüchen, ja aus Selbstverständ lichkeiten Stricke gedreht werden. Das ist schon so weit in das Bewußtsein unserer Zeitgenossen und besonders auch der Presse eingedrungen, daß man häufig genug um wichtige Erörterungen in großem Bogen herumgeht — auS Scheu vor Mißdeutungen. Diese Art, Politik zu machen, hat aber ihre großen Nachteile; sie zieht die Un aufrichtigkeit groß und umgibt gewisse Themata mit einem geheimnisvollen Schleier, obwohl ihnen das freie Tageslicht viel dienlicher wäre. Kommt dann jemand von ungefähr des Wegs und hebt den Schleier, so bemäch tigt sich der Umstehenden eine merkwürdige Gereiztheit und es ertönen Worte, die einen häßlichen Klang haben: Verrat, Verräter! Auch wir sind in solcher Loge: Wir haben den Liberalismus verraten. In einer ganzen Anzahl von Journalen, an deren Spitze die „Germania" als Hüterin der Volksrechte sich komisch genug ausnimmt, wird uns folgender Satz als Sünde angerechnet: Sollten wirklich die ReichStaySwahlen wieder und wieder neue Erfolge der Sozialdemokratie bringen, so wird natürlich eines TageS die Aeuderung des Wahlrechts eine absolute Notwendigkeit. Man wird doch schließlich dem herrschenden Regime keinen politischen Selbstmord zu muten dürfen. Wir bekennen uns zu diesen Worten und werden sie vertreten. Und das Tragikomische dabei ist, daß sämtliche Leute, die jetzt so sehr entrüstet sind, im gegebenen Augen blicke genau ebenso handeln müßten, wie hier vorge schlagen —>es sei denn, sie wären schon heute verkappte Sozialdemokraten. Zum völligen Verständnis unserer Missetat ist es freilich nötig, ein weniger ausführlich zu zitieren, als unsere Freunde das für zweckmäßig halten. In unserem Leitartikel vom Freitag abend „Zu kunftssorgen der Genossen" war von dem sozialdemokratischen Berliner Stadtverordneten I)r. Friedeberg die Rede. Dieser böse Akademiker hatte den stolzen Berlinern einige unbequeme Wahrheiten gesagt. Wir hatten der Friedebergschen Kritik zugestimmt und ausgeführt: Es ist klar, daß das Anwachsen der sozialdemokratischen Stimmen und Mandate keineswegs zur Erlangung der dik- tatarischen politischen Macht führen kann. Neber kurz oder lang würden die sogenannten herrschenden Klassen sich zu- sammenschließcn und das Rcichstagswahlrccht der artig abänderii, daß der sozialdemokratische Einfluß erheblich zurückgcdämmt würde. Diese Entwicklung erscheint auch uns, die wir das Wahlrecht bis zum letzten möglichen Augen blicke verteidigen würden, unausbleiblich für den Fall, daß wirklich abermals und abermals die ReichtStagswahlen ein neues Anwachsen der Sozialdemokratie bekunden sollten. Darauf war noch gesagt worden, diese Machtcntwick- lung der Sozialdemokratie sei weder notwendig nach wahrscheinlich. Und dann folgte der zuerst zitierte schreck- liche Satz von der „absoluten Notwendigkeit" und dem „politischen Selbstmord". Also nicht, daß wir empfohlen hätten, schleunigst eine Acnderung des RcicbstagSwahlrechts vorzunehmcn, nicht einmal, eine solche für später vorzubereitcn — wir haben einfach konstatiert, was mit absoluter Notwendigkeit kom men müßte, wenn z. B. eine sozialdemokratische Ma- jorität im Reichstage zu fürchten wäre. Wir bitten die ge ehrten Herrschaften vom Zentrum und Freisinn, uns für diesen Fall doch ihr eigenes Rezept zu verraten, wenn sie