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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 27.10.1894
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1894-10-27
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18941027019
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1894102701
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1894102701
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1894
- Monat1894-10
- Tag1894-10-27
- Monat1894-10
- Jahr1894
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^l s^—. Diwew tsgliche Kreuzbaadleadu», in» AM«»: «—Li» ^l 7.Ü0. Ledutts« «d Lr»editi,>: Jatz«»»e«,«sse 8. Filißle«: VW Mmmn's Dartt». (Rlfre» HaH»d Unwersitütlstraße 1. Lonts Lüsche, Gckhoeliivsli. 14. -art. und K-ala-platz D, ^55«. Morgen-Ausgabe. WpMcrTaMM Anzeiger. Organ für Politik, Localgeschichte, igandels- und GeschSftsverkehr. Sonnabend den 27. October 1894. Anzeigers-Preis die Sgespaltme Petitzeile SO Pfg. Reclamea unter demRedactioutstrich (4 a»' spalte») 50-4, vor den Famtlianlechrtchk» («gespalten) 40-4. Gröber« kchristen la»» «irre« Preis» vrrtzetchuiß. Tabellarischer uv» Ztssämsatz »ach höher«, Tarts. Extra-Beilage« (grfal^), »«, nck» d« Morqen-Au-aabe, oh»e Postdes-rderuug 60.—, «I» Poftbefsrdeeua, 7V.—. Äa»ih«schl»ß fiir Änzngeu: «beud-Ausgabe: vormittags 10 Uhe. vlorge »»lusgabe: Rachmittag« 4 Uhr. Svun- »nd Festtag« früh Uhr. Bei de» Filialen und Annahmestelle» je eia« halb« Stund« früher. Vl»»etge» stad stets « die Egpetzttl«» »» richte». Druck and Verlar, »o» L. Pal» in Leipzig 88. Jahrgang. Zur gefälligen Beachtung. Unsere Expedition ist morgen Sonntag, den 28. Oktober, Bormittags nur bis /,v Mr geöffnet. LxpväMon üvs L,etprh?er ^LxedlLttes. Amtliche Bekanntmachungen. Bekanntmachung. Zur Vermeidung weiterer verkehrtftörunge» machen wir bekannt, baß an »en Hauptmarkttagen, i» der Zeit von früh 4 bi« 8 Uhr und Nachmittag voa 1 bi« 2 Uhr, Nir Markt hatzenssratze und der »wisch« der Markthallen, und «urprinzstraße gelegen« Tbeil der Brützerstraße für de» »urch^»en»cn Fährverkehr gesperrt wird. Di«j«ni-rn Geschtrrr, welch« a» dirfrn Tagen au die Markthalle «fahren wollen, baden di« Markthallrnstroße nur voa dem König«. Platz (Mudmühlenstroße) u»d di« Brüderstroße nur von d«r Kurprinz, straße au« zu befahr«. Leipzig, am 24. Oktober 18S4. H 10997. Der Rath »er Eta»t Lripzis. vr. Georgi. Stahl. Bekanntmachung. Uuter Aufhebung unserer unter dem 4. September dieses Jahres erlast«« Bekanntmachung verfügen wir hiermit, daß »er am Schutzenhose vorübrrführrn»e Fahr«« «ach Leutzsch, soweit er im Stadtbezirke liegt, künftig »nrch Lastfuhrwerke t» be- Ia»rue« Zustande uicht mehr befahren werden darf. Zuwiderhandlungen werd« gemliß 8- 368,S des Reichs-Ktraf- Grsetz-Buchet geahndet werd«. Äipzig, am 24. Oktober 18S4. Der Rath »er Statt Leipzia. IX. N879. vr. Georgi. Stahl. Fel-- und Wiesenverpachtung. Folgend« der Stadtgrmeiud« ««hörig« Grundstücke m »er Flur Leipzig 1) Abthl. 2 der sog. Lounewitzer Bauerwiesr» von 8 Acker 263 lD R. - 1 du 59,16 », L) Abthl. 21 der sog. Ranstüdter Viehweide, rechts vom Leutzscher weg«, voa 8 Acker 221 L> R. — 2 tu, 6,80 », tu »er Flur Leutzsch von den sog. Frauenwiesea 8) Abthl. 1 von S Acker 56ÜR.-5b» 8.46», 4) . 