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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 13.08.1904
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1904-08-13
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-19040813023
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1904081302
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1904081302
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1904
- Monat1904-08
- Tag1904-08-13
- Monat1904-08
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04. >L0 lOst". rt tea uivi iss Don- ft: preisen. ochset«. »ea. 'r. 7M. n4lr»nt >««v. von n<ir «re« « ve- sowie «stelle. BezugS-PreiS in der hauptrxprdittoil oder deren Ausgabe« stellen ab geholt: vierteljährlich 3.—, bei zweimaliger täglicher Zustellung inS Haus ./l 3.75. Durch dir Post bezogen für Deutsch, land u. Oesterreich vierteljährlich 4.50, für die übrigen Länder laut ZeitunqspreiSlistr. Diese Rümmer kostet auf allen Bahnhöfen und bei den ZeitungS-Berkäufern " Redaktion und Ex-edition: 153 Fernsprecher 222 Johannisgasse 8. Haupt-Filiale Dresden: Marienstraße 34 (Fernsprecher Amt I Nr. 1713). Haupt-Filiale Berlin: CarlDuncker, Herzgl.Bayr.Hofbuchbandlg., Lützowstraße 10(FernsprecherAmtVI Nr.4603). Abend-Ausgabe. Anzeiger. Amtsblatt des Königlichen Land- und des Königlichen Amtsgerichtes Leipzig, des Rates «nd des Nolizeianttes Ser Ltadt Leipzig. Anzeigen-Preis die 6gespaltene Petitzeilc 25 Reklamen unter dem RedaktionSflrich («gespalten) 75 nach den Famiiiennach- richten (6 gespalten) 50 -H. Tabellarischer und Ziffernsatz entsprechend höher. — Gebühren für Nachweisungen und Ofsertenannahme 25 /H. Nnnahmefchlutz für Anzeigen: Abend-Ausgabe: vormittags 10 Uhr. Morgen-Ausgabe: nachmittags 4 Uhr. Extra-Beilagen (gefalzt), nur mit der Morgen.Ausgabe, ohne Postbeförderung 60.—, mit Postbesürderung 70.—. Anzeigen sind stets an die Expeditton zu richten. Die Expedition ist wochentags ununterbrochen geöffnet von früh 8 bis abends 7 Uhr. Druck und Berlag von E. Polz in Leipzig (Inh. vr. V., R. L W. Klinkhardt). Nr. 411. Var Mcdtigrte vom Lage. * Die ErzherzoginOttovon Oe st erreich, die Tochter König Georgs, ist mit ihren Söhnen, den Erzherzögen Josef und Max, heute vormittag in Pillnitz zum Besuch ihres Vaters eingetroffen. (S. Sachsen.) * An Stelle des in den Ruhestand tretenden Herrn Landgerichtspräsidenten vr. Hagen-Leipzig wurde Herr Amtsgcrichtspräsident Schmidt-Leipzig zum Präsidenten des Landgeri chts, und für diesen Herr Landgerichtsdirektor Siegel zum Präsidenten des Amtsgerichts Leipzig er- nannt. * Das Garnisonkommando zu Leipzig dementiert die Gerüchte über Typhus- erkrankungen beim 7. Königs-Jnfanterie-Regi- ment Nr. 106. (S. Leipz. Ang.) * Zum Präsidenten von Peru wurde gestern bei Stimmenthaltung der Demokraten Jo so Par do, zum Vizepräsidenten Joss Salvador Cavero gewählt. * Der russische Kreuzer „Nowik" hat vor Ablauf von 24 Stunden Tsingtau verlassen und soll den Japanern entkommen sein. Internationale Ztatirtilr Ser veruktätigkeit. Tas soeben erschienene Statistische Jahrbuch für das Deutsche Reich (1904) enthält eine sehr interessante Ver gleichung der Erwerbstätigkeit in den wichtigsten Län dern. Störend ist nur zweierlei: erstens daß eine derar tige Statistik für Rußland nicht vorhanden ist, und zweitens daß die Berufsstatistik in den verschiedenen Län dern in verschiedenen Jahren ausgenommen ist, beispiels weise in Ungarn 1890, in