eins in der Tasche tragen sollten. ES wäre freilich Verrat und nicht zum mindesten Verrat an der Freiheit des Individuums, d. i. am Liberalismus, wenn jemand noch in solchem traurigen Falle aus reiner Lust am Prinzipienrcitcn darauf bestehen wollte, das heilige Reichstagswahlrecht hochzuhalten et perent putriu. Es ist im übrigen gar nicht nötig, Conjecturalpolitik zu treiben, um das Widersinnige solcher Forderung nachzu weisen. Wir haben die lebendigen Beispiele viel näher. Wer denkt bei uns in Sachsen daran, das allgemeine, gleiche, direkte Stimmrecht einzuführen? Der Mann verdiente eine Prämie in Realpolitik, aber ernsthaft mit ihm zu diskutieren würde weder uns noch einem anderen Nicht-Genossen cinfallen. Jeder weiß, daß mit einer sozialdemokratischen Majorität nicht zu regieren ist und die Freisinnigen wissen das sogar sehr genau. Sie hüten sich wohl, ein dem Reichstagswahlrecht auch nur von weitem ähnliches Kommunalwahlrecht dort einzuführen oder auch nur den Versuch dazu zu machen, wo sie sehr wohl in der Lago dazu wären, wie z. B. in Berlin. Also waö hat das mit Bedauern gemischte Zugeständnis, das schließlich eines schlimmen Tages eine Aenderung des Wahlrechts notwendig werden kann, mit dem Liberalismus zu tun? An dem Tage würde vermutlich sogar Eugen Richter für die Abschaffung des Reichstagswahlrcchts stimmen müssen. Nach dieser prinzipiellen Auseinandersetzung können wir cs uns nicht versagen, abzudrucken, was die aus- legungskundige „Germania" uns insinuiert. Natürlich sagt sie keine Silbe davon, daß wir bis zum letzten mög lichen Augenblicke das Wahlrecht zu verteidigen bereit sind, sondern sie schreibt dreist und falsch: Man sieht, Herr Menck macht Schule. Accht national liberal ist die Annahme, daß durch eine Verschlechterung des Wahlrechts der Sozialdemokratie Abbruch getan werden könne. Da» heißt man: Ursache und Wirkung mit ein ander verwechseln Und dabei haben wir am energischsten für den Aus- schluh des Abgeordneten Menck plädiert und sogar in dem jetzt „inkriminierten" Artikel uns für die Bewah rung desReichstagswahlrechts bis zum letzten Augenblicke offensichtlich festgclegt — nicht ohne Absicht übrigens, da uns die Gebräuche der Zeit nicht fremd sind. Freilich — bis zur Anbetung des Wahlrechts können wir unsere Gefühle immer noch nicht zwingen. ES ist uns auch heute noch nichts anderes als eine Polstische Einrich tung, über der hoch oben ihr Zweck, das Wohl des Vater landes, steht. Auf die Verdrehung, wir gedächten durch Aenderung des Wahlrechts der Sozialdemokratie Abbruch zu tun, gehen wir so lange nicht ein, bis jemand uns die Stelle in unserem Blatte zeigt, an der dieser törichte Satz gestanden hat. Wir haben uns noch gegen einen Vorwurf zu wehren, übrigens einen, der in der Oefsentlichkcst nicht gegen unS erhaben ist, dabei der einzige, der einen Schein von Recht für sich hat. Man kann uns sagen: Huieta non movere! Der Satz mag für Staatsmänner in Nöten seine Berechtigung haben, wenn auch der Mann, der ihn auf unser politisches Leben angewandt hat, sich nicht scheute, Ideen und Menschen gehörig durcheinander zu rütteln. Aber wie gesagt — für Staatsmänner mag er bedingt gelten. Nur daß wir die Aufgabe der Presse nicht in der bloßen Jmitierung staatsmännischer Gepflogen heiten erblicken. Die