2.7 . 156 LäR. — 4 - 16,17 . FlSchrogehalt sollen Dienst«,, »e« S« ». «t». varmittag« 11 Uh, im alte» Valizeiamtsgebäu»», Reich« straße Rr. S, 1. Ober- «eschotz, Zimmer Nr. SS, und zwar datjeuige unter 3, zur Feld- wirthschast und diejenigen uuter 1, 2 und 4, zur Gra«., Heu- uad Bruinmetnutzung, mit Au-schluß j«d«r aaderrn Bruutzungtweis« vom künftig« Jahre an di« wiese uuter 1, auf 6 Jahre bis mit 1900, die Grundstücke uuter 2—4, aus 9 Iah« bis mit 1908 an die Meistbietentzen verpachtet werden. Die Versteigerung«, und Berpachtung-bedinaungen, sowie die betreffenden SituationspISae liegen i» der Geschäitsstelle »aserer Oekonomie-Jnspection, Johannitplatz Rr. 10, zur EinsichMahm« aus. Leipzig, am 19. Oktober 1894. Der Rath der Stadt Leipzig Id. 888. 3659 vr. Georgi. Krumbiegel. Der städtische Lagerhos in Leipzig lagert Waareu aler Art zu billigen Tarifsätzen. Die Lager» scheine werd« voa den meisten Bankinstitut« beltehen. Leipzig, d« 26. April 1894. Di« Teputatian zu» Lagerhafe. Versteigerung. Die durch Bekanntmachung vom 19. d. M. für Montag, dm 29. Oktober, 11 Uhr vormittag«, im Hofe de« Postgrundstücks in der H»«Vitalstraß« 4, 6, 8 angesetzt« Berstetgernng abgängig ge» wordener Einrichtung«gegenstönde und Bautheile stndet nicht statt. Leipzig, 25. Oktober 1894. Kaiserliche» Pastamt 1«. Orhm«. vr. A/M^zm. 1894. »eldnna vorzustg«. Es werd« Ist. Lebmöiahre augmommm. Aufgebot. Der Apotheker I. L. Broch« in Raumbnrg a/S. als Eigen« thümer des daselbst Herrrustrah« Rr. 2 gelegen«, im Hausgrund» buche von Raumburg a/S. Band I Blatt 25 verzeichneten Wohn» banse« nebst Zubehör hat da« Aufgebot der in Abthrilung III de« bezeichneten Grundbuchblattes »ater Rr. 4 »mH eingetragen« Rest. 1) 8000 Thal« rückständige Koufgelder auf Grund desKaus- Vertrages vom 80. Oktober 1844 eingetragen uad an de» Kaufmaaa Bernhard Söller i» -ambarg abgetreten, 2) 6000 Thaler rückständig« Kausgrlder an« derselb« Ur- ku»d« ringrtrag« uad an di« u»vrr«h«ltcht» Auua Soll« in Laubaa abgetrrt«, beaukagt »nd di« Tilgung dies« Post« tafolg« vo» Hinterleg»», voa Eapttal »»d Zi»s« bescheiuigt. Da di« Inhaber d« «nannte» Pofst» ihr Lersügu»a«ncht »icht »achgewstsr» haben, so »erden all» u»b«kan»t»n Berrchttgst, aafarfordert, ihre Ansprüche spätestens in dem auf d« 1». Februar 189», Norm. 19 Atz, vor d«m »nterzeicharsta Gericht, Zimmer Rr. 48, aaberauatte» Termt»« anzimwld«», »idriarufalls st« mit ihr« Ansprache» aaf di« bezeichnet« Postim werde, «sgrschlofs» »nd dst Pofst» im Gruudbuch« gelöscht Werd«. Ranmbnr» chG., 19. Ortvber 1894. «ni,»ich«« Amtsgericht. Städtische Höhere Schule für Mädchen, Dst Anneeitzmeg von Schierst««, dst »» Osten» 1890 in dst Löben Gchnst für Mädchen eintnten soll«, nehme ich an d« Rücktritt des Grafen Caprivi? * Schon im Laufe des Nachmittags ging uns au- Blankenburg am Harz die befreiudlichr Nachricht zu, der Kaiser habe wegen „wichtiger RegierungSangelegen- hriten" plötzlich sein Eintreffen zur Hosjagd abgesagt. Diese Absage ließ darauf schließen, daß irgend ein unvorher- gesehene-Ereizniß eingrtreten sei. Nachdem aber die sogenannten Capriviossiciösen — die allerdings zum größeren Theile dem Grafen Caprivi grllndlich verhaßt sein mögen — mit der größten Bestimmtheit versichert