Deutschland 1895, in Groß britannien 1901. Was zunächst das Verhältnis der erwerbstätigen Personen zur Gesamtbevölkerung anbetrifft, so wird mancher, der an der Arbeit keine Freude hat, mit einem Stoßseufzer ausrufen: „Amerika, du hast es besser, als unser Kontinent, der alte." Denn in den Vereinigten Staaten von Nordamerika ist ein geringerer Prozentsatz der Gesamtbcvölkerung erwerbstätig, als in irgend einem großen europäischen Staate. Es sind nur 38,4 Prozent der Gesamtbevölkerung nach der Berufsaufnahmc vom Jahre 1900 erwerbtätig. Von den europäischen Groß staaten ist in Deutschland der Prozentsatz der Er werbstätigkeit der geringste, nämlich 42,7. Es folgen Ungarn mit 43,7, Großbritannien und Ir land mit 44,1, Frankreich mit 48,3, Italien mit 50,1 und Oe st erreich mit 53,9. Oesterreich steht darum an der Spitze, weil hier der größte Prozentsatz der weiblichen Bevölkerung erwerbstätig ist, nämlich Sonnabend den 13. August 1904. nicht weniger als 44 Prozent; aus demselben Grunde stehen die Vereinigten Staaten auf der untersten Stufe des Prozentsatzes der erwerbstätigen Bevölkerung; hier sind nur 14,3 Prozent der weiblichen Gesamtbevölkerung tätig. Dieser kolossale Kontrast wird am besten dadurch illustriert, daß in Oesterreich 500 000 Frauen mehr erwerbstätig sind, als in den Vereinigten Staaten, ob- wohl die weibliche Gesamtbevölkerung nur 13 Millionen gegenüber 37 Millionen in den Vereinigten Staaten be trägt. In Deutschland und Großbritannien und Irland ist genau ein Viertel der weiblichen Gesamtbevöl kerung erwerbstätig, ebenso in Ungarn, in Frankreich und Italien aber je ein Drittel. Was die Beruf Zarten der erwerbstätigen Be- völkerung anlangt, so wird die Behauptung, daß in Eng land eine landwirtschaftliche Bevölkerung kaum noch existiert, durch die Statistik vollauf bewiesen, denn nur 8 Prozent der Erwerbstätigen widmen sich der Landwirt- schäft. In Deutschlands st der Prozentsatz nahezu fünfmal so groß, nämlich 37,5 ungefähr gleich groß wie in den Vereinigten Staaten von Nord amerika, wo er.35,9 beträgt. Die Staaten Frankreich. Oesterreich-Ungarn und Italien übertreffen Deutschland bei weitem an landwirtschaftlicher Bevölkerung; hier be- trägt der Prozentsatz 44,3 bezw. 58,4, bezw. 59,4 Pro- zent. Italien ist also der agrarischste aller in der Statistik berücksichtigten Großstaaten. Der indu striellste unter all diesen Staaten ist natürlich Eng land mit nahezu 60 Prozent, unmittelbar darauf aber doch in recht weitem Abstande folgt Deutschland mit 37,4 Prozent, darauf Frankreich mit 33,6 Prozent, dann erst die VereinigtenStaatenvonNord- amerika und Italien mit ungefähr je 24 Prozent. Den Beschluß bildet Ungarn mit nur 12,6 Prozent. Dabei sind in Ungarn noch die Erwerbstätigen der Gast- und Schankwirtschaft mit eingerechnet, die in Deutschland bei der Rubrik „Handel und Verkehr" mitgezählt sind. Stehen die Vereinigten Staaten hinsichtlich der Erwerbs tätigen der Landwirtschaft und der Industrie etwa an mittlerer Stelle, so haben sie bezüglich der Personen, die im Handel beschäftigt sind, weitaus die Spitze. Es sind nicht weniger als 16,3 Prozent gegen 10,6 Prozent, die in Deutschland in diesen Berufen tätig sind. Dabei sind in Deutschland die Angehörigen der Gast- und Schankwirtschaft mitgezählt, in den Vereinigten Staaten aber nicht. Nähme man diese Kategorie von Personen in den Vereinigten Staaten hinzu, so würden wohl rela - t i v genommen, doppelt so viel Personen, als