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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 04.05.1906
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1906-05-04
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19060504028
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1906050402
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1906050402
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1906
- Monat1906-05
- Tag1906-05-04
- Monat1906-05
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Von den wegen Landfriedensbruchs, Zusammenrottung, Widerstandes gegen die Staatsgewalt, Diebstahls, Hehlerei usw. angeklagten 80 Personen wurden neun zu je ein bis drei Jahren Zuchthaus und 20 zu zwei Wochen bis 18 Monaten Gefängnis verurteilt, während eine Person freigesprochen wurde. * Der Zar beabsichtigt den Grafen Witte zum Präsidenten des russischen Reichsrats zu er nennen. * Der internationale Kongreß für ange wandte Chemie beschloß in Rom, den nächsten Kon greß 1909 in London abzuhalten. ?olitlrae ragerram. Leipzig, 4. Mai. Gin« Rebe tze» Minister« Llemenccau. Der bestgehaßte Minister ist zur Zeit in Frankreich Elemenceau. Die konservativen und ultramontanen Blätter greifen ihn wegen drS angeblich entdeckten Komplotts ebenso heftig an, wie die radikalliberalen und fozialdemolratischrn, die aus ihn wegen seiner Haltung gegenüber den streikenden Bergarbeitern und wegen seine« scharfen BorgehenS gegen die Demonstranten de« 1. Mai wütend stad. Zu seiner Ver teidigung hat er in Lyon eine Rede gehalten, in der rr zunächst die Situation, die er bei Antritt seine« Amtes vor gefunden, schildert und sie grau in grau malt, um sich dann al- Retter d«S Kapitols in das gehörige Licht zu setzen. Elemenceau sagt- iu sein« Rede u. Die Schwierigkeit«» stad groß gewesen, al« die gegenwärtige Regierung in- Amt kam. Ede noch die Marokko-Koniereuz be endigt war, drohte die Inventarisation der Kirchen den Bürger krieg zu entfesseln. Offizier« empörten sich gegen da« Gesetz, und ihr« Richter sprachen sie frei. Am anderen Ende der sozialen Leiter brach der furchtbar« Au «stand lo«, im Dunkel» erregt durch die reaktionären Parteien, welche hofften, di« Republik durch Revolten zu stürzen, mit denen die reaktionären Mächte ihrer seits bald fertig zu werden hofften, wie, fahr Redner fort, eia in den Händen der Justiz befindliche« Schriftstück feststellt. Bürgerkrieg zur Rechten, Bürgerkrieg zur Linken, so stellte sich der derzeitigen Regierung die Lage dar. Uebrrgehend auf dir Au-ständr im Norden erinnerte Elemenceau an die von Zeitungen jeder Fär bung gegen ihn gerichteten Angriffe. Dir Urbereinstimmung der Angriffe von den beiden extremen Seite», sagt« er, zeigte mir, daß wir zweifellos die gerade Linie zwischen zwei Verirrungen einbalten. Er habe erziehlich auf den BolkSgetst einwtrkrn und dir Entfaltung militärischer Macht vermeiden wollen. Unglücklicherweise hätten schlechte Ratschläge da» Uebergrwicht bekommen, und rr sei gr- nötigt worden, Truppen Herbrizurusen. Der Minister protestiert dann gegen den Vorwurf, daß er den Offizieren ungenügende In struktionen erlrilt habe, sowie gegen den Borwurf, daß er die Frei heit des AuSstandrS verhindert habe. Die Unterdrückung der Unruhen sei notwendig gewesen; man müsse verstehen, den Arbei tern die Wahrheit zu jagen. Er weite mit Verachtung die Unterstellung zurück, daß das Komplott, mit dem sich die Gerichte gegenwärtig beschäftigen, eine Erfindung sei. Wenn der zu ständige