Presse hat eine viel größere Bewe gungsfreiheit, die ihre Grenzen nur am Gesetz, Geschmack und dem Patriotismus findet. Mit wichtigtuerischen Ge berden einherzustolzieren und zwischen den Zellen lesen zu lassen, wie man wieder einmal durch Schweigen das Vaterland gerettet, dazu gehört nicht gar so viel. Bei alledem wollen wir gar nicht verkennen, daß auch der Presse durch die Rücksichten auf das Volkswohl gewisse und recht scharf gezeichnete Grenzen gesteckt sind, und daß es unklug sein kann, bei allen möglichen unpassenden Gelegenheiten Fragen anzuschneiden, di? nicht zur Er örterung stehen und vielleicht nur der Entzweiung dienen. Gerade deshalb legen wir Wert auf den Nachweis, daß hier ein nicht einmal von uns aufs Tapet gebrachtes Thema vorlag, das schon seit einem Jahre, nämlich seit der letzten Reichstagswahl, nach einer unbefangenen Er örterung gerade von liberaler Seite schrie. Aus Scheu vor den nun, wie oben gezeigt, auch prompt eingetretenen Verdächtigungen hat sich bisher die Debatte über die An gelegenheit nur zwischen den Extremen von links und rechts bewegt. Es war sogar hohe Zeit, einmal dem Terrorismus von sozialdemokratischer Seite entgegen zutreten, die schon die bloße Erwähnung derMög- lich leit einer Wahlrechtsänderung als ein Verbrechen hinstellt, während sie selbst in unserem ganzen Staat das Unterste zu oberst kehren möchte, je eher und je toller, je lieber. Daß die „Genossenschaft" dies tut, hat wenig stens noch einen Sinn, daß aber bürgerliche Organe sie bei diesem Terror unterstützen, das hat — höflich gesagt — keinen Sinn, man müßte denn iu»!» kicke» an nehmen. Gewiß ist es bequemer, heiklen Dingen aus dem Wege zu gehen, und wir schelten die Leute nicht, die so handeln in diesen schönen, aber heißen SommerStagen. Nur vlaidieren wir für Gerechtigkeit und richtiges Zitie ren. Um dies unseren Freundinnen „Germania" und „Genossen" nach Kräften zu erleichtern, erklären wir noch mals: Wir verteidigen das Reichstags- Wahlrecht so lange, bis es durch die Sozialdemokratie unmöglich gemacht wird. Ob das nun helfen wird? 8. ver lluManä Ser Herero. Die Erstürmung von waterberg. General von Trotha hat einen Erfolg gehabt, aber leider ist eS ihm nicht gelungen, den Feind zu umzingeln. Dieser ist entkommen, und von einer Vernichtung des Gegners kann noch nickt die Rede sein. Es ist notwendig, dies gleich jetzt zu konstatieren, damit nicht, wenn nun wieder eine Periode der Zögerung einlritt, sich im Baterlande unberech tigte Mißstimmung fühlbar macht. Wir müssen uns darauf geiaßt macken, daß der Feldzug sich ntzch lange hinzieben wird. Das Allerbevenklichste ist da bei, daß die Transport- und Verpflegungsschwierigkeiten mit jedem Tage größer werden. Das Land bringt mit Ausnahme von Vieh nichts hervor, das Expeditionskorps ist auf Zufuhr von Deutschland her angewiesen. Leistungsfähige Eisenbahnen sind nicht vorbanden. Es ist notwendig, klar zu sehen und die Schwierigkeiten nicht zu unterschätzen, damit nicht nachher plötzliche Entmutigung um sich greift. Im „Tag" wird angedeutet, daß Major Leutwein in einer ähn lichen Lage sich durch geschicktes Verhandeln zu Helsen wußte und daß den Engländern die Niederwerfung des tollen Mullah nicht geglückt sei. Wir halten es nicht für richtig, mit solchen H.nweisen flau