in Deutsch land im Handel tätig sein, absolut genommen natür lich noch viel mehr. Von den europäischen Großstaatcn stecht im Prozentsätze der Handelstätigen allerdings nur Großbritannien mit ungefähr 13 Prozent über Deutsch land. Frankreich hat 9,4 Prozent, Italien 7,4 Prozent. Unmittelbar auf Italien folgt Oesterreich mit 7,3 Pro zent und den Beschluß bildet auch hier Ungarn mit 3,3 Prozent. Alles in allem darf man ohne Ueberhebung sagen, daß in Deutschland von allen Großstaatcn wohl noch das gesundeste Verhältnis zwischen den verschiedenen Berufsarten obwalte. Der vollständige Ruin der Land wirtschaft in England ist ebenso gefährlich, wie umge kehrt der so weit überwiegend agrarische Charakter der Beschäftigung der erwerbstätigen Bevölkerung in Italien dem Reichtunie des Landes abträglich ist. Die starke Auswanderung aus Italien spricht ja in dieser Hinsicht deutlich genug. ver Humana Oer Herero. Arn Vorabend grstzer Ereignisse? Wie der „Reichsbote" erfährt, erwartet man in kolonialen Kreisen -um Sonntag oder Montag Nachricht über ernste Ereignisse in Südwestafrika. General Trotha soll zum Schlage jetzt ausholen wollen. Nene Verstärkungen. Der nächste Truppentransport nach Deutsch-Südwestafrika wird am 20. dss. Mts. mit dem von der Reichsregierung gecharterten Dampfer „Silvia" der Hamburg-Amerikalinie von Hamburg aus in See gehen. Der Dampfer wird zu gleich eine größere Anzahl Munitions- und Proviantsahrzeuge nach Swakopmund bringen. Die Kostenrechnung. Bor kurzem ist eine Zusammenstellung darüber veröffent licht worden, waS die Schutztruppe in Südwestafrika aus dem Kaplande bezogen hat. Abgesehen von 1300 Pferden und 400 Maultieren sind über 3000 Zugochsen angekauft worden, außerdem mehr als 500 Schlachtochsen und 150 Ochsenwagen. Alles das in der Zeit von noch nicht zwei Monaten. Für die Uebersührung dieses ge waltigen Materials mußten vier Dampfer verschiedener Linien gemietet werden. Welche großen Ausgaben dadurch ver ursacht werden, läßt sich leicht ermessen. Ein Ochsenwajzen mit Bespannung kostete in ruhigen Zeiten 2000 jetzt wird er nicht unter 3000 zu bejchaffen sein. Der Preis für Zugochsen ist von 240 auf etwa 500 gestiegen. Die Ge samtausgaben wachsen ununterbrochen und es ist unsicher, ob dem Reichstage im Herbst eine volle Abrechnung darüber wird zugehen können. ver mrsirch-Iapanizche Krieg. Der verunglückte Ausbruch des russischen Geschwaders aus Port Arthur. Die Kämpfe, die dem Ausbruchsversuch des russischen Geschwaders aus Port Arthur folgten, müssen doch ernsterer Natur gewesen sein, denn sie haben den Japanern nach ihrer eigenen Angabe einen Verlust von 170 Mann verursacht. Das ausgelaufene russische Geschwader stellt, wenn man annimmt, daß die Reparaturen einigermaßen sorgfältig — natürlich unter Berücksichtigung der in den Werftverhält nissen begründeten Schwierigkeiten — ausgeführt wurden, noch eine ganz ansehnliche Streitmacht dar. Die noch von dem Port Arthur-Geschwader vorhandenen Schiffe wären, nach der Depesche Alexejews vom 20. Juni, die folgenden: 6 Panzerschiffe: „Retwisan" 12 700 t, 18 Knoten (zurückgekehrt?) „Pobjeda" 12 0001, 19 - (zurückgekehrt?) „Zssarrwitsch" 13 000 t, 18 « (gesunken?) „PereSwjet" 12 634 t, 18 - 1 „Sebastopol" 11842 t, 17 - »entkommen? „Poltawa" 10 690 t, 16'/, - t 98. Jahrgang. 8 Kreuzer: 19 25 12 13 14 432 t, 20 405 t, 20 1 500 t, 14 In Port Arthur geblieben? (in Kiautschou?' (zurückgekehrt?) 