Richter eine Untersuchung angeordnet habe, so zeige das, daß begründeter Verdacht bestanden habe. Man habe Schrift stücke entdeckt, au» denen sich ergebe, daß in Ueberrinstim- mnng mit früheren Anweisungen de« Herzogs von Orleans rin Plan für da» Eingreifen der antirrpublikantschen Parteien in die Arbeiterbewegung bestehe. Wenn die Reaktion vorgebe, daß sie an ein Komplott nicht glaube, so geschehe die«, weil sie sehe, daß ihr die letzte Möglichkeit schwinde, die Wähler durch ihre Machenschaften zu täuschen. Der Minister beklagte sich znm Schluß über die hier dargestellt wurde, so würde von seilen deS Schutz manns eine solche brutale Uebertretung seiner Befugnisse vor- liegen, daß ihm noch eine empfindliche Strafe zuteil werden müßte. Denn das Eingreifen der Schutzmannschast mit der Waffe muß bei derartigen Straßentumulten doch dort seine Grenze finden, wo an die Stelle deS Widerstandes die Bitte um Pardon tritt, pflegt man doch auch im Kriege, wo es sich um den Kamps gegen Feinde des Vaterlandes bandelt, diesen Pardon zu gewähren. Um wie viel mehr sollte das der Fall sein, wenn es zu bedauernswerten Straßenkämpsen mit eigenen Landsleuten kommt. — Es ist zu hoffen, daß diese traurige Affäre völlig geklärt und der schuldige Teil in gerechter Weise verurteilt wird. Haltung der vereinigten Sozialisten, welche die Radikalen bekämpften, erklärte, daß die radikalen Sozialisten die Arbeit der Reaktion besorgten und schloß mit der Hoffnung, daß der gesunde Menschenverstand der Wähler die begangenen Fehler wieder gut machen werde und mit der Ueberzrugung, daß die Wahlen einen Triumph der Republik bedeuten würden. Als Wahlrede machen sich die Ausführungen ElemenceauS ganz gut, ob er aber mit ihnen den gewünschten Eindruck aus die erbosten „Genossen" machen wird, di« gerade im Vertrauen aus die sozialiststchen Neigungen de« Minister« in jüngster Zeit gehörig über den Strang gehauen haben, ist recht fraglich. Er dürfte sie sich wohl dauernd zu Feinden gemacht haben, denn alle schönen Redensarten werden die Tatsache nicht au« der Erinnerung schaffen, daß Elemenceau es ge wesen, welcher durch seine energischen Maßnahmen sowohl die Unterdrückung de« so prächtig begonnenen Aufruhrs im Bergarbeitergebiet, wie auch da« Fia«ko de« schön inszenierten Maffeiertag« verschuldet hat. Die abgehauene Hand. * Bei den Straßentumulten, die am IS. April in Breslau stattgesunden haben, ist dem Arbeiter Biewald von einem Schutzmann die linke Hand abgehauen worden. Wie dies geschehen ist, darüber gehen die Berichte auseinander. Wäh rend von offiziöser Seite versichert wurde, der Arbeiter Bie wald fei einem Schutzmann in die Zügel gefallen, darauf habe dieser ihn über die Hand gehauen und die stark verletzte Hand sei dann später im Hospital abgenommen wordcn, wurde von sozialdemokratischer Seite behauptet, der Arbeiter sei völlig unschuldig das Opfer des Schutzmannes geworden. Er habe nicht einmal an den Tumulten trüge- nommen. Nunmehr wird von zwei Seiten au« die An gelegenheit weiter verfolgt. Vom Staatsanwalt aus wird der Arbeiter in Anklage versetzt als Teilnehmer an den Tumulten. Der Arbeiter Biewald dagegen hat seiner seits einen Schadenersatzanspruch gegen de» Breslauer Magistrat angemeldet. Er hat sich hierfür als juristischen Beistand den bekannten Justizrat Mamroth gewählt, der sich bei dem Entschädigungsanspruch auf das Tumultgejetz vom 11. Mai 1850 beruft, in dessen Z 1 es heißt: Fioden bei ezuer Zusoauneirrottvng oder einem ZuiLsnmev'nus« von