zu machen, im Gegenteil, je größer die Schwierigkeiten sind, destomehr muß unsere Energie und unsere Zähigkeit wachsen. An die Stelle des Schwertes die Diplomatie setzen zu wollen, scheint unS völlig unangebracht. Der Feldzug in Deutsch- Südwest-Afrika muß von uns als ein kolonialer Existenzkampf geführt werden, und nicht nnr die Eingeborenen, sondern auch alle zivilisierten Nationen, alle überseeischen Rivalen müssen erkennen, daß es Deutschland mit einer energischen Kolonialpolitik ernst ist und daß wir auch vor den größten — im Wesentlichen ja finan ziellen — Opfern nicht zurückscheuen, um sie durchzusühren. England ist bei seinen enormen Kolonialerfolgcn wohl im- staude, einmal eine Schlappe zu verschmerzen, wir sind eS heute noch nicht. Vie Verfolgung der Herero. Wie ein neues Telegramm des Generalleutnants v. Trotha meldet, hat er die Verfolgung der Herero nach Osten energisch ausgenommen unv in einem Gewaltmarsch bis Omutjatjewa (in Luftlinie etwa 32 km südöstlich von Waterberg) durch geführt. Der von dort in den Om-un-Matako gehende tleine Fluß muß aber in der Dürre völlig ausge trocknet sein, da Mangel an Weide und Wasser der Ver folgung ein Ziel setzten. Major v. Estorfs hat parallel mit Trotha und den Abteilungen Deimling und Mühlenfels die Verfolgung nach Osten am Omurambafluß entlang aus genommen und die Herero gestern in einem neuen Gefecht geschlagen, wobei allerdings auch wieder ein Verlust von 5 Toten, sowie zwei verwundeten Offizieren und fünf verwundeten Reitern zu verzeichnen ist. Das amt liche Telegramm darüber lautet: Generalleutnant v. Trotha meldet aus Hamakari: Der Feind ist nach dem Gefecht am 11. d. Mts. in voller panikartiger Flucht unter Zurücklassung von sehr vielem Vieh, Habseligkeiten und zahl reichen Leichen bauptsächlich in östlicher Richtung zurückgegangen. Ich verfolgte die starken feindlichen Kräfte mit den vereinigten Ab teilungen Deimling und Mühlenfels mit einem Gewaltmarsch bis in die Gegend von Omutjatjewa, wo gänzlicher Mangel an Weide und Wasser und die Trennung des Feindes die Einstellung der Verfolgung bedingte. Zahlreiches Vieh wurde erbeutet. Estorfs verfolgte, von Norden umfassend, und schlug heute am 15. dieses die Hererobanden, die den Omuramba abwärts zogen. Der Feind hatte große Verluste. Diesseits tot 5 Mann, verwundet Oberleut nant Bischoff, Leutnant v. Meien und 5 Mann. Gbersi LentMein über die Lage. Die ferneren Aufgaben Deutschlands in Süd westafrika werden von Gouverneur Leutwein in einem Briefe an die „Braunschw. N. Nackr." scharf charak terisiert. Der Brief, der besonders deshalb willkommen sein dürfte, weil die amtliche Berichterstattung aus Südwestafrika noch immer nicht die wünschenswerte Genauigkeit erreicht hat, lautet im wesentlichen: Windhuk, S. Juli 1904. Ob die jetzt im Schutzgebiet befindliche Truppenmacht zur Niederwerfung der Herero genügen wird, hängt von einem Faktor ab, welchen wir alle nicht zu übersehen vermögen, nämlich von dem Munitionsbesitz der Herero. Erst wenn deren letzte Patrone verschossen ist, wird der Krieg zu Ende sein. Ties schließt aber nicht auS, daß sie dann mit Kirris und sonstigen Handwaffen den Kleinkrieg fortsetzen und so noch auf jahrelang den Farm betrieb lähmen. Ich hoffe und wünsche, daß es nicht so kommt, aber ich