batten, dieser bade für die Grundzüge seines „Aktionsprogramms" zur Bekämpfung der Umsturzbewegung die Zustimmung des Kaisers erlangt, waren wir auf alle« Andere eher gefaßt, al« auf die telegraphische Meldung aus Berlin, eS verlaute daselbst, Graf Caprivi habe im Laufe de« Nachmittags den Kaiser um seine Entlassung gebeten und sein Gesuch sei bewilligt worden. Auf telegraphische Nachfrage über die Entstehung und die Begründung diese« Gerüchtes ist bis jetzt eine Antwort noch nicht eingetroffra. Wir find also nicht in der Lage, unsererseits eine Antwort zu geben. Daß etwas Wichtiges und Unvorhergesehene« in Berlin sich ereignet haben muß, ergiebt sich, wie gesagt, aus der plötzlichen Aenderuag der ReisediSpositionrn des Kaisers. Sollte aber wirtlich Graf Caprivi zu einem Drmissionsgesuch« sich entschlossen und sollte der Kaiser dieses Gesuch angenommen haben, so müßten entweder die Capriviofficiöscn in unerhörter Weise ge logen haben, oder es müßte in den Berathungea de« Bundesraths, zu denen bekanntlich die meisten stimm führende« Minister der Eiazelstaaten in Berlin eingetrvffen find, eint Stimmung zu Tage getreten sein, die den Grafen Caprivi überzeugt hätte, daß sein Aktionsprogramm, obgleich er für die Grundzüge drsselbrn die Zustimmung de« Kaiser« gefunden, im BundeSrath« keine Aussicht auf Billigung finden werde. Der letzteren Annahme widerspricht die uo« telegraphisch übermittelte Meldung der „Voss. Ztg.', in der gestrigen Sitzung der stimmführenden Minister sei e- zu einer all gemeinen Verständigung über die parlamentarische Lage und da« Vorgehen de- Reichskanzlers gekommen; weitere Berathungen würden daher nicht stattfindeo. Aber da diese Meldung in einem Blatte erscheint, da- Stimmung für den Grafen Caprivi und sein Aktionsprogramm zu machen sucht, so laßt sich ein sicherer Schluß auf dies« Meldung nicht bauen. UrbrigrnS widerspricht ihr eine Zuschrift, dir, »st man uns telegraphisch au« Berlin meldet, der »Verl. Börs.- Ztg." zugeht und folgendermaßen lautet: „Mit Recht ist man auf da« Resultat der Minister besprechungen gespannt. Bei Zetten sei darum bervor- gehoben, daß man nicht zu weitgehende Hoffnungen hege. Es darf heute offenbart werden, warum Graf Caprivi ursprünglich -ege» eine Reichsaction war. Thatsächlich hatte er sie von vornherein ins Auge gefaßt; bei einer Um frage kamen jedochau« einzelneaBunde-staaten Antworten zurück, welche eine solche Fülle von Vorbehalten aufwiesen, daß der Reichskanzler der Ansicht war, etwa« Ersprießliches sei von Preußen allein zu erwarten. Später wurde dst Frag« der Action von Reichs wegen dennoch wieder ausgenommen» weil sie nicht zu um gehen war. Und die früheren Bedenken einzelner Bundes staaten waren mit eia Grund dafür, den Monarchen zu bestimmen, der Auffassung de« Grafen Caprivi seine Zustim mung z« geb«, da eia Gewinnen aller Bundesstaaten für schärfere Gesetzesvorschläge überhaupt ausgeschlossen schien und man ein Zurückweisen einer Präsidialvorlage durch den Bunde-rath unter allen Umständen vermeiden wollt«. Die« war der Grund für dea Grafen Eulen burg, seinen Entwurf zurückzuziehea. Aber dst An- gelegenheit nimmt, wie sich gestern zeigte, bei den Minister» brsprrchungeu nicht den glatten Verlauf, den «au er