Menschen durch offene Gewalt oder durch Anwendung der da gegen getroffenen gesetzlichen Maßregelungen Berchädigungrn de« Eigentums oder Verletzungen von Personen statt, so haftet die Gemeinde, in deren Bezirk diese Handlungen geschehen sind, für den dadurch verursachten Schaden. Ueber den Fall selbst gibt Justizrat Mamroth .in der „DreSl. Ztg." folgende Darstellung: Biewald stand an der Tür des Hauses, in dem er wohnte, da sah er eine Anzahl Schutzleute, in der offenen Absicht, die Straße abzupatroullieren, einderkommrn. Infolgedessen zog er, wie sämtliche übrigen an der Haustürr befindliche Personen, sich in da« Innere de« Hause« zurück, und einer der Hausbewohner zog die Haustür von innen zu. Unmittelbar darauf wurde sie jedoch durch einige Schutzleute von außen aufgestoßen, und die Schutzleute stürmten mit gezogenen Säbeln in das Haus hinein. Die meisten der in dem Hausflur befindlichen Personen fluchteten erschreckt nach hinten, dem Hofraum zu. Biewald lief nach der anderen Seite de« Hausflur». Bevor Biewald jedoch die Treppe erreicht hatte; erhielt er von einem der Schutzleute von hinten einen Säbelhieb über die Schulter und unmittelbar darauf einen zweiten über den Hinterkopf, so baß ihm das Blut herunterlies. Er bob bittend die Hände und rief dem Schutzmann zu, er solle doch von ihm ablassen, er sei ja ganz unbeteiligt, er sei Arbeiter bei Mende und wolle nur in seine Wohnung hinauf. Der Schutzmann machte trotzdem Miene, weiter auf ihn einzuschlaqen Biewald wollte deshalb die Treppe hinaus flüchten. Kaum batte er aber die ersten Stufen erstiegen, jo erhielt rr von dem Schutzmann von rückwärts einen Säbelhieb, der die linke Hand, mit welcher er das Treppengeländer erfassen wollte, glatt von dem Arm abschlug. Tie alsbald herbeigeruiene Feuer wehr legte dem Verwundeten einen ordentlichen Verband an, schaffte ihn nach dem Allerheiligen-Hospital und nahm auch die noch tm Hausflur liegende abgeschlagene Hand mit. Man darf gespannt sein, welchen Erfolg diese Er hebung des Ersatzanspruchs haben wird. Sollte sich aber der Verlauf der Angelegenheit so zugetragen haben, wie e- nicht überschreitet". Ziffer 3 erhielt den Zusatz: „Bei Kapi tulanten, welche auf Grund des H 1 Abs. 3 eine lebensläng liche Rente beziehen, ruht diese während einer Anstellun, oder Beschäftigung im Zivildienst, soweit das Einkommen aus dieser Stelle 2000 überschreitet." Der Rest des tz 36 wurde nach der Vorlage angenommen. * Alterspräsident Möllingcr -p. Der Alterspräsident drS Hessischen Landtag-, Lanbtaasabgeorvneler Möllingcr, ist uu 82. Lcbensiahre in seiner Hcimatgemeind« Pfeddersheim be Worms gestoiben. Der Verstorbene vertrat ununterbrochen 52 Jahre hindurch deu ersten rheinhesstfchen Wahlkreis im Landtage als Mitglied der nationallrderalen Partei. * Ein Nachspiel zur Stichwahl tm Eisenacher Ncichötags- wahlkrcisc. Bekanntlich haben bei der Stichwahl, die gelegentlich der letzten Reichstagswahl notwendig wurde, Slraßentumuste stallgefunden, bei denen dre Polizei auf Verordnung der Regierung hin eingriff. Diese Maßnahmen wurden von dem Vorsitzenden des Verein« der Freisinnigen Volkspartei Stadtarzt KürbS seiner Zeit abfällig kritisiert. Darauf wurde gegen Dr. KürbS vom Ministerium rin Verfahren eingeleitet, da-, wie uns ein Privattelegramm aus Eisenach meldet, heute zu einer Verurteilung deS Angeklagten zu 200 Geldstrafe geführt hat. * «cfamtverband Deutscher Metakltndustrieller. In der Versammlung deS Gesamiverbandes Deutscher Mrtall industrieller