fürchte eS. In Kolonialkriegen ist eben nicht das Be siegen des Gegner» da» schwierigste, sondern die Wiederherstellung ves Friedens. Der Typhus hat allerdings die Kolonne Glasenapp vollständig außer Gesrcht gefetzt, so daß die Truppe nock Organisation der End« April herauSgrkommenen Verstärkungen nicht viel stärker ge wesen ist, als Anfang April, als sie die Gefechte von Ongangira und Oviumbo schlug. Ein durchschlagender Erfolg war daher wieder nicht sicher. Die durch Generalleutnant von Trotha mit gebrachte zweite Verstärkungsrate ist daher schon, um die Ausfälle zu decken, nötig gewesen. Anch jetzt herrscht der Tnpbns noch in der Truppe und reiht namentlich bei der am weitesten im Osten stehenden Abteilung de» Majors von Estorfs täglich große Lücken. Da« sind aber Schwierigkeiten, die iu jedem Kriege Vorkommen und w«lch« überwunden werden müßen. Do« deutsch, Volk sollt. nur mehr Geduld an den Tag legen und Widerwärtigkeiten mit Würde tragen. Und dazu kann eine gut geleitete Presse da» meiste beitragen. Wenn z. B. in Swakopmund 1000 Mann mit 1000 ost- preußq'chcn Pferden landen, so sind dies noch lange keine 1000 brauchbare afrikanische Soldaten. Es bedarf vielmehr mehrerer Monate, bis sie sich mit ihren Pferden geeinigt und sich der afri kanischen Kriegführung angepasst haben. Ein drastisches Beispiel dieser Schwierigkeiten, aber auch der merkwürdigen Auffassung von Publikum und Presse, bietet anliegender Zeitungsartikel. Ter tatsächliche Sachverhalt war, daß in Swakopmund gelandete ostpreußische Pferde nachts von irgend einer Panik erfaßt wurden, aus dem Kraal ausbrachen und nach allen Windrichtungen davon liefen. Wie viel es waren, weiß ich nicht mehr, jedenfalls aber weit unter 400 Stück. Einige von den neuangekommenen Soldaten batten in der Aufregung auch geglaubt, Herero zu sehen und blind in der Luft herumgefchossen. Den weggelaufenen Pferden wurden sofort Patrouillen nachgeschickt und die Mehrzahl wieder eingefaugcn. Nun vergleiche man mit diesem wirklichen Sackverhalt die in An lage gegebene Darstellung, vor allem die merkwürdige Schlußfolge rung. Sicher, wir können von der bewundernswerten Disziplin des englischen Volkes und der englischen Presse in politischen Dingen noch recht viel lernen. Mit dem Ausdruck vorzüglichster Hochachtung Ihr aufrichtig ergebener Leutwein, Kaiserlicher Gouverneur. Der ruttiseh-japamrcbe Weg. Russische Hüls»kreuzer in« Atlantik. Nach einer Lloydmcldung aus Ajaccio berichtet der cnqlische Kohlendampfer „Scotian", daß er am 12. d. M., westlich der Straße von Gibraltar durch den rusfi sch e n K r e u z e r „Ural", den früheren Dampfer des Norddeutschen Lloyd „Kaiserin Maria Theresia", ange - halten worden sei und die Erlaubnis erhalten habe, die Fahrt fortzusetzen. Der Kommandant des „Ural" habe ihm mitqeteilt, daß er nach mehraIs 200 Dam pfern suche, die Kriegskontrebande zur Weiterverschiffunq in spanischen und italienischen Häfen an Bord hätten. Vor tiaujang. Wie General Kuropatkin dem Kaiser vom Dienstag meldet, sind bei der Armee keine besonderen Verände rungen eingetreten. Es regnet fortgesetzt: überall machen dieChunchusen sich sehr bemerkbar. Wie gemeldet wird, haben die Japaner zwischen Föngwang- tschöng und Liangschanguan eine schmalspurige Eisenbahn erbaut, auf der