wartete «ad erhoffte. Bayern ist noch immer gegea «in Borgehra voa Reichswegea, hält, wie die bayerisch« Minister gestern erklärten, sein vrreiusgesetz für völlig ausreichrad und stimmt einem Reichs - Berrmsgrsetz nicht zu. Niemand wird verkenne», daß dies riae überaus fatal« Perspectiv« eröffnet «ad von parricularistischen vrlleitite» aicht fern« ist. Indessen find ja di« Minister» brsprrchuu-ea au« dem Grunde eingeleitet Word«, um eine» Modus zu find«, der alle Theile gleicherweise befriedigt, alle Empfindlichkeiten schont und zu dem erwünschten Endzie deaaoch führt, sei es auch auf de« Wege der Zugeständnisse und Modifikation«.' Äst diese Darstellung richtig, so wäre es »icht unmöglich, daß Graf Caprivi bei den stimmführenden Ministern der Bundesstaate» »icht einmal für sein« sehr gemäßigt« Vor schläge Zustimmung gefunden hätte. Ja diese« Falle ab«, würde mau sich auch darauf gefaßt machen müssen, daß »icht nur Graf Caprivi, sondern auch der mit sei»« Vorschlägen »och weiter gehend« pr«ßisch« Ministerpräsident Gr» Culeuburg di« Zeit für gekommen hielte, zurückzutreten Und thatsächlich geht uns soeben au« Berlin die folgende Depesche zu: 6. II. Berit», 26. Oktober. Ein Extrablatt der „Nationalzeitung' meldet» daß nicht nur der Reichskanzler Gras Caprivi, sondern auch der preußische Ministerpräsident Graf Gülen»»,» um seine Entlassung gebeten habe uad baß bei»« Gesuche genetzmigt worden seien. Diese Nachricht macht eS auch verständlich, daß da- Hirsch'sche Telegrapbraburrau meldet, es verlaute, der preußische Finanzminister Vr. Miguel sei zum Reichs kanzler ernannt worden. In eingeweibten Kreisen ist es längst bekannt, daß Herr vr. Miguel rin Gegner scharfer Repressivmaßregeln gegen die Umsturzbewegung ist und Alle« von socialen Reformen erwartet. In dieser Hinsicht wäre er allerdings der rechte Mann, der sich mit den Einzel staaten, denen selbst da- Caprivi'sche Aktionsprogramm zu charf und schneidig erschiene, zu verständigen vermöchte. Aber das Alle- sind nur Vermuthungen, dir durch neue Meldungen über den Hausen geworfen werden können. Jedenfalls aber liefert der Umstand, daß trotz der Meldungen der Caprivi ofsiciösen von einem glänzenden Siege de- Grasen Caprivi über den Grasen Eulenburg so alarmirende Ge rüchte entstehen konnten und der Kaiser sein Reiseprogramm plötzlich ändern mußte, den überzeugenden Beweis, daß die Lage eine sehr kritische ist und einer Lösung- mit Gewalt entgegendrängt. Wir haben jedenfalls nicht zu schwarz gesehen und gemalt, wenn wir wieder und wieder auf «ine heillose Zerfahrenheit hingewiesen und da- Fehle» einer festen Hand beklagt haben, die in einer Zeit allgemeiner Gährung wenigstens die in den Einzelstaaten leitenden Geister einem gemeinsamen Ziel« zuführen konnte. Hätte Gras Caprivi trotz seiner Billigung der Grundzüge seines AclionSprogranimS doch den Kaiser im Bundesrathe FiaSco gemacht und müßte ihm sogar Graf Eulenburg bcim Rücktritte folgen, so wäre die Lage noch ungleich bedenklicher, al- wir befürchtet haben. DrS künftigen Reichskanzler« wartete eine noch schwerere Auigabc, al« sie de« Grafen Caprivi wartete. Deutsches Reich. u Berlin, 26. Oktober. Wenn zum Beweise für die Behauptung, daß es nicht nöthig sei, mit Maßnabmen gegen die