vom 2. Mai haben von den 28 vertretenen Verbänden 26 beschlossen, die Verbände Hannover, Braunschweig, Dresden, Breslau, Frankfurt a. M. und OstsrieSland durch ArdeiterauSsperrungen zu unterstützen. Losern die Arbeiter der angegriffenen verbände inner halb einer in den nächsten Tagen sestzusetzendev Frist die Arbeit nicht wieder aufnehmen, ist demgemäß mit Entlastung von Arbeitern der Metallindustrie in großem Umfange zu rechnen. Eine Kommiisiou des GesamtverbandeS hat vor der Versammlung die Arbeitsbedingungen, insbesondere auch die Löhne und Arbeitszeiten geprüft und befunden, daß sie keinen berechtigten Anlaß zu den Ausständen in den obeu genannten Verbänden gegeben haben. * Aahrkarteuftcuer. Der Zentralverband Deutscher Handlungsagenten-Bereine s»t an den Reichstag eine Em- MchM» gerichtet und HebetenM asiru Anträgen, welche durch Einführung einer Fahrkariensteuer in der Gestalt von kilo metrischen Zuschlägen zu den Fahrkartenpreisen eine Ver teuerung de» Reisen» herbeiführen, die Zustimmung zu ver sagen. Der Zentralverband führt in der Eingabe au«, daß der Stand der Handelsagenten, welcher zum großen Teil eine ausgedehnte Reiletäligkeit ausllbt, durch drrartige Verteuerungen ganz empfindlich geschädigt werden würde. In sehr vielen Fällen trägt der Agent selbst die Reise spesen; er würbe also für leinen Gejchäft-betrieb erhebliche Mehrausgaben aufzuwenden haben. In anderen Fallen, wo die Reisespesen von den vertretenen Häusern getragen werden, ist zu erwarten, daß diese sich veranlaßt sehen, die Reise tätigkeit ihrer Vertreter einzuschränken, wodurch den Agenten stand mittelbar bedeutende Verluste treffen würden. Da zu gleich der gesamte Warenabsatz geschädigt werden würde, so Hal auch der gesamte Handel und die Industrie ein Interesse, gegen eine Verteuerung des Reisen- Einspruch zu erbeben. Außerdem hat der Zeatralverband noch an den Bundesrat eine Eingabe gerichtet und diesen gebeten, etwaigen Beschlüssen des Reichstages in erwähnter Richtung seinerieils seine Zustimmung zu versagen. " Kleine politische Nachrichten. Der Kaiser hat dem früheren Gesandten in Tanger Freiherrn von Mentzingen an läßlich seines Scheidens aus dem Reichsdienst den Charakter al- Wirk!. Geh. Rat mit dem Prädikat „Exzellenz" verliehen. — Die Sladlverordneten von Stettin genehmigten den Plan de» Magistrats für den Ausbau des Freihafens und bewilligten l 239 500 als erste Rate. — Die in Karlsruhe wohnenden, bisher dtätenlosen Abgeordneten des badischen Landtages sollen künftig 6 Diäten, die Hälfte d«S Satzes der auswärtigen Abgeordneten, erhalten. Die Beziimmung wird, falls die Vorlage der Negierung die Zustimmung der Landständ« findet, in der laufenden Tagung rückwirkende Kraft erhalten. Deutsches Keich. Leipzig, 4. Mai. * Tee Kaiser beim Reichskanzler. Zu dem bereit» ge meldeten Besuch de» Kaisers bei Fürst Bülow werden noch folgende Einzelheiten berichtet: Der Kaiser fuhr mittags gegen 5 Uhr, von Döberitz kommend, beim Palais vor. Im Vestibül wurde der Monarch vom Fürsten und der Füriliu empfangen, die ihren hohen Gast in die oberen Gemächer geleiteten. Der Kaiser verweilte dort gegen eine Stunde, anfangs im Beisein der Fürstin, später mit dem Fürsten allein in längerer Unterredung. Beim Abschied geleitete der Fürst den Kaiser bis zum Wagen. * Aus Deutsch-2üdwcstafrika. Wie der „L.