2 Kontretorpedo- kreuzer: „Vsadnik" „tzeidamak" 1 Kanonenboot: „Otwashnis bei Dalny verloren wurde). 6 000 t, 20 Knoten (in Kiautschou?" 6 800t, ' " 3 080t, 1334 t, 1 334 t, 1236 t, ,Pallada" 6 000 t, 20 - (in Kiautschou? ,Bajan" 7 726 t, 21 - (jedoch fraglich, da bestimmt behauptet wurde, daß dieses Schiff l . - . . Mold" ,Diana" ,Nowik" .Djchigit" .Rasbojnik' .Sabraki" Eine kleine Torpedo-Flottille, deren Stärke nicht genau bekannt ist. Wenn also wirklich 6 Panzerschiffe, 4 Kreuzer und die Hälfte der Torpedoboote von Port Arthur ausgelaufen sind, würden für die Verteidigung des Hafeneinganges noch 3 oder 4 Kreuzer und die andere Hälfte der Torpedoflotte bleiben. Die Schiffe, welche in den deutschen Hafen Tsingtau ein gelaufen sind, gehören zu den besten, die das russische Ge- jchwader batte. Der „Askold" ist ein großer Kreuzer mit Panzerdeckschutz. Bei einer Länge von 130 m, 15 m Breite und 6,2 m Tiefgang hat er eine Wasserver drängung von 6100 t, 3 Schrauben, 20 400 indizierte Pferdekrafte und eine Geschwindigkeit von 24 Seemeilen. Seine Bewaffnung besteht aus 12 15 cm-, 12 7,5 cm-, 8 4,7 cm- und 2 3,7 cm-Geschützen, sowie 6 Torpedo rohren. Die Besatzung zählt 580 Köpfe. DaS Schiff wurde auf der Germaniawerst in Kiel gebaut. Auch der kleine Kreuzer „Nowik" stammt aus Deutschland. Er ist von Schichau in Elbing gebaut, 106 m lang, 12,2 m breit und gebt 5 m tief. Seine Wasserverdrängung beträgt 3000 t, die indizierten Pferdekräste 18 000, die Geschwindigkeit 25,4 Seemeilen. Seine Artillerie umfaßt 6 12-cm-, 6 4,7-cm- und 2 3,7-cm-Geschütze, sowie 5 Torpedorohre. Die Be satzung zählt gegen 300 Mann. Die Wegnahme des „Netfchitelny". Chinesische Marineoffiziere geben an: Als der erste hier eingelaufene japanische Torpedobootszerstörer an den chine sischen Kriegsschiffen vorüberfuhr, während der andere Zer störer die „Reschitelny" nach Norden zu schleppte, macht das chinesische Flaggschiff „Hai-tschi" klar zum Ge fecht und teilte dem javanischen Kommandanten mit, daß die „Reschitelny" zurückgebracht werden müsse, da die Neu tralität in offenkundiger Werse verletzt sei. Der Japaner versprach, er werde den Torpedobootszerstörer zur Rückkehr nach Tschifu veranlassen. Der chinesische Admiral nahm das Ehrenwort des Japaners an und ließ den Zerstörer passieren. Dem japanischen Kommandanten war beim ersten Einlaufen in den Hafen von dem chinesischen Admiral persönlich die Zusicherung gegeben worden, daß die „Reschitelny" entwaffnet worden sei. Die Japaner hatten darauf erklärt, daß sie keinen Angriff auf die Russen beabsichtigten. Bei dem Kampf, der sich bei der Besetzung der „Reschitelny" entspann, hatten beide Teile viele Verluste. Sechzehn Ruffen werden vermißt. Der russische Kapitän ist am Bein verwundet, wurde aber gerettet. Nach einer dem „Daily Telegraph" aus Tschifu zugehenden Meldung waren dagegen die Verluste der Russen bei der „Retschitelny"-Affaire gering. Die über Bord gesprungenen Leute trugen Rettungsgürtel. Der Kapitän und mehrere Verwundete befinden sich im Hospital. Die Offiziere sind Gäste an Bord eines chinesischen Kreuzers, während die Mann schaft sich bei Landsleuten in Tschili aufhält. Ein russischer Matrose warf mehrere Japaner über Bord, bevor er erschossen wurde. Ein Schiffsfähnrich befahl den Leuten, Feuilleton. Der Fall Lelottr. Roman von Waldemar Urban. Nachdruck verboten. „Wozu so viele Worte, Florence?" erwiderte er auf geregt und leidenschaftlich, indem er unwillkürlich ihren Arm