Umsturzbestrebuugen vorzugeben, immer wieder darauf hingewiesen wird, daß die Socialdemokratie sich in der Entwickelung zu einer bürgerlichen demo» kra tischen Partei befinde, so muß immer von Neuem entgegnet werden, daß diese Anschauung irrthUmlich ist. Di« Socialdemokratie giebt sich den Schein maßvollen Auf tretens nur, um dir Zahl ihrer Anhänger zu vermehren. Im Urbrigen ist sie selbst, wenn sie aufgefordert wird, Farbe zu bekennen, offen genug, ihren revoluiwnairen Charakter rinzu- grstehen. Wer da« officielle Organ dieser Partei liest, wird auch wissen, daß derartige Bekenntnisse mehrfach erfolgt sind. Es ist in der Politik schon ein Fehler, dem vom Gegner geflissentlich verbreiteten Schein zu trauen, geradezu leichtfertig aber würde die Handlungsweise sein, die davon ausginge, daß der Socialdemokratie der Charakter einer Rrformpartei zukomme, während diese selbst sich als revolu- tionaire Partei bezeichnet. Neuerding- glaubt man nun für dir günstigere Auffassung vom Wesen der Socialdemokratie die Verhandlungen de- Frankfurter socialdemokratischen Partei tage« in« Feld führen zu können. Man macht darauf auf merksam, daß die Führer der Partei recht eifrig bemüht gewesen sind, ihre Gehälter auf ter jetzigen Höhe zu erhalte», daß sie bei anderen Parteien und in anderen Verhältnissen sich lange nicht so gut stehen würden und schon deshalb danach trachten müßten, die Zustäude möglichst lange so zu erhalten, wie dieselben jetzt find. Vorausgesetzt, dieser Schluß sei richtig und die jetzige» Führer der Socialdemokratie seien persönlich nicht gewillt, einen revolutionairen Umsturz herbei- zusühren, so ist damit noch lange nicht bewiesen, daß der Umsturz thatsächlich nicht angestrebt werbe uad nicht erfolgen könnte, falls ihm nicht vorgebeugt würde. Der Berliner Brauereiboycott hat evident dargethan, daß die Massen sich durch die Führer nicht mehr leite» lassen, sobald einmal ihre Leidenschaft angestachelt ist. Die Führer wollten den Frieden mit den Brauereien schließen, sie wurden daran vo» der binter ihnen stehenden Masse gehindert und mußten soa»r dieser Masse zu Liebe ihre eigenen früheren Zugeständ nisse verleugnen. Ist es unter solchen Verhältnissen an gebracht, aus übrigens noch gar nicht einmal zur Genüge bewiesene maßvolle Anschauungen der Führer der Social demokrati« zu bauen? Die ganze Anschauung von der Arnderung des Charakter» der Socialdemokratie hat nicht die mindeste greifbare Unterlage. Man wird de-halb auch aut thua, sich durch sie uicht bei politischen Actionen be stimmen zu lassen. lH Berlin, 26. Oktober. Während diedrutscheSocial- demokratie die Handwerker uad Kleinbauern durch allerlei Versprechungen, dir sie weder halten kann noch will, zu ködern sucht, treten die amerikanischen Socialdrino- kratrn diesen Elassrn weniger unehrlich gegenüber. So läßt ffch die socialdemokratische „New-Aorter Volkszeitung" zu den Wahlen folgendermaßen aus: „. . . Wie ist dem leidenden Kleinbürger zu helfen ? Wir sagen ihm: wie dem Lohnarbeiter, nur durch den Socialismuö! Und vrritr Schichten de« Klriu- büraerthum« sagen da- heute bereits mit uo«. . . . Die arvßcapitalistische Entwickelung ist die technische Vorbedingung für di« Durchführung des Sociali-mus Geht jene einen