-A." mitteilen kann, vermag der Oberkommandierende der Schutztruppe in Deutsch-Südwestafrika Oberst Ohnesorg infolge Ertränkung augenblicklich seine Dienstgeschäste nicht zu versehen. Sollte ihn sein Gesundheitszustand zum Rücktritt zwingen, so bürste als Nachfolger in erlter Linie Oberst Deimling in Betracht kommen, der sich auf dem südwestafrikanischen Kampsgestlve al« tapferer Führer bewährt hat und im Reichstag mit großer Gewandtheit für die junge Kolonie eingetreten ist. * In der vupgetkommtssiou de« Reichstages wurde gestern in der fortgesetzten Beratung des MannschaftS- .>ensrop.4atieztes bei deu Paragraphen 27 und 28, die itom Verfahren der Rentenfestsetzung handeln, die Zulassung weiterer Beweismittel und eine Verstärkung der Rechts garantien des Verletzten empfohlen. KriegSminister v. Einem legte dar, die Beschädigung werde in die Papiere aus genommen; stell« sich eine Dienstbeschädigung heraus, so werde dir Rente festgesetzt und ihm das mitgeteilt; sei der Verletzte nicht damit zufrieden, so gebe er dies bei seiner Entlassung zu Protokoll und könne nun alle Beweismittel benennen. Hieran schlössen sich die weiteren Verhandlungen. Ebenso habe er nichts gegen die Anregung von Dr. Mugdan, die Bestimmung zu streichen, daß der Grad der Erwerbsunfähigkeit von den Mi litärbehörden auf Grund militärischen Gutachtens frstgestellt werden solle. Diese Worte seien allerdings entbehrlich. Die beiden Paragraphen wurden demgemäß angenommen. Zum tz 29 wurde die Besummung gefügt: „Die Entscheidung muß die Bezeichnung der für den Einspruch zuständigen Behörde sowie die Belehrung über die einzuhaltende Frist enthalten." Im § 30 wurde die Bestimmung, daß für die Bewilligung eine Veränderung, „insbesondere in dem Körperzustande", maßgebend sein soll, gestrichen und ein Antrag Dr. Mugvans angenommen, welcher den Fall „der Anmeldung eines höheren AniprucheS" besonders betont, tz 36 zählt die Fälle aus, in denen das Recht auf Rente ruht. Dabei wurde die Vorschrift, daß bei Aufenibalt deS Rentenberechtigten m einer Kranken-, Heil- oder Pflegeanstalt die Rente der Familie ganz oder teilweise gewahrt werden kann, in eine Mußvorschrift umgewandelt. Ziffer 4 erhielt nach einem Zentrumsaiilrag die Fassung: „Das Recht ruht neben dem Bezug einer im Zivildienst verdienten Pension insoweit, als die Zwilpension mit der ungelürzten Rente zujammengerechnet den Höchstsatz der Zivilpension der zuletzt innegehabten Stelle Feuilleton. Dunkel ist so unck für sich das Universum, und das Dicht darin geht nur von den glüneencken Kugeln aus, eile wir Sterne nennen; dunkel ist such von Ueund nur di« fläeoschenseele, ein ebenso gross« Universum wie das (llellail; such in ihr kommt d« Dicht von den Sternen, und deren gibt es viele und sehr schüne. 3»«de. Lugenle. Die Herrscherin der Franzosen, Donna Eugenia de Guzman, -weite Tochter des Grafen von Montijo und Teba, Herzogs von Pennaranda, und der Schottin Marie Manuela Kirkpatrick, bat das Alter von achtzigJahren erreicht. Trei- unbdreißia brachte sie in dumpfer Wttweaschaft bin. Sie hat den Baron Alphonse Rotichüd, der einäugig Millionen bewachte, und den Genrraladjutanten Pierroa überlebt. Mac Mahon, Trochu, Palikao und Bazaine sind vor ihr gestorben, Espinasse und Persigny, Rouher und Brcimont, der Graf Walewski und der Herzog von Morny, der Halb bruder de« dritten Napoleon, der frivolste Präsident der gesetzgebenden Körperschcfft. Nur das Opfer seiner Speku lationen mit Jecker, dre Kaiserin Charlotte von Mexiko, lebt noch in Jrrsinn-nacht auf dem Schlosse Bouchoute, und Herr Emile Ollivier vom „Empire lib-ral" schreibt seine Bände. Die Gräfin Eugenik von Pierrefond-, wie