fester in den seinen zog. Sagen Sie mir kurz und bündig, um was es sich handelt und Sie sollen sehen, daß ich für Sie vieles tun kann, was ich für niemand auf- dieser Welt tun würde." „Ich wußte es, oh, ich wußte es wohl, murmelte sic mehrere Male leise, Sie sind immer gut und freundlich zu niir gewesen und werden mich auch da verstehen, wo ich vielleicht für niemand sonst verständlich bin. Also hören Sie, kurz und bündig: „Herr Silvain hat um meine Hand angehalten." „Er ist wohl nicht klug!" stieß er kurz und rauh, wie unwillig und grob hervor, als ob ihn jemand beleidigt hätte. „Ich weiß das nicht, aber " „Er ist ein kleiner unverschämter Kerl", erboste er sich ärgerlich weiter, „aber das hätte ich ihm doch nicht zuge traut. Sie haben ihn doch abgcwiesen?" „Nein ich " „Was? Sie haben ja gejagt? Florence!! Sie baben " „Ich habe weder das eine getan, noch das andere", fuhr sie heftig fort, „mein Gott, wie Sie gleich auf brausen! Hören Sie doch zu. Sie stellen sich das, wie mir scheint, für ein Mädchen in meiner Lage sehr ein fach vor." „Das ist auch einfach." „Nein! Das ist es nicht. Wenn ich ja sage, dann bin ich für mein ganzes Leben unglücklich, denn ich liebe Herrn Silvain nicht und er mich wohl auch nicht Er heiratet mich wohl mehr aus Eitelkeit als aus Liebe." -- „Also sagen Sie nein? Mein Gott, das ist doch höchst einfach." „Wenn ich nein sage", fuhr Florence weinerlich fort, „so habe ich Mama und alle Welt gegen mich, die es nicht begreifen kann, wie man in meiner Lage eine so reiche und gute Partie ausschlagen kann. Sie kennen meine Lage noch viel zu wenig, fuhr sie direkt in Tränen ausbrcchend fort, um zu wissen, was es heißt, wenn ich nein sage. Mama will mich los sein. Ich fühle es wohl, und wenn ich ihr einen solchen Strich durch die Rechnung mache, so wird meine Lage die beklagenswerteste, die Sie sich denken können." Er sich sich rasch um. Sie gingen gerade einen schmalen Waldweg entlang. Nirgends rührte sich etwas. Leise legte er seinen Arm um ihre Taille und zog sie sanft an sich. „Weinen Sie nicht, Florence", bat er leidenschaftlich, indem er mit der andern Hand ihr Gesicht zu sich hinauf wandte, ich kann es nicht sehen. Sie wissen nicht, was ich gelitten habe all' diese Zeit her, wenn ich mir vorstellte, durch welche harte und grausamen Schicksalsschlägc, durch welche widerliche Situationen, denen Sie so wenig gewach sen sind, Sie sich haben durchkämpfen müssen. Wie viele Tränen mögen Sie schon vergossen haben, die Ihnen andere ausgepreßt —" „Das weiß Gott!" sagte sie einfach und herzlich. „Das sollen Sie an meiner Brust nicht, Florence," fuhr er bitzig fort. „Ihre Mama will Sie los sein? Gut. Sie soll Sie los sein, von dieser Stunde, wenn Sie wollen. Werden Sie mein Weib, Florence, flüchten Sie sich aus der Welt, die Sie so grausam behandelt, in meine Arme und ich werde Kummer und Sorgen, Tränen und Trauer von Ihnen fern zu halten suchen, so weit das in menschlicher Kraft steht." Sic stieß einen kleinen schrillen Schrei aus, lehnte ihren Kopf an seine Brust und schlang ihre Arme um seinen Hals. „Andr6! Andrs!" rief sie, „Sie geben mich mir selbst. Sie erlösen mich, Sie befreien mich zu einem neuen Leben." Er zog sie fester an sich und küßte ihr wie in wilder Raserei Mund und Wangen. „Florence, meine Florence!" flüsterte er zwischen den heißen Küssen, noch heute spreche ich mit deiner Mutter. Sie ist mir verpflichtet. Sie darf mir nichts verweigern, auch dich