beschleunigte» Gang, so rückt »ns auch der Sociali-mus näher, verzöaern wir jene Entwickelung, so lege» wir dem Socialismu- Hindernisse in den Weg! Die -roßcavitalistische Entwickelung nährt sich aber naturgemäß von der Aufzehrung desKlriubürgrrthums. Hemmen wir diese, indem wir dem Kleinbürgerthum als solchem beistehen, so he mm en wir auch jene und schädigen die Interessen des Socialismu«. Mit andern Worten, da« Klein bürge r- thum — als ökonomische Claffe — ist dem Untergang« geweiht. Aber ihr Tod bedeutet den Sieg de- Socia liSmus und da ist denn vor Allem fcstzuhalteu, daß der individuelle Kleinbürger alsdann zum Proletarier geworden ist und mit allen anderen Arbeitern zugleich, al« Mensch, im Socialismu- seine Auferstehung feiert! Da- ist die Einsicht, welche wir vom intelligenten Kleinbürger verlangen. Er muß begreifen, daß wir Svcialisten Bestrebungen nicht fördern können, welche dem Kleinbürgerthum, al« Claffe, helfen sollen, d. b. seinen TodeSkampf verlängern und den Socialismu» verzögern. Ja, rr selbst sollte so verständig sein, die Brr- läugerung eine« nutzlosen Todeskampfes nicht zu wüuschen, sondern — gleich einem gläubigen Krqnken, der auf eia besseres Jensens hofft — das Ende de» TodeSkampse« herbei- selmen!" Wenn die Führer der deutschen Socialdemokratie ebenso zu den Kleinbürgern sprächen, dann gingen ihnen icher be» den Wahlen Tausende von Stimmen verloren. * Vertin, 26. October, ü» ist jüngst in einzelnen Blättern behauptet worden, zu den Arnderungen der Gesetz gcbung, die zum „Kampfe gegen den Umsturz' getroffen werde» sollen, gehöre auch die Ersetzung der heutigen Be stimmungen über die Verantwortlichkeit des Re- dacteurs durch die Vorschrift, daß der wirkliche Leiter deS Blattes die Verantwortung nach dem Gesetze tragen müsse. Diese Nachricht erhält eine gewisse Bestätigung durch einen Artikel, den die „Nordd. Allg. Ztg." an erster Stelle veröffentlicht. Da wird ausgesührt, daß der „Gocialist", das Organ der Anarchisten, seit dem 15. November 1891 dreißigmal bestraft sei und sünszehnmal dea Rrdacteur ge wechselt habe: „Jia Siedactiouspersonal batte sich blr eigenartige Praxi» aus gebildet, all« Augenblicke de» sogenannt«» „verantwortlichen Äedacteur" wechsel» zu lassen. Evivle der rin« genug auf hem Kerbholz hatte, pflegte er einem ander» Platz zu machen. Zumeist bekleidete» Handwerker und Arbeiter de» Posten, dem nur selten nach seinem Bildunaegrade einmal der Einzelne so weit ge wachsen war, daß er den Artikel, für den er büßen mußte, auch selbst ver'aßt hatte. Laß die- geschehen und daß überhaupt ein solcher Zustand bestell«» kann, ist nur zurückzusühreu auf orga nische Fehler unserer Preßgesetzgebung . Da auch die socialdemokratischen Blätter zum großen Theile von Sitzredacteuren verantwortlich gezeichnet werden, so würde die Beseitigung jener „organischen Fehler" auf dem oben angedeuteten Wege ohne Zweifel geeignet sein, die gröbsten Ausschreitungen der Hetzpresse wenigsten- etwa« zu beschränken. Denn sobald die jetzt unverantwortlichen thatsächlichcn Macker Zügellosigkeiten selbst büßen müssen, werben sie jedenfalls vorsichtiger verfahren. V. Berlin, 26. Oclober. (Telegramm.) Der Kaiser, der gestern Abend nm 10 Uhr l5 Minuten wohlbehalten aus Liebenberg