Lulus Mutter sich genannt hat, ist im Sommer, vor Wilhelm II-, in Kopenhagen gewesen; dann hieß e-, sie sei erkrankt. Im Winter war sie in Pari- zu Gast, al» Dame in Trauer. Sie ließ sich »um Rrbenportal de- HStel- Tontinental hinau-geleiten, ging durch den Tuileriengarten, woselbst ein Gendarm ehemals das Pflücken von Blumen ihr verboten bat, ging über den Karusselplatz, um das Monument Gam- bettas herum. Sie sah zum Giebel des Louvre empor, zu Napoleons einziger Statue, und stieg in ein Coups, das ihr durch den trüben Morgen folgte. Einst war über ihre Tage die unmäßige Helligkeit des Korsos zum Bois de Boulogne ergossen, dessen Schilderung Zola kür seinen Roman „Dn Oui-L«' den feineren Künsten der Goncourts und der Pleinairistengeneration abgelauscht hat. Bankette, Theater, und Lupanare forderten mit Kerzen, glanz heraus. Die Zeit war lasziv wie Offenbachs Refrains, plebejisch wie James Notschild. Der Seine präfekt Haußmann riß das alte Paris nieder und schuf die großen Boulevards. Die gläsernen Magazine der Jaluzot- sippe schossen empor. Die parlamentarische Maschine wurde von seilen Geschöpfen oder von schwatzhaften Catonen prompt gehandhabt- Die kleinen Sparer deckten die Anleihe für den Suezkanal, dessen Terrain der Ingenieur Ferdinand von Lesseps durchstochen hatte. Der „proupiou", der rot behoste Infanterist, wurde draußen in China und Veracruz herumgeiagt oder spazierte über die Schlachtfelder von Magenta, Solferino, Inkerman und die Schauzen von Sebastopol. Alles gedieh auss beste in der besten der „plebiszitären" Monarchien. Jedoch die italienischen Ver- chwörer hatten sich eingrschlichen und durch Orsini- Attentat den Sohn der Barrittiden erschreckt, di« überwältigten Republikaner, die RaSpail und Thier», ihre Fäuste geballt Victor Hugo hatte auf Guerneiev mit den unglaublich platten und unglaublich erhabenen „ChstimentS" die Bran dung überbrüllt, der Graf Henri Nocbeiort, dessen Teusel-- bart noch nicht weiß war, pfiff in den W'ttausstellunqS- trubel, der Verfasser der „Rougon-Macquart" entwarf seinen groben Plan. Hundert Zeugen haben inzwischen von diesen Stimmungen erzählt, Chronisten wie de la Gorer, dr Lano und Giraubeau, Mimen, erfahrene ^«itgenolsinnea der Damen Anne Judic, Hortense Schneider, Vlancbe d Antigny, Tora Pearl, Theresa, und noch jüngst «in kluger Diplomat au- dem alten Europa, der Gras Joseph Alexander von Hübner, der bi» 185S Oesterreich» Botschafter in Pari« war und von Napoleon mit der historischen, den Krieg anzeigenden Neujahrsansprache geehrt wurde. In seinen Erinnerungen sdie der Berliner Verlag Paetel in zwei Bänden veröffentlicht Hai) spricht ein Fremder von Distinktion, dem der Rausch niemals zu Kopfe stieg, der über die verfänglichsten Takte der „vslss canaills" hinweg gleitet. In welken Anachronismen hielten das erste Kaiser reich und die Restauration sich wach. Die Fürstin Lieven hatte noch ihren politischen Salon. Die Fürstin Bagration empfing, aus ihrer Ottomane hingestreckt, in Gazeschleiern, im täuschenden Zwielicht hinter schweren, gelben Vorhängen, und die Marquis und Marauisen, die Grafen und Grcüinnen aus dem Faubourg Saint Germain vereinigten sich zu hoch mütigen Tiners. Aber in den Tuilerien drängte sich um die Kaiserin eine neue Gesellschaft, i» der die ungraziöse Frau Fould, die Gattin des jüdischen Ministers, die Haupt rolle spielte. James Notschild nahm vertraulich den Arm des Kaisers, der Lärm von Militärkapellen Hrach sich, wenn der Ho^im Boirrboneniblosse von