die Wagen von Menschen gezogen werden. Randglossen zuin Feftung»kan«pse vor Hort Arthur. Ein militärischer Mitarbeiter schreibt uns: In dem Augenblick, wo die Japaner den engeren Festungsgürtel von Port Arthur zu durchbrechen im Begriffe stehen und schon eine Anzahl der russischen Vorwerke niedergekämpft haben, dürfte eine kurz gehaltene fachtechnische Dar legung der im modernen Festungskrieg zur Geltung kom menden Leitsätze von Interesse sein. In den von den Kriegsberichterstattern über den Kampf vor Port Arthur nach chinesischen Meldungen und an der Hand von Festungskarten von Port Arthur an gefertigten Darstellungen des Kampfes vor Port Arthur ist übermäßig gesündigt worden, weil die Verfasser jener Berichte sich nicht vorerst über die im Fcstnnqskriege in Betracht kommenden Waffengattungen Klarheit verschafft haben. Irrig ist die Annahme, daß der japanische Oberbefehls haber vor Port Arthur, Oyama, eine wirksame Aktion gegen die mantschurischc Festung nicht unternehmen könne, weil er nur über 65 000 Mann verfüge. Die Tatsachen haben das Gegenteil erwiesen. Nicht die Infanterie, sondern die A r t il l c r i e hat die schwere Aufgabe zu lösen, die der Festung und deren Vorgclände vorgelagerten Außenforts niederzu kämpfen, während die Infanterie erst in Tätigkeit treten kann, wenn sich die Belagerten zu einem Ausfall aufs Vorgelände vorwagen. Dies ist tatsächlich vor Port Arthur, besonders an der schwäckxwcnNord- undWestfront wiederholt der Fall gewesen. Im übrigen ist Infanterie feuer in der ersten Periode des Angriffes gegen eine Festung geradezu zwecklos und nur beim Sturm anwend bar, und zwar zum Nahangriff und zur Nahverteidigung. Die Feldartillerie ist vornehmlich dazu berufen, den Belagerten bei Ausfällen entgegcnzutreten und ihnen ge- meinsam mit der Infanterie den Weg zu erschweren, falls sie die Linie der Angreifer zu durchbrechen versuchen soll ten. Tic Feldartillcric führt Scheinangriffe aus, be lästigt die Verteidiger non allen Seiten, da sie leicht be weglich ist und den schweren Festungsaeschützen. den Um ständen na», auszuweichen im stände ist. Auf Seiten der Verteidiger wird sie an der Zurückweisung der Sturm kolonnen wirksam teilnehmen. Für die Verteidigung auf kleinere Entfernung kommen aber vor allem die Maschi- nengewebre und die leichten Schnellfeuerkanonen in Be tracht. In Port Arthur sind jedoch diese, für den Nah- kampf äußerst nützlichen Waffen nur spärlich vorhanden. Während des^Sturmes, und schon vor demselben, gelten die kleinen Schnellfeuer^anonen und Maschinengewehre als eine der brauchbarsten und wirksamsten Waffen und, wenn die schweren Geschütze zum Schweigen gebracht oder unbrauchbar geworden sind, als unentbehrliche Stütze für die Infanterie. Im Angriff wie in der Verteidigung können jene leichten Schnellfeuergcsckmtze in beweglichen Panzerdeckungen zur Verstärkung oder zum Angriff der verschiedenen Festungssektoren aufgefahren werden. Doch können die Japaner den Kampf gegen die moderne Festung von Port Arthur nur dann mit Erfolg durch- kämpsen, wenn sie waS zweifellos der Fall ist unter ihren 500 Geschützen folgende Kaliber zur Ver ¬ fügung haben. 1) Mittlere 15-Zentuneter- und schwere 20—2S-Aen. ti meter-Steilfeu ergeichütze;
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