im Neuen Palais wieder eingetroffen war, fuhr heute Mittag l2 Uhr lü Minuten von dort nach B«rlin, um dem Bittgottesdienst für die Genesung des Zaren in der Capelle der russischen Botschaft beizuwohnen, in welcher der Botschafter General Graf v. Schuwalow, der Attachs v. Knorring und die übrigen Herren der Botschaft die Ankommenden begrüßten. Mit den zu dem Gotteldieoste befohlenen Generalen und StabSosficieren und noch vor Ankunft der hier anwesenden Prinzen trafen die an dem Gottesdienste theilnehmenden Minister sowie Hochwürden träger vor der Botschaft ein. Man bemerkte u. A. den Reichskanzler Grasen v. Caprivi, den Ministerpräsibenten Grafen Botho zu Eulenburg, den StaatSsecretair de- Acußeren, Frhrn. Marschall ».Bieberstein, den Kriegs minister Bro ns art v. Schellen dorff, den Minister de» königliche» Hause- v. Wedel-PieSdorf, den Ober-Hos- und HauSmarschall Grafen A. zu Eulenburg, die Cabinrt-' ches», den Cvmmandantcn deS kaiserlichen Hauptquartier- Generaladjutant Generallieutcnant v. Plessrn, die Flügel Adjutanten vom Dienst u. s. w. Unter den anwesenden Herren vom Civil befanden sich die Generalconsuln «Schwabach und v. Hansemann, auch waren mehrere auswärtige Staaten durch ihre diplomatischen Repräsentanten bei der Feier vertreten. Punct l Uhr erschien der Kaiser, der den Botschafter und einzelne Mitglieder der Botschaft huldvollst begrüßte. Alsdann begann der Bittgottesdienst unter Leitung de» Propstes Malzeff. Die ernste, erhebende Feier währte etwa eine kalbe Stunde und nach Beendigung derselben unter hielt sich der Kaiser noch einige Zeit mit dem Grafen von Schuwalow. Die tiefernsten Züge de« Kaiser« ließen erkennen, daß auch auf ihn dieser feierliche Bittgottesdienst einen er greifenden Eindruck gemacht hatte. Nur langsam leerte sich nach der Abfahrt de« Kaiser- die Capelle. Vor dem russische» Botschaftspalai- batte sich eine große Volk-mrnge eingefunden, um Zeuge der An- und Abfahrt de- Kaiser- zu sein. V. Berlin, 26. October. (Telegramm) Die Kaiserin ist heute srüh nm 6 Uhr 45 Mi», im besten Wohlsein im Neuen Palai« von ihrer Reise nach Glücksburg und Schlelwig wieder eiogetroffen. V. Berlin, 26. October. (Telegramm.) Der Kran- »rinz »,n Pchwrtzen uns Rsrwrsen wird am Dien-tag, den 30. d. M., kurz nach lO Uhr Vormittag- in Wildpark eintreffen, sich von dort nach dem Neuen Palai- zur Br- arüßuna der kaiserlichen Majestäten begeben und Abend- die Rückreise nach Stockholm sortsetzen. V. Berlin, 26. October. (Telegramm.) Der Kaiser bat dem in Warschau stehenden St. Peter-burger Grenadier- Regiment, dessen Chef er ist, sein Portrait verlieben, welchr- am Mittwoch vom Regiment in Empfang genommen wurde. Mittelst Regiment-befebl- waren sämmtliche Osficiere dieses TruppentheileS nach dein Officiersclub de« Regiments be- rusen, und in ihrer Gegenwart wurde da- kostbar« Geschenk zwischen den Portrait- der ehemaligen Chef- de- Regiment aufgehängt. Berlin, 26. Oktober. (Telegramm.) Es bestätigt sich, daß der bi«d«rige Militairattachs der deutschen Bot schaft in Wien, Oberst ». Deines, zum Obrr-Gonvrrnrnr der kaiserlichen Prinzen ernannt uad der bisherig« Gouverneur de« Kronprinzen und de« Prinzen Eitel Friedrich,
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