Fontainebleau war, an der edlen Schönheit der Plafonds. Kavaliere führten nicht bloß die Lanciersauadrille, sondern auch Hanswursttänze und die skandalisierende Drehorgel ein. Die Kaiserin begeisterte sich mit den Polinnen für die Mysterien des Tischrückens, für das Medium Hum« und die schlüpfrigen Predigten des PaterS Ventura. Die beiden Napoleoniden Graf Walewski und Prinz Pionpion beschimpften sich vor vielen Ohren, der Marschall Pelissier sprang angesichts der Ladies vom Jagd wagen, und folgte, „in eonepscftu Llajssiat»" und der Kaiserin, bei einem Baum dem Gebot der Natur. Ganz wie in „Da Our6o" erfand man die lebenden Bilder, in denen nackte Weiber vor den von schwülem Hauch betroffenen Ball gästen etwa die „Quelle" des Maler- Ingres repräsentierten. Ehe die Nana« und ihre Theater ihr Werk verrichteten, war de» Bonaparti-mu- Vaudevillemuse die kleine Göttin DDazet. die Nase und Bein emporwippte, seine tragische Mus« di« Rachel, Mornvs Löwin, die >n der ComSdi« Franyais« 1818 die Marseillaise, 1852 Abwandelungen de» »Heinas Da» Kaiserreich ist der Friede" mit Glut dekla mierte. Und die „Kameliendame" stellte die Sozialmoral eine» Lande» vor, da- einem Abenteurer und seiner allzu eitlen Partnerin in die Hände siel. EugenienS Gatte ist kürzlich als „XepolSon Is Lou" augeredet worden; denn die Gegenwart sucht die geraden, barten Linien des Verhängnisses durch bas Mitleid mit den Unterlegenen zu fälschen. Mitleid aber ziemt gegenüber dem Neffen des Korsen nicht, der durch den „Tag der Paletots" die Gewalt sich stahl, ohne sie zu bewahren, der in den Wolken schwebte wie die von Wind und Regen beschädigte- Figur seines Oheims, als dessen Uebergang über den Sankt Bernhard 1852, am Namenstag des Präsidenten, ein Monstrefeuerwerk illuminieren sollte. Als er ein paar Monate den Thron behauptete, hat er aus einem Ball seine Tänzerin verlassen und den Vertreter Oettcrreichs mit sinn st sen Drohungen überhäuft. Er hat die Opferung dc> Kaisers Maximilian von Mexiko verschuldet, den Krim- krieg geschürt, den italienischen Krieg durch seinen Bund m?. Ccvour, den Krieg mit Preußen durch den Fatalismus una den Ehrgeiz heraufbeschworen, die sein Erbteil waren. Zum Putschisten von Rom, Straßburg, Boulogne und Ham wurde er durch seine Mutter, die Königin Hortense. Noch als morscher Mann, als seine wässerigen Augen schwer waren, Hal er gern durch seinen Schnurrbart und seinen Knebelbart Bravour markiert. ES ist bekannt, wie dieser Haltlose, den die Hörer seiner Reden bald als „Schweizer", al- Kirchenportier, bald als „Sphinx" bespöttelten, zur Heirat mit dem Fräulein von Montijo gelangte, wie er vor bei überall sich bewarb, in Madrid um eine portugiesisch« Infantin, um eine Prinzessin Wasa. Ueberall wies man ibn ab Di« Ehe war der Schritt eines Enttäuschten, Ge- demütigten. Liebe beseelte ibn nur, wie sie in vielen Fällen beseelt bat, bei der reichen Miß CouttS, bei der Tastialione oder bei jener Luldin, deren Witzwort über den Pascha im Tagebuch der Goncourts steht: „8i js lai »vais j, serui» impSrstriov!" Donna Eugenia bat ihm widerstanden. Sie ist mit ihrer Mutter, der Gräfin Montijo, die »c.ch der Trauung so schnell weggeschickt ward, daß das Volk lachte, erstmal- am 21. November 1852 aus dem Ball in Saint Cloud erschienen. Am 7. Januar 1853 flüsterte man bei der Fürstin Lieven, sie werde Kaiserin, und al» am 12. Januar Madame Droupn d« Lhuys sie von den Tabourets der Mintsterfraue«
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