nicht. Nichts mehr von Silvain. Schicke ihn nur zu mir, wenn er etwas will. Ich werde dem Bürsch chen schon Heimleuchten. Still, — still!" Es störte sie niemand, und als ob sie fürchteten, sich selbst zu stören, schwiegen auch sie. Nur heiße, leiden schaftliche Seufzer, rasche zuckende Bewegungen machten sich hörbar neben einem Finken, der nicht weit von ihnen in einem Busche laut und ungeniert schlug, als ob er Lärm machen wollte bei dem leidenschaftlichen, unbedach ten Ereignis, was er vor sich sah. Der Kutscher mußte lange warten und die kleine Her mann wurde ungeduldig, maulte und wollte nach Hause. Endlich kam Florence mit dem Vicomte Andrö zurück. Ter Spaziergang hatte ihr offenbar sehr gut getan, denn sie war heiter und guter Dinge, küßte Hermana anhaltend und heftig auf beide Wangen, gab ihr die süßesten Schmeichelnamen, so daß schließlich selbst das Kind über die übergroße Zärtlichkeit erstaunte und fragte ob sie in der Lotterie gewonnen habe. Sie lachte nur noch lauter und lustiger und sagte „Ja!" Tann fuhren sie wieder nach Hause, nachdem sie sich an, Triumphbogen vom Vicomte Andr6 getrennt hatten, was auch ein zeitraubender und verwickelter Vorgang war. Etwa eine Stunde später trat Florence in einer prächtigen weißen oder creme farbenen Toilette, mit Blumen im Haar und im Gürtel zu ihrer Mama ins Zimmer. ..Ah, Florence!" machte diese überrascht und erstaunt. „Ist Hipolyte schon da?" „Nein, Mama, es ist keine Rede von Hipolyte Sil vain", erwiderte Florence lustig n»d küßte ihre Mutter ans die Wangen. Aber Andrö, Pardon, Vicomte Andr6 de Saint-Bon, ist da, der mit dir in einer wichtigen An gelegenheit, die mich und ihn betrifft, reden will. Du kannst ihn doch empfangen?" Fast athemlos vor Staunen stand ihre Mutter auf und sah Florence einen Augenblick verständnislos an. „Andr6", sagte sie verblüfft, Vicomte Andr6 —" „Ja, ja, Mama", lachte Florence glücklich und mit leuchtenden Augen, „Vicomte Andrs. Es ist keine Rede mehr von dem kleinen Parfumerie-Silvain." „Und Andr6 kommt, um " „ Natürlich. Er will mich zur Frau haben. Da ist er. Guten Tag Andrs. Mama will's noch immer nicht glauben. Sag's ihr nur selbst." Vicomte Andr<< trat ernst und gemessen ein. Er war in Uniform und großer Gala. Frau de Blois konnte nicht mehr an dem erstaunlichen Ereignis zweifeln. Sic wollte es aucb gar nicht und war glücklich darüber. Kaum zehn Minuten später war alles in Ordnung. Man hatte fick cntsvrecbend aufgeregt, hübsche Redensarten gemacht, geherzt und geküßt — besonders das letztere — es konnte gar keine wirklichere und wahrhaftigere Verlobung geben. Mochte nun die Eifersucht Andres, die Florence keinem anderen lassen wollte, oder was immer die Ursache des raschen Entschlusses sein, oder mochte dieser Entschluß selbst schon lange im Geheimen gefaßt worden sein, kurz, Madame de Blois gab sich mit der neuen Ordnung der Dinge zufrieden und übernahm es sogar, der Madame Silvain als Antwort auf den Brief ihres Sohnes die Ver lobung Andres mit Florence mit dem Hinweis darauf bekannt zu geben, daß diese schon längst im Geheimen bestanden und nur mit der Veröffentlichung bisher ge zögert worden sei. Die Nachricht von der Verlobung des Vicomte Andrs mit Florence verbreitete sich in der Gesellschaft sehr rasch. Für manchen sogar zu rasch. XIV. Vicomte Andre kam an jenem Abend sehr spät nach Hause. Er fuhr kurz vor ein Uhr nachts vor der Gare
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